Heute geht es um die historisch-kritische Methode im 19. Jahrhundert und dabei werde ich mich auf die Leben Jesu-Forschung konzentrieren. Historisch-kritische Methode, HKM sagen manche auch liebevoll, oder nicht ganz so liebevoll, gibt alles, ist ein nötiger, aber auch etwas problematischer, unglücklicher Ausdruck. Wenn man hört die HKM oder die historisch-kritische Methode, was stellt man sich da vor? Da stellt man sich irgendwie was vor, was eindeutig ist und klar und exakt definiert und überall gleich und so ist es dann halt auch nicht. Historisch-kritische
Methodik, sage ich mal, ist erstens eine recht vielschichtige Angelegenheit. Eigentlich sollte man von einer Vielfalt historischer Methoden sprechen. Dazu gehört Textkritik überhaupt erst mal klar kriegen. Was ist der Text, was gibt es da für Überlieferungen, wie ist das gewachsen geworden, wie arbeitet man damit? Das ist eine große anspruchsvolle Wissenschaft, die auch sehr weitgehend völlig unstrittig ist, dass man da irgendwie dran muss. Auch da kann man sich streiten, wenn man will, aber da ist auch Streit, vielleicht noch mit am wenigsten. Dann gehört dazu Literatkritik, also Fragen nach dem Werden der Texte, Unterscheidungen von verschiedenen Anteilen, also wer hier sich für Augen führt, Unterscheidungen von Dialogteil und Prologteil und
Einschub, Literatkritik fragt nach solchen Sachen. Formkritik oder Gattungskritik fragt nach unterschiedlichen Gattungsmerkmalen, Brief, Parabel, Gleichnis, Erzähltext und so weiter, kann man ganz viel machen. Redaktionskritik fragt nach der theologischen Gesamtsicht einer Schrift. Jetzt könnte ich weiter und weiter und weiter machen, mir würden noch viele einfallen. So, das heißt, historisch-kritische Methodik besteht aus unterschiedlichen methodischen, historischen Zugängen. Sozialgeschichte spielt eine große Rolle in den letzten 50 Jahren. Und historisch-kritische Methode ist nicht nur vielschichtig in dem, was da passiert, sie ist auch vielgestaltig in ihrer historischen Entwicklung. Also die Stichworte, die ich gerade so ein bisschen in den Raum geworfen habe, da kann man schon auch ungefähr sagen, die
Literatkritik entsteht im 19. Jahrhundert. Das ist da ein Riesending. Man entdeckt bei den Evangelien fantastische Sachen, die man da machen kann, wie man das alles so sortiert. Die meisten werden im Religionsunterricht in der Schule was gehört haben, zwei Quellentheorie, Quelle-Q und so weiter. Also 19. Jahrhundert, man hat da viel Freude. 20. Jahrhundert, Formkritik, 1920er Jahre, Bultmann, die Belius und so, das wird da eine große Nummer. Das entsteht, da entstehen Ansätze, Entwürfe nach dem Zweiten Weltkrieg, 50er, 60er Jahre Redaktionskritik. Also das Ding ist nicht im 18. Jahrhundert da und fertig und rund und unverändert, es verändert sich rasant. Und eben sozialgeschichtliche Fragestellungen, andere Annäherungsweisen sind in den letzten 50 Jahren dazugekommen. Manches sinkt auch so ein bisschen im Allgemeinen ansehen. Insgesamt kann man heute sagen, Literatkritik, irgendwas macht man da immer noch. Aber die Riesenbegeisterung, die hat
sich so ein bisschen verflüchtigt, sage ich mal, weil viele auch zu oft Kopfschmerzen hatten nach dem Versuch im Pentateuch alles zu sortieren und so. Da wirkt man manchmal auch ein bisschen gerantigt von. So, also sie ist vielschichtig in ihren Methoden, sie ist vielgestaltig in ihrer historischen Entwicklung und sie ist vielfältig in ihrer Anwendung. Man sollte sich es nicht so vorstellen, dass alle historisch-kritischen Exegeten von morgens bis abends einander anstrahlen wie die Honigkuchenpferde, einander ständig auf die Schulter klopfen, dass sie alle so prima einig sind und auch alle immer dasselbe rauskriegen und auch so sich verstehen, was weiß ich, wie so eine Band of Brothers und so, die alle im Grunde Kampfgemeinschaft, Kriegsgemeinschaft gegen alles, was irgendwie nicht aufgeklärt ist. Nein, die streiten gern, die streiten viel, die werden sich nicht einig, die haben Animosität, die haben Schulgegensätze, die lesen das Buch vom Kollegen
und sind verstimmt und so. Also es wird sehr vielfältig, sehr unterschiedlich zur Anwendung gebracht. Die historisch-kritische Methode gibt es eigentlich nur, was weiß ich, im Kopf entschiedener Gegner oder im Einführungsseminar, wo man die Leute nicht in der ersten Stunde zum Wein bringen möchte und erstmal irgendwie auch so tut, als wäre alles klar und einfach und eindeutig, jetzt lernen wir das von der Pikke auf mal. So, das sollte man sich klar machen, sehr grundsätzlich und ich hatte ja jetzt nur vom deutschen Raum gesprochen, also nehmt allein mal, was weiß ich, Großbritannien oder die USA dazu, da ist nochmal viel bunter und komplizierter und falls wir auf die Idee kämen, echt mal ernst zu nehmen, globale Welt gibt ja auch nicht weiße, nicht westliche Menschen, wo man mal
hören sollte, was die machen, dann ist ganz vorbei, dann ist sehr bunt, sehr vielgestaltig. So, und was ich heute machen möchte, ich möchte für das 19. Jahrhundert davon auch eine Ahnung vermitteln, einfach mal das Spektrum historisch-kritischer Forschung abschreiten, wichtige Namen, spannende Geschichten, tragische Geschichten, bisschen mal was Lustiges, mal was zum Nachdenken und so und das wollen wir uns heute einfach mal angucken. Zur allgemeinen Belehrung und Verstörung, wer sich bis jetzt allzu sicher war, wie alles ist, herzlich willkommen, bisschen Kopfschmerzen durch neue Fragen, stimuliert das Denkvermögen, ist immer ganz gut und so und wer sagt, ich weiß gar nicht, worum es geht und so, keine Angst, ich fang jetzt an, wird alles, wird alles gut. So, und 19. Jahrhundert, ja wo fängt man jetzt an, wir gehen gleich auf die 12, wir fangen gleich mit dem großen Drama an,
einem der berühmtesten, theologietreibenden, sage ich mal, auch einen der allerstrittigsten und spektakulärsten Gestalten, David Friedrich Strauss, irgendwo muss man anfangen. So, hat ja Theologie studiert, hat gelernt, hat sich mit den ganzen Sachen beschäftigt. Wir versetzen uns jetzt geistig in die Welt von 1830, nicht so leicht, war viel los in Deutschland. Also im Grunde hatte Deutschland die letzten 50 Jahre so sein Allzeithoch an, lass uns mal paar Genies produzieren. So, also im Grunde zwei Drittel ordentlicher Schulbildung hat damit zu tun, die deutsche Kultur zwischen 1770 und 1830 so nach und nach anzutisern, mehr geht ja kaum. Also es ist die Zeit von Lessing, Goethe
und Schiller, es ist die Zeit, wo wir Mozart und Beethoven, Schubert und so haben, es ist die Zeit von Kant, Fichte, Schelling und Hegel, wir lassen es mal richtig krachen, ist die deutsche Epoche schlechthin. So das, was die Griechen rausgehauen haben mit Sokrates, Platon, Aristoteles, immer waren wir neidisch und dann haben wir auch mal Gas gegeben, seitdem erholen wir uns davon. Also kulturell so, aber es ist schon so Zeit der Genies, dann sterben die fast alle gleichzeitig und alle sind immer noch nicht durch mit dem Lesen oder so. Ehrlich gesagt dauert das bis heute, dass man guckt, was wollte Hegel jetzt ganz genau, ist alles so ein bisschen schwierig. Und dieses deutsche Land der Dichter und Denker, hätte das jemand 1760 gesagt, die Nachbarvölker werden vor Lachen zu Boden gegangen. Was macht jetzt der Dichter und Denker? Ne, gar nicht. Also davor war Deutschland
so ein bisschen wie bei Asterix und die Goten, nicht ganz so schlimm, aber im Grunde dieses ganze Image Dichter und Denker hat man schon sich so in den 60 Jahren 1770 bis 1830 erarbeitet und ist schon so ein bisschen an die Spitze der Weltintelligenz durchgekämpft. Das können wir jetzt leider auch nicht in Kürze rekapitulieren, was da los war. Das ist jetzt hart, aber wahr. Und für Strauß ist das jetzt aber eine nervöse Voraussetzung. Er pilgert nach Berlin, er hört Hegel, er ist erschlagen, was er da genau versteht, weiß man nie so richtig und so, aber es flasht ihn. Es ist begeisternd. Hegel erklärt alles, die ganze Welt, restlos alles ist durchschaubar. So, es ist die absolute Erkenntnis der Vernunft, der Weltgeist ist gelandet. Er ist seiner selbst ansichtig und durchsichtig geworden. Nie war alles
so begriffen wie um 1830 in Berlin und Strauß ist da auch ganz beglückt von. Hegel war positiv zum christlichen Glauben. Er sagte, ich bin Lutheraner, bin gläubiger Christ. Aus meiner philosophischen Erkenntnis heraus weiß ich, dass Christentum ist im Grunde die höchste Religion, die absolute Religion. Meine Philosophie ist ein bisschen höher, ehrlich gesagt, aber im Grunde ist das eine Art auch intellektuelle Realisation dessen, was im Christentum und besonders eben in seiner lutherischen Prägung, so mit dieser lutherischen Freiheit des Christenmenschen entwickelt wurde. Das habe ich einfach nochmal durchdacht und auf die Spitze getrieben und jetzt sehen wir alles selig alle, die diese Worte hören und lesen. Also dieses Selbstbewusstsein war da schon vorhanden.
