Heute geht es um das Kapitel 5 der Johannes-Offenbarung. Martin Hühnerhoff wird uns dieses Kapitel  einmal im Zusammenhang vortragen. Und ich sah auf der Rechten dessen, der auf dem Thron saß,  eine Schriftrolle. Sie war innen und außen beschrieben und mit sieben Siegeln verschlossen.  Und ich sah einen starken Engel, der sprach mit dröhnender Stimme, Wer ist würdig,  die Schriftrolle zu öffnen und ihre Siegel zu lösen. Und niemand im Himmel, niemand auf der
Erde und niemand unter der Erde konnte die Schriftrolle öffnen und ihren Inhalt lesen.  Und ich weinte sehr, weil niemand für würdig befunden wurde, die Schriftrolle zu öffnen und  ihren Inhalt zu lesen. Und einer der Ältesten sprach zu mir, Weine nicht, siehe, es hat gesiegt  der Löwe aus dem Stamm Judah, der Spross Davids, um die Schriftrolle und ihre sieben Siegel zu  öffnen. Und ich sah in der Mitte des Thrones und der vier Lebewesen und in der Mitte der Ältesten  ein Lamm stehen, wie geschlachtet. Es hatte sieben Hörner und sieben Augen. Das sind die sieben Geister  Gottes ausgesandt über die ganze Erde. Und es kam und hat empfangen aus der Rechten dessen, der auf
dem Thron saß, die Schriftrolle. Und als es die Schriftrolle empfing, fielen die vier Lebewesen  und die vierundzwanzig Ältesten nieder vor dem Lamm. Jeder hatte eine Hafe und goldene Schalen  voller Räucherwerk. Das sind die Gebete der Heiligen. Und sie sangen ein neues Lied und  sagten, du bist würdig, die Schriftrolle zu empfangen und ihre Siegel zu öffnen, denn du bist  geschlachtet worden und hast durch dein Blut Menschen für Gott erkauft aus jedem Stamm und  jeder Sprache und jedem Volk und jeder Nation und hast sie für unseren Gott zu Priestern in  einem Königreich gemacht und sie werden über die Erde herrschen. Und ich sah und ich hörte die
Stimme vieler Engel rings um den Thron herum und um die lebendigen Wesen und um die Ältesten. Und  ihre Zahl war Zehntausende mal Zehntausende und Tausende mal Tausende. Sie sprachen mit lauter  Stimme. Würdig ist das Lamm, das geschlachtet worden ist, zu nehmen die Macht und Reichtum und  Weisheit und Stärke und Ehre und Herrlichkeit und Lobpreis. Und jedes Geschöpf, das im Himmel und  auf der Erde und unter der Erde und auf dem Meer ist und alles, was in ihm ist, hörte ich sagen.  Dem, der auf dem Thron sitzt und dem Lamm den Lobpreis und die Ehre und die Herrlichkeit und  die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Und die vier Lebewesen sprachen Amen und die Ältesten fielen
nieder und beteten an. Dankeschön Martin. Soweit also das Kapitel  5 einmal im Überblick. Ich habe früher ja schon darauf hingewiesen, dass Kapitel 4 und Kapitel 5  der Johannes-Offenbarung die theologische Mitte dieser Schrift sind. Diese beiden Kapitel sind  eine Einheit. Ich möchte an der Stelle mal nochmal kurz auf die Gemeinsamkeiten dieser beiden  Kapitel 4 und 5 hinweisen und dann aber auch auf ihren unterschiedlichen Schwerpunkt. Also zunächst  kurz die Gemeinsamkeiten. Der Ort der Handlung ist in beiden Kapiteln 4 und 5 derselbe, nämlich es
ist der Thron Gottes, das Zentrum im Himmel. Und die Hauptperson in Kapitel 4 und 5 ist jeweils  Gott, denn von ihm geht alles aus. Gott wird aber in keiner Weise näher beschrieben, um jede  Vermenschlichung Gottes zu vermeiden. Und weder in Kapitel 4 noch in Kapitel 5 spricht Gott ein  einziges Wort. Gott spricht überhaupt in der Johannes-Offenbarung nur ganz selten, nämlich nur  am Anfang in Kapitel 1 einige Sätze und dann am Ende in Kapitel 21. Diese Kapitel 4 und 5 haben  aber bei allen Gemeinsamkeiten deutlich andere Schwerpunkte. In Kapitel 4 geht es um die ewige
Ordnung im Himmel. In Kapitel 5 hingegen geht es um einen einmaligen Vorgang im Himmel, sozusagen  um einen dramatischen Höhepunkt im Himmel. Und um diesen dramatischen Höhepunkt wird es jetzt  auch in meinem Vortrag gehen. Zunächst einmal zum Aufbau dieses Kapitels. Kapitel 5 gliedert sich in  drei Teile. Vers 1 bis 5, Vers 6 bis 7 und Vers 8 bis 14. Im Zentrum des Kapitels sind die Verse 6  bis 7. In den Versen 1 bis 5 werden diese zwei Verse vorbereitet und in den Versen 8 bis 14  klingen sie nach. Jetzt möchte ich in diesem Vortrag dem Kapitel 5 Satz für Satz entlanggehen. Der
erste Vers in diesem Kapitel wird folgendermaßen eingeleitet. Und ich sah. Diese Formulierung  und ich sah kommt in Kapitel 5 viermal vor. Das heißt sie wird dreimal wiederholt. In Kapitel 4,  wo ja die Himmelsvision beginnt, kommt diese Formulierung nur einmal vor, nämlich gleich am  Anfang von Kapitel 4. Dass jetzt diese Formulierung in Kapitel 5 viermal vorkommt, steigert enorm den  visionären Charakter dieses Kapitels gegenüber dem Kapitel 4. Die Vision jetzt in Kapitel 5
konzentriert sich gleich am Anfang auf die rechte Hand Gottes. Ist wie eine Art Großaufnahme. Es  heißt und ich sah auf der rechten Hand dessen, der auf dem Thron saß. Das Wort Hand wird vermieden.  Ich sah auf der rechten dessen. Gemeint ist natürlich seine rechte Hand, aber alle Vokabeln,  die Gott vermenschlichen könnten, werden rigoros weggelassen. Kulturgeschichtlich gesehen war die  rechte Hand des Menschen immer schon positiv besetzt. Die rechte Hand galt als die wirksame
Hand, die tätige Hand. Und auch in der Bibel spielt die rechte Hand Gottes eine betonte Rolle.  Also ich sage mal ein typisches Beispiel aus Psalm 118. Die Rechte des Herrn behält den Sieg. Jetzt  gab es im antiken Judentum eine eigenartige Überzeugung, die eine sehr große Rolle spielte.  Man war nämlich im antiken Judentum der Überzeugung, dass Gott seit dem Untergang Jerusalems  seine Rechte auf dem Rücken behalten hat. Also gar nicht mehr aktiv eingesetzt hat. Es heißt  zum Beispiel in Psalm 74 Vers 11, warum ziehst du deine Rechte zurück? Nimm deine Rechte aus dem  Gewand und mach ein Ende. Gemeint ist, mach ein Ende mit all dem Unrecht. Wie kommt es im Judentum
zu dieser merkwürdigen Überzeugung, dass Gott seine rechte Hand seit der Zerstörung Jerusalems  eigentlich nicht mehr richtig eingesetzt hat? Ja, das hängt mit den geschichtlichen Erfahrungen  Israels zusammen. Denn nach der Zerstörung Jerusalems im Jahr 587 hat Israel eigentlich  kaum noch eine wirklich gute Zeit erlebt. Es begann damit, dass die Israeliten verbannt wurden,  in das babylonische Exil dorthin deportiert wurden und da betrauerten sie dann jahrelang ihre  verlorene Heimat. Und auch nach der Rückkehr nach Jerusalem war eigentlich Israel stets in sehr
ärmlichen Verhältnissen. Man hat zwar den Tempel wieder aufgebaut, aber lange nicht so prachtvoll und  so schön wie unter König Salamo. Ja, da fehlten die wirtschaftlichen und finanziellen Mittel. Und  Israel war nach der Rückkehr eigentlich immer unter der Fremdherrschaft durch fremde Völker. Es  waren erst die Perser, dann die Griechen, dann die Ptolemäer, dann die Söloikiden und schließlich  die Römer. Diese lange Zeit der Fremdherrschaft ist nur kurz unterbrochen gewesen in der Epoche  der Maccabea. Aber die Besatzung durch die Römer wurde immer bedrückender. Es gab ja auch in Israel  keine Propheten mehr. Man lebte auch geistlich in einer dürren Zeit. Die gute Zeit Israels war
eigentlich nur vor der Zerstörung Jerusalems. Es begann mit der Befreiung aus der Knechtschaft in  Ägypten und dann hat Gott sein Volk in das gelobte Land geführt. Und seit den Königen David und  Salomo lebte Israel selbstständig und in sicheren Grenzen. Aber jetzt, es war eine schlechte und  bedrückende Zeit. Aber in dieser Vision zeigt Gott seine Rechte. Er präsentiert sie geradezu.  Und das ist etwas ganz Besonderes, denn es ist hier die einzige Stelle im Neuen Testament,  die von der Rechten Gottes handelt. Und für jüdische Bibelkenner war das ein deutlicher,
indirekter, aber deutlicher Hinweis, Gott wird jetzt seine Weltregierung wieder intensivieren.  Die Zeit der Weltvollendung beginnt. Und auf dieser Rechten lag eine Schriftrolle. Woher sie kommt,  sie war auf einmal da. Wer sie angefertigt hat, wer sie beschrieben hat, wird nicht gesagt. Wir  können natürlich davon ausgehen, dass es Gott war, dass Gott der Urheber und Eigentümer dieser  Schriftrolle ist. Eigentlich 100-prozentig, denn in Kapitel 4 und Kapitel 5 geht alles von Gott aus.  Also diese Schriftrolle ist ein theozentrisches Symbol. Es heißt mit dem Wort auf, diese  Schriftrolle lag auf der Rechten. Das kann nur so gemeint sein, diese Schriftrolle lag auf der
rechten Handfläche. Aber diese Vokabeln werden natürlich vermieden. Aber klar ist, diese  Schriftrolle war gut zu sehen. Die Rechte Gottes präsentierte geradezu diese Schriftrolle. Es war  eine bewusste Geste der Präsentation. Jetzt dieser Vers 1 ist ein stehendes Bild und ich  sah auf der Rechten dessen, der auf dem Thron saß, eine Schriftrolle. Es gibt hier noch gar  keine Handlung in diesem stehenden Bild. Aber das Arrangement dieses stehenden Bildes ist sehr  wichtig und sehr klar. Diese Schriftrolle muss etwas zu tun haben mit der Weltregierung Gottes,
