Jetzt folgt der zweite Teil des Vortrags über die Königsbücher. Im ersten Teil habe ich vor allem die Königsbücher als Ganze behandelt, wie sie redaktiert worden sind und wie sie zustande gekommen sind, und habe die ersten Quellen vorgeführt, derer sich die Redaktoren bedient haben. Und das ist der erste Teil des Vortrags. Und das ist der erste Teil des Vortrags. Und das ist der erste Teil des Vortrags. Und jetzt kommen weitere Quellen, eine nach der anderen. Und das beginnt jetzt mit dem elften Kapitel meines Vortrags. Und das beginnt jetzt mit dem elften Kapitel meines Vortrags. Ein Buch der Prophetengeschichten als Quelle der deutonomistisch redigierten Königsbücher. Es gibt in den Königsbüchern ein paar schöne Prophetengeschichten, die wie erratische Findlinge unvermutet in ihrem Kontext auftauchen. Ich erzähle eine von ihnen aus 1. Könige 14 kurz nach. Der erste nordisraelitische König, Jehova im Römisch 1,
Sie erinnern sich, der, der in Bethel und Dan Stierbilder aufgestellt hat, hat einen Sohn namens Abia, und der ist erkrankt. Da fordert der König seine Gemahlin. Hatte dieser König nur eine, oder war das eben gerade die eine Mutter von dem Abia, auf, sich zu verkleiden und in den Ort Shilo zu gehen. Dort lebe ein Prophet, nimmens Ahia. Dem solle sie Brote, Kuchen und Honig bringen, das, was so Bäuerinnen zu schenken pflegen, und ihn nach den Genesungsaussichten dieses Prinzen fragen. Gedacht ist also daran, dass ein Prophet gegen Entgelt ein Orakel abgibt. Derlei gibt es öfter in der Bibel. Die Frau tut, wie der Mann sie geheißen, und kommt nach Shilo. In einer Nachholung wird uns Lesenden mitgeteilt,
der Prophet Ahia sei altersblind gewesen, womit die Königin doppelt dagegen gesichert war, erkannt zu werden. Doch als sie sich nur schon auf die Tür seiner Kammer zubewegt, ruft er von innen schon, komm nur herein, Frau des Jerobeam. Warum gibst du dich nicht zu erkennen? Er weiß also, obwohl er erstens blind ist und sie zweitens verkleidet und drittens noch gar nicht im Zimmer ist, wer sie ist. Ich habe eine harte Botschaft für dich. Geh zurück zur Residenzstadt. In dem Augenblick, in dem du die Stadt betrittst, wird das Kind sterben. Die Frau geht zurück, und als sie die Schwelle des Palast überschreitet, stirbt das Kind. Es wird begraben, und ganz Israel hält Totenklage. Soweit der ursprüngliche Text dieser dramatisch traurigen Geschichte. Der Prophet fungiert hier als ein Unheilsbote. Er sieht Dinge, die ein normaler Mensch nicht sieht,
und das von ihm angekündigte Unheil tritt unausweichlich ein. Die Erzählung ist ungemein knapp und lässt vieles unerklärt, was wir gerne wüssten. Der jetzige Wortlaut der Erzählung in der Bibel lässt die Lücken kleiner werden. Da hat Yahweh Achiah vorab aufgeklärt, wer da gleich kommen wird und was er der Königin sagen soll und warum. Die ihm aufgetragene Botschaft gibt wortreich eine Erzählung dafür ab, warum dieser König so hart drangenommen wird. Da sagt Achiah der verkleideten Königin Folgendes. Geh und sprich zu Jehova, so spricht Yahweh, der Gott Israels. Ich habe dich emporgehoben aus dem Volk und hab dich zum Fürsten gemacht über mein Volk Israel, und ich hab das Königtum dem Haus Davids entrissen und es dir gegeben, aber du warst nicht wie mein Diener David,
der meine Gebote gehalten hat und mir gefolgt ist mit ganzem Herzen und nur tat, was recht ist in meinen Augen. Du hast mehr Böses getan als alle, die vor dir gewesen sind. Dabei war Jerobeam der erste in Nordisrael. Und du bist gegangen und hast dir andere Götter gemacht und gegossene Bilder, um mich zu reizen. Und mir hast du den Rücken zugekehrt. Ich glaube, Sie hören den deutonomistischen Klang dieser Worte. Die Alleinverehrung Jahwes ist verletzt. Sieh darum, bringe ich Unheil über das Haus Jerobeams und wer zu Jerobeam gehört und an die Wand pisst, ein vulgärer Ausdruck für männliche Wesen, den werde ich ausrotten, alle Sklaven und Freien in Israel. Und wie man Kot wegfegt, so werde ich das Haus Jerobeam wegfegen, bis es ganz aus ist mit ihm. Wer von denen, die zu Jerobeam gehören, in der Stadt stirbt,
den werden Hunde fressen. Und wer auf dem offenen Land stirbt, den werden die Vögel des Himmels fressen. Folgen noch weitere Drohungen, bis hin zur Ankündigung des Untergangs Israels 200 Jahre später. Dieser Prophet hat enormen Weitblick. Diese Erweiterung der alten Erzählung ist unverkennbar deutonomistisch. Den Anstoß zu ihr gab die eingangs nacherzählte kurze Geschichte. Ich stelle jetzt zwei Behauptungen auf, für die ich den Beweis jetzt nicht antreten kann. Der hier tätig werdende Deutonomist ist nicht derjenige, der die Grundversion des deutonomistischen Geschichtswerkes schaffen hat, sondern ein späterer, der ein besonderes Faible für das Prophetisch hatte und für das Prophetisch in einem bestimmten Sinn. Und die von ihm aufgenommene Grunderzählung stammt aus einer Quelle, nicht den Analen der Könige von Judah und Israel.
Und diese Quelle enthielt eine ganze Reihe ähnlicher Prophetengeschichten. Vermutlich ist sie in prophetisch gesinnten Kreisen entstanden und gepflegt worden. Ich nenne sie das Buch der Prophetengeschichten und den Redaktor, der sie sich nutzbar gemacht hat, den prophetischen Deutonomisten. Dieser zweite Deutonomist hat noch an vielen anderen Stellen in den Grundbestand des vermutlich vor ihm geschaffenen und kürzeren Geschichtswerks eingegriffen. Er oder seine Mitarbeiter haben nicht nur die Ahia-Geschichte aufgenommen und ausgeweitet, sondern in dem typisch formelhaften Stil, wie ich ihn eben vorgelesen habe, noch eine Reihe weiterer Prophetenreden selbst geschaffen, die sich alle untereinander gleichen. Zum Beispiel soll gleich der nächste Gründer einer israelitischen Dynastie, ein gewisser Barscher, von einem Propheten namens Jehu ben Hanani, wie Volk bedroht worden sein.
Weil du, obwohl ich dich aus dem Staub erhoben und zum Fürsten gemacht habe über mein Volk Israel, auf den Weg hier Robiams gegangen bist, heiligt immer in Bethel und Dan, und mein Volk Israel zur Sünde verführt hast, sodass sie mich mit ihren Sünden reizen. Siehe darum, fege ich Barscher und sein Haus weg, und dein Haus werde ich dem Haus Jehobiams ben Nebat, dem inzwischen Untergegangenen, gleich machen. Wer von denen, die zu Barscher gehören, in der Stadt stirbt, den werden die Hunde fressen, und wer von denen, die zu ihm gehören, auf dem offenen Land stirbt, den werden die Vögel des Himmels fressen. Kennen Sie noch. 1. Könige 16, 2 bis 4. So Ahiya, so Jehu ben Hanani und so angeblich dann auch noch Elia. Ihnen lässt der prophetische Deutonomist zum König Ahab sagen, du hast dich dazu hergegeben, zu tun, was böse ist in den Augen Javis.
Siehe, ich bringe Unheil über dich, und ich werde dich wegfegen. Und wer zu Ahab gehört und an die Wand pisst, den werde ich ausrotten, Sklaven und Freie in Israel, und dein Haus werde ich zu richten, wie das Haus Jehobi am Sben Nebat und wie das Haus Barsch auf Sben Ahia, denn du hast Grund zum Zorn gegeben und hast Israel zur Sünde verführt. Wer von denen, die zu Ahab gehören, in der Stadt stirbt, den werden die Vögel Hunde fressen, und wer auf dem offenen Land stirbt, den werden die Vögel des Himmels fressen. Ganz stereotyp. Elia mag ja manches gesagt haben, das hat er nicht gesagt. Das legt ihm der prophetische Deuteronomist in den Mund. Dieser hat offenbar die Vorstellung, dass Propheten sich erstens einer sehr drastischen Sprache bedienen, an die Wand pissen Leichen, die von Hunden und Krähen zerflattert werden, dass sie zweitens kritisch gegen Könige eingestellt sind
und dass drittens jede nordisradische Dynastie untergegangen ist, nachdem ein Prophet das Zorngericht Gottes über sie entfesselt hat. Das heißt, die eigentlichen Lenker der Geschichte sind nicht die Könige, sondern die Propheten bzw. Gott, der hinter den Propheten steht. Zweierlei möchte ich noch erwähnen. A. Der prophetische Deuteronomist hat nicht nur nordisraelitische, sondern auch judäische Könige durch Propheten bedroht werden lassen. B. Er hat aus dem Buch der Prophetengeschichten eine ganze Reihe weiterer Erzählungen aufgenommen, etwa eine weitere vom Propheten Ahir, in der dieser dem ersten König Israels, Jehova, die Herrschaft erst mal zuspricht, die er ihm nachher wieder wegnimmt, oder die von Elias und dem König Ahasia, der aus einem Fenster gestürzt ist und seinen Tod angesagt bekommt, Zweite Könige 1. Diese und andere Erzählungen variieren alle das Thema Prophet versus König.
Offenbar zirkulierten sie in äußerst königskritischen prophetischen Kreisen. Dabei gab es historisch durchaus auch Propheten, die es mit den Königen hielten, die an Königsheiligtümern angestellt waren und königlich besoldet wurden. Doch das entspricht nicht dem Prophetenbild des Buchs der Prophetengeschichten und dem des prophetischen Deutonomisten. Hier sind Propheten immer in der Opposition, so wie es tatsächlich gewisse Schriftpropheten waren, Amos etwa, Jeremia. Doch das waren ja eher die Ausnahmen, historisch gesehen. Der hier tätige Deutonomist macht sie zur Regel. Nicht zuletzt ihm verdanken wir das superkritische Prophetenbild des Alten Testamentes. Wenn ich mich nicht irre, hat der prophetische Deutonomist indes nicht nur einzelne Prophetengeschichten aus dieser hypothetischen Quelle ins Geschichtswerk eingebracht,
sondern ein ganzes riesiges Erzählwerk, und davon will ich jetzt sprechen. Zwölftes Kapitel, das prophetische Erzählwerk vom Kampf Javes gegen Baal als Quelle der deutonomistisch redigierten Königsbücher. In Jerusalem herrschte immer die gleiche Dynastie, das Haus Davids. Im Vergleich damit war das politische System im Norden volatil. Immer wieder kam es zu Putschen, Kronstürzen, Dynastiewechseln. Zwei längerlebige Dynastien gab es aber doch. Diejenigen der Omriden, von König Omri abgeleitet, 1. Hälfte 9. Jahrhundert, und diejenigen der Nimshiden, von Yehuben Nimshi abgeleitet, in der zweiten Hälfte des neunten und ersten Hälfte des achten Jahrhunderts. Vor allem die Bedeutung der Omriden ist historisch kaum hoch genug einzuschätzen.
