Durch die Gnade Gottes bin ich, was ich bin. Und sein gnädiges Handeln an mir ist nicht ohne Wirkung geblieben. So schreibt Paulus gegen Ende des ersten Korintherbriefes und diesem Rückblick auf seine Lebenswende, die sich in Damaskus ereignet hatte. Beginnen wir nun dort, wo wir gestern aufgehört haben, was hat sich nach dieser Lebenswende des Paulus bei Damaskus ereignet. Aus dem Christenverfolger ist nun also ein Christusverkündiger geworden. Doch ging das so einfach mit einem Klick? Christusbegegnung und dann auf in die Mission.
Paulus kannte als Christenverfolger zwar so die Grundanschauungen der Christen. Wo, ob und wie Paulus über sein eigenes Wissen und die Christusbegegnung hinaus im christlichen Glauben auch unterwiesen wurde, wissen wir nicht genau. Gemäß lukanischer Darstellung wurde Paulus in Damaskus ja getauft. Das wissen wir aus der Apostelgeschichte. Ob damit auch eine Unterweisung im Glauben verbunden war, kann nur vermutet werden. Wissen wir nicht, ist nicht überliefert. Er selber schreibt auch nicht viel darüber. Im Galaterbrief erwähnt er nur, dass er nach seiner Berufung nicht sofort nach Jerusalem gegangen ist, sondern dass er zuerst nach Arabien ging und dann nach Damaskus zurückkehrte.
Erst drei Jahre später ging er nach Jerusalem und da nennt er auch einen Grund, also nicht zur Glaubensunterweisung, sondern um Kephas, also Petrus, kennenzulernen. Nach Darstellung der Apostelgeschichte beginnt Paulus jedoch direkt nach seinem Damaskuserlebnis mit den ersten Verkündigungsversuchen. Zunächst in Damaskus selbst und dann in Jerusalem. Und dabei stieß er so die lukanische Darstellung bereits auf heftigen Widerstand. Und wie Lukas berichtet, musste Paulus nach teils sogar lebensbedrohlichen Auseinandersetzungen nach Tarsus in Sicherheit gebracht werden.
Davon berichtet Paulus gar nichts. Wenn man jetzt allerdings ehrlich ist, sind das jetzt auch keine Details, mit denen er die Galater davon überzeugen kann, dass er ein ernstzunehmender Apostel ist, dem man trauen kann, weil das eben auch so ein bisschen das Anliegen des Paulus im Galaterbrief ist. Beide, Paulus und Lukas, lassen eben ihre jeweiligen Intentionen in die Darstellung der Ereignisse hineinfließen. Und in diesem Fall könnten ihre Interessen nicht weiter auseinandergehen. Und dazu müssen wir uns jetzt ein bisschen auch die Situation vor Augen halten, die in Galatien herrschte. Der Galaterbrief ist extrem polemisch formuliert.
Also man hört hier richtig den Ärger des Paulus heraus. Dort sind einige strenge Judenchristen gewesen, die sich eben gegen die gesetzesfreie Mission des Paulus aufgelehnt haben und daher eben auch die Autorität des Paulus infrage gestellt haben. Ziel des Paulus im Galaterbrief ist es also, seine Autorität wieder stark zu machen. Und daher betont er eben auch in diesem Zusammenhang, dass er unabhängig von den Autoritäten in Jerusalem, namentlich Petrus, direkt von Jesus Christus selbst zum Apostel berufen worden ist. Und dennach geht er eben auch nicht direkt nach Jerusalem, sondern erst drei Jahre später.
Und auch nur kurze Zeit, nur zwei Wochen. Und zwar nicht, um irgendeine Legitimation oder Belehrung zu erfahren, hat er ja nicht nötig, sondern einfach, um Keffers kennenzulernen. Also so etwas wie Networking, Beziehungen pflegen, guten Willen zur Zusammenarbeit zeigen. Lukas hingegen verfolgt andere Interessen. Ihm ist es wichtig, das haben wir ja gestern auch schon gesagt, Jerusalem und die Zwölf als Garanten und Ausgangspunkt der christlichen Mission herauszustellen. Und daher ist ihm eben auch daran gelegen, die Figur des Paulus möglichst eng mit Jerusalem zu verbinden. Doch in diesem Fall darf man jetzt eben nicht gerade pauschal sagen, die Paulus-Darstellung ist richtig. Er schreibt ja aus seiner Sicht und weiß es besser als Lukas, was sich ereignet hat.
Denn wie eben deutlich wird, auch Paulus verfolgt gewisse Interessen. Außerdem verarbeitet die Apostelgeschichte ja auch ältere Traditionen von auf hohem historischem Wert. Insbesondere die Nennungen von Orten oder auch die Beschreibung von Reiserouten sind in der Apostelgeschichte weitaus umfangreicher als die Angaben in den paulinischen Briefen. Also das, was wir heute, wenn wir uns mit den Missionsreisen des Paulus beschäftigen, haben wir weitgehend die Interessen, die wir in der Apostelgeschichte haben. Informationen aus der Apostelgeschichte, da sagt Paulus nicht so extrem viel dazu. Doch wie war es nun tatsächlich? Was geschah jetzt nach diesem Damaskus-Ereignis?
Und in diesem Fall müssen wir leider eingestehen, dass wir es nicht mit Sicherheit sagen können. Es sind Vermutungen. Und vermutlich ist es schon in etwas so abgelaufen, wie Paulus schildert, zumal er ja auch selbst beteuert, dass er nicht lügt. Also er war zunächst in Arabia, wie er im Galaterbrief sagt. Wo ist jetzt dieses Arabia bzw. was ist damit gemeint? Paulus bezieht sich hier nicht auf das Gebiet, was wir heute unter Saudi-Arabien kennen. Er spricht von der Region, die das Heilige Land Israel im Süden und Osten begrenzte, nämlich das Königreich Nabatea. Ein ehemaliges Nomadenvolk, das von Rom unabhängig war.
Es war ein bisschen einzigartig. Und das Südöstlich von Damaskus lag. Es war eine sehr steinige Wüstengegend. Und es kann sicherlich sein, dass sich Paulus hier auch zum Gebet zurückzog, als eine Art Wüstenerfahrung. Vermutlich ging Paulus aber eben auch dort in die Hauptstadt Petra, um erste Missionsversuche zu starten. Er ist ein Eiferer. Weil er in irgendeiner Weise auch die Aufmerksamkeit des dortigen Königs Arethas erregt. Denn im zweiten Korintherbrief berichtet Paulus, dass der Stadthalter dieses Arethas in Damaskus alles bewachen ließ, um Paulus festzunehmen.