denn sie wird auf seiner Rechten präsentiert. Also diese Schriftrolle ist weltpolitisch relevant.  Jetzt heißt es von dieser Schriftrolle, sie war durch sieben Siegel verschlossen und innen und  außen beschrieben. Ich will jetzt mal an dieser Stelle zum besseren Verständnis einiges über die  damals üblichen Schriftrollen sagen. Es gab ja noch keine Bücher, wie wir sie kennen. Eine  Schriftrolle wurde hergestellt aus Papyrus. Und zwar eine Seite, nehmen wir mal eine Seite Papyrus,  die wurde folgendermaßen hergestellt. Man nahm erstmal eine Anzahl schmaler Papyrusstreifen und
hat sie senkrecht nebeneinander gestellt. Und dann legte man eine zweite Schicht schmaler Papyrusstreifen  drüber, aber jetzt waagerecht. Und es entstand dadurch auch eine gewisse Feuchtigkeit, wenn man  das drückt. Und dadurch, diese Feuchtigkeit wurden diese zwei Schichten zu einer festen Einheit. Und  die waagerechten schmalen Papyrusstreifen, auf denen konnte man am besten schreiben. So eine  Papyrusseite hatte fast immer ein ganz bestimmtes Format. Sie war 25 Zentimeter hoch und 20 Zentimeter  breit. Und wenn man jetzt sagen wir mal einen Text hatte, der über diese Seite hinaus ging, dann hat
man die neuen Seiten immer rechts an die vorhergehende Seite angeleimt. Und eine aufgerollte  Schriftrolle konnte durchaus mehrere Meter lang sein, wenn man sie aufrollt. Und am Anfang der  Schriftrolle und am Ende der Schriftrolle hat man so schmale Holzstäbchen angebracht und mit deren  Hilfe konnte man die Schriftrolle sehr gut aufrollen. Man nahm die Schriftrolle in die  linke Hand und hat sie dann an dem Holzstäbchen mit der rechten Hand aufgerollt. Also auch an dem  Beispiel kann man sehen, die rechte Hand ist die wirksame und die tätige Hand. Von den Schriften  im Neuen Testament passen zum Beispiel der zweite und der dritte Johannesbrief und der Judasbrief,  die passen auf eine Papyrusseite. Aber die Schriftrolle vom Römerbrief, die war über drei
Meter lang. Die Schriftrolle vom Markus-Evangelium war über fünf Meter lang. Die Schriftrolle des  Johannes-Evangeliums war ungefähr sieben Meter lang. Und die zwei umfangreichsten Schriften des  Neuen Testaments, das ist das Lukasevangelium und die Apostelgeschichte, die waren beide über  neun Meter lang. Die Johannes-Offenbarung war ungefähr viereinhalb Meter lang. Jetzt heißt es,  von dieser Schriftrolle, sie war siebenfach versiegelt. Die meisten Schriftrolle der  damaligen Zeit waren überhaupt nicht versiegelt. Das waren nur sehr wenige. Wenn man eine  Schriftrolle versiegelte, dann war klar, es handelt sich um eine Urkunde. Und sieben Siegel
galten im römischen Recht als die höchste Sicherheitsstufe. Und bei sehr wichtigen  Urkunden, die waren alle siebenfach versiegelt. Sagen wir mal, die Testamente der Herrscher der  damaligen Zeit, die waren siebenfach versiegelt. Oder Ernennungsurkunden in hohe und höchste  Ämter waren auch siebenfach versiegelt. Oder Eheverträge in der Oberschicht oder  Besitzübereignungen, die waren also alle siebenfach versiegelt. Wie hat man eigentlich eine  Schriftrolle versiegelt? Das ging so, man hat eine Schriftrolle zusammengeholt und dann mit einer  Schnur oder eben mehreren Schnuren zusammengebunden. Und jede dieser Schnüre hat man verknotet. Und auf
diesen Knoten und um diesen Knoten herum hat man feuchten Ton geknetet. Und wenn dann dieser  feuchte Ton trocken war, dann war das das Siegel dieser Schriftrolle. Man konnte also jetzt die  Schriftrolle nur noch öffnen, indem man dieses Tonsiegel zerbrochen hat. Und ein Tonsiegel  zerbrechen, das durften nur bestimmte Leute. Denn sowohl die Versiegelung einer Schriftrolle als  auch die Entsiegelung einer Schriftrolle waren rechtsverbindliche Vorgänge. Es waren in der  Regel immer mehrere Zeugen anwesend. Und wenn man die Schriftrolle entsiegelt hat, dann trat sie  damit in Kraft. Also die Entsiegelung machte den inneren Text der Schriftrolle rechtskräftig. Und
das durften nur in der Regel derjenige oder diejenigen, für die der Inhalt dieser Schriftrolle  auch bestimmt war. Jetzt heißt es in unserem Text auch noch, dass diese Schriftrolle innen und  außen beschrieben war. Ja, das gab es damals des Öfteren. Man nannte das eine Doppelurkunde. Und  zwar hatte das folgenden Sinn, wenn man viele Rechtsurkunden hatte, dann ab einem gewissen Grad  weiß man ja nicht mehr auswendig, um was es eigentlich in dieser Schriftrolle geht. Also ab  einer bestimmten Menge schrieb man außen eine kurze Inhaltsangabe, worum es überhaupt in dieser  Schriftrolle geht. Und über diese knappe Inhaltsangabe konnte man sich rasch informieren. Und dieser
Außentext, der war auch frei zugänglich. Gut, also soweit mal zu den damaligen Gebräuchen. Aber  natürlich in unserem Text, ist ja in der himmlischen Dimension, da geht es nicht darum,  ob man da irgendwelche römischen Rechtsgewohnheiten genau einhält. Es wird in unserem Text überhaupt  nicht genauer beschrieben, um was für eine Art von Urkunde es sich hier handelt. Der himmlische  Bereich ist gegenüber irdischen Gepflogenheiten unabhängig. Aber wichtig ist schon, dass der  innere Text, man kann es sich anders gar nicht vorstellen, und ab Kapitel 6 wird es auch ganz  deutlich, weltpolitischen Inhalt hat. Also in dem Inneren dieser Schriftrolle muss mehrere
Ereignisse oder Ereignisfolgen beschrieben worden sein, die dann ab Kapitel 6 eintreten. Und jetzt  merkt man auch den Unterschied zwischen dieser Schriftrolle und den irdischen Schriftrollen.  Nämlich bei dieser Schriftrolle hier geht es gar nicht darum, dass man den Innentext,  der ja allein rechtsverbindlich ist, dass man den Innentext liest oder vorliest. Der Innentext  dieser Schriftrolle wird in der gesamten Johannis-Offenbarung niemals gelesen oder vorgelesen.  Darum geht es hier gar nicht, sondern bei dieser Schriftrolle geht es um Folgendes. Wer sie öffnet,  wer ihre Siegel bricht, der setzt die Ereignisfolge in Gang, die darin beschrieben ist. Es geht also
nicht um das Lesen oder Vorlesen dieser Schriftrolle, sondern es geht um das Ingangssetzen der Ereignisse,  von denen in dieser Schriftrolle geschrieben ist. Es ist ja interessant, dass die Vollendung der  Weltgeschichte in einer Schriftrolle schon geschrieben steht. Ist also schon beschlossene  Sache. Das zeigt die Geschichtssouveränität Gottes und seine Souveränität über Zeit und Raum. Gott  hat die Zukunft im wahrsten Sinne des Wortes in seiner Hand, in seiner Rechten. Und es zeigt auch,  dass die Ereignisse der Weltgeschichte nicht nur im Ereignis selbst entstehen und dass die
Weltgeschichte nicht nur von denen gestaltet wird, die geschichtlich handelnde Personen in  der Weltgeschichte sind. Nein, das liegt tiefer. Aber das ändert alles nichts daran, dass der Mensch  für sein Tun verantwortlich ist. Jetzt kommen wir zu Vers 2. Vers 1 war ja ein stehendes Bild,  ohne Handlung, aber mit genau überlegtem Arrangement. Jetzt in Vers 2 setzt die Handlung  ein. Vers 2 lautet, und ich sah einen starken Engel, der sprach mit dröhnender Stimme,
wer ist würdig, die Schriftrolle zu öffnen und ihre Siegel zu brechen oder zu lösen? Diese Frage  des Engels konzentriert sich also ganz auf diese Schriftrolle. Um sie geht jetzt alles, was jetzt  kommt, dreht sich um sie. Dass der Engel ein starker Engel ist, das bedeutet, er hat einen  ziemlichen Status. Er ist also ein Engel von einiger Bedeutung. Und jetzt seine dröhnende Stimme  ist so zu verstehen. Der Engel ist hier ein Herold. Ein Herold ruft etwas aus. Also heute sagt  man, dass eine neue Stelle, die irgendwo angeboten wird, eine neue Stelle wird ausgeschrieben. Aber
in der Antike wird eine neue Stelle ausgerufen durch einen Herold. Und er braucht eine dröhnende  Stimme. Gemeint ist hier, seine Stimme erreicht alle Dimensionen der Wirklichkeit. Er soll eine  größtmögliche Öffentlichkeit herstellen. Ein Herold ist immer einer, der für einen anderen  spricht. Wenn also, sagen wir mal, antike Herrscher ihren Untertanen etwas mitteilen wollten, dann haben sie verschiedene Herolde beauftragt und in die Lande ausgesandt. Und diese Herolde mussten ganz genau  diese Botschaft einhalten. Es war strengstens verboten, das irgendwie abzuändern, was wegzulassen  oder hinzuzufügen. Also diese Formulierung dieser Engels-Herold-Frage, die stammt von Gott. Aber es  ist eigenartig, dass Gott diese Aufgabe nicht selber übernimmt, die Weltgeschichte an ihr Ziel zu