Sie waren es, die dem Königreich Israel Statur und Format, Größe und internationale Bedeutung gaben. Sie boten erfolgreich der Konkurrenzmacht Aram-Damascus, also im Norden die Stirn. Sie pflegten ein freundschaftliches Verhältnis zu den reichen Phönizierstädten im Nordwesten. Sie nahmen das viel kleinere und gewissermaßen unterentwickelte Königreich Judah in Schlepptau. Und sie machten das südöstliche Nachbarland Moab zu einer Kolonie. Wahrscheinlich haben sie auch im weiter nördlich gelegenen Ammon jenseits des Jordan den Ton angegeben. Das Haus Omri wird denn auch in zeitgenössischen asyrischen Texten mit Respekt erwähnt, als echter Gegner. In der Bibel hingegen, genauer bei den Deutonomisten, haben die Omriden überhaupt keine gute Presse. Der Dynastiegründer Omri in 1. Könige 16 kommt noch ganz gut davon.
Ihm wird immerhin die Neugründung der Königstaats Samaria zugute gehalten. Die wurde aus dem Boden gestampft auf einem Hügel, einem dominanten im Nordisrael. Religionspolitisch blieb er auf den Spuren des Staatsgründers Jehova, eben Bethel und Dan. Viel schlimmer war es dann angeblich mit seinem Sohn und Nachfolger Ahab, nochmal 1. Könige 16. Er heiratete eine phönizische Prinzessin, Isabel, und sie führte in Israel angeblich oder wirklich den Baal-Kult ein, eine alte levantinische Fruchtbarkeitsreligion mit mehreren Göttern, voran Baal und seine Partnerin Anath. Die beiden hielten durch ihr Liebesspiel und ihre enorme Fruchtbarkeit die Fruchtbarkeit der Natur in Gang. Das ewige Stirb und Werde, die tötende Trockenheit im Sommer und die belebenden Regenfälle im Winter wurden mit der Vorstellung verbunden,
dass Baal in jedem Jahr einmal dem Todesgott Moth erlag und starb, in die Unterwelt abstieg, dann aber von seiner Freundin Anath herausgehauen wurde und mit den Winterregen wieder auferstand bzw. diese brachte. Eine solche Religion war jedenfalls in den Augen der Deutonomisten unvereinbar mit dem Jahwe-Glauben. Jahwe kann doch nicht sterben und wieder auferstehen, jedes Jahr das Neue. Die Menschen in der Umriedenzeit, wie auch ihr Königshaus, werden das weniger streng, vielmehr als eine sinnvolle Ergänzung beurteilt haben. Etwa so, Jahwe ist der Staats- und Geschicht-Gott, Baal ist der Natur- und Wohlstandsgott. Vielleicht sah man die Profile der beiden Götter auch ineinander fließen, sodass Baal und Jahwe eigentlich nur verschiedene Namen für einen und denselben großen Gott waren.
Der erste Deutonomist aber sprüht Gift und Galle gegen die angeblich oder wirklich syncretistische Religionspolitik des Ahab. Ich habe vorhin die Königsformeln und die Beurteilung speziell des Ahab schon zitiert. Beides findet sich am Ende von 1. Könige 16. Vermutlich ging der Text des Deutonomistischen Grundwerks viel später erst weiter, nämlich in 1. Könige 22, wo die Königsformeln für den Judea Joshafat, Sohn des Asa, stehen. Noch während der Herrschaft Joshafats sei im Norden auf Ahab Ahasja gefolgt, eben der aus dem Fenster fiel, selbstverständlich ein ebenso böser König wie sein Vater, der nicht nur in der Sünde Jerobeams verharrte, sondern wie Ahab dem Baal diente. Damit endet das erste Königsbuch.
In 2. Könige 1 kann man den analen Stil dann weiterverfolgen. Ahasja, Ahab, Sohn starb, ein gewisser Joram folgte darauf und das war der letzte in der Omri-Dynastie. Doch das Drama, das zu seinem Tod und zum Ende dieser Dynastie führte, folgt erst sehr viel später, in 2. Könige 8. Da lernt man den Nachfolger Joshafats von Judah kennen, auch er hieß Joram, eine seltsame Namensgleichheit mit dem nördlichen Panda, was so die Verknüpfungen, die politischen ahnen lässt. Der Judea Joram habe, horrible Dictu, eine Tochter Ahabs zur Frau genommen. Soweit ging die Dominanz Israels über Judah. Die Dame hieß jemand später, erfährt Atalya. Unter ihrem Einfluss ging der Davidide Joram, kaum zu glauben, auf dem Weg der Könige von Israel, wie das Haus Ahabs es tat.
Aber nicht politisch, sondern religiös. Nach einigen Misserfolgen stirbt er und auf ihn folgt Ahasja, Sohn jener Atalya. Doch der regiert nur ein Jahr, 2. Könige 8, 26 und das kam so. Er zog mit Joram von Israel in einen Krieg gegen Aram. Joram, also sein Chef sozusagen, wurde verwundet und zog sich zur Heilung in die israelitische Sommerresidenz Jesrael zurück und dort besucht in Acha von Judah, die beiden waren ja verwandt miteinander, und dann kommt der große Knall. Der aber wird nicht im trockenen, analen Stil mitgeteilt, sondern als eine höchst farbige und kunstreiche Geschichtsnovelle, eben die Jehu-Novelle in 2. Könige 9 und 10. Und die setzt sich aus vier Episoden zusammen. Erstens Einsetzung des Generals Jehu zum Gegenkönig durch einen Propheten, Schüler des Elisha angeblich.
Zweitens Ermordung der regierenden Könige Ahasja von Judah und Joram von Israel durch Jehu. Drittens Ermordung von 70 Mitgliedern des Hauses Ahab in Samaria. Viertens Massenmord an einer großen Menge von Baal-Ve'eran auch in Samaria. In der ersten dieser Szenen spielt ein Schüler des Propheten Elisha eine wichtige Rolle. Das verbindet die Jehu-Novelle mit dem Elisha-Zyklus in 2. Könige 2 bis 8. Der Elisha-Zyklus ist wiederum verbunden mit dem Elia-Zyklus in 1. Könige 17 bis 2. Könige 1. Und damit ergibt sich ein dreiteiliges Werk, Elia Elishu Yehu. Weil Elia als Vorkämpfer gegen den Baal-Kult geschildert wird, denkt an den Karmel, und Jehu sich als fanatischer Baal-Feind betätigt, sogar als Massenmörder, nenne ich das ganze prophetisches Erzählwerk über den Kampf Javis gegen Baal.
Die Thematik nicht Baal, sondern Jahwe könnte man monolatrisch nennen. Noch nicht monotheistisch, da ja Baal durchaus existent ist, gefährlich, abzulehnen. Diese Ausrichtung kommt dem Deutonomium schon recht nah. Doch klingen diese Erzählungen nicht deutonomistisch oder deutonomisch, man könnte das Erzählwerk vordeutonomisch nennen. Und damit kommt man in die Zeit vor dem König Joschia, der das Deutonomium ja in Kraft gesetzt hat. Damals, im 7. Jahrhundert, herrschte über ein halbes Jahrhundert lang Manasse, der Erzschurke der Bibel. Sein Idol war kaum mehr der alte Canaaniter-Gott Baal. Er frönte vielmehr den asyrischen Gestirnsgottheiten. Er war ein absolut treuer Asur-Vasall. Wenn nun das vermutlich zu seiner Zeit und in Opposition gegen ihn entstandene Erzählwerk
den Baalsdienst in den Vordergrund rückt, dann dürfte das eine Schiffre sein für Fremdgötterei à la Manasse. Die Helden des Erzählwerks haben scheinbar nordisraelitsche Könige zugegen und den Gott Baal, doch heimlich gemeint ist Manasse und die asyrischen Götter. Den Manasse beim Namen zu nehmen wäre nicht tunlich gewesen, der war gefährlich. Das hätten die Verfasser wahrscheinlich nicht überlebt. Der Einbau dieses Erzählwerks ins deutonomistische Geschichtswerk, wie ich meine eben durch den zweiten Deutonomisten, ähnelt dem Versuch, einen Elefanten auf einen Handwagen zu packen. Denkt man sich nämlich einmal die riesigen farbigen Geschichten des Erzählwerks dann bleibt ein ziemlich dürres, rein im analen Stil gehaltenes Gerüst übrig, wie ich es vorhin skizziert habe.
Durch die Hereinnahme des prophetischen Erzählwerks ändert sich der Erzählstil vollkommen. Auf einmal sehen sich die Lesenden in spannende Vorgänge hineingezogen, wird ihr Blick von der politischen hin zur Religionsgeschichte gelenkt, von den Königen zu ihren Antibes, von den Königen zu ihren Antiboden, den Propheten. Im Folgenden möchte ich die drei großen Bestandteile dieses vermutlich geschlossenen Erzählwerks einzeln vorstellen als Unterquellen. Also 13. Kapitel, der Elea-Zyklus als Unterquelle der deutonomistischen Geschichtsbücher. Der Elea-Zyklus reicht von 1. Könige 17 bis 2. Könige 1. Er ist aus recht unterschiedlichen Elementen zusammengesetzt, die auf eine bewegte Vorgeschichte schließen lassen. A. Die sogenannte Dürre-Komposition 1. Könige 17 und 18.
Sie beginnt sehr abrupt damit, dass Elea dem herrschenden König Ahab eine jahrelange Dürre voraussagt, die erst enden werde, wenn er Elea das OK dazugebe. Prompt setzt er Regen aus, das Land verdorrt. Elea, der offenbar um sein Leben fürchten muss, hat sich Richtung Nordosten abgesetzt. Am Bach Kirit, der vom Osten auf den Jordan zufließt, ernähren ihn Raben auf wunderbare Weise. Ausgerechnet Raben, das sind gefräßige und hartgierige Tiere. Dass die jetzt einen Menschen versorgen, ist ganz ungewöhnlich. Das ist ein Wunder natürlich. Dann trocknet aber der Bach aus und Elea muss weiter flüchten. Ausgerechnet nach Phönizien, die Heimat der Isäbel. In dem Ort Zarepta, der zu Sidon gehört, begegnet er einer Witwe, die mit ihrem Sohn kurz vor dem Hungertod steht. Doch Elea, den sie wieder alle Vernunft aufnimmt und verpflegt,
sorgt durch ein weiteres Wunder für einen nie versiegenden Vorrat an Öl und Mehl im Haus. Das nächste Wunder folgt gleich darauf, nämlich der Sohn der Witwe stirbt. Elea vermag ihn wieder lebendig zu machen. Ein ganz großer Sonderfall im Alten Testament. In Kapitel 18 dann folgt ein Wunder noch größerer Dimension. Elea kehrt nach Israel zurück und trifft bald mit dem König zusammen. Beide werfen sich gegenseitig Unfreundlichkeiten an den Kopf, bis Elea den Monarchen auffordert, als wäre das so sein Hausdiener, mit den 450 Propheten des Baal und den 400 der Aschera bitteschön auf den Berg Kamel zu kommen. Ein Gebirgszug nahe dem Golf von Akko im Westen Nordisraels. Der König tut das georsamst und bietet zu dem sich abzeichnenden Schaukampf gleich das ganze Volk auf. Wie das da oben draufpasste, ist eine ungeklärte Frage. Auf dem Kamel kommt es dann zu einem Propheten oder man könnte sagen einem Götterwettstreit.
Wer kann das Holz eines Opferaltars entzünden, ohne Feuer daran zu legen? Die Baals Propheten schaffen das nicht. So flehentlich sie auch beten und so intensiv sie ihre Rituale ausführen, Elea schafft es mit einem kurzen Gebet. Und daraufhin schreit alles Volk. Jawe ist unser Gott, Kernsatz der Monolotrie. Elea schlachtet daraufhin sämtliche Baals Propheten. Eigenhändig, ein grauenhafter Kraftakt, aber er passt in derartige Märchen. Vielleicht denken Sie an Hänsel und Gretel, die die Hexen in den Ofen werfen. Noch oben auf dem Kamel kündigt Elea dem König Regen an. Da ist die Dürre-Komposition wieder auf einmal. Die vorher ganz vergessen war. Und dann fährt der König vor dem Propheten her auf dem Wagen nach Jesreal.
