Video
Audio Als MP3 herunterladen
Text Als PDF herunterladen

00:00
Das Thema meines Vortrags lautet Luthers Verständnis der Sakramente. Die Grunddifferenz zwischen katholisch und evangelisch, zumindest in der damaligen Zeit, kann man in dem Solo Verbo ausgedrückt finden. Luther lehrt ja zu dem Solus Deus, allein Gott, oder Sola Grazia, allein die Gnade. Diese Formulierungen gab es schon immer. Auch das Sola Scriptura gibt es vor Luther, auch im Mittelalter haben das manche vertreten, aber anders verstanden wie Martin Luther. Dann gibt es aber auch Soli, die ganz neu sind. Die wichtigste Formulierung, die ist völlig neu, ist Solo Verbo, allein das Wort. Dieses Solo Verbo zieht dann ein Solafide nach sich.

01:11
Das Solafide, allein der Glaube, ist eine Folge, eine Konsequenz von der Erkenntnis, der reformatorischen Erkenntnis, Solo Verbo. Luther lehrt auch erstmals Solus Christus. Und er lehrt ein Sola Scriptura. Das ist auch nur die Folge von Solo Verbo. Das Solo Verbo zieht also ein Sola Fide nach sich, das es bisher so klar nicht gab. Und es zieht auch ein Sola Scriptura, allein die Heilige Schrift, nach sich. Und Luther versteht diese Sola Scriptura auf neue Weise. Also wenn Menschen das Sola Scriptura sehr betonen, ist noch nicht gesagt, dass sie diese Formel so verstehen, wie Luther sie verstanden hat.

02:04
Also dieses Solo Verbo, allein das Wort, hat enorme Folgen. Und deswegen kann man sagen, die Grunddifferenz zwischen evangelisch und katholisch konzentriert sich in dieser Erkenntnis Solo Verbo. Ich möchte aber zur Klarheit vorneweg sagen, alles was ich über die damalige Kirche, die damalige katholische Kirche sage, bezieht sich jetzt immer auf das späte Mittelalter. Ich kann es nicht in einem Vortrag leisten, differenziert zu beantworten, wie stellt sich das heute dar. Da hat sich vieles gewandelt. Also das lasse ich jetzt einfach mal auf sich beruhigen. Die damalige Kirche, katholische Kirche, sie war ja noch keine Konfessionskirche, sondern die Kirche war eben im Abendland, im westlichen Abendland, die katholische Kirche,

03:05
die allgemeine Kirche. Sie lehrte ein Solo Sacramento, allein die Sakramente. Es war damals allgemeine Überzeugung, dass die Gnade allein durch die Sakramente vermittelt werden. Würde man in einer rein theoretisch mal vorgestellt, würde man der katholischen Kirche die Sakramente nehmen, dann wäre sie zerstört. Würde man der evangelischen Kirche die Sakramente nehmen, da wäre der Schaden auch sehr gross, aber nicht so gross. Also gibt es einen Unterschied. Luther lebte in einer Kirche, die das Solo Sacramento lehrt. In den Sakramenten wird das Heil vermittelt. Die Sakramente hatten einen Vorrang vor dem Wort,

04:02
dem bloßen Wort, nämlich gerade in der Handlung, im Vollzug der Sakramente, da geschieht das Heil. Dieser unmittelbare Vollzug, diese Handlung galt als dem bloßen Wort eigentlich überlegen. Das Wort spielte schon im Mittelalter auch eine gewisse Rolle. Es gab ja auch Predigtorten. Also die Predigt wurde im Mittelalter stark wiederentdeckt. Aber das Wort hatte doch nicht den Rang einer Sakramentshandlung. Man kann sagen, das Wort hatte vorbereitende Bedeutung für das Sakrament, begleitende Bedeutung, zum Beispiel das Weihewort oder das Wandlungswort. Also schon eine wichtige Sache, aber das Wort diente dem Sakrament und das Wort hatte auch eine nachbereitende Wirkung.

05:02
Also eine vorbereitende, eine begleitende und eine nachbereitende. Aber die Sakramentshandlung selber, das war die Pointe. Und das ändert sich jetzt durch Luther. Nach Luthers Erkenntnis, ich habe darüber ja schon einen Vortrag im Worthaus gehalten, ich gehe deswegen nur sehr knapp darauf ein, über Luthers Wortverständnis gibt es einen Vortrag von mir. Und deswegen also an dieser Stelle nur sehr knapp. Luther entdeckte das äussere mündliche Wort als das alleinige Heilsmittel. Alleinige. Deswegen solo verbo. Mit dieser Formel, solo verbo, allein das Wort, ist nicht die Bibel gemeint. Die ist gemeint mit sola scriptura. Das ist aber die Folge, nicht die Voraussetzung, die Folge. Mit solo verbo meint Luther das Wort des Evangeliums, das Wort der Zusage.