führen. Er greift nicht direkt ein, sondern Gott handelt über Bevollmächtigte und Beauftragte.  Jetzt also diese Herold-Frage ist sehr präzise, klipp und klar, nämlich wer ist würdig, diese  Schriftrolle zu öffnen und ihre Siegel zu brechen. Also klipp und klar, unmissverständlich. Und dieser  Vers 2 ist die offizielle Bekanntgabe dieser Stelle. Und diese Frage des Engels ist keineswegs  rhetorisch, überhaupt nicht. Man darf gespannt sein, wer sich jetzt meldet und wie viele sich  melden und ob vielleicht sogar ein Gedränge entsteht oder eine Watteschleife. Also man darf
gespannt sein. Ja, und ich will mal den wichtigsten Aspekt dieser Herold-Engels-Frage herausgreifen.  Es geht bei dieser Engels-Frage um folgenden wichtigen Punkt. Die Engels-Frage ist eine  Wer-Frage. Sie ist keine Was-Frage. Es geht hier um den fundamentalen Unterschied zwischen einer  Wer-Frage und einer Was-Frage. Das sind zwei ganz unterschiedliche Fragestellungen, die muss man  unterscheiden und man sollte sie nicht vermischen. Eine Was-Frage ist eine Sachfrage. Und wie bei der
Wer-Frage auch, so ist auch bei der Was-Frage es wichtig, dass auch die Was-Frage präzise und klar  gestellt wird. Es ist sehr störend, wenn man bei Sachfragen unsachlich wird. Nehmen wir mal das  Beispiel, dass immer wieder Minister relativ früh zurücktreten müssen. Sachlich gesehen sind die  Ministerien sehr gut durchdacht, dass man die und die Ministerin hat. Aber es gibt immer wieder  Minister, die sind als Person ungeeignet und es stellt sich dann schon heraus, und da müssen sie  zurücktreten. Oder nehmen wir mal die sehr bekannte Rede von unserem Bundeskanzler Olaf Scholz über  die Zeitenwende. Also diese Rede hat große Beachtung gefunden und breite Anerkennung. Aber
was ist aus dieser Rede bis heute geworden? Wo sind die Personen, die das angemessen umsetzen können?  Also die Was-Frage kann niemals die Wer-Frage ersetzen. Und die Was-Frage kann niemals an die  Stelle einer Wer-Frage treten. Das muss man deutlich unterscheiden. Diese Herolds-Engels-Frage  macht etwas ein für alle Mal klar. Wenn es um den Sinn der Weltgeschichte geht, wenn es um den  Sinn und das Ziel des Ganzen geht, das ist keine Sachfrage. Das kannst du sachlich noch so lange
erörtern, wie du willst. Das ist kategorial falsch. Es ist eine Wer-Frage. Und erst wenn diese  Wer-Frage geklärt ist, kann man dann die vielen Sachfragen, die damit zusammenhängen, auch klären.  Also der Engel fragt nicht, was sollen wir tun? Der Engel fragt nicht, was ist das Richtige? Was  ist das Gute? Was ist das Notwendige? Oder mit was sollen wir beginnen? Da können viele  mitarbeiten. In den Sachfragen können und sollen viele mitarbeiten und ihre Beiträge abliefern.
Aber nein, die Frage ist glasklar eine Wer-Frage. Also wenn sich jetzt niemand meldet, dann lag das  nicht an der Fragestellung des Engels. Die war präzise und klar. Es fragt ja auch niemand,  können Sie bitte diese Frage noch mal stellen? Nein, nein. Also jetzt gehen wir mal zu Vers 3.  Ja, ihr Lieben, das große Schweigen, die große Verlegenheit, die große Fehlanzeige, das totale  Überfordertsein. Es meldet sich niemand im Himmel, das wird hier direkt gesagt. Damit geht's los.  Vielleicht war hier die Hoffnung am Größten. Vielleicht findet sich jemand im Himmel. In diesem  Vers 3 steht penetrant dreimal niemand. Niemand. Niemand. Sehr bewusst. Es meldete sich niemand im
Himmel. Heieiei, diese vier Lebewesen oder die 24 Ältesten, die sitzen doch selber auf Drohnen.  Ja, keiner meldet sich. Dafür sind sie nicht qualifiziert. Es meldet sich niemand auf der Erde.  Keiner der Mächtigen. Keiner der Klugen. Und keiner der Schlitzohrigen, die doch sonst immer  so listig und raffiniert sind. Ja, mit Raffinesse ist hier nichts zu machen. Und auch keiner aus  der Unterwelt, unter der Erde. Gemeint ist hiermit die Menschen, die jemals auf der Erde vorher gelebt  haben. Also niemand war bei dieser Bewerbung von vornherein ausgeschlossen. Die hätten sich melden
können. Aber auch Alexander der Große, auch Napoleon und Einstein, sie glänzen alle durch  Abwesenheit. Also wenn es um die wichtigste Aufgabe geht, um die alles entscheidende Aufgabe geht,  glänzen sie alle durch Abwesenheit. Das ist eine Schuhnummer zu groß. Und jetzt die Reaktion in  Vers 4, als Johannes sieht, dass sich kein Mensch meldet, muss er weinen, sogar sehr weinen. Er kann  sich nicht mehr beherrschen. Die Enttäuschung ist zu groß. Daran kann man erkennen, wie sehr er  gehofft hat, dass sich jemand meldet. Aber nein, jetzt packt ihn die Verzweiflung. Und das ist ein
Zeichen, dass die Situation, die jetzt eingetreten ist, von großer emotionaler Bedeutung ist. Johannes  reagiert ganz charakteristisch für einen Menschen. Er weint. Das tun auch heute Tausende von Menschen  auf der ganzen Erde aus dem gleichen Grund. Denn die dunklen Rätsel der Weltgeschichte, so muss  Johannes jetzt erkennen, bleiben dunkel. Die quälende Warum-Frage bleibt unbeantwortet. Warum  so entsetzlich viel unschuldiges Leid? Warum so viele Kriege und Zerstörung? Warum so viel Missbrauch?
Warum so viel Geldgier und Machtgier? Das wäre es gewesen, wenn das mal einer beantworten würde.  Nein, da bleibt einem wirklich nur das Heulen, auch heute. Aber dieses Weinen von Johannes verhallt  nicht im Nichts. Es hat eine Wirkung. Dieses Weinen, muss man sogar sagen, wird zu einem  Art Wendepunkt, wo jetzt in den Versen 1 bis 5 sich die ganze Szenerie wandelt und zuspitzt.  Ein Ältester kommt zu ihm her und sagt, weine nicht. Das ist ja vollkommen skurril, denn Johannes
ist ja ein Visionär. Er sieht seine Rolle, ist ja, dass er ein Geschehen sieht, aber er ist ja kein  Darsteller in diesem Geschehen, sondern Johannes ist nur ein Visionär, der etwas sieht. Und in  Kapitel 4 hat niemals die Gefühlslage von Johannes, hat niemals die geringste Rolle gespielt. Er ist  ja nur ein Seher, ein Beobachter. Und jetzt eine der handelnden Personen aus der Vision kommt zu  ihm. Also das wäre ungefähr so, wie wenn heute bei Filmaufnahmen ein Schauspieler, der gerade in  der Filmaufnahme ist, sieht, dass der Kameramann heult und geht zu dem Kameramann hin. Also so was  gibt es nie wieder, dass ein Darsteller aus der Vision zu dem Visionär hingeht und sagt, weine
nicht. Sondern von jetzt an ist Johannes wieder beschränkt auf seine Visionärsrolle. Also es  kommt da ein Ältester und sagt zu ihm, weine nicht. Also dieser Älteste hat gesehen, dass der  Kameramann weint und er nimmt das Weinen ernst. Er geht zu ihm hin. Und jetzt sein Satz, weine nicht,  ist ja nicht ein autoritärer Appell im Sinne von, heul hier nicht so rum, sondern der Älteste will  ja sagen, er will ja Johannes trösten. Das ist unheimlich klug, wenn ich möchte euch nur ein  bisschen drauf lupfen, dass das Weltliteratur ist. Das hätte auch Kafka und Bertolt Brecht nicht  besser machen können. Durch das Weinen des Johannes nimmt das, was der Älteste jetzt ihm sagt,
Trostcharakter an. Alles, was der Älteste jetzt ihm sagt, ist ein Trost. Das unterirdisch so  geleitet. Und der Älteste will ja Johannes nicht beschwichtigen oder vertrösten. Er will ihm wirklich  trösten. Er will ihm etwas sagen, was den Grund seines Weinens beendet. Und das macht er jetzt  auch. Er sagt ihm jetzt ganz entscheidende Dinge. Und auch hier wird indirekt mit literarischer  Kunst Folgendes gemacht. Die Heroldsfrage des Engels war ja universelle Weite im Himmel. Wo
ist da jemand? Auf der Erde oder unter der Erde? Also intergalaktischer Einzugsbereich. Aber der  Älteste hat einen ganz anderen Horizont als die Heroldsfrage des Engels. Der Horizont des Ältesten  wird ganz klein und kleiner und kleiner und konzentriert sich auf ein kleines Volk auf Erden,  Israel. Die Worte des Ältesten werden auf einmal unglaublich jüdisch, gar nicht mehr universal. Auf  einmal ändert sich der Horizont völlig. Der Älteste zitiert zwei Stellen aus der jüdischen  Heiligen Schrift. Zwei berühmte Stellen, die alle Juden kennen. Die eine Stelle steht in der
Thora und die andere Stelle in den Propheten. Und die erste Stelle lautet, weine nicht, gesiegt hat  der Löwe aus Juda oder aus dem Stamm Juda. Und dann kommt er noch auf den Spross Davids, also  Juda und Sohn Davids. Also jüdischer geht's nicht mehr. Und die erste Stelle ist die gewichtigere,  die wird auch erläutert. Nur da heißt es gesiegt hat. Also die erste Stelle ist tonangebend. Und  diese Stelle ist irgendwie auch königlich, obwohl da König David entvorkommt, denn der  Löwe ist der König der Tiere. Diese Stelle bezieht sich auf 1. Mose 49 Vers 9 auf den Jakobssegen. Der
Erzvater Jakob hat kurz vor seinem Tod alle seine Söhne gesegnet. Und sein Sohn Juda hat er auf  eine besondere Weise gesegnet. 1. Mose 49 Vers 9. Er sagt nämlich, Juda ist ein junger Löwe und das  Zepter soll von ihm nicht weichen. Und diese berühmte Stelle wurde im gesamten Judentum der  damaligen Zeit messianisch verstanden, als eine Verheißung auf den Messias. Seit dieser Stelle  wird der Titel Löwe zu einem festen Titel für den Messias. Besonders auffällig ist, dass der  Älteste sagt, gesiegt hat der Löwe aus Juda. Das ist völlig einmalig, weil im gesamten Judentum