So, Hegel starb dann auch bald, kleiner Schock und so. Man kann sterben, auch wenn man viel weiß. Und Strauß kommt zurück, ist in Tübingen Repetent am Tübinger Stift, hält Vorlesungen über Philosophie an der Universität. Schon schlau, ne? So, also für den Normalbürger ist es ein ganz schlaues Haus und so. Manche sind da aber auch ein bisschen, wissen nicht so genau diese ganze Hegelei. Die Geistigkeit ist wirklich noch sehr breit. Es gibt Altgläubige, Erweckte. Es gibt so die ersten Leute, die werden ziemlich konfessionalistisch, die werden so immer lutherischer und so. Es ist ja nach Französischer Revolution heilige Allianz, so diese große Zeit der politischen Reaktionen. Antiliberal, antimodern, aber andererseits eben auch idealistisch. Also so ein buntes
Gemisch. Strauß findet Anklang als große Genie, macht sich aber auch paar Gegner. Er wird dann so ein bisschen stillgestellt, philosophische Vorlesungen, sagt, man sieht jetzt gerade mal nicht erwünscht. Er setzt sich hin und sagt, repitent im Stift bin ich. Was könnte ich mal machen? Ich schreibe einfach mal ein Leben Jesu. Das ist doch vielleicht eine Idee. Das ist ja jetzt, wir hatten noch alle unruhige Zeiten, also zwischen 1789 und 1815, zwischendurch hatten wir ja alle mal Sorgen und so. Und ich bin da rein geboren und jetzt aber Stille, Frieden. Ich bin hier in Schwaben, sehr viel Stille, sehr viel Frieden. Es ist Zeit für ein Leben Jesu und im Grunde mal auf der Höhe heutiger Geistigkeit möchte und muss ich das machen. So, ich fange mit Strauß an, weil er uns jetzt auch helfen wird, das Spektrum der Theologie einfach mal vor Augen zu bekommen. Er sagt, naja, die haben alle was gemacht, die haben alle weitergearbeitet die
letzten Jahre und im Grunde hat sich so ein Spektrum entfaltet mit zwei Polen. Es gibt auf der einen Seite Leute, die nennen sich und die nennt man Rationalisten. Und diese Rationalisten, das sind Theologen, alles Staatsbeamte, Kirchenbeamte und so, die sind im Grunde geprägt von der deutschen Philosophie. Die haben sich zuerst an Kant angedockt und gesagt, Kant ist im Grunde die große Wasserscheide von vorkritischem und kritischem Denken. Für uns ist das im Grunde der Maßstab für kritische Rationalität. Dann ist das im Detail sehr bunt, die haben die anderen vorhin genannten auch immer mal reingeguckt, sehr kompliziert. So, aber die versuchen, rational aufgeklärt wissenschaftlich das Neue Testament zu bearbeiten und es gibt aber noch eine starke Fraktion von Gegnern, von feinen Supranaturalisten. So, und die sagen, der Kant
war klug, der hat Dinge geleistet, respektieren wir als Theorie, wie Wissenschaft funktioniert, Erkenntnistheorie, auch seine Ethik wird jeder respektieren in der Praxis, aber bei Kant ist schlicht das Problem, der geht mehr oder weniger von einer geschlossenen Wirklichkeit aus. In seiner Welt ist für Übernatürliches kein Platz, da gibt es keine Wunder, so dass es da gar nicht möglich ist. Und der christliche Glaube hängt zufällig daran, dass Gott sich in der Geschichte offenbart. Das ist wesentlich, das ist unverzichtbar. Wir halten fest am alten Glauben, wir sind auch vernünftig, wir wissen auch, was weiß ich, die Wissenschaft und die Kultur und die Ethik und so, also wir sind jetzt keine Hinterwäldler, aber wir wissen, zum christlichen Glauben ist die
Offenbarung Gottes, das Handeln Gottes in Raum und Zeit völlig unverzichtbar. So, und das waren so die Pole, so zwischen denen tobte es hin und her. Und David Reistrauss guckte sich das so an und so und ging dann, wir reden hier von zwei Bänden, weit über tausend Seiten, so vor, dass er bei jeder Station im Leben Jesu immer die beiden anguckte. So er referiert die Rationalisten und er referiert die Supranaturalisten. Und das macht er schon auch geschickt, so, indem er die immer so aufeinander hetzt. Und was kommt dabei raus? Es kommt dabei raus, dass die Supranaturalisten also quasi kämpfen um jeden Berg und jeden Hügel und alles, was da passiert ist, versuchen sie apologetisch zu verteidigen. So, das ist wirklich passiert, das ist glaubwürdig bezeugt so und denen gegenüber macht Strauss die Rationalisten stark, die also lauter Spannung finden in der Textüberlieferung
und an lauter Dingen zeigen, dass das funktioniert, alles nur sehr bedingt und so. Also dieser Stolz, es beweisen zu können, da zeigt Strauss, ja, das ist ehrlich gesagt nicht so einfach. So, und dann kommt er auf die Rationalisten zu sprechen. Was machen die? Die haben damals schon noch eigentlich ein ziemliches Vertrauen, dass sie die Geschichten erst mal so nehmen. Ja, und die sagen dann Speisung der 5000. So, da gucken die noch mal so in ihre Bücher von Kant und so und sagen fünf Brote und zwei Fische, 5000 Leute. Nö, sowas gibt's nicht. Das wäre irgendwie auch komisch und so. Das wäre so magisch, so ein Schauwunder. Ja, aber was war da wohl? Naja, Jesus stand da so und was weiß ich, in der ersten Reihe hatte jemand fünf Brote und zwei Fische und sonst war nichts zu sehen, alle hatten Hunger und Jesus ist den ganzen Tag über Nächstenliebe gepredigt und so und dann wird
Jesus, wie soll ich das so gesagt haben, ich habe hier fünf Brote und zwei Fische und wir vertrauen auf Gott, unserem himmlischen Vater. Ich werde beten und wir werden alle satt. So, und als er betete und jemand das, was er für sich mit hatte, Jesus gab und Jesus anfing das zu teilen, da guckten sich ganz viele an und merkten, ich habe ja auch heimlich was mit und so, machen die Tasche auf, draußen alle fingen an zu teilen. So, und auch die Harthertigsten und die Geizigsten und so, jeder guckt ja noch mal, ah ja, zufällig, ich habe auch noch ein Fischlein gefunden und so, nimm du ihn doch. Ach, danke schön. Ich habe ein Brötchen. Möchtest du? Ja, gerne. So, und es war ein Wunder der Liebe und alle waren so und so, die Rationalisten waren selbst gerührt über ihre Geschichte, die fanden sie viel besser eigentlich als das Original und das haben die überall so versucht, überall, wo das so irgendwie möglich war und haben dann aber auch alles Mögliche so,
nicht? Also Jesus auf dem Wasser laufen, aber dass man da einschläft und einen schönen Traum hat und das kann ja alles passieren und dann Sturm und man wird wach und Angst und man hat im Traum Jesus gesehen und sagt, ich habe Jesus gesehen und alle werden ruhig, Jesus, ja und alle beruhigen sich auf einmal und der Sturm hört auf, kann ja auch passieren, in echt, kleiner Sturm, dann ist es vorbei und dieser Traum, vielleicht eine Vision, vielleicht auch eine Idee, vielleicht auch eine Erinnerung, vielleicht wird das immer größer im Laufe der Überlieferung, man erzählt da was, am Ende, stille Post kennt ja jeder und irgendwas ist da dran. So und wenn man das aber so am Stück erzählt und merkt, Strauß stellt das einander gegenüber, der Eindruck ist, den Erstellten merkwürdiger, die Supranaturalisten wollen den Glauben verteidigen und sind die ganze Zeit am
