Grüß Gott, freut mich sehr, dass Sie da sind, um zuzuhören, wenn ich Ihnen etwas erzähle über die antiken Alltagstexte und warum die für das Neue Testament eigentlich so wichtig und interessant sind. Ich habe zwei große Teile für diesen Vortrag mitgebracht. Der erste ist, dass ich darüber spreche, was sind überhaupt diese Alltagstexte, was meine ich da, was ist das mit Material, wo hat man die gefunden und so weiter, also ein bisschen Materialkunde auch. Und im zweiten Teil werde ich dann darüber sprechen, warum sind die für das Verständnis des Neuen Testament wichtig und warum lohnt es sich, die auch zur Kenntnis zu nehmen und auch sich näher anzuschauen, wenn man das Neue Testament verstehen möchte, auch als Ausdruck seiner Zeit. Und ja, da beginne ich gleich mit meinem ersten Punkt. Was sind denn antike Alltagstexte? Zunächst kann man es sich leicht machen und sagen, wir grenzen das negativ ab und sagen, es sind keine
literarischen Texte. Weil bei literarischen Texten ist es uns noch ein bisschen deutlich, was das ist. Das wäre alles, was für die Lektüre einer bestimmten Öffentlichkeit bestimmt ist, für Nachhaltigkeit und Weitergabe, dass das auch von Menschen gelesen wird, also alles, was Belletristik, Epos und so weiter ist. Die Buddenbrooks von Thomas Mann zu Agathe Christi, Miss Marple und dann auch alle Jugendbücher. Das soll ja gelesen werden, das soll auch verkauft werden heute und so weiter. Solche Literatur haben wir natürlich auch in der Antike. Wenn Sie in der Schule Latein, Griechisch oder Indisch hatten, kennen Sie den natürlich auch aus, in deren Sprachen Humer, die Ilias, Odyssee, Vergil, Enees, Plato, Aristoteles, alles diese philosophischen Werke. All das sozusagen sind literarische Texte. Alltagstexte sind jetzt sehr vereinfacht gesagt genau das Gegenteil. Also die durchaus auch einen öffentlichen Charakter haben können, aber nicht dazu ausgerichtet sind, dass sie eben von einer breiteren Öffentlichkeit oder
langfristig rezipiert werden. Das sind Texte, die zum Beispiel aus der Administration stammen, aus der gesamten Verwaltung, aber auch aus dem Alltag. Da gehört jetzt alles dazu, was Urkunden sind, Verträge, Listen, Geschäftsbriefe, jeder Brief persönlichen Charakters, also einen Brief, den man selber schreibt an die Tante, an den Bruder, wie auch immer. All das gehört dazu. Und gleich auch ein Beispiel Ihnen zu geben, der kleine Theon, der hat einen Brief geschrieben an seinen Papa im zweiten oder dritten Jahrhundert, der ist erhalten geblieben. Und da schreibt er, dass er einfach stinkesauer auf seinen Papa ist, weil er hat ihm versprochen, dass er ihn mitnimmt nach Alexandre. Also wir sind da in Ägypten. Und er hat ihn dann aber nicht mitgenommen und er ist schon abgereist Richtung Alexandrin. Und der Theon schreibt ihm da so schnell einen Brief und sagt, wenn du mich jetzt nicht nachkommen lässt, dann esse ich nichts mehr, dann trinke ich nichts mehr, dann grüße ich dich auch nicht mehr, wenn du kommst. Und einen Brief schreibe ich dir sowieso nicht mehr. Und da merkt man sozusagen, das ist ein Alltagstext. Der kleine Theon, der einfach
sauer ist auf seinen Papa und dann eigentlich einen sehr, sehr netten Brief schreibt. Wenn Sie diesen, also Pyrrhus, wenn Sie den sehen wollen, der ist in Oxford aufbewahrt und der ist aus sehr vielen Gründen auch sehr interessant, weil man auch sehen kann, wie wurde griechisch im Alltag geschrieben mit ganz vielen, also ich würde nicht sagen, Rechtschreibfehlern, aber dieses Standardsystem war halt nicht so. Aber auch ganz andere Briefe, eine gewisse, Lucia schreibt zum Beispiel an ihren Mann Casulatis, du schreibst mir, ich sollte die Schriftstücke von Peis hinterlegen, wie kann ich das, wenn du sie hast, ja schick sie mir, dann kann ich sie auch hinterlegen sozusagen. Also das ganz normale Leben, so wie man es eben kennt, das sind diese Texte. Also eine E-Mail würde man heute wahrscheinlich schreiben, an die beste Freundin, dann ist das eigentlich eine E-Mail nur an die beste Freundin und nicht dazu gedacht, dass sie in 2000 Jahren großartig analysiert wird, weil es ist eben nicht daraufhin gedacht, sondern wirklich etwas, das man eben der Freundin sagen will. Aber auch eine Steuererklärung ist ein Alltagstext und da hebt man ja eine Steuererklärung schon ein paar Jahre auf, da gibt es ja auch gesetzliche Vorgaben, aber dann wird es sozusagen, ja, kann es vernichtet werden, aber es ist nicht für die Ewigkeit bestimmt. Einkaufszetteln,
alle Rechnungen quasi, das sind auch Alltagstexte und die hebt man vielleicht manchmal auf, wenn da eine Garantie damit verbunden ist für etwas, was man gekauft hat, aber sobald es vorbei ist, kann man sie ja entsorgen und genau in dem Moment der Entsorgung wird es interessant, denn natürlich sind auch die antiken Alltagstexte höchstwahrscheinlich entsorgt worden, nur haben sie sich teilweise aufgrund von glücklichen Umständen eben erhalten, im Wüstensand, weil es trocken ist, weil da das Material erhalten geblieben ist, in feuchteren Gebieten, weil da halt auch andere Dinge weggeschmissen wurden, wo sich dann Ammoniakverbindungen und andere Dinge ergeben haben, die eben auch Holz erhalten haben und so weiter und durch diesen Zufall können wir diese Texte heute lesen, die ja gar nicht für uns bestimmt waren, sondern eben tatsächlich aus dem Alltag kommen. Also man spricht von literarischen Texten zum einen und von diesen Alltagstexten
oder dokumentarischen Texten zum anderen, also literarisch dokumentarisch und dann muss man zugeben, die Welt ist nicht schwarz und nicht weiß, sondern meistens irgendwo was dazwischen, auch bei diesen Texten, es gibt ja Texte, die Merkmale von beiden haben, zum Beispiel wenn sie in der Schule sind und sie haben ein Diktat zum Üben der Rechtschreibung, dann ist das ja eine Alltagssituation, sie sollen nur schreiben lernen und der Schule heben sie vielleicht auf, aber irgendwann geht es verloren, aber was ist, wenn das Diktat jetzt zum Beispiel das Text eines Böte wäre oder so, dann haben sie ja eigentlich einen literarischen Text auch geschrieben, aber eigentlich in einer Alltagssituation. Also so Schreibübungen, die werden dann so als Zwischenwesen bezeichnet und man spricht dann gerne von semi-literarischen Texten, also halbliterarisch oder auch para-literarischen Texten und sowas gibt es natürlich auch aus der Antike, also Schulübungen natürlich, da ist es halt nicht der Goethe, sondern der Homer meistens, wo man halt sozusagen lernt, griechisch und griechisch zu schreiben, aber auch in der Astrologie, also Sternkunde und Horoskope, das war verbunden, aber
auch in der Medizin, also Rezepte, da kommt auch Medizinkunde hinzu, also da kann es so Zwischenwesen geben an Texten. Ich erzähle Ihnen heute eben etwas von diesen dokumentarischen, von diesen Alltagstexten und auch die kann man noch mal unterscheiden, nämlich in offizielle und private, aber auch die Unterscheidung, also es ist immer, es gibt so Zwischenbereiche, aber grundsätzlich, was gehört so eher in den offiziellen Bereich, das sind Korrespondenzen mit offiziellen Stellen, auch wenn man so ein kaiserliches Edikt für ein gewisses Gebiet veröffentlicht wird, Protokolle von Gerichtsverhandlungen, da hören Sie vielleicht schon, ah, das könnte spannend werden, wenn man über den Jesus nachdenkt, wie hat denn so ein Gerichtsverfahren ausgesehen und so weiter. Sämtliche Anfragen und Bittsuchen, Petitionen nennt man das auch, die da geschickt werden an Behörden und auch Beschwerden natürlich anzeigen und das Interessante, da gibt es einfach die ganze Breite des menschlichen Leben, die man da sieht, also ich nenne nur ein paar Beispiele, die wirklich in dem Papier stehen, jemand wurde da die Sklavin gestohlen, die am Feld war, zufällig ist es ein Text, wo wir auch noch einen anderen haben dazu gehört, wo wir sagen können,
wie es weitergegangen ist, es war ein Irrtum, aber es ist ein netter Fall, aber zunächst schaut es so aus, jemand wurde die Sklavin gestohlen, einmal ein ganzer Hausrat, dann sind wieder die Kühe vom Nachbarn auf die eigene Wiese gekommen, haben das Gras weggefressen und dann beschwert man sich sozusagen darüber, dass da jetzt was passieren soll, also eine Anzeige oder jemand hält sich nicht an ein schon ausgesprochenes Hausbetretungsverbot und so weiter, also es gibt einfach alles, was es eben auch gibt im Leben. Steuererklärungen, die gab es ja natürlich auch in der Antike im römischen Provinzialsystem sowieso und die sind sehr aufschlussreich, ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, Steuererklärungen auszufüllen finde ich immer ein bisschen mühsam, aber die Lesen sind, das ist super, weil da erfährt man so viel über Menschen, das man sonst nicht erfahrt hätte und das Interessante ist, dass die Römer so ein beständiges System an Steuererklärungen hatten, dass wir heute gerade so, wo die Texte erhalten sind, vor allem in Ägypten, ein sehr klares Bild der Demografie haben, dieser Zusammensetzung auch der Menschen und so ein klares Bild haben wir