wartet man auf den Messias, einen militärisch sieghaften Herrscher, aber der hat seinen Sieg  noch vor sich. Also man rechnet mit dem Sieg des Messias, aber es gibt keinen Messias im Judentum,  der seinen Sieg schon hinter sich hat. Dann steht ja gar nichts mehr auf dem Spiel. Das ist  überraschend, einmalig. Und dann noch eben der Spross Davids gemeint ist, der Sohn Davids,  denn man hat im Allgemeinen angenommen, der Messias wird ein Sohn, ein Nachfahre Davids sein. Also  was geschieht jetzt durch diesen Satz, entscheidenden Satz, die Situation wird auf einmal grundlegend  anders. Einen Grund zum Heulen hat er auch nicht mehr und wir dürfen davon ausgehen,
der hat jetzt auch aufgehört zu heulen, weil das haut ihn um. Dieser Satz bewirkt Folgendes. Bis  jetzt hätte man ja denken können, diese Vision schildert etwas absolut Neues, das in gar keinem  Zusammenhang mit irgendwelchen früheren Dingen steht. Nein, das ist jetzt weg. Sondern das,  was jetzt kommen wird, ist ein Erfüllungsgeschehen. Es steht im engen Zusammenhang mit der jüdischen  Heiligen Schrift. Es geht um die Erfüllung bestimmter Verheißungen, die Israel bekommen hat.  Ja, jetzt, wie geht es weiter? Der Älteste sagt jetzt noch, und dieser Löwe aus Judah,
der ist fähig und berechtigt, die Schriftrolle zu lösen und ihre Siegel zu brechen. Also mit diesen  entscheidenden Sätzen des Ältesten, die heben wirklich die Problematik auf. Jetzt geht es aber  ganz merkwürdig weiter. Die Verse 1 bis 5, die ich bis jetzt behandelt habe, sind ja nur die  Vorbereitung des Zentrums dieses Kapitels. Das Zentrum dieses Kapitels sind die Verse 6 bis 7.  Die Verse 1 bis 5 sind nur die Vorbereitung und die Verse 8 bis 14, da klingen diese zwei Sätze  nach. Dieses Zentrum des Kapitels ist sehr kurz, es sind nur zwei Verse. Das Zentrum des Kapitels
beansprucht viel weniger Platz als die Vorbereitung. Nur zwei Sätze. Da ist alles ganz knapp formuliert,  ganz dicht. Du kannst nichts löschen. Es ist so knapp wie irgend möglich formuliert. Bloß keine  Ablenkung. Ja, und die Fortsetzung hätte sich keiner, niemand wäre auf diese Fortsetzung gekommen.  Die Fortsetzung lautet jetzt, und ich sah in der Mitte des Drones und der vier Lebewesen und in der  Mitte der 24 Ältesten ein Lamm stehen wie geschlachtet. Boah. Also angekündigt war ein
Löwe und es kam ein Lamm. Also wenn das kein Unterschied ist. Wer hätte mit dieser Fortsetzung  gerechnet? Und ihr dürft sicher sein bei der literarischen Kunst dieses Textes, dass dieser  scharfe Kontrast gerade beabsichtigt ist. Das ist der Clou. Also dieser Johannes, der Seher, jetzt  ist er wieder ganz visionär. Er sieht in der Mitte des Drones und der vier Lebewesen und in der Mitte  der 24 Ältesten. Also zentraler geht es nicht. Der Text arbeitet auch suggestiv mit Wiederholungen.  Dreimal Niemand, Niemand, Niemand, von wegen Warteschlange, und jetzt in der Mitte und in  der Mitte. Also das heißt, zentraler geht es gar nicht. Das Lamm ist näher an Gott dran,
wie die vier Lebewesen und die 24 Ältesten. Niemand ist so nahe an Gott dran wie er. Allerdings, er  sitzt nicht auf dem Thron. Also er steht in unmittelbarer Nähe beim Thron. An der Stelle  muss man einen winzigen kleinen Exkurs einbauen. Wie ist eigentlich Jesus nach seiner Auferweckung  oder mit seiner Auferweckung in den Himmel gelangt? Und wie ist er zu Gott erhöht worden?  Weiß man nichts. Diese Frage, wie ist Jesus überhaupt in den Himmel gelangt und wie ist  er in diese zentrale Stellung gelangt, wird in der Johannes-Offenbarung niemals irgendwie  beschrieben. Diese Erhöhung Jesu wird überall schon vorausgesetzt. Aber schon bei dieser ersten
Erwähnung ist ganz klar, das Lamm ist nicht nur irgendwo im Himmel, es ist so nahe am Zentrum  des Himmels wie niemand sonst. Jetzt gehen wir mal Schritt für Schritt an die Interpretation des  Zentrums heran. In Vers 6 fällt zum ersten Mal das Stichwort Lamm. Dieses Stichwort wird in  der Johannes-Offenbarung zur wichtigsten Bezeichnung für Jesus Christus. Das Wort Lamm kommt in diesem  Sinn 28 Mal vor in der Johannes-Offenbarung. Das Wort Christus kommt nur acht Mal vor. Der Ausdruck  Jesus Christus kommt sogar nur zwei Mal vor. Aber der Ausdruck Lamm kommt 28 Mal vor, übrigens vier
Mal sieben. Ob das wohl Zufall ist? Und in diesem Kapitel wird Jesus Christus ausschließlich immer  nur als Lamm bezeichnet. Johannes wählt als Wort für Lamm nicht das normale Wort Amnos, das auch  sonst im Neuen Testament öfters vorkommt. Nein, er wählt ein ungewöhnliches Wort, das heißt Arneion,  das es im Neuen Testament sonst nie gibt, nur innerhalb der Johannes-Offenbarung. Und auch,  man muss alles wirklich sorgfältig beobachten. In dieser ersten Erwähnung von dem Wort,
von dem Substantiv Arneion Lamm, fällt auf, dass es ein unbestimmtes Substantiv ist. Also es heißt  nicht, da sah ich das Lamm. Nein, es heißt, da sah ich ein Lamm. Und wenn wir diese Stellen alle  dann mal gründlich anschauen, das können wir nicht jetzt auf einen Schlag, werden wir Folgendes  feststellen. Dieses Wort Arneion Lamm ist nicht nur eine Illustration für Jesus, nicht nur ein  Vergleich. Nein, ist es gar nicht. Es heißt niemals, Jesus war wie ein Lamm. Nie, nie. Sondern das Lamm  ist ab Kapitel 5 und darüber hinaus die handelnde Hauptfigur. Es geht hier nicht um eine Illustration,
sondern um eine Wesensaussage. Jetzt bei dieser ersten Erwähnung von Arneion Lamm macht dieser  Text eine doppelte Aussage. Dieses Lamm, erstens, steht und zweitens, es steht wie geschlachtet.  Das ist eine merkwürdige Formulierung, gibt es auch so nie wieder. Es ist eine paradoxe Formulierung,  also eine Doppelaussage. Was ist mit dieser Doppelaussage gemeint? Vor allem natürlich,  was ist mit dieser merkwürdigen Formulierung wie geschlachtet gemeint? Also es heißt hier nicht nur
wie geopfert, nein, das wäre viel undeutlicher. Opfer ist ein schillender Begriff, den kann man  so und so verstehen. Aber schlachten ist viel präziser, nämlich in dem Wort schlachten wird  viel klarer ausgedrückt der Gewaltcharakter dieses Geschehens. Es geht auch in den nächsten Versen  zentral um das Phänomen Gewalt. Also geschlachtet, das kann, damit kann nur der Schächtschnitt  gemeint sein. Also in Israel oder auch heute noch im Judentum und im Islam werden Tiere  geschächtet und damit ist Folgendes gemeint mit einem ganz scharfen Messer hier am Hals, an der  Kehle. Mit dem Schächtschnitt wird gleichzeitig die Kehle, die Luft- und Speiseröhre und die
Halsschlagader durchtrennt. Und da strömt natürlich sehr schnell viel Blut aus, das Tier  verblutet sehr schnell und das galt als die humanste Art des Tötens. Also in Israel wurden  alle Opfertiere geschächtet und das ist eine blutige Sache, deswegen wird jetzt hier auch das  Wort Blut ganz wichtig, denn Schächtschnitt und Blut ist ja fast das Gleiche. Und das  ausströmende Blut kann man dann in einem Gefäß auffangen. Also wie geschächtet, das bedeutet in  dieser Vision, man muss also am Hals dieses Lammes die Schächtwunde noch sehr deutlich erkannt haben.  Ja und das bedeutet, dieses Schaf war tot, denn noch nie hat ein Tier einen Schächtschnitt überlebt,
kein Tier überlebt das. Also völlig klar ist, das Tier war tot, aber es steht doch aufrecht,  das ist eben das Paradoxe. Also muss dieses tote Tier wieder lebendig geworden sein und mit diesem  paradoxen Doppelausdruck, der bezieht sich auf den unauflösbaren Zusammenhang von Tod und  Auferweckung Jesu. Jesus ist keinen friedlichen Alterstod gestorben, er ist einen gewaltsamen  Tod gestorben. Der Schächtschnitt ist ein Akt der Gewalt mit Tötungsabsicht, da ist nichts mehr mit  friedlichem Alterstod. Also der Gewaltcharakter des Todes Jesu, des Kreuzes Todes Jesu. Jesus  ist ein Opfer der Gewalt geworden. Wenn man gesagt hätte, wie geopfert, ja, da kann man vieles darunter
verstehen. Es gibt die blutigen Opfer, ja, ja, die gibt es schon, aber es gibt in der Antike,  oder im Alten Testament auch unblutige Opfer, Speise- und Trankopfer. Oder im Neuen Testament  wird der Begriff Opfer zur Metapher, wer Nächstenliebe übt, ist auch eine Art Opfer. Oder gebt,  zum Beispiel Römer 12, Vers 1, gebt eure Leiber hin zu einem praktischen Gottesdienst, das ist euer  wohlgefälliges Opfer. Das hat ja mit Gewalt überhaupt nichts mehr zu tun. Und auch bis heute  hat der Begriff Opfer einen Verbürgerlichungsprozess durchlaufen. Wir können heute sagen, ich opfere  meine Zeit für dich. Oder wir können sagen, der hat sich aufopferungsvoll um ihn bemüht. Und am Ende