Also da sind wir jetzt schon in Damaskus der zweiten Station nach diesem Damaskus-Erlebnis. Jetzt muss man dazu aber zunächst mal wissen, dass Damaskus zum wirtschaftlichen Einflussbereich des Nabateerreiches gehörte. Deswegen saß da eben auch ein Stadthalter dieses König Arethas aus dem Nabateerreich. Und dann heißt es im zweiten Korintherbrief, also das berichtet Paulus tatsächlich selber, dass er hier in einem Korb durch ein Fenster die Stadtmauer heruntergelassen wurde, um fliehen zu können. Und dieses Ereignis schildert ja auch Lukas in der Apostelgeschichte, als er eben über die ersten Missionsversuche des Paulus in Jerusalem und Damaskus berichtet.
Das heißt, hier treffen sich die beiden Berichte. Hier sind wir aus sicherem historischen Boden. Lukas lässt aber die Arabier weg, damit die Mission eben von Jerusalem aus startet. Und die wenigen erfolgreichen Missionsversuche in Damaskus und Jerusalem stimmen dann mit den Vermutungen überein, dass die Zeit in Arabier wohl doch nicht so reibungslos verlief, wenn dann später in Damaskus der Stadthalter hinter Paulus her ist. Was hat er sonst für einen Grund dazu? Von daher scheint dies jetzt, was ich schildere, zu der wahrscheinlich historischen Ablauf gewesen zu sein. Paulus geht nach Arabier ins damalige Nabateerreich, macht dort auch Missionsversuche, die eben nicht ganz so reibungslos verliefen, also er hat Aufmerksamkeit erregt.
Geht dann nach Damaskus, wo ihm ebenfalls nachgestellt wird, flieht und geht dann nach Jerusalem. Wie lange er selbst in Arabier war, das wird nicht gesagt. Es wird nur gesagt, dass er eben drei Jahre später nach Jerusalem ging. Also Damaskuserlebnis, Arabier, Damaskus, Jerusalem, von hier nach hier, also von Damaskuserlebnis nach Jerusalem sind es drei Jahre. In Damaskus kann er jedoch nicht so lange gewesen sein, wenn ihm hier der Stadthalter nachstellt. Und daher scheint er schon in Arabier so die meiste Zeit dieser drei Jahre verbracht zu haben. Die Apostelgeschichte schildert nun aber auch weitere Details über seinen Aufenthalt in Jerusalem und die Zeit danach.
Es wird berichtet, dass Barnabas, der spätere Paulus-Bekleiter, hier vor den Aposteln für Paulus eintritt. Die waren schon alle etwas skeptisch, was diesen Paulus anbelangt. Er war ja ein gefürchteter und bekannter Christenverfolger. Und dieser Barnabas überzeugte die Apostel, als Paulus jedoch, jetzt haben wir ganz eine Apostelgeschichte, hier unter den Hellenisten. Und damit sind griechischsprachige Juden gemeint. Als er unter diesen Hellenisten Missionsversuche machte, kam es wieder zu Spannungen.
Und daher wurde Paulus danach Tarsus geschickt. So Lukas. Paulus selbst berichtet davon gar nichts. Er erwähnt nur im Galater Brief, dass dieser Jerusalem-Aufenthalt sehr kurz war und dass er dort Kephas, also Petrus, getroffen hat. Dass Paulus aber Spannungen und den Tarsus-Aufenthalt nicht erwähnt, bedeutet nicht, dass es nicht stattgefunden hat. Zumal das jetzt nicht Ereignisse sind, die seinem Interesse im Galater Brief entsprechen. Also man könnte hier sagen, in diesem Fall hat Paulus wohl auch etwas harmonisiert.
Er hat es einfach weggeschwiegen. Über die weiteren Ereignisse bis hin zu seinen Missionsreisen erfahren wir sehr, sehr wenig bis gar nichts von Paulus selbst, sondern nur aus der Apostelgeschichte. Paulus erwähnt im Galater Brief nur, dass er nach seinem Jerusalem-Besuch in das Gebiet von Syrien und Kilikien, das ist im Norden von Israel gegangen ist, was ja mit dem Tarsus-Aufenthalt in Verbindung gebracht werden kann, weil dieses Tarsus in Kilikien liegt, in der heutigen Türkei. Und in Tarsus, also seinem Herkunftsort, seinem Geburtsort, da muss Paulus eben dann doch eine längere Zeit verbracht haben.
Also nach dem Damaskus-Ereignis und diesen drei Jahren, die er in der Arabia, in Damaskus und Jerusalem verbracht hat. Also hier muss er eine längere Zeit verbracht haben, denn die nächste Zeitangabe, die wir haben, ist bereits das Apostelkonzil in Jerusalem. Und hier gibt Paulus im Galater Brief an, dass er da 14 Jahre später hingehen, also 14 Jahre. Und dazwischen liegt noch das Wirken in Antiochia und die erste Missionsreise, die aber eben nicht so viele Jahre decken konnte. Aber wir kommen darauf jetzt heute noch später zu sprechen. Bleiben wir jetzt erst mal in Tarsus. Das Problem ist jetzt, dass auch Lukas eigentlich nichts Näheres darüber berichtet.
Und daher gibt es zahlreiche Vermutungen, was Paulus wohl in dieser Zeit in Tarsus gemacht hat. Sicher ist, dass Tarsus scheinbar im Gegensatz zu Damaskus und Jerusalem ein sichererer Ort für Paulus war. Sonst wäre er ja nicht dorthin geschickt worden, um in Sicherheit gebracht zu werden. In dieser Zeit – das ist jetzt aber Vermutung – könnte Paulus auf er mit der griechischen Kultur, der Philosophie und dem Bildungspotenzial dieser Stadt in Berührung gekommen sein als in seiner Kindheit. Zudem ist zu vermuten, dass er, der Eiferer, es eben auch dort nicht lassen konnte, Verkündigungsversuche zu machen und zu missionieren.
Aber es sind Vermutungen. Also Lukas schweigt ebenso wie Paulus über diese Zeit. Wie ging es dann aber weiter? Auch hier haben wir nur die Apostelgeschichte, die uns hilft, den Sprung zur ersten dezidierten Missionsreise des Paulus zu klären. Insgesamt haben wir ja drei Missionsreisen. Gemäß lukanischer Darstellung ist es wieder der bereits erwähnte Barnabas, der Paulus von Tarsus nach Antiochian holt. Nochmals zur Erinnerung, Barnabas war in Jerusalem für Paulus eingetreten, um die Apostel von der Glaubwürdigkeit des Paulus zu überzeugen. Und dieser Barnabas wirkte bereits in Antiochia und dort war bereits eine beträchtliche christliche Gemeinde herangewachsen.
Und Antiochia war nach damaligen Verhältnissen eine Großstadt. Es war sogar die drittgrößte Stadt des Römischen Reiches und damit auch im Vergleich zu Jerusalem um einiges größer. Also Jerusalem hatte so circa 25.000 bis 30.000 Einwohner, dieses Antiochia mehrere hunderttausend. Paulus sollte ihn in der Mission in Antiochia unterstützen. Und dies setzt ja jetzt eigentlich voraus, dass Paulus inzwischen ein vertrauenswürdiger Verkündiger der christlichen Botschaft geworden ist.