06:07
Die Zusage hat schöpferische Kraft, sie ist nicht nur eine Einladung oder ein Appell, nein, sie ist eine autoritative, hoheitliche Zusage. Und sie hat schöpferische Kraft, nicht immer automatisch. Das solo verbo ist keine Wortmagie. Man kann ja auch im Theater irgendwelche Zusagen zitieren, deswegen haben die noch nicht um die weiteste Wirkung. Also das schöpferische Wort der Zusage, ich bin Yahweh, ich bin für dich da, ich bin Yahweh euer Gott. So gehen ja der, der ich euch aus Ägypten befreit habe. Also mit einer Zusage fangen die zehn Gebote an. Ohne diese Eingangsformel hängen die Gebote in der Luft. Die Zusage ist grundlegend. Diese Zusage hat dann schöpferische Kraft,

07:03
wenn der Heilige Geist diesem Wort die schöpferische Kraft verleiht. Man kann stunden oder tagelang in der Bibel lesen oder wochenlang und auf einmal liest man am Dienstagmorgen um 11.45 Uhr und auf einmal trifft es mich tief existenziell. Ich fühle mich jetzt vom Auferstandenen oder von Gott durch die Bibel angesprochen. Dann verflüssigt sich das schriftliche Wort, denn wenn es zum Treffen kommt, sagt Luther, wenn es zu einer echten Begegnung kommt, dann läuft es mündlich ab. Luther redet durch die Bibel. Also das Solo Verbo meint das mündliche Wort des Evangeliums. Mit Evangelium meint Luther auch nicht die vier Evangelien etwa, sondern wie Paulus, es ist die Botschaft von Jesus Christus, und zwar mündlich.

08:04
Keine urchristliche Gemeinde wurde durch das Lesen von Schriften gegründet, sondern durch das mündliche apostolische Wort. Paulus hat dann erst einige Jahre später diesen Gemeinden auch Briefe geschrieben. Aber das ist auch wichtig, Gott sei Dank, können wir nur sagen. Aber gegründet durch das mündliche Wort. Die Propheten haben mündlich gesprochen, Jesus hat mündlich gesprochen, er hat seine Gleichnisse nicht schriftlich herausgebracht, obwohl schon das Schulwesen im damaligen Judentum für Männer weit fortgeschritten war. Die meisten Männer konnten lesen und schreiben, aber Jesus hat nichts schriftlich hinterlassen. Er hat auch seinen Jüngern keinen Verschriftlichungsauftrag gegeben, weder in Abschiedsreden oder Missionsauftrag, nirgendwo sagt Jesus seinen Jüngern, dass sie mir dann auch meine Worte möglichst schnell aufschreiben. Die wurden ja auch relativ spät aufgeschrieben.

09:03
Also Luther erkennt, dass es tiefe Gründe hat, warum die Propheten, warum Jesus und warum die Apostel auf das mündliche Wort entscheidend gesetzt haben. Das mündliche Wort geschied. Es geschieht. Das schriftliche Wort, wenn es geschieht, nimmt mündlichen Charakter an. Also Luther lehrt den Vorrang des mündlichen Wortes. Das Evangelium ist ein mündliches Geschrei mit der Stimme. Meine Schafe hören meine Stimme. O Land, Land, Land, höre des Herrn Wort. Israel, höre. Also es gibt ganz eindeutig bei Martin Luther den Vorrang des mündlichen Wortes vor dem schriftlichen.

10:03
Ich nehme an, dass viele Christen, die heute sehr stark auf das Sola Scriptura Wert legen, den Vorrang des mündlichen Wortes vor dem schriftlichen nicht kennen. Also zum reformatorischen Verständnis des Sola Scriptura gehört der Vorrang des mündlichen Wortes. Für Luther ist das Zustandekommen der Heiligen Schrift, so kann er manchmal formulieren, ein Notbehelf. Das musste halt sein. Also es war notwendig. Warum? Weil wir das mündliche Wort verlieren würden auf Dauer. Man könnte es nicht über Jahrhunderte unverfälscht erhalten. Deswegen Gott sei Dank haben wir die Heilige Schrift. Und Luther liebt natürlich die Heilige Schrift. Aber trotzdem das Solo Verbo steht über dem Sola Scriptura. Und dieses Solo Verbo, also das mündliche Wort der Zusage, ist für Luther entscheidend.

11:05
Dieses Wort des Evangeliums, das Solo Promissio, die Promissio lateinisch die Zusage, ist für Luther das alleinige Heilsmittel. Also das Heil, wenn ich das mal so abstrakt sagen kann, kommt zu uns auf dem Weg über die schöpferische Kraft der mündlichen Zusage, die der Heilige Geist in unser Herz drückt. Jetzt, welche Rolle spielen dann die Sakramente? Die Sakramente spielen bei Luther eine enorme Rolle. Er kürzt die Zahl der Sakramente auf Taufe und Abendmahl. Die Buse als Sakramentverstanden, Beichte und Absolutionswort. Das meint man im späten Mittelalter mit Buse. Also ein sakramental geordneter Vorgang, Sacramento Buse.

12:01
Da sagt Luther, ja, das hat auch sakramentalen Charakter. Aber im Laufe der Zeit wird Luther immer klarer, die Buse ist eigentlich nur die erneuerte Taufe. Oder die Rückkehr in die Taufe, die ein ganzes Leben lang gilt und wirkt. Also letztlich hat Luther nur zwei Sakramente, die Taufe und das Abendmahl. Auch in der katholischen Kirche wird schon gesehen, dass Taufe und Abendmahl besonders wichtig sind. Also auch innerhalb der sieben Sakramente, die von katholischer Seite gelehrt werden, besteht trotzdem Konsens darin, dass Taufe und Abendmahl besonders wichtig sind. Da ist Einigkeit. Luther aber wehrte Taufe und Abendmahl eher noch auf. Also er gibt der Taufe und dem Abendmahl eine höhere Bedeutung, als es damals so gängig war. Und das ist verblüffend. Nämlich warum?