Kämpfen, versuchen die ganze Zeit mit historischer Apologetik, dass das so passiert ist und ihnen fällt teilweise kaum noch ein, wofür, wofür das gut ist, es wird einfach so hingeknallt und hingestellt und so und behauptet und man kriegt da immer mehr Zweifel, je mehr Gründe die herbeischleppen und bei den Rationalisten, die machen das nicht, aber was die machen ist im Grunde, die ersetzen das was da steht durch moralisch vernünftige Geschichten und Strauß referiert das beides und sagt ihr lieben Leute, das ist beides Käse. So das eine ist verzweifelte historische Apologetik, da geht doch im Grunde der Sinn, die Idee, das geht doch alles verloren, ihr behauptet laubter Heilstatssachen und habt gar kein wozu mehr, wozu das da ist, so seid ihr in Kampfgenossenschaft. Die anderen wollen vernünftig sein, aber auch sie verlieren den Sinn, auch sie verlieren die Idee,
sie erfinden im Grunde völlig andere Evangelien, völlig andere Geschichten. So und Strauß sagt, das ist nicht der Sinn der Bibel, das ist nicht der Sinn des Glaubens, ihr seid alle im Grunde Gefangene eines falschen Pro und Contras, eines es ist so passiert, es ist so nicht passiert, sondern das und das wird wirklich gewesen sein. Entscheidend sagt Strauß ist doch nicht, was da passiert ist oder nicht, könnte man doch bei Lessing lernen. So das hat doch Lessing im Grunde schon gezeigt, die Fakten, die Begebenheiten, die Tatsachen sind am Ende des Tages irgendwie auch hohl und stumm, sondern entscheidend muss doch der Inhalt sein, was wird denn offenbart. So und Lessing, Strauß hat jetzt folgende Basisidee, er steht auf der Seite der Rationalisten, er glaubt
nicht, dass das alles so war. So und er sagt jetzt aber folgendes, es ist jetzt verzweifelte Liebesmüh anhand dieser Wundergeschichten durch irgendwelche Subtraktionsverfahren und vielblühende Fantasie, das Richtige raus, da kommen wir gar nicht mehr ran, sagt er. Im Grunde müssen wir erkennen, das sind mythische Erzählungen. Strauß macht dies Wort berühmt, nicht Bultmann 100 Jahre später, Strauß, er sagt, es sind mythische Erzählungen aus einer Menschheitsepoche, die waren nicht wie wir, so die waren nicht so faktenversessen und so, das war gar nicht deren Welt, sondern es sind mythische Erzählungen und wir alle leben doch nicht in einer Welt, wo Menschen übers Wasser laufen und wir Halleluja rufen oder so, wir würden zum Arzt gehen und sagen, Herr Doktor, ganz schlimmes Problem,
ich habe ernsthaft gedacht, ich sehe einen übers Wasser laufen, helfen Sie mir, so würden wir es machen, sagt Strauß und wir müssen da einfach klarkommen, wir müssen ehrlich sein mit uns und so. Es gab keine Hexen, man hat sie verfolgt, man hat sie verbrannt, war alles Blödsinn, die ganze Idee da Geister austreiben, es gibt keine Dämonen, es gibt keine bösen Mächte, es gibt diese, diese ganzen Sachen gibt es gar nicht, es sind mythische Erzählungen und so Strauß, es ist jetzt aber überhaupt kein Verlust, dass das meiste davon gar nicht passiert ist. Strauß sagt, dass was wirklich passiert ist im Leben Jesu, naja, da bleibt eine Grippe, der kommt aus Galiläa, der ist da groß geworden, der war Schriftgelehrter, der war Wanderprediger, der war unterwegs, der wird sich von Johannes, einem Täufer, haben taufen lassen, dann hat er verkündigt, hat Sachen erzählt, hat bestritten mit jüdischen Gegnern, da gab es so eine Zuspitzung, er wurde verurteilt, er wurde ans
Kreuz genagelt, so und dann haben Jünger erzählt, er ist auferstanden, also das sind historische Fakten, die kann man nicht sinnvoll bestreiten, das ist, da gibt es keine Möglichkeit jetzt zu sagen, vielleicht ist er komplett eine Erfindung, wer erfindet so crazy Zeug, was sich dann weltweit ausbreitet, so also Strauß sagt, das Grippe ist da, mit dem Grippe kann man aber nicht leben und sterben, so das Christentum wurde stark und groß in der Kraft dieser mythischen Erzählungen, die für unsere aufgeklärte Generation jetzt nicht historisch glaubhaft sind und wir müssen einfach verstehen, die wollten und sollten das nicht sein, das war nicht deren Welt, das in unseren Kategorien als historisch wirkliche und glaubhafte Ereignisse hinzustellen, das ist einfach eine riesen Differenz von deren damaligen Bewusstsein, das war noch so ein bisschen traumschön so und wir haben jetzt
einfach alles in elektrisches Licht gestellt, so dass wir im Grunde sehen, so wie die damals mythisch gedacht haben, können wir es nicht mehr, aber wir haben ja unseren Hegel, Gott sei Dank, wir haben unseren Hegel, man könnte jetzt auch sagen, wir haben die neuere deutsche Philosophie, wir haben den Idealismus, wir können nicht mehr wie die in einer Weise erzählen, wo Realität und Fantasie ungeklärt ist, da verlangt unser intellektuelles Gewissen Klärung, aber wir können den Geist begreifen, der sich in diesen mythischen Erzählungen ausspricht. So und was ist der Geist, der sich da ausspricht? Zufällig ist es Hegels Geist, wie schön, davon ist er überzeugt und er sagt nun letztlich, diese ganzen neustestamentlichen Erzählungen beruhen auf der Idee, dass Jesus der menschgewordene Sohn Gottes ist, der stirbt und auferweckt wird von den Toten
und wieder eingeht in die himmlische Herrlichkeit des Vaters. So als historische Erzählung ist es eine andere Welt, kommen wir nicht mehr hin, aber der Sache nach ist, dass die tiefste Erkenntnis, die möglich ist, in dieser mythischen Erzählung wird im Grunde an einem Individuum der Gedanke entfaltet. Dieses Individuum Jesus hat seinen Ursprung im absoluten Geist, im göttlichen Sohn. Es kommt ganz und gar hinein ins Materielle, ins Physische, ins Leben, ins Irdische, so stark, dass er in seinen Erzählungen das alles verarbeitet und mit Menschen und der Gesellschaft zusammenkommt, mit Freunden und Feinden und er durchschreitet alles, was das menschliche Leben ausmacht,
bis hin zu Widerstand, Leiden und Tod. Und das, was in seiner Person wesentlich war, war nicht zu vernichten durch das Irdische, so noch heute wird sein Name gepriesen. Er ist eingegangen in den Geist und ist lebendig als die gottmenschliche Person, von der das Dogma zeugt und die Kirche verkündet. Und Strauss sagt nun, die haben das damals an einem Individuum sich deutlich gemacht, weil das mythische Denken will es konkret, will es greifbar, will es anschaulich, will es erzählerisch haben. Und was wir begreifen können ist, diese mythische Erzählung ist wahr mit Blick auf die Gattung der Menschheit. Das ist die These. Die Menschheit ist das, was das Dogma des
Christentums beschreibt. Die Menschheit ist diese wunderbare Synthese aus Geistigem und Materiellen. Die Menschheit ist das einzigartige Ereignis im Kosmos, soweit wir wissen, dass hier lebendiger Geist, Persönlichkeit, Sprache und Vernunft existiert in Reallunion mit Sinnlichkeit, mit Körperlichkeit, mit Schwitzen, Arbeiten, Sehnsucht, Bedürfnisse. Und das Geistige pflanzt sich fort durch das zutiefst Körperliche, das Sexuelle. Und es ist so eins, dieses Geistige und Körperliche. In jedem Menschen ist ein Wunder. Jeder Mensch ist ein Wunder. Du kannst ihn mit einem festen Schlag tot machen, aber du kannst ihn nicht herstellen. Du kriegst ihn noch nicht