dann eigentlich über die ganze Zeit, Mittelalter und so weiter bis in die Neuzeit nicht mehr, also die Aufzeichnungen sind nicht so klar wie aus dieser römischen Zeit aufgrund dieser Steuererklärungen. Da haben sich vor ein paar Jahren schon zwei Wissenschaftler, ein paar Bürologen auch und ein Statistiker, also Roger Begnen und Bruce Fryer, haben ein ganzes Buch herausgegeben aufgrund dieser Steuererklärungen im römischen Ägypten, was kann man über die Gesellschaft sagen, wie alt sind sie, wie groß sind die Haushalte und so weiter, ist total spannend, weil man auch sehen kann, 95 Prozent, zum Beispiel aller Frauen waren zumindest einmal verheiratet. Man sieht auch auf grund der Struktur, dass wenn sie heiraten, Männer im Schnitt siebeneinhalb Jahre älter sind, das hat eben damit zu tun, dass die auch das erhalten müssen und dazu erst einmal sozusagen auch, also Geld verdienen würde man vielleicht heute sagen, dass man sozusagen, dass von 65 Prozent der Frauen zwischen 13 und 20 geheiratet haben und all diese Dinge, die man da sozusagen aus diesen Steuererklärungen zeigen kann und das sagt uns doch schon sehr viel über den Alltag der Menschen damals, also ist
man grundsätzlich interessant und das gilt ja für diesen mediterranes Gebiet, also im Allgemeinen. Auch wissen wir, dass Frauen in dieser Zeit aufgrund der hohen Kindersterblichkeit und mit diesen Steuererklärungen können wir das sehen, da gibt es ein Kind, dann gibt es es nicht mehr, dass die eigentlich sechs Lebendgeburten haben mussten, um zwei Kinder ins Erwachsenenalter zu bringen und jetzt, also dann sehen wir auch, dass natürlich in dieser Zeit Bevölkerung leicht wächst, das heißt, wir gehen eigentlich von sieben bis acht Lebendgeburten aus. Wenn man das einmal weiß und dann fragt, was ist der Alltag der Frau, da weiß man schon mal, naja, sehr viel auch Schwangerschaft und Kinder kriegen und natürlich sterben da auch Frauen, also weiß man, das muss eigentlich noch höher gekommen sein irgendwie, aber solche Dinge kriegt man aus solchen Steuererklärungen raus, also vielleicht, ja, mir hilft es noch nicht, dass mir das mehr Spaß macht, die auszufüllen, aber es ist, also das ist eine Fundgrube an solchen demografischen Daten. Also das wären so Texte aus dem offiziellen Bereich. Aus dem privaten Bereich, so Alltagstexte, alles Mögliche
auch, also zum Beispiel Einladungen zu irgendwelchen Feiern. Lese ich Ihnen eine Übersetzung vor, aus dem zweiten Jahrhundert nach Christus. Diogenes lädt sich zum Essen anlässlich des ersten Geburtstags seiner Tochter in das Sarapäum morgen ein, dann ist das Datum und die Uhrzeit dabei, also gibt es eine Geburtstagsparty für die kleine Tochter, eben in einem Heiligtum für den Sarapis und so weiter und da wird dann eben gefeiert. Das ist so ein Text, der dient genau dafür, nach übermorgen ist der quasi hinfällig, weil dann hatte die Feier schon stattgefunden. Alle Rechnungen, alle Zahlungsbelege, aber auch Orakelsprüche, das ist natürlich auch etwas typisch auch in der Antike, wenn man mal fragt, soll ich meinen, soll ich meinen Esel verkaufen oder nicht, soll ich diesen Sklaven kaufen oder nicht, fragt man halt mal das Orakel und da haben sich eben auch solche Texte erhalten. Dann gibt es ganz viele Geschäftsbriefe in aller Bandbreite, alle möglichen Abmachungen, Vereinbarungen von Eheverträgen, Scheidungsurkunden, Arbeitsverträge, alle möglichen Darlehen, Testamente und so weiter und dann vor allem ganz viele Briefe dieses
persönlichen Charakters, also die einfach zwischen Menschen geschrieben wurden, ohne jetzt irgendwie noch geschäftlich oder andere Absichten zu haben und das ist natürlich sehr reizvoll, weil sobald Sie die Post von jemand anderen lesen, also die Privatpost von jemand anderen, hat das natürlich was Geheimnisvolles und ein bisschen was Verbotenes, aber die Menschen, die das geschrieben haben, sind eben schon sehr lange tot und ja, also, aber es ist sehr spannend und da gibt es ein paar Themen, die sich immer wieder wiederholen, aber grundsätzlich kommt da eben genauso, was ja gerade Thema ist. Was wir immer wieder sehen ist, also wie geht es dir, mir geht es gut quasi, also was man so aus diesem Briefe schreiben kennt, schreib mir doch über deine Gesundheit und bitte schreib mir, dass es dir gut geht. Also immer wieder Freunde, Familie, man hat eben die Sorge, dass es den anderen gut geht, das ist dann auch so typisch, dass man am Briefanfang oft schreibt, danke, dass du mir gesagt hast, dass es dir gut geht, mir geht es auch gut. Was wir auch oft sehen ist, dass man sich Dinge schickt, kannst du mir bitte was schicken, nicht nur, aber auch von Soldaten an die Eltern nach Hause und da
ist ein Brief von einem Claudius Terentianus, da hören Sie, der ist im römisch-griechischen Kontext eigentlich tätig, der schreibt mal auf Latein sogar an seinen Vater, ich bitte dich Vater, wenn es dir gut erscheinen wird, das ist eine Formulierung für bitte, also bitte, dass du mir die bis an die knöchelreichen Lederstiefel und ein paar Filtschuhe schickst, harte Stiefel nutzen mir nichts. Dann geht es so weiter und dann ich bitte dich, dass du mir eine Brechachst schickst, es ist nämlich so, dass die, die du mir geschickt hast, die hat der Opzion mir weggenommen, also in diesem Römerlager da im Einer der Leiter, aber jenem danke ich, weil er sich in anderem für mich als besser weiß, also wenn man die wörtlich übersetzt, sind die oft ein bisschen sperrig im Deutschen, aber was sagt er, ich brauche eine Axt und offensichtlich erkennen wir in diesem Text, er hat ja schon mal eine bekommen vom Vater, aber die wurde ihm weggenommen, aber sagt der Opzion, es ist nicht grundsätzlich böse, aber sozusagen eine Axt brauche ich trotzdem. Also ein Beispiel, ich sag gleich noch was dazu, aber ein zweites, die Sintonis
schreibt an ihrem Bruder Terres, bitte komm zu mir, bis die Angelegenheiten erledigt sind, aber wenn nicht, geh nicht in das Haus des Satyrs, da wir nämlich hören, dass er in Schwierigkeiten gerät oder schlechtes zu tun vorhat und es grüßt dich, Sarapien, und leb wohl. Also da sieht man diese Texte eindeutig, ein ganz klarer Kontext, der uns natürlich ein bisschen schwer zugänglich ist und das ist das Grundproblem von diesen Privatbriefen. Der Claudius Terentianus musste seinem Papa nicht groß erklären wahrscheinlich, wer dieser Opzius, weil er ihm vielleicht schon mal davon geschrieben hat, weil er ihm vielleicht schon mal erzählt hat, also zu Hause war. Die Sintonis braucht in diesem Brief nicht ihrem Bruder Terres erklären, wer dieser Satyrs ist oder wo dieses Haus liegt, was uns vielleicht interessierend hätte, sondern wie das eben ist zwischen Menschen, die sich kennen, da ist ja ganz viel klar, dass man nicht mehr sagen muss. Ich schreibe nicht in jedem Brief meine ganze Biografie, sondern das ist ja völlig logisch und vielfach bauen ja Briefe auf, auf einer Kommunikation, die man hat oder auch gehabt hat, so wie danke nochmal für deinen Besuch gestern,
hab nochmal nachgedacht, ich glaub du hattest recht zum Beispiel. Aber keine Ahnung worum es geht, aber die zwei wissen es und das genügt ja völlig, denn das sind eben Alltagsbriefe, für uns ist das ja nicht geschrieben. Aber dieses Grundproblem sozusagen, das ist immer da. Und ein anderes bei diesen Alltagstexten, ich sage gleich noch was zum Material, die sind nicht immer vollständig, weil halt dann ja was weggebrochen ist und manchmal sind Lücken da und man weiß nicht, wie es weitergeht. Und dann hat man ja oft Korrespondenzen, wo man eben sagt, ja nächste Woche ist dann dieses oder jenes und wir würden so gern wissen, wie die Geschichte weitergeht, als wenn sie die Folgen versäumen bei einer Sitcom oder so, na ja, es macht nichts, weil es geht so langsam, dass sie mitkommen. Aber sie können die Folge nie nachschauen, also sie wissen nicht, wie es weitergegangen ist, auch bei Gerichtsachen oder so stört uns das öfter. Aber diese Beobachtung bei diesen Privatbriefen ist eigentlich zunächst eine völlig logische, denke ich, das leuchtet ja ein, dass man da nicht alles schreiben muss, aber es ist auch relevant fürs Neue Testament, denn die Paulusbriefe sind ja zunächst auch solche Briefe, die natürlich
schon an Gemeinden gehen und da halt eine Gruppe, aber die ganz speziell situativ für diese Situation, für diesen Austausch mit dieser Gemeinde bestimmt sind. Und dass die dann gesammelt und abgeschrieben wurden, das ist nochmal eine andere Sache, aber zunächst war das wirklich auf die eine Situation hin. Und auch da haben wir so oft zu formulieren, wo wir sagen, ja was war da jetzt los, wir wissen es nicht. Zum Beispiel, wenn Sie im Philippabrief lesen, Paulus, ich bitte, ich bitte Euwodia und Sintüche einmütig zu sein im Herrn. Dann können wir nur sagen, offensichtlich waren sie es nicht, oder so zu einem gewissen Zeitpunkt, aber was da der genaue Hintergrund ist, braucht er ja nicht schreiben, wissen ja alle, die da in der Gemeinde sind und er weiß es offensichtlich auch und nur weil es wir gerne hätten, also der Gefall wird uns sozusagen nicht getan. Aber so, da sieht man eben diese Paulusbriefe auch in diesem Alltag stehend, in einer ganz bestimmten Situation, die da sozusagen ausschlaggebend ist für diesen Text. Also das sind so die Schwierigkeiten, wenn man diese Alltagstexte auch liest.