13:01
Weil Luther die Taufe und das Abendmahl auch als mündliche Zusage versteht. Der Kern in den Sakramente ist die Zusage, das Wort. Das Wort ist bei Luther also nicht nur vorbereitend, begleitend und nachbereitend, sondern es ist die Kraft der Sakramente. Und deswegen kann man sagen, bei Luther gibt es ein Solo verbo und die Sakramente Taufe und Abendmahl integriert Luther in das Solo verbo. Also die hohe Wertschätzung von Taufe und Abendmahl liegt für Luther darin, dass sie das Solo verbo nicht mindern, sondern zuspitzen, zur Geltung bringen auf eine besonders prägnante Weise. Daher rührt das Interesse von Luther an den Sakramente. Es gibt eine lange Diskussion, wann hat Luther eigentlich seine reformatorische Entdeckung gemacht und was beinhaltet sie?

14:03
Da gibt es eine Frühdatierung, die lange Zeit vorherrschend war, aber in den letzten 30, 40, 50 Jahren hat sich eher die Spätdatierung in den Vordergrund geschoben. Aber es ist nach wie vor umstritten. Ich nehme aber stark an, die große Mehrzahl der heutigen Lutherforscher vertritt die Spätdatierung. In der Spätdatierung ist nicht Römer 1,17 die reformatorische Entdeckung, der Geschenkcharakter der Gerechtigkeit Gottes, dass die Gerechtigkeit Gottes in eine Glaubensgerechtigkeit ist, die uns geschenkt wird. Das ist die erste wichtige Entdeckung, aber es ist nach der Spätdatierung nicht die reformatorische Entdeckung, sondern die reformatorische Entdeckung macht Luther, wenn die Spätdatierung stimmt, was ich annehme, am Absolutionswort ego te absolvo in nomine patris filii et spiritu sancti, also an einem Sakramentswort.

15:01
Und das versteht Luther nämlich als schöpferisch wirksame Zusage und nicht als eine Feststellung, sondern als eine Zusage. Dann ist ja auch klar, dass Luther die Sakramente sehr schätzt, denn er macht seine reformatorische Entdeckung am Bußsakrament. Gut, also wir berühren mit dem Thema, das Sakramentsverständnis Luther, eine tiefe Grundunterscheidung zwischen der evangelischen und der katholischen Sicht des christlichen Glaubens. Heute hat sich auch das Gott sei Dank stark angenähert. Aber die reformatorische Entdeckung, also das letztlich reformatorische an der reformatorischen Theologie, an der lutherischen Theologie, ist dieses Solo verbo. Jetzt ein paar einleitende Bemerkungen.

16:02
Luther hält an dem Wort Sakrament fest, obwohl er seine Probleme damit hat. Das Wort gibt es ja nicht in der Bibel, sondern es entsteht erst später. Und Luther hält dieses Wort auch für problematisch. Letztlich sagt er an einigen Stellen ist Christus das einzige wahre Sakrament. So müsste man es eigentlich sagen. Aber der Sakramentsbegriff ist so tief eingebürgert, dass Luther ihn beibehalten hat. Er wollte jetzt auch nicht um Begriffe da streiten und dass nicht das in den Vordergrund tritt. Es gibt bei Luther aber keine allgemeine Sakramentslehre, wie es damals in vielen wichtigen Werken gab. De sacramenti in genere über die Sakramente im Allgemeinen. So eine Abhandlung gibt es bei Luther nicht. Er meint mit Sakrament immer Taufe und Abendmahl und beide sind eigenständig.

17:02
Wenn Luther nur sagt Sakrament, meint er meistens das Abendmahl. Oder er spricht auch schon auch im Plural die Sakramente. Aber er wendet sich dann sofort der Taufe und dem Abendmahl direkt zu. Also eine allgemeine Sakramentslehre in dem klassischen Sinn gibt es bei Luther nicht. Bei Luther ist die Sakramentslehre eine angewandte Rechtfertigungslehre. Der Artikel von der Rechtfertigung ist ja bei Luther das Zentrum, der Schlüssel, der Herr und Richter aller Lehre. Also auch seine Sakramentslehre ist zu grossen Teilen eine Folge der Rechtfertigungslehre, in der ja das schöpferische Wort der Zusage auch eine entscheidende Rolle spielt. Aber Luther macht an vielen Stellen deutlich, die Sakramente sind nicht einfach nur die Anwendung der Rechtfertigungslehre.

18:01
Soweit kann man nicht gehen. Sie haben einen eigenständigen Rang, denn Jesus hat sie eingesetzt. In den Einsetzungsworten kommen noch drauf. Und die Einsetzungsworte sind nicht einfach eine Anwendung der Rechtfertigungslehre. Also man kann nicht sagen, die gesamte Sakramentslehre von Luther ist einfach die Folge der Rechtfertigungslehre. So einfach ist es nicht. Aber sie passt in allen wichtigen Punkten, stimmt sie mit seiner Rechtfertigungslehre überein. Aber man kann die Sakramentslehre nicht einfach ableiten aus der Rechtfertigungslehre. Das würde dem eigenständigen Rang der Einsetzung der Taufe und der Einsetzung zum Abendmahl nicht gerecht. Jetzt will ich einen kleinen Punkt an dieser Stelle einfügen. Die Vergleichbarkeit von Taufe und Abendmahl bei Luther.

19:02
Luther sieht schon, dass sowohl die Taufe als auch das Abendmahl einen sehr eigenständigen Charakter haben. Denn das Element nennt er es. Wasser nennt Luther das Element, also sozusagen äußere, sichtbare, stoffliche Seite bei Taufe und Abendmahl. Bei der Taufe ist es das Wasser und beim Abendmahl ist es Brot und Wein. Bei der Taufe ist das Spezifische, dass der Teufling untergetaucht wird, Baptizein. Weiß Luther heißt Untertauchen. Und das hat auch einen tiefen Sinn, denn die Taufe drückt aus, dass der alte Mensch stirbt und der neue Mensch auf der Basis der Sündenvergebung auftaucht. Also die Taufhandlung hat einen tiefen Sinn. Beim Abendmahl, Brot und Wein, sieht Luther das Spezifische darin, dass wir das Heil über den Mund in unseren Körper integrieren.

