Ich möchte jetzt mal einige Städte in Galiläa euch näher vorstellen. Zunächst will ich mal sagen, nach welchen Kriterien man die Bedeutung einer Ortschaft einstuft. Es gibt vier Kriterien. Einmal hat der Ort eine Wasserquelle. Das ist eigentlich meistens der Fall, weil ohne Wasser kann man ja nicht dort leben. Aber dann wäre die Frage, hat der Ort vielleicht mehrere Wasserquellen? Das steigert dann schon die Bedeutung des Ortes. Zweitens hat der Ort einen Markt. Nur die etwas Größeren, also die ganz Kleinen, hatten das nicht. Dann drittens hat der Ort eine befestigte Stadtmauer.
Das sind dann wirklich wichtige Orte, weil so eine Stadtmauer zu bauen ist viel Aufwand, viel Geld, komplizierte Infrastruktur. Und dann das vierte Kriterium, hat der Ort öffentliche Gebäude? Welche? Also das sind die vier Kriterien, in denen man in der Landeskunde das Gewicht der Orte analysiert. Wie viele Wasserquellen hat der Ort? Hat er einen Marktplatz? Hat er eine befestigte Stadtmauer? Hat er öffentliche Gebäude? Welche? Gut, ich möchte euch zunächst mal Nazareth näher vorstellen. In den Evangelien wird an mehreren Stellen gesagt, die Stadt Nazareth, heißt im Griechischen da wirklich Polis.
Aber diese Bemerkung hat nichts zu sagen. Ich habe selber so als junger Erwachsener mir Nazareth als eine Stadt so vorgestellt, wie man sich das halt vorstellt. Nein, dieser Ausdruck Polis entstammt der Septuaginta. Also die neustesamentlichen Autoren haben alle aus der Septuaginta zitiert, Paulus auch. Alle Autoren, nur Matthäus. Matthäus ist der einzige Autor, der zwar überwiegend aus der Septuaginta zitiert, manchmal aber direkt aus der hebräischen Bibel. Also da ist Matthäus bis in einen Sonderfall. Gut, und in der Septuaginta wird das Wort Polis, Stadt, für das hebräische Ir, gesetzt. Und dieses Wort Ir heißt einfach selbstständige Ortschaft, egal wie groß. Also die Septuaginta nennt praktisch jeden Ort Polis.
Und die Evangelien übernehmen diese Angewohnheit der Septuaginta. Deswegen hat der Begriff Polis überhaupt nichts zu sagen. Nazareth war ein ganz kleines, armes Bergdorf. Es lag ziemlich hoch, 350 bis 380 Meter über dem Meer. Es lag ganz im Süden von Untergalilea. Also es liegt in Untergalilea, aber auch da am unteren Rand. Es ist gar nicht weit weg von der Grenze zu Samaria, nur getrennt durch die Jesraelebene. Da müsste man durchgehen und dann steigt das samarische Gebirge an. Kann man gut sehen von Nazareth aus. Aber obwohl Nazareth relativ nahe an der Grenze nach Süden war, war Nazareth kein Grenzort. Jetzt will ich mal die Lage dieses Ortes beschreiben. Nazareth war eine Hangsiedlung.
Also sie schmiegte sich an einen Hang, so ungefähr 30 Meter Höhenunterschied innerhalb von dem kleinen Kuhnest. Das heißt, diese nicht gepflasterten Straßen, übrigens auch noch ein Kriterium, gibt es gepflasterte Straßen. Nein, in Nazareth gab es keine gepflasterten Straßen, also nur Trampelwege. Bei jedem Winterregen ist es wieder ganz schön Morast. Und die Gassen waren relativ steil übereinander, auf denen Jesus da jahrelang gelaufen ist. Also Nazareth ist eine Hangsiedlung. Warum? Es gibt sehr viele Hangsiedlungen, weil der Talgrund zu kostbar ist. Da wird Getreide angebaut, Weizen oder Gerste. Also das heißt, die Talsohle musste man freihalten. Man hat an der Talsohle auch einen Tennenplatz gefunden, wo geworfelt wird.
Also da war tatsächlich die Tenne, also die Talsohle war Getreideanbau. Und man hat oberhalb der Hangsiedlung ein Friedhof gefunden. Nach damaligem Recht muss der Friedhof mindestens 25 Meter außerhalb einer Ortschaft sein. Gut, Nazareth hatte 200 bis 300 Einwohner, höchstens 400. Man kann es eben nicht genauer schätzen. Also im kleinsten Fall 200, im größten Fall 400, so ungefähr. Das heißt, es war also noch unterhalb der normalen Dörfer. Nach Nazareth führte überhaupt keine Straße, kein Weg. Also man kann nur querfeldein nach Nazareth gehen. Und zwar war das so ein Hügelkessel, war so ein kleiner Hügelrand, fast wie so Amphitheater.
Und unten war die Talsohle und an einem Hang war diese Siedlung Nazareth. Und dieser Talkessel war gar nicht so leicht zu finden, weil wenn du ein bisschen weiter weg bist, siehst du nur, ja, da ist so ein kleiner Hügel, aber dass nach dem Hügel da so ein Talkessel kommt, da musst du direkt zu dem Hügel hin. Auch so, da geht es ein bisschen runter. Also wer das nicht wusste, der ging auch schnell an Nazareth vorbei. Also es führte zu Nazareth überhaupt kein Weg. Nazareth hatte eine Wasserquelle, also weniger geht ja nicht. Nazareth hatte keine Stadtmauer, hatte keinen Markt und hatte kein öffentliches Gebäude. Es hatte zwar eine Synagoge, Synagoge könnte man schon sagen, ist ein öffentliches Gebäude, aber man muss sich diese Synagoge als ein kleines Beethäusle vorstellen, wie es im Allgäu dann auch so kleine Kapellen oder so gibt.
Es ist ja keine Kapelle, aber ich meine nur, also es war zwar eine Synagoge, aber man muss sich das als kleines Beethaus vorstellen. Jetzt weitere Basisinformation zu Nazareth. Nazareth kommt im Alten Testament nicht vor. Es gibt ja umfangreiche Ortslisten, das Josua-Buch und so weiter, nein, Nazareth kommt nirgendwo im Alten Testament vor. Es kommt auch im Talmud, der zweiten fast heiligen Schrift, auch heilige Schrift der Juden. Der Talmud hat viele Bände, 10, 12, 14 Bände. Nirgendwo steht was von Nazareth, obwohl der Talmud 63 Ortschaften in Galiläa irgendwie bei Gelegenheit nennt. Auch Josephus, dieser berühmte jüdische Historiker, ein paar Worte zu Josephus. Josephus ist ein Priestersohn in Jerusalem geboren und er hat kurz nach Jesu Tod, ist er sehr wichtig geworden.
Also ich weiß nicht genau, wenn Josephus geboren wurde. Er hat aber auf jeden Fall dann in dem Aufstand gegen die Römer 66 bis 70, Josephus war er der Führer der Aufstandsbewegung in Galiläa gegen die Römer. Er hat aber dann in diesem Aufstand gemerkt, wir sind chancenlos und ist auf die Seite der Römer übergewechselt. Also er ist regelrecht übergelaufen. Das haben ihm die meisten Juden kaum verziehen, manche bis heute nicht. Er hat dann aber dem römischen Feldherrn eine Prophezeiung gegeben, die in Erfüllung geraten ist. Also die Römer haben ihn dann irgendwie angenommen. Er hat dann in Rom gelebt und hat große Geschichtswerke geschrieben in griechischer, lateinischer Sprache.
Also er wurde ein Historiker, Flavius Josephus, weil das Herrscherhaus der Flavier, Westbas-König Titus, das waren seine Gönner. Er hat aber in Rom wirklich versucht, auf seine Weise in der römischen gebildeten Oberschicht Sympathie für die jüdische Religion zu wecken. Und das ist ihm durchaus auch teilweise gelungen. Ich vermute, dass er so um das Jahr 90 oder 100 gestorben ist. Also er ist nicht direkter Zeitgenosse Jesu, aber er ist sehr nahe dran. Und seine Geschichtswerke sind eine unersetzlich wichtige Quelle, oft die einzige, die wir über diese Zeit haben. Gut, also auch der Historiker Flavius Josephus berichtet über seinen Aufenthalt in Jaffia. Und das ist drei Kilometer neben Nazareth. Jaffia hatte eine Stadtmauer und hatte einen Markt.
Also Nazareth war auf jeden Fall ganz von der Landwirtschaft geprägt. Man hat viele Ölpressen, Weinpressen gefunden, Zeughäuser und so weiter. Also ganz von der Landwirtschaft geprägt, aber kein Markt. Also die mussten dann nach Jaffia gehen oder nach Sepphoris, die ja lange Zeit die Hauptstadt war. Sepphoris war fünf Kilometer weg von Nazareth. Wenn man bei der Hangsiedlung hoch auf den Hang gegangen ist, kann man ja heute auch noch machen, hat man eine wunderschöne Sicht. Da sieht man Sepphoris unmittelbar vor sich. Und im Osten sieht man den Berg Hermon, im Norden sieht man Obergaliläa, vielleicht sogar bei ganz guter Sicht das libanesische Hochgebirge. In Süden kann man Samaria sehen, den Berg Garitzim, der Heilige Berg und so weiter. Also hat er eine wunderschöne Aussicht.