eines Gottesdienstes heute sammelt man das Opfer ein. Da kann man sagen, ich habe 10 Euro in die  Opferbüchse gesteckt. Ja, das hat ja mit Schlachtung nun wirklich nichts mehr zu tun. Also ich will hier  nur sagen, der Ausdruck Schlachtung ist hier ungeheuer wichtig. Geschlachtet. Und dieser Ausdruck  kommt tatsächlich noch zweimal vor in Kapitel 5. Nämlich in Vers 9 und Vers 12 heißt es noch einmal  geschlachtet. Also es geht um den Gewaltcharakter des Todes Jesu. Und diese Formulierung verhindert  jedwede Verharmlosung von Gewalt. Wir müssen mal heute ein bisschen selbstkritisch, bitte alle,
darüber nachdenken, was meinen wir eigentlich, wenn wir den schillernden Begriff Opfer benutzen.  Was meinen wir eigentlich damit? Gerade im Deutschen ist das Wort Opfer besonders mehrdeutig. Es kann  alles Mögliche meinen. Im Englischen kann man unterscheiden zwischen victim und sacrifice.  Das kann man im Deutschen nicht. A victim ist ein Opfer von etwas, Verkehrsopfer zum Beispiel. Und  sacrifice ist ein Opfer für etwas. Nicht jeder, der für etwas ein Opfer bringt, muss auch ein Opfer  von Gewalt gewesen sein. Aber Jesu schon. Jesus war erst mal ein Opfer von Gewalt. Er war aber
auch ein Opfer für etwas. Das muss man in ein richtiges Verhältnis bringen. Das kann ich jetzt  in einem Vortrag nicht leisten. Ich will nur das sensibilisieren. Es bringt meistens nicht viel,  wenn wir heute das Wort Opfer ständig im Mund führen. Es bringt nicht viel. Viel wichtiger  wäre es zu verstehen, was wir jeweils damit meinen. Auch bei dem Wort Sühnopfer muss man  klären, was meinst du damit. Bei dem Wort Sühnopfer verdoppeln sich die Ungleichheiten, weil das  Wort Opfer vieldeutig ist und das Wort Sühne auch noch. Das Wort Sühne im Deutschen kommt aus dem
altgermanischen Recht. Das gibt es in der Bibel überhaupt nicht. Also ich will das nur andeuten.  Hier Johannes, der formuliert präzise wie geschlachtet. Darum geht es. Die Gewalt, die er  erlitten hat. Jesus wurde primär ein Opfer von Gewalt. Ist in unserem heutigen Reden von Opfers,  es gibt ja auch die metaphorischen harmlosen Bedeutungen, ist da noch das Problem Gewalt  im biblischen Sinn bewahrt? Gut, jetzt muss ich noch auf einen anderen sehr wichtigen Punkt in  Vers 6 hinweisen. Da bleiben wir aber ganz beim Themenbereich Gewalt. In Vers 5 war ja die Rede
von einem Löwen. Aber in Vers 6 kommt ein Lamm, ein geschlachtetes Lamm. Und dieser radikale  Unterschied zwischen einem Löwen und einem geschlachteten Lamm, diesen Unterschied müssen  wir uns jetzt sorgfältig bewusst machen. Denn darum geht es hier. Wenn wir die Bezeichnungen  hören der Löwe aus Judah und der Sohn Davids, ja dann können wir sehr gut uns vorstellen,  dass hier die militärische Stärke des erwarteten Messias gemeint ist. Ist eigentlich sehr naheliegend.  Löwe ist ja der König der Tiere und die antiken Herrscher haben besonders gern den Löwen als
Symbol für sich selber gewählt. Warum ist der Löwe der König der Tiere? Weil er das stärkste  und gefährlichste Raubtier ist. Wenn der Löwe mit Gebrüll anstürmt, fliehen alle Lebewesen.  Und der Löwe tötet nicht ungern. Der Löwe setzt auf Gewalt und setzt Gewalt ein. Einen  Löwen der keine Gewalt einsetzt gibt es nicht. Und ein Löwe wird auch nie geopfert, das  gibt es ja gar nicht. Wir haben also auf der einen Seite das stärkste und gefährlichste  Raubtier, das Angst und Schrecken verbreitet. Und auf der anderen Seite ein wehrloses, schutzloses
Lamm, das kann ja gar keine Gewalt ausüben. Niemand flieht vor einem Lamm. Allein schon  der Gedanke ist dermaßen absurd. Und ein Lamm kennt nur die Gewalt, dem es zur Opfer fällt.  Die Gewalt kennt es kurz und dann ist es aus. Was ist das für ein Unterschied? Auf den  kommt jetzt alles an. In Vers 6 entsteht ein neues Verständnis von Macht und Stärke.  Das Symboltier Löwe und das Symboltier Lamm repräsentieren zwei vollkommen unterschiedliche,  ja gegensätzliche Welten. Der Löwe lebt von der Gewalt, aber jetzt das geschächete Lamm
ist ein ganz neues Verständnis von Macht und Stärke. Die Wehrlosigkeit und die Schwachheit  sind hier nichts Negatives, ist hier nichts Defizitäres, nichts Verachtenswertes, sondern  Wehrlosigkeit und Schwachheit können jetzt zur eigentlichen Form von Macht und Stärke  werden. Es ist ein ganz anderes Verständnis. So wie es von Gott einmal heißt, meine Kraft  ist in den Schwachen mächtig. In diesem neuen Verständnis von Macht hat Gewalt keinen
Platz mehr. Gewalt ist jetzt ein Zeichen von Schwäche. Also es kommt an dieser Stelle zu  einer Umwertung der Werte und um diese Umwertung geht es. Jetzt muss man allerdings noch sagen,  dieser Vers 6 sagt nicht nur, und ich sah ein Lamm in der Mitte da und in der Mitte da stehen und wie geschlachtet,  sondern von diesem Lamm heißt es jetzt noch, es hat sieben Hörner und sieben Augen, das  sind die Geister Gottes, die ausgesandt sind über die ganze Erde. Also die ersten zwei  Prädikate waren, das Lamm steht, es ist also lebendig, gemeint ist jetzt hier der Auferweckte  und es ist wie geschlachtet. Das will ich vielleicht nochmal betonen, diese Schächtwunde
ist ja auch beim auferstandenen Lamm immer noch sichtbar. Das heißt, die Auferweckung  Jesu macht seinen Tod nicht rückgängig, sondern die Schächtwunde bleibt das Kennzeichen  des Lammes für immer. Die Auferweckung Jesu mindert nicht die Bedeutung seines Todes,  sondern bringt sie für alle Zeit zur Geltung. Die Auferweckung Jesu macht seinen Tod nicht  nur zu einem Durchgangsstadium, zu etwas Vorübergehenden, nein, alles was der Auferweckte  ist, ist er durch seinen Tod. Ja, und jetzt also kommen die zwei anderen Prädikate, sieben  Hörner und sieben Augen. Die sieben Hörner werden gar nicht weiter erläutert, das weiß
jeder, in allen apokalyptischen Texten stehen Hörner für Macht und Stärke. Jetzt kommt  also doch die Macht, allerdings eine ganz andere. Also es gibt hier doch eine merkwürdige  Verbindung von dem Löwen zu den sieben Hörnern. Es geht schon um die Macht, gerade in der  Johannis-Offenbarung, nirgendwo in einer neuntestamentlichen Schrift geht es so um die Macht wie in der  Johannis-Offenbarung. Für Johannes ist alles eine Machtfrage, ja aber eben eine ganz andere.  Also diese Vision knüpft schon an die jüdische Verheißungsgeschichte des Messias an, sehr  deutlich, aber sie ändert im Anknüpfen das Verständnis der Macht radikal. Und dieses
Lamm hat sieben Hörner, das heißt es hat umfassende Macht, die nicht mehr überboten  werden kann. Der Auferstandene sagt ja auch zum Beispiel im Matthäusevangelium, mir ist  gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden. Also es bleibt dabei, es ist alles eine Machtfrage  und dieses Lamm hat alle Macht in seiner Hand, aber da spielt Gewalt keine Rolle mehr,  hat keinen Platz mehr. Und dann ist auch sehr verblüffend, dass neben der Macht sieben  Hörner, sieben Augen, diese Kombination gibt es auch nirgendwo. Das ist sehr, sehr aufschlussreich  und diese sieben Augen werden sogar noch stärker betont wie die sieben Hörner, weil sie werden
erläutert, da sind die Geister Gottes hinausgesandt auf die ganze Erde. Was ist mit den sieben  Augen gemeint? Da ist gemeint umfassende Wahrnehmung. Umfassende Wahrnehmung. Die  Herrscher dieser Welt haben doch eine sehr eingeschränkte Wahrnehmung. Blinde Macht  und blinde Gewalt. Die meisten Fehlurteile, die meisten falschen Entscheidungen haben  als Grund einseitige Wahrnehmung und zu eingeschränkte Wahrnehmung. Aber dieses Lamm in seiner neuen  Art von Macht hat eine umfassende Wahrnehmung, hat nicht nur unsere eingeschränkte Perspektive,  wir haben doch alle eine sehr eingeschränkte Wahrnehmung. Und das ist eines der größten  Probleme. Aufgrund unserer eingeschränkten einseitigen Wahrnehmung entstehen Millionen
von Konflikten. Der Grund ist, wir haben eine zu eingeschränkte Wahrnehmung. Also  eine Herrschaft, eine Macht, die kombiniert ist mit umfassender Wahrnehmung, ist human.  Denn die umfassende Wahrnehmung ist die wichtigste Quelle der Humanität. Zu dieser Wahrnehmung  gehört auch fürsorgliche Wahrnehmung natürlich. Diese Augen sehen, wo Not und Elend ist. Und  sie stehen auch natürlich allgemein für Aufmerksamkeit und Wachheit. Und jetzt so  weit zum Vers 6, gell. Und jetzt wird es kürzer, der Vers 7. Jetzt erst in Vers 7, der zweite  Vers vom Zentrum. Jetzt kommt es zu der entscheidenden Handlung, auf die alles bis jetzt abgezielt
hat. Und diese Handlung wird so minimal ausgedrückt, das ist eine Kunst. Die könnt ihr nicht.  Also jetzt in Vers 7 kommt der Höhepunkt, aber ganz kurz. Und es kam, dieses Wort steht  im Aurist im Griechischen und es meint, es kommt nur einmal. Ist eine einmalige Handlung.  Und es kam und jetzt perfekt und hat empfangen. Also da wird geradezu das überspielt, das  wird gar nicht ausgemalt. Es heißt, und er hat empfangen, das ist perfekt jetzt, und  meint ein für alle Mal. Das ist auch irrsinnig gut gemacht. Er kam ein einziges Mal und er  hat empfangen ein für alle Mal. Es heißt nicht, er hat genommen, sondern er hat empfangen.
