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Der Bibletext, den ich jetzt gewählt habe, der zum Thema Auferstehung sehr wichtig ist, ist die einzige Stelle im Neuen Testament, in der Jesus selber, solange er gelebt hat, zur Frage der Auferstehung der Toten Stellung nimmt. Das ist insofern ein hoch interessanter Text, denn es kann uns Christen zumindest nicht gleichgültig sein, wie der, von dem wir sagen, dass er als Erster von Gott, von den Toten auferweckt worden ist, wie der selber von der Auferstehung der Toten gedacht hat. Inessa wird wieder diesen Bibeltext vorlesen. Bitte schön.

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Lukas 20, die Verse 27 bis 40. Auch aus den Reihen der Satuzeer, die bestreiten, dass es eine Auferstehung gibt, kamen einige zu Jesus und legten ihm eine Frage vor. Meister, sagten sie, Mose hat uns folgende Vorschrift gegeben. Wenn ein verheirateter Mann kinderlos stirbt, soll sein Bruder die Witwer heiraten und dem verstorbenen Nachkommen verschaffen. Nun waren da sieben Brüder. Der erste nahm sich eine Frau, starb jedoch kinderlos. Daraufhin heiratete der zweite Bruder die Witwe, aber auch er starb kinderlos. Nach ihm heiratete sie der dritte, und so ging es weiter. Alle sieben starben, ohne Kinder zu hinterlassen. Zuletzt starb auch die Frau.

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Wie ist es nun mit der Frau bei der Auferstehung? Wem von ihm gehört sie dann? Alle sieben waren schließlich mit ihr verheiratet gewesen. Jesus antwortete, in der jetzigen Welt heiraten die Menschen und werden verheiratet. Aber diejenigen, die für würdig erachtet werden, von den Toten aufzuerstehen und an der kommenden Welt teilzuhaben, heiraten dann nicht mehr. Sie können dann ja auch nicht mehr sterben, sondern sind den Engeln gleich, als Menschen der Auferstehung sind sie Söhne Gottes. Das aber die Toten auferstehen, hat schon Mose deutlich gemacht. In der Geschichte vom Dornbusch nennt er den Herrn den Gott Abrahams, den Gott Isaaks und den Gott Jakobs. Gott ist doch nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden. Für ihn sind alle lebendig. Einige der Schriftgelehrten sagten darauf, Meister, das war eine gute Antwort.

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Aber niemand wagte mehr, ihm eine Frage zu stellen. Vielen Dank, Ines. Ich möchte mit einer humorigen Vorbemerkung beginnen. Viele von euch werden die Geschichte kennen von Ludwig Thoma, ein Münchner im Himmel. In dieser Geschichte kommt ein Münchner nach seinem Tod in den Himmel. Und dort erfährt er den himmlischen Stundenplan. Vier Stunden am Tag Frohlocken und vier Stunden am Tag Hosianna singen, das bekommt dem Bayer nicht gut. Er vermisst seinen Schnupftabak und sein Münchner Bier. Und überhaupt, was ist das für ein Leben zwischen diesen rosa Wolken und zwischen diesen durchgeistigten Engeln.

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Und deswegen ist der Münchner sehr froh, als der liebe Gott ihn mit einer Weisung an die bayerische Regierung nach München schickt. Und in München angekommen, geht er erst mal ins Hofbräuhaus. Und er setzt sich auf seinen Stammplatz und er bestellt bei der Kati eine Maß und noch eine und noch eine. Und so wartet die bayerische Landesregierung bis heute vergeblich auf die göttlichen Weisungen. Also dieser Bayer hatte beim besten Willen mit dem Himmel nicht viel anfangen können. Und nicht viel anders erging es damals den Sadduzeern. Sie haben beim besten Willen mit dem Himmel nicht viel anfangen können.

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Die Sadduzeer, wie ihr ja jetzt schon wisst, war die führende Priesterkaste und die oberste Gesellschaftsschicht damals zur Zeit Jesu in Jerusalem. Die Sadduzeer lehnten diese neumodische Vorstellung von einer Auferstehung der Toten ab. Die Vorstellung, dass die Toten auferstehen, kommt erst relativ spät in Israel auf. So, man kann sagen, ab dem zweiten Jahrhundert vor Christus entsteht die Vorstellung von der Auferstehung der Toten. Wir haben das ja auch schon ein paar Mal gestreift. Die Sadduzeer aber blieben bei der altisraelitischen Vorstellung, dass die Toten in ein Schattenreich gehen, in die Sheol.

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Und dieses Schattenreich ist eine sehr reduzierte Form des Lebens. Eigentlich kann man gar nicht mehr sagen, dass das Leben ist. Es ist zwar so, nach heutigen Kriterien sind die nicht gerade mausetot, aber eigentlich sind sie doch mehr oder weniger tot. Denn im Schattenreich Sheol gibt es keinen Tempel mehr, da gibt es keine Gottesdienste mehr, da hast du keinen Kontakt mehr zu Gott. Die Toten loben Gott nicht mehr. Also, es ist ein Schattenreich, eine sehr reduzierte Form von, Anführungszeichen, Leben. Man könnte aber auch sagen, das sind die Schattenreichtoten. Also, es ist zwar schon irgendeine ganz abgeblasste Form der Jenseitserwartung, aber man kann dazu auf keinen Fall sagen, dass das eine Jenseitshoffnung wäre. Man hat vor diesem Schattenreich keine Angst im alten Israel, aber man freut sich auch nicht drauf.

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Also, es ist kein Gegenstand von Sehnsucht. Und als dann diese neumodische Vorstellung von der Auferstehung der Toten aufkommt, das lehnen die Sadduzeer ab. Und mit der Vorstellung von der Auferstehung der Toten lehnen sie auch die Vorstellung ab, dass es ein Weltgericht gäbe, dass es einen Teufel gäbe und Dämonen. Das ist für die Sadduzeer alles neumodischer Grimpskram. Warum? Warum? Weil für die Sadduzeer sind nur die fünf Bücher Mose, die Thora, die Heilige Schrift. Sie anerkennen als Heilige Schrift nur die fünf Bücher Mose, nur die Thora. Und den Versuch könnt ihr mal alle machen, lest mal die Thora zehnmal genau durch. Ich sage euch, da steht kein Pieps von der Auferstehung der Toten, kein Wörtchen von Weltgericht und kein Wort, es kommt niemals das Wort Teufel oder Satan vor.

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Niemals. Also, um der Heiligen Schrift willen lehnen die Sadduzeer diesen neumodischen Grimpskrams ab. Es ist sehr wichtig für uns, sich das mal klar zu machen, dass die Heilige Schrift der Juden, die wir Altes Testament nennen, nicht auf einmal da war, sondern der erste Teil der Heiligen Schrift sind die fünf Bücher Mose. Dieser Teil war zuerst fertig und er wurde von leitenden Priestern fertiggestellt. Also die Kanonisierung der Thora, die war ungefähr auf plus minus 50 Jahre, kann man das nicht sicher sagen, es war ungefähr um 400 vor Christus, wurde die Thora kanonisiert und war von da an Heilige Schrift.

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Und dabei blieben die Sadduzeer, ist ja auch sehr stark priesterlich redigiert. Gut, in der Folgezeit sammelten andere Strömungen, Pharisäer, weitere Heilige Schriften, nämlich die prophetischen Schriften, die wurden vielleicht 100, 150 Jahre später kanonisiert, um 300 oder 250, man kann es nicht genau sagen. Das waren dann die prophetischen Schriften. Die Sadduzeer sagen nicht direkt, das sind blöde Schriften, das sagen sie nicht, aber Heilige Schrift sind sie nicht. Und dann gibt es noch innerhalb der pharisäischen Strömung später weitere Schriften, die man Ketubim nennt, einfach weitere Schriften. Die wurden endgültig erst nach der Zeit Jesu und nach der Zeit des Paulus endgültig kanonisiert. Paulus selber zitiert noch hin und wieder mal, selten, aber es kommt vor, es steht geschrieben oder wie geschrieben steht,

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ich sage mal einen Satz, was in keines Menschen Ohr gekommen ist, was kein menschliches Auge gesehen hat, das hat Gott denen bereitet, die ihn lieben. Der Satz steht nirgendwo im Alten Testament, nirgendwo. Und trotzdem sagt Paulus, es steht geschrieben. Wir kennen die Schrift gar nicht, aber die hat Paulus als Heilige Schrift anerkannt. Das ist nur ein kleines Indiz, die genauen Grenzen des Kanons waren sogar zur Zeit des Paulus noch nicht festgelegt. Erst etwas später. Also der erste Teil war die Thora, fünf Biomose und dabei sind die Sadduzeer geblieben. Das heißt also, zur Zeit Jesu gab es im Judentum nicht nur eine Heilige Schrift. Was die Heilige Schrift ist, war zur Zeit Jesu im Judentum umstritten. Sind es nur die fünf Biomose oder sind es auch die Propheten und die weiteren Schriften?