Wenn man von Nazareth von der Jezreelebene aufsteigt, musste man 250 Meter Höhenunterschied hinter sich bringen. Also es war einerseits völlig abgelegen, aber wieder diese merkwürdige Mischung. Die Via Maris, die größte Autobahn, also die wichtigste internationale Handelsroute von Ägypten nach Mesopotamien, führte zehn Kilometer an Nazareth vorbei. Die zweitgrößte Straße von Tiberias über Sepphoris nach Akko führte nur fünf Kilometer vorbei. Also Nazareth war ein kleines Kuhnest, aber andererseits wieder in verblüffender Nähe zu internationalem Flair. Das gibt es also in dieser Gegend immer wieder. Dass Nazareth ziemlich arm gewesen sein muss, merkt man auch daran, dass man mehrere Höhlenwohnungen gefunden hat. Also arme Menschen haben durchaus auch in der Zeit noch manchmal in Höhlen gewohnt, die man bisschen wohnlich ausgestaltet hat.
Und vorne halt eine Tür, eine große oder so. Aber das ist immer ein Zeichen auch der Armut. Ja, also Nazareth ist nirgendwo schriftlich zu finden. Willst du mal sagen, weder in der Heiligen Schrift noch im Talmud, noch bei Flavius Josephus, noch bei irgendeinem Rabbiner, in keinem Reisebeschreibung von Durchreisenden. Man wusste deswegen auch lange Zeit gar nicht, wie man Nazareth hebräisch schreibt. Im Griechischen wusste man das natürlich, auch Nazarener gibt es im Griechischen, aber wie schreibt man es im Hebräischen? Da hat es zwei Möglichkeiten gegeben. Ich will jetzt nicht näher darauf eingehen, das würde lang dauern. Man hat dann zum ersten Mal eine Tafel gefunden, 1992, bei den Ausgrabungen an der Mittelmeerküste in Caesarea.
Das war ja die Hauptstadt, das war die Residenz von Pontius Pilatus. Das war ja auch ein Aufenthaltspalast von Herodes dem Großen, der zwar den besten Palast in Jerusalem hatte, aber er hatte mehrere Paläste. Er hatte ein Mittelmeergebiet, in das Mittelmeer hinein auf einem großen Felsplateau hat er ein irrsinniges Palast sich gebaut. Und diesen Palast hat Pontius Pilatus als seine Residenz genommen. Und bei den Ausgrabungen in Caesarea Maris, so heißt dieser Ort im Unterschied zu Caesarea Philippi, wo Herodes Philippus sein Zentrum hatte, da hatte man eine Tafel ausgegraben in hebräischer Schrift und da steht drauf, dass ein Priestergeschlecht, eine Priesterfamilie nach Nazareth umgezogen ist. Und jetzt hat man zum ersten Mal das Wort Nazareth in hebräischen Buchstaben gesehen.
Man hat es bisher nur im Neuen Testament mit griechischen Buchstaben. Und da entwickelt sich ein wahnsinnig spannender Krimi, nämlich es gibt im Neuen Testament viele Stellen, da heißt Jesus eben der Nazarenos, der Nazarener. Das kommt zehn, fünfzehnmal vor, Jesus aus Nazareth, Jesus Nazarenos. Jetzt gibt es aber in den Evangelien vielleicht vier Stellen, ich müsste genau nachgucken, die übersetzen dann die Bibelübersetzung wieder Jesus aus Nazareth. Nein, das ist falsch übersetzt. Es heißt nämlich hier nicht Jesus Nazarenos, sondern es heißt Jesus der Nazoräer. Jesus der Nazoräer. Und man wusste gar nicht, was das heißt. Und jetzt zum Beispiel Nazareth kann man mit Satteln, also man kann es mit S oder mit Z schreiben, das wusste man nicht.
Wenn man es mit S schreibt, dann wäre es Naziräer. Dann käme das Wort Nazareth von den Naziräern, das waren so engagierte Leute, die Gelübde abgelegt haben und sich Bart und Haare nicht mehr geschnitten haben. Die Naziräer, also es war so eine besonders engagierte Gruppe, die in der Thora immer wieder genannt wird, die Naziräer. Kommt Nazareth von den Naziräern? Nein, ab 62 war es klar, das hat damit nichts zu tun, denn es steht ein Z Z hier. Es heißt Nazareth und nicht Nasaret. Und jetzt hat man also drei Vokale, N, Z und L. Und jetzt hat man herausgefunden, das kommt von Nezer, sind die gleichen Konsonanten. Und Nezer ist die Verheißung des Messias in Jesaja, es ist ein Spross.
Nezer ist der Spross, der Anfang der Blüte, ein Spross, es sprost. Dieses Wort Spross heißt im Hebräischen Nezer. Und man hat in den letzten Jahrzehnten herausgefunden, der Ausdruck Nezer, Nezer, Spross, war ein Geheimname der Davididen. Es gab ja immer noch Leute, die leiblich von David abgestammt sind. Jesus, und Jesus ist auch historisch kritisch gesehen, spricht sehr viel dafür, dass er wirklich leiblich ein Nachfahre Davids war. Also von dem Nezer, weil die Leute haben untereinander ja auch Geburtslisten geführt, Stammtafeln geführt. Die hatten ja auch eine eherechtliche Bedeutung und so weiter. Und die Davididen wussten schon voneinander, wer ein Davidide war. Die waren zwar politisch völlig belanglos, aber sie hatten doch ein hohes Standesbewusstsein.
Und Nezer war ein Geheimname der Davididen und von Nezer kommt Nazoräer. Jesus war also ein Davidide. Und man weiß, dass nach dem babylonischen Exil sind ja viele heimgekehrt und der Ort Nazareth wurde im zweiten Jahrhundert gegründet. Vorher gab es den gar nicht. Und wenn Nazareth von Nezer abgeleitet wird, dann müsste man es übersetzen Sprossdorf. Und das spricht dafür, dass da nur Davididen gewohnt haben ursprünglich. Also Nazareth hängt mit Nezer zusammen und Jesus war der Nazoräer. Er war ein Geheimname für Messias. Auch Paulus sagt mal vor seiner Gefangnahme, ich bin ein Nazoräer.
Also offensichtlich haben sich die jesusgläubigen Juden nicht Christen genannt, sondern Nazoräer. Das war ein Ausdruck für jesusgläubige Juden. Man sollte nicht Juden Christ sagen. Das ist wie evangelischer Katholik oder katholischer Protestant. Juden Christen, das gibt es nicht. Entweder du bist ein Jude oder bist ein Christ. Wenn du einwandern willst in Israel, Einwanderer und ein Einwanderer sagt in der Einwanderungsbehörde, ich bin ein Juden Christ. Na, sagt der israelische Beamte, also jetzt mal ganz cool bleiben. Bist du ein Jude oder bist du ein Christ? Jetzt sag, was du bist. Wenn du sagst ein Christ, dann kannst du nicht einwandern. Wenn du sagst, du bist ein Jude, dann kannst du einwandern. Jetzt muss sich also jeder Juden Christ spätestens in Tel Aviv überlegen, was ist er eigentlich? Ist er ein Jude oder ist er ein Christ? Also das ist ein völlig schiefes, modernes Problem, das erzeugt nur Nebel.
Nein, es waren jesusgläubige Juden. Es waren Juden. Paulus war kein Christ, er war ein Jude. Petrus war kein Christ, er war ein Jude. Jakobus, Johannes, das sind Juden. Jesusgläubige Juden. Und die haben sich auch Nazoräer genannt. Also wenn das stimmt, also ich kenne die Fachaufsätze, die darum kämpfen, also heute ist es dabei, sich durchzusetzen, dann war die Gründung von Nazareth sehr bewusst mit diesem Namen. Gut, also Nazareth hat man jetzt gewusst, wie man es hebräisch schreibt. Was wollte ich noch sagen zu Nazareth? Nazareth hat sich nicht beteiligt an dem Aufstand, Jaffia hat sich am Aufstand beteiligt und wurde im Aufstand gegen die Römer zerstört. Also wenn die Bauern in Nazareth ihre Waren verkaufen wollten, mussten sie nach Jaffia oder nach Sepphoris gehen.
Dort konnten sie Sachen einkaufen, ihre Produkte verkaufen und da hörten sie so die Neuigkeiten, was los ist. Also Nazareth ist ein sehr unbedeutender Ort ohne traditionelle theologische Bezüge. Und deswegen, was kann aus Nazareth Gutes kommen? Nazareth hat seinen jüdischen Charakter betont erhalten. Die Juden in Nazareth, in Tiberias, in Karbernaum und ich glaube auch in Sepphoris haben sehr darauf geachtet, dass sich hier keine Nichtjuden ansammeln, ansiedeln und vor allem keine Christen. Ich komme da noch drauf. Heute hat Nazareth ungefähr 80.000 Einwohner, so wohl viele Juden. Die Juden haben sich in der Neustadt von Nazareth ein ganz eigenes Viertel geschaffen. Es leben aber auch viele Christen in Nazareth, immer noch und es sind alles orthodox, fast alles.