Und der Prophet rennt diese ganze Strecke maratonmäßig zu Fuß vorher oder hinterher. Und dann schüttet es aus vollen Wolken. B. Es folgt eine Geschichte, die zu den großartigsten der Bibel gehört. Die Königin Isäbe schäumt vor Wut. Als sie vom Tod ihrer Propheten erfährt und droht Elea Rache an. Und da kriegt es der große Held mit der Angst zu tun. Und flüchtet weit weg nach Süden zum Berg Horeb, ein Wechselname für den Sinai. In der Sinai-Wüste verliert er völlig den Lebensmut und will sterben. Doch ein Engel stärkt ihn und schickt ihn weiter. Und oben auf dem Sinai begegnet ihm dann wirklich Gott. Nicht wie man nach der Kamelgeschichte denken könnte in einem gewaltigen Sturm oder einem Erdbeben oder einer Feuersbrunst.
Sondern nach alledem ganz leise in einer Stimme verschwebenden Schweigens, wie das Martin Buber übersetzt. So zart, so sanft ist Jahwe. Doch was er dann Elea ankündigt, hat es wieder in sich. Er soll gehen und zuerst Hasael zum König von Aram salben. Der israelische Prophet den aramäischen König salben. Und einen gefährlichen, bösen König eigentlich aus der Sicht Israels. Und dann soll er Jehu zum König von Israel salben. Ja, auch ein gefährlicher Kerl. Und schließlich Elisha zu seinem Nachfolger. Diese drei würden alle Falschgläubigen ausretten und nur noch 7000 übrig lassen, die ihre Knie nicht gebeugt haben vor Baal. Da ist das Thema Kampf Jahwes gegen Baal wieder. Das sanfte Zwischenspiel da oben auf dem Horeb dürften nachdenkliche Menschen ersonnen haben,
denen Berserker und Massenmörder wie Elias oder Jehu unheimlich waren. Man spürt wieder gegensätzliche Gottesbilder aufeinander prallen. Und das ist typisch für die Bibel, für das Ambivalente, das Widersprüchliche in ihr. Auch Jesus, um diesen Ausflug zu machen, kann ja überaus sanft und ebenso extrem unduldsam sein. Und dem tragischen Kreuzesmotiv tritt das triumphale Ostermotiv gegenüber. Gott kann, um beim Alten Testament zu bleiben, die Welt sorgfältig erschaffen und sie dann wütend ersäufen, das dann aber auch wieder bereuen. König David kann überaus gewalttätig sein und dann wieder auf Gewalt bewusst verzichten. Und Elias kann dem israelischen König und seiner phönizischen Gemahlin spinnefeind sein, ihm den Regenhahn gleichsam zu, aber dann auch wieder aufdrehen. Er kann sich vor ihm am Bach Carid verstecken, dann aber vor seinem Wagen her einen wilden Marathonlauf hinlegen,
kann Hunderte von Menschen materialisch umbringen und dann selbst wie ein Hase davonlaufen. So ist die Bibel. Man möge sich bitte von nichts zu einfache, zu einseitige Bilder machen. C. Die nächste Elias-Geschichte zeigt den Propheten ganz neu als sozialrevolutionär. Ganz in den Bahnen eines Amors oder Jesaja oder Micha oder Jeremia. Vielleicht ist revolutionär nicht das richtige Wort. Besser wäre Kritiker asozialen Verhaltens oder Vorkämpfer für humanes Verhalten gegenüber sozial Schwachen. Wahrscheinlich haben die sozialkritischen Propheten des 8. Jahrhunderts bei der Schaffung der Erzählung 1. Könige 21 Pate gestanden. Gehört diese also wie die Horeb-Geschichte nicht zum ältesten Bestand von Elia-Erzählungen?
Sie steht jetzt auch an einem merkwürdigen Ort zwischen den Kapiteln 1. Könige 20 und 22, die in sich offenbar literarisch zusammengehören, aber nicht von Elia handeln. Der Plot von 1. Könige 21 ist so einfach wie dramatisch. Der König, Ahab, begehrt einen Weinberg, der an seinen Palast grenzt, aber einem israelitischen Bauern gehört. Dieser will das Landstück um keinen Preis hergeben. Und er darf es gar nicht, weil es Erbland ist, das ihm nicht privat gehört, sondern der Familie. Der König ist wütend, kann aber nichts ausrichten. Dann nimmt Königin Isabel die Sache in die Hand. Sie inszeniert einen Schauprozess gegen jenen Bauern, der aufgrund falscher Zeugenaussagen verurteilt und hingerichtet wird. Und daraufhin fällt sein Land an die Krone. So weit, so schlimm. Doch da ist noch Elia. Er stellt den König auf eben dem Acker, den er so eben unrechtmäßig sich angeeignet hat,
und schleudert ihm ein heftiges Gerichtswort entgegen, wie eben gehört, deutonomistisch erweitert. Eben, dieses Prophetenwort ist auffällig ausführlich und es klingt sehr an die stereotypen Prophetenreden der Deutonomisten an. Ich habe es ja vorhin zitiert. In ihm formuliert eindeutig eben dieser zweite prophetische Deutonomist, der meiner Meinung nach das prophetische Erzählwerk in das deutonomistische Geschichtswerk eingesetzt hat. D. Die letzte Elia-Erzählung liegt in Zweiter Könige I vor. Sie schildert einen Clash zwischen dem Propheten und Ahabs Nachfolger Ahasja. Der hat einen Unglücksfall erlitten und lässt nun eine Prognose einholen. Nicht bei Elia oder sonst einem Repräsentanten der Jave-Religion, sondern beim Baal von Ekron, einer Felisterstadt.
Und er war offenbar spezialisiert auf Krankenheilungen. Auf dem Weg dorthin trifft die königliche Abordnung unverhofft auf Elia. Der Kerl taucht auf, wo man es nie erwartet, und er fragt sie wütend, gibt es denn keinen Gott in Israel, dass er geht, den Baal von Ekron zu befragen? Darum nun Ahasja wird von seinem Krankenlager nicht mehr aufstehen. Da agiert Elia wieder als Vorkämpfer der Jave-Allein-Bewegung. Es folgt noch eine hübsche Episode, in der Ahasja versucht, diesen lästigen Propheten verhaften zu lassen. Doch 250 Schaften der Polizei oder der Armee, die dazu ausgesandt werden, frisst vom Himmel fallendes Feuer. Die Dritte entgeht diesem Schicksal, weil ihr Anführer sich demütig vor Elia niederwirft.
So heißt das, so geht man mit Propheten um. Sie wirken schwach und wehrlos, doch wagen niemand, sich an ihnen zu vergreifen. Das ist wie Pfeifen im Wald. In der politischen Realität sind die Machthaber mit Propheten oft sehr grob umgegangen. Einer von ihnen war Jesus, den Pontius Pilatus ans Kreuznagelnäs. Vierzehntes Kapitel, eine kleine Erzählsammlung über Propheten in den Aramea-Kriegen als Unterquelle der deutsch-romantischen Königsbücher. Die Kapitel 1. Könige 20 und 22 fallen aus ihrem Kontext, den Elia-Geschichten heraus. Ich habe das erwähnt. Verbunden sind sie mit der Elia-Geschichte in der Thematik Prophet gegen König. Unterschieden aber in der Identität der auftretenden Propheten. Elia kommt nicht vor. Es agieren zuerst einmal anonyme Propheten, 1. Könige 20 und dann ein gewisser Micha ben Jimla.
Nicht zu überwechseln mit dem Micha von Moreshet, von dem das biblische Buch stammen soll. In 1. Könige 22. Miteinander verknüpft sind die beiden Kapitel im Thema Krieg gegen die Aramea. Sie hängen so offensichtlich zusammen, dass sie in der griechischen Bibel hintereinander stehen. Nicht wie in der hebräischen Bibel, getrennt durch die Elia-Nabot-Ahab-Geschichte, 1. Könige 21. Wahrscheinlich waren diese beiden Kapitel einmal eine gesonderte kleine Sammlung, die von der Deuteronomistischen Redaktion an der passend scheinenden Stelle ins Geschichtswerk oder in den Elia-Zyklus eingeschoben wurde. Diese kleine Quelle ist religionsgeschichtlich sehr interessant. In 1. Könige 20 führen die Aramea einen Angriffskrieg gegen Israel und werden zu ihrer großen Überraschung besiegt.
Ein Prophet hat den israelitischen König bis in taktische Einzelheiten hinein beraten. Die Aramea machen sich auf die Sache einen anderen Reim. Jahwe, sagen sie, sei ein Gott der Berge. Und darum sei es purer Leichtsinn gewesen, Israel in den Bergen anzugreifen. Jahwe, ein Gott der Berge? Das kommt daher, dass die Israeliten bei ihrer Sesshaftwerdung sich zuerst im dünnen oder gar nicht besiedelten palästinischen Bergland niedergelassen haben, wo sie ein ziemlich karges kleinbäuerliches Leben führten und ihren Gott Jahwe verehrten. Militärisch waren diese Bauern eher auf Guerillakampf in zerklüfteten Berggebieten eingestellt, während die kulturell hochstehenden Nachbarstaaten, eben zum Beispiel Aram, gern Streitwagen benutzten, die Panzerwaffe der Antike, die lieber großräumig auf flachem Gelände agierte, wo sie schlecht bewaffneten Bergbauern zigfach überlegen war.
Also sind sich die Aramea völlig sicher, wir werden die nächste Schlacht gewinnen, wenn wir sie nur in der Ebene veranstalten. Aber sie verlieren wieder. Und wieder, weil ein Prophet den israelitischen König eingewiesen hat. Der Gott Israels, lernen wir Lesenden daraus, kennt sich nicht nur in den Bergen aus, das wird Schweizer vielleicht kränken, aber das muss man hinnehmen, sondern er kennt sich auch im Mittel- und im Flachland aus und eigentlich überall, notfalls sogar in Babylon oder in Rom. Denn er ist keineswegs an ein kleines Bergvolk gebunden, sondern zuständig für alle, für die ganze Welt. Und am Ende entpuppt er sich gar als der einzige überhaupt. Wir sind hier also auf dem Weg zum biblischen Monotheismus. In 1. König 22, dem anderen Kapitel, herrscht ein Neutkrieg zwischen Israel und Aram.
