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Ich freue mich heute mit Ihnen ein wenig über das Thema der Trinität nachdenken zu können, also den Glauben an den drei Einen Gott, also einen Glaubenssatz, der ganz im Kern des Christentums steht, der sicher eine der wichtigsten Glaubenssätze für den christlichen Glauben ist und doch für viele Menschen auch eine der unverständlichsten. Wie unverständlich dieser Satz ist, kann man, wenn man sich verschiedene Zitate von Atheisten anschaut, sehr schön wiedergespiegelt finden. Ich habe Ihnen nur eins mitgebracht von Thomas Jefferson, also kein geringer als Thomas Jefferson, er wird zitiert von Richard Dawkins, einem der bekanntesten neueren Atheisten und der schreibt, die einzige Waffe, die man gegen unverständliche Aussagen einsetzen kann, ist der Spott. Vorstellungen müssen klar umrissen sein, erst dann kann die Vernunft sich mit ihnen beschäftigen. Und von

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der Dreieinigkeit hatte kein Mensch jemals eine klar umrissene Vorstellung. Es ist nur das Abra Kadabra jener Scharlatane, die man als Priester Jesu bezeichnet. Also der Glaube an den drei Einen Gott als Abra Kadabra, als unverständliches Zeug, das ist etwas, was Christen immer wieder gesagt wird, nicht nur von Atheisten, sondern durchaus auch im interreligiösen Dialog von Menschen anderen monotheistischen Glaubens, die gerade diesen Punkt überhaupt nicht verstehen können. Und ich muss zugeben, dass auch ich selbst, bevor ich mit dem Theologiestudium begonnen habe, herzlich wenig mit dem Gedanken der Trinität anfangen konnte. Ich weiß noch, wie das so war, wenn ich als Kind oder Jugendlicher eine Predigt über den Glauben an den drei Einen Gott gehört habe und dann der Pfarrer auf einmal anfing, Dinge zu erzählen, die ich gar nicht mehr verstanden

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habe. Einmal war von einer Kerze die Rede, ich weiß bis heute nicht warum und was diese Kerze genau mit der Trinität zu tun hatte, aber irgendwie kam da Licht und er war auf einmal bei dreien, ich weiß nicht warum. Einmal war von Niel die Rede, das ist eine ganz klassische Idee. Der Niel, der hat eine Quelle, einen See und einen Fluss, sind auch drei und doch ist es der eine Niel. Dann fing ich natürlich gleich an, Fantasien zu entwickeln, dass es doch mehrere Seen im Niel gibt und wohl auch mehrere Quellen und auf jeden Fall ein Delta am Ende. Also irgendwie hat mir das nie eingeleuchtet, was mir da an Plausibilisierung in Predigten geboten wurde. Insofern war das so eine der schönsten Entdeckungen im Theologiestudium eigentlich, dass es richtig gute Erklärungen dafür gibt und dass es Annäherungen an den Glauben, an den drei Einen Gott gibt, die sehr, sehr einleuchtend sind. Von daher habe ich mich dann sehr gefreut, dass ich hier ein paar solcher

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Annäherungsversuche vortragen darf und damit versuchen kann, ein wenig das, was in der Theologie deutlich geworden ist, vielleicht in den Diskussionen der vielen Jahrhunderte auch so zu formulieren, dass es für Menschen, die jetzt kein großes Theologiestudium auf sich nehmen wollen, verständlich wird. Und ich möchte heute drei Wege Ihnen vorstellen, also drei verschiedene Annäherungen an den Glauben, an den drei Einen Gott, um dann in einem vierten Schritt das Ganze noch ein wenig in das Gespräch der Religionen einzubringen. Also drei Schritte. Ich glaube, dass zwei davon auf jeden Fall funktionieren und richtig stark sind. Bei einem von den dreien bin ich nicht ganz so sicher, aber er wird von sehr vielen Kollegen und Kolleginnen sehr stark gemacht, sodass ich ihn denen nicht vorenthalten will. Und ich bin mir zumindest bei zweien von den dreien auch sehr sicher, dass sie sehr gut verständlich sind. Und der dritte, den ich dann auch als letztes vorstellen werde, ist ein bisschen komplizierter, das gebe ich gleich zu, aber ich halte

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ihn für so stark, dass ich auch den nicht außen vor lassen will. Ich fange aber mit einem, wie ich meine, sehr einfachem Zugang zum Glauben an den drei Einen Gott an und auch mit dem Zugang, der überhaupt zur Entwicklung dieses Glaubens geführt hat. Der Glaube wurde nämlich natürlich nicht entwickelt am Reißbrett von irgendwelchen Theologen oder Theologinnen. Er wurde nicht in irgendwelchen komplizierten Spekulationen entwickelt, sondern er resultiert aus religiösen Erfahrungen. Und in sofern ist es eigentlich der erste Zugang, den man wählen sollte, wenn man sich dem trinitarischen Glauben annähern will, ist das der Weg über die religiösen Erfahrungen. Und zwar einerseits die Erfahrungen der Jüngerinnen und Jünger Jesu, die Erfahrungen der ersten Christen, aber dann auch die Erfahrung, die wir heute machen, die wir heute machen als Christen und Christinnen, aber die Menschen auch insgesamt machen, religiöse Erfahrungen, die wir insgesamt bezeugt finden in der Menschheit,

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die, meine ich, lassen sich sehr, sehr gut trinitarisch deuten. Ich will das Ihnen so versuchen vorzuführen, dass ich jeweils beginne mit den Erfahrungen der ersten Christinnen und Christen und das dann versuche zu übertragen auf Situationen heute auch aus dem alltäglichen Leben. Und ich will das für jede der drei trinitarischen Personen machen, eine nach der anderen gewissermaßen. Und ich fange mit dem Logos an, mit dem Sohn an. Griechischer Begriff Logos meint ja das Wort und mir scheint dieser Zugang über diesen griechischen Begriff des Logos, also der Zugang über das Wort eigentlich sehr hilfreich zu sein, um einen allerersten sehr einfachen Zugang zu gewinnen. Denn nicht nur das Christentum glaubt ja, dass Gott uns ruft, dass Gott mit uns spricht, dass Gott ein personaler Gott ist, der auf die Menschen zugeht. Spezifisch christlich ist dann

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natürlich der Gedanke, dass dieser uns ansprechende Gott das ein für alle Mal in unüberbietbarer Weise in Jesus von Nazareth tut, dass eben dieser Jesus dann Wort Gottes ist. Aber auch schon im jüdischen Glauben haben wir den Gedanken, dass Gott uns anspricht, dass er der Gott ist, der ich bin da zu uns sagt, der Gottes Name Jahwe, ich bin da. Der Gott, der uns eben in seinem Wort anrührt und anspricht. Der Gott, der eben jetzt aus christlichem Verständnis in der Bibel uns anspricht, uns ruft, und dadurch ein Gott ist, der ein sprechender Gott ist, ein anrufender Gott. Das finden wir in ziemlich vielen Religionen im Islam, finden wir auch den Gedanken, dass etwa der Koran Wort Gottes ist und interessanterweise für die meisten Muslime auch der Gedanke, dass dieses Wort ungeschaffen

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und präexistent ist, also etwas, was immer schon bei Gott ist. Im Johannes-Evangelium finden sie es ganz am Anfang diesen Gedanken. Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott. Also von Anfang an ist dieser Logos, ist dieses Wort da und dieses Wort wird eben dann Fleisch in Jesus von Nazareth. Dass die ersten Christen an dieser Stelle jetzt angefangen haben, hieraus den trinitarischen Glauben zu entwickeln, hat ganz viel damit zu tun, dass sie erlebt haben, dieser Jesus von Nazareth ist eben mehr als einer von vielen Propheten, mehr als einer, der nur Kunde gibt vom Wort Gottes, mehr als jemand, der nur Sprachrohr Gottes ist, sondern sehr früh hat sich bei den Jüngeren und Jüngern Jesu der Glaube entwickelt, dass dieser Jesus von Nazareth tatsächlich das Wort Gottes selbst ist. Also dass er nicht nur, wenn er kluge Sachen sagt, uns das sagt, was Gott uns zu sagen

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hat, sondern dass er in seinem ganzen Wesen, in allem, was er tut, lehrt und macht, dass er in all dem das Dasein Gottes für uns ist, dass er die Anrede Gottes ist, dieses Dasein Gottes, dass er, ich sage das gerne so, dass ich sage, er ist sowohl Anspruch Gottes als auch Zuspruch Gottes. Ich will das gerne ein bisschen erklären, weil ich glaube, dass das ganz gut erklärt, was Wort Gottes eigentlich meint oder was Logos Gottes eigentlich meint. Also einerseits ist dieses Wort Gottes zuallererst eine Zusage. Das ist im christlichen Glauben ganz, ganz wichtig und an vielen Stellen auch gut in der Schrift bezeugt, wie wichtig es ist, dass da zuerst die Zusage ist. Wenn Sie etwa an die Heilungen Jesu denken, dann sind diese Heilungen gehen immer erst einmal aus von einer Zusage. Es ist

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nicht so, dass Jesus erst Anforderungen stellt und etwa denken Sie an die Heilung der Zehner Aussätzigen, dass er nicht etwa sagt, ich heile euch, wenn ihr mir nachfolgt und wenn ihr glaubt und alle möglichen Leistungen erbringt, sondern er heilt ohne Vorbedingungen und auch ohne Nachbedingungen, was man schon daran merkt, dass nachher nur einer von den Zehn wiederkommt und sich bedankt und die anderen neun, von denen wird überhaupt nichts mehr gesagt in der Schrift. Es wird auch nicht gesagt, dass sie dann nicht mehr geheilt sind. Also offenbar gilt die Heilung, gilt die Zusage Gottes, die gilt bedingungslos und die kommt zuerst. Wenn Sie die Bergpredigt lesen, dann stellen wir auch fest, die Bergpredigt beginnt erst einmal mit den Seligpreisungen, also erst einmal eine Zusage und erst dann kommt der Anspruch. Oder wenn Sie an die zehn Gebote denken, also es ist nicht nur ein neuntestamentlicher Gedanke, der durchzieht auch schon das alte Testament. Die zehn Gebote fangen ja an, also wenn Sie den biblischen Text anschauen, die fangen an