Grundsätzlich, wie viele dokumentarische Texte haben wir denn heute erhalten? Zicktausende, ungefähr 40.000 sind ediert. Also ediert heißt, dass man sie aufbereitet hat, den griechischen Text sozusagen geschrieben hat, kritisch auch geschrieben hat, das liest jetzt, heißt wahrscheinlich das, habe ich es orthografisch völlig falsch geschrieben und so weiter. Aber wir haben noch viel, viel mehr in irgendwelchen Boxen und Schachteln und hoffentlich gut aufbewahrt in Bibliotheken und Museen vor allem. Und das ist halt eine mühsame Arbeit, die auch aufzuarbeiten und dann eben, ja, zu publizieren. Also es werden mehr und man findet ja auch immer wieder mehr. Also die Zahl wird steigen. Aber derzeit sind so 40.000 die ediert sind, natürlich auch über einen gewissen Zeitraum. Fürs Neue Testament sind am interessantesten die, die auch in diese Zeitspanne fallen. Also wenn man direkt ans Neue Testament denkt, beginnt man meistens so drittes Jahrhundert vor Christus, weil sich ja auch Dinge entwickeln, also dass man es nachvollziehen kann. Und so im dritten Jahrhundert nach Christus hört man dann wieder auf, weil dann ist ja die Welt schon auch mit christlichem Einfluss stärker. Also so, wenn man den Alltag in der Zeit der Bibel verstehen will, dann ist man so in dieser Zeitspanne. Da sage
ich später noch was dazu. Da gibt es natürlich auch spätere Texte, die auch interessant sind. Aber so die Beispiele, die ich Ihnen jetzt hier so bringe, die sind aus diesem Zeitrahmen. Das Material ist, also Alltagstexte zunächst mal, das Schreibmaterial der Antike ist Papyrus. So ein bisschen wie wir das Papier verwenden, aber eigentlich schreibe ich schon meistens irgendwie anders herum. Aber Papyrus kann man herstellen, indem man die Papyruspflanze nimmt, den Stängel abschneidet. Da konnte bis zu fünf Meter hoch werden, so eine Papyruspflanze. Kann doch immer, denke ich. Und dann schneidet man die in Streifen. Da gibt es zwei verschiedene Varianten. Also einfach nur runterschneiden, also einfach, ich weiß nicht woher. Also runterschneiden oder mit so einem Faden rundherum schneiden. Aber man kommt immer mit Streifen raus. Also entweder ein bisschen dünnere oder ein bisschen breitere. Und die legt man dann 90 Grad versetzt aufeinander und presst sie. Und das Erstaunliche ist, dass dieser Saft darin so pickig ist, würde ich jetzt sagen, oder klebrig, dass man eigentlich keinen Klebestoff mehr braucht
und nur pressen braucht. Und das bleibt dann schön und ist dann ein Blatt, auf dem man schreiben kann. Da gibt es eine Seite, wo man dann schöner schreiben kann, weil das mit dieser Faserrichtung passiert. Und auf der anderen ist es schwieriger, weil drauf schreiben tut man dann im Regelfall mit Kalamos, also so ein Schilfrohr quasi abgeschnitten, leicht schräg. Und auf dem wird geschrieben. Papyrus ist interessant, wo wächst sowas? Natürlich dort, wo es feucht ist. Und das ist in Ägypten, feucht und warm, das ist in Ägypten vor allem im gesamten Nildelta. Und das Interessante in der Antike ist, dass Ägypten tatsächlich ein Monopol auf Papyrusherstellung hatte, wie immer die das geschafft haben. Weil Papyrus wächst natürlich auch anderswo, zum Beispiel in Sizilien, Syrakus und so weiter. Aber sozusagen Papyrus aus der Antike kommt eigentlich so gut wie immer aus Ägypten. Und es war auch das Material schlechthin, das gerade im Alltag, also in der Administration, in der Verwaltung nicht wegzukriegen war bis ins achte Jahrhundert. Nach Christus ist es einfach das vorherrschende Material, wenn es quasi schnell gehen soll.
Während hingegen Pergament ab dem vierten Jahrhundert, ja vor allem auch so literarische Bereiche dann, also auch Bibeltexte später, ist ja auch Pergament, also auf diesen Tierhäuten geschrieben, wo sie einen viel höheren Aufwand haben, das auch beschreibbar zu machen und auch mehr Fachwissen nötig haben und die richtigen Mittel dazu. Papyrus brauchen sie eigentlich nur zunächst pressen. Interessant ist auch die Qualität der antiken Papyrie ist viel höher, als wenn wir das heute nachmachen wollen. Und auch in der Antike gibt es da einen Verfall quasi. Früher war alles besser, kennen Sie ja wahrscheinlich. Den besten, feinsten Papyrus haben wir eigentlich so um 1000 v. Chr., während hingegen in griechisch-römischer Zeit, aus der diese Alltagstexte sind, von denen ich erzähle, da gibt es schon so ein schwerer und dicker, für uns noch immer toll eigentlich. Aber die Qualität nimmt dann auch zunehmend ab, da gibt es viele Vermutungen, also auch warum das heute so ist, hat das mit der Umwelt zu tun oder sonst was, aber es ist ein Faktum, dass man da Unterschiede sieht, auch von der Zeit her. Es ist auch
interessant, wenn man sie auch zeitlich einordnen will, weil man da sonst keine Hinweise darauf enthält. Das Format in der Antike, wie man Papyrus auch oft bewahrt zum Schreiben, ist die Rolle. Und zwar macht man ja eigentlich zunächst ein Papyrus platt und dann klebt man die aneinander, dann gibt es eben diese Stellen, wo es ein bisschen dicker wird, dort bricht er dann auch gerne natürlich und da macht man eine große Rolle und dann schneidet man von der Rolle wieder die Teile runter, so wie man sie braucht quasi. Und da gibt es viele Berechnungen, wie groß waren die, wie lang waren das, aber so die Durchschnittsgröße dürfte so 20 aneinander geklebte Blätter gewesen sein und dann haben sie so eine 5 Meter Rolle. Es gibt aber auch ein paar längere, von der Höhe gibt es auch unterschiedliche, so von 18, 30 Zentimeter irgendwo in dieser Spannbreite und dann gibt es auch Berechnungen, wie viele haben die gekostet. Gut, man kauft sich ja selten eine ganze Rolle von 5 Metern, sondern man braucht das Stück, worauf man einen Brief schreibt, das sind so kleine Stückchen. Aber die Berechnungen sind, dass sie so im Grunde so eine Rolle den
Lohn eines einfachen Arbeiters für ein bis zwei Tage, aber es kostet, aber sie haben ja keine 5 Meter, das heißt, sie können sich Papyrus im Grunde schon leisten. Wenn aber nicht, dann gibt es noch immer andere Materialien oder wenn sie auch keinen Papyrus zur Verfügung haben. Tonscherben, die nennt man Ostra-K, also Ostra-Con eigentlich, also die Tonscherbe und Ostra-K dann im Plural. Irgendwas geht immer kaputt, also fällt ihnen halt mal der Teller runter oder so, dann haben sie Tonscherben. Also die findet man natürlich, die sind zum Teil unpraktisch, weil so kann man schlecht in die Hosentasche stecken natürlich sowieso, aber das ist jetzt ein anderes Thema. Aber da ist man auch ein bisschen begrenzter, wie viel man draufschreiben kann, weil Papyrus kann man dann länger machen und so weiter. Und dann gibt es Holztefelchen und dass sich die erhalten haben, ist ja eigentlich sensationell, weil Holz brotet ja eigentlich schon und da sind viele aus dem Militärbereich erhalten und auch aus Gegenden, die also so gar nicht trocken wären, sondern so wie Winona-Nissa in der Schweiz oder Winolanda in Großbritannien
und Großbritannien ist ja dafür bekannt, dass es regnet. Die haben sich wirklich durch Glück und eben diese chemischen Verbindungen in diesem Müllhalt erhalten und da sehen wir, dass es unterschiedliche Holztefelchen gibt, so für schnelle Kommunikation, aber auch für Privatbriefe und zwar ganz dünne, so eineinhalb Millimeter oder so dünn kann man die machen, also wirklich unglaublich und die beschreibt man dann einfach, also man kann sie noch ein bisschen mit Weiß gekalkt machen und dann draufschreiben oder was Sie vielleicht auch schon gehört haben, was wir eher im Schulunterricht auch verwendet haben, dass man die ein bisschen eintieft, also dann sind sie dicker und Wachs reingibt und dann hat man so einen Spülus, in dem man einritzt ins Wachs und dann kann man die wiederverwenden, also es wäre nachhaltiger quasi und dann kann man sie wieder glätten. Die kann man dann auch zusammenbinden, wenn Sie mehr sagen wollen, als diese eine Wachsfläche und dann macht man sozusagen prolyptisch daraus, also viele, die zusammenkommen, aber meistens waren es nur zwei oder drei, also mehr hat man da auch nicht verwendet und dann gibt es natürlich auch, aber das ist eher selten, andere Materialien wie so einen
flachen Sandstein oder Leinenbandagen auch mal, in Bayern ist auch mal eine Bronzdafel gefunden worden, also aus dieser Zeit, aber hauptsächlich ist es eigentlich Papyrus, aber eben auch Tonscherben, Ostrakar und diese Holztefelchen. Beschrieben hat man die dann eben mit Tinte, also diese Papyri und das kann man herstellen aus Ruß, Wasser, Harz und Gummi Arabicum und das zusammenmischen, je nachdem welche Farbstoffe man auch zur Verfügung hat, kann man dann so Rot-Rot- Braun auch erzeugen und also diese Möglichkeiten gibt es ja. Diese Alltagstexte sind gefunden oder werden gefunden hauptsächlich in Ägypten, das hat eben damit zu tun, dass dort dieser trockene Wüstensand ist und die klimatischen Verhältnisse dementsprechend sind, aber nicht nur, also es gibt eben auch andere Fundorte, Vindolanda, Vindonissa habe ich schon erwähnt, vielleicht kennen Sie auch in Italien natürlich mit dem Vesuv-Ausbruch, wo sich ja so viel erhalten hat, da gibt es ganz