20:02
Also das ist ganz spezifisch beim Abendmahl. Das Taufwasser trinken wir ja nicht. Aber beim Abendmahl geht es um Essen und Trinken. Also das sind ganz schöne Unterschiede, die aus der Sakramentshandlung und dem Element, der materiellen Seite entspringen. Und dann ist natürlich auch ein ganz wesentlicher Unterschied, die Taufe ist einmalig. Während gerade das Typische am Abendmahl ist, es ist eine Wegzehrung. Das Abendmahl begleitet uns durch das ganze Leben. Wir nehmen es immer wieder. Deswegen ist natürlich für Luther die Taufe grundlegend. Das Abendmahl ist kostbar und wichtig, aber es hat nicht die grundlegende Bedeutung wie die Taufe. Wobei Luther dann auch manchmal sagen kann, selbst wenn beide Sakramente nicht da sind, geht das Heil nicht ohne weiteres verloren. Denn wirklich heilsnotwendig ist die mündliche Verkündigung, die Predigt des Evangeliums.

21:05
Das ist noch wichtiger. Jetzt ist es aber so, dass Taufe und Abendmahl bei Luther in allen wichtigen Punkten übereinstimmen. Die Botschaft der Nutzen ist bei das Wesen, ist bei Taufe und Abendmahl gleich. Luther in seinen Abendmahlschriften verweist auch oft auf die Taufe als Beispiel und in seinen Taufschriften kommt auch oft das Abendmahl vor. Also es geht in beiden um das ganze Heil, den ganzen Christus, sagt Luther. Und alle entscheidenden Dinge gelten für Taufe und Abendmahl. Sie sind strukturgleich bei aller Eigenständigkeit. So und jetzt zu den entscheidenden Überzeugungen von Martin Luther, was sein Sakramentsverständnis betrifft. Erstens sind für Luther die Sakramente ein Werk Gottes.

22:05
Sie sind nicht Menschenwerk. Der Mensch kann keine Sakramente machen. Nur Gott macht ein Sakrament zum Sakrament. Die Kirche hat keine Verfügungsmacht über Sakramente. Sie ist selber kein Sakrament und sie kann auch keine Sakramente machen. Das Wesen der Sakramente besteht darin, dass es Gottes Werk ist. Die Sakramente sind der Kirche vorgegeben. Außerdem kennt Luther, außer dem Wesen der Sakramente, den Nutzen der Sakramente, dann die Bedeutung der Sakramente und dann den Empfang der Sakramente. Und dem will ich jetzt mal ein bisschen entlang gehen. Also das Wesen der Sakramente ist, sie sind Gottes Werk. Und weil sie Gottes Werk sind, können sie Gewissheit vermitteln, weil sie vorgegeben sind.

23:06
Man kann die Sakramente missbrauchen, man kann falsch mit ihnen umgehen. Da bleibt Luther trotzdem ganz sicher, das Werk Gottes bleibt bestehen. Das Werk Gottes ist unabhängig von der Art und Weise, wie Menschen damit umgehen. Auf Kolkata hat Christus das Heil erworben. Wie die Menschen damit umgehen, ist natürlich schon eine wichtige Frage. Aber Jesus Christus hat auf Kolkata das Heil erworben. Das ist nicht abhängig von der Antwort des Menschen. Und so lehrt Luther auch sehr leidenschaftlich, die Sakramente sind Gottes Werk. Sie haben eine gewisse objektive Bedeutung. Sie sind nicht abhängig von der Art und Weise, wie der Mensch damit umgeht. Worin liegt genauer diese Vorgegebenheit der Sakramente?

24:05
Sie liegt in den Einsetzungsworten. Die sind für Luther entscheidend wichtig. Er interpretiert die Einsetzungsworte mit äusserster Sorgfalt, millimetergenau, immer wieder. Denn die Einsetzungsworte, er nennt sie auch Stiftungsworte. Die Sakramente sind Stiftungen Christi. Das drückt sich in den Einsetzungsworten aus. Vom Abendmahl gibt es insgesamt vier Texte. Markus, Matthäus, Lukas und 1. Korinther sind alle leicht unterschiedlich. Aber in den wesentlichen Punkten stimmen sie überein. Das sind die Einsetzungsworte des Abendmahls. Die Einsetzungsworte bei der Taufe sind bei Luther drei verschiedene Texte. Die Taufe Jesu selber ist die Einsetzung der Taufe. Die betont Luther sehr stark. Dann der Missionsauftrag am Ende des Matthäusevangeliums.

25:04
Und dann die Taufeheisung in Markus 16,16. Wer glaubt und getauft wird, der wird gerettet werden. Das ist Markus 16,16. Der Missionsauftrag ist den meisten von ihnen bekannt. Geht hin in alle Welt, macht zu Jüngern alle Völker. Und taufelt sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Neu ist, dass Luther die Taufe Jesu am Jordan durch Johannes den Täufer viel stärker betont für das Sakramentsverständnis, als es bis dahin üblich war. Luther lehrt über Jesus alles, was Jesus öffentlich getan und gesagt hat, ist eine Frucht der Taufe. Er spricht seine Gleichnisse als Getaufter. Er spricht die Bergpredigt als Getaufter. Seine Heilungstätigkeit vollzieht er als Getaufter. Also alles, was Jesus öffentlich gemacht hat, erfolgt er nach seiner Taufe.