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Das war umstritten. Große Teile des Judentums haben diesen größeren Kanon gehabt, aber die Sadduzeer nicht. Und in den prophetischen Schriften, da kommt ganz spät die Vorstellung von der Auferstehung der Toten auf. Thomas Breuer hat ja die entscheidenden Stellen zitiert, Daniel 12, die Jesaja-Apokalypse. Das sind ganz, ganz späte Texte, die vielleicht so 170, 160, 180 v. Chr. entstanden sind. Also da kommt die Vorstellung von der Auferstehung der Toten auf, aber das ist für die Sadduzeer keine Heilige Schrift. Die Pharisäer glauben an die Auferstehung der Toten, sie lehren ein Weltgericht, sie haben auch die Vorstellung, dass es einen Teufel und Dämonen gibt. Jesus hat diese Vorstellung auch. Also das bestätigt, was Thomas Breuer gesagt hat, Jesus steht von allen religiösen Strömungen des Judentums, den Pharisäern am nächsten.

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Wir können sogar sagen, wir haben unsere Bibel von den Pharisäern erhalten. Das verbindet uns am meisten mit den Pharisäern. Denn der Kanon des Alten Testaments, so wie ihn Martin Luther übernommen hatte, das ist der pharisäische Kanon, es ist aber nicht der sadduzeische. Gut, jetzt nach diesem Exkurs wieder zurück. Die Sadduzeer lehnen also diese neumodischen Strömungen ab, die da lehren, es gäbe eine Auferstehung der Toten, ein Weltgericht, ein Teufel und Dämonen. Ich muss sagen, ich finde die Haltung der Sadduzeer gar nicht unsympathisch. Ich möchte mal an der Stelle etwas Psychologisches sagen. Wenn ihr etwas tiefer in die biblische Botschaft hineinkommen wollt, stellt euch ehrlich und aufrichtig, wenn ihr es könnt, auf die Seite der Negativfiguren, die ihr als Negativfiguren empfindet.

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Also stellt euch, gewöhnt euch das mal an, falls ihr es könnt, gewöhnt euch es mal an, auf die Seite der Gegner Jesu euch zu stellen. Echt und ehrlich. Also stellt dir mal vor, du wärst eine Tochter oder ein Sohn eines sadduzeischen Priesters. Super Papa, du liebst deinen Papa, du denkst natürlich ähnlich wie er, von der Muttermilch und von der Vater. Prost. Also du bist da rein sozialisiert. Also stell dich mal gefühlsmäßig ganz auf die Seite der Gegner, echt und ehrlich, und dann merkst du auch, was Jesus da für merkwürdige Sachen sagt. Wenn du dich von vornherein auf die Seite vom tollen Jesus stellst, der sowieso immer recht hat, und die Gegner sind ganz blöde, heuchlerische, falsche Leute, dann bleibst du immer im Banalen.

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Deine drei, vier Schubladen. Erst wenn du dich auf die Seite der Gegner stellst, hörst du das Wort Jesu auf dich hin. Und da gehen die Lernprozesse los. Deswegen sag ich, ich fühl mich als Sohn eines Sadduzeers, mache ich so innere Übungen, Empathieübungen, ich wache auf und bin in einem Haus in Jerusalem und mein Papa ist ein Sadduzeer. Also kann ich euch sagen, mir ist die Haltung der Sadduzeer gar nicht unsympathisch. Irgendwie bewundere ich die sogar ein bisschen. Was für ein Bedürfnis nach Jenseits in der Soraya-Presse heute. Schöne Sterben, Jenseits. Eine Studentin hat mir mal ein Buch gegeben, Herr Zimmer, das Buch müssen Sie unbedingt lesen. Reagiert meistens negativ. Ich sag, ich kann schon das nicht lesen, was ich lesen muss.

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Also schenkt mir bitte nicht oft Bücher, ich bin da eh schon überlastet. Die Studentin hat es so herzerweichend gesagt, der war schon öfters im Jenseits, Herr Zimmer. Ich habe das Buch angefangen zu lesen, nach 40 Seiten ist mir dann die Zeit zu schade geworden. Dieser Mann fährt ins Jenseits, wie ich ins Allgäu fahre. Der ist immer wieder im Jenseits. Dann habe ich wirklich mal gelesen, was lernt er da eigentlich, aber der hat nichts gelernt, sage ich euch. Er kann jetzt die Aura sehen. Ich habe mal einen Menschen erlebt, der hat meine Aura gesehen, das war ein Zahnarzt in Stuttgart. Der konnte das sehen und hat gesagt, ich habe eine ganz gute Aura. Okay, weiß es nicht, wenn ich eine gute habe. Interessiert mich aber nicht weiter. Da gibt es also so Farben, gelb, grün und so und jetzt erklärt er, dass er im Jenseits die Bedeutung dieser Farben gelernt hat. Der Autor hat einige 10.000 Dollar damit verdient. Er unterhält die Leute auf Kreuzfahrten, irgendwie auf dem Pazifik oder so.

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Solche Bücher werden gelesen. Da denke ich mir, jetzt habe ich drei Jenseitsreisen von ihm gelesen und jetzt weiß ich, was gelb und rot und grün in der Aura bedeutet. Da habe ich mir gedacht, ich unterhalte mich lieber mit meinem Freund Paul, der ist Psychotherapeut. Ich lerne durch ein Gespräch mit dem Paul zehnmal mehr, wie die drei Jenseitsreisen von diesem schrägen Vogel. Also, ich muss sagen, die Haltung der Sadduzeer ist mir nicht unsympathisch. Wenn ich das lese, was alles übers Jenseits geschrieben wird, Kraut und Rüben und wie man auch 100 Kilometer gegen den Wind riecht, dass das alles Wunschvorstellungen sind, muss ich euch sagen, ist mir die Haltung der Sadduzeer nicht unsympathisch. Die haben diesen ganzen Klimbim einfach nicht mitgemacht. Sie haben das auch ganz schön ironisiert, wie zum Beispiel bei diesen sieben Frauen.

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Ist natürlich richtig satirisch. Gut, ich möchte mal als nächstes die Jenseitsvorstellungen der Völker mal ganz knapp, da muss ich jetzt wirklich aufpassen, das kann man nicht so schnell in drei Minuten, also es ist sehr holzschnittartig, vorsichtig, ich will dadurch auch kein Gelächter erzeugen oder Überheblichkeit über alte Kulturen, will ich nicht. Vielleicht müsst ihr an der einen oder anderen Stelle mal schmunzeln, das kann man fast gar nicht verhindern, aber es geht mir nicht darum, dass wir jetzt irgendwie überlegen, schmunzeln. Also, welche Jenseitsvorstellungen hatten die Völker im Mittelmeergebiet und im Vorderen Orient? Man kann das wirklich in einfachen Worten kurz zusammenfassen. Die Jenseitsvorstellungen der Völker haben zwei charakteristische Merkmale. Das erste Merkmal ist, das Jenseits ist ziemlich ähnlich wie das Diesseits, das werde ich gleich ein bisschen ausführen.

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Und das zweite Merkmal ist, aber es ist besser, es ist sozusagen eine gewisse Steigerung, es ist, man könnte sagen, sogar eine Vervollkommnung. Also jetzt mal zunächst das erste Merkmal, es ist sehr ähnlich. Also, auch im Jenseits, in der Vorstellung der antiken Völker geht es sehr ähnlich zu wie im Diesseits, es gibt wieder soziale Unterschiede in aller Regel, oft sind es sogar die gleichen. Und dass es so ähnlich sich vorgestellt wird, merkt man bei den Grabbeilagen. Also, wenn jemand stirbt, dann gibt man jemandem ins Grab nützliche Dinge mit, sonst würde man sie ja nicht mitgeben. Also man gibt den Toten mit Schmuck, Waffen, gutes Essen, Trinkhorn, Messingpfeife. Und wenn ein Häuptling stirbt, dann gibt man ihm gleich mehrere Frauen mit und mehrere Sklaven,

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damit er drüben standesgemäß versorgt ist. Archäologen sind immer enttäuscht, wenn sie ein christliches Grab entdecken. Sagen wir mal bei den Wikingern, die wurden nämlich christianisiert von Ansgar, Hamburger Bischof und anderen. Und bis zur Missionierung freuen sich die Archäologen, da können sie in den Gräbern Grabbeilagen finden. Ab der christlichen Zeit ist nichts mehr drin. Also, sehr ähnlich. Zum Beispiel gibt es auch Streit drüben und es gibt Vorstellungen, dass man an der Pforte zum Jenseits Eintrittsgeld bezahlen muss und nur die Wohlhabenden können es bezahlen. Also, ich sage mal ein Beispiel, ich schmunzel jetzt gerade selber, aber ich sage das ganz voller Wertschätzung.