Diesmal ist der König Israels der Angreifer und er hat den König Judas im Schlepptau. Außerdem verfügt er über etwa 400 Prophetenstädter und die versprechen ihm alle Sieg und Heil. Der Judea-König aber besteht darauf, dass man auch einen bekannt kritischen Propheten, Micha ben Jimla, einbezieht. Doch siehe da auf der Rät zum Angriff. Erst als er dringlichst aufgefordert wird, unbedingt die Wahrheit zu sagen, da kündigt er die Niederlage an und erklärt gleich, warum seine Konkurrenten, diese 400, das Gegenteil gesagt haben. Er nämlich, Micha, habe Einblick in die himmlische Ratsversammlung bekommen. Gott ist nicht alleine, der hat da oben einen ganzen Hofstaat. Und da habe er gehört, wie man beraten habe, auf welche Weise man den israelitischen König am besten um die Ecke bringen könne. Und da habe sich der Lügengeist, also einer dieser Geister um Gott herum, der hat auch einen Lügengeist bei sich, gemeldet
und sich erboten, in die 400 Propheten des Königs zu fahren, damit die ihm fälschlich Sieg und Heil verheißen. Gott habe dem zugestimmt. Kein besonders schöner Zug an ihm, wenn man überlegt, dass da Gott selber dafür sorgt, dass ein König aus dem Weg geräumt wird mit List und Tücke. Verstockung nennt man so was. Im Jesaja-Buch spielt dieser Begriff eine große Rolle. Also Gott sorgt dafür selber, dass der zum Unglück Verurteilte nicht umkehrt, sondern weiter ins Unglück läuft. Allerdings, man darf nicht vergessen, dass Micha diesen Plan ja verrät. Also eigentlich hätte der König Gelegenheit gehabt zu sagen, oh, da läuft etwas ungut, ich mache das nicht, aber der lässt sich nicht abhalten. Und das war auch so beabsichtigt. Es kommt, wie es kommen musste, der Anführer jener Königsprophäden, Orfeik Micha, für die unverschämte Behauptung,
er und seine Genossen seien von einem Lügengeist besessen. Und der König lässt Micha einsperren, um nach seiner siegreichen Rückkehr angemessen mit ihm zu verfahren. Man kann denken, was da passiert wäre. Und da ist man als Leser sehr gespannt, wie es weitergeht. Der israelische König zieht in den Krieg und baut zum Erhalt seines Lebens noch eine zusätzliche Sicherung ein. Er verkleidet sich als gemeiner Soldat, verpflichtet aber seinen judäischen Kollegen, Königsornat zu tragen. Die List scheint zu funktionieren. Die Arameer kesseln den Kampfwagen des judäischen Königs ein in der Meinung, jetzt hätten sie das Haupt der feindlichen Armee gepackt. Doch als sie ihn gerade töten wollen, schreit er auf und sie begreifen, das ist der Falsche. So ging das damals noch im Krieg. Dafür hat irgendein Bogenschütze irgendein Pfeil abgeschossen, irgendwo hin und der trifft zufällig,
Ausrufe zuhören, Ausrufe zuhören, den verkleideten König Israels. Dieser, schwer verwundet, befiehlt, ihn aus der Schlacht zu fahren und langsam verblutet er auf dem Wagen, stirbt und wird in Samaria begraben. Und als man den Wagen auswäscht, lecken Hunde das Blut des toten Königs, womit sich jene Unheilsweissagung des Elia erfüllt. Es ist dies eine der literarischen Klammern, mit denen diese Prophetengeschichten in den jetzigen Kontext eingefügt sind. Ganz ohne Anstoß gelang das aber nicht. Erstens stirbt Ahab laut Königschlussformel 1. Könige 22 eines friedlichen Todes. Steht beides in der Bibel. Was nun? Ist er im Kampf umgekommen und verblutet oder ist er friedlich gestorben? Und das hat nun einen aufmerksamen Redaktor dazu gebracht, diesen Ahab auf Elias Unheilsansage hin Buße tun zu lassen,
woraufhin das Gericht zeitlich verschoben wird auf die Nachfahren. 1. Könige 21 27. Zweitens kommt der General Jehu, als er nicht gegen Ahab, sondern gegen dessen übernächsten Nachfolger Joram putscht, ebenfalls auf jene Unheilsansage zu sprechen. In etwas anderem Wortlaut allerdings. Und erklärt sie als durch seinen Königsmord erfüllt in 2. Könige 9 29. Man sieht, irgendwie wollte man die Bosheit des Königs Ahab bestraft sehen und die Erzählungen in 1. Könige 20 und 22 boten dazu Anlass. 15. Kapitel. Der Elisha-Zyklus als Unterquelle der deutonomistischen Königsbücher. Der Elisha-Zyklus ist jetzt mit dem Elias-Zyklus verknüpft. Erstens durch die Vorstellung, Elisha sei der Nachfolger Elias gewesen.
Zweitens durch die Vorankündigung der Salbung Elishas durch Elias in 1. Könige 19. Drittens durch bestimmte Motive, die mit beiden Propheten verbunden werden. Beide tragen sie den auffälligen Ehrentitel Wagen Israels und seine Pferde, also Schlachtwagen. Ein kriegerisches Potenzial, dass sich da ausdrücken, das eigentlich am ehesten auf Elisha passt und nicht auf Elia. Und beide bezeichnen sich als vor Yahweh stehend. Das heißt als irdische Werkzeuge zur Umsetzung seiner himmlischen Ratschlüsse. Beide auch verstehen Speisen wunderbar zu vermehren und beide verstehen einen Toten aufzuerwecken. Also insofern sind das doch zusammenhängende Erzählungen. Aber ursprünglich ist der Elisha-Zyklus gesondert entstanden und für sich überliefert worden. Dahinter standen Prophetenkreise, Schüler des Elisha, die teilweise in den Texten sichtbar werden. Dazu später.
Es lassen sich zwei Themenkreise oder Untersammlungen erkennen, die jetzt zu einem Ganzen verbunden sind. Erstens Elisha als Wundertäter, zweitens Elisha als Kriegsheld. Erstens Elisha der Wundertäter. Die ersten beiden Geschichten in Zweite Könige 4 erinnern stark an den Elisha von Erste Könige 17. Auch Elisha ist in der Lage, eine arme Witwe wunderbar mit nicht versiegenem Öl auszustatten. Hier allerdings wird eine sozialgeschichtlich brisante Situation geschildert. Nicht allgemeine Hungersnot, sondern diese Frau musste sich, nachdem ihr Mann verstorben war, verschulden, konnte nicht zurückzahlen und jetzt drohte ihren Söhnen Versklavo. Das war ein Rechtsmechanismus, der damals wirkte. Das von Elisha herbeigezauberte Öl ermöglicht ihr, ihre Schulden zu tilgen und ihren Söhnen den Status freier Bürger zu erhalten.
Die zweite Geschichte erzählt von der Auferweckung eines verstorbenen Knaben. Ganz ähnlich wie auch es von Elisha erzählt worden ist, nur drastischer, ich würde sagen urtümlicher. Elisha legt sich auf dem toten Bett über das verstorbene Kind. Wörtlich presste seinen Mund auf dessen Mund, seine Augen auf dessen Augen und seine Handflächen auf dessen Handflächen. Das ist die präzise Beschreibung nicht etwa der Beatmung eines Bewusstlosen, wie wir vielleicht denken können, sondern ein sogenannter Analogiezauber. Durch eine genau analoge Körperhaltung überträgt der Lebendige, in dem Fall sogar ein Prophet, seine Lebendigkeit auf einen Toten. Die dritte und vierte Geschichte in Zweite Könige Fee erzählen von der wunderbaren Speisung großer Gruppen durch den Gottesmann.
Ganz ähnlich wie von Jesus Geschichten über die Speisung von vier oder fünftausend Menschen erzählt werden. In der nächsten Erzählung, Zweite Könige Fünf, spielt schon das Thema Krieg herein aus dem zweiten Erzählkreis. Sie handelt von dem Heerführer des Feindvolkes Aram namens Naaman, der an Aussatz erkrankt und von dem israelitischen Propheten Elisha wunderbar geheilt wird. Dieses Happy End wird nur über viele Irrungen und Wirrungen erreicht. Der Arameer meint nämlich zuerst, er habe es doch nicht nötig, sich von einem Gottesmann aus Israel betreuen zu lassen. Und er sieht nicht ein, dass ein Bad im Jordan ihm helfen könne, wo es doch in Aram viel schönere Flüsse gäbe. Am Ende aber will der Herr General, nachdem er geheilt worden ist in Israel, zwei Eselslasten israelitischer Erde mit nach Damaskus nehmen, damit er den Gott Israels, der ihm geholfen hat, auf dessen eigene Erde anbeten könne.
Das ist ein archaischer und rührender Zug, in dem noch vorausgesetzt ist, dass Götter an ein bestimmtes Land gebunden sind. Wenn du also einen anderen Gott bei dir verehren willst, musst du dessen Land ein Stück weit mitnehmen. Also wäre auch Yahweh an das Land Israel gebunden. Aber natürlich weiß die ganze israelische, jüdische Leserschaft, das ist Unsinn. Der israelische Gott ist auf einem lumpigen Stück Boden nicht angewiesen, der ist überall anbetbar. In 2. Königin 6, 1 bis 7 folgt wieder eine normalere Wundergeschichte. Da ist Elisha in der Lage, eine ausgeliehene Axt aus dem tiefen Schlick des Jordan hervorzuhexen, in denen sie abgesunken ist. Man sieht an einer solchen Erzählung, wie armselig diese Prophetengruppen waren. Eine Axt ist ein Wertgegenstand. Man muss sie sich ausleihen. Man besitzt sie nicht selbst.
Man muss sie unbedingt zurückhaben aus dem Wasser und muss sie zurückgeben. Eine neue kaufen könnte man gar nicht. Eben diesen Hintergrund weisen auch schon die erwähnten Speisungsgeschichten auf. Ein Nachklang dieser Thematik findet sich noch am Anfang von 2. Königin 8. Da gelingt es Elisha, einer ins Ausland geflüchteten Witwe wieder zu ihrem Besitz zu verhelfen. Es ist angeblich dieselbe Frau, deren Sohn er einst aus dem Tod geholt hat. Der zweite große Motiv im Elisha-Zyklus ist Elisha im Krieg. Das fängt an mit 2. Könige 3, wo der Prophet als eine Art himmlische Rückversicherung mit dem König Israels in die Schlacht gegen den südöstlichen Nachbarn Moab zieht. Das Herr muss einen Umweg nehmen und gerät in eine wasserlose Gegend, die Soldaten drohen zu verdursten. Man bittet Elisha um Hilfe und er lässt einen Leihermann holen, auch ganz urtümlich.
Der bringt ihn in eine Ekstase. Prophet ist man nicht in jeder Stimmungslage, sondern man braucht schon ein bisschen Musik dazu, die einen in eine neue Stimmung versetzt. In dieser Stimmung weiß er ganz genau, wo die Stelle ist, wo man erfolgreich Wasser graben kann. Das tun die und sind gerettet. Außerdem verkündet er den Sieg, den bevorstehenden gegen Moab. Das gelingt auch tatsächlich. Aber dann geschieht etwas Unvorhergesehenes, etwas Schauerliches, Schreckliches. Unter dem Druck dieses israelitischen Angriffs opfert der Moabiterkönig auf der Stadtmauer seinen erstgeborenen Sohn. Und daraufhin heißt es, kam großer Zorn über Israel und sie zogen ab und kehrten zurück in ihr Land. Offenbar kann Israels Gott das grauenhafte Menschenopfer nicht ertragen und verlangt von seinem Volk den Abzug.
Und dagegen kann auch ein Elisha nichts ausrichten. Übrigens kommt die Erzählung Zweite Könige 3 durch diesen Schluss doch wieder einigermaßen überein mit der erwähnten Stehle des Moabiterkönigs Mesha, auf der er sich für einen grandiosen Sieg über Israel feiert. Bei ihm ist natürlich von einer Opferung seines Sohnes nicht die Rede. Da siegt Moab einfach aufgrund eigener Kraft und dank der Unterstützung seines Gottes Kamosh. Die übrigen Elisha-Geschichten handeln von Kämpfen mit dem im Bereich des heutigen Syrien wohnhaften Aram. Gleich die erste einschlägige Erzählung zeigt Elisha als Wundermann im Krieg. Er gibt regelmäßig seinem, dem israelitischen König militärtaktische Hinweise, sodass die Arameer trotz ihrer Überlegenheit Israels nicht Herr werden. Das kennen wir schon aus dieser Geschichte 1. Könige 20. Ähnlich. Der Arameer-König erfährt schließlich, wer schuld ist an seiner Malese.