berühmt in Herculaneum die Villa dei Papyri und das ist immer wieder auch mal in den Medien, weil es sind diese verkohlten Knäuel und wenn Sie die angreifen würden, die zerfallen, aber mit moderner Technik kann man die durchleuchten und sozusagen die Schriftfeststellung plötzlich wieder lesen. Das ist total faszinierend und das sind aber auch so Alltagstexte, aber umgekehrt würde ich immer sagen, es ist interessant, also wenn Sie sicher sein wollen, dass in 2000 Jahren Ihre Privatpost nicht gelesen wird, dann müssen Sie ein bisschen mehr tun als nur verbrennen, also gar nicht so leicht, also es kann passieren, dass man das irgendwie doch wieder lesen kann mit der Technik. Wüste gibt es natürlich auch in der Levante, also in diesem Bereich auch Judäa, im Toten Meer, in Höhlen auch aufbewahrt und eben dort erhalten geblieben, in Syrien gibt es auch so Fundorte und dann in Petra, in diesem Japanien mit diesen Felsen, mit dieser Felsenstadt, auch dort hat man einige Funde und dann gibt es immer wieder so Einzelfunde, also sei es in Italien,
in Ravenna hat man einen Sklavenkaufvertrag von dort, der sehr interessant ist, weil man dann nämlich auch sieht, wie man Griechisch, Latein kann man in einer anderen Schrift schreiben, wenn man nicht, also wenn man nicht Latein schreiben kann, kann man es mit griechischen Buchstaben schreiben und umgekehrt, also all das gibt es und auch überhaupt zu sehen, dass Sklavenverträge im gesamten mediterranen Bereich ähnlich sind, dafür sind solche Einzelfunde auch oft sehr, sehr wichtig. Auch in Bayern eben, in Vöring hat man so einen Soldatenteller gefunden und auf dem war ein Brief eingeritzt, da gab es sonst nichts zu schreiben. Also das war jetzt auch schon mein erster Punkt, diese Alltagstexte, grundsätzlich was sind die, also man nennt die dokumentarische Texte, wenn man den Begriff nicht kennt, dann kommt wahrscheinlich auch niemand zum Vortrag hören drum Alltagstexte, aber man sagt eigentlich dokumentarische Papyri, Ostrakau und Holztefelchen, also das sind diese dokumentarischen Texte aus der Administration, aus dem persönlichen Leben, nicht für uns bestimmt und drum so furchtbar spannend, hergestellt, meistens eben Papyrus und
gefunden eigentlich im ganzen Mittelmeerraum und was wir sehen, das ist ja, also woher auch immer sie kommen in ihren Aussagen, auch was die Welt betrifft, auch wie Dinge formuliert sind, sind die ähnlich und auf jeden Fall miteinander vergleichbar. Jetzt müsste man sagen, okay, wie schaut es jetzt aus für diese Bereiche, wo man auch im Neuen Testament so eher zu Hause ist, Kleinasien, also die heutige Türkei, von dort haben wir leider keine Papyri, also wenn von dort geschickt in Ägypten dann sozusagen, aber Kleinasien hat mit dem Klima nicht funktioniert, dafür haben wir aus Kleinasien mehr Inschriften und Inschriften ist etwas, was oft zusammengenommen wird, Papyri und Inschriften, dass man die gemeinsam untersucht, weil die natürlich etwas über den Alltag sagen, Inschriften sind, aber haben auch eine gewisse Öffentlichkeit, da gibt es ja auch große Unterschiede und in der Forschung, was ich ihnen erzähle, also arbeite ich hauptsächlich mit Papyri, da erzähle ich ihnen was, aber ich möchte das Fairness halber dazu sagen, Inschriften sind auch spannend und auch da gibt es eigene Forschungsprojekte, die sich damit beschäftigen, was lernen wir von
Inschriften für das Neue Testament und da gibt es immer ganz berühmte Beispiele, also auch wenn sie schon mal in Caesarea Maritima waren und diese Inschriften auch zu Pontius Pilatus und anderen, zwei so Inschriften, ich erwähne das nur so quasi als Randbemerkung, damit ich meinen ersten Teil dann abschließen kann, die Inschrift von Priene ist eine, die man immer wieder hernimmt, um das Lukas-Evangelium in dieser Geburtserzählung sich genauer anzuschauen im Kontext der Zeit, denn in dieser Inschrift sind eben griechische Städte in Kleinasien, die beschließen, dass sie den Geburtstag von Augustus, wir nennen ihn den Kaiser, des 23. September als den Beginn des neuen Jahres feiern und dann wird es eben erklärt, weil der Augustus also als Retter dieser Welt gekommen ist und dass seine Geburt sozusagen eine gute Nachricht für die gesamte Welt ist und genau diese Begriffe, die man eigentlich aus dem Lukas-Evangelium auch kennt und natürlich auch aus dem Neuen Testament und natürlich weit vor diesen Texten natürlich geschrieben in einer
Inschrift, wo man sich dann fragen kann, ist das so ein Grundthema, war das so, dass man das eben vom Herrscher sagt, sagt man dann eigentlich auch etwas hier vom Jesus aus und so weiter, also das ist eine Inschrift, die da immer wieder diskutiert wird. Auch die sogenannte Gallio-Inschrift, die ist für uns ganz wichtig in Delphi eigentlich, also nicht Kleinasien, jetzt aber ist eine wichtige für das Neue Testament, da geht es nämlich darum, dass der Stadthalter Gallio erwähnt wird, der Stadthalter in der Achaya war, in dieser Provinz Achaya, also dort wo Korinth liegt und da gibt es ein paar Datumsangaben in dieser Inschrift und geht auch um ganz was anderes, aber weil dieser Stadthalter erwähnt wird und ein Datum quasi dabei ist, jetzt können wir den Gallio datieren und in der Apostelgeschichte wird uns ja erzählt, dass der Paulus da gerade in Korinth war, als der Gallio Stadthalter war von der Achaya, also wo Korinth eben drin liegt und so hilft uns das sozusagen die Paulusbriefe zu datieren, also so geht es zusammen, also das sind zwei ganz berühmte Beispiele für Inschriften, aber ich bleibe jetzt bei diesen Alltagstexten auf Papyri, Ostrakar und
Holztefelchen und komme zu meinem zweiten Punkt, das ist die Bedeutung eben dieser dokumentarischen Texte für die neudestamentliche Bibelauslegung und Wissenschaft. Jetzt könnt ihr mich fragen, warum sollen wir sowas lesen, also das sind ja Alltagstexte von irgendwelchen Leuten, die noch dazu garantiert nicht an Christus geglaubt haben, weil das war ja dann auch gar kein Thema und auch in den ersten Jahrhunderten danach sehr unwahrscheinlich und kann man es auch nicht sehen und ist auch garantiert nicht das Thema, warum soll man die sozusagen jetzt überhaupt lesen, wir sind ja an Jesus Christus interessiert und nicht an diesen Dingen. Naja, die unmittelbarste Antwort ist natürlich, da lernen wir ganz viel über die Welt, in der diese Geschichten erzählt werden, des Neuen Testaments, also auch die Welt, die da erzählt wird, das ist ja genau diese mediterrane Welt in diesem ersten Jahrhundert nach Christus frühest zweites Jahrhundert, aber wir erfahren ja nicht nur etwas über diese Welt der erzählten Texte, sondern auch in der Welt, in der eben die Verfasser dieser Texte gelebt haben, denn mit dieser Wirklichkeit haben die ja diese Texte
geschrieben und wir lernen auch etwas über die, weil wir im dritten Jahrhundert auch gehen, über die, die diese Texte rezipiert haben, denn auch die haben ja dieses bestimmte Weltverständnis, so ist der Alltag, so läuft das Leben und mit dem Wissen legen die natürlich auch die Texte aus und das ist natürlich interessant, wenn man natürlich sich auch bewusst macht, die ältesten Bibel Handschriften, die wir haben, das sind ja nicht die Texte, die da mal geschrieben wurden, im ersten Jahrhundert, sondern die ältesten Texten haben wir eben im späten zweiten Jahrhundert, dann im dritten, aber auch nur ein wenig und dann erst ab dem vierten so richtig. Also das wird eigentlich ganz interessant, wenn man das mitbedenkt, weil dann ist das zweite, dritte, vierte Jahrhundert auch sehr, sehr interessant natürlich für diese Geschichte auch des Neuen Testaments, das nachvollziehen zu können. Also das ist dieser Punkt, die Menschen in der Bibel, im Neuen Testament, die leben ja in dieser Welt und da sind Dinge eben selbstverständlich, die für uns eben nicht selbstverständlich ist,
Dinge, die man nicht erklären muss und mit denen wir auch teilweise herumrätseln, ja, wenn da so bei einem, ein Beileid schreiben, so was gibt es ja auch in diesen Texten, wo dann gesagt wird, ja, ich schicke dir Pinienzapfen mit und man denkt sich, okay, nett, also brauche ich jetzt Pinienzapfen fürs Begräbnis, ja, und wir vermuten halt, also für Räucher, für diese Riten, die da eben üblich waren, braucht ihr nicht erklären, wofür die notwendig sind, ja, also wenn man heute sagt, ich schicke dir eine Kerze mit oder so, braucht auch niemand sagen, damit du sie beim Grab anzünden kannst oder so, ist ja jedem klar irgendwie, aber wenn man das eben nicht mehr weiß, dann kann man da herumrätseln. Einer der ersten Theologen, der die Bedeutung dieser alten Alltagstexte für das Neue Testament erkannt hat, war ein Deutscher, Adolf Deismann, eigentlich Gustav Adolf Deismann, der wurde 1866 geboren und ist 1937 gestorben, also eigentlich schon relativ lange her, war Theologe und Philologe und der hat sich intensiv
mit Sprache beschäftigt, auch mit dem Griechischen und dann auch mit diesen Alltagstexten, die ja in diesem 19. Jahrhundert so ein bisschen der neueste Schrei auch waren, also mit diesen Ausgrabungen, die da stattgefunden haben, da war es ja auch dann so ein bisschen prestige-trächtig, wenn man irgendwo Herrscher oder Fürst oder sonst was war, Erzherzog, dass man dann auch Papyri hat und so weiter, gab es auch ein bisschen Konkurrenz mit den Ausgrabungen und so weiter und da war das eben auch gerade so, dass das in aller Munde war, also auch mit Zeitungen und so weiter und da hat er sich in diesen Texten gewidmet. Der ist ein sehr interessanter Wissenschaftler, der war nämlich nicht, also er war sehr untriebig, er hat auch an Ausgrabungen beschäftigt in Ephesus, er hat Studienreisen in den Osten unternommen und er hat für die damalige Zeit, finde ich das besonders interessant, sechs Ehrendoktorate bekommen, vier davon in Großbritannien, eins in den USA, eins in Schweden, also der war sehr bekannt, war Professor für Neues Testament in Berlin und in Heidelberg und in Berlin glaube ich auch mal Rektor und der war politisch engagiert in ökumenischen