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Es gibt also in Afrika einen Stamm, das weiß ich von jemandem, der das selber erlebt hat. Dieser Stamm lehrt, dass man nach den Kleidern eingestuft wird, die man im Grab trägt. Und deswegen hat der Sterbende diesen Europäer um seinen Hut gebeten. Der hat erst gar nicht geblickt, aber hat ihm dann den Hut gegeben, weil in diesem Stamm gibt es keine solche europäischen Hüte. Und deswegen war der Sterbende wohl offensichtlich ziemlich sicher, dass auch im Jenseits die Leute kolossal beeindruckt sein werden, wenn er mit dem Hut kommt. Gut, also, man hat sich das Jenseits sehr ähnlich vorgestellt wie das Diesseits. Die Fantasie der Menschen ist da ziemlich begrenzt und unterliegt ja weltanschaulichen Grenzen. Wir können uns ja nur nach der Anschauung dieser Welt unsere fantastischen Vorstellungen machen von jener Welt.

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Und das merkt man in der Religionsgeschichte zentnerweise. Also wie gesagt, ich bewundere die Sadduzeer. Aber das Jenseits ist nicht nur sehr ähnlich, es ist doch besser als so. Die Landschaften sind schöner, die Farben sind leuchtender, die Musik klingt schöner. Die Früchte sind größer, die Fruchtbarkeit ist gesteigert. Man kann mehrfach im Jahr ernten. Es wird keine Nahrungsmittelknappheit drüben ergeben. Der Reichtum, zumindest nach vielen Vorstellungen, liegt überall herum. Auch die sexuellen Bedürfnisse, natürlich nur der Männer, werden besser erfüllt wie hier. Es gibt also religiöse Strömungen, die lehren, die Frauen werden im Jenseits keine Regeln mehr haben. Die unreinen Tage fallen weg.

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Sie werden den Männern immer zur Verfügung stehen. Ja, da stirbt es sich für Männer schon etwas leichter. Ja, also ich will noch mal sagen, mir ist die Haltung der Sadduzeer nicht unsympathisch. Soweit ein kleiner Exkurs zu den Jenseitsvorstellungen der Völker. In Ägypten gab es ganze Reiseführer. Jenseitsreiseführer, konnte ich vorher schon Reiseführer lesen? Bei den Griechen gibt es die Insel der Seligen, bei den Germane die Walhall und so weiter. Die Tendenzen, die ich da geschildert habe, tauchen dort ständig auf. Aber jetzt ist Jesus in den letzten Tagen in Jerusalem, hat zum ersten Mal Kontakte mit Sadduzeiren. Und die Sadduzeer lehnen diese Auferstehungsvorstellungen ab. Jetzt muss man sagen, die Pharisäer,

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die ja die Auferstehung der Toten lehren und die das sogar auch weiterentwickelt haben, also die Hoffnung auf Auferstehung der Toten, ist bei den Pharisäern immer zunehmend wichtig geworden. Die Sadduzeer haben, das wissen wir aus anderen Quellen, außerbiblischen Quellen, mit den Pharisäern öfters über die Auferstehung der Toten diskutiert. Und zwar aus folgendem Grund. Die Sadduzeer waren nicht nur der Meinung, dass in der Thora überhaupt nichts von der Auferstehung der Toten steht. Deswegen kann sie zumindest gar nicht wichtig sein, weil alles Wichtige steht in der Thora. Was in der Thora nicht steht, ist auch religiös nicht besonders wichtig. Aber die Sadduzeer sind sogar wesentlich weitergegangen. Sie haben gesagt, die Thora lässt die Frage der Auferstehung der Toten nicht einfach unbeantwortet. Die Frage ist nicht einfach offen. Sondern die Thora schließt diese neumodische Vorstellung indirekt aus.

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Denn es gibt ein Gesetz in der Thora, das Gesetz der Schwagerehe, steht im fünften Buch Mose, Leviratsehe. Dieses Gesetz wäre ja absurd, wenn es eine Auferstehung der Toten gibt. Denn in dem Gesetz der Schwagerehe steht, wenn Brüder beieinander wohnen, Großfamilienvorstellung, Brüder heiraten, bleiben aber alle in der Sippe, und die Frauen werden in die Sippe inkorporiert. Die Frauen müssen wechseln, die Männer können alle bleiben. Also wenn Brüder beieinander wohnen, und einer dieser Brüder stirbt und hat keinen Sohn, also ich hab gemerkt, Inessa bei dieser neuen Genfer Übersetzung heißt es immer, keine Kinder hat, muss ich euch enttäuschen, das heißt, keine Söhne hat. Töchter zählen da gar nicht. Denn der Name wird ja nur über die Söhne weitergegeben. Also wenn Brüder beieinander wohnen, und einer dieser Brüder stirbt, ohne dass er einen Sohn hat,

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dann soll die Witwe dieses Bruders nicht auswärts heiraten. Auswärts meint nicht ins Ausland, sondern sie soll nicht im nächsten Dorf heiraten, das ist schon auswärts. Sondern sie soll hier auf dem Bauernhof, da gibt's ja noch Schwager, der Schwager soll kommen und die Schwagerehe mit ihr vollziehen. Und der erste Sohn, der geboren wird, gilt als Sohn des verstorbenen Bruders, damit sein Name nicht ausstirbt. Das ist also die Liberatsehe. Jetzt sagen die Sadduzeer, jetzt stellt euch mal vor, die Liberatsehe ist ja nicht eine menschliche Marotte, ist ja Gottes Wort. Das ist Gottes Wort, das ist die Thora. Also Gott hat dieses Gesetz gegeben. Jetzt stellt euch mal vor, Gott hätte die Auferstehung der Toten vor. Das wird ja ein Chaos. Also es sei denn, dass Gott die Konsequenzen seiner eigenen Gesetze

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nicht gründlich durchdenkt, und das scheitert ja doch wohl aus. Also sagen die Sadduzeer zu den Pharisäern, das ist schon ein paar Mal vorgekommen, vor Jesus, das kann doch nicht sein, die Auferstehung der Toten, das Gesetz der Schwagerehe wäre ja idiotisch. Wem gehört sie dort? Und da waren die Pharisäer in einer misslichen Situation, denn die Pharisäer haben zwar eine größere Heilige Schrift, aber sie stimmen mit den Sadduzeern darin überein, der wichtigste Teil der Heiligen Schrift ist die Thora. Also für die Sadduzeer war es der einzige Teil der Heiligen Schrift, aber für die Pharisäer der wichtigste. Also für uns Christen auch kleine Einführung ins Judentum. Die Heilige Schrift der Juden, auch heute, ist nicht alles die gleiche Autorität. Die höchste Autorität von dem Volk, das diese Heilige Schrift geschaffen hat.

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Da können wir Christen mal ein bisschen vorsichtig lernen. Also für unser älteres jüdisches Gottesvolk hat nicht die Heilige Schrift flächendeckend alles die gleiche Autorität, Inspiration. So, nein. Nur die fünf Bücher Mose werden in einem Jahr in einer Synagoge vorgelesen, auch heute. Nur die fünf Bücher Mose werden im Jahresturnus vorgelesen. Dann gibt's eine zweite Lesung aus dem Propheten, aber das sind nur kleine Ausschnitte, schafft man ja gar nicht. Und wenn der Messias kommt, wird auch heute im pharisäischen, rabbinischen Judentum die ganze Bibel hinfällig, außer der Thora. In der messianischen Zeit braucht man keine Propheten mehr, aber die Thora braucht man weiterhin. Nur die Thora hat Mose direkt vom Himmel her durch den Engel Gabriel erhalten. Nur die Thora. Ich möchte damit sagen, nach heutiger, auch heutiger jüdischer, pharisäisch-rabinischer Auffassung

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hat die höchste Autorität nur die Thora. Die zweithöchste Autorität haben die prophetischen Schriften. Die Propheten sind nämlich Kommentatoren der Thora. Und die drithöchste Stufe der Autorität sind die Ketubim, die restlichen Schriften. Also da denken unsere jüdischen Schwestern und Brüder anders als wir. Gut, für die Pharisäer war also die Thora der entscheidende Teil. Denn die Offenbarungen, die Mose bekommen hat, sind die entscheidenden. Und deswegen sagen die Pharisäer schon, auch zur damaligen Zeit, zu den Satu-Säern, ganz klar, die Thora ist der Maßstab. Wenn etwas in den prophetischen Schriften oder in den Ketubim steht, was der Thora widerspricht, dann hat die Thora recht. Also gut, sagen die Satu-Säer. Wir erzählen euch mal ein Beispiel. Es steht ja in der Thora das Gesetz der Schwagerehe. Also jetzt konstruieren wir daraus mal ein echtes Beispiel.