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mit dem, was nach der jüdischen Zählung das erste Gebot ist, das besagt, ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus der Knechtschaft Ägyptens befreit hat. Also als erstes die Zusage. So entsteht ja eigentlich auch im guten Fall eine christliche Identität, dass ich erst einmal von meinen Eltern unbedingte Zusage erfahre, dass meine Eltern mich erst einmal lieben und mir damit ja bedingungslos auch die Liebe Gottes zeigen. Großer evangelische Theologe Karl Barth hat einmal gesagt, die Elternliebe ist der vorzügliche Ort der Erfahrung der Liebe Gottes. Eben dann, wenn Eltern ihr Kind bedingungslos lieben. Und das ist für Eltern besonders einfach, leider tun es dann trotzdem nicht alle, aber eigentlich ist das für Eltern sehr einfach, ihr Kind zu lieben, egal was das macht, durch dick und dünn und ein Leben lang. Diese Liebe, diese unbedingte Liebe, die eben erst einmal

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eine Zusage ist, die wird dann in der Bibel immer und auch in der Verkündigung Jesu, im Leben Jesu zum Anspruch. Jesus ist dann schon traurig, dass Neun den Aussetzungen nicht wiederkommen. In der der Sünderin vergeben hat, sagt er dann schon am Ende jetzt geh und sündige fortan nicht mehr. Also in allen biblischen Geschichten können sie schon auch einen enormen Anspruch sehen. Manchmal kommt er auch als erstes, wenn Jesus etwa beruft und dann sagt hinter mich. Im Griechischen heißt es einfach Hoppisumou, hinter mich. In der Übersetzung steht dann meistens folge mir nach. Aber das ist ein ziemlich brutaler Anspruch, ohne jede Erklärung, einfach hinter mich. Zusage steckt dann vielleicht in der Art, wie Jesus auf diese Person zugeht, in der Liebe, die er ausstrahlt in diesem Moment. Aber das kann eigentlich in beide Richtungen kippen. Die Bibel berichtet eigentlich

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beides, sowohl die Zusage, die befreit und mir dann eben ermöglicht, den enormen Anspruch der Bergpredigt zu hören, aber eben auch umgekehrt den bedingungslosen Anspruch, wo Jesus dann sagt, lasst die Toten ihre Toten begraben, also hinter mich, einfach ganz kompromisslos alles hinzugeben, denken sie an die Geschichte mit dem reichen Jüngling, alles aufzugeben, um diesem Jesus nachzufolgen. Also dieser unbedingte Anspruch, der dann aber zum Zuspruch wird. Das ist ja das, was wir eigentlich in allen Geschichten des Neuen Testamentes immer wieder erklärt bekommen, dass ich dann, wenn ich diesen Anspruch erfülle und das ist schon ein alttestamentlicher Gedanke, wenn ich die Thora tue, wenn ich den guten Willen Gottes erfülle, dann wird das zum Zuspruch. Dann erfahre ich dadurch so einen tiefen Sinn im Leben, ein so tiefes Glück, dass selbst wenn ich

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mir ganz viel Unglücksfälle widerfahre, dass ich trotzdem mich von Gott getragen und geliebt weiß und damit eine ganz tiefe Zusage erfahre, die mein Leben stark und bunt macht. Also der biblische Gedanke wäre dann der, dass dieses Wort Gottes in zwei Gestalten auf mich zukommt, als Zuspruch und als Anspruch. Aber immer wenn ich einen Anspruch erfahre, wird er auch zum Zuspruch. Darauf kann ich mich, kann ich vertrauen. Ein purer Anspruch, ein reines Gesetz, ist ein völlig unchristlicher Gedanke. Das Gesetz ist immer auch eine Zusage, sonst habe ich es noch nicht richtig verstanden. Die Gerechtigkeit Gottes, so hat Luther das ja in seinem reformatorischen Durchbruch klargemacht. Die Gerechtigkeit Gottes ist ja nicht, dass er richtet und wenn ich was Gutes mache, werde ich belohnt und sonst habe ich halt Pech gehabt,

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sondern die Gerechtigkeit Gottes ist, dass er mich gerecht macht. Erst mal eine Zusage. Aber weil mich Gott gerecht macht, weil er mich liebt, deswegen kann ich dann, so Luther in der Freiheit eines Christenmenschen, deswegen kann ich dann ja viel mehr tun, als das Gesetz von mir verlangt. Also deswegen gehorche ich eigentlich einem noch viel größeren Anspruch, als ihn Menschen auf mich haben können. So beides ist ein Zugang zu Gottes Wort, beides finden wir in der Bibel und beides ist irgendwie eng miteinander verknüpft. Der Anspruch, so darf ich vertrauen, wird immer wieder zum Zuspruch, aber umgekehrt ist es auch so, dass der Zuspruch zum Anspruch wird. Umgekehrt ist es auch so, dass Jesus von seinen Jüngeren und Jüngern unheimlich viel verlangt, dass er sie immer in die Nachfolge ruft. Und das ist ja eine Erfahrung, würde ich denken, die wir auch im

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Alltag machen können. Also ich nehme da gerne das Beispiel des Besuchs bei der eigenen Oma. Ich weiß nicht, ob Sie noch eine Oma haben und wahrscheinlich ist das für Sie gar kein Anspruch, weil Sie die so toll finden. Aber jetzt stellen Sie sich mal vor, es ist so, dass Sie also jetzt Sonntag sagt Ihre Mutter Ihnen, also besuch mal Oma, der geht es nicht so gut. Und Sie könnten ja auch zu diesem vortrefflichen Ereignis hier in diesem herrlichen Ambiente kommen. Sie haben sich schon die ganze Zeit hier auf diesen Nachmittag gefreut. Jetzt sollen Sie zu Ihrer Oma gehen. Da ist jetzt die Lust nicht besonders groß vielleicht. Vielleicht haben Sie gesagt, okay, ich höre mir die Trinität an, dann gehe ich zur Oma. Ist okay. Aber vielleicht haben Sie auch gesagt, also ich muss ja auch nicht immer zur Oma gehen. Also Sie alle kennen bestimmt die Situation, vielleicht nicht bei Ihrer Oma, weil die so toll ist, aber Sie kennen bestimmt die Situation, dass manchmal ein Anspruch da ist, vielleicht durch eine gute Freundin vermittelt, durch wen auch immer oder auch von innen her

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kommt, weil ich spüre, bei dem sollte ich mich vielleicht nochmal melden. Aber gleichzeitig ist so das Gefühl da, also richtig Lust habe ich nicht dazu. Eigentlich ist so mehr so das Gefühl dann so der Pflichterfüllung eben reines Gesetz ohne Evangelium. Also einfach, aber macht es dann doch irgendwie, weil vielleicht die Mutter so überzeugend ist oder die beste Freundin oder das schlechte Gewissen so stark ist. Und Sie kennen doch bestimmt die Erfahrung, also das hoffe ich jetzt jedenfalls, die Erfahrung, dass wenn man das tut, wenn ich dann zur Oma hingehe oder zu der kranken Person oder wem auch immer, wen ich, wer mich da braucht, dass das auf einmal, obwohl ich ganz zerknirschter hingegangen bin und eigentlich keinen Bock drauf hatte, dass ich auf einmal reich beschenkt werde. Also es ist nicht immer so, das Leben ist halt auch nicht immer eine Gotteserfahrung, aber die Erfahrung, dass auf einmal diese Oma in ihrer ganzen Hilflosigkeit mir so viel Liebe zu schenken

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vermag, dass ich ganz glücklich und beschwingter wieder weggehen kann. Ich glaube, dass so ein Gedanke hinter Matthäus 25 steckt, hinter diesem Gedanken, der mir sehr wichtig ist, um zu verstehen, was mit diesem Logos Gottes, mit diesem Wort Gottes gemeint ist, dieser Gedanke der Weltgerichtszene, die Jesus uns vor Augen stellt und wo Jesus uns versucht klarzumachen, dass es beim Weltgericht eben nicht darauf ankommt, was ich so alles erzählt habe in meinem Leben und ob ich also schöne Glaubenssätze gesagt habe, sondern dass es darauf ankommt, ob ich dem geholfen habe, dem es dreckig geht, ob ich den Kranken besucht habe, ob ich dem Hungernden zu essen gegeben habe, ob ich den Nackten bekleidet habe. Sie kennen bestimmt diese Aufzählung in dieser Weltgerichtszene. Und das Spannende an dieser Stelle ist ja, dass die nicht so funktioniert, dass Jesus sagt, wenn du Kranke besuchst, kriegst du hinterher eine Belohnung, also Punkte und kommst wie ein geölter Blitz in den

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Himmel, weil du eine gute Tat getan hast. Sondern das Spannende ist ja, dass er sagt, wenn du den besuchst, dem es dreckig geht, dann besuchst du mich, Christus, Gottes Wort, Gottes Logos, Gott in seinem Dasein für uns. Indem ich mich dem zuwende, dem es schlecht geht, wende ich mich Gott selbst zu. Und wenn das jetzt keine bloße Behauptung bleiben soll, müsste davon ja was erfahrbar sein, müsste davon was erfahrbar sein, dass ich, wenn ich mich dem zuwende, dem es dreckig geht, dass ich gerade da was zurückbekomme, dass ich gerade da etwas erlebe von diesem Gott, der was von mir will, der Anspruch Gottes, das Wort Gottes als Anspruch, das ist da leicht zu erfahren, aber der mir auch was zu geben hat, was zu schenken hat, mehr zu schenken hat, als ich brauche, eine Überfülle, eben eine

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Zusage oder, wie wir christlich immer sagen, die Liebe. Also der Logos Gottes, so würde ich meinen, der ist hier in dieser Doppelstruktur erfahrbar und führt eben dazu, dass ich moralische Ansprüche, Ansprüche des Gesetzes erfülle, aber nicht, weil ich das Gesetz so toll finde, sondern weil ich in der Erfüllung des Anspruchs auf einmal erlebe, darin begegnet mir Gottes Zusage. Darin bin ich ganz und gar Mensch. Ich finde das ganz wunderbar ausgedrückt, diesen Gedanken in den Brüder Löwenherz von Astrid Lindgren. Ich weiß nicht, ob sie dieses Büchlein kennen, aber da gibt es eine Situation, wo die beiden Brüder Löwenherz da in Baum hängen, weil die bösen Ritter sie verfolgen und umbringen wollen. Und einer der besonders bösen Ritter, der fällt bei dieser Verfolgungsjagd in den Fluss rein, auch weil er ziemlich dämlich ist und auch ziemlich bösartig,