wieder lebendig. Jeder Mensch ist ein Wunder und die Menschheit als solches ist das Wunder aller Wunder, weil nicht der einzelne, sondern die Gattung einen Entwicklungsgang durchlaufen ist. Einen Entwicklungsgang, wo von Anfang an das Geistige im Natürlichen ist. In jedem Baby sieht man es. Jedes Baby ist, naja, schreiendes Fleisch in gewisser Hinsicht. Aber man hat schon auch Ehrfurcht davor, weil man in diesem schreiendem Fleisch die potentielle Persönlichkeit sieht, die irgendwann mit Mama und Papa anfängt und die irgendwann auch Hegel liest. So, und das macht einen ja zutiefst ehrfürchtig. So, und im Prozess der Menschheit findet diese Entfaltung statt, dass die Menschen sich das materiell-physische Untertan machen. Sie bauen
Hütten und sie bauen Häuser. Sie erfinden das Rad und sie machen daraus Maschinen. Er schreibt das, als die ersten Eisenbahnen anfangen, durch die Lande zu ziehen. So, und dieser Fortschritt, diese Entwicklungsgeschichte, dass die Menschheit der Geist im Fleisch ist und zwar so, dass der Geist sich ganz und gar dieses Fleisch untertänig macht, aber so natürlich, dass es es gebraucht und verherrlicht und gesünder macht durch Medizin, durch immer neuere Erfindungen. Und wir lernen am Anfang Krächzen, Stampfen, Stöhnen, Schreien. Irgendwann machen wir fantastische Musik. Aus den Trommeln der Wilden haben wir es gebracht zu Beethoven. So, und im Menschlichen findet im Grunde statt die Berührung des Geistigen und des Materiellen. Und das ist die Realisation der göttlichen Idee in der Wirklichkeit. Ich habe jetzt mal ein bisschen versucht, so dieses Pathos
aufzugreifen und der Strauß war von Hegel begeistert. Er war auch von sich selbst begeistert. Er fand das ganz großartig und im Grunde redete er sich so warm und dann war er fertig und er war bereit, sich im Grunde zu verneigen und das alle Applaus, Applaus und so sagen und du hast das Christentum gerettet, dein Name sei gepriesen, fantastisch Strauß, yeah. Aber das ist nicht passiert. Ist nicht passiert. Er gab sein Buch raus, ich weiß nicht mit welchen Hoffnungen, am Tübingen, repetent am Tübinger Stift. Leute hörten sich das so an, hatten fromme Eltern zu Hause, waren auch noch fromm und fragt nochmal nach, das richtig verstanden. Der Jesus ist bei dir nicht von einer jungen Frau geboren, der ist nicht auferstanden, der hat keine Wunder gewirkt, der kommt wahrscheinlich auch nicht wieder. Strauß sagte, nee genau das alles nicht, das da, das nicht, nein, sondern in der Gattung der Menschheit, aber da hatten viele genug. Die
wollten es nicht nochmal erklärt bekommen, die hatten genug davon. Die wussten, was alles kaputt war und waren fertig mit ihm. So und dann, ja dann fängt eine ruppige Zeit in seinem Leben an. Er hat schon geglaubt, so die Leute werden ihn echt abfeiern, war nicht der Fall. So also er war repetent am Stift, war er gewesen. Das war dann schnell vorbei. So er wurde auch nie wieder ein Pietistenfreund und so. Er hat da unschöne Erfahrungen gemacht, wie schnell man raus ist und so und er dachte eigentlich, er hätte es gut gemeint und so. So und dann, er war schon einer der klügsten seiner Generation. Normalerweise hätte man sagen müssen, naja, Theologieprofessor, also ist doch jetzt, ist ein schräger Vogel, aber es gibt viele Universitäten, für denen wird es doch noch was geben. Aber der Buschfunk ging durch Deutschland. David Friedrich Strauss, er ist abgefallen. Er ist ein Verräter des Glaubens, er ist ein Zerstörer des Christentums, er ist ein
lästerer Gottes und ruckzuck war das durch, wo er merkte, in Deutschland werde ich glaube ich nichts mehr. Naja, dann tat sich was auf. Basel. Basel ist eine interessante Stadt. Basel hat immer wieder so Phasen gehabt, wo die gesagt haben, wie liberal kann man eigentlich sein, lass uns das mal probieren. So, es gab immer wieder so Phasen, so, ne, schon Reformation, Zeit, Erasmus, gönnen wir uns, wir sind da ein bisschen freier und es gab damals eine freisinnige Regierung, Stadtregierung in Basel, die gesagt haben, der Strauss, ja, schlechten Ruf, ist ja manchmal auch eine Empfehlung und so und wir nehmen den, wir berufen den als Professor an die Universität und Strauss atmete auf. Zwischendurch hatte er Angst und so und sah aber am liberalsten Fleckchen deutschsprachiger Kultur, da werde ich was Professor in Basel. Geil, mach ich. So, es war 1839, Februar 1939 bekommt er seine Berufung, er war gerührt und dann kam er dahin, er war um die 30, es war inzwischen März
und dann sagten sie, ja, willkommen Herr Strauss, wir müssen Ihnen da was mitteilen. Es gab Widerstand an der Basis. So, es hat auch in Basel, Frau Bebenschen und so, die haben sich von ihren schwäbischen Verwandten da mal ein paar Sachen erklären lassen, das sieht gerade nicht so gut aus und Strauss sagte, ja, also Widerstand bin ich gewöhnt, ich lasse auch mit mir reden. Also, er hat zwischendurch eine Auflage gemacht, die war entschärft, eine dritte Auflage, also ein bisschen entschärft und so, ein bisschen runtergedimmt, so ein bisschen was stehen gelassen und so und sagte, nein, ich habe die Menschheit vielleicht überschätzt, ehrlich gesagt, so ich wäre bereit jetzt so ein bisschen mehr Piano und so, man muss ja da nicht mit dem Hammer alle aufklären, ich war auch jung und wild. Die in Basel sagten, das ist schön, das wäre eine gute Idee gewesen, auch vor drei Jahren, das ist jetzt faktisch zu spät und Strauss sagt, ja, aber ich
habe hier ehrlich gesagt eine Berufungsurkunde, also ich könnte doch jetzt mich nicht hier sagen, nein, wir Schweizer, also wir sind schon fair, wir haben noch eine Urkunde für Sie, die überreichen wir Ihnen, das ist die Pensionsurkunde. Sie sind jetzt faktisch pensionierter, Professor, aber ich bin doch erst 30. Ja, ist ein Sonderfall, ist eine politische Entscheidung, also wir müssen ja alle irgendwie klarkommen. Also jetzt Ihre Pensionsurkunde, gibt auch eine Pension, die ist jetzt nicht so hoch, wie wenn Sie 35 Jahre gearbeitet hätten, da haben Sie hoffentlich Verständnis für, aber ist jetzt, wir sind Schweizer, hier muss keiner verhungern oder so, aber dass Sie hier auf dem Katheter stehen und lehren werden, ist nicht der Fall. Er hat eine neue Auflage gemacht, die war dann wieder so hardcore wie die erste oder so, nein, sein restliches Leben ist nicht ganz leicht, es hat ihn mitgenommen. Also man könnte jetzt so ein paar Sachen erzählen, er fand dann eine junge Frau ganz nett und so, er hatte Freunde, die sagten hier,