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Kann ja im Laufe der Jahrhunderte ja wirklich mehrfach vorkommen. Da gab's mal sieben Brüder. Ist natürlich ein bisschen hoch, gell? Das gleiche Problem wäre auch schon bei zwei Brüdern, gell? Aber das ganze Peinliche des Auferstehungsglaubens, wie doof der eigentlich ist, das wird so richtig schön deutlich bei sieben Brüdern. Also, da waren mal sieben Brüder. Der erste starb ohne Sohn. Kommt ja vor. Der zweite starb auch ohne Sohn. Früher war große Kinderzahl, zehn bis 20 Kinder. Also acht Kinder war früher eher kinderarm. Also, der dritte Sohn starb ohne Sohn, der vierte und so weiter. Am Schluss starb auch die Frau. Kann man ja verstehen, dass die ja auch stirbt, gell? Nach sieben Brüdern, gell? Hab ich Verständnis, dass die stirbt. Ja, wessen Frau wird sie sein in der Welt der Auferstehung der Toten? Sie war ja die Frau von allen.

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Ich darf euch sagen, die Pharisäer sind da ins Schwitzen geraten. Die Pharisäer antworteten darauf, in dem Fall bekommt der erste Sohn sie in der Welt der Auferstehung zur Frau. Da haben die Sadduziere gesagt, das überzeugt uns nicht. Das lässt sehr viele Probleme offen. Nehmen wir mal an, die erste Ehe war relativ kurz. Also, der hat irgendwie einen Schlaganfall gekriegt. Also, nach drei Jahren war die Ehe zu Ende. Die vierte Ehe aber dauerte 18 Jahre. Oder es kann doch auch sein, dass die Ehe unglücklich war. Sollts geben. Wenn ich heute die Ehen angucke, wie viele sind sehr glücklich, wie viele arrangieren sich und wie viele trennen sich nur deshalb nicht, weil deshalb noch schwieriger ist. Weiß ich nicht. Also, ich will nur sagen, es kann doch sein, dass die erste Ehe ziemlich mickrig war. Aber die fünfte Ehe, die war gut.

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Also, das würde doch das Herz der Frau zerreißen in der Welt der Auferstehung. Und ich sag euch, darauf haben die Pharisäer keine befriedigende Antwort gehabt. Also, das war ein heißes Ding, diese Geschichte. Und als da der junge Prophet aus Galiläa, dieses Nachwuchstalent hier, macht hier Furore, und dann sagen die Sadduziere, also, diesen jungen Mann nehmen wir mal zur Brust. Wir unterhalten uns mal mit ihm über die Auferstehung der Toten. Sie interessiert uns auch, was der darüber denkt. Und da haben Sie gemerkt, der vertritt die Auferstehung der Toten. Gut, dem legen wir mal unser bewährtes Beispiel vor. Da verschluckt er sich dran, und dann ist er ruh. Ja. Jetzt ist interessant, wie Jesus antwortet. Jesus geht auf dieses Fallbeispiel überhaupt nicht ein. Kein Wort. Sondern sein erstes Wort, er antwortet völlig grundsätzlich.

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Er lässt sich auf die Ebene überhaupt nicht ein. Sondern er antwortet die Söhne, also wieder nicht Kinder oder was da alles ist, das heißt einfach Söhne. Das ist damalige Sprachregelung, dass Jesus kein Macho war. Das erkennen wir an seinem Umgang mit den Frauen, keine Sorge. Aber hier ist einfach ein religiöses Lehrgespräch. Die Sadduzeer reden ihn ja auch an mit Rabbi. Es heißt in der Neuen Genfer Übersetzung Meister. Ich fänd's schöner, wenn man einfach sagt Rabbi. Also Respekt, sie anerkennen ihn als Schriftgelehrten. Die Christen heute sagen immer gern, und auch in den Bibelübersetzungen, Schriftgelehrter. Ich sag euch, da rutscht ihr gleich in eure 1.000 Vorurteile. Was ihr über die Sadduzeer denkt und was ihr über die Pharisäer denkt, das sagt nichts über die Sadduzeer und über die Pharisäer. Das sagt nur was über euch.

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Also der Ausdruck Schriftgelehrter vermeidet ihn. Sagt doch einfach Lehrer der Heiligen Schrift. Das klingt schöner. Da rutschen nicht so schnell die 1.000 christlich geölten Vorurteile euch ins Blut. Also vermeidet den Ausdruck Schriftgelehrter, weil da rutscht ihr sofort in eure christlichen abgeschleckten Vorurteile. Sagt lieber Freundlicher Lehrer der Heiligen Schrift. Also sie anerkennen Jesus als Lehrer der Heiligen Schrift. Und jetzt kommt ein Lehrgespräch, das hatte damals ein gewisses Grundmuster. Wenn es ein Problem in der Auslegung der Heiligen Schriften gibt, dann zitiert der eine Gesprächspartner eine Stelle aus der Heiligen Schrift. Und im zweiten Schritt konstruiert er ein Fallbeispiel, das sich wirklich daraus ergeben kann. Und dann ist das Problem da. Und jetzt der andere Gesprächspartner muss seinerseits eine Stelle aus der Heiligen Schrift zitieren.

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Und er muss zeigen, dass man mithilfe dieser Stelle dieses Problem lösen kann. Das ist so das Grundmuster eines Lehrgesprächs in der damaligen Zeit. Und das ist hier ganz deutlich vorhanden. Also, was sagst du dazu? Weil da waren sieben Brüder und so weiter. Also Jesus antwortet jetzt völlig anders, wie die Sadduzeer es gewohnt sind, gell? Da wackelt aber der Tellerrand. Er sagt, die Söhne dieser Welt heiraten und werden geheiratet. Diejenigen aber, die gewürdigt worden sind, an jener Welt teilhaftig zu werden, die heiraten nicht mehr und werden nicht geheiratet. Es gibt gute alte Handschriften, also das ist ungefähr halbe, halbe, die übersetzen so, die Söhne dieser Welt zeugen und werden gezeugt.

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Aber diejenigen, die gewürdigt worden sind, jener Welt teilhaftig zu werden, die zeugen nicht mehr und werden nicht mehr gezeugt. Also, das heißt, Jesus macht als Erstes ganz klar, Leute, ob ihr Sadduzeer seid oder Pharisäer, es ist in dem Punkt völlig egal. Ihr geht beide davon aus, dass es in jener Welt überhaupt noch Frauen und Männer und Fortpflanzung und Geschlechtlichkeit gibt. Wenn es aber in jener Welt gar nicht mehr Männer und Frauen und Fortpflanzung und Geschlechtlichkeit gibt und damit auch nicht mehr die Beziehungen wie hier, hat sich das ganze Ding sowieso erledigt. Also das, was Pharisäer und Sadduzeer jahrzehntelang gerungen haben. Und selbst die Sadduzeer, die die pharisäische Position glatt ablehnen, gehen in ihrer glatten Ablehnung von den gleichen Voraussetzungen aus wie die, die sie ablehnen. Nämlich, dass es Männer und Frauen noch gibt.

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Also, was für Sadduzeer und Pharisäer ein großes Problem ist, ist für Jesus gar keins. Dieser Text ist religionsgeschichtlich von größter Bedeutung. Es ist eine Zäsur in der Religionsgeschichte. Ich werde das gleich deutlich machen. Also, zunächst aber will ich mal sagen, Jesus unterscheidet zwischen dieser Welt und jener Welt. Das ist an und für sich nicht neu, denn auch Pharisäer und andere jüdische Gruppen Apokalyptiker, die unterscheiden auch zwischen dieser Welt und jener Welt, diesem Äon und jenem Äon. Also diese Unterscheidung ist geläufig. Aber wie tief Jesus hier unterscheidet, das ist der erste Fall dieser Art in der jüdischen Religionsgeschichte. Der erste und älteste Text, wo klar gesagt wird, nicht nur Gott selber ist kein Geschlechtswesen.

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Das war ja schon granatenmäßig neu in der Welt der Religionen. Es gibt Götter und Göttinnen, und die pflanzen sich fort. Denn ohne Fortpflanzung gibt es kein Leben. Also, das projiziert man ins Jenseits. Es gibt bei allen Religionen Götter und Götter, Götter und Göttinnen, denn ohne Geschlechtlichkeit und Fortpflanzung gibt es kein Leben. Das konnten sich die Menschen nicht vorstellen. Also pflanzen sich auch die Götter fort. Und die haben ihre Väter und Vorfahren und die Konformanten in Babylon haben die ganzen Stammdarfen auswendig lernen müssen. Konformantenunterricht in Asur. Und jetzt kommt da so eine neue Strömung auf. Und die sagen, Gott ist gar kein Geschlechtswesen, der hat gar keine Frau, der hat auch keinen Vater, der zeugt auch keine Kinder. Das war ein Unikum, jachwä. So was hat es noch nicht gegeben. Gott ist kein Mann. Und wenn man auch zu Gott sagt, Vater,

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dann ist das nicht geschlechtlich gemeint. Also, das war völlig neu. Aber jetzt sagt Jesus in diesem Text zum ersten Mal, nicht nur Gott ist kein Geschlechtswesen, sondern ihr seid es nach dem Tod auch nicht. Das ist religionsgeschichtlich eine Zäsur. Jetzt überlegen wir uns mal, wie unterscheidet Jesus zwischen dieser Welt, ich sage jetzt mal, diesem System, und jener Welt, jenem System? Wie unterscheidet er? Was sind die Grundlagen, die charakteristischen Grundmerkmale dieses Systems nach Jesus, die Geschlechtlichkeit und die Sterblichkeit? Denn er sagt im weiteren Gespräch, sondern sie sind den Engeln gleich und können nicht mehr sterben.