Und daraufhin sendet er eine Truppe, eine Verhaftungstruppe in den Ort Elishas. Und die finden den auch. Dann aber sind sie plötzlich von Gott mit Blindheit geschlagen, wissen nicht mehr ein und aus und fragen einen der dortigen nach dem Weg. Und natürlich ist das Elisha, wer sonst? Und der sagt, ihr müsst da und da hingehen, obwohl sie ja ihn verhaften sollten. Und prompt landen diese Kerle mitten in Samaria in der stark befestigten Königstadt. Und da sind sie natürlich verloren. Und nun fragt der israelitische König den Propheten, ob er jetzt diese Burschen alle ummachen soll. Der Prophet rät ihm, das bleiben zu lassen, sie nicht nur am Leben zu lassen, sondern ordentlich zu verköstigen und nach Hause zu entlassen. Der König tut das tatsächlich. Manchmal hören Könige auf Propheten. Und das Ergebnis ist, dass die Streifscharen Arams nicht mehr ins Land Israels kamen.
So wird der Kriegsprophet Elisha zum Helden einer außergewöhnlich ermutigenden Anti-Kriegs-Geschichte. Also Gegner bringt man besser nicht um. Man schickt sie gut gesättigt nach Hause und dann kommen sie auch nicht wieder. Müsste man mal heute anzuwenden versuchen. Eine sehr lange Erzählung in 2. Könige 6 und 7 handelt dann davon, dass die himmelhoch überlegenen Aramäer Samaria belagern, die Residenz. Und dort eine schwere Hungersnöt auslösen, die bei den Eingeschlossenen zu tatsächlich Kannibalismus führt. Man frisst die eigenen Kinder, bevor man zugrunde geht. Elisha aber sagt gegen allen Augenschein die wunderbare Errettung der Stadt voraus. Und tatsächlich ziehen die Feinde, weil sie Halluzinationen von einem gewaltigen Entsatz her haben, das da anrückt, Hals über Kopf ab.
Die Belagerten halten das für derart unmöglich, dass niemand hingeht, um sich die Lage anzuschauen. Bis endlich ein paar Aussätzige, ausgerechnet Aussätzige, um nicht zu verhungern Richtung Feind gehen und dort niemanden mehr vorfinden. Sie stehlen Gold und Silber, so viel sie können, machen aber schließlich doch Meldung. Nur glaubt ihnen keiner. Der König denkt, das ist eine Falle. Endlich schickt man dann aber doch einen Boten auf einem Wagen aus und der findet bis zum Jordern hin nichts als weggeworfene Kleider und Waffen, nur keine feindlichen Soldaten mehr. Eine letzte kleine kurze Notiz noch, die zeigt Elias Haltung gegenüber Aram in sehr befremdlicher Weise. 2. König 8, 7 folgende. Da zieht der Prophet nach Damaskus, wo der regierende König krank da niederliegt. Ein aramäischer General namens Hasael, der Berüchtigte, befragt den Propheten, wie es mit seinem Chef weitergeht.
Also der fragt den israelitischen Propheten, wie der kranke König wieder aufkommt oder nicht. Worauf Elisha ihm zu verstehen gibt, der werde sterben und er, Hasael, werde König werden. Und so einer wie Hasael lässt sich das nicht zweimal sagen. Er geht hin und erstickt seinen Chef mit dem Kopfkissen und setzt sich selbst auf den Thron. Und das war nicht irgendein Aramäer König, sondern ein großer, oberer, eine Geißel für den Nachbarn Israel. Und ausgerechnet den soll Elisha eingesetzt haben. Das führt dann hinüber zur nächsten Unterquelle der Jeho-Novelle. Auch da wird nicht Elisha selbst, aber einer seiner Schüler zum Königsmacher und dann an Jehu. Aber darüber später. 16. Kapitel, die Jeho-Novelle als Unterquelle der deutonomistischen Königsbücher.
In erst 2. Königin 9 bis 10 betreten wir ein ganz anderes literarisches Feld als in den Elia und Elisha Überlieferungen. Hier steht nicht der Glaube im Vordergrund, sondern die Politik. Doch so wenig der Glaube der Propheten unpolitisch ist, so sehr spielt das Religiöse in diese Putschgeschichte hinein. Der neue König wird von einem Propheten gesalbt. Sein Kampf gilt nicht nur dem politischen Gegner, sondern auch dessen baalistischen Neigungen, was sich exzessiv bahnbricht in einem Massenmord an Baalsanhängern. Das Geschehen wird nicht wie in den Prophetenzyklen in Anekdoten und Episoden, sondern es wird in einer dramatisch bewegten Handlungsfolge geschildert, im Stil eben einer Novelle.
Es wird Spannung aufgebaut. Niemals wird klar, ob dem Putschisten Jehu die Sympathien des Erzählers gehören und ob ihm unsere gehören sollen. Isabel, die Gegenspielerin Jehus, wird weder schlecht noch klein gemacht. Sie zeigt Größe und Kraft, wenn auch nicht zum Guten. Man wird kaum fehlgehen, wenn man dieser Erzählung relativ nah an den Ereignissen entstanden denkt. Bei ihrer Einarbeitung in das prophetische Erzählwerk, vielleicht auch später noch, mag sie die eine oder andere Erweiterung erfahren haben, vor allem in der Prophetenszene am Anfang von 2. Königin 9. Ich erspare Ihnen jetzt das Vorlesen dieses Passus in den Versen 1 bis 7. Da wird im Grunde wieder eine solche fast stereotype Prophetenerzählung oder Prophetenrede wiederholt, wie wir sie schon ein paar Mal hatten.
Elisha hatte seinem Schüler aufgetragen, er soll dahin gehen, den Jehu salben und dann schnell verschwinden. Und was macht er? Der geht hin, salbt den und dann nimmt er sozusagen die Tür kling und bleibt stehen und hält eine lange Rede und dann geht er. Und man merkt, diese ganze Rede ist offensichtlich nachträglich eingeschoben, eben von unserem zweiten Deutronomisten. Wieder mit den Wörtern wer zu abgehört und an die Wand pisst, den werde ich ausretten, Slaven und Freien, Israel, wie wir das kennen. Am Ende des Einschubs steht jetzt eine Drohung gegen die Königsmutter Isabel, wie sie nach dem jetzigen erweiterten Text von 1. Könige 21 schon Elisha ausgestoßen hatte. Und tatsächlich erfüllen sich diese Weissagungen im Folgenden sehr exakt und das wird auch ausdrücklich vermerkt. Da kommt nämlich Jehu, nachdem er die Könige Ahasja und Joram umgebracht hat, nach Israel.
Wo ihn die Dame Isabel am königlichen Erscheinungsfenster stehend mit Hohn und Spott begrüßt. Er gibt kurz einen Link nach oben, man möge die Frau runterstürzen. Und das wird getan. Und sie stießen sie hinunter und ihr Blut spritzte an die Mauer und über die Pferde und er zerstampfte sie. Dann ging er hinein, aßt und trank, der hat gute Nerven, und sagte danach, seht nach dieser Verfluchten und begrabt sie, sie ist immerhin eine Königstochter. Und sie gingen hin, um sie zu begraben, fanden von ihr aber nichts als den Schädel, die Füße und die Hände. Da kamen sie zurück und berichteten es ihm und er sprach, das ist das Wort Javis, das dieser durch seinen Diener Elia, den Tischbieter, gesprochen hat.
Auf dem Feldstück von Israel werden die Hunde das Fleisch Isables fressen. Und wie Mist auf dem Feld wird der Leichnam Isables sein, auf dem Feldstück von Israel, so dass man nicht sagen kann, das ist Isabel. Wieder ist klar, diese letzten Zeilen mit dem Rückverweis auf die Weißsagung Elias ist ein Zusatz der prophetisch-deutonomistischen Redaktion. Ursprünglich war nur kurz und grässlich mitgeteilt worden, wie Isabel zu Tode kam. Soll man das für einen ruchlosen Mord halten und erschrecken oder soll man denken, das hat sie verdient? Der redaktionelle Zusatz macht dann klar, die Propheten haben es so angekündigt, also war es in Ordnung. Nur eine Seitenbemerkung noch, um zu zeigen, dass diese positive Wertung der Mordtaten Jehus nicht die einzige ist, die es im Alten Testament gibt. Der Prophet Hosea, der noch vor dem Ende der von Jehu begründeten Nimshiden-Dynastie im Nordreich Israel wirkte,
hatte seinem ersten Sohn den Namen Jesrael zugeben, der Name einer Stadt für ein Kind. Und er hielt dafür von Gott die Begründung, denn nur noch kurze Zeit dann suche ich das Haus des Jehu heim, der Blutschuld von Jesrael wegen. Hosea 1. Die Blutschuld von Jesrael, das sind die Mordtaten Jehus. Und tatsächlich ging die Jehu-Dynastie wenig später in einer Folge von Thronstürzen unter und die führten bald in den Untergang Israels. Wer Gewalt sät, wird Gewalt ernten. 17. Kapitel. Die Attalia-Joach-Erzählung als mögliche Unterquelle der deutsch-tronomistischen Königsbücher. Eine spannende Erzählung in den Kapiteln 11 und 12, Zweite Könige, lässt uns Zeugen von etwas ganz Ungewöhnlichem werden,
das in Jerusalem eine Zeit lang eine Königin, kein König, auf dem Thron saß. Und diese Frau entstammte nicht dem Davididen-Haus, sondern unfassbar dem Omriden-Haus, dem Nordrhein-Israelischen. Sie hieß Attalia und war vermutlich eine Tochter Ahabs und vielleicht auch Isäbels. Ein schlechterer Leumund lässt sich nicht denken. Am Anfang von 2. König 11 wird erzählt, wie diese Frau angeblich an die Macht gelangte. Sie soll, als sie sah, dass ihr Sohn Ahas ja tot war, umgebracht von Jehu, alle männlichen Davididen umgebracht und sich selbst auf den Thron gesetzt haben. Diese Darstellung erfüllt aus meiner Sicht den Tatbestand der üblen Nachrede. Denn in der Jehu-Novelle 2. Könige 10, Vers 12 bis 14 wird in aller wünschenswerten Offenheit berichtet,
wer die Angehörigen des Hauses David in Jerusalem umgebrachte. Das war nämlich Jehu. Der hat sie erwischt und allesamt enthauptet und in eine Zisterne werfen lassen. Das war so sein Stil, wie er mit Gegnern umging. Und das wird nun in 2. Könige 11 dieser Dame Atalya in die Schuhe geschoben. Die hat die umgebracht. In Wahrheit war es der nordisraelische Putschist. Die Dame wird also bemerkt haben, es ist niemand mehr da, von meinem Königshaus, vom davidisch-omridischen Königshaus. Ich bin als einzige noch übrig, also übernehme ich jetzt das Kommando. Sie wollte den politischen Ton nicht von Nordisrael und dem Jehu bestimmen lassen, sondern wollte die Omripolitik weiterführen, wenigstens in Jerusalem. Es gab allerdings in Judakreise, die das nicht schätzten, die vielmehr den Umschwung im Norden auch im Süden nachvollzogen haben wollten.