Nicht alles, es gibt auch vielleicht ein paar Baptisten oder so. Aber in der Regel, die Christen in Palästina sind zu 90 Prozent oder 80 Prozent orthodoxe Christen, zu 15 Prozent katholische Christen und zu 2 Prozent alles Übrige. Protestantische Christen, das gibt es kaum. Gibt es schon ein paar, aber ganz wenige. Gut, also Nazareth heute ist eine große Stadt. Jetzt gehen wir zu Karbernaum. Karbernaum war die Wahlheimat Jesu. Er hat sie ganz bewusst gewählt. Es heißt in Matthäus 4, 13 bis 14 und Markus 1, 14 bis 15. Als Jesus hörte, dass Johannes der Täufer ausgeliefert wurde, ins Gefängnis gelegt wurde, ging er vom Jordan wieder weg und ging nach Galiläa.
Er verließ Nazareth und ließ sich in Karbernaum nieder. Also ab der Gefangennahme des Täufers beginnt Jesus seine eigene öffentliche Tätigkeit und dazu wählte er Karbernaum als Ort. Man kann sich fragen, warum? Er sagt es ja nicht. Ich will das aber noch aufschieben, euch erstmal den Ort ein bisschen vorstellen. Man nimmt an, dass man es ungefähr sagen kann. Es gäbe für Jesus drei wirklich einleuchtende Gründe, warum er Karbernaum ausgesucht hat als seine Wahlheimat. Karbernaum heißt an einigen Stellen in den Evangelien seine Stadt. Karbernaum heißt eigentlich Kwa-Nahum. Kwa ist ein hebräischer Ausdruck für Dorf oder Ort.
Unsere Partneruniversität von der PH Ludwigsburg bei Tel Aviv heißt Kwa-Saba. Da ist auch eine College, eine Lehrerausbildung, ein reiner Ort in der Nähe von Tel Aviv. Mit diesem Kwa-Saba, mit dem College in Kwa-Saba, hat unsere PH seit 30, 40 Jahren enge freundschaftliche Partnerschaften. Wir leihen gegenseitig Lehrkräfte aus oder die Studenten besuchen sich gegenseitig. Das Wort Kwa-Saba zeigt ihr, dass das Kwa immer noch ganz häufig benutzt wird. Also Karbernaum heißt eigentlich Kwa-Nahum und es heißt Dorf des Nahum. Nahum war ein Prophet, den wir nicht näher kennen. Es ist nicht der biblische Nahum, es ist ein anderer Prophet, der später war. Und wir wissen über ihn so gut wie nichts.
Und dieser Prophet Nahum, dessen Grab wurde da an diesem Ort verehrt. Und so bekam der Ort den Namen Kwa-Nahum. In den katholischen Bibeln wird Karbernaum noch als Kar-Far-Nahum genannt. Das ist also näher dran. Luther hat bei den Namen oft, ist er sehr daneben gelegen. Also es merkt man bei Karbernaum auch, eigentlich müsste man sagen Kwa-Nahum. Ich sage aber jetzt immer Karbernaum. Karbernaum wurde im zweiten Jahrhundert vor Christus gegründet. Also auch Karbernaum kommt nirgendwo in der Bibel vor, nirgendwo im Talmud, nirgendwo sonst irgendwoher. Also auch Karbernaum war eine nicht so sehr bedeutende Stadt. Und das heißt, dass er gerade Karbernaum ausgewählt hat, das war sicher keine Erfindung. Weil man kann auch fragen, ja, ist ja auch kein bedeutender Ort.
Gut, aber im Laufe der Zeit hat Karbernaum doch an Bedeutung gewonnen. Jetzt mal rein säkular. Nämlich mit dem Testament von König Herodes dem Großen wurde ja Palästina das große Reich von Herodes dem Großen aufgeteilt in drei Drittel. Und jetzt wurde der Jordan ein Grenzfluss. Das war er bisher gar nicht. Nämlich Galiläa gehörte Herodes an Tibas. Der Jordan ist die Grenze. Und auf der anderen Seite war das Staatsgebiet von Herodes Philippus. Der Ort auf der anderen Seite war B'tzajda. Das ist also der nächste Ort auf dem anderen Staatsgebiet nahe auch am Jordan gelegen. Karbernaum auf der Seite westlich und B'tzajda auf der Seite östlich. Und jetzt haben diese beiden Orte eine Bedeutung gewonnen, denn sie wurden jetzt auf einmal Grenzorte.
Und da bekam jetzt Karbernaum eine Zollstation und eine Kaserne. Die Kaserne hat man 1985 entdeckt. Die liegt so 500 Meter ungefähr nördlich von Karbernaum. Sie muss so ungefähr 1000 Mann gehabt haben. Die Unterkünfte waren besser wie die Häuser in Karbernaum. Auch beheizbare Badegelegenheiten. Es waren aber keine römischen Soldaten. Herodes an Tibas gehört ja nicht zum Römischen Reich. Er ist zwar befreundet, rex socius, aber schon auch im gewissen Rahmen selbstständig. Außenpolitisch nicht, aber im Inneren schon. Auch die Decapolis war dem Römischen Reich angegliedert. Konnte keine eigene Außenpolitik machen, aber im Innenleben konnten die sich selber da verwalten. Gut, also die Soldaten in dieser Kaserne können niemals römische Soldaten gewesen sein.
Ich habe immer wieder eine Religionsstunde erlebt über den Hauptmann von Karbernaum. Und die gingen immer davon aus, dass ein römischer Soldat war. Nein, natürlich nicht. Herodes an Tibas hätte niemals römische Legionäre befehligen dürfen. Das war eine Art so Fremdenlegion, Zöldner. Man hat Hinweise, dass Germanen auch da waren. Germanien, aber auch aus Gallien, aus Frigien. Also war eine bunte Truppe. Gut, also dadurch, dass der Jordan zur Grenze wurde, brachte ein gewisses Aufblühen sowohl in Bezeida als auch in Karbernaum. Und jetzt kam noch dazu, dass Herodes Philippus Bezeida ausbauen ließ und zu Ehren der Frau von Tiberius, die hieß Julia. Tiberius regierte dann von 14 nach, ich glaube, bis 31.
Und dessen Frau hieß Julia. Und jetzt hat er zu Ehren von der Gattin Bezeida umbenannt in Julius. Also Herodes an Tibas hat die Stadt Tiberias genannt. Philippus wollte sich nicht lumpen lassen und benennt dann die Frau nach der Gattin von Tiberias und lässt sie großzügig ausbauen. Und das fördert jetzt den Grenzverkehr erheblich. Und es kommt immer noch auch dazu, dass die Viamaris gar nicht weit weg von Karbernaum vorbeizieht. Das bringt schon auch manchmal einen gewissen internationalen Flair mit. Also man kann sagen, als Jesus dann Karbernaum erwählte, war Karbernaum eine blühende Kleinstadt, man schätzt 1200 bis 1500 Einwohner. Es hatte keine Stadtmauer, aber es hatte einen Markt. Also schon wesentlich größer wie Nazareth, auch größer wie Jaffa und so weiter.
So, warum wählte wohl Jesus Karbernaum? Wir wissen es nicht, aber die Fachleute dürfen mal vernünftige Vermutungen anstellen. Es lassen sich drei Gründe sehr leicht finden. Einmal, die Gegend ist wunderschön. Also der See Genezareth, vor allem die Nordküste, Nordwestküste, sehr fruchtbar, mildes Klima. Die Araber nennen ja den See Genezareth das Auge Allahs, weil sie empfinden diesen See auch als etwas Besonderes, so eingebettet in so einen Talkessel. Also, ihr müsst es mal anschauen. Ja, also er hat sich wirklich eine wunderschöne Gegend ausgesucht. Das Zweite ist, Karbernaum hatte eine soziologisch sehr interessante Bevölkerung.
Man kann sagen, alle relevanten, für Jesus vielleicht für die Botschaft seiner, für seine Botschaft relevanten Gruppen waren da irgendwie alle versammelt. Denn in Karbernaum lebten Bauern, lebten Fischer, lebten Händler, lebten Zöllner, lebten Soldaten und Prostituierte. Wo Soldaten sind, da sind Prostituierte, Zöllner und Sünder. Also das war schon eine heiße Mischung, die es da gab. Und drittens, Karbernaum war ein Grenzort. Wenn es gefährlich wurde, kannst du über den Jordan gehen, das kannst du in einer halben, dreiviertel Stunde schaffen, und dann hast du gesagt, Herr Rotes Antipas darf dich nicht mehr verfolgen. Also der Grenzort war auch eine gute Gelegenheit, wenn es mal sein muss, abzuhauen. Und Jesus hat das ja auch mal gemacht. Die Pharisäer, die befreundete Pharisäer, haben Jesus gewarnt,
du, der Herr Rotes trachtet dir nach dem Leben. Und da sagte ja Jesus, dieser Fuchs, das ist ja auch eine Anerkennung, Herr Rotes Antipas, 43 Jahre lang an der Regierung bleiben, am Fieberherd des jübischen Körpers, da muss schon ein sehr talentierter Mann sein. Also er nennt ihn sicher nicht zu Unrecht, den Fuchs. Und dann hat er sich nach Batanea zurückgezogen, nach Caesarea Philippi, und da fragt ihn dann ja Petrus, genau in der Mitte des Markusevangeliums, genau in der Mitte, Markus 8, 38, so, fragt Petrus, Herr Jesus sagt, wer sagen denn die Leute, dass ich bin, naja, du bist vielleicht der und jener, wieder kommt Elias, und dann sagt Petrus, er sagt Jesus, und was meint eigentlich ihr, wer ich bin? Und dann antwortet Petrus, du bist der Messias.