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Wow! Was hier jeder muss, kann dort keiner mehr. Das ist ein Unterschied. Also, Jesus sagt mit gezielter Provokation an die Adresse des Todes, die können gar nicht mehr sterben. Man könnte gerade sagen, selbst wenn sie wollen, sie können es nicht mehr. Ich würde sagen, das ist ein kategorialer Unterschied zwischen diesem System und jenem System. Also, Jesus unterscheidet zwischen dieser Welt und jener Welt so tief, und zwar, dass es tiefer möglicherweise gar nicht geht, und das merkt man an zwei Merkmalen Geschlechtlichkeit und Sterblichkeit. Es gibt ja in der Politikwissenschaft die Unterscheidung zwischen Reformen und Revolutionen. Reformen sind Veränderungen auf den Grundlagen des Systems, und Revolutionen sind Veränderungen der Grundlagen des Systems. Fragt sich nur, was sind die Grundlagen des Systems?

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Das ist die Frage. Nach der Meinung Jesu Sterblichkeit und Geschlechtlichkeit. Wenn das die Grundlagen des Systems sind, dann sind die bisherigen Revolutionen der Weltgeschichte nur kleine Reformchen. Was übrigens aber nichts gegen die Notwendigkeit dieser Reformchen sagt. Aber es sind Reformchen. Also, unser Revolutionsbegriff ist ein Ausdruck der Begrenztheit unseres Denkens. Überlegen wir uns mal Sterblichkeit und Geschlechtlichkeit. Wer immer ihr seid, ob ihr CDU wählt oder Linke oder FDP, ob ihr gebildet seid oder nicht, welche Rolle ihr auch in der Gesellschaft habt, ich vermute mal, sterbliche Geschlechtswesen seid ihr alle. Oder ich mach mal die Probe, ist jemand hier in diesem Raum oder auch im Internet meldet euch, ist jemand da, der kein sterbliches Geschlechtswesen ist,

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darf sich bei mir melden. Natürlich kann man heute sogar medizinisch aus einem Andreas eine Andrea operieren und auch in die andere Richtung. Das ist möglich. Und es gibt Transvestiten, wo Männer unheimlich gern Frauengleider anziehen oder andersrum. Und es wird die Zeit bald kommen, in Australien ist schon ein Gesetz erlassen, wo man bei dem Ankreuzen Geschlecht, Mann, Frau, auch Drittens ankreuzen kann, weder noch. Gibt es nämlich, weiß man heute. Sehr selten, die Natur hat da ihre Besonderheiten. Aber auch dies... Es gibt eben weibliche Elemente, genetisch gesehen, und männliche. Ein Mann hat so 55 männliche und 45 weibliche, da bist du ein Mann. Und bei einer Frau hat man 45 männliche und 55 weibliche. Aber männlich, weiblich ist immer da. Auch bei denen, die 50-50 sind, spielt die Geschlechtlichkeit trotzdem sogar eine größere Rolle.

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Und auch bei denen, die aus Gründen, für die wir größtes Verständnis haben müssen, ihr Geschlecht operativ ändern, für die ist die Frage der Geschlechtlichkeit noch wichtiger als für uns. Also, ich will damit nur sagen, aus dem Thema Geschlechtlichkeit und Sterblichkeit kann niemand aussteigen. Keine historische Veränderung wird es geben können, hat es zumindest bisher nicht gegeben, die die Sterblichkeit und die Geschlechtlichkeit historisch abschaffen kann. Wenden wir uns mal erst zur Sterblichkeit zu. Wir sind alle sterblich. Wir kommen mit jedem Tag unserem Tod einen Tag näher. Totsicher ist nur der Tod. Der Tod ist der sicherste Faktor in diesem System. Wir leben ein Leben zum Tode. Und nehmen wir mal Lebensversicherung,

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Gesundheitserziehung, Verkehrserziehung, Apotheke, Fitnessstudio und so weiter und so weiter und so weiter. Das sind alles Formen des Kampfes gegen Alter und Tod. Nach Meinungsumfragen freut sich der Mensch ab seinem 20. Geburtstag auf seine Geburtstage immer weniger. Ich weiß nicht, wie es euch geht. Der Abbau des Körpers setzt früh ein. Macht euch nichts vor. Der Höhepunkt ist bei 20 Jahren, und dann geht's abwärts. Der eine gibt's zu, und der andere versucht zu verdrängen. Also, der Tod ist der sicherste Faktor in diesem System. Wo ist der Revolutionär, der diesen ausbeutet? Der beutet uns ja aus. Wie viel Lebensfreude und Unbekümmertheit schlägt dieser Machthaber tot uns kaputt?

44:00
Und wo, bitteschön, ist der Revolutionär, der diesem Ausbeuter mal das Handwerkzeug legt? Also, bis jetzt ist noch keiner gekommen. Aber nicht nur der Tod prägt unser Leben umfassend jeden Tag, sondern auch die Geschlechtlichkeit. Wir sind nicht zu allem, was wir sind, auch noch Geschlechtswesen, sondern wir sind in allem, was wir sind, Geschlechtswesen. Den Menschen gibt's gar nicht. Der Mensch. Habt ihr schon mal einen Menschen gesehen? Ihr habt nur Männer und Frauen gesehen. Aber ein Mensch ist an sich schon ein Abstraktum. Es gibt nur Männer und Frauen. Also, mit diesem seltenen Sonderfall, den wir auch ernst nehmen müssen. Gut, also, auch die Geschlechtlichkeit prägt uns umfassend. Wir unterscheiden uns nicht nur in den sogenannten Geschlechtsorganen, sondern wir unterscheiden uns in allem.

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Wir Männer und Frauen. Im Gesicht. In der Stimme. Im Lachen und Weinen. Hör mal ein Lachen hinter der Wand, und du weißt, es ist ein Mann oder eine Frau. Wir unterscheiden uns in den Händen, in den Füßen, in der Hüfte, in der Haut, im Gang, im Chromosomensatz, im Fettgewebe. Also, wir sind umfassend verschieden. Und durch unseren Körper nehmen wir ja die Welt wahr. Deswegen nehmen wir unsere Welt geschlechtsspezifisch wahr. Können Frauen, fangen wir mal andersrum an, können Männer Frauen wirklich verstehen? Ich weiß es nicht. Ich bin unsicher. Können Frauen Männer wirklich verstehen? Das weiß ich nur weniger. Also, wie immer, die Geschlechtlichkeit prägt uns umfassend. Ich weiß von Kriminalisten, es genügt die Fingerkuppe,

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um zu entscheiden, es ist ein Mann oder eine Frau. Wenn die Leiche völlig verstümmelt ist. Es genügt ein Teil des kleinen Fingers, kann man feststellen. Also, welche Rolle wir auch immer spielen. Wir können alle anderen Rollen irgendwie verändern. Aus Schülern können Lehrer werden. Aus Lehrlingen können Meister werden. Aus Berühmten können Vergessene werden. Haben manche schon erlebt. Aus Armen können Reiche werden. Selten, aber es kommt vor. Aus Reichen können Arme werden. Und so weiter. Aus Erfolgreichen können Gescheiterte werden. Und umgekehrt. Also, wir können so viel ändern, aber diese Sterblichkeit und Geschlechtlichkeit nicht so. Dass die Sterblichkeit drüben nicht mehr sein soll, das finde ich gut. Das geschieht dem Tod gradrecht.

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Aber dass die Geschlechtlichkeit nicht mehr sein soll, könnte man sagen, schade. Also, da merkt man, dass Jesus seine Vorstellungen nicht nach den Wünschen der Menschen konstruiert. Er hätte auch sagen können, drüben gibt es nicht mehr die Doppelbelastung von Haushalt und Beruf. Die Zärtlichkeit zwischen Mann und Frau wird sensibler werden. Er hätte alles sagen können, sagt er aber nicht. Das ist für ihn Kindergarten. Sadduziäische Position ist Kindergarten. Pharisäische Position, antifarisches. Alles Kindergarten. Also, man merkt an dieser Antwort Jesu, dass der irgendwie einen anderen Horizont hat. Und dass es überhaupt kein Argument gegen die Auferstehung der Toten gibt. Ich sag euch, es wird niemals ein einziges Argument gegen die Auferstehung der Toten geben.

