Gute Ergänzung zu »Die Bibel. Erschlossen und kommentiert« von Hubertus Halbfas.
Der Altmeister der Religionspädagogik bietet auch in diesem Buch einen glänzend geschriebenen Überblick über alle grundlegende Aspekte, die den christlichen Glauben und seine aktuelle Bedeutung heute betreffen.

Ein sehr nützliches Nachschlagewerk.

Dieses Buch ist ein Alterswerk des berühmten Theologen Hans Küng. Es ist in großer Weisheit geschrieben, ohne vorschnelle Pauschalurteile, aber dennoch in aller Deutlichkeit.

Zu diesem Vortrag bleibt nicht viel zu sagen, außer: anhören. Handy und Tablet abschalten, tief Luft holen und zuhören. Siegfried Zimmer beweist einmal mehr, dass er Geschichten erzählen kann. Wahre Geschichten mit all ihrer Dramatik und Eindringlichkeit. Obwohl diese Geschichte auch ohne einen großen Erzähler dramatisch und eindringlich genug wäre. Es geht um Janusz Korczak. Er war ein polnischer Jude zur Zeit des dritten Reichs. Aber dass er Jude war, tut fast nichts zur Sache. Korczak war so angesehen und berühmt, dass die Nazis ihn laufen lassen wollten, als der Transport Richtung Treblinka abfuhr. Er hätte leben können. Stattdessen blieb er bei »seinen« Kindern. So fuhren mit Korczak am 5. August 1942 etwa 200 jüdischen Waisenkinder frisch gebadet und festlich gekleidet in die Gaskammern.

Am Anfang war der Zauber. Kinder leben in einer Welt, in der alles möglich ist. In der ein Hase Eier legt, ein alter Mann in einer Nacht Milliarden Kinder mit Geschenken beliefert und Gott mit seinen Engeln über den Schlaf der Kinder wacht. Dann werden die Kinder älter. Und beginnen, die Eltern, das Leben und den Glauben infrage zu stellen. Als Jugendliche müssen sie zweifeln, das ist quasi ihre Pflicht. Außerdem müssen sie alles anders machen als die Eltern, und vor allem müssen sie cool sein. Eltern, die ihren Kindern einen festen Halt im Glauben mitgeben wollen, dürfen sich daher nicht darauf ausruhen, wenn ihre kleinen Kinder verzaubert den Geschichten aus der Bibel lauschen. Denn bald schon müssen sie sich der größten Herausforderung in der Erziehung stellen: nämlich in kritischen Jugendlichen die Neugier auf Gott wach zu halten. Und zwar am besten mit Worten, die auch Menschen außerhalb der frommen Welt verstehen.

Fromme Familien beten vor dem Essen – soweit bekannt. Manchmal sitzen nicht-fromme Freunde betreten am Tisch und lassen das kurze Gespräch mit Gott über sich ergehen. Oder sind froh, dass sie auch ein Gebet beisteuern können: »Komm, Herr Jesus, sei unser Gast und segne, was du uns bescheret hast.« Was man eben früher so beten musste. Hier würde Siegfried Zimmer wahrscheinlich aufschreien: Ein Gebet aus Pflichtgefühl ist eine Beleidigung für Gott! Und: Gebete sollten nur in Ausnahmefällen gereimt werden! Was es sonst noch über das Beten mit Kindern zu wissen gibt, bringt Zimmer in diesem Vortrag unterhaltsam und treffsicher auf den Punkt: Dass Gebete zutiefst kindliche Bedürfnisse befriedigen, dass Gebete Denken und Sprechen fördern und damit auch für nicht-fromme Kinder wichtig sind. Und dass die beste Unterweisung im Gebet manchmal einfach nur ist, das Schneetreiben vor dem Fenster zu bewundern.

Die Frage kommt aus dem Nichts wie ein Autounfall: »Papa, stirbst du auch?« Was antwortet man darauf? »Ja klar, du ja auch.«? Wir reden nicht gern über den Tod. Er existiert in der modernen Welt nicht. Heute geht es um Karriere, Schönheit, Jungsein. Nicht um den Tod. Gestorben wird im Krankenhaus oder Altenheim, über den Tod spricht man höchstens bei Beerdigungen. Was danach kommt, dazu hat jeder eine andere Meinung. Und einen Toten hat sowieso kaum jemand gesehen, der nicht alt genug ist, um alte Eltern zu haben. Wir haben also so gut wie nichts mit dem Tod zu tun. Außer wenn er wie ein Autounfall, ein Attentat oder eine schwere Krankheit über uns hereinbricht. Wie spricht man in solch einer scheinbar unsterblichen Welt mit einem Kind über den Tod, wenn es wissen will: Müssen Papa und Mama auch sterben? Wer kümmert sich dann um mich? Und was kommt nach dem Tod? Siegfried Zimmer erklärt, wie Eltern mit Kindern über Tod und Sterben sprechen können, was die Forschung über das Todesbewusstsein von Kindern weiß und was passiert, wenn man mit Kindern nicht über den Tod redet.