Und da wird nur indirekt gesagt, dann muss es ja der, der auf dem Thron sitzt, ihm überreicht  haben. Aber das wird keine Vermenschlichung, es wird alles nur von seiner Seite her, nicht  von der anderen Seite her. Keinerlei Vermenschlichung, keine Ausmalung. Er hat empfangen.  Und dann aus der Rechten dessen, der auf dem Thron sitzt, das Wort Gott wird hier vermieden,  hat er empfangen und jetzt am Schluss die Schriftrolle. Meisterhaft am Schluss. Um die  geht es ja. Jetzt liegt die Schriftrolle in seiner Hand. Und damit liegt die Weltgeschichte  in seiner Hand. Und da drin wird sie auch bleiben. Diese Schriftrolle ist nämlich auch  ein Übertragungsmedium. Mit dem Überreichen der Schriftrolle erhält das Lamm die Vollmacht
und die Beauftragung. Ja, diese Schriftrolle ist ein Zeichen der einzigartigen Bedeutung  Jesu. Niemand sonst, große Schweigen, große Verlegenheit. Aber hier so kurz, wie es kürzer  nicht geht, die entscheidende Handlung. Was für ein Text.  Jetzt kommen wir zum dritten Teil in Kapitel 5, nämlich die Verse 8 bis 14. Das ist eine  Art hymnische Bestätigung dessen, was bisher vorgefallen ist. In diesen 8 bis 14 hören
wir mehrere Hymnen, insgesamt 3 Hymnen. Und das ist sozusagen die Reaktion auf das bisher  Gehörte. Im ersten Hymnus, der betrifft die Thronbewohner, nämlich die 4 Lebewesen und  die 24 Ältesten, die ja in der Offenbarung immer wieder genannt werden, eine bedeutende  Rolle spielen. Der zweite Hymnus ist von Vers 11 bis 12. Da erweitert sich das Blickfeld  unzählbare Engelstimmen hier überein. Und der dritte Hymnus, Vers 13, das sind die  Geschöpfe auf der Erde. Das sind die 3 Hymnen. Vers 14 ist dann ein allgemeiner Abschluss  für den Gesamtkomplex der Kapitel 4 und 5. Die 4 Lebewesen und die 24 Ältesten beginnen
diesen hymnischen Teil des Kapitels und sie beenden ihn auch. Und immer, wenn die 4 Lebewesen  und die Ältesten nebeneinander genannt werden, ist es immer in der Reihenfolge die 4 Lebewesen  und dann die Ältesten, niemals umgekehrt. In der Johannes-Offenbarung gibt es mehr  Hymnen, also Lobgesänge kann man auch sagen, gibt es mehr Hymnen als in allen anderen Schriften  des Neuen Testaments. Die Hymnen haben in der Johannes-Offenbarung eine ganz wichtige  Funktion. In den Hymnen wird bereits die Realität besungen, die ganz am Ende der Geschichte  zum Zuge kommen wird. Diese Hymnen sind voller Gewissheit und voller Freude. Wir tun gut
daran, wenn wir uns an diesen Hymnen ausrichten. Das wird unserer Seele sehr gut tun, denn  diese Hymnen sind ein wichtiger Motor der Ermutigung. In diesen Hymnen kommt es auch  zum ersten Christus-Hymnus überhaupt in der Johannes-Offenbarung. Das sind die Verse  8 bis 10. Hier erfolgt eine Huldigung nicht gegenüber Gott wie bisher, sondern eine Huldigung  gegenüber dem Lamm, also gegenüber Jesus Christus. Das ist ein ganz wichtiger Vorgang,  denn von jetzt an können wir ernsthaft fragen, ist hier Jesus Christus bereits wesensgleich
mit Gott gedacht? Durchaus möglich. Also auf jeden Fall Dinge, die bisher nur Gott  vorbehalten waren, werden jetzt auch gegenüber Jesus Christus praktiziert. Das ist sozusagen  ein typisch christlicher Vorgang, den es in den beiden anderen monotheistischen Weltreligionen  nicht gibt. Beim ersten Hymnus ist es so, er hat eine Einleitung, nämlich die Verse  8 bis 9a und dann ab 9b erfolgt der erste Christus-Hymnus, gesungen von den vier Lebewesen  und von den Vieren Ältesten gemeinsam. Das hat es auch bisher noch nicht gegeben. Und  dieser Hymnus wird in vollem Wortlaut geboten. Also es wird nicht nur somarisch gesagt, Sie
sangen ihm ein Loblied, sondern der Text des Lobliedes wird wörtlich geboten. Das zeigt  auch die große Bedeutung. Und jetzt wenden wir uns zuerst einmal dem Einstieg zu in  diesen hymnischen Teil des Kapitels, nämlich dem Versen 8 bis 9a. Martin, lies mal bitte  diesen Text. Und als es die Schriftrolle empfing, fielen die vier Lebewesen und die 24 Ältesten  nieder vor dem Lamm. Jeder hatte eine Hafe und goldene Schalen voller Räucherwerk. Das  sind die Gebete der Heiligen. Und sie sangen ein neues Lied und sagten…  Und dann kommt jetzt der Text des Hymnus. Also es beginnt mit einer Handlung. Diese
Handlung heißt allgemein die Proskynese, die Huldigungshandlung. Und die geht so, man  geht auf die Knie und beugt sich mit dem Kopf vor, bis die Stirn die Erde berührt, den  Boden berührt. Das nennt man Proskynese. Es heißt in der Bibel oft, und da fielen  sie vor ihm nieder. Und es meint immer diese Proskynese, die ja heute noch von den Muslimen  bei ihrem täglichen Gebetsritus eingehalten wird. Man geht auf die Knie und beugt sich  nach vorne, bis die Stirn die Erde berührt. Es ist die einzige Körperhaltung, wo der  Kopf tiefer ist als das Herz. Das ist das Besondere an der Proskynese. Hier gemeinsam
vorgenommen von den vier Lebewesen und den 24 Ältesten. Gemeinsam. Das ist auch etwas  Besonderes. Also es beginnt jetzt eine umfassende Reaktion auf das bisherige, ohne dass diese  Reaktion irgendwie animiert hätte werden müssen, so im Sinne von, könnt ihr alle  bitte mal laut Amen sagen? Oder könnt ihr alle mal einen Applaus geben? Oder so merkwürdige  Aufforderungen. Die braucht man hier nicht. Es geht alles spontan von den Leuten selbst  aus. Und dann ist also interessant, dass nach dieser Proskynese, also der tiefste Akt der  Erhüldigung, werden drei Dinge jetzt genannt. Und das ist interessant. Erstens einmal, alle  hatten eine Harfe in der Hand. Also die vier Lebewesen hatte jeder eine Harfe und die 24
Ältesten hatte jeder eine Harfe. Sind wir wieder bei 28, vier mal sieben. Schwer zu  sagen, ob das Zufall ist. Ich will die Frage mal offen lassen. Also es handelt sich hier  um 28 Harfen. Eine ganz schöne Anzahl, gell? Es ist das erste Mal, dass Instrumente genannt  werden. Bei Kapitel 4 ging es nur um Gesang, Hymnen, ohne Instrumente. Aber hier um Instrumente.  Instrumente werden in der Offenbarung nur zweimal genannt. Im Allgemeinen war im Judentum es so,  dass der Gesang dominierte. Die Schönheit der menschlichen Stimme, an die kam kein  Instrument heran. Und auch im Tempelgesang, im Jerusalemer Tempel wurde sehr viel Acapella  gesungen. Aber es gab schon auch Stücke mit Instrumentenbegleitung. Die Psalmen wurden
in der Regel mit der Harfe begleitet. Es heißt zum Beispiel, es gibt viele Stellen dieser  Art, Psalm 33 heißt, danke dem Herrn mit Harfen. Oder Psalm 98 heißt es, lobet den Herrn mit  Harfen und Seitenspiel. Es ist also verblüffend, jeder der Bewohner des Thronsaals sozusagen  zu verabschieden ist. Es geht erstmal um die engere Umgebung, um die Reaktion der Anwesenden  in diesem himmlischen Thronsaal. Und das sind die vier Lebewesen und die 24 Ältesten. Es  gibt keinen von denen, der keine Harfe hat. Also andersrum gesagt, die waren alle musikalisch.  Es ist nicht denkbar ein Bewohner im Thronsaal, der nicht musikalisch ist. Alle hatten es.