Und eine Omridin auf dem David-Thron, das war sowieso ein No-Go. Angeblich war es ihnen gelungen, diesen Gegnern der Omriden in Judah vor der vermeintlichen Massenmörderin Atalya ein Prinzlein zu retten, einen kleinen Knaben mit Namen Joash. Und den verbarg man sechs Jahre vor der angeblich bösen Atalya im Tempel. Sechs Jahre. Und dann kommt der Gegenschlag. Der Jerusalemer hohe Priester Jojadah traf Absprachen mit der königlichen Leibwache, wahrscheinlich bestochen, und dann ließ er den siebenjährigen Joash im Tempel als König einsetzen und die abgesetzte Königin wegschicken auf das Palastareal, weil man im Tempel besser doch keine Leute umbringt, und dort wurde sie hingerichtet. Hinter dieser Revolte gegen Atalya taucht eine Gruppe auf im Text, die von da an immer wieder auftaucht,
und eine wichtige Rolle spielt in Judah, das sogenannte Volk des Landes, vielleicht könnte man sagen Nationaljudäer. Sie jubelten, heißt es in 1. König der 1120, über den gelungenen Kuh, während die Stadt Jerusalem auffälligerweise ruhig blieb, steht da. Da zeigt sich ein tiefer Riss in der judäischen Gesellschaft, Stadtadel versus Landbevölkerung. Der vielgerühmte König Joschia soll wieder vom Volk des Landes auf den Thron gehoben worden sein, ehe dieses gegen Ende der staatlichen Zeit dann an Einfluss verlor. In 1. König der 1220 wird berichtet, dass Joash, der neue König, der gerade mit sieben nur auf den Thron gekommen war und noch sozusagen von Erwachsenen betreut wurde, vor allem vom Hohen Priester,
dass der im Benehmen mit eben diesem Hohen Priester Jojata den baulichen Unterhalt des Tempelgebäudes auf eine solide Basis gestellt hat, mit Spenden sammeln in bestimmten Kästen und so, wie das heute noch vor allem in katholischen Kirchen der Fall ist. Er erhält von dem deutonomistischen ersten Redaktor gute Noten, er hat also für das Haus Javis gesorgt. Während der Königin Atalja nicht einmal eine Königsanfangs- oder Schlussformel zugestanden wird, wodurch sie in der Reihe der Davidkönige wirkt wie eine Unperson, ein bedauerlicher Zwischenfall, den man nur anständigerweise erwähnt, weil er halt stattgefunden hat und weil es immerhin mit Joash zu einem guten Ende kam. Es ist nicht leicht zu sagen, woher Berichte wie die in 2. Könige 11 und 12 stammen. Ob sie selbstständig umliefen, ob sie im Tagebuch der Könige von Judah vermerkt waren oder vielleicht in einer eigenen Tempelquelle.
Jedenfalls ehrt es die Deutonomisten, dass sie ihnen Raum gab. Von der Atalja wüssten wir nichts, wenn sie nicht immerhin in den Königsbüchern noch erwähnt wäre. 18. Kapitel, die Jesaja-Legenden als Quelle der deutonomistischen Königsbücher. Die nächste Quelle, die die Deutonomisten übernahmen, entstand erst relativ kurz vor ihrer eigenen Tätigkeit. Das ist eine gewagte Behauptung. Die sogenannten Jesaja-Legenden 2. Könige 18 bis 20 erzählen zwar von dem Propheten Jesaja aus dem letzten Drittel des 8. Jahrhunderts. Die Deutonomisten waren im 6. Jahrhundert. Doch sie stammen wahrscheinlich aus viel späterer Zeit. Es gibt nämlich im biblischen Jesaja-Buch authentische Jesaja-Worte, die von der Haltung, die dieser Prophet gezeigt hat, von der in den Legenden meilenweit entfernt ist. Der historische Jesaja war vehement gegen diejenigen politischen Kräfte aufgetreten,
die kurz vor 701 einen Politikwechsel vollzogen, weg vom neu-asyrischen Reich hin zum Pharaonenreich Ägyptens, was dann in einer politischen oder militärischen Katastrophe endete. Jesaja plädierte für einen neutralen Kurs zwischen den Großmächten. Er wollte einen Krieg mit Assur unbedingt vermieden wissen. Die politisch Verantwortlichen seiner Zeit ließen sich aber nicht aufhalten. Und es kam zum Desaster. Judah wurde von asylischen Truppen überrannt, Jerusalem wurde eingeschlossen, zerniert. Und gerade noch rechtzeitig, so scheint es, unterwarf sich der damalige König Hiskia der feindlichen Übermacht, zahlte schweren Tribut und ließ die Verkleinerung des ihm unterstellten Territoriums und die Wiedereingliederung des Restes ins asylische Imperium zu, bevor er kurz danach selber abdrangte.
Eben diese Vorgänge werden im zweiten Königsbuch auch beschrieben, aber nicht in den Jesaja-Legenden, sondern in einem Auszug aus den Analen. Im 14. Jahr Hiskias lesen wir in 2. Könige 18, 13 bis 16, habe der Asyrerkönig Sanherib alle befestigten Städte Judas erobert, worauf ihm Hiskia eine Unterwerfungsbotschaft zukommen ließ, deren Wortlaut es in sich hat. Ich habe gesündigt, sagt der judäische König zum Asyrerkönig. Zieh ab von mir! Was du mir aufbürdest, werde ich tragen. Darauf erlegte der König von Assur Hiskia dem König von Judah 300 Kikar Silber und 30 Kikar Gold. Hiskia habe daraufhin alles Edelmetall aus Palast und Tempel zusammengeräumt und es dem asyrischen König übergeben.
Damit stimmt sehr genau der Eigenbericht dieses Asyrerkönigs Sanherib ein. Er habe 46 judäische Städte eingenommen und 200.000 Menschen unterworfen. Hiskia aber habe er in seiner Residenz eingeschlossen wie einen Käfigvogel. Ein tolles Bild, wie ein Käfigvogel. Und der habe am Ende einen gewaltigen Tribut von Gold, Silber, Antimon, Elfenbein, verzierten Möbeln, Ebenholz und dazu 50 Palastdamen hinter sich her nach Nineveh schicken lassen. So war das wohl im Schreckensjahr 701. In den Jesaja-Legenden aber wird ein ganz anderes Bild gemalt. Zwar kommt auch hier die Belagerung Jerusalems in den Blick. Es wird die Einschüchterungsrede eines asyrischen Generals wiedergegeben. Sehr eindrucksvoll. Doch dann tritt Jesaja auf. Nicht als Kritiker des anti-asyrischen Kurses, der zu all dem geführt hat, sondern als einer, der seinem König Hiskia, dem aufständischen König, den Rücken stärkt.
Ihn ermutigt, bloß nicht aufzugeben und der ihm eine wunderbare Rettung der Stadt voraussagt. Und tatsächlich, eines Morgens sind die Belagerungstruppen verschwunden. Wie man erfährt, weil in der Nacht der Pestengel unter ihnen 185.000 Mann erwürgt habe. Das sind natürlich unglaubliche Zahlen für die damalige Zeit. Solche Massenherre gab es nicht. Jerusalem also nicht freigekauft um schweren Tribut, sondern wunderbar errettet durch ein Eingreifen Gottes. Nach einer sehr einleuchtenden wissenschaftlichen Theorie entstand der Grundstock dieser Legenden ganz genau im Jahr 588 vor Christus, kurz vor der Zerstörung Jerusalems. 587. Damals riet der Prophet Jeremiad zur Unterwerfung unter Babylon.
Doch behielt eine Gegenpartei die Krieg und Durchhalten propagierte, die Oberhand. Offenbar erzählte man in Kreisen dieser Kriegspartei von der analogen Zitation 701 vor 120 Jahren. Auch damals sei Jerusalem zur Aufgabe aufgefordert worden. Aber nicht durch einen Propheten wie jetzt Jeremiad, sondern durch einen syrischen General. Und dessen Rede gleicht verblüffend den Reden Jeremias. Während der Jesaja der Legenden redet wie die Vertreter der Kriegspartei da, kurz vor 587. Offenbar waren diese Legenden eine geistige Waffe im Ringen um Krieg oder Nichtkrieg, kurz vor dem Untergang Jerusalems. Und die Kriegsbefürworter zogen denen in Wahrheit alles andere als kriegerischen Propheten Jesaja auf ihre Seite. Wahrscheinlich war es der prophetische Deuteronomist, der diese in sich sehr eindrucksvollen Erzählungen in die Königsbücher aufnahm.
Dabei kam ihm zu Pass, dass ihn ihnen der König Hezkia einmal ein berührendes und in deuteronomistischen Ohren sicher wohlklingendes Buß- und Bittgebet an Gott richtet, in 2. Könige 19. Und dass einmal sogar von einem Zusammenstoß zwischen Jesaja und Hezkia berichtet wird. Ähnlich den Konfrontationen zwischen Propheten und Königen im Buch der Prophetengebichten. Da hat nämlich einmal Hezkia etwas getan, was Jesaja nicht gut fand. Und der sagte ihm daraufhin als Strafe den Untergang Judas voraus. 701, 587. Wieder dieser gewaltige Weitblick eines Propheten. Diese Episode hat der prophetische Deuteronomist ganz bewusst als Ende der Jesaja-Legenden gesetzt und diese damit zu einem weiteren Bestandteil oder Beispiel für die königskritische Grundeinstellung der Propheten gemacht.
19. Kapitel. Der Bericht von Josias' Kultreform als Quelle der deuteronomistischen Königsbücher. Vom Reformkönig Josias erzählen zwei Kapitel, 2. Könige 22 und 23. Zuerst wie er als Achtjähriger vom Volk des Landes auf den Thron gehoben. Am Ende wie er vom Pfarrer Onecho ums Leben gebracht wurde. Dazwischen geht es um ein einziges, den Deuteromisten offenbar enorm wichtiges Thema. Wie bei den von ihm veranlassten Renovationsarbeiten im Tempel ein Buch der Thora javes gefunden wurde. Wie er sich dieses vorlesen ließ und entsetzt war, dass seine Weisungen bisher nicht beachtet worden waren. Wie eine Prophetin namens Hulda, von der man nur hier hört, über den Stellenwert des Buches befragt wurde und seine Autorität bestätigt wurde.
Wie sie den Untergang Jerusalems aber für unabwennbar erklärte. Und da hört man wieder den prophetischen Deuteronomisten. Wie der König eine Versammlung aller Ältesten von Judar und Jerusalem einberufen ließ, ihnen das gefunden Buch persönlich vorlas und mit ihnen einen Vertrag zu seiner Umsetzung schloss. Wie er dann eine lange Reihe kultischer Reformmaßnahmen ergriff und so den Jerusalemer Tempel von fremdreligiösen Einflüssen, besonders asylischer Provenienz, befreite. Während er alle Heiligtümer ringsherum im Land schließen ließ und die Priester als Klerus minor nach Jerusalem befahl. Früher sagte ich schon einmal, das Gesetzbuch, das da gefunden bzw. dem König in die Hand gespielt wurde, war vermutlich das Deuteronomium vielleicht in einer Vorform. Denn das Deuteronomium fordert ja tatsächlich die Reinheit des Jahwe-Kultes und die Zentralisierung des Kultes in Jerusalem.
Es enthält daneben noch eine Reihe weiterer Weisungen zum Schutz der Armen, zu den Ordnungen von Familie und Staat, zum Umgang mit der Natur. Doch all das interessierte die Deuteronomisten nicht so sehr. Nur die Frage von Kultus und Jahwe-Verehrung, das war ihnen nahe. Nach neueren exegetischen Einsichten ist das Deuteronomium als eine Art abgewandelter Vasallenvertrag gestaltet. Israel wird statt auf den asylischen Großkönig jetzt auf den Gott Jahwe verpflichtet, auf die Einhaltung seiner Gebote statt der asylischen Gesetze. Besonders auf das der alleinigen Verehrung Jahwes. Ein Gott, ein Volk, ein Tempel, das war das Motto. Historisch-politisch hat das Deuteronomium und seine Installation durch Joschia in seinem 18. Regierungsjahr, das heißt genau 622, den Effekt einer Abwandlung von Assyrien.
