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Passion I: Die Tempelaktion Jesu (Markus 11, 15–19) | 2.2.2

Worthaus 2 – Weimar: 7. Juni 2012 von Prof. Dr. Siegfried Zimmer

Es sind nur wenige Verse in den Evangelien. Sie werden schnell überlesen. Und auch gern ignoriert, denn sie zeigen einen Jesus, der auf den ersten Blick so gar nicht zu dem liebevollen, sich aufopfernden Sohn Gottes passt, von dem gerne gepredigt wird. Die Geschichte der Tempelaktion – oder auch Tempelräumung – zeigt einen Jesus, der die Tische der Geldwechsler umschmeißt, der Händler vertreibt. Wenn man sich das so ausmalt, klingt die Tempelaktion wie der Beginn der Revolution, auf die so viele Juden damals gewartet haben. Doch Jesu Händlervertreibung im Tempel ist viel weniger – und viel mehr als das. Er beginnt keine Revolution. Er bringt lediglich die Botschaft nach Jerusalem, die er schon in ganz Galiläa gepredigt hat. Nach Jerusalem: Ins politische Zentrum der Juden, wo die Römer die Herrschaft über die Region ausüben. In den Tempel: Das Herz des jüdischen Glaubens, wo Sünden vergeben werden, wo Gott selbst wohnt. Es ist keine Revolution. Es ist der Anbruch einer neuen Zeit.

28. Juli 2022

Gotthold Ephraim Lessing – Bibelkritik in der Aufklärung | 11.13.1

Stell dir vor, du lebst in einem Land, in dem du nicht frei sagen kannst, was du denkst. Im schlimmsten Fall kommst du für unerwünschte Aussagen ins Gefängnis, oder du verlierst nur deine Arbeitserlaubnis, wirst gemieden und ausgelacht. Nicht schön. Gotthold Ephraim Lessing lebte im falschen Land zur falschen Zeit, um geradeheraus zu schreiben, was er dachte. Also schrieb er verschlüsselt, schrieb Nathan der Weise und Emilia Galotti. Er war clever, versteckte, was er wirklich dachte, in Theaterstücken. „So raffiniert, dass er manchmal wahrscheinlich selber nicht wusste, was er dachte“, sagt Thorsten Dietz. In seinem Schlüsselvortrag über die Bibelkritik in der Aufklärung, erklärt er zentrale Weichenstellungen im 18. Jahrhundert, die uns bis heute betreffen. Anschaulich, aber anspruchsvoll beschreibt er das Leben Lessings, seine Lehren und den großen Streit unter Gelehrten, in dem Lessing die Hauptrolle spielte. Denn er war nicht nur Theaterautor. Er war auch Bibliothekar. Und eines Tages, irgendwann um das Jahr 1777 herum, fand Lessing Texte von Hermann Samuel Reimarus. Echtes Dynamit, das merkte Lessing schnell. Texte, die den gesamten christlichen Glauben infrage stellten. Echtes Plutonium in einer Zeit, in der ohnehin noch Glaubenskriege tobten. Lessing veröffentlichte die Texte. Und entfesselte damit einen Streit, der unser Verständnis von Glaube und Geschichte bis heute prägt.