Dieses erste Messias-Bekennnis im Jüngerkreis, das war in Caesarea Philippi, war auch besser dort, da war er nicht ganz so gefährdet. Also gut, jetzt Jesus in Capernaum, ja, die ersten Jüngerpaare, das waren Simon, Petrus dann später, Simon und Andreas war ein Brüterpaar, und Jakobus und Johannes war ein Brüterpaar. Petrus und Andreas sind geboren in Bethsaida, und Petrus hat dann nach Capernaum geheiratet, in das Haus seiner Schwiegereltern. Man kann an einzelnen Stellen, es würde jetzt zu weit führen, erkennen, die Fischerei war nämlich sehr kostspielig, die Pfannentechnik war, kann ich auch ein bisschen nachholen, es gab natürlich so Angler, Angelhaken hat man auch gekannt, man hat Wurfspieße gekannt, aber hauptsächlich Pfannnetze. Und es waren zum Teil Wurfnetze, aber es waren auch Schleppnetze,
und die sind sehr teuer und müssen von mindestens zwei Booten, und auch Boote sind auch teuer, die Größeren, mindestens zwei Boote gezogen werden, besser drei, und dann gab es die Netzwände, die senkrecht an Gewichten waren, und wo sich auch dann die Fische, und dann macht man aus der Wand dann so einen Kreis, und dann sind alle Fische gefangen. Also der Fischwand lohnte sich nur, wenn man im großen Stil Fische fängt, und es war sehr kostspielig, die Netze und die Boote. Deswegen schlossen sich die Fischer-zu-Fischerei-Genossenschaften zusammen, es gab Vollgenossen und Teilgenossen, und diese Ausdrücke kommen. Man kann sagen, dass das Haus, in dem Petrus gelebt hat, wohl das zentrale Haus einer Fischerei-Genossenschaft war, wo die zwei Brüder lebten, aber auch die Schwiegermutter, die ja Jesus dann geheilt hat, und deswegen war das Haus wahrscheinlich ein bisschen größer.
Gut, also die ersten Jünger sind hier, Jesus hat in Capernaum viele Heilungen, auch der Gelähmte, der durchs Gag gelassen wurde, das ist ja Iris Tochter, alles in Capernaum, die blutende Frau in dieser Gegend, Frau mit der verdorrten Hand, also sehr viele Heilungen fanden in Capernaum statt, und in der Synagoge von Capernaum hat Jesus sich ja öfters gepredigt. Es gibt aber auch ein Gerichtswort über Capernaum, Capernaum, du denkst, dass du in die höchsten Höhen des Himmels kommen wirst, aber wenn in Sidon und Tiros solche Wunder geschehen werden wie bei dir, dann hätten Sidon und Tiros Buße getan, und so wirst du in die tiefsten Tiefen der Hölle gestoßen. Also es gibt ein knallhartes Gerichtswort, Jesus über Capernaum,
das heißt, da war auch nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen. Gut, Capernaum hat eine bedeutende Hafenanlage gehabt, die kann man rekonstruieren, drei Meter breit, 700 Meter lang, also es war ein bedeutender Hafen. Zu Capernaum gehört ein Hausberg, der heißt in den Evangelien einfach der Berg, wird, wenn ihr dort, viele waren ja vielleicht schon dort, der Berg der Seligpreisungen genannt oder der Bergpredigt. Dieser Hausberg hatte eine besondere Eigenart, denn er war immer wieder felsig, und deswegen konnte man diesen Berg Landwirtschaft nicht nutzen. Es war also ein vergeudeter Berg sozusagen. Man hat ja in Galilea alles landwirtschaftlich genutzt, was irgendwie ging, aber diesen Hausberg, durch das immer wieder, dass da Felsen rauskamen, lohnte sich da nichts, es war voller Gestrüpp, auch heute noch, und in diesem Gestrüpp, da haben sich Hunderte von Vögeln,
und die zwitschern dann, schaut die Vögel unter den Himmel, und dieser Berg ist heute noch, ich war oft, bin ich mit diesem Berg rauf und runter, gewandert mit Studierenden oder allein oder mit Christina, das ist der allerschönste Blick auf den See Genezaret, und ihr hört ein Vogelgezwitscher wie kaum sonst, gell? Und da waren auch viele Blumen, zum Beispiel die Animone, Luther wusste nicht, was hebräisch Animone heißt, und dann sagt er, schaut die Lilien auf dem Feld, nein, schaut die Animonen, das Wort heißt Animone, da waren also auch verschiedene Blumen, vor allem in der Frühlingszeit natürlich, gell? Also auf diesem Berg, oben kann die Predigtätigkeit nicht gewesen sein, weil oben auf diesem Berg verwehen sofort die Worte, aber wenn man jetzt unten am Fuße dieses Berges, so ungefähr zwei Kilometer weg von Kapelleum,
erst mal 700 Meter Hafenanlage, gell, dann kommt man auf ein berühmtes, wichtiges Gebiet, das heißt Tabgha, also ungefähr zwei Kilometer westlich von Kapelleum auf dem Weg nach Madaba und dann noch weiter nach Tiberias, genau in der Mitte zwischen Kapelleum und Madaba, vielleicht 2,5 Kilometer, gibt es ein kleines fruchtbares Gebiet, es hat sieben Quellen, arabisch Tabgha, das sieben Quellengebiet und drei Quellen warm, die anderen kalt, eine Quelle auch ein bisschen salzartig, aber gerade Gott sei Dank, die warmen sind besonders wasserreich und durch diesen Wasserreichtum ist diese kleine Fläche bewaldet, heute vor allem Eukalyptusbäume, hat man eingeführt aus Australien, also auf jeden Fall, und in diesem Gebiet war auch Schatten und da lief der Berg, lief hier unten sanft aus,
man kann sich für die Predigtätigkeit Jesu, wenn sie mehr Menschenmenge, paar hundert Leute, kann es gar keinen anderen Ort geben wie diesen Ort, denn wenn eine Menschenmenge sich im Orient, vor allem also in den warmen Zeiten, länger im Freien auffällt, brauchst du Schatten, brauchst du Bäume, brauchst du Wasser und das gibt es in Tabgha. Tabgha heißt in den Evangelien einmal Dalmanta, das ist ein geheimnisvoller Ausdruck, kommt nur ein oder zwei Mal vor und das heißt aramäisch Ort seines Aufenthalts oder auch Magadan. Diese Worte werden nicht erklärt in den Evangelien, schaut mal nach, weiße, sie stellen gar nicht auswendig, aber Dalmanta, Ort seines Aufenthalts und Magadan, das sind die Begriffe für dieses sieben Quellgebiet. Man musste es damals nicht erklären, die Leute wussten das noch.
In diesem Quellgebiet waren auch die besten Fische, weil die Fische haben diese warmen Quellen aufgesucht, noch heute ist dieses Tabgha-Gebiet eines der besten Fangebiete im Segen Nezareth. Diese sieben Quellen, eine Quelle war die östlichste, sehr nahe an Kapelleum dran und es spricht alles dafür, nichts dagegen, man nennt es heute die Kapelleum-Quelle, dass hier die Fischer ihre Netze, wo sonst, die laufen ja nicht noch weiter, die laufen zur nächsten guten Quelle, da säuberten sie ihre Netze und da werden wohl, es spricht alles dafür, nichts dagegen werden hier die Jüngerberufungen stattgefunden haben. Ganz in der Nähe von dieser Kapelleum-Quelle, also die östlichste Quelle dieser sieben Quelle, die alle nahe übereinander sind, ganz in der Nähe ist eine Bucht und diese Bucht hat eine unglaubliche Höhrqualität,
die Universität Haifa hat sie mal mit modernsten Mitteln, hat die Akustik dieser Bucht erforscht, es gibt kaum nochmal eine Bucht, die steigt an wie so ein Amphitheater, wenn du auf einem Boot in dieser Bucht bist, ich habe das auch gemacht mit Studenten, du kannst dich auf dem Boot fast flüstern, also relativ leise unterhalten, du verstehst am Ufer jedes Wort und es spricht alles dafür, nichts dagegen, dass Jesus des Öfteren, wenn die Leute noch mehr geworden sind, vom Boot aus gepredigt hat, also wenn ihr dort seid, da seid ihr den Dingen sehr nahe. Es gibt dort auch eine Treppe, sogar die Nonne Egeria, die so um 350 rum hat die Palais, es war sehr reiche Nonne, ihre Reisebeschreibungen sind noch im Kloster Monte Cassino original erhalten, die beschreibt diese ganze Gegend, die hat mit den Leuten dort geredet und sie beschreibt diese Treppe, die war da noch mehr zu sehen,
weil der Wasserspiegel ein bisschen tiefer war, aber die oberen Stufen können sie sehen, das war so ein Landeplatz der Fischer, da konnten sie sicher stehen und anlanden, also da kommen sie der Geschichte Jesu am nächsten. Dann gehen wir mal in Carfernaum weiter, Carfernaum in der Urchristenheit, also Jesus ist jetzt tot, es entsteht in Jerusalem die Jerusalemer Urgemeinde, es setzt dort relativ bald auch eine Verfolgung ein, Jakobus und so toratreue jesusgläubige Juden, die blieben unbehelligt, aber so hellenistische Juden wie Stephanus, deren Muttersprache griechisch war und die auch tempelkritischer waren, die hat man aus Jerusalem vertrieben.