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aber er schwimmt jetzt im Fluss auf einen schrecklichen Wasserfall zu. Und der Ältere der Brüder Löwenherz hat jetzt die Möglichkeit, ihm das Leben zu retten, hat die Möglichkeit, ihm die Hand zu reichen und ihm dadurch das Leben zu retten. Allerdings, wenn er das tut, ist das natürlich ziemlich riskant, weil der eigentlich nur gekommen ist, um ihn umzubringen. Und er ist ja auch nicht allein. Da sind noch die Kumpel, die ihm leider nicht helfen können. Und es ist jetzt die Frage, was soll er tun an dieser Stelle? In der Geschichte ist ja ein Märchen bei Astrid Lindgren, da gehen die Dinge ja auch selten ganz schlimm aus, aber da ist dann klar, der macht das und es geht auch gut. Der Ältere der Brüder Löwenherz hilft dann dem Feind, rettet ihm das Leben und der verschwindet und macht gar nichts Schlimmes. Aber der Jüngere der Brüder, der ist dann schon ein bisschen schockiert und sagt hinterher, warum hast du das gemacht? Ich meine, die hätten uns alle umbringen können und das wäre nicht nur schlecht für uns beide gewesen,

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sondern für das ganze Tal. Also das wäre insgesamt eine ziemliche Katastrophe gewesen. Und der hat es doch eigentlich auch verdient, Richtung Wasserfall zu verschwinden. Und dann sagt der Ältere der Brüder Löwenherz einfach nur diesen schönen Satz, wenn ich das nicht gemacht hätte, also wenn ich dem nicht das Leben gerettet hätte, dann wäre ich nur ein Stück Dreck. Dann wäre ich nur ein Stück Dreck, dann wäre ich kein richtiger Mensch. Ich meine, dass in dieser kleinen Geschichte ganz viel deutlich wird von dem, was Anrede des Logos Gottes bedeutet. Also aus christlicher Sicht ist es so, dass nicht nur der Christ gerufen ist von Gott, sondern jeder Mensch. Jeder Mensch ist mit dem unbedingten Anspruch Gottes konfrontiert, in seinem Gewissen, im Ruf Gottes, im Du. Der jüdische Religionsphilosoph Immanuel Löwenherz hat das mir sehr schön ausgedrückt, dass im Antlitz des anderen, wenn ich das Antlitz des anderen an mich rankommen lasse, wenn ich die Augen an mich rankommen lasse, dann begegnet mir etwas Unbedingtes. Dann begegnet mir ein Du sollst, du sollst mir

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helfen, du sollst mich retten. Löwenherz hat das stark geschrieben in Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und der Frage, wie es passieren konnte, dass eigentlich so viele Menschen so schrecklich versagt haben. Der macht deutlich, diesen ursprünglichen Anruf im Du, im Blick, diesen Logos, der mich da ruft, den kann ich natürlich in tausender Weise wegrationalisieren. Ich kann tausend Gründe finden, warum ich da nicht drauf höre. Aber so die Idee von Levy Nass und das scheint mir auch die Idee von Asred Lindgren in dieser kleinen Geschichte zu sein. Dieser Ruf, der ergeht unmittelbar und unbedingt ganz kompromisslos, so wie wenn Jesus sagt, hoppizzumu, keine Diskussion, du musst jetzt helfen. Dieser Mensch, der ertrinkt jetzt, wenn du jetzt nicht hilfst und dann darfst du nicht tausenderlei Überlegungen anstellen,

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warum man das vielleicht doch nicht tun sollte, sondern ich muss helfen und wenn ich das tue, das ist die christliche Grunderfahrung, wenn ich das tue, dann begegne ich Gott, dann begegne ich Christus, dann begegne ich diesem Logos, dann begegne ich ihm nicht nur dem Anspruch, dem Gesetz, sondern dem Evangelium, dem Zuspruch, der Zusage Gottes seiner Liebe. Und umgekehrt meine ich, ist das auch aus Alltagserfahrungen sehr, sehr gut verständlich, wenn ich wirklich Zusage erlebe, wenn ich ganz viel Liebe erlebe, wenn sie ganz behütet aufwachsen, die tollste Familie der Welt haben, dann sind sie doch als junger Mensch nicht da und denken, was kann ich noch alles noch kriegen in dieser Welt, sondern wenn man ganz viel geschenkt bekommt, will man auch geben. Das Gute verlangt danach weitergegeben zu werden, so sagt schon Thomas von Aquin, um auch ein wenig uns hinein

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zu führen in die Frage, warum Gott überhaupt die Welt erschafft. Er will sich verschenken und wenn ich ganz viel geschenkt bekomme, dann will ich es weitergeben. Liebe ist ja auch nur Wirklichkeit, wenn ich sie weiter verschenke, ich kann sie nicht für mich behalten wollen. Insofern ist es ganz klar, dass ein Zuspruch, wenn ich ganz viel geschenkt bekomme an Talenten, denken Sie auch in das Gleichnis der Talente, dann ist ganz klar, da muss ich auch was geben, da darf ich was geben, eigentlich ist es eher ein ich darf das dann auch. Das ist ja auch eine ganz spannende Entdeckung, wenn man zum Beispiel die zehn Gebote im Hebräischen liest, dass man sieht dieses du sollst nicht, du sollst nicht töten und all diese Gebote, diese hebräische Formulierung, die kann man auch übersetzen als du wirst nicht. Die gleiche grammatische Form. Also man kann das auch verstehen als ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus Ägypten befreit hat. Wenn du das verstanden hast, wenn du das in dein Herz reinkommen lässt, wenn dieser Zuspruch dich erreicht,

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dann wirst du niemanden mehr töten und nicht lügen und nicht ehebrechen und all die anderen Gebote halten. Also das ist, ich muss ja noch zu den anderen Personen der Trinität kommen, sodass ich jetzt mal zum Heiligen Geist wechse, aber ich hoffe, dass ist ein bisschen klar geworden. Ich glaube, das ist eine Erfahrung, also meine Behauptung wäre, das ist eine Erfahrung, die machen nicht nur Christen, sondern es ist eine Erfahrung, die gewinnen wir natürlich aus der Bibel. Die hat die Kirche natürlich von Anfang an aus den Erfahrungen mit Jesus von Nazareth entwickelt, aber das ist etwas, wo wir jetzt nicht Thomas Jefferson sagen müssen, wir können dir das nicht erklären oder Richard Dawkins, sondern das ist eine Erfahrung, die jeder Mensch guten Willens machen kann und die wir auch in allen Religionen finden. Die Erfahrung, dass Gott mich ruft, die Erfahrung, dass Gott zu mir spricht, die Erfahrung, wenn sie so wollen, dass Gott ein Du ist und dass das eben immer eine

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Erfahrung ist, die Zuspruch und Anspruch zusammenbringt und zwar in einer unbedingten Weise. Deswegen ist es eine Erfahrung Gottes. Die Frage, die sich jetzt natürlich stellt und die sich auch den Jüngeren und Jüngern Jesu gestellt hat, ist die, wieso darf ich eigentlich dieser Erfahrung vertrauen? Woher nehme ich denn jetzt die Sicherheit, dass das, was mir da begegnet, in meiner Oma, bei diesem Menschen, der ertrinkt, auch in Jesus von Nazareth, der ja am Kreuz stirbt, woher nehme ich die Gewissheit, dass das, was mir da begegnet, tatsächlich Gott selbst ist, Gott, der mich ruft, dass da also eine Macht erfahrbar wird, die stärker ist als der Tod,

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dass hier eine Macht erfahrbar wird, die mich herauszureißen vermag aus meinem Alltag, die mir Zuversicht ins Leben zu geben vermag. Wie kann ich da eigentlich sicher sein? Wo kann also, Luther würde wahrscheinlich sagen, wo kann jetzt die Gewissheit im Glauben herkommen? Und das, mir ganz wichtig, diese Gewissheit, die kommt nicht durch das Wort selbst, die kommt nicht von außen. Die muss ja eine innere Gewissheit sein. Wo soll sie herkommen? Woanders herkommen als von innen. Deswegen ist es im christlichen Glauben sehr wichtig, dass es dieses Wort Gottes, den Anspruch, niemals gibt, ohne dass Gott mich in seiner Geistwirklichkeit von innen ergreift und mir ermöglicht, dieses Wort zu verstehen und an mich rankommen zu lassen. Gott ist eben nicht nur

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Logos, er ist auch Geist. Gott ist eben nicht nur vor mir und ruft mich, sondern er ist auch in mir und hilft mir, diesen Ruf zu verstehen. Auch das ist ein Gedanke, den Sie in der gesamten Heiligen Schrift ausgebreitet finden, im Alten wie im Neuen Testament. Immer wieder der Gedanke von von der Ruach Gottes, dem Windhauch Gottes, dem Geist Gottes, der die Menschen ergreift, der sie bewegt, der ihnen Mut gibt, Glauben schenkt, Stärke verleiht und Erkenntnis gibt. Der Geist, der, wie Paulus das sehr schön im Galaterbrief deutlich macht, der zur Freiheit befreit, der mich zu einem freien Menschen macht, zu einem Menschen, der heraustreten kann, eben ein Mensch, der Vertrauen lernt auf dieses Wort, das sich mir sagt. Und wenn Sie die Geschichte der Jüngerinnen und Jünger

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Jesu in den Evangelien nach dem Tod Jesu und dann auch in der Apostelgeschichte lesen, dann merken Sie ja, dann merken wir ja, dass diese Jünger dringend den Geist Gottes gebraucht haben. Sie haben es ja gerade nicht geschafft, nur weil sie Jesus gehört haben, weiter zu glauben. Sie sind erst mal weggerannt, sind erst mal zurückgegangen nach Galiläa, haben wieder ihren Alltag aufgenommen, haben sich dann, sie sich in Jerusalem versammelt haben, erst mal versteckt vor den Menschen, haben sich eben nicht rausgetraut. Also ein Christentum ohne diesen Heiligen Geist Gottes, ohne diese Geistwirklichkeit Gottes, nützt überhaupt nichts. Das kann gar nicht zu den Menschen ankommen. Ein Gott, der uns nur ruft und uns von außen Liebe schenkt, kann uns nicht erreichen. Es braucht

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eben um, wenn Liebe Wirklichkeit werden soll, braucht es eben nicht nur eine Liebe, die mich ergreift. Braucht es nicht nur die Zusage, die mir gesagt wird. Die kann ja auch zu einer Überforderung führen. Wenn mich jemand liebt, das muss ja nicht gut sein für mich. Wenn ich nicht selber liebend antworten kann, kann das sogar sehr sehr weh tun oder auch nervig sein. Also es braucht die liebende Antwort, die liebende Antwort, die eben so die tiefe Überzeugung der christlichen Theologie über alle Konfessionsgrenzen hinweg, die liebende Antwort, die von Gott selbst gemacht wird. Nur das Unbedingte, so ein ganz uralter theologischer Grundsatz, nur das Unbedingte kann das Unbedingte erkennen. Nur Gott kann Gott erkennen. Nur wenn Gott mich ergreift mit seinem Heiligen Geist, nur dann kann ich erkennen, dass Jesus der Christus ist. Das können Sie natürlich