26:05
Die Taufe ist der Beginn seiner öffentlichen Wirksamkeit. Und das betont Luther enorm stark. Es ist alles eine Frucht der Taufe. Also deswegen ist die Taufe Jesu für Luther so wichtig. Also erstens, die Sakramente sind ein Werk Gottes, vor allem ausgedrückt in den Einsetzungsworten. Die Einsetzungsworte haben eine Intention, eine gewisse Botschaft. Und diese Stiftungsintention ist für die Kirche verbindlich. Deswegen ist ja auch Taufe und Abendmahl, unterliegt nicht irgendwelchen Zeremonialgesetzen, sind keine Ritualisierungen. Es ist sozusagen göttliches Stiftungsrecht. Nehmen wir mal die Konfirmation. Die Konfirmation könnte man als Kirche, wenn die Kirchenleitung das beschließt,

27:01
relativ einfach abschaffen. Das wäre kein Problem, aber die Taufe und Abendmahl kann man nicht abschaffen. Es ist auch lutherisch gesehen durchaus nicht ganz glücklich, wenn man, weil man nicht getauft wird, kurz vor der Konfirmation oder in der Konfirmation getauft wird. Das erlebt man ja dann als eine kleine Zutat zur Konfirmation. Da muss man schnell getauft werden, damit man dich konfirmieren kann. Das ist merkwürdig, von Luther her gesehen. Denn die Taufe ist ja wesentlich wichtiger. Die Taufe ist nicht nur ein christlicher Gebrauch oder das Abendmahl, also nicht nur Zeremonie und Ritus, sondern es sind göttliche Stiftungen. Dann, zweitens, lehrt Luther den Nutzen der Sakramente. Der Nutzen der Sakramente, Taufe und Abendmahl, ist genau der gleiche. Nämlich, wir, die Sakramente, teilen das Heil aus.

28:06
Christus erwirkt uns das Heil im Christusgeschehen. Nicht nur jetzt ganz allein Golgatha, sondern die ganze Christusgeschichte. Sein öffentliches Wirken, sein Tod und seine Auferweckung sind ja als eine Einheit zu verstehen. Also Christus erwirbt uns das Heil und nicht die Sakramente. Die Sakramente erwerben uns nicht das Heil, sondern sie bringen uns ins Heil. Das Heil wird ausgeteilt. Deswegen an der Stelle möchte ich auch einfügen, dass Luther sehr trinitarisch denkt. Die Trinitätsvorstellung ist bei Luther enorm wichtig. Gerade auch der Heilige Geist ist bei Luther enorm wichtig. Der dreieinige Gott ist mit den Sakramente verbunden.

29:01
Das differenziert Luther auffallend sorgfältig. Der Schöpfer, Gott der Schöpfer, ist vor allem darin beteiligt, dass die Sakramente eine Schöpfungsrealität haben. Wasser, Brot und Wein hängen ja mit der Schöpfung zusammen. Das ist die äussere materielle Seite. Dann Christus ist der, dem wir die Einsetzungsworte verdanken. Und der Heilige Geist ist der, der das Heil austeilt. Deswegen hängen die Sakramente sehr stark mit dem Heiligen Geist zusammen. Christus erwirbt uns das Heil, wenn aber der Heilige Geist nicht tätig würde, wäre das, was Christus uns erworben hat, nutzlos. Es würde in uns keinen Nutzen bringen. Da ist sozusagen für Luther der Heilige Geist zuständig. Christus erwirbt uns das Heil,

30:01
der Heilige Geist teilt das Heil uns aus. Und der Gott der Schöpfer ist durch die Schöpfungselemente auch vertreten. So kann man auch sagen, das Sakramentsverständnis ist trinitarisch gefärbt. Der Nutzen besteht in der Errettung, in der Erlösung, im Ganzen Heil, im Ganzen der ganze Christus. Man kann sagen, auch durch den Empfang der Sakramente geraten wir in Christus. Für Luther und für Paulus ist es ganz enorm entscheidend, wir leben in Christus. Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir. Luther lehrt auch, ein Christ lebt eigentlich in Christus, so ähnlich wie ein Embryo in der Mutter. Unheimlich starke Einflüsse. Wir leben in Christus. Und das ist der Nutzen der Sakramente. Die Sakramente können aber nichts bringen,

31:02
was nicht das Wort des Evangeliums auch schon hat. Über das Wort des Evangeliums hinaus empfangen wir durch die Sakramente nicht noch etwas Zusätzliches, aber wir empfangen es auf eine besonders prägnante Weise. Darauf werde ich gleich noch kommen. Der Nutzen ist das ganze Heil, der ganze Christus. Jetzt unterscheidet Luther auch zwischen dem Nutzen und der Bedeutung der Sakramente. Mit Bedeutung meint Luther die verändernde Wirkung, die ein Sakrament hat. Luther unterscheidet in seiner Rechtsfertigungslehre zwischen einem Totalaspekt der Rechtfertigung und einem Partialaspekt der Rechtfertigung. Das ist so gemeint. Grundlage im Rechtfertigungsgeschehen ist, dass Gott uns vergibt. Er rechnet uns die Sünden nicht mehr an,

32:03
sondern er rechnet uns die Gerechtigkeit Christi an. Das ist der fröhliche Wechsel bei Luther. Das kann man sagen, ist ein Rechtfertigungsurteil. Gott erklärt uns für gerecht, und zwar hundertprozentig ganz. Auch schon im Blick auf alle Sünden, die wir noch begehen können. Wir sind ganz gerechtfertigt, wir leben ganz in der Vergebung. Das wird immer unsere Basis bleiben bis zum Tod. Aber das Rechtfertigungsgeschehen ist nicht nur dieses Begnadigungsurteil, das total gilt, sondern mit dieser Begnadigung, mit dieser Vergebungszusage verändert sich auch real, was im Menschen, nämlich im Menschen entsteht, ein Wille gegen die Sünde anzukämpfen, im neuen Menschen. Die Rechtfertigung ist auch eine Neuschöpfung, eine Neugeburt.