Also die Jerusalemer Juden haben in der Urchristenheit in Jerusalem ziemlich klar unterschieden, wo sind völlig toratreue jesusgläubige Juden, Jakobus war das, das war Jakobus der Gerechte, die konnten in Jerusalem bleiben, aber so die hellenistischen jesusgläubigen Juden mit der Muttersprache griechisch. Es gab in Jerusalem damals mindestens drei Synagogen in Jerusalem, in denen griechisch gepredigt wurde, weil sehr viele eben nach Jerusalem kamen von diesen hellenistischen Juden, also und die bekamen große Schwierigkeiten. Und jetzt hat man also in Kapernaum Folgendes gefunden, man hat ein größeres Haus ausgegraben, kann man heute sehen in Grundmauern und innerhalb dieses Hauses hat man christliche Graffiti gefunden, Anrufungen des Namen Jesu, Abendmahlsymbole und auch um die Synagoge, bis hin sonst noch in Kapernaum.
Ach so, das wollte ich auch sagen, man hat das Straßennetz von Kapernaum ausgegraben, es hatte zwei zentrale Straßen, lateinisch formuliert Carto, von Norden nach Süden und Decumanus, von Westen nach Osten und genau im Schnittpunkt war die Synagoge in Kapernaum und dieses Haus, das Haus des Petrus sage ich jetzt mal, war von dieser Synagoge ungefähr 20 Meter entfernt. Also wenn Petrus hier tatsächlich gewohnt hat, wofür vieles spricht, man kann aber nicht mit Sicherheiten rechnen, aber es spricht sehr viel dafür, auch bei kritischen Forschungen. Also dann wissen wir jetzt, und wenn Jesus in dem Haus gewohnt hat, da war also die Haustür und dann ging er, die Decumanus, 20, 25 Meter und da war die Synagoge. Also das kann man sich jetzt dann, die Häuser waren sehr klein, eine Insularbauweise, das heißt, um eine Feuerstelle haben sich kleine Häuser gruppiert, das waren wahrscheinlich alles Verwandte,
die Sippe blieb beieinander und die Tür war immer nach innen an die Feuerstelle gerichtet. Die Häuser waren alle aus schwarzem Basalt, Basalt ist ein Vulkangestein, der Golan sind ja alles Vulkane gewesen, Basalt sind schwarze Steine, scharfe Steine eignen sich sehr gut, zum Häuserbau ist aber schwer zu behauen, also alle Häuser in Kapernaum, Kapernaum waren alle schwarz, die Synagoge war schwarz. Und man hat auch genau feststellen können, es wurde noch gar kein Mörtel verwendet, sondern es waren Basaltsteine, da hat man Kiesel vom Ufer, hat man die Lücken ganz geschickt ausgefüllt und dann noch mit Lehm verbacken, aber die Häuser waren also ohne Mörtel, da merkt man auch, dass sie sehr, sehr wohlhabend waren, aber waren sie dann auch wieder nicht. Gut, also das Straßennetz ist, man weiß jetzt, es war eine Insularbauweise. Gut, jetzt aber Ur-Christenheit,
aber jetzt hat man in der neueren Forschung der letzten 30, 20 Jahre, man war immer fixiert Muttergemeinde Jerusalem, ja was war eigentlich mit der Ur-Christenheit gleichzeitig in Kapernaum, denn die ersten Jünger waren ja gar keine Jerusalemer, wie ging es eigentlich in Kapernaum weiter? Ja, also man hat herausgefunden, dieses größere Haus, die Mehrzahl der Forscher sagt, es muss das Petrushaus gewesen sein, Zentralgebäude einer Fischereigenossenschaft, hat es sogar einen Innenhof und da waren mehrere christliche Graffiti und wenn man den Fußboden nochmal tiefer gräbt, dann der Fußboden, der drunter liegt, führt zurück bis ins erste Jahrhundert, der Fußboden, den man heute bei den Ausgabungen sieht, der ist aus dem zweiten Jahrhundert. Und jetzt gibt es eine ganz einfache Logik, die so bestechend, dass eigentlich die Mehrzahl der Forscher sagt, starkes Argument.
Also ganz sicher ist es, aufgrund der archäologischen Funde, dass in Kapernaum im zweiten nachchristlichen Jahrhundert eine Hauskirche, christliche Hauskirche gewesen sein muss, denn man hat sehr viele christliche Graffiti, Anrufungen, Jesu im Gebet, Maranatha und so weiter und man hat auch in der Umgebung christliche Symbole, Abendmahl und anderes gefunden. Also es muss in Kapernaum im zweiten Jahrhundert, die Datierung ist sattelfest, muss es eine Hausgemeinde gegeben haben. Und jetzt kommt die Frage, kann das in einem Ort, der nicht größer wie Kapernaum, ist es denkbar, dass sich im zweiten Jahrhundert, wo noch Enkel und Großvater oral history machen, also der Großvater kann dem Enkel noch sagen, du, mein Papa, der war da noch drin. Also so vier Generationen, Opa sagt es dem Enkel und der Enkel sagt es dann seinem Kinder, da ist die oral history, die mündliche Brücke noch sattelfest.
Kann in Kapernaum eine christliche Hausgemeinde denkbar sein in einem anderen Haus als in dem Petrushaus, wo Jesus ein, zwei Jahre gewohnt hat? Ist es denkbar, dass das in einem anderen Haus ist? Eigentlich nicht. Und so groß war Kapernaum dann auch wieder nicht, dass es da mehrere Hauskirchen gab. Also wenn die Logik wirklich greift, hat man das Haus des Petrus gefunden, kann man heute die Grundmauern, es wurde darum dann gleich so auch eine kleine Kirche gebaut, heute ist darüber so ein Schutzdach und zu der Synagoge komme ich gleich. Also jetzt kommt aber ein großes Rätsel. Man weiß aus sehr zuverlässigen Quellen, dass Kapernaum, Nazareth, Tiberias und ich glaube Sephoris größten Wert darauf gelegt haben, dass keine Christen,
keine Nichtjuden in diesen Orten wohnen und vor allem keine Christen. Da gibt es sattelfeste Aussagen in zuverlässigen Quellen. Und jetzt findet man in Kapernaum im zweiten Jahrhundert eindeutig christliche Graffiti. Wie kann das sein? Lösung, das waren keine Christen, das waren Juden. Nur wir sagen Christen. Man hat erst vor 20, 25 Jahren Folgendes herausgefunden. Das Wort Christen, das Paulus ja noch gar nicht kennt. Er sagt nur die Heiligen. Paulus weiß gar nicht, was Christen sind. Er kennt das Wort gar nicht. Es kommt erst später auf, nach dem Tod von Paulus. Christianoi war eine Fremdbezeichnung. In Antiochien begann es, dass man die Leute Christianoi, Christianer nannte.
Jetzt dieses Wort Christen, das dann allmählich eine Selbstbezeichnung wurde, ursprünglich war das eine Fremdbezeichnung. Dieses Wort Christen wurde anfangs nur für Heidenchristen verwandt. Nur für sogenannte Heidenchristen. Das Wort sollen wir ja nicht benutzen. Also nur für Nichtjuden. Das heißt, das waren keine Christen. Nur diese blöde Sprachverwirrung Judenchristen. Weg mit dem Wort. Du kannst die Geschichte der ersten zwei Jahrhunderte nicht mehr begreifen mit diesem blöden Wort Judenchristen. Es waren Juden. Heute messianische Juden, ein sauber moderner Ausdruck, lassen wir mal die Begriffe. Die sind alle irgendwie ein bisschen belastet. Es waren Juden, die an Jesus glauben. Die sind weiterhin in die Synagoge gegangen, wie alle anderen Juden auch. Und die haben offensichtlich beste Freundschaftskontakte. Die haben als Juden unter Juden weiterhin 100, 200 Jahre gelebt. Muss man uns mal vorstellen. Weiß man erst seit 25 Jahren. In Capernaum lebten Jesusgläubige Juden mit nicht-Jesusgläubigen Juden 100, 200 Jahre in bester Freundschaft.
Gingen weiterhin in die Synagoge. Sie waren ja Juden. Und dann trafen sie sich außerdem noch. Es gab ja keine Gemeindehäuser und Kirchen. Das waren alles so Hausgemeinschaften. Also jetzt wissen wir jetzt heute, anders wie in Jerusalem, aber es ist auch eine Urgemeinde in Capernaum, da waren also Juden, die nicht an Jesus glaubten und Juden, die an Jesus glaubten, ohne Verfolgung 100, 200 Jahre in bester Freundschaft. Ist eine Sensation. Bringt viele Klischees durcheinander. Und jetzt ist es so, man hat bis ins 19. Jahrhundert gar nicht gewusst, wo war denn Capernaum. Es war ja nichts mehr übrig. Capernaum ist wahrscheinlich so im 8., 9. Jahrhundert untergegangen nach der arabischen Eroberung, muslimisch geworden.