Die allermeisten Eltern wollen das Beste für ihr Kind. Es soll glücklich sein, spielen, toben, lachen – und lernen natürlich, Mathe, Englisch, Kunst, Koreanisch, Astronomie. Aber bloß nicht: Diese Sache mit Gott. Da halten sich moderne Eltern lieber zurück. Religiöse Erziehung ist in den meisten westlichen Ländern umstritten. Weil immer weniger Menschen einer Religionsgemeinschaft angehören. Weil immer weniger Menschen es selbstverständlich finden, dass Kinder religiös erzogen werden. Weil sich immer weniger Menschen einig darüber sind, in welcher Religion ihr Kind überhaupt erzogen werden soll. Und überhaupt: Sind Kinder nicht eigentlich glücklicher ohne religiöse Erziehung? Ist der Glaube nicht längst durch die Naturwissenschaften widerlegt worden? Und ist die religiöse Erziehung nicht schuld daran, dass Menschen sich des Glaubens wegen hassen?
Friedrich Schweitzer widerspricht. Er findet sogar: Kinder haben ein Recht auf Gott. Religiöse Erziehung, das Wissen also, dass es da einen Gott geben könnte, gibt ihnen einen Sinn jenseits von Karriere und Konsum, vermittelt ihnen bestimmte Werte, verleiht Selbstbewusstsein. Und beantwortet existentielle Fragen von Kindern, an denen Eltern ohne Gott oft scheitern.

In manchen Kindergärten und Schulklassen glaubt heute über die Hälfte der Kinder an Allah und Mohammed statt an Gott und Jesus. Viele andere Kinder wissen gar nicht, wer dieser Jesus war. Und dann sind da noch die Götter, die den meisten Menschen in westlichen Ländern wichtiger sind als irgendein übernatürlicher Gott: Konsum, Karriere und Selbstverwirklichung. Es ist eine schwierige Zeit für Eltern, die ihre Kinder christlich erziehen wollen. Zumal der Ruf der »christlichen Erziehung« nicht makellos ist. Dabei waren es evangelische Pädagogen, die Bildung für alle Kinder forderten, auch für die Armen. Die Reformation des christlichen Glaubens war nicht zuletzt auch eine Bildungsreform.
Friedrich Schweitzer, Professor für Religionspädagogik und Praktische Theologie in Tübingen, erklärt, was verantwortungsvolle christliche Erziehung überhaupt ist, was christliche Erziehung mit Demokratie zu tun hat und warum religiöse Bildung eine Pflicht aller Eltern ist, auch jener, die an keinen Gott glauben. Und er stellt sich auch der gängigen Kritik gegen christliche Erziehung: Widerspricht sie modernen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen? Und stört sie in einer multikulturellen Gesellschaft nicht sogar das friedliche Zusammenleben?

Im Mittelalter waren die Sakramente die Grundlage des kirchlichen Lebens. Man war der Meinung, die Sakramentshandlung bewirke mehr als bloße Worte. Die Sakramente vermitteln »das Heil«. An die Stelle dieses »solo sacramento« der mittelalterlichen Kirche setzte Luther ein »solo verbo« (allein das Wort). Darin besteht bis heute eine konfessionelle Grunddifferenz zwischen der evangelischen und der katholischen Theologie. Mit »solo verbo« meint Luther nicht etwa die Bibel sondern das mündliche Wort der Zusage beziheungsweise des Evangeliums. Auch die Sakramente sind für Luther eine Gestalt des Wortes. Das Wort gibt den Sakramenten ihre Kraft. Luther denkt dabei an die Zusage »Ich taufe Dich zur Vergebung der Sünden« und »Dies ist mein Leib, für euch gegeben und mein Blut, für euch geflossen.“
Ausgehend von dieser neuen Wesensbestimmung der Sakramente in der Theologie Martin Luthers erläutert Siegfried Zimmer weitere charakteristische Merkmale des reformatorischen Sakramentsverständnisses. Es geht dabei vor allem um das Wesen, den Nutzen, die Bedeutung und den Empfang der Sakramente. Dabei meint Luther mit dem Begriff Sakramente, den er durchaus als problematisch empfand, stets die Taufe und das Abendmahl. Der Vortrag über Luthers Sakramentsverständnis regt dazu an über die eigene Sicht der Sakramente nachzudenken: Wie wichtig sind Taufe und Abendmahl für mein christliches Leben?