ganz im Vertrauen, wir kennen dich, wir sehen Sie, gibt auch andere schöne Töchter und so, also ganz ehrlich, mieses Gefühl und so. Strauß, die aus Trotz geheiratet, zwei Kinder gekriegt, sich scheiden lassen. In den 1840er Jahren war jetzt nicht die Zeit, wo man sagte, ja eine Scheidung ist ja kein Makel mehr. Ne, das war, so 1840er Jahre war natürlich, Pietisten sagten, ja wundert mich gar nicht so, wer dem allmächtigen Gott nicht treu ist, kann auch in der Ehe so, also hat auch nicht seinem Ruf geholfen irgendwie. Dann hat er auch so Probleme gehabt, wo man auch denkt, oh Mensch, also wenn du so positioniert bist, wo kriegst du Freunde? Ja, irgendwelche Ultraliberalen oder Linksextremen oder so hätte man da schon finden können, hätte ein bisschen geguckt oder so in London und Paris, hätte gute Freunde finden können am
progressiven Rand der Gesellschaft und es gab jetzt also im Süden Baden und so, es gab ein liberales Bürgertum, die theoretisch sowas wie Strauß auch gut fanden, zum Beispiel 1848 und so, haben die ihn dann auch so ins Frankfurter Parlament und so, Nationalversammlung gebracht. Jetzt hatte der Strauß aber irgendwie die Idee zu sagen, also ich bin eigentlich gar nicht so ein richtig liberaler, Demokratie liegt mir auch völlig fern, eigentlich finde ich preußischen Militarismus auch ziemlich gut. So hat er dann im Grunde, hat er dann auch immer gegen die Reformvorschläge gestimmt und hat er da schon auch so nationalistische Schübe und so, wo die Liberalen irgendwie gesagt haben, der ist ja echt so komisch wie die Pietisten sagen irgendwie und ging auch so ein bisschen auf Abstand und so, also ein bisschen schwieriges Leben hat er gehabt eigentlich so und ich möchte aus seinem Spätphase noch mal was vorstellen, er hat dann gegen Ende seines Lebens ein Buch geschrieben,
der Alte und der Neue Glaube. Und das ist jetzt ein interessantes Buch, er hat weitergelebt, er hat sich weiterentwickelt, ich stelle es mal vor, er sagt, wie stehen wir eigentlich heute zum Christentum? Mit wir meint er, so ein national positives Bürgertum, was kulturell liberal ist, aber eben patriotisch und sonst wie und er stellt so die Frage, wie stehen wir zum Christentum? Und er sagt, naja, gehen wir das mal durch. Was ist Kirche heute? So ja, Gottesdienst ist schon schwer. Also wer von uns erträgt das? So stellen wir uns vor, ein aufgeklärter Mensch wie wir würde in der Kirche arbeiten wollen. Er sagt, am Weihnachtsfest müsste man vielleicht den Verständigsten unter den Zuhörern andeuten, dass von einer Geburt aus der Jungfrau keine Rede sein
könne. Das ist die ganze Geschichte von der Reise der Eltern Jesu nach Bethlehem mit Quirinius schlecht erdichtet sei. Der Quirinius war viel später Stadtalter, da passen die ganzen Quellen nicht zusammen. Hirten, Krippe, Engel, fällt alles weg, ist alles. Auch das ganze Frieden auf Erden, ja du lieber Himmel, der hat auch ganz schön viel Streit verursacht, lauter Religionskriege und so. Also er war eine bedeutende Persönlichkeit und man kann an ihm punktuell den Fortschritt der Menschheit festmachen, gab aber auch viele andere. Er fährt weiter fort, also wie am Christfest, Jungfraungeburt und so weiter, alles irgendwie nichts ist. So sagt er, Karfreitag, Opfer, Tod, Erlöser kann ja kein aufgeklärter Mensch heute predigen. Also Karfreitag ist eine riesen Challenge, halbwegs ehrlich zu bleiben, ohne dass die Altgläubigen durchdrehen vor Wut. Man müsste da schonend Einzelnen nahe bringen, dass alles irgendwie ganz anders wäre, aber dass die ganzen
Begriffe der Erlösung und des Erlösers noch irgendwie zurecht zu machen sind für die heutige Zeit, ist schon schwer. Er sagt, an Ostern wird die Aufgabe noch misslicher. Es ist kaum möglich in einer christlichen Kirche das Ding beim rechten Namen zu nennen. Da kann man irgendwie den Leuten irgendwelche Sprachwolken vor Augen machen, dass die Sache Jesu weitergeht, aber eigentlich ist man ständig mit sich im Zwiespalt. Jetzt zieht er wörtlich, endlich am Himmelfahrtstage tritt die Schwierigkeit ein, sich der Satire zu enthalten. Von diesem Vorgang als von einem Tatsächlichen zu sprechen, ist gebildeten Menschen gegenüber heute zutage gerade zu einer Beleidigung. Also symbolisch wie schon die Auferstehung, wie weiterhin alle Wundergeschichten, Krankenheilung, Totenerweckung, Teufelsaustreibung, worüber an gewöhnlichen Sonntagen so oft gepredigt wird und die eher eine moralische Wendung unmöglich als möglich machen. Dann fragt er sich aber, wozu überhaupt diese
Umwege, wozu sich mit Dingen herumschlagen, die wir nicht mehr brauchen können, um endlich auf das zu kommen, was wir brauchen, das wir aber viel einfacher und zugleich bestimmter hätten haben können, wenn wir gleich unmittelbar damit anfangen würden. Das ist seine Kritik einer aufgeklärten Kirche, wo die Geistlichkeit nicht mehr altgläubig ist und eigentlich Sonntag für Sonntag sich abquält mit Geschichten, deren altgläubigen Sinn man nicht mehr teilen kann und man bietet dann irgendwie was an, um auf Frieden, auf Erden und Gerechtigkeit für die Armen zu kommen. Aber Strauss sagt, komm, es geht ohne den ganzen christlichen Kladdererdatsch eigentlich leichter. So und er stellt dann, 1872 ist das Fest, wenn wir nicht Ausflüchte suchen wollen, wenn wir nicht drehen und deuteln wollen, wenn wir als ehrliche, aufrichtige Menschen sprechen wollen, so müssen wir bekennen, wir sind keine Christen mehr. Und er meint, das sagen zu können im Namen der aufgeklärten,
bürgerlichen, intelligenten Schicht. So, das Buch heißt Der Alte und der Neue Glaube. Was denn jetzt der Neue Glaube? So und da fällt ihm viel ein und er sagt, ja, natürlich sind wir gläubig. Wir glauben an den menschlichen Geist und an seinen Fortschritt. Wir glauben an die Kultur und an die unfassbaren Errungenschaften, die uns der technische Fortschritt täglich bringt. Wir glauben an unsere Klassiker. Lessing, was für ein Mann. Kennen wir nicht alle die Erfahrung, dass Goethes Worte uns tiefer trösten und umfassender begleiten als Bibelsprüche und so. Oder Musik, Musik. Er fängt dann an, unser Heiden und so. Es rührt uns an die Schöpfung. Wir glauben kein Wort des Textes. Aber die Musik, sie rührt uns zutiefst. Beethoven so und er geht das alles so durch. Dann ist er irgendwann bei Darwin und sagt, das ist wahr, heutzutage. Wir gehen mit der Zeit. Aber ist das auch nicht großartig? Im Grunde
ist Darwin doch noch wirklich die Krönung, dass wir nicht nur so als schreiender Erdenkloß angefangen haben, sondern zutiefst unsere Wurzeln im Tierreich haben. Alles wird doch dadurch noch großartiger. So wir glauben an das Göttliche im Menschen. Wir glauben nicht mehr an einen Gott jenseits dieser Welt. Wir glauben nicht an einem Leben nach dem Tod. Wir glauben an das Göttliche im Menschen, wie es sich zeigt, im menschlichen Geist, in der Kultur, im Streben nach dem Guten, im Streben danach, brüderlich in Eintracht zu leben. Und das wird sich auch so durchsetzen. So und dann ist er alt und stirbt. David Friedrich Strauss ist im 19. Jahrhundert schon eine bekannte Figur. So und wie gesagt, der war Theologie Professor, ohne den Job je anzutreten. Er war ein