Also irgendwann, so im 7., 8., 9. Jahrhundert ist Capernaum eben verlassen worden. Und dann wusste man nicht mehr, wo das liegt. 1860, 1865 hat man diese Ortslage wieder gefunden. Also wie, weiß ich jetzt selber nicht genau. Und dann hat man, ein paar Jahre später, hat man begonnen, das langsam auszugraben. Anfang des 20. Jahrhunderts viele Jahrzehnte Grabungen bis in die 70er, 80er Jahre des letzten Jahrhunderts. Und dann ist man auf eine Synagoge gestoßen. Und diese Synagoge, man hat sie dann immer mehr ausgegraben. 1905, 1910, 1920, 1930 hat man die immer mehr ausgegraben.
Und es wurde immer merkwürdiger. Man konnte sich das nicht erklären. Diese Synagoge war die zweitprächtigste Synagoge im Orient. Nur in Dura Europos, am Euphrat, gibt es nochmal eine dermaßen Prunk-Synagoge wie in dem kleinen Ort Capernaum. Nicht aus den schwarzen Basaltstein, blendend weiße Kalkquader. Ein wahnsinnig genau, also eine Prunk-Synagoge wie eine Basilika. Basilika ist ja eine Markthalle. Diese Synagoge ist langsam klargeworden. Schneeweiße Quader, wahnsinnig sortfältig gehauen. Innendrin zwei Säulenreihen, korinthische Säulen. Es wurde immer komischer. Also eine dreischiffige Basilika, aber an den Wänden Sitzbänke, wie das in Synagogen gibt es ja keine Stühle und so, sondern die Sitzbänke.
Und dann wird diskutiert von Wand zu Wand. Also es war eindeutig eine Synagoge. Dann hat man auch festgestellt, im Süden eine tolle Freitreppe davor, mit drei Prachteingängen nach Jerusalem gerichtet. Ja, also das ist eine todsichere Synagoge. Aber wie kann so ein kleiner Ort, die schönste, mit der anderen ungefähr gleich schön, das sind ja Gelder. Da musste man diese Kalkdinger aus den Steinen von weit her holen. Und jetzt hat man sie eine Zeit lang ins zweite, dritte Jahrhundert datiert. Man hat schon gemerkt, das kann nicht die Synagoge sein, in der Jesus gepredigt hat. Das kann nicht sein. Und dann hat man in den 80er Jahren Münzen gefunden, die ganz eindeutig aus dem vierten Jahrhundert sind, und zwar viele. Also kann es ja nicht das Ding aus dem dritten Jahrhundert sein. Und man hat festgestellt, dass der korinthische Fuß 32 Zentimeter, also ist ja eine Ellenlänge, am englischen 1000 Fuß und so. Also eine Maßeinheit in der hellenistischen Architektur war der korinthische Fuß 32 Zentimeter.
Man hat durch genaue Messungen zweifelsfrei erwiesen, diese Synagoge ist mit der Maßeinheit des korinthischen Fußes gebaut worden, hat korinthische Säulen, stammt aus dem vierten Jahrhundert. Da waren aber in Rom schon christliche Kaiser. Aber das ist eine Synagoge. Wusste man nicht mehr weiter. Also ich sag mal, es war wirklich ein spannender Krimi, aber der ist gelöst in den 80er, 90er Jahren. Nämlich Kaiser Theodosius, der wurde Kaiser 381, dann bis so 400 ungefähr, weiß nicht genau. Dieser Kaiser Theodosius hatte das Christentum als Staatsreligion nicht nur anerkannt, sondern vorgeschrieben. Er hat alle anderen Religionen dann stark abgewertet.
Der Kaiser Konstantin hat das Christentum erstmalig anerkannt, Mailänder Toleranz-Edikt 319 oder 312. Aber Theodosius hat nicht nur das Christentum irgendwie so anerkannt, dass die Verfolgungen aufhören, er hat das Christentum zur Staatsreligion des Römischen Reiches gemacht. Und jetzt wenn man sich mit Theodosius beschäftigt, er war ein Judenfreund. Es ist immer klarer geworden, er hat zwar alle anderen Religionen abgewertet, sozusagen als heidnisch, aber nicht die jüdische Religion. Die hat er als berechtigte Religion anerkannt. Und Kaiser Theodosius hat offensichtlich folgende Klugheit gehabt. Ich möchte gerne Kapelleum, die Wahlheimat Jesu, wo Jesus den Großteil seiner Predigtätigkeit, seiner Heilungen, das war seine Stadt,
ich möchte dieser Stadt was Gutes tun, weil jetzt setzen schon die Pilgerreisen ein. Nonne Egeria schon vorher 350, aber mit Theodosius setzte die organisierte Pilgertourismus ein. Also ich will dieser Stadt was Gutes tun, aber in dieser Stadt leben jesusgläubige Juden und nicht-jesusgläubige Juden seit 200 Jahren friedlich zusammen. Also ich kann in dem Ort keine Kirche bauen. Das würde den Frieden kaputt machen. Also hat Theodosius, das muss man ihm hoch anrechnen, ich will den Frieden im Ort wahren, meine Gläubigkeit an Jesus Christus ausdrücken, aber auch meine Freundschaft zu Juden. Ich spendiere denen mit Millionenbeträgen die beste Synagoge in Palästina.
Kaiser Theodosius. Man hat dann diese Prunk-Synagoge immer besser erforscht. Ich kenne einen Archäologen, der hat seine Doktorarbeit über diese Prunk-Synagoge geschrieben, drei Jahre lang. Ich sage euch, der kann dir diese Synagoge erklären. Ist auch ein Lehrhaus angebaut, Außentreppe, Frauenempore und so weiter. Also man hat dann unter dieser Synagoge gegraben und dann die Synagoge gefunden, in der Jesus gepredigt hat. Die war wieder aus schwarzem Basalt, viel kleiner, ärmlicher. Also man hat die Synagoge gefunden 1980, in der Jesus gepredigt hat. Die ist genau darunter. Ja, gehen wir, Karperner, um heute. Im 20. Jahrhundert gelang es den Franziskanern im Osmanischen Reich, das war ja damals vor dem Ersten Weltkrieg Osmanisches Reich,
also der türkische Sultan war der Oberboss, es gelang den Franziskanern. Die Franziskaner bekamen ja von einem früheren Papst den Auftrag, für die heiligen Städten im heiligen Land zu sorgen. Das ist also ein spezieller Auftrag, den die Franziskaner bis heute haben. Also die Franziskaner haben ein Uferstreifen gekauft im Osmanischen Reich von Karperner um bis Tabka, 2,5 Kilometer lang. Und da haben später immer noch Leute so Beduinen noch da gegrast und beim Rausziehen von einem Zeltblock 1905 hat so ein Beduine, die Franziskaner haben denen erlaubt zu zelten, sieht man einen Bodenmosaik. Und so entdeckt man das schönste Bodenmosaik vielleicht des gesamten Orients, aber auf jeden Fall von Palästina.
Die Matta-Pakate ist auch wunderschön. Also, und das hat man dann ausgegraben und es hat man ein Mosaik gefunden von einer Kirche aus dem 5. Jahrhundert, da hat also die alte Kirche Tabka schon geehrt, da hat Kaiser Theodosius gesagt, in Karperner um kann ich keine Kirche bauen, da baue ich eine Synagoge. Aber wenn ich dort den Juden so ein Geschenk mache, dann kann ich in Tabka, das ist für die Juden ja jetzt nicht so wichtig, eine Kirche bauen. Also so entsteht also in Tabka dann eine Kirche, die ist halt später dann zerstört worden, die hat man inzwischen ein Stück weit in den 80er Jahren restauriert. Papst Paul VI. hat 1964 eine Palästina-Reise gemacht, da wurde beschlossen, dass die Benediktiner Abtei Dormizio aus Jerusalem hier eine Kirche baut und eine Lebensgemeinschaft gründet.
Benediktiner, die Franziskaner in Karperner um, die Benediktiner in Tabka, heute gibt es also eine wunderschöne Kirche über der alten Kirche erbaut und die Mosaiken sind, die waren abgeblasst, aber noch gut erhalten, israelische Experten haben sie nachrekonstruiert, also wunderschöne. Ich könnte allein über diese Mosaiken eine Stunde, den Studenten braucht man eine Stunde, um alles zu erklären, was da zu sehen ist. Ja, also so ist Karperner um heute kein Ort, wo man wohnt, sondern es ist eine reine archäologische Besichtigungsstelle und das Sieben-Quellengebiet, sicher das Hauptbredichtgebiet Jesu, Schatten, Wasser, da ist heute ein christliches Lebenszentrum, können Sie auch übernachten, da gibt es auch ein kleines Ferien-Bungalow, wo ich mit Studenten, man kann mit einer Jugendgruppe 30, 40 Leute da in Tabka sehr billig übernachten, lohnt sich.