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sagen, ja, aber das ist ja ein bisschen fies, dass dann Gott ein paar Leute ergreift und die anderen nicht und die anderen erkennen ihn und die anderen nicht. Da kommen wir nachher ja auch noch drauf, wenn wir über die Vielfalt der Religion nachdenken. Aber natürlich ist es aus christlicher Sicht nicht so, dass Gott nur ein paar Menschen ergreift und die anderen nicht. Sondern natürlich ist es so, das macht etwa Karl Barth, der große evangelische Theologe Karl Barth, klar, aber viele andere auch, auch Karl Rahner oder andere. Natürlich ist es so, dass Gott jeden Menschen mit seiner Geistwirklichkeit der Liebe ergreift. Nur dass wir Menschen dann eben die Möglichkeit haben, uns dazu zu verhalten. Ich kann mich diesem Geist, der mich mitreißen will, der mich öffnen will, auch verweigern. Aber die Erfahrung, dass da, wenn ich meine Oma besuche, von innen sich was auftut. Die Erfahrung, dass ich

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diesem Ertrinkenden einfach helfen muss und nicht groß rum rationalisieren darüber. Die Erfahrung jetzt auch im Blick auf Jesus von Nazareth, dass mir in ihm tatsächlich Gottes Zusage begegnet und nichts anderes. Diese Erfahrung machen nicht nur Christen. Es ist eine Erfahrung, so die Überzeugung, die in dieser Trinitätstheologie deutlich gemacht werden soll, die ganz universal das Verhältnis zwischen Gott und Mensch beschreibt. Gott ist eben ein Gott, der den Menschen ruft, aber zugleich von innen ergreift. Wir finden zum Beispiel auch im Koran diesen Gedanken, wenn es dort etwa heißt, dass Gott mir näher ist als meine Halsschlagader. Augustinus würde sagen, Gott ist mir innerlicher als ich mir selbst. Unglaublich viele Zeugnisse dieser Art. Von diesem innersten Gottes in mir, ganz viele Mystiker geben davon Zeugnis. Also Gott, der mir innerlicher ist als mir selbst,

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der mir näher ist als meine Halsschlagader. Dieser Gott, derselbe Gott ist es, der mich auch ruft, der mir in Jesus von Nazareth begegnet. Das ist derselbe Gott und doch sind es ja ganz unterschiedliche Erfahrungen. Die Erfahrung in dem Menschen Jesus von Nazareth, der so menschlich lebt, dass ich ihn nicht anders verstehen kann als den, der mir Gottes Zusage verkörpert und zugleich der Gott, der wie ein Feuer der Liebe mich von innen ergreift und verwandelt. Bibelsch kann man sich das ganz schön an der Emmausgeschichte klarmachen. Die Emmausgeschichte, die ja ganz spannenderweise darin besteht, dass die beiden Jünger, sie kennen die Geschichte ja bestimmt ja die ganze Zeit schon Jesus an ihrer Seite haben, sie merken es nur nicht. Also Jesus ist gewissermaßen unerkannt

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an meiner Seite, eben in jedem Menschen, der mich braucht. In jedem Menschen, der mich auch versteht, so wie dieser Jesus, der ja die beiden begleitet in ihren Sorgen, begleitet in ihren Sorgen, hört. Also in dem Menschen, der mich versteht, der mich mit der Liebe Gottes, mit der Zusage Gottes konfrontiert, aber auch in dem Menschen, der mir den Anspruch Gottes verkörpert, da ist dieser Jesus da, da ist der Logos Gottes da, da ist die Zusage da. Nur sie merken es nicht, sie merken es nicht. Es braucht diesen Moment, wo ihnen das Herz brennt. Es braucht diesen Moment, wo es innerlich Klick macht, wo eben der Geist Gottes sie ergreift. Spannenderweise geschieht das in der Emmausgeschichte ja beim Brotbrechen, womit noch mal ganz schön deutlich wird, dass Zeichenhandlungen der Kirche, wie eben das Abendmahl, wie die Eucharistiefeier, dass solche Zeichenhandlungen zu dem Moment werden können, in denen mich der Heilige Geist ergreift und mir hilft, endlich zu entdecken, dass der Logos Gottes

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in der ganzen Wirklichkeit da ist, dass Jesus mir täglich begegnet und mich begleitet. Von dieser Erfahrung des Abendmahls, von der Erfahrung der Eucharistie her, können die beiden Jünger dann verstehen, Jesus war ja die ganze Zeit schon bei mir. Wenn ich also einmal mir vom Heiligen Geist das Herz ergreifen lasse, dass das Herz brennt und mir die Augen öffnen lasse, dann sehe ich, wie der Logos Gottes in der gesamten Schöpfung da ist. Karana spricht davon, große katholische Theologe Karana spricht davon, dass jeder Mensch Ereignis der Selbstzusage Gottes ist. Das weiß ich von Christus her, das weiß ich, weil mir vom Heiligen Geist her die Augen hier geöffnet sind, aber ich erlebe das, worauf es ankommt, eben nicht nur in Christus, sondern durch Christus und im Geist in jeden Menschen,

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der mich liebt, eben auch in meinen Eltern, in meinen Freunden, wenn die sich mir unbedingt zuwenden und eben auch dann zu mir halten, wenn ich Mist baue oder wenn ich mir gar nicht mehr diesen Zuspruch verdiene. Das sind die beiden Weisen, wie Gott sich uns zuwendet, die beiden Arme Gottes, mit denen er uns entgegentritt, wenn Sie es bildlich sagen wollen. Der Logos und der Geist von außen und von innen. Diese Weise ist Gott für uns da. In zweierlei Weise ist er da für uns. Das ist gewissermaßen der Ausgangspunkt, der die Kirche dazu gebracht hat, von einem trinitarischen Gott zu sprechen. Aber Gott ist natürlich nochmal mehr als dieses Dasein für uns.

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Dieses Mehrsein Gottes ist kein totales Anderssein Gottes, sodass Gott jetzt auf einmal ein Gott wäre, der vielleicht ganz anders ist, als er sich in Jesus und im Geist zeigt. Aber trotzdem ist er noch einmal mehr. Er ist der Schöpfer von allem. Er ist der Urgrund von allem. Er ist das Woraufhin von allem, auf das sich die ganze Welt hin entwickelt. Er ist das Wovonher von allem, aus dem das ganze Universum entstanden ist. Er ist, wenn Sie so wollen, unendliches Geheimnis. Er ist immer größer als unser Verstehen, größer als das, was uns ergreift. Das ist ja auch genau das, was man beim Ergriffensein erlebt. Wenn ich von der Liebe Gottes ergriffen bin, dann merke ich ja, wie es überfließt, wie einfach da so viel an Liebe in mich hineinkommt, dass ich merke, dass das fließt über. Ich muss es deswegen weitergeben.

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Ich muss es verschenken und es ist immer noch viel mehr, als ich zu tragen, zu schenken und zu fassen vermag. Dieses Größersein Gottes, dieses unendliche Geheimnis Gottes, diese Abgründigkeit Gottes, die dürfen wir als Christen Vater nennen. Also das Vatersein Gottes, das meint jetzt nicht, dass der irgendwie ein Mensch mit einem Rauschebart ist oder ein Mann und warum ist keine Frau, das ist ja unfair, sondern das meint einfach nur, ich kann diesen Ursprung von allem, dieses letzte Geheimnis, das hinter der ganzen Welt steht, dieses abgründige Mysterium, dem kann ich mich vertrauend hingeben wie meinen Eltern. Den kann ich Vater oder Mutter nennen in der Autorität Jesu.

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Weil Jesus das so tut, darf ich auch aber guter Vater sagen. Guter Vater, eben der Vater, der mich hervorgebracht hat, der Urgrund, von dem ich herkomme. Also gewissermaßen der Gott über mir. Wenn Sie es vereinfacht zusammenfassen wollen, möchte ich also versuchen, die Trinität so verständlich zu machen, dass sie von Gott spricht als Gott, der mich ruft im Du, der Logos, der Sohn, Jesus von Nazareth. Der Gott, der mich von innen ergreift, der Gott in mir, in seiner Liebe, im Heiligen Geist. Und der Gott, der doch immer der je größere Gott bleibt, der Gott über mir. Zugleich natürlich auch der Gott unter mir, der eben allumfassende Gott, in den hinein diese Schöpfung hineingeschaffen ist.

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Dieses allumfassende Geheimnis, aus dem ich nicht herausfallen kann, dieses Geheimnis darf ich Vater nennen. Diesen Geheimnis darf ich mich zuwenden, im Geist, durch den Logos darf ich Gott Vater nennen. Die Gebete der Alten Kirche sind deswegen auch immer so strukturiert, dass Gott als Vater angesprochen wird. Durch Jesus, im Geist, darf ich zu Gott beten. Aber man hat in der Alten Kirche nicht zu drei Göttern gebetet, also je nach Stimmung mal zu Jesus, mal zum Heiligen Geist, mal zum Vater. Sondern die Struktur war immer, ich bete zu dem einen Gott. Und dieser eine Gott, der ist für mich da in Jesus, sodass ich deswegen auch Jesus ansprechen kann und ich in Jesus mit diesem einen Gott Kontakt aufnehmen kann. Und dieser eine Gott, der ist auch da in mir selbst, in seinem Geist, sodass ich auch in mir zu diesem Gott Verbindung aufnehmen kann.

41:06
Aber es geht immer um den einen Gott, nicht um drei Götter, immer um den einen Gott, der eben in diesen beiden Weisen uns ergreift. Mit den östlichen Theologien, eine ganz alte östliche Theologie spricht hier auch, um den Heiligen Geist verständlich zu machen in seinem Verhältnis zum Wort, von dem Atem des sprechenden Gottes. Gott, der spricht, spricht eben das hörbare Wort, diesen Ruf. Aber dieses Ruf ist begleitet von dem Hauch Gottes. Dieser Hauch, dieser Atem, der mich ergreift, der mich verwandelt, der eben Geist Wirklichkeit ist und mein Innerstes ergreift. Und doch ist Gott nicht nur sein Wort und sein Atem, sondern Gott ist der, der spricht. Er ist der Urgrund von allem. Er ist eben der Schöpfergrund von allem, der insofern als Vater dann angeredet werden kann.