Die Frage stellt sich jetzt aber schon, warum wählt Barnabas gerade diesen Paulus aus? Und hier müssen wir uns vor Augen halten. Dieses Antiochia liegt bereits in der Diaspora. Das heißt, es geht hier um Menschen, die Grieche sprechen. Und wer besser als Paulus könnte hier wirken? Er kann Griechisch. Er ist in der Diaspora zumindest in früher Kindheit aufgewachsen. Er weiß um die Kultur, die Probleme. Er weiß um das Stadtleben. Und Barnabas weiß um die Qualitäten des Paulus. Und es ist ja nicht das erste Mal, dass er als Fürsprecher und Fürsorger des Paulus auftritt.
Und dort wirkt Paulus nun zum ersten Mal gemeinsam mit einem anderen christlichen Missionar in einer Gemeinde. Und nach dem Zeugnis der Apostelgeschichte wirken sie dort gemeinsam für ein Jahr. Und scheinen auch großen missionarischen Erfolg gehabt zu haben, weil es heißt, dass sie dort viele Menschen belehrten. Antiochia ist dann auch Ausgangspunkt und Endpunkt der ersten Missionsreise, die circa 47 nach Christus stattfindet. Und hier zeigt sich schon, Antiochia wird immer bedeutender im Gegensatz zur Jerusalemer Urgemeinde.
Also von hier, von diesem Antiochia gehen die entscheidenden Initiativen aus, wie eben diese erste Missionsreise. Und in der Apostelgeschichte wird dies in einem sehr dramatischen Stil ausgeführt. Wie es für Lukas sehr typisch ist. In einem Gottesdienst kommt der Heilige Geist selbst sogar selbst zu Wort. Er wählt Barnabas und Paulus und sendet sie aus auf diese erste Missionsreise. Lukas berichtet über die erste Missionsreise in den Kapiteln 13 und 14 der Apostelgeschichte. Er nennt Zypern und die kleinasiatischen Landschaften Pamphylien, Pisidien und Lykaonien. Das heißt, die erste Missionsreise ist noch ganz auf den kleinasiatischen Raum beschränkt.
Das heißt, Gebiete, die so der heutigen Türkei und Syrien entsprechen. Insbesondere die Darstellung der Zypern-Mission ganz am Anfang der Missionsreise entspricht jedoch wieder ganz lukanischen Interessen. Bei diesem ersten Missionshalt geschieht nicht nur ein Wunder, wobei es sich in diesem Fall um ein Fluchwunder handelt. Denn Paulus lässt den zauberer und falschen Propheten Bar-Jesus, der eben gegen Paulus hetzt, erblinden. Also es geschieht nicht nur ein Wunder, sondern es bekehrt sich sogar ein römischer Proconsul. Namens Sergius Paulus.
Das heißt, die erste Missionsreise startet gleich mit der Bekehrung eines hochrangigen Heiden, also eines Nichtjuden. Und genau an dieser Stelle führt Lukas auch den römischen Namen des Paulus ein. Denn jetzt beginnt die Völkermission. Das heißt, das Wirken des Paulus als Apostel der Heiden, als Apostel der Völker. Zuvor hatte er ihn ja immer nur Saulus genannt. Das heißt nach dem jüdischen Namen. Man spricht ja oft von dem Saulus-Paulus-Ereignis und bringt dies mit dem Damaskus-Ereignis in Verbindung. Das heißt, dass Paulus als Jude noch Saulus war und nach seiner Bekehrung Paulus. Das stimmt nicht mit der Darstellung des Lukas überein.
Ebenso wenig, wie Paulus bei seiner Christusbegegnung vom Pferd geflogen ist. Diese Darstellung verdankt sich eher der Kunst, habe ich schon gesagt, und ist immer noch eben in vielen Köpfen. Ich höre das auch oft von Studenten in der Einleitung, die sagen, sprechen auch immer davon, dass Paulus vom Pferd geflogen ist. Muss man sagen, genau die Apostelgeschichte lesen, da steht nichts von einem Pferd, so schöne Tiere das auch sein mögen. Paulus und Barnabas gingen jetzt bei dieser ersten Missionsreise zu den Völkern, aber noch vornehmlich in die Synagoge. Und dann heißt es, sie verkündeten dort den Juden und Griechen. Und jetzt könnte sich die Frage stellen, was haben denn Griechen, also im Griechischen ist das ein Begriff, Hellenisten, man könnte auch Hellenisten sagen, Hellenistes.
Was haben Griechen und damit sind eben Heiden, also die aus den Völkern gemeint, was haben die in der Synagoge verloren? Wenn Lukas von diesen Hellenisten, also Griechen, spricht, meint er aber nicht einfach nur Heiden, also nicht Juden, sondern an manchen Stellen zielt er mit dieser Bezeichnung Hellenisten auch darauf ab, dass es sich um griechischsprachige Menschen handelt, also um Menschen, die Grieche sprechen, nicht Aramäisch. Und das könnten ja natürlich auch Diaspora-Juden sein, wie eben Paulus, der war auch so ein Hellenist. Aber wenn wir jetzt einmal in der Apostelgeschichte in Kapitel 14 Halt machen, das sind wir jetzt in Iconion,
dann ist hier, wenn wir jetzt nochmal genau hinhören, von Juden und griechen-hellenisten die Rede. Das heißt, in diesem Fall können mit diesen Griechen keine Diaspora-Juden gemeint sein, weil die Juden ja extra genannt werden. Das heißt, es sind hier tatsächlich nicht Juden in der Synagoge. Und dabei handelt es sich um sogenannte Proselyten, man könnte es übersetzen als Gottesfürchtige. Und das sind Heiden, die sich vom Judentum angezogen fühlen, aber den Schritt zur Beschneidung nicht machen.
Wir können uns an dieser Stelle jetzt aber auch fragen, warum geht Paulus überhaupt in die Synagoge? Wenn er sich doch eigentlich zu den Völkern, zu den Heiden, also zu den Nicht-Juden berufen fühlt, da ist er in der Synagoge doch eigentlich fehl am Platz. Und das ist vermutlich Strategie, denn Paulus kennt die Situation in der Diaspora sehr, sehr gut. Und er weiß, dass er eben in der Synagoge nicht nur Juden antrifft, sondern auch diese sogenannten Gottesfürchtigen. Und warum hat Paulus jetzt so ein großes Interesse, gerade diese Gottesfürchtigen anzusprechen? Weil das Menschen sind, die bereits offen für das Judentum sind und damit offen und interessiert für eine monotheistische Religion.
Und damit eben nicht mehr so verhaftet sind in polytheistischen Religionsvorstellungen. Monotheismus, also der Glaube an einen Gott. Die pagane Welt hatte ganz, ganz stark polytheistische Vorstellungen, also eine Vielzahl an Göttern, die für verschiedene Belange zuständig sind. Und bei dieser Personengruppe der Gottesfürchtigen, die also schon Interesse zeigen am Judentum, an einer monotheistischen Religion, an der Vorstellung, dass es einen Gott gibt. Bei diesen Personengruppen hatte Paulus am meisten Missionserfolg, weil der Vorteil war, dass sie eben zusätzlich nicht auf das Judentum mit allen seinen Gesetzen und Vorschriften fixiert waren.