Bereichen und war zweimal für den Friedensnobelpreis nominiert. Also der legt die Latte hoch für Wissenschaftler, also das ist, er hat ihn nicht bekommen, aber er war ihm nominiert, gibt seine eigene Biografie zu ihm und so weiter. Der hat ihm mehrere Werke geschrieben, aber für diese Frage, warum diese Alltagstexte relevant sind, hat er ein Buch geschrieben, das heißt Licht vom Osten. Das wurde auch ganz schnell auf Englisch übersetzt, nämlich schon mit der ersten Auflage, heute haben wir sozusagen noch die vierte Auflage, das ist quasi die letzte, die maßgebliche, von 1929, also 1923 und 1929 dann auch übersetzt, aber sozusagen in dieser Zeit schon hat er drei Ebenen unterschieden, also drei Ebenen, drei Bereiche, in denen diese Alltagstexte besonders interessant sind für das Neue Testament und er nennt das eine sprachgeschichtliche, eine literargeschichtliche und eine religionsgeschichtliche Bedeutung. Also ich würde es ein bisschen unterbrechen und sagen, erstens sprachlich gesehen, zweitens was die Textgattung in Textsorten betrifft, sage ich auch
gleich noch was dazu, und das religionsgeschichtliche würde ich eher sagen sozialgeschichtliche, also auch sozialhistorische, da erfahren wir sehr viel. Jetzt muss man dazu sagen, natürlich seit Deisman ist viel passiert und wir haben viel, viel, viel, viel mehr Texte und wir haben natürlich auch, die Wissenschaft hat sich natürlich auch verändert, auch wenn man diese Texte analysiert, aber diese Dreiteilung ist eigentlich im Grunde noch immer gültig, wenn man sich diese Texte aus diesen Gesichtspunkten anschaut und dazu möchte ich Ihnen jetzt jeweils ein paar Beispiele geben, also diese drei Bedeutungsebenen ein bisschen durchdiskutieren. Also das erste ist, ich nenne das Sprachebene, sprachgeschichtlicher, also diese Sprachebene. Diese Alltagstexte sind natürlich so interessant, weil sie in derselben Sprache geschrieben sind, also nicht nur, wir haben auch lateinische und auch natürlich ein paar hebräische und aramäische und naboteische und was weiß ich, aber hauptsächlich die wir aus dieser Zeit erhalten haben, sind auf griechisch geschrieben, und zwar genau in dem griechisch, in dem auch das neue testament geschrieben ist, im sinne des hellenistischen griechisch, dieses koiné griechisch, also das, das eigentlich alle sprechen. Verkehrssprache
damals im Mittelmeerraum, Verwaltungssprache der Römer, und zwar auch im Osten. Ich habe ja latein studiert und alles, aber das war für mich schon nochmal so ein Haarerlebnis, mir das bewusst zu machen, in den östlichen Provinzen ist die Verwaltungssprache auch der Römer selbstverständlich griechisch, auch in Ägypten natürlich selbstverständlich alles griechisch. Die waren ja nicht blöd, die Römer, die haben gewusst, Pragmatik, da gibt es schon Strukturen, auch noch von diesen hellenistischen Strukturen, Alexander dem Großen, griechisch kam man sowieso, weil man gebildet ist, ja, also das wird natürlich beibehalten, da muss man nicht irgendwie, es gibt keinen Lateinimperialismus oder sowas, zumindest definitiv nicht in dieser Zeit. Also griechisch, ganz klar, die große Sprache, die da verbreitet ist. Und Deismann sagt da 1895 schon in einem Buch über Bibelstudien, da sagt er, da finde ich super, 1895, es hat eine Zeit gegeben, in der man das Griechisch des Neuen Testaments für das wahrhaft Klassische gehalten hat. Natürlich,
denn der Heilige Geist, der sich der Apostel als seiner Schreibrohre bediente, konnte seine Gedanken nur in das würdigste Gewand kleiden. Diese Zeit ist vorbei, sagt er, 1895, finde ich super. Der hat natürlich in Wirklichkeit große Auseinandersetzungen gehabt mit seiner Zunft damals. Für uns ist es schon eher selbstverständlich heute, dass man sagt, ja, das Griechische im Neuen Testament ist nicht das höchste literarische Griechisch, es ist das Griechisch der Menschen. Aber damals war das noch ein Kampf, das durchzusetzen, also dass das einfach, ja, wie soll ich sagen, logisch ist. Und da liegt aber die ganze Kraft drin. Denn wenn Sie dann diese Alltagstexte haben, die ja genau die Sprache verwenden im Alltags, dann können Sie daraus ja vielleicht lernen, was haben die dann gemeint, was war denn die Bedeutung der Worte, wie haben sie denn die wirklich gebraucht, weil das findet man auf den literarischen Texten nicht und Muttersprachler haben nicht mehr, die wir da befragen können. Also, die Papyri sind ein idealer Ort für Untersuchungen zur Sprachverwendung im Neuen Testament. Und nur ein Beispiel, das fällt einem vielleicht gar nicht auf und wird es auch nicht
vielleicht großartig die Welt verändern, wenn man es weiß, aber es zeigt nochmal, welche Nuancen es da im Neuen Testament gibt. Im Lukas-Evangelium in den Passionsberichten, da gibt es ja den Moment, wo Jesus von Pilatus zum Hero des Antipas gebracht wird und von ihm wieder zurück, also hin und her geschickt quasi. Und das griechische Wort, das da verwendet wird, ist tatsächlich, hat was mit schicken zu tun, Pempo, aber ist eine Zusammensetzung, Anna Pempo, eigentlich ganz wörtlich könnte man sagen hinaufschicken, das kann es auch sein. Aber was uns diese Alltagstexte zeigen, wo das verwendet wird und wie genau, zeigt eigentlich, dass das auch eine fachsprachliche Verwendung hat, nämlich immer dann, wenn jemand angezeigt ist und man eine Untersuchung in Gang setzt für Überstellungen eigentlich. Also hier wird eine Überstellung in Auftrag gegeben zu einer zuständigen Instanz. Jetzt kann man sich historisch fragen, wie war das jetzt wirklich mit Pilatus, das geht sich nicht aus, aber das ist nicht der Punkt, sondern das Lukas-Evangelium verwendet hier einen Ausdruck, der aus dieser römischen
Verwaltung kommt in dieser Zeit und sagt uns eigentlich über den Autor, aha, der kennt sich da aus. Und wenn man sich dann anschaut, was sind denn das für Untersuchungen, die mit Anna Pempo durchgeführt werden, dann sind das Fälle, die zu dem Zeitpunkt, wo man so eine Untersuchung, so eine Überstellung macht, noch völlig offen sind im Ausgang. Also da geht es wirklich darum, dass man noch mehr Erkenntnisse hat und den Fall untersucht. Das kann dann auch längere Zeit in Anspruch nehmen und das ist dann ganz interessant, wenn man sich das anschaut, aha, interessant, was passiert da im Lukas-Evangelium, längere Zeit darf das nicht dauern, dann wird nochmal nachgehakt, nein, der ist wirklich böse und so weiter, aber andererseits kann man auch sagen, ja, der Autor des Lukas-Evangeliums wollte vielleicht auch sagen, das römische Verfahren war korrekt oder so, also wie immer, da kann man dann in verschiedene Richtungen eben auslegen, probieren, aber es ist interessant, das ist ein fachhafter Stock, der kommt auch sonst so nicht vor im Neuen Testament, außer noch mal in der Apostelgeschichte, aber in einem ähnlichen Kontext, also selber Autor ja auch und so weiter. Das sind so kleine aha-Momente, die man eben wahrscheinlich nie wüsste, wenn man sich diese Texte sozusagen so auch nicht anschaut. Ein
anderes Beispiel aus den Paulus-Briefen, da kommt auch immer wieder mal das Wort Diakoneo vor, weil Sie kennen das ja auch von Diakonie, Diakonat und Diakone und so weiter und das heißt zunächst mal dienen und das ist es auch, also man dient, aber wenn man jetzt schaut Paulus, in dieser Zeit des Pauluses, wenn man wirklich nur in dieser Zeit schaut, wie wird das verwendet in den Papyri, dann findet man diesen Ausdruck in Ausbildungsverträgen und zwar in ganz bestimmten, nämlich in Weberlehrverträgen und da gibt es dann so bei Standardformulierungen oder es geht halt immer in die selbe Richtung, dass der Lehrling, also für dieses Textilhandwerk, dem Lehrmeister diene und alle Arbeiten ausführe, die im Zusammenhang mit dem Weberhandwerk aufgetragen werden. Also er diene allem, also er lerne da von ihm, das ist die Formulierung. Aber das Interessante ist, aha, der Paulus kennt hier ein Wort, das aus Weberlehrverträgen kommt und plötzlich macht etwas Sinn, was uns in der Apostelgeschichte schon erzählt wird,
denn der Paulus selber in seinen Briefen, da wird immer wieder deutlich, dass ihm das Arbeiten wichtig ist, auch das Arbeiten mit eigenen Händen, also dass er quasi ein Handwerker ist in dieser Hinsicht, aber welchen Beruf er genau ausübt, wird ja so nicht gesagt. Die Apostelgeschichte sagt es uns ja schon. Die sagt ja, dass genauso wie Priscilla und Aquila ein Zeltmacher ist, Steter. Und bei Zeltmacher darf man natürlich nicht an diese Campingzelte denken, die sich irgendwie selber aufbauen oder so, sondern das ist natürlich eigentlich, das ist meistens Leinenweberei, wo man sich dann eben, da gibt es verschiedene Vermutungen, ist es für Marktstände, dass man quasi so einen Sonnenschutz hat und solche Dinge, also in diesem Sinn, also auch Zelte, aber auf jeden Fall, es kommt aus dieser Leinenweberei und plötzlich sieht man, die Sprache des Paulus, könnte ihn hier verraten, dass er tatsächlich in diesem Bereich tätig ist, was uns die Apostelgeschichte sowieso erzählt und wenn, so wie die Apostelgeschichte uns erzählt, Paulus