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Nie. Ob es ein Universitätsdozent oder ein Hilfsarbeiter äußert, ist ziemlich egal. Denn alle Pseudoargumente, alle Argumente in Quotation mark, gegen die Auferstehung der Toten, kommen alle aus der Anschauung dieses Systems. Die Argumente gegen die Auferstehung der Toten sind keine Argumente. Sie sind Ausdruck der Begrenztheit unseres Horizonts. Aber mehr nicht. Denn wie Jesus dieses Sadduziäer Argument widerlegt, hat eine prinzipielle Bedeutung. Es wird niemals ein Argument geben. Denn alle denken, übrigens möchte ich sagen, auch nicht die Vernunft. Die Vernunft ist nicht zuständig für diese Frage. Möchte ich mal in aller prinzipiellen Allgemeinheit sagen. Denn nicht nur Zeit und Raum, sondern auch die Vernunft ist ein Faktor dieses Systems.

49:02
Und kein Faktor dieses Systems, auch nicht die Vernunft, können irgendein Kriterium liefern, wenn Jesus hier recht hat. Für die Beurteilung jenes Systems. Das muss man aufklären, an der Stelle auch deutlich machen. Die Vernunft hat auch ihre großen Grenzen. Sie hat schon hier ihre Ohnmacht. Gibt es ein vernünftiges Argument gegen die Geldgier und gegen die Machtgier? Kannst du mit Mitteln der Vernunft... Die Vernunft ist doch sehr schwach, so wichtig sie ist. Sie ist auch schon oft sehr ohnmächtig gewesen. Andererseits, Achtung vor der Vernunft. Ohne Vernunft kannst du nicht mal den Verkehr in Stuttgart regeln. Wir brauchen die Vernunft. Aber die Vernunft ist kein Kriterium zur Prüfung dieser Frage. Gut, also so weit mal die erste Runde. Und jetzt kommt die zweite Runde. Wie begründet Jesus eigentlich die Auferstehung der Toten?

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Geht jetzt, nachdem er gesagt hat, die Söhne dieser Welt zeugen und werden gezeugt oder heiraten und werden geheiratet, aber diejenigen, die gewürdigt worden sind, jener Welt teilhaftig zu werden, die zeugen nicht mehr, werden nicht mehr gezeugt, heiraten nicht mehr, werden nicht mehr geheiratet, dann ist es aber kein Weiterleben nach dem Tod. Wir machen so weiter. Wir machen den Tod rückgängiger und er geht so weiter wie bisher. Nein, wenn es drüben keinen Mann und Frau mehr gibt und keine Geschlechtlichkeit ist, ist es kein Weiterleben. Geht es nicht nur um die Rückgängigmachung des Todes, sondern es ist ein Leben einer völlig anderen Art. Denn wir sterbliche Geschlechtswesen können uns nicht mal in der Fantasie ein Leben ohne Sterblichkeit und Geschlechtlichkeit vorstellen. Interessant ist auch, dass Jesus nicht sagt, diejenigen, die würdig sind, jener Welt teilhaftig zu werden,

51:02
sondern Jesus sagt im passivum divinum, passiv, diejenigen, die gewürdigt werden. Das ist eine Würde, die wir nicht einfach mitbringen und die wir auch nicht selber herstellen können. Also diejenigen, die gewürdigt worden sind, jener Welt und der Auferstehung der Toten teilhaftig zu werden, sind den Engeln gleich. Engel sind keine Geschlechtswesen. Und sie unterliegen nicht mehr Zeit und Raum. Also sie sind den Engeln gleich und können gar nicht mehr sterben. Ich sage in Klammer, selbst wenn sie es wollen, aber es will ja auch keiner mehr. Warum sollte man sterben wollen in jener Welt? Bleiben wir mal bei dem Ausdruck, sie sind den Engeln gleich. Engel sind in der Bibel nicht unwichtig. Engel sind in der Bibel keine Nebensächlichkeit. Es gibt sie vom ersten bis zum letzten Buch der Bibel. Aber wir glauben nicht an Engel, wir glauben nur an Gott.

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Engelverehrung ist was sehr Heikles. Es gibt in der Bibel keine Lehre von den Engeln, denn wir können uns den Lebensstil der Engel nicht vorstellen. Und die Engel, die hier die Erde besuchen, sage ich jetzt mal so metaphorisch, die kommen, sagen eine Botschaft, nicht mal die Weihnachtsengel, sie kommen, sagen eine Botschaft, und dann sind sie weg. Es gibt nie einen Engel, der ein paar Monate auf der Erde ist und mal so drei Wochen mit uns lebt. Wir können doch keine Vorstellung machen. Die sagen was und zack, sind sie weg. Der Engel, nehmen wir mal bei der Weihnachtsgeschichte, aber auch die anderen, der kommt aber nicht und schweigt. Manche sagen, Schweigen ist das Höchste. Ja, Schweigen ist schon wichtig, wo wir nicht achten. Aber stellt euch mal vor, es erscheint ein Engel, er schweigt und geht wieder weg. Oder stellt euch mal vor, es kommt ein Engel und malt ein Bild und geht wieder weg.

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Oder stellt euch mal vor, es kommt ein Engel, spielt Geige und geht wieder weg. Also, lassen wir mal... Ich möchte euch nur mal ein bisschen bewusst machen, es kommt ein Engel und sagt eine Botschaft und geht weg. Das ist ein Unterschied. Aber geht sehr schnell wieder weg. Also, wir können keine Lehre von den Engeln aufstellen, probiert's nicht, ihr werdet bloß komisch. Und so unvorstellbar, wie uns der Lebensstil eines Engels ist, so unvorstellbar ist uns jene Welt. Wir werden aber den Engeln gleich sein. Engel sind keine Geschlechtswesen, sie unterliegen nicht Zeit und Raum und nicht der Vergänglichkeit. Das ist ganz klar in der Bibel. Sie sind auch Geschöpfe Gottes. Der Unterschied zwischen Engel und Menschen ist der, Engel sind ganz anders geprägt von Gott. Engel sind durch und durch von Gott geprägt. Nicht von der Universität, von der Unterschicht, von der liberalen Politik. Die sind überhaupt nicht von gesellschaftlichen Faktoren geprägt,

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von irdischen. Die sind nicht irdisch sozialisiert. Sie sind ganz von Gott geprägt. Und jetzt kommt die Begründung Jesu, ihr werdet sein wie die Engel, diejenigen, die gewürdigt worden sind, jener Welt anzugehören, sind Söhne Gottes, heißt immer Söhne, nicht Kinder, sind Söhne Gottes, weil sie Söhne der Auferstehung sind. Das ist eine Zäsur. Ich muss euch diesen Satz mal nahebringen, weil der ist unglaublich. Jesu sagt, diejenigen, die gewürdigt worden sind, sind Söhne Gottes, weil sie Söhne der Auferstehung sind. Das bedeutet, wer ein Sohn der Auferstehung ist, der ist ein Sohn Gottes. Das ist praktisch das Gleiche. Auferstehung und Gott ist eigentlich das Gleiche. Das hat weder ein Pharisäer jemals gesagt, noch ein Satuzäer. Für die Pharisäer ist die Frage der Auferstehung der Toten

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eine Lehrfrage. Da gibt es Pro und Contra. Es gibt ja viele systematische, in der Dogmatik, da gibt es den Paragraf 1, Paragraf 7. Aber Jesu sagt, nein, nein, die Frage der Auferstehung der Toten ist nicht einfach eine theologische Lehrfrage unter vielen theologischen Lehrfragen. Die Frage nach der Auferstehung ist die Frage nach Gott. Es ist wie, wenn Jesu sagt, ihr fragt nach der Auferstehung, wisst ihr überhaupt, wer Gott ist. Das ist der Rahmen der Auferstehung. Wir müssen mal diese orientalische Rede weise, Sohn des, er ist ein Sohn Gottes, weil er ein Sohn der Auferstehung ist. Sohn des ist eine orientalische Redeweise. Ich sage euch mal, er ist ein Sohn des Friedens. Damit ist gemeint, er ist durch und durch vom Frieden geprägt. Er ist ein Hundesohn. Könnt ihr euch vorstellen? Du Sohn einer Hure. Das heißt nicht, dass seine Mutter eine Dirne ist,

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sondern du Sohn einer Hure heißt, du bist wurzeltief verdorben. Du bist ein ganz schräger Vogel. Du bist ein ganz schräger Vogel. Du Sohn eines Hundes, du Sohn einer Hure, du Sohn eines des Friedens. Wir sagen auch heute, wir sind Kinder unserer Zeit. Oder wir sagen, er war kein Kind von Traurigkeit. Und so weiter. Also ein Sohn des Friedens. Und so gibt es auch einen Sohn der Auferstehung. Ein Sohn der Auferstehung ist durch und durch von der Auferstehungswirklichkeit geprägt. Und der ist sofort ein Sohn Gottes. Wer von der Auferstehung geprägt ist, der ist von Gott geprägt. Damit gibt Jesus der Auferstehung einen Rang, der noch niemand dieser Frage gegeben hat. Das ist für Satuzeer völlig fremd. Und die Pharisäer schlackern hier auch mit den Ohren.