Und das Christentum für sie allein schon deshalb leichter zugänglich war, weil sie sich nicht beschneiden mussten. Zumindest nach der Vorstellung des Paulus. Denn in diesem Punkt gab es ziemliche Meinungsverschiedenheiten unter den Judenchristen, doch dazu später. Bleiben wir jetzt noch bei dieser ersten Missionsreise. Also Paulus und Barnabas haben sich hier zunächst einmal vor allem in die Synagogen begeben und dort gepredigt, verkündigt. In Lystra, einer weiteren Stadt in der heutigen Türkei, wenden sie sich dann aber zum ersten Mal der einheimischen Bevölkerung an sich zu. Und die Missionsreise, also im Gesamten, war an sich sehr erfolgreich, denn hier wurden auch mehrere Gemeinden gegründet.
Damit entstanden nun aber auch Streitfragen. Denn es waren hier eben nicht nur Heiden, also nicht-Juden, missioniert worden, sondern diese lebten nun mit jüdischen Gemeindemitgliedern zusammen in einer Gemeinde. Und das hatte gewisse Probleme zur Folge. Zunächst wird hier jetzt ein Konzil in Jerusalem einberufen. Das heißt, der Weg des Paulus führt ein weiteres Mal nach Jerusalem. Und von diesem Konzil, man nennt es auch Apostel-Konvent, berichtet nicht nur Lukas im 15. Kapitel der Apostelgeschichte, sondern auch Paulus im zweiten Kapitel wiederum des Galaterbriefes.
Also große Einladung, mal die ersten beiden Kapitel des Galaterbriefes zu lesen, neben der Apostelgeschichte. Dann erfahren wir wirklich sehr viel über den historischen Paulus. Bleiben wir mal beim Bericht der Apostelgeschichte zunächst. Bezüglich dieses Apostel-Konvents, Apostel-Konzils. Die Apostelgeschichte berichtet uns, dass Paulus und Barnabas nach ihrer ersten Missionsreise zunächst einmal nach Antiochia zurückkehren. Und dort vor Ort stoßen sie jetzt auf einige Judenchristen, welche die Nichtjuden unter den Christen, also die aus dem Heidentum verpflichten wollen, sich beschneiden zu lassen, wenn sie Christen werden.
Und daraus entstand jetzt ein großer Streit mit Barnabas und Paulus, welche eben die gesetzesfreie Heidn-Mission favorisieren. Und daher keine Beschneidung fordern. Es ging also um die Frage, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, um Christ zu werden. Muss man erst Jude werden, das heißt sich beschneiden lassen oder nicht? Und deswegen werden Paulus, Barnabas und Titus von der antiochianischen Gemeinde nach Jerusalem geschickt, um diese Streitfrage mit der Jerusalemer Urgemeinde zu lösen. Und auf diesem Konzil sind nun drei Parteien anwesend. Erstens Paulus, Barnabas und Titus.
Titus ist auch ein späterer Paulus-Begleiter, den Paulus auch im Galaterbrief erwähnt. Und diese drei favorisierten eine gesetzesfreie Heidn-Mission. Das heißt, sie forderten keine Beschneidung. Dann gibt es eine zweite Gruppe, die so die Jerusalemer Urgemeinde anführen. Petrus, Johannes und Jakobus. Mit diesem Jakobus ist der Herrenbruder Jesu gemeint, also nicht jetzt einer der zwei Aposteln. Und dann gab es eine dritte Gruppe, die Paulus die Falschbrüder nennt. Und damit meint er jetzt genau diese Judenchristen, welche die Beschneidung fordern. Also man könnte auch sagen, Regisseur Paulus, der für die Jerusalemer Urgemeinde war. Die Beschneidung fordern, also man könnte auch sagen Rigoristen.
Was wurde nun beschlossen? Nun, im Ganzen sind es drei Beschlüsse, wobei die Forderungen der Falschbrüder nicht übernommen wurden. Das heißt, die Beschlüsse werden zwischen den beiden anderen Gruppen gemacht, die eben im engeren Kreis vertreten sind. Zu der Hauptstreitfrage wird beschlossen, grundsätzlich beschlossen, dass die Heidn-Mission beschneidungsfrei ablaufen soll. Allerdings weichen hier die Berichte etwas ab. Also zwischen Paulus und Galaterbrief und dem lukanischen Bericht in der Apostelgeschichte. Denn Lukas erwähnt hier weitere Bedingungen, während Paulus eigentlich sagt, ihm werden keinerlei Auflagen gemacht.
Aber da kommen wir gleich dazu. Es werden nämlich noch zwei andere Aspekte auf diesem Konvent, diesem Konzil vereinbart, die damit in Verbindung stehen. Es werden die Missionsgebiete aufgeteilt. Paulus, Barnabas und Titus als Vertreter der antiochrhenischen Gemeinde gehen zu den Heiden, also zu den Völkern. Und die Jerusalemer Gemeinde, repräsentiert durch diese drei Säulen, widmen sich den Judenchristen bzw. mehr der Mission Palästinas. Zudem wird eine Kollekte vereinbart, die erwähnt allerdings nur Paulus. Und diese Kollekte soll in den heidenchristlichen Gebieten eingesammelt werden, für die armen Christen in Jerusalem.
Also Paulus soll auf seiner Missionsreise, wenn er zu den Völkern geht, sozusagen Geld einbringen, das nach Jerusalem für die armen Christen gebracht wird. Was ist jetzt der Sinn dieser Kollekte? Letztlich, um die Einheit zwischen Judenchristen und Heidenchristen zu versinnbildlichen und zu stärken. Das heißt, man sah hier schon eben auch mit der Aufteilung dieser Missionsgebiete, man sah die Gefahr, dass hier zwei Gruppierungen auseinander trifft. Und insbesondere auch der Ursprung der christlichen Mission, der eben aus dem Judentum kam bzw. von dort ausging, im Bewusstsein verloren gehen könnte.
Also das waren die drei Beschlüsse, die auf diesem Apostelkonvent vereinbart wurden. Wie ich jetzt bereits erwähnt habe, unterscheiden sich die Berichte zwischen Lukas und Paulus hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Heidenmission. Paulus sagt klipp und klar, dass ihm keinerlei Auflagen gemacht wurden auf dem Konvent. Das heißt völlig gesetzesfreie Mission und damit keine Beschneidung, keine Gesetzesvorschriften und so weiter. In der Apostelgeschichte wird allerdings von einigen Auflagen berichtet. Das heißt, dass sich die Heidenchristen zwar nicht beschneiden lassen müssen, aber sie sollen sich an gewisse Ritualvorschriften halten.