freier Gelehrter, Bücherschreiber, Autor, also im Grunde kann man kaum sagen Theologen. Aber er war natürlich, so alle haben sich an ihm gerieben und sich mit ihm auseinandergesetzt. Ich möchte mal eine Rezeption vorstellen von Nietzsche. Nietzsche hat man irgendwie vielleicht mal immer gehört und so. Der junge Nietzsche wurde ja als Pfarrerssohn groß. Junge Nietzsche, ein sehr gläubiger Knabe, schreibt begeisterte Gebete an Jesus. So ist nicht ganz pietistisch, das wäre nicht so das richtige Label dafür, aber es ist eine pietistisch angehauchte gut lutherische Kirchlichkeit, in der er gläubig groß wird. So als Jüngling 18 bis 20 verliert er seinen Glauben, weil er war ein bisschen hochbegabt, ein bisschen genial, viel gelesen, extrem viel gelesen, kriegt unter anderem David Friedrich Strauss in der Hand das Leben Jesu, er liest und liest und
liest und 1870 glaubte kein Mensch mehr an Hegel. Das war vorher 1860, 1860, Anfang der 60er, kein Mensch glaubte mehr an Hegel. Er sieht im Grunde Strauss mit dem Hammer durch das Neue Testament eilen, alles herschlagen und was er bietet, ist eine hegelianische Philosophie, die 1860 den meisten irgendwie eine peinliche Jugenderinnerung war, weil er sich das einfach völlig anders aufgestellt hat, umgestellt hat, ganze Geistigkeit war völlig anders. Manche gingen zu Kant zurück, andere wurden völlig skeptisch, es gab ganz neue liberale oder sozialistische Ideen, Hegel war irgendwie ja unsere Großwahl, die Väter wussten noch alles, lustig. Und Nietzsche las das und er merkte, mein Glaube ist jetzt nach tausend Seiten leider auch kaputt, aber was er mit erbietet ist ja gar nichts irgendwie, das ist ja rein Spekulatius, das ist ja alles nur Worte. Und Nietzsche hat ihm das so ein
bisschen übel genommen, so weil er merkte, im Grunde hat Strauss einen ziemlichen Anteil daran, mir meinen Glauben kaputt zu machen und er hat mir aber nichts gegeben, wovon ich leben kann. Und als Nietzsche dies Buch las, der Alte und der Neue, Glaube war richtig wütend und weil er gut schreiben konnte, hat er das auch so rausgehauen. Es gibt ein ganzes Buch von Nietzsche, das heißt David Strauss, der Bekenner und der Schriftsteller. Es ist eine gerantelige Hinrichtung, müssen wir jetzt nicht durch, aber im Grunde ist für ihn Strauss ein furchtbarer Filister, so wer Goethes Faust kennt, also son Ultra Wagner, ein Dummschwätzer, der sich für den großen Checker hält und im Grunde eine spießbürgerliche Plattitüde an die andere reibt. Ein fortschrittsbesoffener, bürgerlicher Simpel, der im Grunde die großen Fragen der Zeit überhaupt nicht versteht, der ernsthaft glaubt,
Schwärmerei für Kultur und Ethik verbinden zu können mit Zustimmung zu Darwin und zur Evolution, als wäre das kein Problem, als würde nicht der Materialismus der Gegenwart im Grunde der ganzen Sinnlichkeit und Kultur des bürgerlichen Deutschlands den Stecker ziehen. Der Strauss ist da völlig merkbefreit für das ganze Wanken und Schwanken der Fundamente. Nietzsche nimmt ihn sich richtig zur Brust und sagt, hier hör mal zu, dein ganzer neuer Glaube ist einfach erbärmlich. Er schreibt, hast du einen solchen Glauben, müssten wir ihn bescheiden, so verrate um Gottes will nichts davon. Es ist kalt, erbärmlich, flach, spießig, schrecklich, so wie du die Klassiker würdigst, schändest du sie. Völlig absurd auf zwei Seiten die neuen Symphonien von Beethoven
durchzusprechen und zu sagen, die dritte gefällt mir am wenigsten, die ist nicht so tief wie die anderen und solche Sachen verzeiht er ihm gar nicht und nimmt Strauss als Krisensymptom einer saturierten postchristlichen Welt, die das alte Christentum verloren hat und nichts an die Stelle dessen zu setzen weiß. Es gibt bei Nietzsche dann interessante Beobachtungen zum Verhältnis Christentum und historische Kritik. Mal ein, war Zitate, Nietzsche schreibt, eine Religion, die in historisches Wissen unter dem Walten der reinen Gerechtigkeit umgesetzt werden soll, eine Religion, die durch und durch wissenschaftlich erkannt werden soll, ist am Ende dieses Weges zugleich vernichtet. Jeden, den man zwingt, nicht mehr unbedingt zu lieben, hat man die Wurzeln seiner Kraft abgeschnitten. Er muss verdochen. Insbesondere
scheint die neuere Theologie sich rein aus Hamlosigkeit mit der Geschichte eingelassen zu haben und jetzt noch will sie es kaum merken, dass sie damit wahrscheinlich sehr wieder will, die Zerstörung des Christentums betreibt. Hört man diese heutigen modernen Christentümer sich aussprechen über die früheren Christentümer, so hat der beteiligte Zürer oft nicht den Eindruck, dass überhaupt noch vom Christentum die Rede sei. Was man am Christentum lernen kann, ist, dass es unter der Wirkung einer historisierenden Behandlung blasiert und unnatürlich geworden ist, bis endlich eine vollkommen historische, das heißt gerechte Behandlung es in reines Wissen um das Christentum auflöst und dadurch vernichtet. Das kann man an allem, was Leben hat, studieren, dass es aufhört zu leben, wenn man es zu Ende sezierthaft und hat und schmerzlich krankhaft lebt, wenn man anfängt, an ihm die historischen Sezierübungen zuvorzunehmen. Onitsches Vorwurf
ist, manche merken das, glaube ich, aber Strauss merkt nichts. Strauss hat im Grunde versucht, aus der jeweiligen Kultur seiner Zeit einen neuen Glauben zu entwickeln. Er hat nicht mal einen Sinn dafür, was der alte Glaube gewesen ist. Er hat es nicht mal historisch verstanden. Ich muss dazu wissen, Nietzsche war befreundet mit Overbeck, einem kritischen Theologen in Basel. Der glaubte auch nichts mehr. Der war mehr oder weniger Atheist und der war aber so auf dem Trip, dass er sagte, müssen die Leute nicht wissen, ist schwer genug. Aber Overbeck hatte schon auch immer ein Gefühl dafür. Das war was Großes da früher. Ein bisschen tragisch, dass ich das nicht mehr so glauben kann, aber ich habe viel gelesen. Ich schaffe es nicht mehr. Aber es war schon was Großes. Und das, was heute in der Theologie einem verkauft wird, ist halt auch recht armselig. Nietzsche
hatte viele kluge Freunde, von denen er das lernte. Darum, dass ihr so als ein Nachwort zu Strauss, der kam jetzt ein bisschen kritisch weg, jetzt tut er mir ein bisschen leid, ist auch traurig alles, aber ist natürlich wirkmächtig fürs 19. Jahrhundert und bis in die Gegenwart geworden als eine entscheidende Figur. So und jetzt ist mir schon wichtig zu sagen, es ist eine wichtige Figur. Strauss ist nicht die Theologie des 19. Jahrhunderts. Strauss ist nicht die historisch kritische Methode, wie sie nun mal ist. Strauss ist eine spannende, schon auch nachdenkenswerte Epoche. So und das 19. Jahrhundert ist viel breiter in seiner Theologie. Auch historisch kritische Methode und Praxis ist sehr viel breiter. Er hatte jetzt den größten Block. Ich nenne das jetzt hier mal der mythische Jesus. So und jetzt kommen noch vier weitere kürzere Stationen.