57:01
Und jetzt kommt die Begründung. Jetzt zitiert Jesus die Heilige Schrift. Das muss man ja in einem Lehrgespräch machen. Aber ich sage euch, interessant ist, in den Lehrgesprächen, die wir kennen, zitiert man immer erst die Heilige Schrift, und dann konstruiert man einen Fall. Jesus sagt aber erst, was er denkt, und danach zitiert er die Heilige Schrift. Diesen Fall gibt es nicht noch einmal. Denn Jesus sagt erst, die Söhne dieser Welt zeugen, heiraten, und die Söhne jener Welt nicht. Jetzt frage ich mich, wo steht denn das geschrieben? Ja, nirgends. Nirgends. Das sagt er freihändig. Alle entscheidenden Dinge sagt Jesus freihändig. Die stehen auf keinem Papier. Und nachdem er das gesagt hat, was er weiß, dann zitiert er als Zweites die Heilige Schrift. Und jetzt ist aber interessant, was er zitiert. Er zitiert die Thora, denn nur die Thora

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ist ja bei den Satuzeern anerkannt, gell? Das weiß Jesus, er kommt den Denkvoraussetzungen der Satuzeer. Er zitiert jetzt nicht irgendeinen Auferstehungstext im Daniel- oder Jesaja-Apokalypse. Das weiß er, das zählt bei denen nicht. Er zitiert die Thora. Aber das möchte ich euch sagen, der zitiert nicht eines der 613 Verbote oder Gebote, oder Gebote und Verbote. 613. Da hätte er ja viel zitieren können. Zum Beispiel das Gesetz der Schwagerehe. Das ist das Nummer 498. Also, weiß ich nicht, sage ich so. Aber Jesus zitiert jetzt nicht als Gegenbeispiel das Gebot Nummer 117 oder 381 oder 532. Er zitiert die Berufung des Mose. Das ist das Zentrum der Thora. Das ist das Zentrum vom Zentrum vom Zentrum. Die Berufung des Mose, da wird nämlich Gottes Name offenbart. Und zwar nur hier am brennenden Dornbusch. Ich sage euch, diese Stelle, darf ich euch sagen,

59:05
kennt jeder gläubige Jude auswendig. Auswendig. Die hat jeder Sadduzeer und jeder Pharisäer schon 500-mal gelesen. Die zitiert er. Darf ich euch sagen, dass die Leute die Luft angehalten haben. Das heißt ja auch, es wagte niemand mehr, ihn etwas zu fragen. Da muss irgendwas passiert sein. Selbst die Pharisäer waren völlig baff. Dass man die Frage so beantworten kann, das haben sie noch nie gehört. Also, er zitiert den brennenden Dornbusch, die Berufung des Mose. Das ist die Keimzelle der Geschichte Israels. Hier ging alles los. Da fragt also Mose Gott, wer bist du? Wenn ich zu den Hebräern gehe, muss ich ja irgendwie sagen, wer hat mich geschickt. Und dann antwortet die Stimme aus dem Busch, ich bin Yahweh, ich bin der Gott eurer Väter,

60:06
ich bin der Gott Abrams, Isaacs und Jakobs. Das ist mein Name für alle Zeit. Und so will ich angerufen werden von Geschlecht zu Geschlecht. So steht es in Exodus in 2. Mose 3, 13 bis 15. Ich bin Yahweh, der Gott eurer Väter, der Gott Abrams, Isaacs und Jakobs. Und so will ich angerufen werden für alle Zeit und von Geschlecht zu Geschlecht. Also Gott ändert seinen Namen nicht mehr. Er will sich nicht mehr umtaufen lassen. Das ist sein Name. Luther übersetzt den Namen Yahweh, ich bin der, ich bin, ist aber nicht gut übersetzt. Denn dieses hebräische Verb, hayah, dessen Substantiv eine bestimmte Art von substantivbilder Substantivbildung ist,

61:01
Yahweh, von hayah, also sag mal, der Seiende. Deswegen sagt ja auch die Septuaginta, hoon, der Seiende. Jetzt hat man aber in der modernen Linguistik Segen der modernen Bibelwissenschaft, gell? Ihr merkt, ich werbe immer wieder um den Segen der modernen Bibelwissenschaft gegen pauschale Feindurteile, gegen die dümmliche Verdächtigung der Bibelwissenschaft. Also diese Erkenntnis, die ich jetzt sage, unter 1.000 anderen, aber die ist sehr wichtig, verdanken wir der universitären Bibelwissenschaft. Das hebräische Wort hayah ist ein enklitisches Verb. Ich kann zum Beispiel sagen, ich arbeite, da kann ich einen Punkt machen. Ich kann sagen, ich spreche, Punkt. Ich singe, Punkt. Ich kann aber nicht sagen, ich umarme, Punkt. Kann ich nicht sagen. Das ist ein enklitisches Verb. Das heißt, es ist so zuwendungsorientiert auf einen Adressaten, dass ich den Adressaten nennen muss. Ich umarme dich.

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Jetzt kannst du einen Punkt machen. Ich küsse dich. Es gibt aber auch negativ, ich verurteile. Kannst keinen Punkt machen. Ich verurteile dich. Ich vernichte. Ja, was? Was? Also dieses hebräische Wort sein, ich bin, ist im Hebräischen im Unterschied zu allen indogermanischen Sprachen enklitisch. Das heißt, nicht ich bin, der ich bin, sondern ich bin im Blick auf dich. Ich bin zu dir. Oder man könnte sagen, ich bin für dich da. Ich bin da im Blick auf dich. Das heißt Yahweh. Das ist nicht autoritär, angsterzeugend, verschüchternd, sondern zuwendungsorientiert. Das Verblüffende auch an Jesus ist seine Zuwendungslust und seine Zuwendungskraft.

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Und das typische an Yahweh ist die Zuwendungslust und die Zuwendungskraft. Also der Name heißt, ich bin für dich da. Das ist mein Name. Das ist mein Wesen. Wer diesen Namen glauben kann, ist alles gut. Kann dir nichts mehr passieren. Und dieser Name Yahweh, der gilt aber vor dem Tod und nach dem Tod. Oder gilt der nur die kurze Zeit, wo du lebst? Wenn du nach dem Tod wirklich tot bist, ja, was bedeutet dann noch Yahweh? Aber wenn Gott, der ich bin für dich da ist, immer, der lässt sich nicht umdaufen, der heißt immer Yahweh, dann gilt dieser Name auch nach dem Tod. Denn dieser Name lässt sich nicht begrenzen durch den Tod. Gott lässt sich doch nicht durch den Tod Grenzen setzen. Wenn aber Yahweh auch nach deinem Tod Yahweh ist, dann kannst du nicht tot sein.

64:02
Denn wenn er für dich da ist, dann kannst du nicht tot sein. Wenn du tot bist, dann merkst du gar nicht mehr, dass er für dich da ist. Und jetzt sagt also in dieser Stelle, ich bin der Gott Abrahams, Isaacs und Jakobs. Ja, da waren doch die aber schon lang tot. 300 Jahre, 400 Jahre. Wenn die wirklich tot sind, aus Schattenreich tot, dann kann denen ziemlich egal sein, ob da einer ihr Gott ist oder nicht. Weil im Schattenreich gibt's keine Gottesdienste, keine Tempel. Sie loben Gott nicht mehr. Da gibt's sowieso keine echte Gottesbeziehung. Wenn Gott sich beim brennenden Dornbusch ausgerechnet nach drei Namen nennt, und alle drei sind tot, dann ist der Name ein bisschen psychiatrisch. Denn er wählt sich ausgerechnet drei Namen, die sowieso nicht mehr merken, dass er ihr Gott ist. Das ist, wie wenn er sagen würde, ich bin der Gott derer, für die es belanglos ist, dass ich ihr Gott bin. Ja, ich sag euch, Hunderte von Jahren diesen Text gelesen.

65:04
Und jetzt kommt der junge Galilea und liest diesen Text, den jeder kennt, nicht das 417. Gebot. Der geht gleich mal ins Zentrum. Und jetzt merkt man, der liest diesen Text neu. So hat ihn noch niemand gelesen. Und da, Luther ist, glaube ich, meines Wissens der Erste, der die systematische Relevanz dieser Entdeckung geahnt hat. Er hat gesagt, die Hoffnung auf Auferstehung der Toten liegt im Namen Gottes. Da hat er Jesus sofort gefolgt. Das heißt, wir hoffen auf die Auferstehung der Toten nicht wegen unseren Bedürfnissen, nicht anthropologisch bedingt, nicht werbepsychologisch, nicht wegen medizinischen oder psychologischen oder weißt auch, guck, was für eine... Ich glaube an die Auferweckung der Toten um Gottes Willen, um seiner Treue willen.