33:01
Und mit der Neugeburt ändert sich auch empirisch etwas. Also Gott tut nicht nur so, als ob der Mensch jetzt gerecht wäre, sondern er wirkt auch eine Kraft in uns, traditionell gesagt die Heiligung. Also wir verändern uns jetzt auch. Nämlich bisher hat die Sünde einfach regiert, aber jetzt wird sie auch bekämpft. Wir kriegen sie zwar nie ganz heraus, aber wir fangen an auszufägen. Das ist ein Wort von Luther. Und das ist der Partialaspekt der Rechtfertigung. Den werden wir nie ganz total hinbekommen, denn wir bleiben gerechtfertigte Unsünder, immer bis zum Tod. Aber es ist schon jetzt etwas Neues, nämlich die Sünde ist nicht einfach mehr die uns regiert, sondern wir haben einen Kampfeswillen, der Kampf des Glaubens gegen die Sünde. Und das ist genau spiegelbildlich bei den Sakramente auch.

34:04
Die Hauptseite der Sakramente ist die Vergebungszusage. Deswegen konnte ja auch Elke Mayhäufer heute Morgen sagen, geht im Frieden, ihr seid gerechtfertigte, die Vergebung Gottes ist jetzt geschehen. Das ist dieser Totalaspekt. Aber die Bedeutung des Nutzens und die Bedeutung der Sakramente besteht darin, dass sie auch wirken auf uns, täglich, wöchentlich, dass sie so einen Veränderungsprozess einleiten. Das ist der Nutzen und die Bedeutung der Sakramente. Dann lehrt Luther den Empfang der Sakramente. Und da kommt jetzt ein Unterschied zur Predigt. Ich möchte mal vergleichen, wenn das alleinige Heilsmittel für Luther

35:03
das Wort des Evangeliums ist und die Sakramente ja Teil dieses Evangeliums sind, in besonderer Gestalt. Was ist dann die besondere Rolle der Sakramente? Man sagt oft Wort und Sakrament. Diese Addition ist ein bisschen unglücklich, denn man meint gerade, wir sind das Zweipaarstiefel, da kommt das Sakrament dazu. Nein, die Sakramente sind ja selber eine Gestalt des Wortes. Aber es gibt einen Unterschied zwischen der Predigt und den Sakramenten. Beide sind sozusagen das einzige Heilsmittel. Die Sakramente sind ja auch Wort. Aber in der Predigt geht die Predigt über ein grosses Publikum. Also jetzt über euch zum Beispiel oder wenn man sonst eine Predigt hält. Die Predigt-Hörerschaft ist ja meistens bunt zusammengesetzt oder oft.

36:02
Der Prediger selber kennt ja nicht alle, vor allem wenn man irgendwo also nicht in einer Heimatgemeinde predigt, sondern irgendwo. Und man weiss ja auch nicht, wie das Wort des Evangeliums auf die Menschen wirkt. In der Regel erfährt es ja auch der Prediger gar nicht. Ist ja auch vielleicht gut so. Wirkt ja auch unterschiedlich. Manche werden tief berührt und andere gar nicht. Also das Wort des Evangeliums, das Solo Verbo, ergeht in der Predigt über einen großen gemischten Haufen. Man weiss gar nicht, was im Einzelnen jetzt geschieht. Das weiss nur Gott. Und beim Sakramenteempfang ist es aber anders. Beim Sakramenteempfang ist ja von Anfang an die Handlung so konzipiert, dass es eine Empfangshandlung ist. Ich werde untergetaucht, ich bekomme Brot und Wein, also ich empfange.

37:01
Also was in der Predigt noch unklar ist, wer hat eigentlich dieses Wort jetzt innerlich angenommen? Bei wem hat der Heilige Geist dieses Solo Verbo zur Explosion gebracht, dass es wirkt? Das weiss man in der Predigt nicht. Aber diese Frage, die in der Predigt unklar bleiben muss, die wird eigentlich beim Sakramenteempfang als geklärt vorausgesetzt. Denn ich komme ja als Empfänger. Auch heute Morgen im Gottesdienst war es ja so, dass dann beim Abendmahl stehen dann die Einzelnen auf und kommen hier heraus. Also beim Sakramentempfang tritt man aus dem Publikum der Predigt, jeder Einzelne für sich muss sich überlegen, gehe ich jetzt nach vorne? Das ist eine andere Situation. Ich habe heute Morgen im Gottesdienst gepredigt,

38:01
da seid ihr alle als anonyme Menge vor mir gesessen. Aber beim Sakramentempfang tritt man aus der Hörerschaft, jeder für sich unvertretbar heraus. Deswegen lehrt Luther den Nutzen des Sakraments, Taufen, Taufen, Abendmahl, kann man nur im Glauben empfangen. Sola fide. Das Wesen des Sakraments baut sich nicht auf dem Glauben aus. Ich baue nicht auf meinen Glauben im Sakrament, sondern ich baue auf Gottes Wort. Der Glaube gehört nicht zum Wesen des Sakraments. Ob du das Sakrament jetzt gläubig oder nicht gläubig empfängst, das Werk Gottes bleibt bestehen. Wenn es ein Werk Gottes ist, ist damit klar, Taufe und Abendmahl haben ihren tiefen Sinn. Denn wenn Gott sie einsetzt,