Da werden vier Ausnahmen genannt, die sich an den Vorschriften für Juden und Fremde nach Leviticus 17 orientieren. Dies umfasst den Verzicht auf Götzendienst und das Verzehren von Blutersticktem und Unzucht. Doch wie war es nun wirklich? Gab es jetzt Auflagen oder nicht? Paulus kann man zwar schon nachsagen, er habe seine Interessen durchsetzen wollen und will seine Meinung vor allem gegenüber den Galatern durchsetzen,
die ja auch durch gewisse Lehren am Gesetz verhaftet sind. Aber andererseits muss man auch sagen, dass Paulus beim Apostelkonvent dabei war und daher wissen muss, was dort beschlossen wurde. Lukas selbst war ja nicht dabei. Man geht daher davon aus, dass Paulus hier die Entscheidung des Konzils wahrheitsgemäß wiedergibt und Lukas in der Darstellung der Ergebnisse – jetzt wird es ein bisschen kompliziert – ein anderes Ereignis mit seinen Schlussfolgerungen hier hineinwebt. Ich spreche hier vom sogenannten antiochenischen Zwischenfall. Den verschweigt Lukas eben, vermutlich aus Harmonisierungsgründen.
Man könnte es jetzt aber auch neutraler sagen oder sehen. Als Geschichtsschreiber muss er auch etwas komprimieren. Da es bei diesem Ereignis auch um den Umgang mit Heidenchristen geht, hat er es gleich zusammengefügt. Dieses Ereignis, also dieser Zwischenfall in Antioch, muss auch sehr zeitnah zum Apostelkonzil stattgefunden haben. Allerdings danach, weil die Problematik auf dem Konzil selbst ja nicht verhandelt wurde. Was ist jetzt da in Antioch passiert? Einen Bericht darüber finden wir, wie gesagt, nicht in der Apostelgeschichte. Aber Paulus selbst schreibt darüber im Galaterbrief unmittelbar im Anschluss an seine Darstellung des Apostelkonzins im zweiten Kapitel.
Dieses Antiochia liegt ja in der Diaspora. Und es handelt sich um eine Gemeinde, die aus Judenchristen besteht, aber eben auch aus Christen, die vorher Heiden, also Heidenwahn, nicht aus dem Judentum stammen. Und es war jetzt so, dass Petrus dort in Antioch ja war, also Petrus, und dort selbstverständlich Tischgemeinschaft mit den Heidenchristen hatte, was für einen Juden an sich jetzt nicht so selbstverständlich war. Also Petrus hat diese jüdische Denkweise aufgegeben, wonach Juden mit Unbeschnittenen keine Tischgemeinschaft pflegen sollten.
Nach Paulinischer Darstellung änderte sich allerdings seine Verhaltensweise. Und zwar durch das Eintreffen von Judenchristen rund um Jakobus, die in diesem Punkt ein bisschen strenger dachten. Denn diese scheinen daran, Anstoß zu nehmen, wodurch sich auch Petrus dann von der Gemeinschaft mit diesen Heidenchristen zurückzog. Und nach der Meinung des Paulus aus Furcht, Menschenfurcht vor diesen Judenchristen, die da in Antioch hier eingetroffen sind. Und da hört man Paulus richtig seine Wut heraus. Er schreibt da, er habe ihm von Angesicht zu Angesicht widersprochen und Worte formuliert wie, und hier zitiert er sich selber, wenn du als Jude nach Art der Heiden und nicht nach Art der Juden lebst, wie kannst du dann die Heiden zwingen, wie Juden zu leben?
Also er wirft ihm Heuchelei, Menschenfurcht und Inkonsequenz vor. Und besonders schmerzvoll wird für Paulus auch vor allem gewesen sein, dass sich auch Barnabas davon blenden ließ und ebenfalls die Tischgemeinschaft mit den Heidenchristen aufgab. Also dieser Barnabas, mit dem er ja zusammen in Antiochia gewirkt hat, der ihn ja nach Antiochia gewohnt hat, mit dem er auf der ersten Missionsreise war, also sein engster Mitarbeiter, fällt ihm in den Rücken. Der mit ihm ja eigentlich aufs Konzil gegangen ist, um die Gesetzesfreie-Heiden-Mission zu favorisieren. Und dieses Ereignis führte vermutlich dann auch zur Trennung der beiden. Denn die zweite Missionsreise beginnt Paulus bereits ohne zu verabschieden sein.
Und diese startete dann ja auch im Anschluss an diesen antiochianischen Zwischenfall. Paulus selbst berichtet jetzt allerdings nicht, wie dieser Konflikt gelöst wurde. Und was dann letztlich die Konsequenz war oder wie es ausging. Also seine Verabschiedung, die er dann in der ersten Mission verabschiedet hat, und was dann letztlich die Konsequenz war oder wie es ausging. Also sagt Paulus nicht. Und da lohnt sich jetzt eben nochmal ein Blick in die Darstellung der Apostelgeschichte. Sie berichtet ja nicht von diesem Vorfall in Antiochia. Nennt aber bei den Beschlüssen des Apostelkonzils einige Mindestaufflagen für die Aufnahme von Heiden,
also von Nichtjuden, ins Christentum. Und das stimmt ja historisch nicht und passt ja auch nicht wirklich. Und wenn man jetzt nach einer vernünftigen Intention solcher Auflagen fragt, dann merkt man, dass diese ja eigentlich das Zusammenleben und das Selbstverständnis betreffen, das zwischen Juden und Heidenchristen herrschen sollte. Und das berührt jetzt natürlich zutiefst das Ereignis an Antiochia, weil es hier ja um Probleme ging im Zusammenleben zwischen Juden und Heidenchristen. Und daher ist man der Annahme, dass diese Mindestaufflagen eben genau aufgrund dieses Konflikts formuliert wurden, um dieses Zusammenleben in einem Kompromiss, könnte man sagen, zu regeln. Und dass Lukas diese dann sozusagen in den Rahmen des Apostelkonvents gestellt hat.
Also vermutlich sollte dies eine Art Kompromiss sein, um eben das Zusammenleben zwischen Juden und Heidenchristen in einer Gemeinde zu ermöglichen. War Paulus damit einverstanden? Wenn man die Emotionen berücksichtigt, die wir im Galaterbrief wahrnehmen, ist klar, Nein zu sagen. Und er sagt ja auch nicht, was die Lösung war. Daher hatte er sich wohl auch nicht nur von Barnabas, sondern eben auch von dieser antiochianischen Gemeinde abgewandt. Denn er kommt hier nur noch kurz her. Es ist daher wohl kein Zufluchtsort mehr für ihn.