aus Tarsus ist, dann wissen wir auch, dass Tarsus eine Stadt war, die bekannt ist für das Leinengewerbe und für diese Leinenweberei und dann ist das eigentlich spitze, dass man bei so einem Wort, das wir ja heute auch in christlichen Gemeinschaften auch verwenden und weitergeführt haben, dass das eigentlich ganz konkret verankert war in diesem Beruf, den der Paulus ausgeübt hat und das ist ja bis heute so, also wenn man quasi mit berufsnahen Menschen spricht, da hat man so einen eigenen Chagron und den kriegt man auch nicht raus und das ist interessant, dass das möglicherweise hier bei Paulus eben so ein Moment ist, wo man sieht, ja, der war ein Weber, ein Leinenweber, ja, das heißt im griechischen Zeltmacher in der Apostelgeschichte, aber das ist eigentlich gemeint, Textilgewerbe, hier, da ist er tätig. Ja und so sind eigentlich, ist schon sensationell, wie man plötzlich etwas über eine eigentlich zentrale Figur erfahren kann und ein bisschen tiefer verstehen, so an einem Punkt dort und an einem anderen Punkt da. Also das ist diese erste Bedeutungsebene, wo man ganz viel so Nuancen anschauen kann, was da möglich ist, das hier eben
sozusagen mitspielt und die Verwendungsweise von Wörtern und auch Phrasen vor allem, als solche erkennen kann und so weiter, also was sind so typische Redewendungen und so hin. Der zweite, diese zweite Ebene, das ist diese literargeschichtliche Bedeutung, das heißt, gemeint ist über Textsorten und Textsorten, das kennen Sie natürlich auch alle, wenn ich sage, es war einmal vor langer Zeit, wissen Sie automatisch, jetzt sind wir in einem Märchen und in Wirklichkeit wissen Sie auch schon, wie es ausgeht, wenn Sie nicht gestorben sind, dann leben Sie noch heute, was dann dazwischen kommt, ist was anderes. Sie kennen es auch von Rezepten, da erwarten Sie auch, um irgendwas kochen zu können, jetzt kommt eine Liste, was man alles braucht und dann eine Anleitung dazu und so weiter. Also es gibt bestimmte Merkmale, die Texte eben gemeinsam haben und dann spricht man von einer Textsorte, einem Textgattung und da sind natürlich im Neuen Testament besonders interessant die Briefe und die haben wir ja auch in den Alltagstexten, also Paulusbriefe auf der einen Seite und dann diese ganzen Geschäftsbriefe, Altexbriefe, also Privatbriefe und so weiter und die kann man
ja jetzt super miteinander vergleichen und dadurch die Paulusbriefe besser verstehen, weil ja, wenn man so beginnt zu schreiben und so weiter, dann lernt man, wie schreibt man einen Brief, also im Deutschen, Liebe Oma, also man muss ansprechen, wie geht es dir, mir geht es gut, quasi so ein Standard einformulieren und dann kann kommen was immer und zum Schluss schreibt man dann Liebe Grüße, deine sowieso und solche Formulierungen, die Standardformulierungen sind für einen Brief, die gibt es natürlich auch in der Antike, aber sie heißen halt nicht so wie im Deutschen natürlich und damit man die auch gut erkennen kann, dafür sind natürlich solche Briefe spitze und da sehen wir, dass diese Briefe, gerade diese persönlichen situativen Schreiben, sehr oft im Hauptteil, also wenn man mal vorbei ist, dass man dieses Liebe Oma, wie geht es dir, mir geht es gut hat, dass das, was dann kommt, sehr oft beginnt, entweder mit einem Dank und sehr oft, ich danke dir für die guten Nachrichten, dass du gesund bist oder auch ich danke dir, dass du mir dieses und jenes geschickt hast, also können wir vermuten, dass Claudius Terentianus aus meinem
ersten Beispiel dem Papa auch irgendwann mal geschrieben hat, danke für die Brecherachs, falls ihm noch mal eine geschrieben hat und so weiter und auch der Paulus, der bedankt sich ja am Beginn seiner Briefe gelegentlich, zum Beispiel im ersten Korintherbrief 1,4, das ist dann mit eucheres do, weil ja auch die eucheres die feier daraus wird, also ich danke meinem Gott alle Zeit eure dwegen und so weiter, da ist der Dank dann an Gott, also ein bisschen verbunden, aber trotzdem, da ist ein Dank da zu Beginn und da weiß man, da beginnt jetzt der Hauptteil des Briefes. Muss nicht stehen, aber sehr, sehr oft steht das und dann gibt es das Gegenteil, das ist jetzt für mich so im Deutschen, was sagt man, wenn man nicht dankbar ist, sondern wenn man richtig sauer ist auf jemanden und auch solche Briefe gibt es und die beginnen dann mit dem griechischen Wort Taumazo, das sowas wie auch staunen und wundern sein kann, auch ein positives wundern sozusagen, steht auch manchmal in den Evangelien, wenn Jesus da was macht, dann staunten sie alle und wunderten sich, aber am Briefanfang ist es immer Kritik, sehen sie dann auch am Brief, was danach kommt,
zum Beispiel schreibt einmal der Chairemon an den Apollonius, ich wundere mich über deine Unorganisiertheit, obwohl ich dich schon mehrmals gebeten habe und dann ja, ein bisschen fehlst du uns halt und dann ist es auch abgebrochen, aber ich wundere mich, ist ein bisschen harmlos im Deutschen finde ich manchmal, also was kann man da verwenden, also er ist völlig unzufrieden und da haben wir mehrere solche Briefe und mir ist er wieder, ich bin ein Harry Potter Fan, eingefallen in der Harry Potter Welt, da kriegen die Schüler, wenn sie irgendwas angestellt haben von ihren Erziehungsberechtigten, gern Briefe, die im Englischen Hauler oder im Deutschen dann Heuler heißen und das sind Briefe, wenn man die nicht aufmachen will, weil man die schon äußerlich erkennt, dass man da jetzt kritisiert wird und geschimpft wird, die machen sich dann selber auf, schreien dann den ganzen Saal voll und explodieren am Ende noch oder so, also da muss man schnell Reiß ausnehmen und so was ist eigentlich ein Tadelbrief, der da kommt und sagt, also je nach Kontext, wie sie eben auch mit ihren Freunden und Verwandten sprechen, aber wenn ich meinem armen Bruder so was sagen würde, dann würde ich sagen, bist du Deppert, so würde ich beginnen sozusagen und
sozusagen ich bin sehr unzufrieden mit dem und das Interessante ist, auch Paulus ist einmal so richtig sauer und zwar im Tadelbrief, der beginnt so, kein Dank, sondern genau dieses Tadelmaat so und da sagt er in der Einheitsübersetzung heißt, ich bin erstaunt, weil Luther heißt es, mich wundert's, also aber es ist genau dieses, herrst, so ein sanz nachisch, also ich wundere mich, dass ihr euch so schnell von dem abwendet, der euch durch die Gnade Christi berufen hat und dass ihr euch einem anderen Evangelium zuwendet. Es gibt kein anderes Evangelium und in diesem Kontext ist völlig klar, so geht das nicht und ja, das sind die Briefe, die man natürlich nicht gerne kriegt wahrscheinlich, aber das ist so ein Brief und wenn man das nicht weiß, dass das in Alltagsbriefen so ist, dann denkt man sich, ja, der wundert sich da und natürlich ist er ungehalten, ist wieder klar aus dem Kontext, dass ihm das nicht passt, aber dass das eigentlich so ein typisches Textsorte, also von Textgattung her ein Wort ist, dann ist das eigentlich ganz interessant. Also lange Rede, kurzer Sinn, solche Alltagstexte können uns helfen, dass man auch die Aussageabsichten von diesen Texten besser versteht
und das besser einordnen kann, sowohl im Ganzen, aber auch in einzelnen Teilen. Gibt es auch immer so Elemente von Empfehlungsschreiben, die dann so drinnen stecken können und das erkennt man dann eben, wenn man solche Vergleichstexte hat. Das war jetzt also diese zweite Ebene, also nach der ersten diese Sprachebene hier, jetzt diese literarische Ebene, also die Textsorte, vor allem eben für Briefe relevant fürs Neue Testament und dann diese dritte, diese sozialgeschichtliche oder ja, also religionsgeschichtliche nennt man diese sozialgeschichtliche Ebene und da hat man jetzt das ganze Spektrum. Also alles, was eben das Leben in der Antike ausmacht, in allen Bereichen erfahren sie etwas. Von der Wirtschaft, vom Recht, vom Handwerk, von der Landwirtschaft, einfach über alles. Sie erfahren nicht alles über diese Bereiche, ganz und gar nicht. Das sind ja quasi so kleine Momente aus der Wirklichkeit, aber was sie da erfahren, das bereichert eigentlich das, was wir aus der literarischen Texten kennen, ja, unglaublich. Auch, dass man sieht, aha, so hat man das wirklich
gemacht oder auch das gab es und da gibt es einiges an Wissen, was wir ohne diese Texte, ja, einfach keine Ahnung davon hätten. Also da gibt es jetzt eine unendliche Fülle an Detailwissen und sei es eben griechische, römische Rechtsangelegenheiten, wie wird Recht im Alltag angewandt, wie schauen Gerichtsprozesse aus, aha, da sind Dolmetscher dabei, die erwähnt man meistens gar nicht, aber sie sind trotzdem da, wie dann wieder mal deutlich wird. Sie erfahren was über Bevölkerungsstrukturen, ja, Demografie habe ich ja schon erwähnt, auch ganz viel über Vereinswesen und wie wichtig das war, dass man da auch als Sozial in einem Verein ist. Das ist ein großes Thema, wenn es um die Paulus Gemeinden geht, ja, diese, dass man das vergleicht mit diesen Vereinswesen, was ist da. Sklaverei, erfährt man ganz, ganz viel relevant natürlich für den Philemonbrief mit dem Onesimos als Sklave, die Wirtschaftsgeschichte, alles, also von Fischerei, was uns natürlich interessiert für die Hinger, Jesu in Galilea, aber eben auch über das Textilgewerbe bei Paulus, über das Handwerk, wo man sagt, das war mehr die Familie Jesu, der Josef sozusagen, dieser Zimmermann, auch Handwerk