42:08
Das wäre mein erster Zugang zur Trinität. Und ich hoffe, dass er verständlich geworden ist. Sonst können wir nachher in der Pause sicher darüber noch ausführlich diskutieren. Ich meine eigentlich, dass dieser Zugang auch reicht. Also im Grunde habe ich damit eine Klarheit, warum wir an einen trinitarischen Gott glauben. Und ich entwickle ihn genau wie die ersten Christinnen und Christen. Die haben sich auch nicht den Kopf zerbrochen, wie das jetzt in Gott funktioniert mit drei Personen, sondern sie haben bestimmte Erfahrungen sehr, sehr ernst genommen. Erfahrungen mit dem Gott, der mich ruft, der mich von innen ergreift und der doch größer ist als das, was ich von ihm erfahre. Im Grunde reicht das schon. Aber es gibt noch andere Zugänge, die auch spannend sind, sodass ich Ihnen noch zwei weitere nicht vorenthalten will.

43:03
Ein zweiter Zugang fängt an, jetzt eher spekulativ nachdenkend, mit dem Gedanken, was es heißt, dass Gott die Liebe ist. Es ist ja ein Kernsatz des christlichen Glaubens. Sie finden es im ersten Johannesbrief. Aber Sie finden das eigentlich auch bei allen Theologen und Theologinnen von Anfang an immer wieder, dieser Gedanke. Gott ist nicht nur lieb. Gott hat uns nicht nur lieb, sondern er ist die Liebe. Der Gedanke, der damit verknüpft ist, ist dann immer wieder auch der Gedanke, Gott ist die Liebe auch schon, bevor er die Welt erschaffen hat. Gott ist schon Liebe, auch unabhängig von uns. Wäre das nicht so, dann wäre es ja so, dass Gott uns bräuchte, um lieben zu können.

44:04
Also wäre Gott nicht schon vor der Erschaffung der Welt die Liebe und würde erst durch die Erschaffung der Welt und des Menschen lieben können, dann würde er sich ja vervollkommnen, dann würde er größer werden, dann würde er besser werden durch die Schöpfung. Das ist ein christlich völlig unmöglicher Gedanke oder auch philosophisch völlig unmöglicher Gedanke. Wenn es Gott gibt, dann ist er das allervollkommenste Wesen und vervollkommnet sich nicht erst durch die Schöpfung. Das heißt, ich muss also versuchen zu denken, so jetzt der Gedanke dieses zweiten Zugangs zur Trinitätstheologie, den etwa Richard von Sankt Victor im Mittelalter entwickelt hat. Er ist der erste große Theologe, der diesen Gedanken entwickelt hat. Heutigenzeit gibt es da eine ganze Reihe von Theologen und Theologinnen, die ihm gefolgt sind.

45:01
Jürgen Moltmann zum Beispiel oder Richard Swinburne oder Gisbert Gressacher, um jetzt mal drei von drei verschiedenen Konfessionen zu nennen. Der erste war evangelisch, der zweite orthodox, der dritte katholisch. Also in allen Konfessionen finden Sie diesen Zugang, der jetzt folgende Überlegung anstellt. Gott muss immer schon Liebe sein. Wenn Gott aber immer schon Liebe ist, schon vor der Erschaffung der Welt Liebe war, dann muss es in Gott ein Du geben, dem er sich in seiner Liebe zuwenden kann. Denn sonst kann Gott sich ja nur von Ewigkeit her selber lieben. Wenn ich aber jetzt übervergleiche, was es heißt, mich selbst zu lieben und jemand anders zu lieben, so werde ich vielleicht ja nicht sagen, das ist schöner als jemand anders zu leben.

46:00
Das weiß ich jetzt nicht. Vielleicht finden Sie es auch ganz toll, sich selbst zu lieben. Aber wir alle werden doch zugeben, dass da qualitativ was dazukommt, wenn ich nicht nur mich selbst, sondern auch jemand anders liebe. Also dass im Erleben der Qualität von Liebe mehr möglich wird, wenn ich jemand anders liebe als nur mich selbst. Das scheint schon im Begriff der Liebe zu liegen. Also das scheint nicht nur jetzt eine menschliche Erfahrung zu sein, sondern ganz zentral mit dem Wesen von Liebe zu tun zu haben. Liebe besteht doch ganz offenkundig darin, dass ich den anderen gerade auch da an mich rankommen lasse und fasziniert von ihm oder ihr bin, wo sie ganz anders ist als ich. Also wo wirkliche Andersheit da ist. Wenn etwa die andere Person, ich wähle jetzt ein Beispiel aus einer Paarbeziehung, aber das heißt natürlich nicht, dass, was ich jetzt sage, nur für erotische Beziehungen gilt.

47:10
Also angenommen, ich hätte eine Frau, die gerne Schuhe hat, wäre ja denkbar. Und ich öffne den Schrank bei ihr und entdecke also eine Vielzahl von Paaren von Schuhen. Ich selbst bin dann zunächst mal ziemlich ratlos, was man mit so vielen Schuhen machen soll. Genauso ratlos wie meine Frau darüber ist, dass ich immer dieselben Schuhe trage, bis sie kaputt sind, um dann neue zu kaufen. Wir beide sind da relativ ratlos. Allerdings ist es zumindest jetzt so im Verhältnis von meiner Seite zu meiner Frau, dass ich sehr fasziniert bin von ihren Schuhen. Also es ist schon tatsächlich so, dass bestimmte Schuhe mit einem bestimmten Outfit, mittlerweile habe ich das halb eingesehen, wirklich was hermachen. Ob dann deswegen wirklich so viele Schuhe nötig sind, weiß ich noch nicht.

48:00
Aber so viele sind es auch gar nicht. Aber mehr als wenn man immer nur ein Paar hat. Ich glaube, also Sie kennen doch bestimmt, egal in was für einer Form von Partnerschaft Sie leben, bestimmt diese Erfahrung, dass es etwas bei Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin gibt, was anders ist als bei Ihnen selbst und was gerade deswegen faszinierend ist. Wo Sie nicht anfangen, das jetzt zu kopieren, also ich werde trotzdem nicht mehr Schuhe kaufen, aber wo ich doch mit der Zeit gelernt habe, das zu lieben. Das ist mehr Liebe als nur mich selber lieben. Wenn ich lerne, etwas zu lieben, was vom anderen herkommt, was anders ist als nur ich selbst. Das, so Richard Swinburne, Jürgen Moltmann oder auch schon Richard von St. Victor, dieser mittelalterliche Theologe und viele andere, die in diese Richtung denken, das muss auch für Gott gelten, wenn er die Liebe ist. Gott kann sich nicht nur selbst lieben, Gott darf nicht gedacht werden nur als einsame Monade, die sich also täglich neu über sich selber freut.

49:09
Sonst würde Gott, indem er die Welt erschafft, eine Möglichkeit gewinnen, die er vorher nicht hatte, nämlich das andere seiner selbst zu lieben. Und aus unseren menschlichen Erfahrungen wissen wir, dass das was ziemlich Tolles ist. Da müsste Gott eigentlich ziemlich heiß drauf sein, die Welt zu erschaffen. In Islam gibt es auch einen solchen Gedanken. In der muslimischen Mystik gibt es die Gedanken, dass Gott vor der Erschaffung der Welt ein Schatz war, der sich danach sehnte, entdeckt zu werden. Ein wunderbarer Gedanke, aber natürlich in totalem Widerspruch zur Vollkommenheit Gottes. Wenn Gott Sehnsucht hat, entdeckt zu werden, ist Gott, bevor er entdeckt wird, also vor der Schöpfung, eigentlich ein ziemlich armes Würstchen.

50:01
Er wartet darauf, endlich geliebt zu werden. Das ist bestimmt furchtbar romantisch und manchmal gibt es das auch im Christentum so Andachtskarten. Ich habe das einmal in einer Kirche gesehen. Gott wartet darauf, dass du ihn liebst und so. Und das stimmt ja auch irgendwie, weil Gott tatsächlich will, dass ich ihn liebe und darauf wartet. Aber er ist ja nicht darauf angewiesen. Es ist ja nicht so, dass er nicht schon die Fülle der Liebe in sich hätte. Und deswegen muss es in Gott auch schon die Liebe zum Anderen geben, zum radikal Restlos Anderen. Und das wäre dann eben dieser Logos. Oder in dem Fall hilft es vielleicht unserem Denken wirklich zu sagen, der Sohn. Wenn wir Vater und Sohn betrachten und jetzt nicht denken wie Mensch einen menschlichen Vater und einen menschlichen Sohn, die dann vielleicht beide ein Bart haben und irgendwie eine ähnliche Nase, sondern wenn wir diese Begriffe ganz abstrakt verstehen,

51:06
und das müssen wir, wenn wir sie auf Gott anwenden wollen. Wenn wir also ganz abstrakt jetzt über Vater und Sohn nachdenken wollen, dann ist es so, dass der Vater restlos in jeder Hinsicht nicht Sohn ist. Also nehmen Sie an, Sie haben nur einen Vater und einen Sohn und nichts anderes. Und Sie wissen über beide nichts anderes, als dass Sie Vater und Sohn sind. Ja, es gibt sogar nichts anderes, als Ihr Vater und Sohn sein. Das ist die Lehre der Kirche über die Verhältnisse der Trinität. Also Vater und Sohn sind restlos aufeinander her und aufeinander hin. Also die sind restlos in dieser Beziehung. Da ist nicht der Vater, der sich noch überlegt hat, vielleicht noch gern einen anderen Sohn. Er ist restlos auf den Sohn hin. Er ist eigentlich nur Zeugen.

52:00
Interessanterweise, wenn Sie die kirchliche Lehre anschauen, also der allerersten Konzilien, die auch der ganzen Christenheit gemeinsam sind. Die allerersten Konzilien sagen nichts, wie der Vater ist. Auch später hat das die Kirche nie gesagt oder irgendeine Kirche hat nie gesagt, wie der Vater ist oder der Sohn ist. Das wissen wir nicht. Das einzige, was gesagt wird, das einzige, was dogmatisch festgehalten wird in den ersten Konzilien von Nizair 325 und Konstantinopel 381, sind die beiden ersten ökumenischen Konzilien. Das einzige, was hier gesagt ist, ist, der Vater ist der Zeugende und der Sohn ist der Gezeugte. Zeugend und gezeugt, aktivisch, passivisch, ganz aufeinander hin, voneinander her, ganz in dieser Relation aufgehend. Also der Vater ist nichts als der Zeugende, als der auf den Sohn zugehende. Und der Sohn ist nichts als der sich dem Vater verdankende, vom Vater her kommende.