In manchen christlichen Kreisen werden zwei Aspekte immer wieder betont: »Gott beschenkt zwar den Menschen, aber der Mensch muss dieses Geschenk auch annehmen«. Und: »Der Gehorsam ist das Wichtigste. Es kommt darauf an, dass wir Gott gehorchen.« Beide Akzentsetzungen sind problematisch und führen schneller und häufiger als viele denken in gesetzliche Engstirnigkeiten. Das Annehmen eines Geschenks wird in den Vordergrund gestellt, nicht die Überraschung und Freude, die das Geschenk bewirkt. Und die Vorrangstellung des Gehorsams führt bei vielen Christen zu einem dauerhaft schlechten Gewissen und dem deprimierenden Ein-druck: »Ich bin Gott nicht gut genug. Ich könnte noch viel mehr tun, als ich tue.« Martin Luther vermeidet aus viel Erfahrung in seinem reformatorischen Verständnis des Glaubens diese beiden schiefen Akzentsetzungen: Siegfried Zimmer erläutert, dass das Geschenk Gottes selbst bei Martin Luther im Vordergrund steht und bewirkt, wenn es in seiner Größe und Schönheit zum Leuchten kommt die Annahme im Menschen. Der Mensch wird dann freudig und spontan zugreifen. Dieses Zugreifen ist aber keinerlei Verdienst, auf den der Mensch sich etwas einbilden kann. Denn nicht der Gehorsam steht bei Luther im Vordergrund, sondern der Glaube, der in erster Linie ein Vertrauen ist. Je tiefer das Vertrauen zu Gott ist, desto leichter kommt der Gehorsam von ganz allein. Er ist eine Frucht des Vertrauens.
Diese reformatorische Freiheit gewinnt Luther durch die Vorrangstellung des Wortes vor dem Glauben. Das Wort der Zusage hat für ihn eine schöpferische Kraft und diese schöpferische Kraft verhilft dem Menschen zum Glauben. So wird Gott geehrt und nicht der bekehrte Mensch.

Wir alle sind Menschen, also weiß auch jeder, was ein Mensch ist. Richtig? Wenn es mal so einfach wäre. Was man im Mittelalter unter einem Menschen verstanden hat, unterscheidet sich nämlich sehr stark von dem, was Martin Luther über den Menschen lehrte. Inwiefern Martin Luthers Verständnis des Menschen gegenüber dem theologischen Denken seiner Zeit neu war, beschreibt Siegfried Zimmer. Was er zu Beginn seines Vortrags referiert, ist nicht ganz einfach, denn Zimmer erläutert zunächst einige grundlegende Begriffe der mittelalterlichen (scholastischen) Theologie. Doch es lohnt sich, genau zuzuhören und hier nicht die Geduld zu verlieren. Im Grunde geht es bei diesen differenzierten Äußerungen Zimmers um die wichtige Frage: Hat der Mensch einen freien Willen? Die Antwort schockiert. Während die mittelalterliche Theologie diese Frage bejaht, verneint sie Luther im Blick auf die heilsentscheidenden Aspekte der Beziehung des Menschen zu Gott. Luther zufolge kann der Mensch die tiefsten Regungen seines Herzens nicht selbst verändern. Nur Gott kann den Menschen dazu bewegen, ihn zu lieben und ihm zu vertrauen. Ob der Mensch sich für oder gegen Gott entscheidet, liegt nicht einfach in der Hand bzw. in der Verfügung des Menschen. Dennoch ist der Mensch nach Luther keine Marionette Gottes, sondern eine verantwortliche Person.
Gemäß Luther wird unser Leben viel stärker bereichert, wenn wir von Gott bewegt werden, als wenn wir nur um unseren eigenen Willen kreisen. Und schließlich ist Luthers Menschenverständnis vielleicht auch für uns moderne Menschen nicht nur ein (heilsamer!) Schock, sondern auch eine große Erleichterung und der Beginn der reformatorischen Freiheit.