natürlich und alles Mögliche eben an landwirtschaftlichen Dingen und da erfährt man auch ganz viel, was man halt denkt, ja, schön zu wissen, zum Beispiel Knoblauchkultivierung im dritten Jahrhundert vor Christus in Ägypten, ja, also auch sowas kriegt man da mal mit, weil da eben ein Text erhalten ist, wo da bezahlt wird für die, die da beteiligt waren bei dieser Expedition. Ja, ist natürlich super spannend, fürs Neue Testament nicht zu wissen, aber das interessiert natürlich dann andere Erforschungen, diese Gebiete für diese alte Zeit. Also da ist ganz, ganz, ganz viel drinnen und da kann man auch so manche Annahmen korrigieren, die man vielleicht einfach so selbstverständlich hat von der Antike, ohne sich dessen bewusst zu sein und manche stellen uns auch ein bisschen vor Rätseln. Zum Beispiel ist ja im Neuen Testament, aber auch aus dem Alten Testament kommend, das Hirtenbild ein sehr positives. Also der Hirte, der sich da um die Schafe sorgt und sich da kümmert und abgesehen davon, dass in den Alltagstexten sehr viel sagen über, wie groß sind denn so Durchschnittsherden und so weiter, ist es eigentlich so, dass Hirten eher argwöhnisch betrachtet werden,
weil man denen eher so eine Nähe zum Banditentum zusagt. Die können schon mal scharf stehlen oder so. Das ist interessant, also offensichtlich dieses positive Bild, da gab es auch ein negatives, mit den Steuereintreibern ist es ähnlich. Da gibt es unterschiedliche Nuancen offensichtlich, aber die Alltagstexte zeigen uns, da gibt es eben auch eine nicht so positive Rezipierung, dass man denen so positiv gegenübersteht. Wir erfahren natürlich auch ganz viel über mehr Kulte und Religionsausübung in der Antike, also von all diesen, wenn sich dann sozusagen in der Apostelgeschichte das Christentum sozusagen also Richtung Europa ausbreitet oder dieser Christusglaube, muss man eigentlich korrekter noch sagen, für diese frühe Zeit. Wie denn diese Kulte da organisiert waren auch und was es da so alles gegeben hat, auch dafür ist es sehr spannend. Und ein Bereich, und aus dem möchte ich Ihnen ein Beispiel bringen, indem wir etwas erfahren
haben, was wir nicht gewusst haben und was wir auch aus literarischen Texten so nicht erschließen konnten, das sind Frauen. Und Frauen und Bibel, das ist ja sowieso ein Thema, das in unserer Zeit auch immer weniger dann wieder, es hat so Zeiten, wo so hochflackert diskutiert wird. Und da gibt es ja immer wieder viele Ideen, was Frauen alles konnten oder nicht konnten oder durften und nicht durften in der Antike. Und da sind diese Alltagstexte natürlich besonders spannend, weil man da sieht, was sie einfach getan haben, also ob sie es durften oder nicht. Und auch, dass es da offensichtlich eine breitere Auslegung gibt, vor allem auch von Rechtstexten als in diesen Schränken, Rechtsvorschriften und so weiter. Wenn man sich nämlich die Geschichte anschaut, dann ist die ja eigentlich hauptsächlich von Männern geschrieben. Da kommen schon auch Frauen vor an entscheidenden Rollen, eine Kaisergattin oder die Mutter von jemandem, aber die Geschichte wird eigentlich von Männern geschrieben und direkte Stimmen von Frauen aus der Antike fehlen meistens. Also man hat schon ein paar so Fragmente von der Sapp vor als Dichterin, aber in Wirklichkeit ist es da eher dünn. Also wir erfahren etwas über Frauen, aber nicht von
Frauen selber. Und in den Alltagstexten, haben wir schon Beispiele auch hier gebracht, schreiben natürlich auch Frauen selber, also schicken ihre Briefe und da schreibt, also es bricht eine Frau, sozusagen. Also haben wir diese direkten Stimmen zu einem gewissen Teil natürlich auch da erhalten und das ist ja eine Fundprobe sozusagen, die noch mal ganz über das hinausgeht, was literarische Texte können. Denn Frauen, die schicken selbstverständlich Briefe, die reichen auch Beschwerden ein, die geben Steuererklärungen ab, wenn sie einen Besitz haben, die machen Kaufverträge, Geschäftspriefe und so weiter. Grundsätzlich natürlich, wenn man sich die Funde anschaut, dann sieht man, dass das viel weniger ist als die Briefe und so weiter, die man von Männern hat. Das wird nicht nur dem Zufall geschuldet sein, im Grunde ist es ja auch Zufall, was erhalten ist, sondern natürlich grundsätzlich weniger. Wenn man das verfolgt, da gibt es Untersuchungen in den ersten vier Jahrhunderten nach Christus, dann steigt zwar die Zahl der erhaltenen Papyri, aber der Anteil von Frauen, von Frauen verfassten Texten bleibt immer gleich
bei ungefähr einem Prozent aller Funde. Also es ist schon viel niedriger, aber es gibt sie. Also das ist das Tolle. Und wir hören nicht nur direkt von Frauen, wir erfahren natürlich auch sehr viel über Frauen, die eben erwähnt wird. Denn natürlich muss man sagen, sehr oft ist man da in einer höheren Mitteloberschicht natürlich, wenn man Briefe ja auch von Frauen hat, aber da kommen natürlich auch selbstverständlich Sklaven vor, die auch erwähnt wird, wo man auch etwas erfährt. Zum Beispiel gibt es da eine Beschwerde von einer Frau, dass nämlich ihr Sklavenmädchen, das gerade von einer Freigelassenen begleitet durch die Stadt zu ihrem Musikunterricht hätte gehen sollen, also vielleicht eine Ausbildung, damit dieses Sklavenmädchen später dann Geld verdienen kann, dass das angefahren wurde von einem Eselskahn und dass es jetzt schwer verletzt ist und so weiter. Da muss man ein bisschen vorsichtig sein, weil diese Briefe, diese Beschwerdebriefe sind, da ist natürlich alles noch eine Spur schlimmer. Also da stirbt man immer gleich, wenn einem irgendwas passiert ist und so. Also das muss man da ein bisschen mitrechnen. Aber grundsätzlich, da haben wir ganz viel erfahren, was uns interessiert. Aha, die gingen da quasi
zu zweit durch die Stadt. Aha, Unfälle gab es auch damals schon. Aha, dann hat sich die Frau auf die Füße gestellt und hat da eine Beschwerde eingereicht und so weiter. Und das ist natürlich für uns in Summe sehr spannend, auch wenn wir diese Welt des Neuen Testament verstehen wollen. Also diese Alltagstexte sind eben eine ganz besondere Quelle. Und wir haben gerade in zwei Bereichen, wenn es um Frauen geht, durch diese Alltagstexte ein Wissen, das wir aus den literarischen Texten niemals hätten. Und das ist der rechtliche Bereich und das ist der wirtschaftliche Bereich. Und das ist nicht nur für das Neue Testament etwas völlig Revolutionäres gewesen, das so aufzuarbeiten und zu sehen, sondern auch für die gesamte Rechtsstruktur natürlich, wie hat das wirklich ausgesehen? Sie kennen das vielleicht in der Antike, eine Frau braucht einen männlichen Rechtsbeistand, um irgendwelche Rechtsgeschäfte abwickeln zu können. Das ist richtig und das ist falsch zugleich. Es kommt mir darauf an, nach welchem Recht diese Frau agiert. Wenn sie römische Bürgerin ist,
dann kann sie nach dem römischen Recht agieren. Da gibt es wieder andere Bestimmungen, als wenn sie nach dem griechischen Recht verfahren. Wenn sie im ägyptischen Recht sind, dann brauchen sie überhaupt keinen Vormund. Dann brauchen sie diesen Vormund nur für ganz bestimmte Geschäfte. Dann gibt es einen Unterschied. Darf das ein Verwandter sein, darf das kein Verwandter sein? Und man sieht in Ägypten, da waren offensichtlich alle so verwirrt, dass es irgendwie alles gibt sozusagen. Und dass Frauen auch dann Rechtsgeschäfte abwickeln mit einem Vormund, wenn sie eigentlich gar keinen gebraucht hätten oder eben Rechtsgeschäfte abwickeln ohne einen, obwohl sie eigentlich nach der strengen Vorschrift einen gebraucht hätten. Also man sieht, die Wirklichkeit ist eben nicht schwarz und weiß, sondern es gibt da alles. Aber was wir vor allem sehen ist, Frauen haben Rechtsgeschäfte abgewickelt. Die haben sich da nicht, also es war nicht hinderlich sozusagen, da diese Vorschriften zu haben. Aber mein Bereich, den ich hier noch spannender finde, weil er uns auch näher an das Neue Testament dranbringt, ist der wirtschaftliche Bereich. Man sieht an diesen Alltagstexten, dass Frauen ein wesentlicher wirtschaftlicher Faktor waren. Da
haben wir natürlich jetzt die besten Zahlen wieder aus Ägypten erhalten, aufgrund auch dieser Zensusdeklarationen und anderen. Aber wir sehen, dass etliche Frauen durchaus beträchtliches Vermögen besitzen. Also sozial ist man jetzt natürlich in höheren Klassen. Vor allem besitzen Frauen etwas, das sie durch Erbe oder durch Mitgift erhalten haben. Und im römischen Ägypten, also in dieser Provinz von 30 v. Chr. an, sind circa ein Fünftel bis in manchen Gebieten sogar ein Drittel aller Großgrundbesitzer und Besitzerinnen Frauen. Das ist ein relativ hoher Anteil für das, dass man nicht mal gewusst hat, dass das so ist. Und circa 16 bis 25 Prozent der Landfläche war in den Händen von Frauen in diesem römischen Ägypten. Also ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor. Und damit ist natürlich auch selbstverständlich, dass diese Frauen für ihren Besitz die Steuern zahlen, was da eben nötig ist. Und dass sie über ihren Besitz dann auch frei verfügen können, auch testamentarisch,
und dass sie ihren Besitz auch frei, also selbstständig verwalten. Und da ist ein besonders netter Brief, finde ich, von einer gewissen Thais, die an ihren Verwalter schreibt. Und ich lese ihn, es ist ein kurzer Text, aber ich lese ihn vor, auch wenn er ein bisschen sperrig klingt teilweise, in deutscher Übersetzung. Thais an ihren eigenen Tigreus, also ihr Verwalter da, groß. Ich habe an Apollinarius geschrieben, dass er nach Petne kommen soll zum Ausmessen. Apollinarius wird dir aber sagen, wie die Guthaben und Steuern stehen, was in der Name sein wird, welchen auch immer er selbst dir sagt. Und wenn du kommst, nimm sechs Ataben Gemüsesamen und versiegle sie in die Säcke, damit sie bereit sind. Und wenn du kannst, komm herauf, um Näheres über den Esel zu erfahren. Es grüßt dich, Sarah Podora und Sabinos. Die Schweinchen verkaufe nicht ohne mich. Leb wohl. Also dieses Leb wohl ist quasi das mit besten Grüßen. Und dann unterschreibt man, man unterschreibt ja nicht in der Antike, man schreibt ja seinen Namen ganz oben drum, Thais.