Wie man es eigentlich vermuten könnte, wenn man bedenkt, dass er hier zum ersten Mal eigentlich in größerem Umfang missionierte. Und so stehen wir jetzt schon bereits unmittelbar vor der zweiten Missionsreise. Die Paulus antritt nun allerdings, wie schon erwähnt, ohne Barnabas. Der Gang der Ereignisse treibt Paulus nach Westen. Er ist sozusagen geistlich heimatlos geworden und beginnt ab circa 48 nach Christus seine selbstständige Mission. In der Apostelgeschichte wird diese zweite Missionsreise in den Kapiteln 16 bis 18 geschildert. Aus den Paulusbriefen erhalten wir hier immer wieder partielle Infos über diese Reise.
Und hier auf dieser zweiten Missionsreise durchbricht Paulus die bisherige Beschränkung seiner Mission auf Gebiete in Palästina, Syrien und dem südöstlichen Kleinasien, also Teile der heutigen Türkei, und wendet sich jetzt mehr dem Westen zu. Nach dem Bericht der Apostelgeschichte brach Paulus zusammen mit Silas aus Antiochia auf. Silas war ja auch beim Apostelkonvent dabei. Er ist Judenchrist und wurde dann mit Paulus nach Antiochia geschickt, um ihnen diese Beschlüsse mitzuteilen. Mit diesen macht er sich nun also auf den Weg und die beiden gewinnen auf ihrer Reise dann in Derbe Timotheus als Mitarbeiter und Begleiter dazu.
Diese beiden Männer, Silas und Timotheus, bilden nach der Ablösung von Barnabas und der antiochianischen Gemeinde die wichtigsten Mitarbeiter des Paulus. Sie erscheinen auch als Mitabsender der Briefe an die gegründeten Gemeinden, die dann in der zweiten und dann vor allem der dritten Missionsreise verfasst wurden. Paulus verfolgt auf dieser zweiten Missionsreise aber weiterhin dieselbe Methode und geht zunächst in die Synagoge der jeweiligen Stadt. Ein erster wichtiger Moment auf dieser zweiten Missionsreise ist Troas. Gemäß der Darstellung der Apostelgeschichte hat Paulus hier eine Vision und sieht einen Mazedonier, der ihn darum bittet, zu ihnen zu kommen.
Fakt ist, dass sie nach Mazedonien aufbrechen und damit – deswegen ist es so ein wichtiger Moment – erstmals europäischen Boden betreten, also in Gebiete, die heute in etwa in Griechenland und Nordmazedonien liegen. Die erste Station dort ist Philippi. Dort bekehrt Paulus die Purpurhändlerin Lydia, das heißt eine wohlhabende Frau und verzeichnet hier auch einen großen missionarischen Erfolg.
Allerdings schon in Philippi gibt es auch erheblichen Widerstand. Die Erzählung in der Apostelgeschichte 16 ist zwar sicherlich erzählerisch ausgeschmückt, es ist von Schlägen und Verhaftung die Rede, und dass sie dann nachts durch ein wunderhaftes Erdbeben befreit wurden. Allerdings berichtet Paulus selbst auch im ersten Thessalonikerbrief, dass sie in Philippi misshandelt wurden. Eine nächste wichtige Station und Gemeindegründung ist dann tatsächlich auch in Thessalonik. Auch über diesen Aufenthalt stimmen die Paulusbriefe und die Darstellung der Apostelgeschichte generell überein. Paulus hatte hier großen missionarischen Erfolg und auch hier erfährt Paulus mit seinen Begleitern Verfolgung, diesmal vonseiten der Juden. In Philippi waren es heidnische Beamte, die Paulus und seine Begleiter ergriffen hatten. An diese Gemeinde in Thessalonik verfasst Paulus ja dann auf seinen ersten Brief, noch auf dieser zweiten Missionsreise, auf einer weiteren Station, auf die wir gleich kommen, nämlich in Korinth, um circa 50 nach Christus.
Fraglich ist, wie lange Paulus in Thessalonik blieb, denn gemäß der Apostelgeschichte war es nur einen Monat. Die Angaben in den Briefen lassen aber vermuten, dass er hier etwas länger gewesen sein muss, weil es unter anderem heißt, dass er und seine Begleiter dort auch arbeiteten, um der Gemeinde eben nicht zur Last zu fallen. Zudem heißt es im Philipperbrief, dass die Gemeinde ihn dennoch zweimal unterstützte, was ebenfalls für einen etwas längeren Aufenthalt von circa drei Monaten spricht.
Auch auf seiner weiteren Station in Beröhe wirkt Paulus erfolgreich. Seine nächste Station in Athen scheint allerdings nicht erwähnenswert gewesen zu sein, denn Paulus selbst berichtet nichts Näheres darüber. Wir wissen allerdings von dieser Reise, weil er im ersten Thessalonikerbrief davon berichtet, dass er von dort aus Timotheus zu der Gemeinde in Thessalonik gesandt hatte, weil er eben selbst nicht weg konnte. Paulus war dort also schon vermutlich eine Weile. Aber er scheint keinen Erfolg gehabt zu haben. Und wir wissen tatsächlich auch nichts von einer Gemeindegründung in Athen. Es gibt auch erst im zweiten Jahrhundert nach Christus Zeugnisse von Christen in Athen.
Bestätigt wird dies auch durch die Apostelgeschichte, die hier ein bisschen mehr berichtet über diesen Athen Aufenthalt des Paulus, und zwar im 17. Kapitel. Hier findet seine berühmte Rede mit den Philosophen Athens statt. Ob sie historisch gewesen ist, wird vielfach angezweifelt. Sicher ist, dass die Rede lukanische Handschrift verrät, wobei man einen gewissen historischen Kern nicht völlig absprechen muss. Dass Paulus hier auf Philosophen stoßen könnte, ist tatsächlich nicht völlig abwägend. Und hier hat Paulus auch nach Angaben der Apostelgeschichte keinen großen Erfolg. Die Philosophen spötteln er, und dann heißt es am Schluss nur, einige Männer aber schlossen sich ihm an und wurden gläubig.
Unter ihnen auch Dionysius, der Areopagit, außerdem eine Frau namens Damaris und noch andere mit ihnen. Also man konnte sie mehr oder weniger an der Hand abziehen. Sein weiterer Weg führt ihn dann aber zu einer wichtigen und uns auch sehr bekannten Station. Nach Korinth. Und hier sind uns ja auch zwei Briefe überliefert. Korinth war eine blühende wirtschaftliche Handelsstadt und auf äußerst gut gelegen am Hafen. Es war natürlich auch eine sehr heidnisch geprägte Stadt mit den üblichen politi- istischen Religionsvorstellungen. Man könnte sagen, dass sie durch die vielen Einwanderer eine Multikulti-Stadt war.
Und sie hatte auch ihre Schattenseiten. Und hatte in der Antike einen sprichwörtlich schlechten Ruf als Ort voller Laster. Paulus gründete diese Gemeinde, als er sich etwa vom Herbst 50 bis ins Frühjahr 52 n. Chr. in der Stadt aufhielt. Also er war hier relativ lang. Paulus gründete diese Gemeinde natürlich nicht alleine, sondern er hatte hier auch seine Mitarbeiter dabei, wie immer. Und neben Silas, der ist übrigens auch bekannt als Silvanus, die lateinische Form dieses Namens, also neben Silas und Timotheus gehört auch Titus zu den Mitarbeitern, die mit Korinth in Verbindung stehen.