Der Niedergang dieses lange Zeit unbesiegbar scheinenden Großreichs war damals für wache Zeitgenossen absehbar. Bereits um die Mitte des 7. Jahrhunderts hatte Assyrien die Kontrolle über das zuvor unterworfene Ägypten verloren und wurde im eigenen Kernland von bürgerkriegsartigen Unruhen erschüttert. 625 sagte sich Babylonien offiziell von Assyrien los. Das war eigentlich eine Trennung des Kerns. Und schon 612 zerstörte ein babylonisch-medisches Heer die glanzvolle Metropole Ninive. Joschia hat diesen Umgang offenbar gewittert, entwickelte eine judäische Unabhängigkeitspolitik und setzte im Inneren Judas Reformen durch, die gewiss nicht nur kultische, sondern auch politische und soziale Bereiche betrafen.
Den baltigen Untergang des Königreichs Judah vermochte er aber nicht mehr abzuwenden. Davon zeichnen die deutonomistischen Königsbücher in ihren beiden Schlusskapiteln 24 und 25 ein ungeschminktes Bild bis hin zu der eingangs erwähnten überraschenden Aufhellung durch die Nachricht von der Rehabilitierung des deportierten Königs Joachin im Jahr 562. Da schließt sich der Kreis. Jetzt kommt ein 20. Kapitel, ursprünglich das Schlusskapitel, die deutonomistischen Königsbücher als historiografisches Kunstwerk. Die Königsbücher zeichnen die israelitisch-judäische Königszeit als ein langes Auf und Ab, guter und schlechter Könige, gewonnener und verlorener Kriege, politischer Erfolge und Misserfolge, selbstbewusst auftretender und hart verfolgter Propheten, glücklicher und unglücklicher Zeiten.
Literarisch gesehen sind die Königsbücher eher ein Mosaik aus ungezählten Einzelfassetten als eine planvoll durchgeführte Geschichtsdarstellung. Sie sind ein Paradebeispiel biblischer Traditionsliteratur. Nicht ein Verfasser hat ein von ihm entwickeltes und erdachtes Konzept verwirklicht, sondern viele Autoren und Redaktoren haben zu dem nach und nach entstehenden Werk beigetragen, am Ende die Mitglieder der deutonomistischen Schule. Sie alle treten hinter die von Ihnen geschaffene Literatur zurück. Da melden sich nicht Verfasser mit Namen und Titeln für eine Preisverleihung an, oder für den Literaturnobelpreis. Nein, sie fügen sich alle ein in einen schon seit langem und immer weiter fließenden Traditionsstrom.
Irgendwann endete zwar die großräumige Redaktionsarbeit an den Königsbüchern, doch gab es immer noch vereinzelte Nachträge und als die integriert waren, wurde die Chronik geschrieben, eine neue Geschichtsschreibung, davon gleich noch etwas. Wir haben jetzt die verschiedenen Textsorten der Königsbücher, die mutmaßlichen Entstehungsstufen, das Verhältnis von Redaktion und Quellen ein wenig kennengelernt. Das sollte uns aber den Lesespaß nicht verderben. Man kann die Königsbücher einfach von vorn nach hinten lesen und sich freuen an den tausend Einzelheiten und Daten, Bildern, Namen und Einfällen, so als habe man, um eine eingangs gebrauchte Metapher noch einmal aufzunehmen, ein riesiges Glasfenster vor sich, in dem traditionsbewusste und zugleich kreative Künstler zahllose Scheiben und Scherben zu einem eindrucksvollen Gesamtbild verschmolzen haben. Nicht jedes Detail ist ganz deutlich zu erkennen, nicht jede Szene wirkt schön und gewinnend, manche schreien von blutroter Farbe, andere leuchten in sanften Pastelltönen.
Überaus farbig und vielfältig ist das Bild der israelitischen Königszeit, das die Königsbücher malen. Wir modernen, westlich geprägten Menschen haben eine bestimmte Vorstellung davon, was wertvolle Geschichtsschreibungen zu sein haben. Sie soll korrekt sein, nüchtern, zuverlässig, detailtreu, Quellen- und Faktenbasiert. Das alles ist die biblische Historiographie auch, aber nicht nur. Sie legt Wert auch auf Mentalitäten und Emotionen, sie beurteilt Haltungen und Handlungen und umgekehrt vernachlässigt sie manches, was wir auch noch gern gewusst hätten. Vor allem aber rechnet sie mit einem Sinn in der Geschichte, damit das diese nicht zufallsgeneriert abläuft, sondern nach einem großen Plan, den einer entworfen hat, der hoch über dem Geschehen sitzt, der den Überblick behält und durch alle Irrungen und Wirrungen hindurch an seinen Maxinen festhält und seine Ziele verfolgt.
Freilich die Königsbücher rückten Gott nicht ins Zentrum, sie predigen nicht, oder höchstens indirekt, durch die Schilderung von Ereignissen, die Wiedergabe von Reden, die Andeutung geheimer Zusammenhänge. Auf diese Weise verwehren es die Autoren und Lesenden, ihnen klare Absichten oder gar bestimmte Handlungsanweisungen zuzuschreiben. Lest nur selbst, sagen sie, macht euch euren eigenen Reim auf die Dinge, bildet euch ein Ereignisurteil. Wir haben nur versucht darzustellen, wie Gott und die Menschen damals in der Königszeit gehandelt haben. Wie jetzt zu handeln ist, steht nicht in unserem Ermessen. Damit bin ich am Ende der eingangs angekündigten 20 kleinen Kapitel, in denen ich die biblischen Königsbücher vorstellen wollte.
Und das war eine weitgehend historische Einführung. Es scheint mir nun aber angebracht, noch ein kurzes, 21. Kapitel folgen zu lassen mit der Überschrift. Warum lohnt es sich, die Königsbücher heute noch zu lesen? In meinem zu Beginn erwähnten Buch, das 2026 beim Theologischen Verlag Zürich erscheinen soll, gliedert sich dieser Schlussteil in fünf, sechs, sieben Kapitel. Hier will ich es kürzer machen, um die Geduld meiner armen Hörerinnen und Zuschauer nicht zu sehr zu strapazieren. Also, was ist das Bleibende, das Bleibend Wichtige, das ganz Besondere der Königsbücher, das ihre Lektüre lohnend macht? Diese Frage würde ich zuerst an meine zahllosen Vorgängerinnen und Vorgänger im Glauben bzw. in der Bibel-Lektüre richten. Was habt ihr früheren an den Königsbüchern denn wichtig gefunden?
Vielleicht gibt es ja Hinweise an uns heutige, die uns helfen, diese Frage am Ende auch für uns selbst zu beantworten. Im Zweiten der vorangegangenen 20 Kapitel habe ich davon gesprochen, dass die Königsbücher Teil des alttestamentlichen Kanons wurden. Das heißt, irgendwann, bald nach der Zeitenwende, hielten es jüdische und christliche Gemeinden für richtig, den Königsbüchern zusammen mit einer ganzen Reihe weiterer Schriften eine besondere Würde zuzuerkennen, dass nämlich in ihnen das Wesentliche des Glaubens grundgelegt sei. Die kanonischen Schriften des alten Testament, sondern auch die des neuen, sollten für alle Zeiten die Richtschnur abgeben, an der sich Jüdinnen und Juden, Christinnen und Christen orientieren sollten. Ein Teil dieser Richtschnur war die Geschichte der israelitischen und jüdischen Könige, wie es in den Königsbüchern dargestellt wird.
Diesen beiden Büchern wurde diese Würde nie bestritten, anders als etwa dem Hohen Lied oder dem Predigerbuch Kohelet oder dem Estherbuch, bei denen lange darüber debattiert wurde, ob sie wirklich kanonwürdig seien. Die Königsbücher galten immer als kanonwürdig. Das war schon im ausgehenden vierten Jahrhundert der Fall, als im frühen Judentum die Frage diskutiert wurde, woher man nun wirklich komme, was den eigenen Glauben und die eigene Religionsgemeinschaft heute ausmache. Und da begann man, die Geschichte der Königszeit neu zu denken, wagte aber nicht mehr den Königsbüchern ihren quasi-kanonischen Rang streitig zu machen. Also schrieb man eine neue Geschichte, die der Chronikbücher. Die Chronik bediente sich im Wesentlichen des Deutonomistischen Geschichtswerks und der Deutonomistischen Königsbücher als Quelle, schrieb diese aber voll Grund auf um. Zum Beispiel fand man in ihnen die Geschichte Nordisraels viel zu ausführlich dargestellt.
In dem Gebiet nördlich von Jerusalem hausten jetzt die Samaritana, und für deren Geschichte interessierte man sich eigentlich nicht. Das waren Gegner, Konkurrenten, deren Werten man am besten überging. Sehr wohl aber erhob man den Anspruch, dass zum Gottesvolk nicht nur die Juden im Engeren sind, sondern auch die alten Nordstämmen gehörten. Diese gemeintete man sozusagen ins Judentum ein, indem man die Frühgeschichte von der Schöpfung an bis in die Königszeit in großen Stammbäumen zusammenfasste, in 1. Chronik 1 bis 9, in denen auch die Nordisraeliten ihre Rolle haben. Aber grundlegend für das heutige Judentum im 4. Jahrhundert war die Geschichte eigentlich nur des Königreichs Judah, insbesondere die Geschichte des Tempels von Jerusalem, eines des Salomonischen, der nach dem Exil ersetzt worden war durch den sogenannten zweiten Tempel.
Um den und um den dort amtenden Hohen Priester scharte sich die Bürger-Tempel-Gemeinde Jehuts, wie die persische Provinz hieß, die dann auch in hellenistischer Zeit noch bestand. So dreht sich in der chronistischen Beschreibung der Königszeit eigentlich alles um den Tempel. Die Könige mussten sozusagen tempelfrom sein, andernfalls traf sie der Arm Gottes. Waren sie in diesem Sinn fromm, dann waren sie erfolgreich, gerade auch in Kriegen. Und Kriege kennt die Chronik noch viel mehr als die Königsbücher. Gottes Volk, wie soll das heißen, war gottgeschützt und wehrhaft jederzeit. Und das in einem völlig wehrlosen Judentum der griechischen Zeit. Zwar ging auch nach der Chronik das Königtum zugrunde, aber nicht dieses traurige Faktum stand am Schluss, oder auch nicht der kleine Hoffnungsschimmer mit König Joachim, sondern der Erlass des Perser-Königs Kyros, dass die Juden, nicht nur der König,
aus der babylonischen Gefangenschaft nach Hause zurückkehren und den Tempel wieder auf den Weg bringen. Dorthin, auf die Gründung und das Leben der Bürger-Tempel-Gemeinde, zielt die Chronik. Und darum ließ sie die Könige David und Salomo hauptsächlich nur mit der Planung und Durchführung des Tempelbaus, der Ordnung des Kultus dort und der Schaffung der dort gepflichten Gesänge und Liturgien beschäftigt sein. Also diese beiden großen Gründerkönige hatten eigentlich nur den Tempel im Sinn. Soweit die Chronik. Unabhängig von ihr aber entwickelten die Königsbücher ihr eigenes Weiterleben, entfalteten eine nie endende Wirksamkeit. Ich würde das gerne an drei herausragenden Gestalten oder Themen festmachen. Erstens an dem weisen König Salomo, zweitens an dem prophetischen Heros Elia
und drittens an den angeblich bösen Frauen Isabel und Atalja. In diesen drei Brennpunkten lässt sich die Wirkungsgeschichte der Königsbücher meines Erachtens treffend zusammenfassen. Bei Salomo waren es drei Elemente, die alle späteren besonders faszinierten. Nicht etwa die ziemlich fragwürdige und blutige Art seiner Machtergreifung, sondern a das berühmte Salomonische Urteil mit dem beinahe durchtrennten Kind, Sie erinnern sich, b der Tempelbau und c der Besuch der Königin von Saba bei ihm. Zum Punkt b, dem Tempel gibt es zahllose Rekonstruktionsversuche, die den Salomonischen Tempel zwei- oder dreidimensional vor Augen stellen und das dortige Wirken der Priester, Propheten und Könige imaginieren. Zu den Erzählungen a und c, Weißes Urteil und Saba-Königin, kennt die Kunstgeschichte zahlreiche Gemälde, die dramatisch einerseits den auf dem Thron sitzenden Richter Salomo
und die beiden vor ihm stehenden Frauen dazu, das eine das Tote am Boden liegende, das andere noch lebende Kind in Szene setzen, das letzte vielleicht von einem Soldaten an einem Fuß in die Luft gehalten, während schon das Schwert über ihm kreist und die Frau dann aufgeregt die eine zur anderen weist, nein, lass das Kind am Leben, gibt es ihr. Oder die Königin von Saba, wie sie als fremde, schöne, stolze und vor allem reiche Frau vor Salomo tritt und ihre Gefolgschaft immense Goldschätze ausbreiten lässt. In diesem Zusammenhang ist noch ein besonderer Zweig der Rezeptionsgeschichte zu erwähnen, nämlich der Äthiopische. Das dortige Herrscherhaus, halbwegs christianisiert, versuchte nämlich seinen Begründer Menelik auf eine erotische Beziehung zwischen der Königin von Saba und dem König Salomo zurückzuführen,
von der in der Bibel nichts steht, die sich aber fantasievolle Gemüter gern ausmalten, wie der König die schöne Fremde herum und schließlich ins Bett kriegte, woraus eben jener Menelik resultierte. Und dieser Menelik, erzählte man sich in Äthiopien, sei dann als junger Mann an den Ort seiner Zeugung zurückgekehrt und habe dort mit List und Tücke die heilige Lade an sich gebracht, die Herr Salomo in den Tempel ins Allerheiligste gestellt hatte. Sie gelangt dann nach Abyssinien mit Menelik und wird dort bis auf den heutigen Tag in einer Kapelle in einer früheren Königstadt verwahrt und gehütet. Also unter uns gesagt, ist sie wahrscheinlich beim babylonischen Feuersturm auf den Jerusalemer Tempel verbrannt, aber sie steht in Äthiopien.