Wir würden sagen, der Esel nennt sich zuerst, das geht gar nicht. Aber so schreibt man in einem Brief in der Antike. Man beginnt mit seinem eigenen Namen, außer man schreibt einen Bittbrief und will sozusagen, dass man vom Beamten was bekommt, dann nennt man den Beamten zuerst. Aber sonst immer. Und darum auch Paulus nennt sich zuerst, weil man eben so einen Brief schreibt, dann an wen das geht und dann einen Gruß. Das sind so diese Standardformulierungen. Und am Schluss steht halt so was wie Leb wohl. Und wenn jemand schreiben kann und nicht einen Schreiber braucht, dann wird er oder sie das dann mit eigener Hand manchmal schreiben. Das ist dann das, was wir bei Paulus sehen, mit eigener Hand geschrieben. Das spielt darauf an. Aber hier dieser Text ist interessant, weil da sieht man, die tut eigentlich viel. Also abgesehen davon, dass denen wieder klar ist, worüber sie sprechen und uns nicht so unmittelbar. Aber da geht es darum, dass es um Geld geht. Also Guthaben, Steuern, Abrechnungen. Also was ist da jetzt das Ergebnis? Da kommt noch jemand andere ins Spiel. Dann sechs Ataben, Gemüsesamen. Also Ataben sind immer welche Maße sind das, wie viel ist das, in welcher Zeit und so weiter. Aber Ataben, also eine Atabe, also ein Hohlmaß,
wahrscheinlich so um die 40 Liter, wenn man versucht, das umzurechnen. Also sechs mal 40 Liter Gemüsesamen. Und dann ganz konkrete Anträge. Wie steht es mit dem Esel? Da ist offensichtlich irgendwas im Gange und die Schweinchen, die nicht verkauft werden sollen. Also die hat das alles, hat man den Eindruck, irgendwie hier selber im Griff. Und das ist insofern relevant, also nicht nur als dieser eine Text, sondern in Summe diese Beobachtung, weil wir ja auch im Neuen Testament über Frauen erfahren, die Besitz haben, die selbstständig da auch regieren können. Zum Beispiel in der Apostelgeschichte die Lydia, die Purpurhändlerin. Und Purpur ist ja ohnehin etwas Teures sozusagen. Da sieht man ja, die kann nicht so angewesen sein, wenn sie noch dazu damit handeln kann. Da heißt sie eben in 1614 eine Frau namens Lydia, eine Purpurhändlerin aus der Stadt. Die hat Türe, hört dazu und dann sagt sie, kommt in mein Haus und bleibt da und sie drängt uns. Also die hat da auch ein Haus, kann die da aufnehmen und so weiter. Und das ist, wie wir sehen, ja, das gibt es und da kann sozusagen etwas aus dieser Wirklichkeit dieser Lydia rekonstruieren, ohne zu wissen, dass das jetzt genauso für sie zu trifft. Aber wie geht es
denn diesen Frauen und wie schaut es denn mit Besitz und so weiter aus? Es gibt noch ganz viele andere Beispiele. Ich erwähne es noch eines, weil es auch oft so mit Vorteilen verbunden ist. Sind Frauen an einen Ort gebunden oder können sie die auch bewegen? Also sind Frauen mobil? Und das Interessante ist, natürlich wird in der Antike gereist aus vielen verschiedenen Gründen, aber selbstverständlich reisen auch Frauen. Aus den Briefen, die uns erhalten sind, haben wir über 40 Beispiele, in denen Frauen reisen. Und nur zum Vergleich 40 ist viel, also so viele Beispiele für etwas zu haben. Und in diesen 40 Beispielen hat ungefähr die Hälfte davon Gründe, also gibt Gründe an. Das ist für uns nett, die haben es wahrscheinlich damals eh nicht gebraucht, aber was sind so Gründe? Drei verschiedene sehen wir. Zum einen Schwangerschaft. Frauen, die schwanger sind, reisen offensichtlich öfter und wahrscheinlich hauptsächlich zu Familienangehörigen, also Mutter, Großmutter. Und wir vermuten damit, die bei der Entbindung helfen können natürlich,
also aus diesem Grund. Aber Schwangerschaft ist ein Grund, um zu reisen. Dann allgemeine Familienbesuche. Da haben wir auch alles belegt, also von einer Mutter, die ihren Sohn besucht, von einer Tochter, die ihren Vater besucht und so weiter. Also Familienbesuche kommen vor. Und das ist natürlich auch interessant, wenn man sich eine von der Erzählung her anschaut, unabhängig was da jetzt historisch passiert ist. Maria, die ihre Verwandte besucht, im Lukas-Evangelium da zu Beginn, die Elisabeth und dann dort bleibt und noch dazu ist sie schwanger, aber sie reist dann wieder zurück. Aber wenn man sich dann fragt, wie hätten denn Menschen, wenn sie jetzt eine schwangere Frau reisen sehen, was hätten sich die da gedacht? Wahrscheinlich nicht viel, weil das offensichtlich ohnehin zum üblichen Bild auch gehört. Ich bringe das Beispiel hauptsächlich deswegen, weil einmal ein Student mir felsenfesterklärt hat, dass eine schwangere Frau niemals reisen täte, wenn sie nicht müsste und schon gar nicht in der Antike. Und da ist es dann eben so hilfreich, wenn man sagen kann, aber schau dir mal die Texte an. Das ist natürlich ein der Dicke-Macht. Und das ist natürlich darum auch diese Alltagstexte so spannend,
weil diese selbstverständlichen Annahmen, die wir von der Antike haben und sehr oft gar nicht klar sind, dass die so selbstverständliche Annahmen sind, die wir nie reflektiert haben. Und da sind natürlich diese Alltagstexte ganz, ganz spannend. Und der dritte Grund, warum sie reisen, ist dann eben auch für beruflichen Gründen, wenn man zum Beispiel eben seine Besitzungen verwalten will. Das Schöne an diesen dokumentarischen Texten ist also, finde ich, dass sie auch Belege liefern für etwas, was man vielleicht ohnehin angenommen hätte. Na ja, klar haben sie vielleicht auch mal Besitz oder klar reisen die auch herum. Aber es macht ja einen Unterschied, ob sie das belegen können auch in dieser Zeit oder ob sie es nur mit guten Gründen annehmen können. Also man kann auch Dinge mit guten Gründen annehmen und das kann auch also berechtigt sein. Aber hier einfach auch Dinge bestätigen, die man immer schon angenommen hat, zum Beispiel. Also auch da ist ein Wert dieser Alltagstexte drinnen. Und gleichzeitig muss ich noch dazu sagen oder nochmal betonen, das sind Zufallspfunde. Da kann es noch viel mehr gegeben
haben und da hat es auch sicher noch viel mehr gegeben. Aber aus dem, was unser Halten ist, können wir also solche Rück- schlüsse ziehen. Damit komme ich jetzt für diesen Vortrag zu meinem Schluss. Nochmal, was habe ich Ihnen erzählt? Also zuerst etwas über Alltagstexte und dann über die Bedeutung. Die antiken Alltagstexte, da gibt, das sind eben die nicht-literarischen Texte aus der Administration aus dem Alltag, unterscheidet man offizielle und private und gleichzeitig kann der Übergang fließend sein, sind auf Papyrus, Tonscherben und Holztefelchen erhalten, hauptsächlich im Mittelmeerraum, in diesen trockenen Gebieten gefunden, aber mit Ausnahmen auch anderswo, aber sind in ihrer Art sich einander entsprechend. Und die Bedeutungen, da habe ich den Adolf Deismann hergezogen für diese dreifache Ebenen, also die Sprache, die Textsorte, also Sprache Quenelligrischisch, Hellenistisches, Griechisch, die Textsorte, insbesondere für Briefe relevant, wenn es um das Neue Testament geht und sozialgeschichtlich, da gibt es ja immer eine endlose Fülle, was einen eben auch gerade beschäftigt oder interessiert
bei den Alltagstexten, es ist sehr wahrscheinlich, dass Sie auch etwas finden, was Ihnen da weiter helfen kann, manchmal eben aber auch gar nichts, also zu theologischen Debatten oder so, da hilft Ihnen das meistens nichts, aber um das Leben zu verstehen schon. Und nur noch mal zur Wiederholung auch diese drei Beispiele, die besonders relevant sind, denke ich dieses Diakoneo des Dienen, das uns etwas auch verraten kann über diesen Beruf auch von Paulus, den wir ohnehin in der Apostelgeschichte eigentlich schon wissen, aber sich das noch mal bestätigt, dieses Taumazo im Galaterbrief, ja ein Tadelbrief von der scharfen Sorte und dann diese Frauen, wenn es zum Beispiel im Lukas-Evangelium im achten Kapitel heißt, nur im Lukas-Evangelium haben wir diese Frauen schon explizit erwähnt, in Galiläa, also dass der Frauen Jesus nachfolgen und unterstützen mit dem, was sie besaßen übersetzt, die Einheitsübersetzung mit ihrer Habe, die Lutherübersetzung, da spricht überhaupt nichts dagegen, dass man sagt, ja die hatten da ganz klar einfach Geld, Konten, die hatten Besitz und damit haben die unterstützt und nicht nur, wie es dann fromme Auslegungen sagen,
mit ihren Gebeten oder so, sondern was spricht dagegen, wir sehen ja, Frauen hatten auch Besitz. Kurzum, Alldeckstexte kann man endlos noch weitermachen und die sind noch lange nicht ausgeschöpft, da erfährt man noch viel über Sklaverei, was auch relevant ist für das Neue Testament oder über dieses Vereinswesen eben auch, wie schon gesagt, also da gibt es ganz, ganz viele Bereiche, wo man auch erzählen könnte. Warum mir diese Texte als Neu-Destamentlerin so wichtig ist, das ist der Grund eigentlich hauptsächlich der, dass sie uns davor bewahren können, das Neue Testament als etwas völlig abgesondertes zu verstehen in dieser Zeit, als so eine eigene Welt, in der man sich da beschäftigt, sondern bewegt, sondern sieht, das sind Menschen, die in ihrer Welt leben und so hat die Welt ausgesehen, also auch bei Paulus eben gerade und wo man auch sehen kann, diese 27 Schriften haben immer ein bestimmtes Zielpublikum, da gibt es auch Nuancen und das Neue Testament ist ein Ausdruck seiner Zeit und das ist eben
dieses erste Jahrhundert, also Beginn zweites Jahrhundert und da steht in diesem Kontext, den wir eben aus diesen Alltagstexten auch erschließen können und ich finde, die können uns helfen, nicht immer, aber sie können uns helfen, diese Alltagstexte, dass wir völlig schief gehen in so manchen Auslegungen und irgendwas fantasieren über die Vergangenheit, wo wir dann doch eindeutig sagen können, so nicht oder eher so und darum finde ich Alltagstexte so besonders spannend auch in der Bibelauslegung und damit bedanke ich mich ganz herzlich.
Antike Alltagstexte und ihre Relevanz für das Neue Testament | 11.9.2
Antike Alltagstexte auf Papyrus, Tonscherben und Holztäfelchen geben ein buntes Bild vom privaten wie öffentlichen Leben der Menschen zur Zeit des Neuen Testaments. Die in diesen Texten enthaltenen Themen umfassen ein breites Spektrum menschlichen Lebens: Von Sorgen um das Wohlergehen von Familie und Freunden, von Unfällen und Krankheiten, von Streitereien mit Nachbarn und Verwandten, von Geschäftsbeziehungen und vielem mehr ist dort die Rede. Zusammen mit Texten der Administration, Gerichtsakten und Arbeitsverträgen ermöglichen die antiken Alltagstexte weitreichende Rückschlüsse auf das ganz konkrete Leben von Männern und Frauen in den unterschiedlichen sozialen Schichten in biblischer Zeit.
Christina Kreinecker unternimmt mit ihrem Vortrag eine spannende Zeitreise in die Vergangenheit und zeigt anhand ausgewählter Beispiele, wie wichtig die durch Zufall erhalten gebliebenen Alltagstexte für ein zeitgemäßes Verständnis der beinahe 2000 Jahre alten neutestamentlichen Texte sind.