Und dieser hatte Paulus ja bereits zum Apostelkonzil begleitet. Sein Wirken ist allerdings etwas in der Schwebe, weil er in der Apostelgeschichte gar nicht erwähnt wird. Er wird aber später häufig wie Timotheus dazu beauftragt, Probleme in den Gemeinden zu lösen. Also beispielsweise in Korinth überbringt er vermutlich den zweiten Brief, den sogenannten Tränenbrief, weil es erhebliche Probleme dort gab. Möglicherweise beauftragte ihn Paulus auch mit der Kollektensammlung für die Jerusalemer Gemeinde. Das ist aber nicht sicher. In Korinth trifft Paulus dann auch auf das Ehepaar Priska und Aquila, das kurz zuvor aus Rom gekommen war. Und aufgrund des gemeinsamen Berufs Feldmacher ergab sich hier für Paulus eventuell auch ein Ansatzpunkt zu Gelderwerb und Missionstätigkeit,
weil sie eben auch sehr treue Mitarbeiter des Paulus werden. Paulus geht bei seinen Gemeindegründungen auch sehr kollegial vor. Das heißt Teamarbeit. Und das ist für uns, denke ich, auch mal sehr wichtig zu wissen. Christen sind keine Einzelkämpfer. Von Korinth aus macht sich Paulus dann mit dem Schiff auf den Weg zu den letzten Stationen seiner zweiten Missionsreise nach Ephesus und Caesarea Maritima. In Ephesus macht er allerdings nur kurz Halt, sollte aber daraufhin bald zurückkehren.
Und in der Apostelgeschichte heißt es nun, dass Paulus nach Jerusalem geht. Jetzt lohnt sich hier vielleicht ein kurzer Halt, denn dieser Jerusalem-Aufenthalt wirft in der Forschung auch Fragen auf, weil er bei Paulus nicht erwähnt wird. Im Ganzen haben wir in der Apostelgeschichte ja fünf Jerusalem-Aufenthalte des Paulus. Paulus selbst erwähnt aber nur drei. Wir kennen bereits zwei. Der kurze Aufenthalt nach seiner Berufung und dann das Apostel-Convent. Und dann später zur Übergabe der Kollekte, auf das wir noch zu sprechen kommen, wo es dann auch zur Verhaftung kommt. Die Apostelgeschichte nennt allerdings zwei weitere. Und zwar diesen Jerusalem-Aufenthalt nach der zweiten Missionsreise.
Und dann haben wir noch eine kurze Notiz in der Apostelgeschichte 11, während des noch gemeinsamen Wirkens mit Barnabas in Antiochia, bei der er mit Barnabas eine Spende der antiochianischen Gemeinde nach Jerusalem bringen sollten. Nun muss man eben nochmal sich in Erinnerung rufen, dass Lukas eben ein großes Interesse daran hat, dass alles von Jerusalem ausgeht. Hier fanden nach seiner Darstellung eben auch alle Ostererscheinungen statt. Er will eben die Entscheidungen an Jerusalem binden. Also historisch sicher sind drei Jerusalem-Aufenthalte. Diese zwei müssen wir ein bisschen vorsichtiger sein. Also auf jeden Fall macht sich Paulus nochmals auf seine dritte Missionsreise auf. Gemäß der Apostelgeschichte machte er sich von Jerusalem nach Antiochia in Syrien auf.
Das heißt zu der Gemeinde, von der er sich vor der zweiten Missionsreise losgelöst hatte und startet von dort aus über den Landweg nach Ephesus. Paulus reist dabei zwar nochmals nach Griechenland und besucht seine gegründeten Gemeinden, wie beispielsweise Korinth, Philippi, Thessalonik. Aber größtenteils beschränkt sich diese dritte Missionsreise vor allem auf seinen Aufenthalt in Ephesus. Paulus war hier ca. zwei, möglicherweise drei Jahre. Insgesamt fällt diese Missionsreise in etwa in die Jahre 52 bis 57 nach Christus. Wie groß seine dortigen Erfolge waren, ist schwer zu beurteilen. Immerhin ist bemerkenswert, dass Paulus nach Apostelgeschichte 19 öffentlich, nach Darstellung des Lukas, in der Schule des Tyrannos Lehraufträge hielt.
Das heißt die Kommunikationsform antiker Retoren für die Verbreitung der christlichen Botschaft nutzte. Sicher ist, dass neben Paulus noch ein gewisser Apollos in Ephesus wirkte, möglicherweise auch noch weitere frühe christliche Missionare. Diesen Apollos erwähnt nicht nur Lukas, sondern tatsächlich auch Paulus selbst in seinen Briefen, beispielsweise im ersten Korinther Brief. Paulus kann hier nicht als einziger Gründer der christlichen Gemeinde von Ephesus gelten. Es gab dort auch Konflikte, allerdings bleiben die auch sehr undeutlich.
Im ersten Korinther Brief erwähnt Paulus, dass er mit wilden Tieren gekämpft hatte. Was genau damit gemeint ist, ist unklar. Auch die berühmte Szene im Theater von Ephesus, wo die Silberschmiede gemäß lukanischer Darstellung einen Aufstand inszenierten, bleibt undeutlich. Diese Szene, die Lukas berichtet, enthält allerdings viele lokale Einzelheiten, was zumindest für historische Grundlagen spricht. Deutliche Hinweise gibt es allerdings für eine Gefangenschaft des Paulus in Ephesus. Von hier aus schreibt er auch mehrere Briefe, wo wir Andeutungen auf eine Gefangenschaft finden. Also im ersten Korinther Brief, 1 Korinther 16,8, auch im Philemon Brief, vermutlich auch den Galater Brief und den Philippa Brief.
Wobei es beim Philippa und Galater Brief nicht ganz sicher ist, ob es sich um die Gefangenschaft in Ephesus oder Jerusalem gehandelt hat. Nach seinem langen Aufenthalt in Ephesus geht Paulus nochmals, wie bereits gesagt, nach Mazedonien, das heißt in das Gebiet des heutigen Griechenlands und nördlich davon, und besuchte mitunter die Gemeinde in Korinth. Und dann kehrt er über den Seeweg nach Palästina, nach Israel zurück. Bevor Paulus aber nach Jerusalem geht, macht er noch mal Halt in Milet, wo wir diese berührende Abschiedsszene in der Apostelgeschichte haben, wo Paulus sich vorausschauend verabschiedet, weil sie sich eben nicht mehr von Angesicht zu Angesicht sehen werden.