Also so viel zu Karperner um, jetzt will ich den Vortrag schließen mit einem systematischen Beitrag, die Lebensbedingungen in Palästina zur Zeit Jesu. Sie gelten für Galiläa, aber auch für ganz Palästina. Die Lebensbedingungen in Palästina zur Zeit Jesu, was ich jetzt nicht geschafft habe, ist die soziale Situation in der damaligen Zeit, die ist selber ein Riesenkapitel und die Geschichte von Tiberias bis heute ist ja neben Jerusalem, Hebron und Safet, Sfat, die vierte heilige Stadt der Juden, denn Tiberias wurde dann als Rhein erklärt, weil ein Rabbiner um 140 oder 150 ist in den Quellen wirklich geheilt worden vom Rheuma
und dann hat er die Stadt als Rhein erklärt und dann wurde das eine der wichtigsten Städten im Judentum. Juden nennen Tiberias den Nabel der Welt, der hohe Ratzug nach Tiberias. In Tiberias hat man den masoretischen Bibeltext, die Punktation, die Masoreten, in Tiberias sind die größten Rabbiner, Rabbi Johannan Ben-Zakai, Rabbi Akiba, Mainoni Destre, einer der größten Gelehrten, die liegen alle in Tiberias, ist also eine heilige Stadt der Juden und dort wurde auch der Jerusalemer Talmud, da war auch die rabbinische Akademie und auch ein schönes Beleg, dass es klappen kann, Tiberias wurde auch einer der ältesten Bischofssitze. Also Tiberias im 4., 5., 6. Jahrhundert, bevor die Araber kamen, war es der Nabel der Welt im Judentum, die größten Gelehrten, der Jerusalemer Talmud, alles sind Tiberias
und Tiberias war außerdem einer der ersten Bischofssitze. Also da war es noch möglich, freundschaftlich und friedlich im gleichen Ort zu leben. Also es gibt solche gelungenen Beispiele. Gut, die Lebensbedingungen. Wenn wir die Botschaft Jesu verstehen wollen, ist es unerlässlich, dass wir uns die Lebensbedingungen zu seiner Zeit so gut wie möglich klar machen. Denn diese Lebensbedingungen damals waren der Resonanzboden seiner Botschaft. Angesichts dieser Lebensbedingungen hat Jesus seine Worte gewählt und hat er zu den Leuten gesprochen. Diese Lebensbedingungen können Sie nicht im Alten Testament finden. Also es gibt so ganz starke Bibliozisten, die sagen, ich brauche nur die Bibel.
Im Alten Testament können Sie nicht die Lebensbedingungen Jesu finden, die stehen da nicht. Und die Lebensbedingungen zur Zeit Jesu sind völlig andere wie die im Alten Testament. Also man muss jetzt mal aus dem Buch aussteigen und wirklich durch geschichtliche, sorgfältige Erkundung, Hunger nach Qualität ist besser als schnelle Zufriedenheit. Hunger nach Qualität ist besser als schnelle Zufriedenheit. Also gehen wir an die Erforschung dieser Lebensbedingungen. Da will ich jetzt zusammenfassend so das Allerwichtigste sagen. Schon im achten Jahrhundert vor Christus, ich tu nur ganz große Punkte kurz ansprechen, kam es zum ersten Mal dazu, dass das Volk Israel keine homogene Größe mehr war, das Israel, das Volk Israel, als ob das eine homogene Größe war.
Anfangs war das noch mehr der Fall, aber ab dem achten Jahrhundert brach Israel immer härter auseinander in eine wohlhabende luxuriöse Eliteschicht, Oberschicht, Schickeria, Großhandelskaufleute, Großgrundbesitzer, Generäle und Oberpriester. Also die Führungskräfte in Handel, Wirtschaft, Militär und die Großgrundbesitzer zusammen mit den hofobersten Leuten, Ratgebern im Hof. Diese Eliteschicht kümmerte sich ein Dreck, also kümmerte sich immer weniger um den Rest und es waren 90 Prozent der Menschen. Das begann im achten Jahrhundert, das rief die Kritik des Propheten Amos und Hosea im Nordreich hervor und die Kritik des Propheten Micha und Jesaja im Südreich. Also Amos, Hosea, ungefähr 760, 750 kündigten den Untergang an, der dann tatsächlich 720 kam.
Da kann niemand sagen, diese Erfindung, nein, nein, die haben das wirklich zigfach angekündigt, 30 Jahre vorher. Und Micha und Jesaja im Süden, Wirkungszeit so 700, 10, 700. Sie klagten an und sie klagten, wen hat eigentlich diese Kritik gegolten? Ich höre immer wieder in Religionsstunden von PH-Studierenden, das sage ich ohne Abwertung, woher sollen die jungen Leute das wissen, also eine Stunde über prophetische Kritik. Der Prophet, egal wer, Hosea, Amos, Micha, Jesaja, Religionsstunde, habe ich selber so gehört, die Propheten haben das Volk zur Umkehr aufgerufen, weil sie die 10 Gebote nicht gehalten haben. Darf ich sagen, das hat mit der Bibel aber gar nichts zu tun, aber die Dame kam aus bibeltreuem Hintergrund.
Die hatte selber keinen Schimmer, wie viel 100 Kilometer sie weg war und wie sie die Bibel bis zur Unkenntnis verdreht hat. Nein, man muss die Propheten schon politisch deuten. Die Kritik der Propheten galt ganz bestimmten Adressaten, dem König, seinen Ratgebern, also den leitenden Leuten am Hof, den Großhandelskaufläuten, den Großgrundbesitzern, den Führungskräften im Militär und Religion, also den Verantwortungsträgern. Den galt die Kritik und dem wurde das Gericht angesagt. Also Amos sagt mal, wenn du stirbst, der König, dann werden deine Palast-Sängerinnen an deinem Grab singen. Also die leben noch. Das Gericht ging nicht über alle Leute weg, sondern an die Elite, an die Verantwortungsträger. Sonst verhone piepelt man die Bibel. So naiv dürfen wir in Zukunft die Bibel bitte nicht mehr lesen. So naiv.
Also die Kritik der Propheten richtete sich an die, die das Recht verdrehen. Kleinbauern können doch gar kein Recht verdrehen. Gut. Und also es entstand diese soziale Spannung, Oberschicht und Rest. Und die Oberschicht hat sich an der internationalen Oberschicht orientiert. Jetzt nach dem babylonischen Exil ging diese Spannung weiter. Sie vertiefte sich. Nach dem babylonischen Exil kommen drei Konfliktherde hinzu, die es im Alten Testament noch gar nicht gibt. Die können sie nicht im Alten Testament lernen.
Also was wir im Alten Testament lernen können durch die Propheten, wer auf Kosten anderer Menschen lebt, wer das Recht beugt, der zieht sich selber das Gericht zu. Das können wir lernen. Jetzt in der Zeit nach 500 kommen drei ganz neue Konfliktherde hinzu. Nämlich jetzt wird Palästina, Israel regiert auch durch weitere Fremdmächte, nämlich die Seleukiden und die Ptolemäer. Das sind alles sehr hellenistisch orientierte Leute, die eine hellenistische Kultur hatten. Und jetzt entsteht ein Konflikt. Wie weit soll sich ein gläubiger Jude der hellenistischen Kultur öffnen? Ist ja heute genau das gleiche Problem. Wie weit soll sich ein engagierter gläubiger Christ, sagen wir mal, dem Zeitgeist oder wie immer öffnen? Das ist eine ewige Frage. Also die kam damals auf, die gab es natürlich da früher noch so noch gar nicht. Es gab jetzt die Juden, die sich der hellenistischen Kultur relativ weit geöffnet haben.
Zum Beispiel ihren eigenen Kindern hellenistische Namen gegeben haben. Zum Beispiel Andreas. Das ist ein griechischer Name. Das haben gläubige Juden schon gesagt, das ist eine Frechheit. Wir können doch unsere Kinder nicht Andreas nennen. Also Andreas kam aus einer sehr liberalen Familie. Oder wie weit sollen wir uns um des Glaubenswillen verschließen? Dieser Konflikt raubt so viele Kräfte und es gibt da auch keine einfache Patentlösung. Also das ist ein neuer Konfliktherd. Der zweite Konfliktherd, den es im Alten Testament noch nicht gibt, ist die Spannung zwischen Jerusalem und Galiläa. Jüdisches Kernland und diese komische Form des Judentums in Galiläa. Das heißt in Johannes 7, forsche und sie, aus Galiläa steht kein Prophet auf.
Und dann soll der Messias vielleicht aus Galiläa kommen. Ist ja lachhaft, das steht alles in Johannes 7. Der Messias kann doch nicht aus Galiläa kommen. Nicht einmal ein Prophet kommt aus Galiläa. Aber Judentum, Kernland, Jerusalem. Es war auch die Spannung da armreich, weil in der Armut, die ich gleich kurz schildern werde, Jerusalem war nicht arm, war steuerbefreit. Und die ganze Wallfahrtindustrie, die hat ja dort alles gekauft, da waren so viele Geschenkeläden. Also in Jerusalem, da waren viele Pfeffersäcke. Also die Spannung statt Land, statt Galiläa. Und das dritte Spannungsfeld war zwischen Gerechten und Sündern. Das gibt es im Alten Testament gar nicht. In den Evangelien wird unheimlich eine Spannung deutlich zwischen den Gerechten und den Sündern.
Jetzt müssen wir genau wissen, was sind Gerechte? Gerechte begehen natürlich auch jeden Tag Sünden. Also Gerechte sind nicht der Meinung, Frau Pharisäer haben gesagt, wir sind Gerechte. Wir sind keine Sünder. Es meint nicht, dass die eingebildet waren. Jeder Pharisäer, oder fast jeder, wusste, dass er jeden Tag sündigt. Dass man auf das Sola gratia, allein die Gnade angewiesen bleibt, wusste jeder Pharisäer. Ich sage ja oft, was ihr über die Pharisäer denkt, das sagt nichts über die Pharisäer, das sagt nur was über euch. Also die Pharisäer waren sehr selbstkritisch, aber sie waren keine Sünder. Wer sind Sünder? Sünder sind Menschen, die berufsmäßig sündigen, die notorisch sünden, die einen Beruf haben, der sich sowieso gar nicht mit der Thora vereinbaren lässt.