39:02
dann brauchst du nicht lange nach einer Begründung fragen. Wir könnten auch Taufe und Abendmahl gar nicht systematisch begründen. Warum sind gerade die zwei Handlungen so wichtig? Das kann eigentlich kein Mensch ergründen. Aber klar ist, Gott hat sie so eingesetzt. Also haben sie ihren tiefen Sinn. Der Sinn dieser Handlungen hängt nicht vom Glauben ab. Aber wenn es jetzt an den Empfang geht, wenn jemand nicht im Glauben zum Sakrament kommt, dann wird er den Nutzen des Sakraments nicht empfangen können. Denn gerechtfertigt kann man nur Sola Fide. Also beim Empfang des Sakraments wird der Glaube sehr wichtig, obwohl er nicht zum Wesen gehört. Ich will noch einiges zu den Sakramentelementen sagen

40:01
und zur Sakramentshandlung. Luther nennt die Taufe Wasser in Gottes Wort und Gebot gefasst. Also die Taufe ist Wasser in Gottes Wort und Gebot gefasst. Und das Abendmahl nennt Luther Brot und Wein in Gottes Wort gefasst. Diese Formulierungen sind völlig neu. Es gibt sie so bisher nicht. Und da merkt man, dass schon bei Luther das Wort die Kraft der Sakramente ist. Nimm das Wort weg. Wenn du stumm jemand taufst oder stumm alles in der Stille im Abendmahl, niemand spricht ein Wort, dann würde Luther sagen, das ist keine Taufe und kein Abendmahl. Dann ist es normales Wasser und normaler Brot und Wein. Nur die Zusage, die damit verbunden ist, die geben dem Sakrament die Kraft. Luther sagt aber, dieses Element Wasser und Brot und Wein sind sehr wichtig.

41:07
Denn Gott hat nicht ohne tiefen Sinn in diesen beiden Handlungen das Wort der Zusage verbunden mit materiellen Gesichtspunkten und mit einer Handlung. Beim Wasser könnte man sagen, das ist sehr unscheinbar. Wasser trinken auch Pferde, sagt Luther, Kühe, Hunde und Schweine. Das ist doch nicht würdig für eine edle Handlung. Nein, da merkt man, dass Gott im Unscheinbaren, dass Gott sich herabneigt, in seiner Schöpfung anwesend ist. Beide Handlungen, auch Brot und Wein, sind sehr schlichte Handlungen. Einfache. Und auch Brot und Wein, gut, Wein ist schon ein bisschen etwas Edleres. Also, bei den Sakramenten wird das Wort mit etwas Materiellen,

42:05
etwas Äusserlichen verbunden. Und das ist für Luther sehr wichtig, weil er sagt, das Äußere ist überhaupt sehr wichtig. Ja, auch schon im Wort selber, das äussere Wort, das man mit der Zunge laut spricht, also nicht nur innere Erleuchtungsworte, das Wort der Zusage ist auch ein äusseres Wort, es kommt von aussen zu uns. Aber auch die materielle Seite der Schöpfung ist Luther sehr wichtig. Denn Luther sagt, ein Schwärmer ist derjenige, wer ist ein Schwärmer? Ein Schwärmer ist der, der das Äussere unterschätzt, der das Innere überschätzt und das Äussere unterschätzt. Und mit Äussere meint Luther insgesamt das Politische, das Wirtschaftliche, das Materielle, die äussere Schöpfung. Das Materielle ist nicht bähbäh, nicht schmutzig,

43:02
man kann nicht sagen, das ist doch geistlich nicht so wichtig. Nur das Innere ist geistlich wichtig. Nein, das Äussere ist geistlich auch sehr wichtig. Und das ehrt Gott in den Sakramenten. Deswegen ist sehr bewusst die äussere, materielle, sichtbare Wirklichkeit bei den Sakramenten dabei. Das entscheidet bei Luther über sein gesamtes Wirklichkeitsverständnis. Zur Wirklichkeit gehört sehr wichtig auch das Äussere. Nicht nur das Innere. Und die Handlung selber ist ja auch sehr wichtig, das Untertauchen, wieder auftauchen oder beim Abendmahl dieses Austeilen jedem Einzelnen das Gleiche. Also die Handlung zeigt ja auch die Intention. Dann lehrt Luther noch die Verantwortung der Kirche. Die Sakramente sind Werk Gottes, nicht Werk der Kirche.

44:03
Aber in den Einsetzungsworten wird manches vorgegeben. Und das ist jetzt die Verantwortung der Kirche, dass sie die Sakramente verantwortlich ordnet. Dass sie die Sakramente richtig verwaltet. Das Wort verwalten, finde ich, ist ein bisschen schwieriger. Es geht ja nicht umsonst um eine Verwaltung. Also ich fasse mal zusammen. Bei Luther ist das Solo-Verbo entscheidend. Das ist die schöpferische Kraft der Zusage. Das geht aber bei Luther Hand in Hand mit einer Hochschätzung der Sakramente. Denn bei Luther ist die Handlung an sich nicht dem Wort überlegen. Sondern die Sakramente können nichts austeilen, was wir nicht schon durch das Evangelium haben.