Und so folgt nun der letzte Teil dieses Vortrags und auch des Lebens dieses großen Apostels. Lukas berichtet sehr umfangreich über den Aufenthalt des Paulus in Jerusalem, seine Gefangenschaft und die sich daran anschließende Romreise. Es umfasst die Kapitel 21 bis 28 der Apostelgeschichte. Viele Ereignisse dieses Zeitabschnitts liegen allerdings im Dunkeln und wir haben hier ja auch nur die Apostelgeschichte als Textzeugen. Denn seinen letzten Brief, den Römerbrief, verfasst Paulus noch bei seinem letzten Korinth Aufenthalt, das heißt bevor er nach Jerusalem zurückkehrt. Das heißt, der autobiografische Bericht des Paulus endet mit dem Römerbrief.
Hier haben wir noch einen letzten Hinweis auf die weiteren Pläne des Paulus. Also das Ziel seines Jerusalem Aufenthalt ist es, die Kollekte zu übergeben und daraufhin will er über Rom bis nach Spanien reisen. Also das sagt er noch im Römerbrief. Doch all dies bleiben nämlich Pläne, denn selbst die Kollekte konnte vermutlich nie verwirklicht werden. Allerdings ist nicht ganz klar weshalb, weil Lukas über sie gänzlich schweigt. Also entweder ist sie gescheitert, das heißt die Jerusalemer Gemeinde hat sie nicht angenommen, nicht akzeptiert. Oder es kam schon vorher, also vor der geplanten Übergabe zur Verhaftung des Paulus.
Die genauen Umstände dieser Verhaftung lassen sich tatsächlich auch nicht mehr ganz nachvollziehen. Gemäß der Apostelgeschichte wurde Paulus verhaftet, weil er einen Heiden mit in den Tempel genommen hatte und wegen seiner Verkündigung während der Missionsreisen, auf der er eben auch häufig Konflikte mit den Juden hatte. Das heißt Ausgangspunkt dieser Verhaftung bilden Anklagen von Juden. Die Schilderung dieses Prozesses in der Apostelgeschichte weist jetzt einige historische Unstimmigkeiten auf. Es macht es ein bisschen schwierig, das Ganze historisch einzuordnen. Paulus wird vor den Hohen Rat der Juden in Jerusalem geführt.
Und im Rahmen dessen appelliert er dann auch an den Kaiser, weil er sich als römischer Bürger ausweist. Diese Appellation an den Kaiser ist allerdings auch ein bisschen schwer zu erklären, weil Paulus weder freigesprochen noch verurteilt wurde in diesem Zusammenhang. Warum ruft er dann aber den Kaiser an? Möglich wäre jedoch auch, dass Paulus als Aufrührer vom römischen Stadthalter verurteilt wurde und Lukas diese Nachricht verschwiegen hat, mit Rücksicht auf die Römer. Er ist ja schon ein bisschen ruhmfreundlich-treu, wie wir schon gehört haben.
Daraufhin wird Paulus gemäß der Apostelgeschichte nach Caesarea Maritima, das heißt das Caesarea am Meer, gebracht. Und hat hier die Gelegenheit, sich vor den Stadthaltern Felix und Festus zu verteidigen. Unklar bleibt hier wiederum, warum er so lange festgehalten wird, obwohl keiner von diesen beiden ihn eigentlich verschuldigt erklärt. Und so kommt es dann zur Überführung nach Rom. Und diese Reise wird in der Apostelgeschichte geradezu im Stil einer Abenteuerfahrt beschrieben. Auffällig ist nun, dass der Bericht über seinen Romaufenthalt in der Apostelgeschichte im Gegensatz zu der langen Schilderung des Prozesses und der Fahrt nach Rom sehr knapp ausfällt.
Und nach der Aussage der Apostelgeschichte war Paulus zwei Jahre in Rom. Und zwar in einer relativ freien Haftsituation. Er bekam eine Wohnung und lehrte dort auch, so die Apostelgeschichte. Rechtlich denkbar ist dies, weil Paulus das römische Bürgerrecht besaß. Zudem ist das offene Ende der Apostelgeschichte auffällig. Lukas macht zwar mehrere Andeutungen auf das Ende des Paulus, aber er schildert es nicht. Das heißt, weder der Prozess in Rom wird geschildert, noch der Tod des Apostels, welcher der Tradition nach mit dem Schwert hingerichtet wurde, so um das Jahr 42 bis 64 nach Christus. Und dies hat vermutlich zwei Gründe.
Lukas hat generell die Tendenz, die Römer von einer Mitschuld loszusprechen, sowohl am Tod Jesu im Evangelium als dann auch in der Apostelgeschichte an der Verurteilung des Paulus. Zudem ist das Ende der Apostelgeschichte so gestaltet, dass Paulus hier als freimütiger Verkündiger dargestellt wird und dies selbst in Fesseln. Denn so ist Paulus nun nach Rom gelangt, um das Evangelium den Völkern zu berichten. Und er tat dies, und das sind die letzten vier Worte der Apostelgeschichte, mit allem Freimut ungehindert.
Und dies kann auch einem jeden Christen Mut machen, durch sein Leben von Christus zu sprechen, auch wenn die äußeren Umstände manchmal etwas schwierig sind. Sei es nun wegen eigenen Problemen und Schwierigkeiten oder weil die Gegebenheiten schwierig sind. Mit allem Freimut und ungehindert Zeugnis von Christus geben, mit und durch das eigene Leben. Das, denke ich mal, können wir von der Person dieses großen Völkerapostels Paulus lernen, der sich trotz aller Widerstände, mit seinen Gaben, Fähigkeiten, aber auch mit seinen Schwächen und Rückfällen, vorbehaltlos für die Sache Jesu Christi eingesetzt hat.
Eben ein Eiferer für Christus. Und ich hoffe, er könnte auch zu uns sagen, wie ihr alle es heute seid.
»Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin« (1 Kor 15,10): Paulus – Heidenmissionar von Syrien bis Rom | 14.5.1
Paulus fiel vom Pferd, Jesus sprach zu ihm, Paulus kehrte um und bekehrte die Welt. So knapp die Geschichte, so falsch. Zwar sprach Jesus zu Paulus, vom Pferd fiel er aber dabei nicht und einfach mal auf Missionsreise aufgebrochen ist er auch nicht. Was die meisten übersehen sind Jahre, die im Dunkeln liegen, zwischen der Bekehrung des Paulus, dem ersten Treffen mit den Aposteln in Jerusalem und seiner ersten Missionsreise, die er noch als Praktikant eines anderen Missionars antrat. Was hat sich nach Paulus’ Lebenswende getan, was hat er in Arabien gemacht, wie wurde aus ihm der Apostel der Heiden? Katja Hess rekonstruiert das Leben des Paulus nach seiner Bekehrung anhand seiner Briefe und der Apostelgeschichte des Lukas. Und sie erklärt, wie aus dem Mann, der aneckte, fliehen musste, gejagt und verhaftet wurde, der sich immer wieder mit seinen Wegbegleitern zerstritt trotz allem der einflussreichste Apostel aller Zeiten werden konnte.