53:07
Sie sind restlos aufeinander bezogen, restlos aufeinander bezogen und doch restlos verschieden, weil der Vater ist restlos nicht der Sohn. An sich das auch, damit kann man sich übrigens auch sehr viele Aussagen des historischen Jesus verständlich machen. Wenn Jesus etwa vom reichen Jüngling gefragt wird, guter Vater, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erlangen? Dann sagt Jesus ja, was nennst du mich gut? Gutes Gott allein. Ich habe mich da früher immer gefragt, das ist ja ein bisschen komisch. Ich dachte, Jesus wäre Gott. Warum sagt er jetzt Gottes, gutes Gott allein? Aber wenn Sie sich klar machen, Jesus ist, wenn er wirklich der Logos ist, wenn er die Inkarnation des Logos ist, dann gilt auch von Jesus, er ist restlos nicht der Vater.

54:00
Er ist restlos nicht dieses letzte Geheimnis, das Gott ausmacht. Und doch ist er genauso restlos der Weg zu diesem Geheimnis. Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Johannes 14, 6. Er ist der Weg, er ist Tür, sagt das Johannes-Evangelium ja auch. Er ist ganz und gar der vom Vater Gesandte. Wer mich sieht, sieht den Vater. Auch eine Aussage aus dem Johannes-Evangelium. Also ganz und gar Tür, Weg, Blick auf den Vater, aber eben restlos nicht der Vater. Denn der Gezeugte ist nicht der Zeugende. Gar nichts am Gezeugten ist zeugend. Restlose Verschiedenheit in restloser Bezogenheit. Das ist hier das Verhältnis von Vater und Sohn. Und Richard von Sankt Victor möchte das für uns eben verständlich machen, indem er sagt, das ist wie zwei Menschen, wie zwei Personen,

55:01
die sich eben restlos lieben, ganz und gar aufeinander bezogen sind und dabei doch völlig verschieden sind. Das ist bei menschlichen Beziehungen ja nie der Fall. Also auch wenn ich jetzt immer noch nur dieses eine Paar Schuhe habe, ist es ja nicht so, dass es nicht auch viele Gemeinsamkeiten mit meiner Frau gäbe. Also in menschlichen Beziehungen gibt es immer auch Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Aber in dieser innergöttlichen Beziehung ist jetzt die Idee, es gibt gar keine Gemeinsamkeit, außer dass beide restlos aufeinander her und voneinander her und aufeinander hin sind. Also die Beziehung ist die Gemeinsamkeit, die Liebe, nichts anderes. Jetzt können Sie natürlich sagen, okay, das klingt ganz gut. Also ich weiß noch, das war übrigens, dass in meinem ersten Semester wurde mir so die Trinität erklärt und ich war sofort in der ersten Vorlesung hellaufbegeistert,

56:02
ich war total überzeugt. Aber ich habe natürlich dann sofort gesagt, und das werden Sie sicher selber auch denken, okay, dass also Gott keine einsame Monade sein kann, wenn er die Liebe ist, sehe ich ja vielleicht noch ein. Aber warum reichen da nicht zwei? Wozu noch der dritte? Und wenn noch ein dritter, warum nicht noch ein vierter und ein fünfter und ein sechster? Also warum drei? Darauf hat der Richard von St. Victor nicht so eine richtig gute Antwort. Er erklärt zumindest, warum sich diese Liebe weiten muss. Dazu muss man wissen, der war natürlich Mönch und der hat in seinen ganzen Aussagen auch nicht an so eine Zweierbeziehung gedacht, so wie wir vielleicht gerne denken, wenn wir an Liebe denken, sondern der hat immer schon die Kommunität der Mönche vor Augen gehabt. Und der hat immer schon vor Augen gehabt, dass Liebe, wenn sie sich so exklusiv

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an einer anderen Person festmacht, auch schwierig werden kann für die Gemeinschaft. Sie kann übrigens auch furchtbar langweilig werden. Ich weiß nicht, was Sie für eine Vorstellung haben, aber stellen Sie sich mal vor, Sie würden jetzt also mit Ihrer Freundin, Ihrem Freund oder Mann oder Frau, also mit Ihrem Partner, Ihrer Partnerin zusammen wegfahren. Also ich habe da gerade draußen gesehen, haben zwar eine Weltreise gemacht. Also nehmen wir mal besser keine Weltreise, sondern einsame Insel. Also Sie kommen auf eine einsame Insel und können dahin. Wie lange würden Sie gerne mit Ihrem Partner, Ihrer Partnerin dahin gehen? Also vielleicht einen Monat, dann haben Sie eine ziemlich gut funktionierende Beziehung. Vielleicht wünschen Sie sich ein halbes Jahr, dann sind Sie ganz schön verliebt, aber ich weiß nicht, ob Sie es durchhalten. Naja, jetzt stellen Sie sich mal vor, 100 Jahre oder 1000 Jahre, eine Million Jahre. Also so verliebt können Sie gar nicht sein, dass sich das nach einer Million Jahren nicht klar wird. Da haben Sie richtig ein Problem. Sie haben nichts anderes als Ihren Partner, Ihrer Partnerin.

58:00
Sie sind rein auf diese Person fixiert. Da kommt niemand anders vorbei. Kein Fernsehen, kein Fußball, kein Bier, nichts. Nur die Partnerin, nur der Partner. Also ich vermute, das dauert gar nicht so lange, bis Sie merken, dass Liebe zu zweit, also begrenzterfüllend ist. Es braucht, so ist doch auch die zwischenmenschliche Erfahrung, es braucht ein gemeinsames Projekt, eben hier diese Weltreise. Oder Kinder könnten auch ein solches Projekt sein. Oder Freunde. Eben ein gemeinsames Leben, in dem man sich nicht nur krampfhaft aneinander festklammert, sondern sich öffnet. Das hat der Richard von St. Victor gut gesehen, aber damit hat man natürlich noch nicht erklärt, warum jetzt der eine Dritte. Das würde ja dafür sprechen, dass noch eine ganze Menge Leute dazukommen. Und dann hat man also eine fröhliche Polität und eben keine Trinität.

59:00
Da gibt es jetzt in der neueren Philosophie bei Theologen wie Bernhard Nitsche, Kollege in Münster, eigentlich einen ganz interessanten Gedanken, dass diese Theologen nämlich sagen, dieser Dritte, dieser Heilige Geist, der steht jetzt für jede Form von Andersheit. Also der Dritte steht jetzt nicht nur für das erste Kind, sondern für alle Kinder. Der steht nicht nur für den einen Freund, sondern für alle Freunde. Der steht nicht nur für das eine Projekt, sondern für alle Projekte. Denn der Heilige Geist ist ja diese Kraft Gottes, die alles zusammenbringt. Augustinus spricht vom Vinculum amoris, vom Band der Liebe. Der Heilige Geist ist der, der die Vielheit zusammenführt, sodass jede Andersheit vom Geist umgriffen und im Geist erschaffen wird. Gott erschafft im Geist, sodass alles, auf das sich diese zwei Liebenden noch hinwenden können,

60:06
im Geist enthalten ist. Das heißt, der Gedanke wäre jetzt der, wenn ich eine andere Person wirklich liebe, dann reicht es nicht, die Person so zu lieben, wie sie sich mir gegenüber verhält, sondern ich muss diese Person auch lieben, wie sie sich anderen gegenüber verhält, also gewissermaßen ihre Freiheitsmöglichkeiten. Das ist ganz schön schwer und in Partnerschaften ganz besonders schwer, auch im Blick auf die eigenen Kinder oder gute Freunde schwer. Sie eben da zu lieben, wo sie Dinge tun, wo sie sich auf andere beziehen, die ich vielleicht nervig finde, mit denen ich vielleicht nicht gute Beziehungen aufbauen kann. Aber wenn ich mir jetzt eine perfekte Liebe vorstelle, und das ist ja der Gedanke jetzt der Trinität,

61:02
wenn ich Gott als Liebe denken will, dann müsste diese Liebe so gedacht werden, dass sie nicht nur Öffnung für den anderen ist, ein Ich, das sich auf ein Du öffnet, sondern dass alle nur denkbaren Beziehungen, die die beiden haben können, auf ein Drittes, auf diesen Dritten, der alles umgreift, was nur denkbar ist, dass all das hier enthalten ist. Dass also jede Form von Beziehung, die noch denkbar ist, enthalten ist in diesem Dritten. Das ist dann der Gedanke, warum es drei zu dieser Liebe braucht. Einer von meinen Studenten hat mir es mal so erklärt, der dann zugehört und sagt, Herr von Schoß, Sie sehen das viel zu kompliziert, das geht ganz einfach, muss ich das so vorstellen. Wie ist das, wenn ich zu Hause vom Fernseher den FC Köln gucke? Ich sitze da allein, vielleicht noch mit einer Flasche Bier, Kölsch und Köln.

62:02
Das ist ich und du, das ist zu wenig. Ich und du alleine reicht nicht, deswegen gehe ich ins Stadion oder treffe mich mit anderen. Wir gucken das Spiel zusammen. Ich bin eben, als ich hier mit dem Zug nach Köln kam, ganz viele Leute, die sich in Kneipen treffen wollten, um da irgendein Spiel zusammen zu sehen. Also dieses Gemeinschaftserlebnis verstärkt Liebe noch einmal. Eltern können das auch bestätigen, dass auch die gegenseitige Liebe noch einmal stärker wird, wenn gemeinsam das Kind oder die Kinder geliebt werden können. Darum geht es jetzt einfach in diesem Zugang zur Trinität zu denken, genau das findet in Gott statt. Gott ist also ein sich Öffnen auf den anderen Liebenden, der jede weitere Liebe mit hineinholt in das Geheimnis der Liebe, das Gott ist. Wie gesagt, mich hat dieser Gedanke ungeheuer fasziniert, als ich ihn das erste Mal gehört habe.

63:05
Vielleicht geht es Ihnen ähnlich. Vielleicht haben Sie auch schon längst Sorgenfalken, weil Sie den Gedanken sehr komisch finden. Vielleicht kennen Sie ihn auch schon ganz lange. Ich muss zugeben, dass ich den heute so eigentlich nicht mehr sagen möchte, weil ich mittlerweile so viele gute Kritikpunkte daran gelesen habe, dass ich eigentlich davor warnen möchte, so zu denken. Ich habe mich trotzdem entschlossen, Ihnen das hier zu präsentieren, weil es im Moment gerade in den USA, die ja auch durchaus ein wirkmächtiges Christentum im Internet verbreiten, der beliebteste Zugang zur Trinität ist. Und es gibt da ein Bestseller-Roman, der diesen Gedanken wunderbar entfaltet. Vielleicht kennen Sie den auch, The Shack, Die Hütte. Da lebt Gott als Trinität am See. Und damit das Ganze politisch auch super korrekt ist, ist dann Gott Vater eine Frau,

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und zwar auch noch eine dunkelhäutige Frau. Beim Sohn konnte man jetzt das Geschlecht nicht ändern. Das ist halt ein Palästinenser, der läuft da immer über den See rüber. Und der Dritte ist wieder eine Frau, also die Heilige Geistin. Das passt ja auch ganz gut. Ruach ist ja auch femininum, ist ja auch ein weiblich. Also die Geistin, die ist eine Asiatin. Also ist gendermäßig sehr korrekt mit den verschiedenen Nationalitäten. Und die drei sind supersympathisch und kümmern sich um den verzweifelten Gast. Also die Hauptperson, der diesen Roman schreibt, der kommt da halt bei dieser Trinität an. Und dem geht es ziemlich dreckig, weil er ein ganz schreckliches Erlebnis hatte. Ich erzähle Ihnen jetzt nicht was, falls Sie den Roman noch lesen wollen. Auf jeden Fall begegnet er jetzt den verschiedenen Personen der Trinität, mal dem Vater, also mal dieser afrikanischen Frau, mal dem Palästinenser, mal der Asiatin. Und er erlebt ganz unterschiedliche Dinge mit dem.