45:01
Aber in den Sakramente vollzieht sich die Zusage. Die Sakramente haben ein Geschehenscharakter. Sie vollziehen etwas. Die Predigt selber geschieht auch. Und wenn die Predigt wirkt, wenn der Heilige Geist die Predigt vollmächtig ausstattet, dann geschieht es auch. Das Wort geschieht auch. Aber bei den Sakramente geschieht es sichtbar am Einzelnen. Öffentlich sichtbar. Die Sakramente sind auch für Luther immer öffentlich. Sie können nicht privat im Winkel, in der Gasse. Sondern sie haben einen unverzichtbaren Gemeindebezug. Zu der Predigt kann jeder kommen, der will. Jeder Gottesdienst ist öffentlich. Jeder Mensch, der will, kann einen Gottesdienst besuchen. Die Öffentlichkeit ist unverzichtbar. Und auch die Sakramente sind öffentlich. Man kann dann sehen, die Erna Meier, ich denke jetzt an niemanden,

46:03
die wurde jetzt am 11. April 1842 getauft. Jetzt kann man sagen, ich bin getauft. Und man kann sagen, ich habe das Abendmahl genommen. Ich habe das Brot genommen und gegessen und den Wein. Also so ein Geschehenscharakter, so ein Vollzugscharakter, dass ich am nächsten Tag sagen kann, ich bin getauft und ich habe das Abendmahl genommen. Das gibt es bei der Predigt so nicht ohne weiteres. Und das ist die spezifische Bedeutung der Sakramente. Also die Sakramente mindern nicht das Solo verbo, sondern sie vollziehen es verbindlich. Vollzugscharakter. Deswegen lehrt Luther, in jeder Zusage der Bibel ist das Ganze vorhanden. Wir haben immer wieder mal Studenten gesagt an der PH,

47:01
Herr Zimmer, ich glaube alles, was in der Bibel steht. Also mit einem sehr energischen Ton, Herr Zimmer, ich glaube alles, was in der Bibel steht. Dann sage ich manchmal, die Bibel hat 1100 Seiten oder je nach Verlag 900 oder so. Was glaubst du eigentlich, wenn du 900 Seiten glaubst? Was glaubst du dann wirklich? Nein, das ist bei Luther viel klarer. Glaube der Zusage und du bist ein Christ. Backe Gott bei seinen Zusagen und dann wirst du melken die Wirken. Halte in die Zusagen Gott unter die Nase. Baue auf die Zusagen im Leben und im Sterben. Also das ist der Rang des Solo verbo. Aber nur in der Taufe und im Abendmahl kannst du sagen, heute Morgen um 11.30 Uhr habe ich das Abendmahl genommen und jetzt ist Christus in mir.

48:04
Also einen solchen verbindlichen Vollzugskarakter bekommen nur zwei der Zusagen in der Bibel, nämlich die Taufzusage und die Zusage im Abendmahl. Ich taufe dich zur Vergebung der Sünden und das ist mein Blut und das ist mein Leib und mein Blut für euch gegeben. Das ist das Besondere dieser beiden Promissionen. Und deswegen liebt Luther diese beiden Zusagen am meisten. Sie haben etwas Besonderes. Bei Luther gibt es übrigens auch noch das Taufwort. Also da wird der Name genannt, Katrin Stegmaier, erfundener Name jetzt. Ich taufe dich auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Das ist für Luther auch sehr wichtig, gehört auch mit zum Wortcharakter,

49:01
weil hier direkt mündlich gesprochen wird. Man merkt also auch hier durch das Taufwort, welch hohen Rang das mündliche Wort hat. Das mündliche Taufwort, Name und dann der dreieinige Gott wird genannt, auch wieder trinitarisch, zeigt nochmal den Vorrang des mündlichen Wortes. Nur das mündliche Wort geschieht.

Alles anzeigen
Ausblenden

Luthers Verständnis der Sakramente | 7.7.1

Worthaus Pop-Up – Tübingen: 2. Juli 2017 von Prof. Dr. Siegfried Zimmer

Im Mittelalter waren die Sakramente die Grundlage des kirchlichen Lebens. Man war der Meinung, die Sakramentshandlung bewirke mehr als bloße Worte. Die Sakramente vermitteln »das Heil«. An die Stelle dieses »solo sacramento« der mittelalterlichen Kirche setzte Luther ein »solo verbo« (allein das Wort). Darin besteht bis heute eine konfessionelle Grunddifferenz zwischen der evangelischen und der katholischen Theologie. Mit »solo verbo« meint Luther nicht etwa die Bibel sondern das mündliche Wort der Zusage beziheungsweise des Evangeliums. Auch die Sakramente sind für Luther eine Gestalt des Wortes. Das Wort gibt den Sakramenten ihre Kraft. Luther denkt dabei an die Zusage »Ich taufe Dich zur Vergebung der Sünden« und »Dies ist mein Leib, für euch gegeben und mein Blut, für euch geflossen.“
Ausgehend von dieser neuen Wesensbestimmung der Sakramente in der Theologie Martin Luthers erläutert Siegfried Zimmer weitere charakteristische Merkmale des reformatorischen Sakramentsverständnisses. Es geht dabei vor allem um das Wesen, den Nutzen, die Bedeutung und den Empfang der Sakramente. Dabei meint Luther mit dem Begriff Sakramente, den er durchaus als problematisch empfand, stets die Taufe und das Abendmahl. Der Vortrag über Luthers Sakramentsverständnis regt dazu an über die eigene Sicht der Sakramente nachzudenken: Wie wichtig sind Taufe und Abendmahl für mein christliches Leben?