Zum Beispiel für die Feinde Israels beruflich arbeiten. Das geht doch nicht. Das sind Sünder, Zöllner, die mit der Besatzungsmacht zusammenarbeiten und natürlich auch Postituierte und viele andere. Und Gerechte sind die, die sich aufrichtig bemühen, die die Thora lieben und so weiter. Und das ist schon ein Unterschied. Und jetzt war Jesus ja sehr kommunikativ gegenüber Sündern, unglaublich. Er hat sich sogar von Sündern zum Essen einladen lassen. Es gibt in allen Schriften des Judentums von 300 vor bis 300 nach nicht einen Text, wo ein Schriftgelehrter mit einem Sünder am Tisch ist. Gibt es nicht einen Text. Das macht man nicht. Man geht nicht in das Haus von Sündern, da wird man unrein. Man kann schon auf der Straße mit Sündern reden, um sie zu ermahnen und auf den richtigen Weg zurückführen. Aber man lässt sie doch nicht mit Sündern einladen. Essen ist die engste Gemeinschaft. Also Jesus war oft in schlechter Gesellschaft.
Er wurde ja auch als Fresser und Weinsäufer verschrien. Also diese drei Konfliktherde. Wie weit soll man sich der hellenistisch-römischen Kultur öffnen und wie weit nicht? Die Stadt-Land-Spannung, die Spannung Jerusalem-Galilea und der Konfliktherd zwischen Gerechten und Sündern. Gut, jetzt in Palästina der Zeit Jesu war Palästina in einem starken Abwärtstrall, in einem Verelendungsprozess. Der setzte so ungefähr mit dem Jahr vielleicht 40 vor, 30 vor, so irgendwie, ging die Karawane ganz nach unten. Und zwar waren das folgende Hauptgründe, die muss man ganz wichtig nehmen, wenn man die Dinge verstehen will.
Einmal die Römer, die um 63 Palästina erobert haben, teilten das Gebiet verwaltungsmäßig ganz neu ein. Und zwar die wohlhabende Küstenstätte Akko, Dor, Caesarea, Jaffo oder Jaffa und so weiter. Diese Küstenstätte wurden von Judäa abgetrennt. Die wurden einfach, das ist jetzt nicht mehr Judäa. Und die wohlhabenden Städte der Decapolis, da wurde ein eigener Zehntstädteverband gegründet und die haben damals viel Geld ins ganze Ding gepumpt. Also diese beiden prosperierenden Gebiete wurden abgetrennt, sie standen nicht mehr zur Verfügung. Zweitens, die Römer und auch Herodes der Große hat lang gedienten Offizieren und Generälen reiche Ländereien zur Verfügung gestellt in der Pension, Latifundien, Jesraelebene.
Und die Gebiete wurden enteignet. Und sowohl die Römer als auch Herodes haben Ländereien enteignet und sie kapitalkräftigen, reichen Leuten haben sich abkaufen lassen. Da haben sie wieder Geld gekriegt. Und durch diese zwei Vorgänge, Schenkung von Latifundien an verdiente generelle Offiziere und den freien Verkauf von enteigneten Ländereien an kapitalkräftige, reiche Leute, führten zu einer enormen Besitzkonzentration und zum Niedergang der meisten Kleinbauern. Die gerieten in eine Schuldenfalle und wurden Kleinpächter. Die haben auf ihrem eigenen Schollen oder auf anderen Schollen nur noch als Pächter leben können. Dann noch stärker wirkte sich aus die ungeheure Steuerschraube. Herodes der Große war der größte Bauherr der Antike, seit Ramses dem Zweiten.
Der war bauwütig, kolossalbauten, also zehnmal mehr wie Kaiser Augustus, wirklich. Und das ganze Geld wurde in der Bevölkerung rausgepresst. Herodes musste zweimal die Steuern senken, weil es anders nicht mehr ging. Und jetzt kam aber Augustus in der ersten Schätzung Weihnachtsgeschichte um die Zeitenwende. Der hat jetzt auch zum ersten Mal das gesamte römische Imperium besteuert. Die kamen jetzt noch dazu. Und da brach eine Verelendung aus. Jesus sagt ja mal, wer ein Kind aufnimmt in meinen Namen. Es waren damals tausende von Kindern auf den Straßen, die hatten keine Eltern mehr. Es gab sehr viele Hungertote. Also es war ein richtiger Verelendungsprozess. Und dann kamen in den Zwanzigerjahren noch drei Dürreperioden dazu. Und das gab den meisten den Rest. Also die Unterschicht sackte ab in Bethelei. Es nahmen die Desperados zu, die Kriminalität.
Entweder Verkauf in die Schuldknechtschaft oder Rückzug ins Banditentum, in die Kriminalität, in die Räuberei, in die Wegelagerei. Banditentum, Bethelei war an der Tagesordnung. Und die Ausreisewilligkeit stieg immer mehr. Niemand verlässt ja die Heimat gern. Aber jetzt haben es lebten außerhalb von Palästina vier bis fünf Millionen Juden und in Palästina eine Million bis ein Viertel. Also es lebten viermal so viele Juden außerhalb von Palästina wie in Palästina. Das war zwar vorher auch schon ein bisschen der Fall, aber nicht so krass. Das war auch einfach raus aus diesem Hungerland. Der verlorene Sohn ist ein Beispiel für Zehntausende. Und jetzt passierte Folgendes für die religiöse Religiosität. Jetzt hatte ja auch die Thora religiöse Steuern, zum Beispiel Tempelsteuer, dann der Zehnte, den man dann auch bei einer Wallfahrt in Jerusalem ausgeben soll,
und das Schabbatjahr, alle siebte Jahr Brache. Diese religiösen Steuern der Thora waren gut gemeint, aber setzen stabile wirtschaftliche Verhältnisse voraus. Nämlich die Thora wollte sagen, völlig richtig, du kannst doch ein Zehntel von dem abgeben aus Dankbarkeit. Du hast alles aus der Güte Gottes und jetzt zeige deine Dankbarkeit. Also ist alles gut gewesen. Aber jetzt, die Unterschicht konnte kein Schabbatjahr, den Zehnten, das klappte alles nicht mehr. Man empfand jetzt den Gott der Thora als ganz schön menschenfeindlich. Obwohl in der Thora viele Stellen sind, dass Gott aufseiten der Armen ist, das ist unzweifelhaft, aber dieses Steuersystem, das bis die Römer kam, verkraftbar war, aber jetzt ist es zusammengebrochen.
Das heißt, wirtschaftliche, soziale Veränderungen haben die guten Absichten der Thora unterlaufen. Und wer jetzt einfach sagt, das ewige Wort Gottes, das hat doch immer recht, ich kann doch nicht den Zeitgeist und so weiter, wir zitieren wie immer Gottes Wort, das ist Gottes ewiges Wort, und diese, das kümmert mich nicht groß. Also es gab dann wirklich religiöse Leute, die haben weiterhin die Thorat zitiert, als ob es noch vor 100 Jahren wäre, aber Jesus nicht. Jesus hat nicht einfach das ewige Wort Gottes hochgehalten, sondern er hat ein Reich verkündigt, das gerade zu diesen Leuten gehörte. Er hat eine Solidarität mit den Armen, mit den Kranken, mit den Behinderten, mit den Blinden. Ich freue mich, dass Jesus so ein Interesse an Blinden hatte, das freut mich.
Also Jesus hat nicht angesichts dieser Lage sich weiterhin beschränkt, die Thorat zu zitieren, sondern er hat die Not seiner Zeit zum Auslegungsmodus der Heiligen Schrift gemacht und zu seinem Wahrnehmungsmaßstab für Gott. Und deswegen können wir sagen, die Lebensbedingungen zur Zeit Jesu waren im Großen und Ganzen fürchterlich. Und Jesus hat offensichtlich, war so erschüttert und hat diese Dinge so ernst genommen, dass er die Lebensbedingungen seiner Zeit zum Auslegungsmodus gemacht hat.
Und das beeindruckt mich. Das gewinnt mich.
Galiläa, der Lebensraum Jesu (Teil 2) | 8.6.3
Am schönsten ist es natürlich, selber hinzureisen, an die Ufer dieses Sees, das in manchen Sprachen ein Meer genannt wird. Hier steht Kapernaum, das Dorf, das Jesus zu seiner Wahlheimat machte und das heute ein Open-Air-Museum ist. Da kann man durch die engen Gassen Nazareths schlendern, das zu Jesu Zeiten ein unbedeutendes Dorf war, und dessen Name auf eine jahrhundertealte Prophezeiung hinweist. Oder mit einem Boot auf den See hinauspaddeln und sich davon überzeugen, dass die Akustik in dieser einen speziellen Bucht so perfekt ist, dass Jesus vom Wasser aus zweifelsfrei zu Menschenmassen sprechen konnte. Wer selber nicht hinreisen kann, hört Siegfried Zimmer zu, wie er von jenen Orten erzählt, die Kulisse für Jesu Wirken waren. Und über die Lebensbedingungen, die Jesu Zeit prägten, über Glaubenskonflikte und Armutsflüchtlinge.