Vom Propheten Elia sind in der Wirkungsgeschichte vor allem vier Szenen in Erinnerung geblieben. A. die von seiner Ernährung durch Raben, B. die vom Gottesurteil auf dem Karmel. Wahrscheinlich hat fast jede oder jeder von ihnen eine bildliche Darstellung vor Augen, wie himmlisches Feuer das Opfer auf dem von Elia gebauten Altar erfasst. C. die von seiner Flucht zum Gottesberg Horeb, wo er sich in einer Höhle versteckt, als Gott ihm erscheint, im leisen Säuseln, nicht im Feuer, woraufhin er sich dann doch aus dem Schutz der Höhle war und schließlich D. seine Auffahrt mit einem Feuerwagen zum Himmel. Die Motive A, C und D sind vor allem in unzähligen ostkirchlichen Ikonen zu bewundern. Wahrscheinlich haben davon ebenfalls viele von ihnen Bilder vor Augen. Das Letztgenannte, das vom Feuerwagen, hat noch ein spezielles Wirkungsgeschichte des Apercy hervorgebracht.
In Deutschland, im Deutschland des 19. Jahrhunderts, hießen manche der neu erfundenen Dampflokomotiven, wie auch die Strecken, auf denen sie verkehrten, feuriger Elias. Wenn Elia das gewusst hätte, wäre er bestimmt nicht auf einen feurigen Pferdewagen gestiegen, sondern hätte sich von einer Feuerlocke in den Himmel ziehen lassen. Aber ein eigenes ernsthafteres Wort verdient das großartige Elias-Oratorium von Felix Mendelssohn Bartholdi aus der späten ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in dem er die Erzählungen 1. Könige 17 bis 19 und dazu zahlreiche Worte aus dem übrigen Alten Testament, vor allem aus den Psalter und den Prophetenbüchern, vertont. Ich erwähne ein besonders eindrucksvolles Beispiel. Da lässt Mendelssohn den Chor in die Rolle der Baalspriester auf dem Kamel schlüpfen,
die flehentlich ihren Gott um sein Wirksamwerden bitten. Baal, erhöre uns! Herr Gott, Baal, erhöre uns! So hört man es immer wieder rufen im Chor, bis plötzlich eine irritierende Generalpause eintritt. Nichts. Absolutes Schweigen in der Kirche, im Konzertsaal. Quälend lang, und das eine geniale Vertonung oder Nicht-Vertonung des biblischen Satzes, da war keine Stimme noch Antwort. Baal redet ja nicht und singt auch nicht. Schließlich drittens die Königinnen Isabel und Attalia. Zahlreiche Gemälde zeigen die böse Isabel, wie sie auf den Wink Jehus aus dem Fenster gestürzt wird. Oder Attalia, wie sie in Jerusalem einen Königsmord inszeniert und dann auf Befehl des Priesters Joja dahingerichtet wird. Über Attalia hat der französische Dichter Jean Racine im frühen 17. Jahrhundert einen Drama geschrieben, in dem er sie ebenfalls als teuflische, aber großartige Frau darstellt, die am Ende ihr verdientes Schicksal ereilt.
Dieses Drama hat dann Handel zu dem Autorium Attalia umgemünzt und wiederum Mendelssohn hat dazu dramatische Musik geschrieben. Wir haben im vorangehenden Jahr gesehen, dass aus historischer Perspektive diese beiden Frauen nicht gar so mörderisch waren, wie sie hier und teils schon in der Bibel gesehen werden, sondern aus den Voraussetzungen ihrer Zeit und ihrer Herkunft recht folgerichtig und gar nicht so verwerflich gehandelt haben. Neuerdings gibt es denn auch Stimmen namentlich feministischer Theologie, die ihnen wieder einen angemesseneren Platz in der Geschichte zuweisen wollen. Und damit komme ich nun zur abschließenden Frage. Warum sollten wir die Königsbücher lesen? Zur Gewinnung eines gerechten und differenzierten Frauenbildes eher nicht. Frauen kommen zwar vor, aber sie spielen meist keine positiven Rollen. Denken Sie nur an den angeblich riesigen Harem des Salomo,
der das Einfallstor für die Fremdgötterei gewesen sein soll. In Wirklichkeit gab es natürlich im königszeitlichen Israel und Judah ebenso viele Frauen wie Männer und sie waren auch nicht schlechter als diese, wahrscheinlich eher im Gegenteil. Doch nicht das steht in den Königsbüchern im Vordergrund, sondern etwas ganz anderes. Sie schreiben aus unverhohlen männlicher Perspektive ein Stück Geschichte Israels und zwar, wie wir sahen, sachkundig und in weiten Teilen durchaus zuverlässig und glaubhaft. Schon dieses Faktum kann nicht genug hervorgehoben werden. Dass die jüdische und dann auch die christliche Religion sich ein geschichtliches Fundament gibt. Das bedeutet, wenn man die Frage nach Gott stellt, nach seiner Existenz und seiner Wesensart,
dann sollte man die Antwort nicht irgendwo im Himmel in spirituellen Höhen oder mystischen Tiefen suchen, sondern in der Geschichte. Der Gott Israels und Judas und dann der Gott Jesu Christi hat sich tief in die menschliche Geschichte hineinbegeben. Gott ist kein höheres Wesen, nicht lateinisch sumum ens, das Höchste sein, das Vollkommenste, was Menschen sich ausdenken könnten. Nein, Gott steckt in der Geschichte, in der Geschichte eines bestimmten Volkes und bestimmter Menschen. An ihrem Gescheck, an ihren Gedanken, Wünschen, Hoffnungen, ihrem Glauben lässt sich ablesen, wer er ist und was er will und tut. Die Königsbücher heben vor allem hervor, dass nur der jüdische Gott Jahwe Verehrung, Ehrfurcht und Liebe beanspruchen kann. Daran, ob die Menschen dem nachkamen oder nicht, entschied sich der Verlauf der Geschichte.
Insgesamt erscheint der Verlauf dieser Geschichte als wenig günstig. Die Menschen sind überwiegend nicht so, wie Gott sie haben will. Darum erleben sie auch keine überwiegend Glückliche, sondern eine unglückliche Geschichte. Schon das ist nachdenkenswert, dass sich unser Schicksal nicht daran entscheidet, wie geschickt, gescheit, gerüstet wir sind, welche Deals wir machen und wem wir das Adjektiv first zugestehen. Nach solchen Maßstäben wären Assyrien und Babylonien die Favoriten der Geschichte gewesen. Es waren aber Israel und Judah, nicht weil sie so tüchtig und bedeutend waren, sondern weil Gott sie ausgewählt hatte, um an ihnen vorzuführen, was richtig und was falsch, was gut und was böse ist und was darum letztlich Erfolg verspricht und was nicht. Die Geschichtssicht der Königsbücher, stellten wir fest, ist insgesamt eher negativ und folgerichtig endet die Königszeit in Katastrophen.
Eine solche Sicht ist nicht unproblematisch. Da sucht eine Gruppe von Menschen, da sucht ein Volk, die Schuld für eine Katastrophe nicht bei anderen, eben den Assyrien oder Babylonien, nicht in ungünstigen Umständen, unglücklichen Verkettungen, auch nicht bei einem unwirksamen oder feindseligen Gott, sondern bei sich selbst. Die Bibel insgesamt, auch die Königsbücher, ist enorm selbstkritisch. Wenn es uns schlecht geht, dann haben wir es verdient. Wenn es uns gut, gut geht, haben wir es nicht verdient, dann ist es Gnade. Dabei leiden die Autoren der Königsbücher nicht an einer krankhaften Depressivität, die alles Leid in Selbstbeschuldigung ummünzt. Ach, was bin ich? Was sind wir doch so schlecht, dass es uns so schlecht geht? Nein, wir sind alle ganz normal unzulänglich. Wir genügen von Haus aus, von unserer Struktur her, von den uns verordneten Umständen her,
nicht den Ansprüchen, denen wir eigentlich genügen müssten. Es gibt immer auch positive Gegenbeispiele, David etwa, Joschia, die zeigen, dass es an sich durchaus möglich wäre, einigermaßen richtig zu handeln. Aber oft, eher öfter, allzu oft schaffen wir es nicht. Die Konsequenz ist nicht Resignation, sondern Selbstermutigung. Arbeiten wir an uns. Sehen wir zu, dass wir es besser machen als die Israelitinnen und Judeen der Königszeit, als die Christinnen und Christen des Mittelalters oder des 20. Jahrhunderts. Seien wir selbstkritisch, aber nicht verzagt. Seien wir mutig, aber nicht übermütig. Seien wir stolz, aber nicht auf uns selbst, sondern auf das, was Gott uns mitgegeben hat und möglich macht. In diesem Sinn lohnt es sich, die Königsbücher zu lesen. Als geschichtliches Exempel, aus dem sich lernen lässt, wie man sein Leben, seine Politik,
seine Ziele nicht ansetzen sollte und wie gutes, gelingendes Leben doch möglich ist. Und damit schließe ich nun endgültig und wünsche vertiefte Bibellektüre und ein glückliches Leben.
Die Königsbücher – Teil 2 | 15.3.1
Es geht um Mord, Eifersucht und Intrigen, um Dynastien, Thronfolger und Kriege. Es geht um den Kampf zwischen Königen und Propheten, um Ausbeutung und Sozialkritik. Und natürlich um Gott. Die Königsbücher liefern genug Stoff für eine mitreißende Netflix-Serie. Walter Dietrich erzählt in seinem zweiten Vortrag über die beiden Bücher zwischen Samuel und Chroniken einige dieser Geschichten nach, berichtet von ihren Autoren und Quellen und erzählt, warum wir sie heute noch lesen sollten.