Station zwei nenne ich jetzt mal der persönliche Jesus. So und jetzt mache ich einfach mal so eine These, der Mainstream ist immer Mist. Die haben sich gestritten, die waren verschieden drauf und so, aber es gibt eine Leben Jesu-Forschung im 19. Jahrhundert. Die waren den Universitäten, die war etabliert, die wurden nicht exkommuniziert, die hatten nicht viele piotistische Freunde vielleicht, aber bürgerliche Freunde zumindest und hatten irgendwie auch so in ihrer Fakultät, kam die klar. Und man kann hier schon sagen, da gibt es eine Linie, da gibt es eine Richtung. Ich fasse das mal jetzt folgendermaßen zusammen. Also ich meine jetzt Leute, angefangen mit Bauer in Tübingen, übernahmen wie Beischlag, Weiß, Hase, Holzmann, jetzt ersparen wir uns weitere Namen, aber so ein Spektrum, so ein Spektrum von Leuten. Die sind alle gegen Strauß. So, das ist das erste. Da sagt
keiner Strauß, das machen die nicht. Das ist für sie ein enfant terrible, auch sein weiteres Leben und so, alle paar Jahre war für eine schwierige Geschichte gut. Nein, die distanzieren sich alle davon und sagen, der Strauß hat im Grunde zerstört ohne aufzubauen. So und das was er gebaut hat, ja, haben wir gehört und so. Sind alle gegen Strauß und alle wollen Apologetik des Christentums. Die verstehen sich alle als Wissenschaftler, alle Leute, die historisch arbeiten, historisch kritisch arbeiten, aber als Theologen, als Christen. Die verstanden sich als solche. So, der zweite Punkt, wo man sagen kann, da waren die alle für. Die hatten alle eine Skepsis gegenüber der traditionellen Dogmatik. Spielt im 19. Jahrhundert eine Riesenrolle, dass man so nach und nach aufdröselt, Entstehung des trinitarischen Dogmas und des christologischen Dogmas. Da haben die alle so das Gefühl, die traditionelle Kirchenlehre ist sehr philosophisch geworden. Die traditionelle
Kirchenlehre hat sich weit entfernt von den Inhalten der Verkündigung Jesu in Galiläa. Die waren irgendwann dabei, das göttliche Wesen aufzudröseln in seine Natur und in seine Eigenschaften. Haben verhältnisbestimmt seiner Person Jesus Christus als Person mit einer göttlichen Natur und einer menschlichen Natur. Und dann fingen sie an zu überlegen, was da alles zugehört und drei Personen in einem Wesen, aber zwei Naturen in einer Person. Und dann haben die da lauter Probleme produziert, die sie wieder lösen mussten. Ein bisschen Schwund war immer. Und im 19. Jahrhundert hatten alle das Gefühl, die sind in so eine Bahn geraten. Die hatten alle Platon gelesen, Neu-Platonismus, hatten philosophische Probleme. Im Grunde haben sie versucht, ihren christlichen Glauben in der Sprache der griechischen Metaphysik zu klären, zu vereindeutigen. Man kann
das historisch respektieren, aber für die Zeitgenossen heute ist das weit, weit weg. Und das Schlimme ist, dass der wirkliche Jesus völlig in den Hintergrund getreten ist hinter diesen Luftschlössern der antiken und mittelalterlichen Philosophen. Und was sie alle wollten, ist der wirkliche Jesus und nicht die Formeln der traditionellen Dogmatik. So, dritter Konsens. Die guckten sich um und sagten, das Christentum ist eine Riesensache geworden. Wir zählen auch dazu. Das Christentum ist Weltreligion. So, das ist einfach so. Und bei so einer Riesensache muss man sich fragen, wo kommt es denn her? So, und da hatten die alle ein gutes Gefühl zu sagen, so eine große Sache muss eine große Ursache haben. Was war die große Ursache? So, und die waren natürlich alle gegen Strauß. Die waren auch alle gegen Reimarus und sagten, also guckt euch, das Christentum an. Geht einfach mal ein bisschen durch. Kölner Dom. So, hört euch die Musik von
Bach an. Guckt diese Entfaltung in der Malerei, in der Musik, in der Literatur, in der Architektur. Guckt euch diese riesige Sache an, die das geworden ist. Und könnt ihr euch vorstellen, dass das beruht auf dem gekränktem, narzisstischen Stolz von zwölf Typen aus Galiläa, die einen Leichnam verschwinden lassen und sagen, lass uns mal probieren, wie weit man mit einer Lügengeschichte kommt. Und da gucken sie sich an und sagten, man kann Ideen durchspielen. Ist doch Quatsch. Ist doch Quatsch. Also das wäre im Grunde ein Anlass, an der Menschheit zu verzweifeln, dass eine Lügen- und Betrugsgeschichte am Anfang einer solchen riesen kulturellen und intellektuellen Größe, wie das Christentum steht, eine so große Sache, muss eine großartige Ursache haben. Was könnte wohl die großartige Ursache sein? Dieser Jesus. Das ist unsere Prämisse. Davon gehen wir aus, dass so eine
große Sache großartig begonnen hat. Und es ist die Aufgabe der Theologie, hinter die Formeln, hinter alles zurückzukommen, zu Jesus selbst, seine Persönlichkeit, sein persönlicher Eindruck ist die Wurzel des gesamten Christentums. So vierter relativer Konsens. Die meisten waren überhaupt keine prinzipiellen Wunderskeptiker. Man ist manchmal so ein bisschen orientiert an den Extrempunkten der Geschichte. Gibt so Leute, die tun so, als könnte man sagen, erst Reimarus, dann David Friedrich Strauss, dann sind die sofort bei Trölsch und bei Bultmann und sagen, historisch kritische Methode ist es, es gibt keine Wunder. Das stimmt fürs 19. Jahrhundert sehr weitgehend nicht. Das ist nicht der Fall. Ich habe das übrigens auch so vor 20, 25 Jahren auch mal anders gedacht oder dargestellt. Wenn man sich's anschaut, auch diese liberalen Theologen, die
Mehrheit davon geht schon aus, es gibt Gott und Gottes Wirken kann man keine Grenzen setzen. Also die nehmen das schon ernst, die Geschichten, die versuchen das nicht jetzt in allen Details zu verteidigen. Aber das sind keine Leute, die sagen, es kann keine Wunder geben. Glauben schon, Jesus war Gott wahnsinnig nah und Glaube versetzt Berge. So und das ist passiert und es wird berichtet und das kann man nicht auf Null streichen. Totale Skeptiker sind die nicht. Eine fünfte gemeinsame Linie, die man auch jetzt sagen muss, ich finde es heutzutage wichtig, das zu sagen. Alle waren sich einig, dass die Suche nach dem historischen Jesus seine, wie sollen wir sagen, ich sag jetzt mal, Entjudaisierung betreiben muss. Das ist komplett so bei allen. Bei allen ist klar, dass Judentum war