65:00
Zugleich ist es aber so, dass die drei in ihrem Bewusstsein miteinander verknüpft sind. Das heißt, die wissen immer, was die andere Person denkt. Und die kommunizieren miteinander telepathisch, sodass sie gegenseitig sich helfen, die Hauptperson da also toll mit Liebe zu versorgen und in seiner Trauer zu trösten. Wunderbare Vorstellung, toller Roman, Bestseller, über Millionen sofort verkauft. Auch in Deutschland mittlerweile einigermaßen beliebt. Aber leider politistisch. Das sind dann drei Götter. Und das kann man ziemlich genau zeigen, warum das so ist, warum das drei Götter sind. Und zwar ist das Problem, selbst wenn die drei in ihrem Denken miteinander verbunden sind, selbst wenn die alles voneinander wissen, so gibt es doch eine Sache, die sie voneinander nicht wissen können.

66:04
Und das dürfte es nicht geben. Wenn es ein Gott sein soll, dann kann es nicht sein, dass es eine Person gibt, die von einer anderen Person irgendwas nicht weiß. Dann wäre die Einheit Gottes zerstört. Was kann die eine innergöttliche Person von der anderen nicht wissen, wenn das drei Iche sind? Also die Idee ist ja jetzt hier, das sind drei Iche, aber drei Subjekte, drei Freiheiten, also drei verschiedene Personen in unserem neuzeitlichen Sinne des Wortes Person. Aber diese drei, die haben sich jetzt furchtbar lieb. Und diese drei, die ziehen immer an einem Strang, die streiten sich nicht. Also das Essen mit denen ist immer super. Also, piep, piep, piep, wir haben uns alle lieb. Das ist gar nichts dagegen. Das ist also immer ein Herz und eine Seele. Auch nie langweilig, weil die auch irgendwie verschieden sind und sich immer mit schönen Dingen überraschen. Also die wissen es natürlich schon vorher, weil ja die gehirneverknüpft sind, aber irgendwie freuen sich doch übereinander.

67:01
Aber eine Sache, das können die leider nicht voneinander wissen. Und das ist übrigens auch das einzige, was Gott von mir nicht wissen kann, von Ihnen, von niemandem wissen kann. Was auch ich von niemandem von Ihnen wissen kann, selbst wenn ich in ihr Gehirn schauen könnte. Selbst wenn ich jetzt der dollste Neurochirurg wäre, also der alles da bei Ihnen anschauen kann. Dann gibt es doch eine Sache, die kann ich nicht wissen. Und die kann auch Gott nicht wissen. Kann nicht wissen, wie es sich für mich anfühlt, ich zu sein. Also diese Ich-Perspektive, diese lästige Ich-Perspektive, die Religionen ja oft auch loswerden wollen, die ist unhintergehbar. Also der Philosoph Kant sagt das mal sehr schön, dass in jedem unserer Denk, in allem, was ich denke, könnte ich dazu sagen, ich denke das gerade. Ich weiß noch genau, wie mich das als Kind wahnsinnig beschäftigt hat, dieser Gedanke. Wie ich also mir versucht habe, klarzumachen, wie hilft mir eigentlich mein christlicher Glaube, dagegen vom Tod Angst zu haben.

68:01
Ich habe mir dann immer wieder abstrakt klar gemacht, dass das, selbst wenn ich ja kein Christ wäre, es ja auch nicht schlimm wäre, wenn ich sterbe, weil ich dann ja auch nicht merke, dass ich tot bin. Also vielleicht haben Sie auch diesen ganz alten, epikuräischer Gedanke eigentlich. Also wenn ich sterbe, bin ich ja tot. Entweder das Christentum hat recht, dann ist es hinterher super, je nachdem wie ich gelebt habe natürlich, aber ich kann ja brav sein, dann wäre es vielleicht super. Oder es wird halt gar nicht sein und es ist auch nicht schlimm, weil ich es ja auch nicht merke. Aber irgendwie ist es auch schade, weil dann ja niemand mehr da ist, der merkt, dass er nichts merkt. Also ich tröste mich ja gerade damit, dass ich dann sage, ich merke da nichts mehr, aber ich mache das gerade und dann ist kein Ich mehr. Das ist ein ziemlich blöder Gedanke, dass ich dann nicht mehr bin. Also vielleicht finden Sie es auch tröstlich, aber auf jeden Fall dieses Ich, diese Ich-Perspektive, die ist schon was ganz Besonderes. Also selbst wenn Sie Atheist sind oder Atheistin und dann sagen, ja, was trägst du dich so auf, kleiner Mensch, du bist einer von sechs Milliarden

69:04
und es gab noch viel mehr vorher und jetzt machen wir nicht so ein Bohai, ja, kann man sagen, aber wer sagt das? Ein Ich. Und insofern Ich, dass als Ich sage, bin ich ganz schön wichtig. Also ich bin insofern wichtig, weil ich selber eben aus meiner Perspektive die Welt in einer unvertretbaren, einmaligen Weise betrachte. Nur ich sehe die Welt so, wie ich sie sehe. Christlich wird das ja ganz wunderbar aufgenommen, auch mit dem Gedanken, dass ich eben in meinem Ich-Sein in Gottes Hand eingeschrieben bin und er mich eben in diese Individualität ruft, dass das gerade meine Würde ist. Die Würde ist so groß, dass selbst Gott nicht wissen kann, was es für mich heißt, Ich zu sein, weil er ja nicht Ich ist. Oder ich müsste sagen, ich bin mit Gott identisch. Das hat mal ein muslimischer Mystiker im Mittelalter versucht, der ist sofort umgebracht worden. Ich würde Ihnen das nicht empfehlen, sich öffentlich auf die Straße zu stellen und zu sagen, ich bin Gott. Dann haben Sie zwar das Problem gelöst und in Köln wird Sie deswegen auch keiner umbringen,

70:03
aber die Leute werden Ihnen gleich Kölsch anbieten, die werden Sie nicht ernst nehmen, das ist kein gutes Gefühl. Also wahrscheinlich bin ich nicht mit Gott identisch. Wenn ich nicht mit Gott identisch bin, dann kann Gott auch nicht wissen, wie es für mich ist, Ich zu sein. Das ist auch kein weiteres Problem, weil Gott und ich ja nicht identisch sind. Aber wenn da drei Personen Gott sind, die das nicht voneinander wissen, dann sind das halt drei Götter. Jetzt können Sie natürlich sagen, okay, das stört mich nicht, ich glaube halt an drei Götter. Können Sie auch machen, dann glauben Sie halt an drei Götter und dann können Sie auch ganz unabhängig mal zu Jesus beten, mal zum Heiligen Geist, mal zum Vater und dann brauchen Sie nicht weiter zu kümmern, was Sie miteinander zu tun haben, aber das ist leider kein Christentum mehr. Also Christentum ist eine monotheistische Religion und dafür gibt es eine ganze Menge gute Gründe. Das wäre aber ein anderer Vortrag, die aufzuzählen. Es ist ganz schön schwer, diesen Gedanken mit den drei Personen, die sich gegenseitig überraschen und so nett zueinander sind, irgendwie mit dem Monotheismus zu vereinbaren.

71:00
Ich würde sagen, es ist unmöglich mittlerweile. Aber das wäre ich ein bisschen gemein, weil einige sehr bekannte Kollegen diesen Weg für gut halten. Und insofern habe ich ihn Ihnen ja auch ausführlich vorgestellt. Und wenn er Sie persönlich überzeugt, ist es zumindest, meine ich, ein gut verständlicher Weg, Gott als Liebe zu denken und eben auf diese Weise die Trinität verständlich zu machen. Ich will Ihnen aber noch einen dritten Weg zeigen, der jetzt ganz eng mit dem zweiten zusammenhängt. Also wenn Sie den zweiten jetzt gut verstanden haben, werden Sie merken, da wird eigentlich nicht viel geändert. Es wird nur der Monotheismus gerettet. Also im Grunde wird jetzt der gleiche Gedanke wieder, ich versuche wieder zu sagen, Gott ist die Liebe. Aber ich verzichte auf den Gedanken, dass das heißt, dass in Gott drei Iche sind, drei Freiheiten, drei Selbstbewusstseine, die sich also wechselseitig überraschen oder reigen tanzen. Also ein Kollege hat das mal so beschrieben, dass sie also reigen tanzen offenbar im Himmel

72:01
und so wechselseitig schöne Dinge miteinander machen. Also vielleicht ist Ihnen das ja auch ein bisschen zu erkennbar, anthropomorph, also ein bisschen zu kindlich, sodass Sie vielleicht auch unabhängig von dieser Idee, dass der Monotheismus eine gute Idee ist, dass der Glaube an einen Gott eine gute Idee ist, vielleicht ist auch das Ihnen deswegen ein bisschen suspekt. Und da gibt es eigentlich einen ganz einfachen Ausweg. Einen Ausweg, der jetzt nur eine kleine abstrakte Reflexion verlangt, die sich an das anschließt, was wir eben über die innertrinitarischen Relationen gesagt haben, also die Beziehungen, die in Gott da sind. Ich hatte Ihnen ja gesagt, die Kirche sagt nichts über den Vater und den Sohn, sondern sagt nur, wie die sich aufeinander beziehen. Das ist ganz spannend, damit sagt die Kirche ja auch nicht, und die Bibel übrigens sowieso nicht, die sagt, sie will ziemlich wenig über die Trinitätslehre.