Das ist schon verblüffend. Also an diesem Punkt setzen viele Spezialuntersuchungen ein.  Die Rolle der Musik in der Bibel oder im Neuen Testament, dafür ist es eine wichtige Stelle.  Jeder hatte ausnahmslos ein Instrument. Das Zweite, was genannt wird, sie hatten goldene  Schalen, in denen ein Räucherwerk war. Die Schalen waren voller Räucherwerk. Das ist  ein häufiges Symbol in den Psalmen für die Gebete. Neben der Musik spielt jetzt bei dieser  ersten umfassenden Reaktion die Gebete eine wichtige Rolle. Das ist hier mehr strategisch  gedacht. Gebete in dieser neuen Macht, in der himmlischen Macht, im Unterschied zu den
irdischen Gewaltherrschern, da gibt es Gebete ja auch zu den Göttern, aber die spielen  ja da keine wesentliche Rolle. Es sind mehr Ornamente. Aber Gebete sind in diesem neuen  Machtsystem von großer Bedeutung. Sie sind Zeichen des Friedens. Im Gebet ist Gott bereits  anerkannt. In den Gebeten ist das Lamm bereits anerkannt. Die Gebete sind das Kommunikationsmittel  in dieser neuen Welt, die auf uns zukommt. Gebete sind Ausdruck des Friedens, der Ehrfurcht.  Wer betet, muss nicht auf Waffen setzen. Er hat andere Hoffnungsquellen. Und das Vierte,
das erwähnt wird, ist das neue Lied. Es ist zum ersten Mal, dass dieser Ausdruck hier  fällt, das neue Lied. Das Neue spielt im Neuen Testament eine enorme Rolle. Während es in  der Antike das Alte war, das hohe Achtung hatte, je älter, desto höher war die Realität,  die Autorität. Das Neue stand nicht hoch im Koss. Es gab zum Beispiel in der Kumran-Gemeinde  den Lehrer der Gerechtigkeit und der hat mal eine Zeit lang versucht, die Kumran-Gemeinde  als den Neuen Bund darzustellen. Aber seine Nachfolger haben nicht mitgemacht. Das Neue,  das hat sich noch gar nicht bewährt. Das Neue ist wandelmütig. Wir bauen auf das Alte,
auf die Väter, auf die Tradition. Also das Wort Neu ist ein wichtiges Signal in unserer  christlichen Frömmigkeit. Die Offenbarung mündet in das Neue Jerusalem. Und am Anfang  dieses Schlusskapitels heißt es, ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde. Wir  sprechen vom Neuen Testament, vom Neuen Bund. Oder wir sagen, ist jemand in Christus, dann  ist er eine neue Kreatur. Das Neue hier wird niemals alt. Während wir kennen diesen Begriff  für neu, kennen wir gar nicht. Weil bei uns wird das Neue auch mal wieder alt und dann  kommt das noch Neuere und so wechseln die sich laufend ab. Aber das Neue im Neuen Testament
ist das Entgültige. Es wird niemals alt. Das Neue ist das Entgültige. Und so heißt  es auch hier das Neue Lied. Weil durch den Tod Jesu Christi und seine Auferweckung ist  etwas Neues geschehen, was es bisher nicht gab. Und jetzt ist auch ganz neu, dass die  Schriftrolle in der Hand des Lammes ist und dort bleiben wird. Das ist neu. Und auch das  Neue will besungen sein. Das will besungen sein. Prosa genügt nicht, alle künstlerischen  Fähigkeiten. Und also das sind vier aufschlussreiche Betonungen in der Einleitung. Und jetzt kommt
das erste, der erste Hymnus, der erste Christus-Hymnus in der Offenbarung. Martin Liesma vers 9b bis 10.  Du bist würdig, die Schriftrolle zu empfangen und ihre Siegel zu öffnen. Denn du bist geschlachtet  worden und hast durch dein Blut Menschen für Gott erkauft aus jedem Stamm und jeder Sprache  und jedem Volk und jeder Nation. Und hast sie für unseren Gott zu Priestern in einem  Königreich gemacht und sie werden über die Erde herrschen. Ja, gehen wir mal nochmal  Satz für Satz durch. Bitte nochmal den ersten Satz. Du bist würdig, die Schriftrolle zu  empfangen und ihre Siegel zu öffnen. Ja, also hier der erste Teil auch dieser Hymnus kann
man in drei Teile teilen. Der erste Teil knüpft nochmal voll an das bisher schon Bekannte  an. Du bist würdig. Das Wort würdig heißt hier in diesem Zusammenhang, du bist berechtigt  und du bist befähigt. Diese Schriftrolle, die wird hier nochmal genannt, später wird  sie dann nicht mehr genannt, aber hier zu öffnen und die Siegel zu brechen. Also das  ist praktisch eine Anknüpfung an das, was wir schon kennen. Aber jetzt kommen neue Akzente.  Bitte nochmal den zweiten Teil. Denn du bist geschlachtet worden und hast durch dein Blut  Menschen für Gott erkauft. Gut, so weit mal. Denn du bist geschlachtet worden ist genau  das gleiche Wort. Ich sah ein Lamm stehen wie geschlachtet. Der Ausdruck wie diese Partikel  wie wird jetzt nicht mehr benutzt. Deswegen mit dem wie soll man nicht zu viel Bedeutung  drauflegen. Denn du bist geschlachtet. Aber auf diesem Wort da liegt der ganze Ton. Denn
du bist geschlachtet und wie geht es weiter? Und hast durch dein Blut Menschen für Gott  erkauft. Ja, und hast durch dein Blut Menschen für Gott erkauft. Das Wort erkauft kann man  auch verschieden übersetzen. Es wird in der Mehrzahl der Fälle übersetzt losgekauft  oder auch erkauft. Das ist das gleiche mit gemeint. Das ist eigentlich ein Begriff aus  dem Geschäftsleben. Und der wird hier in den Glauben mit aufgenommen. Und es ist also  irgendwie ein Preis zu bezahlen. Der Ausdruck loskauf oder erkauft meint immer du bist jetzt  befreit von bisherigen Fesseln. Wenn man jemand loskauft, oft zum Beispiel Sklaven werden  freigekauft, aber auch andere Verschuldete, Überschuldete kann man freikaufen. Es ist
ein Befreiungsvorgang. Du wirst losgekauft von den Zwängen, die dich bisher beherrscht  haben, von Fesseln, die dich eingeschränkt haben. Und du bist sowohl losgekauft von etwas,  also auch losgekauft für etwas. Das kommt im dritten Schritt dann zu einem Leben für  Gott. Also wir sind losgekauft. Wem dieser Preis zu bezahlen ist, das wird nie genannt.  Und darum geht es auch nicht. Später haben dann irgendwelche Leute geflunkert, dem Teufel  oder weiß der Kuckuck was. Nein, mit diesem Wort Loskauf soll nur betont werden, es hat  etwas gekostet. Das ging nicht einfach so. Nämlich der Tod Jesu ist hier gemeint. Du  hast durch dein Blut losgekauft. Ich will mal hier in aller Schnelle sagen, ja, es geht
hier um den stellvertretenden Süne Tod Jesu. Ganz klar. Also im Neuen Testament gibt es  mehrere Deutungen für den Tod Jesu, die widersprechen sich gar nicht, sondern sie ergänzen sich.  Loskauf ist auch eigentlich eine Deutung, die in manchen Schriften ganz im Vordergrund  steht. Aber dieses durch dein Blut, das hängt ja auch eng mit dem Schechtschnitt zusammen.  Der Schechtschnitt setzt ja das Blut frei. Und diese erlösende Bedeutung des Todes Jesu,  des Blutes Jesu ist ganz klar zu verstehen als stellvertretendes Sünnopfer. Der Tod Jesu  ist im Neuen Testament vor allem auch in der Johannis-Offenbarung da besonders betont,
ist ein stellvertretender Sünnetod. Ich habe vor, in nächster Zeit, wenn ich Gelegenheit  finde, über den Tod Jesu noch ein bis zwei Vorträge zu halten. Und ein Vortrag wird  lauten, ist der Tod Jesu ein stellvertretendes Sünnopfer? Antwort Ja, unbedingt. Das Problem  ist nur, wir müssen genau klären, was damit gemeint ist. Das ist leider in vielen christlichen  Gruppen heute nicht geklärt. Da spielen auch falsche, unbiblische Vorstellungen, werden  da mit hineingemengt. Aber lassen wir das jetzt mal. Der Tod Jesu hat eine große gewinnende,  erlösende Kraft als stellvertretendes Sünnopfer. Und diese, diesen weiten Kraft und Bedeutung
in alle Welt, universal, wird jetzt in dem zweiten Schritt betont. Aus jedem Stamm und  jeder Sprache und jedem Volk und jeder Nation. Ja. Also jetzt wird es ein unheimlicher Ausbreitungsprozess.  Sag mal, es sind immer vier Substantive, die fallen hier zum ersten Mal in der Johannes-Offenbarung.  Diese vier und die kommen von jetzt an immer wieder, immer ein bisschen in einer anderen  Reihenfolge, aber immer diese vier Begriffe. Kannst du die noch einmal nennen? Stamm, Sprache,  Volk, Nation. Ja. Also das ist eine Viererzahl. Und das ist auch hier ganz bewusst, vier  ist die Zahl der Erde, auch der Ausbreitung auf der Erde. Warum ist die vier die Zahl  der Erde? Es hat zwei Gründe. Es gibt vier Himmelsrichtungen und es gibt vier Jahreszeiten.