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Weil wenn Gott die Toten auferweckt, dann sieht er uns immer lieber kommen als gehen. Da hat er noch nicht genug mit uns. Ich meine, Gott hätte doch bei unserem Tod sagen können, so, jetzt bin ich dir los. Ich fände dich sowieso zum Kotzen. Hast mich lang genug geärgert, du Saftsack. Ich hab genug von dir, ich bin allmählich allergisch. Meint ihr nicht, dass Gott Grund haben könnte, so von euch zu denken? Bist du mir lang genug auf die Nerven gegangen? Strafe muss sein, du bist tot. Es ist die beste Gelegenheit, dich loszuwerden. Weckt aber Gott die Toten auf? Das ist eben die Frage, wer ist Gott? Dann denkt er so nicht. Dann ist er unserer nicht überdrüssig. Und ich sag euch, davon leben wir. Wir hätten keine Chance. Kannst Medizin und Psychologie, kannst alles vergessen.

67:06
Es kommt auch nicht auf deine Bedürfnislage an, so wichtig sie ist. Nein, ich glaube an die Auferstehung der Toten, nicht, weil ich religionskritisch gesehen ein bisschen naiv bin. Ich glaube nicht, dass ich das bin. Sondern ich glaube an die Auferweckung der Toten, um der Treue Gottes Willen. Weil ich der Treue Gottes traue. Ich traue ihm. Und Gott ist treu. Mit wem er einmal ein Gespräch angefangen hat, wen er einmal ins Leben gebracht hat, da lässt er nicht mehr locker. Luther hat nämlich gesagt, im Wesen Gottes Jahweh gründet die Schöpfung von Himmel und Erde auf uns. Er gründet die Schöpfung von Himmel und Erde aus dem Nichts. Gründet die Rechtfertigung der Gottlosen.

68:02
Und gründet die Auferweckung der Toten. Das sind die drei großen Dinge. Die Schöpfung von allem, die Rechtfertigung der Gottlosen, die nichts verdient haben und die Auferweckung der Toten. Sie hängt am Namen Gottes. Und deswegen sagt Jesus, geheiligt werde sein Name. Das beten wir im Vaterunser. Das kann ich noch erwähnen. Wenn Gott sich nennt, ich bin der Gott Abrahams, Isaacs, Jakobs, dann ist er jedem der persönliche Gott. Römer haben die Leute durchnummeriert, ihre Söhne. Quintus, Oktavian, der Fünfte, der Achte. Nein, sind alles Namen. Er ist der Gott Abrahams, er ist der Gott Isaacs, er ist der Gott Jakobs. Du kannst deinen Namen dahinter setzen. Und es ist eine Genitivbildung. Ich bin der Gott des... Das heißt, Gott nimmt in seinen eigenen Namen den Namen von Menschen auf. Und er nennt sich nach ihnen.

69:02
Das ist irgendwie merkwürdig, gell? Sobald Gott seinen Namen sagt, muss er an Abraham, Isaac und Jakob denken. Er kann die gar nicht mehr vergessen. Gott leidet sowieso nicht an Gedächtnischwund. Aber es ist, wie wenn er auf Nummer sicher geht. Er will Abraham, Isaac, Jakob nicht mehr vergessen. Er nennt sich selber nach ihnen. Solange es Gott gibt, so lange muss er an Abraham, Isaac und Jakob denken. Weil das ist sein Name. Er muss nur seinen Namen sagen, dann fallen ihm die Leute wieder ein. Und Jahweh gilt für alle Menschen. Ich bin für dich da, für jeden von euch. Und er wird immer Jahweh bleiben. Nicht bloß für die kurze Zeit unseres Lebens. Es gibt so ein Genitiv noch an drei Beispielen. Ich will sie mal kurz erwähnen. Zum Beispiel Via Dolorosa. Straße der Schmerzen. Da ist eigentlich nicht die Straße wichtig, sondern dass da mal jemand ging, der verdammt große Schmerzen hatte.

70:01
Und diese Schmerzen sollte man nicht leichtfertig vergessen. Und deswegen sagt man Via Dolorosa. Es gibt ein Kapp der guten Hoffnung. Da ist eigentlich nicht das Kapp wichtig, sondern dass die Ersten, die rumgefahren sind, wieder Hoffnung hatten. Und wie gut ist Hoffnung? Wir brauchen Hoffnung. Und das ist ein Kapp der guten Hoffnung. Es gibt in Pforzheim ein Berg, der heißt Monte Scherbelino. Berg der Scherben. Da hat man mit vielen Baggern die Scherben des Zweiten Weltkriegs hingelegt. Denn Pforzheim war zu 98 Prozent zerstört. Und deswegen Monte Scherbelino, Genitiv, Berg der Scherben. Vergiss das nicht. Und so, ich bin der Gott, Abrahams, Isaacs und Jakob. Das ist eine Treue. Also, ich möchte euch sagen,

71:01
Jesus glaubt an die Auferstehung der Toten um Gottes Willen. Fragst du nach der Auferstehung der Toten, dann frage ich dich zurück, weißt du überhaupt, wer Gott ist. Musst erst mal das klären. Und wenn das geklärt ist, ist die Frage sowieso geklärt. Also, das würde ich auch gern vielen modernen Theologen sagen, fragt ihr nach der Auferstehung der Toten, wisst ihr überhaupt, wer Gott ist? Gott ist der Treue, und in seinem Wesen sind wir geborgen. Wenn Gott uns vergessen würde, dann wären wir tot. Sein Erinnern ist unser Leben. In seinen Gedanken sind wir entstanden, und in seinen Gedanken bleiben wir am Leben. Sein Erinnern ist die Wiederholung dessen, was wir Vergangenheit nennen.

72:03
Und deswegen sagt der Schecher am Kreuz zu Jesus, denke an mich, wenn du in dein Reich kommst. Dass Gott an uns denkt, davon leben wir. Im Tod hört sehr viel auf. Die Gehirnströme, die Körperwärme, der Stoffwechsel. Aber eines hört nicht auf, das ist die Treue Gottes. Geheiligt wird es sein Name.

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Wie denkt Jesus aus Nazareth über die Auferweckung der Toten? (Lk 20, 27 –40) | 2.5.1

Worthaus 2 – Weimar: 10. Juni 2012 von Prof. Dr. Siegfried Zimmer

Man könntes es als überraschend bezeichnen: Wenngleich sich im Christentum eine große Jenseitsfixierung entwickelt hat, äußert sich der Mann aus Nazareth zur Frage der Auferweckung nur ein einziges Mal. Ein guter Grund für Siegfried Zimmer an dieser Stelle etwas genauer hinzuschauen. Dabei bringt er allen, die die Vorstellung an ein jenseitiges Leben befremdlich finden, große Sympathie entgegen. Und trotzdem versteigt er sich zu der These, dass es niemals ein Argument gegen die “Auferweckung der Toten” geben wird – auch wenn diese sicherlich nicht so aussieht, wie man sich diese landläufig in den letzten Jahrhunderten ausgemalt hat. Denn der Nazarener hatte offensichtlich etwas anders im Blick, wenn er auf das Zentrum vom Zentrum des Zentrums des jüdischen Glaubens verweist.

18. November 2022

David Friedrich Strauß – Geschichte der Leben-Jesu-Forschung | 11.14.1

Es war einiges los in den deutschen Städten des 19. Jahrhunderts. Darwin rüttelte an den Grundfesten des Glaubens, Hieroglyphen wurden entziffert, Sintflutgeschichten außerhalb der Bibel gefunden, frühjüdische Texte tauchten auf, Bücherberge über die Religionsgeschichte wuchsen. Genies sprossen geradezu aus dem Boden, Goethe, Schiller, Schubert, Beethoven, Kant. Und mittendrin ein junger Theologe. David Friedrich Strauß pilgerte 1830 nach Berlin, hörte Hegel – und war begeistert. Alles schien ihm plötzlich durchschaubar. Er kehrte nach Tübingen zurück und schrieb ein Werk über das Leben Jesu. Darin lässt er zwei Pole, zwei verfeindete Lager der damaligen Theologie, aufeinanderprallen. Nur um dann zu sagen: Ihr habt doch alle recht. Was Strauß dann ausführt, ist so skandalös, dass auch ohne Internet und Social Media bald die ganze Gelehrtenwelt Europas Bescheid wusste. Mit dem Holzhammer ist er durch das Neue Testament gefegt und hat den einst gläubigen Nietzsche vom Glauben abgebracht. Strauß musste Deutschland verlassen, wurde nach Zürich berufen – und direkt, mit gerade einmal 30 Jahren, pensioniert. Zu gewagt wäre es gewesen, ihn lehren zu lassen.
Thorsten Dietz erzählt das Leben dieses »berühmtesten, strittigsten und spektakulärsten Theologietreibenden« seiner Zeit, berichtet auch von anderen wichtigen Persönlichkeiten und tragischen Geschichten. Er verspricht „ein bisschen Kopfschmerzen“ und nimmt die Zuhörenden mit auf eine Reise in das vorletzte Jahrhundert und zu der Frage: Wie sollen aufgeklärte, gebildete Menschen noch glauben können?