73:02
Aber sie bietet, das war ja der erste Teil meines Vortrags, ganz viel Material, die uns zum trinitarischen Denken führt. Aber was die Kirche, also was die frühesten Konzilien, deswegen sage ich die Kirche, weil sich da alle Kirchen einig sind, falls Sie die ökumenischen Konzilien anerkennen, was fast alle tun. Also was diese Konzilien lehren, was die Kirche gewissermaßen hier sagt, ist, es wird nichts darüber gesagt, wie der Vater ist, der ist nicht eine eigene Freiheit, eine eigene Person, ein eigenes Selbstbewusstsein. Es wird nur was über die Beziehung gesagt. Und wie ist die Beziehung gedacht? Ich hatte Ihnen das ja eben erläutert, als ein restloses Aufeinanderbezogensein, also ganz und gar bezogen und doch restlos verschieden. Wenn Sie das abstrakt ausdrücken wollen, dann ist das Einheit in Differenz, Einheit in Verschiedenheit. Einheit, wenn Sie so wollen, durch Verschiedenheit.

74:01
Das klingt jetzt sehr abstrakt, aber es ist eigentlich ganz spannend, diesen abstrakten Begriff auch zu verwenden, weil das ein Urproblem der Philosophie ist, wie sich eigentlich Einheit und Verschiedenheit zueinander verhalten. Wenn alles aus einem Gott kommt und der eine Gott ist reine Einfachheit, alles in ihm ist eins, wo kommt eigentlich die Vielheit her? Wo kommen hier eigentlich alle her? Warum ist hier so bunt? Warum ist hier so viel Verschiedenheit? Klassische Antwort der Philosophie ist, dass diese Vielheit, das Verschiedene, das bunte, Emanation ist, Ausfluss des Einen. Und am Ende kehrts wieder zu ihm zurück. Also wenn Sie so wollen, die Verschiedenheit ist nicht so doll, die müssen wir überwinden. Das eigentlich Wahre ist das Eine. Die postmoderne Philosophie, also die Philosophie der letzten Jahrzehnte, haben vielleicht so ein paar postmoderne Philosophen wie Michel Foucault oder Jacques Derrida oder Jean-François Lyotard

75:01
mal gehört oder sogar gelesen. Die haben alle ganz viel Spaß an der Differenz. Die sagen immer, es lebe die Verschiedenheit. Und das ist eigentlich ziemlich doof, wenn Sie dann da stehen als Christ und Sie merken, die sind vielleicht auch ganz cool und denken sich schöne Sachen aus und immer Verschiedenheit ist super. Und nicht nur die, also Ludwig Wittgenstein schon, also große Philosophen der letzten 100, 200 Jahre, immer, also Wittgenstein zitiert hier Shakespeare, bei dem finden wir das ja auch schon, I will teach you differences. Ich will euch Verschiedenheiten beibringen. Darauf kommt es eigentlich an im Leben, Verschiedenheiten wahrzunehmen, wertzuschätzen, sich bereichern zu lassen. Nicht zu sagen, am Ende verschwindet das, alles ist eins. Dieses Urproblem, wie verhält sich Einheit zur Verschiedenheit? Da ist unsere Zeit eigentlich eine Zeit, in der sehr viele Denker, also auch welche, die mit Religion gar nichts zu tun haben, eigentlich Verschiedenheit sehr stark machen wollen.

76:03
Und da ist die Trinitätslehre ein richtig tolles Angebot. Wenn sie nämlich jetzt sagt, nicht Einheit gegen Verschiedenheit, nicht Verschiedenheit als etwas, was aus der Einheit ausfließt und weniger ist, sondern wenn sie sagt, Einheit durch Verschiedenheit. Der eine Gott ist nur der eine Gott in der Verschiedenheit der drei Personen, durch die Verschiedenheit der drei Personen. Das heißt nicht, dass diese drei Personen deswegen drei Freiheiten sind oder drei Selbstbewusstsein haben. Wir wissen gar nichts über diese drei Personen, müssen wir auch nicht wissen. Außer wie sie sich uns offenbaren, nämlich in Jesus von Nazareth, in dem Wort Gottes, in dem Geist Gottes, der mich von innen ergreift, in der Schöpferkraft Gottes, die alles übersteigt und umfasst. Aber was das jetzt für das Geheimnis Gottes in sich bedeutet, also wie jetzt da die drei miteinander leben am See, keine Ahnung.

77:05
Das braucht uns als Menschen überhaupt nicht zu interessieren. Darüber brauche ich nur diesen einen abstrakten Gedanken zu hegen. Und allein der ist eigentlich die kirchliche Lehre von der Trinität. Dass hier wirkliche Einheit da ist, das sind nicht drei Götter, das ist nur ein Gott. Und diese wirkliche Einheit, die ist durch Differenz, durch Verschiedenheit. Also Vater und Sohn, man kann sich vielleicht daran nochmal gut klarmachen, Vater und Sohn sind gerade dann eins, einer. Wenn ihre Verschiedenheit, also das Vatersein und das Sohnsein, was ja restlos verschieden ist, wenn diese Verschiedenheit wirklich restlos und total darin aufgeht, miteinander sich zu verbinden, restlos Beziehung wird.

78:01
Wenn ich das in Gott zu denken versuche, und ist die Beziehung zum Heiligen Geist eigentlich dasselbe nochmal, ist genau die gleiche Beziehung, wieder hauchen und gehaucht, also auch wieder aktivisch-passivisch. Wenn ich das denke, dann gelingt es Gott, als eine Dynamik der Liebe zu denken, als eine Energie der Liebe zu denken, als eben gewissermaßen ein Kraftfeld der Liebe, das sich mir zuwendet, personal im Logos und in der Kraft der Liebe, der Dynamik der Liebe im Geist. Und der doch nochmal das allumgreifende Geheimnis bleibt. Das scheint mir eigentlich ein ziemlich guter Zugang zur Trinität zu sein, der jetzt auch nochmal innertrinitarisch die Vollzüge gut erläutert. Und erholt eigentlich genau das ein, was ich Ihnen im zweiten Zugang vorgestellt habe, verzichtet aber auf den problematischen Gedanken der drei Freiheiten in Gott.

79:03
Man könnte diesen dritten Weg jetzt noch weiter ausführen und verdeutlichen und müsste dafür wahrscheinlich noch die Philosophie Hegels bemühen, die man dafür ganz gut in Anschlag bringen kann. Aber dann haben Sie alle keine Lust, mir weiter zuzuhören. Und so will ich jetzt nur noch einen kleinen Ausblick machen, einen kleinen vierten Schritt, wie man mit einem so gewendeten trinitarischen Glauben in das interreligiöse Gespräch gehen kann. Warum ein so gewendeter trinitarischer Glaube etwas ist, wo wir uns im Gespräch mit Menschen anderer Religionen keineswegs verstecken müssen. Im Gegenteil, dass wir da eine deute Kategorie an der Hand haben, die auch für Menschen anderer Religionen hochinteressant sein kann. Ich habe das ja schon angedeutet. Etwa im Gespräch mit dem Islam haben Sie ja genau den Gedanken im Islam, auch dass Gott mir näher ist als meine Halsschlagader, heiliger Geist.

80:00
Dass Gott mir begegnet in seinem Wort im Koran, der Logos. Und dass Gott doch immer der Größere ist, Allahu Akbar, wie Muslime sagen, ist immer der Größere. Das ist genau das, wie Christen Vater nehmen. Also wir können da etwas anbieten, was es hilft, solche Erfahrungen zusammenzubinden und zu deuten. Und können natürlich zugleich die Rückfrage stellen, wenn du dich weigerst, diese Zusammendenken zu vollziehen. Woher weißt du denn etwa, dass im Koran tatsächlich Gott dich anspricht? Ich meine aber, dass man gar nicht an dieser Stelle so triumphierend auftreten muss und zeigen muss, dir fehlt da was, sondern dass es eher darum geht, das eigene dem anderen zu zeigen als etwas Verständliches, als ein Angebot, mit dem man dann ins Gespräch kommen kann.

81:01
Ganz interessant, wenn Sie auf die östlichen Religionen schauen, ist es, dass wir in bestimmten Lehren des Hinduismus eigentlich Gedanken finden, die man sehr, sehr schön auch mit der Trinität zusammenbringen kann. Im Hinduismus, in einem der wichtigsten philosophischen Systeme des Hinduismus, gibt es diesen Gedanken des Atvaitha Vedanta. Dem Gedanken dieses Systems gibt es den Gedanken, dass die letzte Wirklichkeit, dass die einerseits Brahmen ist als Nirguna Brahmen, als das Transcendente, das Ganzjenseitige, das unbegreifbare Geheimnis, der Vater, dass dieses selbe Brahmen aber auch Shunyata Brahmen ist, Isvara, Gott, ganz viele Götter, Hindus haben ja ziemlich viele Götter, die sich alle mir zuwenden und zeigen, Logos. Und dass ich damit nur in Verbindung kommen kann, weil ich im Kern atmen bin,

82:06
atmen, das im Kern mit Brahmen eins ist, heiliger Geist. Also man könnte es ganz, ich will Sie da aber jetzt nicht weiter mit aufhalten. Ich wollte nur andeuten, mit diesen Gedanken, trinitarischen Gedanken, finden Sie ganz viele Anknüpfungspunkte, Gesprächsmöglichkeiten mit anderen Religionen. Gesprächsmöglichkeiten, die mir helfen, wertschätzend auf Menschen anderer Religionen zuzugehen, aber die mir auch helfen, kritische Fragen zu stellen, weil vielleicht an manchen Stellen die Trinitätslehre Dinge überzeugender zu sagen vermag, als das andere Theorien tun.

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Trinität – Die Sache mit dem dreieinigen Gott | 5.9.1

Worthaus Pop-Up – Köln: 17. Oktober 2015 von Prof. Dr. Klaus von Stosch

Sie ist eines der größten Rätsel des Christentums und gleichzeitig das, was den christlichen Glauben im Inneren ausmacht: die Dreieinigkeit. Doch oft verstehen Christen selbst nicht so genau, was es mit dem dreifaltigen Gott auf sich hat. Noch schwerer tun sich im christlichen Glauben nicht Verwurzelte mit der Trinität. Woran glauben die Jesus-Anhänger denn nun? An einen Gott? An drei Götter? An einen Gott mit drei Persönlichkeiten? Der Theologe Prof. Dr. Klaus von Stosch, Professor für systematische Theologie, wagt sich an den Kern des Christentums. Er zerlegt die Trinität in ihre Bestandteile: Den Sohn, der das Wort nicht nur verkündet, sondern selbst Wort Gottes ist. Den Geist, der in der Seele des Menschen wirkt. Und den Vater, der alles umfasst. Klingt nach drei Personen? Das sind sie nicht. Drei und doch eins – wie das sein kann, dazu liefert von Stosch passenderweise drei Theorien. Einfach und anschaulich erklärt, damit jeder versteht, woran Christen eigentlich glauben.