Und deswegen ist die Zahl vier die Zahl der Erde. Und das soll jetzt, also hier ist ein missionarischer  Erfolg angedeutet, den es ja damals noch überhaupt nicht gab. Wir heute können ja auf 2000 Jahre  auch Missionsgeschichte zurückblicken und wissen, dass das Christentum sich überall,  aber damals ist ja eine ungeheuer kühne Aussage. Diese Zuversicht in der damaligen Zeit, da  gab es ja noch gar keine Ausbreitung. Und jetzt jedes Volk, jede Sprache, jeder Stamm.  Jetzt kommen wir zum Dritten, zur Dritten Aussage in diesem Hymnus.  Und hast sie für unseren Gott zu Priestern in einem Königreich gemacht, und sie werden  über die Erde herrschen.
Ja, das ist also jetzt der dritte Teil im Hymnus. Alles, was aus dem Tod Jesu hervorgeht,  es ist alles eine Frucht aus dem Sünnetod Jesu. Du hast für Gott, also auch nicht nur  von etwas, auch für etwas, und jetzt hast du uns zu Priestern gemacht in einem Königreich.  Priester waren damals zur Zeit Jesu die einzigen, die in die inneren Bezirke des Tempels hineingehen  durften. Die Männer hatten einen Männervorhof, die konnten aber nicht in den Priestervorhof  und in den Tempel schon gar nicht, und die Frauen hatten einen Frauenvorhof. Also wir  sind jetzt alle Priester, wir haben alle direkten Zugang zu Gott, wir brauchen keine weiteren  Vermittlungsfiguren mehr. Alle Glaubenden sind Priester und Priesterinnen, und gemeint
ist hier auch ganz stark das Gebet. Die Hauptaufgabe eines Priesters ist das Gebet für die Christenheit,  für die Gemeinde, die Fürbitte für andere. Und Königreich ist hier so gemeint, wir sind  wir Glaubenden, die wir von dem Tod Jesu in einen neuen Herrschaftsbereich übergewechselt  sind. Wir leben in einem Königreich. Die Gemeinde Jesu ist schon jetzt das Königreich Gottes,  denn in der Gemeinde herrscht Gott als König. In den Gebeten wird er bereits als der Herr  der Welt verehrt. Also wir sind Priester in einem Königreich, in der Gemeinde. Und dann  heißt es noch, sie werden herrschen auf der Erde. Das wird nur ganz knapp angedeutet,
wird nicht weiter ausgeführt. Das kommt traditionsgeschichtlich aus dem Alten Testament, vor allem aus dem  Buch Daniel, Kapitel 7 und andere Stellen. Es gibt mehrere Stellen im Alten Testament,  da heißt es ausdrücklich, das Volk Gottes wird auf der Erde herrschen. Aber das ist  Zukunft. Die werden nicht im Jenseits herrschen, sondern auf der Erde. Und diese Zeit ist noch  nicht da. Und wir müssen da auch sehr berücksichtigen, es heißt ja nicht über andere oder über  wen. Es ist ja auch ein ganz anderes Herrschen als das Herrschen im römischen Imperium oder  sonst wo. Ohne Gewalt, ohne Blutvergießen, es ist mehr eine Leitungsfunktion. Jetzt  gehen wir zum zweiten Hymnus, der erweitert sich jetzt, des Vers 11 bis 12.  Und ich sah und ich hörte die Stimmen vieler Engel rings um den Thron herum und um die
lebendigen Wesen und um die Ältesten. Und ihre Zahl war Zehntausende mal Zehntausende  und Tausende mal Tausende. Sie sprachen mit lauter Stimme, würdig ist das Lamm, das geschlachtet  worden ist, zu nehmen die Macht und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Herrlichkeit  und Lobpreis.  Ja, dieser Hymnus ist schon kürzer, aber er ist eine enorme Ausweitung unzählbarer  Engel, von denen bisher noch nie die Rede war. Man kann die unzählbare Größe nur  ausdrücken durch Multiplikationen, weil es gibt keine Zahlen mehr. Zehntausende mal Zehntausende.  Selbst die größten Mega-Veranstaltungen hier auf der Erde werden da zu kleinen Partys
im Vergleich zu dieser Veranstaltung. Und sie sind zunächst ganz analog, würdig bist  du, denn du bist geschlachtet. Das heißt, die Vision, die Hymnus 1 und der Hymnus 2  fangen ganz analog an und gehören dadurch eng zusammen. Der dritte Hymnus hat einen  ganz eigenen Charakter. Was hier sehr wichtig ist, es werden sieben Substantive aufgezählt.  Das sind die Kennzeichen der Herrschaft des Lammes, denn auch der zweite Hymnus ist eine  Huldigung an das Lamm, also indirekt natürlich auch an Gott, aber es heißt ausdrücklich,  ist ganz bezogen auf das Lamm, so wie der erste Hymnus auch. Aber jetzt geht es um die  Kennzeichen der Machtausübung des Lammes. Und da werden sieben Substantive jetzt benutzt.
Nur das erste Substantiv, exosia, Macht, hat einen Artikel, nur das erste Substantiv. Die  anderen sechs nicht. Diese sieben Substantive, ist ja auch eine Zahl der Vollkommenheit,  haben eigentlich alle das Gleiche. Sie wollen einen Gesamteindruck vermitteln von den Vorzügen  der Macht des Lammes. Es ist ein einziger Gesamteindruck. Wir wollen ihn mal nochmal  anhören und auch uns daran erfreuen.  Würdig ist das Lamm, das geschlachtet worden ist, zu nehmen die Macht und Reichtum und  Weisheit und Stärke und Ehre und Herrlichkeit und Lobpreis.  Ja, jetzt kommt der dritte Hymnus. Der ist ein Hymnus eigener Art. Vers 13.
Und jedes Geschöpf, das im Himmel und auf der Erde und unter der Erde und auf dem Meer  sitzt und alles, was in ihm ist, hörte ich sagen, dem, der auf dem Thron sitzt und dem  Lamm, den Lobpreis und die Ehre und die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit.  Ja. Jetzt weitet sich der Lobpreis auf. Bisher war er ja innerhalb vom Himmel. Erst im Thronsaal,  mit den unzählbaren Engelscharen. Jetzt geht er auf die Erde und zwar umfassend auf der  Erde, unter der Erde, auf dem Meer, Seefahrer, im Meer, Fische. Und auch auf dem Land sind  nicht nur Menschen gemeint, sondern auch Tiere, die Landbewohner, auch Vögel, auch die Vögel  gehören zur Erde. Es sind Vögel unter dem Himmel, auf der Erde.
Es geht hier um alle Kreatur, alles, was atmet. Jetzt ist also diese Huldigung ganz ausgeweitet.  Nirgendwo begrenzt, weder lokal noch ethnisch noch rassisch noch gruppenspezifisch, alle  vereint in dem Lob Gottes. Und jetzt der Abschluss, Vers 14.  Und die vier Lebewesen sprachen Amen. Und die Ältesten fielen nieder und beteten an.  Ja. Die vier Lebewesen und die Ältesten, die eine erstaunliche Bedeutung haben in der  Offenbarung, haben diesen hymnischen Teil begonnen und sie beenden ihn auch. Und jetzt  an dieser Stelle merkt man wieder, dass die vier Lebewesen irgendwie einen Vorrang haben
vor den 24 Ältesten. Denn nur die vier Lebewesen sprechen jetzt noch. Die Ältesten sprechen  nicht mehr. Also jetzt kommt ein großes Amen. Das muss ich noch mal sagen, es heißt eigentlich  Amen. Aber wir Deutsche lieben das Amen. Es heißt David, es heißt Thora, es heißt Nefesh,  es heißt Zion und es heißt Amen. Ja, also Sie sagen das große Amen. Das ist jetzt die  Abrundung der Himmelsvision, die ich ja jetzt in drei Vorträgen behandelt habe, zwei Vorträge  über Kapitel 4 und jetzt einen Vortrag über ein ganzes Kapitel. Das ist mir nicht leicht  gefallen, weil ich schaffe in der Regel nie ein ganzes Kapitel in einem Vortrag. Aber  jetzt habe ich es tatsächlich hingekriegt. Unglaublich. Ja, ihr Lieben, so weit jetzt
mal die Himmelsvision. Nach dem Kapitel 5 setzt ein völlig neuer, großer Zusammenhang ein  ab Kapitel 6. Aber das, was wir jetzt behandelt haben, ist die Ausgangsbasis, die Grundlage  von allem, was jetzt noch kommen mag. Und die Reaktion im Himmel und auf der Erde war  sehr positiv, spontan. Niemand musste dazu animiert werden. Es kam aus dem tiefsten  Herzen. Die Hymnen, ihr Lieben, sind eine Quelle der Ermutigung. Lasst sie euch immer  wieder mal genießen. Hört sie euch immer wieder mal an und meditiert sie. Dann könnt  ihr die Luft schnuppern, die am Ende zum Zuge kommen wird. Das stärkt unsere Zuversicht
und unseren Mut.
Die Apokalypse des Johannes (Teil 9): Offenbarung 5 | 13.2.1
Selten wird unser Weltbild in der Bibel derart auf den Kopf gestellt wie im fünften Kapitel der Offenbarung. Johannes hatte in seiner Vision Gott gesehen und weitere Personen, die mächtiger kaum sein könnten. Und doch ist es eine hilflose, gequälte Kreatur, die von den Mächtigen angebetet wird. Diese Szene in der Offenbarung im fünften Kapitel der Apokalypse ist die Ausgangsbasis für den restlichen Text. Es ist ein Text mit einer wichtigen Botschaft, vor allem auch für jüdische Bibelkenner. Damit es verständlich wird, führt Siegfried Zimmer führt Satz für Satz durch dieses Kapitel. Er erklärt, was es mit der Schriftrolle auf sich hat, die nie vorgelesen wird. Warum ausgerechnet ein einzelner israelitischer Stamm so eine herausragende Rolle spielt in einer Szene, die doch die gesamte Menschheit betrifft. Oder warum wir den Begriff »Opfer« künftig sorgsamer verwenden sollten. Und er macht auf einige Zeilen aufmerksam, die allzu leicht überlesen werden, und doch gerade in unserer angespannten Zeit eine Quelle der Zuversicht sein können.