gesetzlich, es war eng, es war nationalistisch, es war politisch, es war abergläubig und hatte irgendwie da so Vorschriften mit Reinigung und war pharisäisch und so. Und alle sagten, ist das nicht ein Wunder Gottes, dass so eine reine und schöne und großartige Persönlichkeit wie Jesus unter diesen Juden im Grunde wie ein Edelstein im Elend da aufstrahlte. Das ist auf heutiger Sicht oft kaum zu ertragen. Es ist schlimm. Es bringt auch nichts, jetzt großen Ranking zu machen, weniger schlimm, mehr schlimm. Es ist fast durchweg sehr schlimm oder furchtbar schlimm, dass das Judentum ist die permanente Dunkelfolie und dass Jesus ganz anders war als die Juden und so. Und dass auch im Alten Testament also ein paar schöne Edelsteine unter viel Elend und so. Die Propheten liebte man noch so und sagte, ja, was machen die Propheten? Die kämpfen ja gerade gegen das jüdische
Volk. Aber diese ganzen Gebote und Opfer und Satzung und Speisegebote und so und das ist ein trauriges Thema. Aber es hier kurz auch zu sagen, finde ich doch wichtig. So, der sechste und letzte Punkt ist der wichtigste. Was findet man denn dann auf der Suche nach dem historischen Jesus? Und ich sage es jetzt mal mit einer Formel. Eine Persönlichkeit, die durch ihr Wesen wie durch ihre Lehre universelle religiöse Sittlichkeit verkörpert. Jetzt muss ich ein bisschen mehr noch dazu sagen. So, also das Besondere bei Jesus fand diese Einheit von Person und Verkündigung, dass er das lebte, was er sagte und sagte, was er lebte. Das fanden die alle ganz fantastisch, so dass seine Predigt von der Liebe Gottes gedeckt war durch seine Zuwendung zu den Ausgestoßenen, zu den Kindern,
so dass das fanden die alle ganz großartig. Dann sagten sie, der Quantensprung ist ja. Jesus wird groß in den Schranken einer Nationalreligion, die Heil für sich und Tod und Hölle für die anderen erwartet. So, dich schon die Samariter von neben an hasst und die Römer noch mehr. So, da kommt Jesus her. Und diese eng geführte nationale, enge Religion sprengt Jesus, indem er Gott als seinen Vater anspricht. Dann tun die alle so, als hätten die das erfunden und als wäre vorher Gott nur ein König der Herrscharen gewesen. Stimmt nicht, stimmt im Artee nicht, stimmt im Judentum nicht. Alles Mythos. Aber sie tun so. Jesus hat im Grunde Gott als Vater, als Freund und Liebhaber
aller Menschen erkannt. Das ist für sie das Entscheidende. Der eine universelle Gott liebt alle Menschen bedingungslos. Und die Verkündigung Jesu hatte letztlich ein Zweitakt-System. So zum einen die Nähe Gottes, Vertrauen auf den nahen, barmherzigen Gott, der dir gnädig ist und lebe so. Sei so barmherzig und liebevoll und gerecht, wie Gott dir begegnet. So, und da sagten sie, das ist eine Weltreligion. So, das war damals ein Quantensprung. Das war die Universalisierung der Gottesidee. Der eine Gott für alle Menschen ohne gesetzlichen Zwang, sondern bedingungslose, reine Barmherzigkeit und Liebe, die sich übersetzt in ein Menschheitsethos. So und reich Gottes verstanden
sie als das sittliche Ideal, die Zuwendung Gottes, die man zutiefst im Herzen in der Vater-Gott-Beziehung erfährt, aufstrahlen zu lassen ins Soziale, ins Politische, ins Kulturelle. Und das fanden die, sei Stoff für viele schöne Bücher. Ja, ist auch nicht so schlecht. Was soll man jetzt sagen so? Also man könnte diese Bücher, die stehen alle in alten Bibliotheken, oft über tausend Seiten und so lesen. Ich habe jetzt den Mainstream beschrieben. Man müsste jetzt wahrnehmen, die waren aber untereinander sich alle nicht einig und es gibt da ein Spektrum. Es gab also Renan, Französischer, Leben Jesu Forscher, der hat Jesus, also schon, der wollte die ganzen Wunder nicht. Und der hat Jesus so ein bisschen schon so auf Widerstand getrimmt, auf sozialrevolutionär, Frauen und Kinderfreunde, so ein Mikro-Che Guevara, so weit das im 19. Jahrhundert denkbar war. Andere
hatten relativ kirchennahen Jesus, also es gibt große Unterschiede. Glaubt man muss aber sehen, es gibt schon so diesen, ja das was ich jetzt als Mainstream einfach mal beschrieben habe, ich glaube bei den meisten wird man das so finden können, in großer Verschiedenheit. Und das hat so eine Zeit, so eine Epoche und die finden sich schon ganz gut. Man muss ja auch sehen, das Christentum ist verglichen mit heute sehr stabil. So, man nimmt heute wahr, die Arbeiterschaft bricht weg. Es ist aber auch so, die Arbeiterschaft entsteht ja gleichzeitig, kommt in Großstädte, hat dann andere Ideen. Die Kirche verliert teilweise die Arbeiterschaft, auch nie völlig. Ehrlich gesagt, die meisten bleiben Mitglied, aber man merkt schon, die sind nicht mehr so dabei mit dem Herzen und man verliert eine gewisse intellektuelle Oberschicht in den Universitäten, in den Großstädten. Aber, also dieser Spruch, die Kirche im Dorf lassen, das hat schon so seine
Wurzeln. Also auf den Dörfern, in der Fläche, in den Kleinstädten ist das 19. Jahrhundert schon noch eine ziemlich dichte christliche Einheitskultur. So letzte Reste lassen sich ja heute noch bewundern hier und da. Und das ist aber schon auch noch so. Also die gucken nicht zitternd jedes Jahr im Juli auf die Austrittszahlen. Sowas ist gar nicht vorgesehen, ehrlich gesagt. So, das war der persönliche Jesus, der Leben Jesu-Forschung, also die Persönlichkeit Jesu. Und dazu gehört auch, ich füge es noch mal hinzu, also naja, es ist jetzt schon die Aufgabe des historisch-kritischen Forschers, diesen persönlichen Jesus zu zeigen. Und das ist nicht der des kirchlichen Dogmas und das ist auch nicht das, was da einfach in der Bibel steht. Also das muss im Grunde gezeigt werden, woran wir wirklich glauben können. Das war ihr Anspruch. Man kann nicht einfach an die Bibel oder an das Dogma glauben, sondern der Glaube richtet sich auf den wirklichen Jesus,
wie ihn die moderne Theologie jetzt endlich zeigen kann. Nach 1900 Jahren wurde ja auch mal Zeit. So, Ende des 19. Jahrhunderts, der prophetische Jesus. Ende des 19. Jahrhunderts. Die Geistesgeschichte entwickelt sich weiter, sie wird etwas schroffer, sie wird etwas säkularer, sie wird wissenschaftlicher in vielerlei. Darwin wirkt, vieles wirkt, viele wissenschaftliche Entdeckungen wirken ein, Menschen werden skeptischer, sind nicht mehr so leichtgläubig, glaubefreudig wie früher. Was vor allem dann Ende des 19. Jahrhunderts immer größer wird, ist Bücherberge, die die Religionsgeschichte erstmals in Quellen greifbar machen. Man weiß vorher auch schon, die Chinesen glauben da was, die Inder glauben was, irgendwas war immer. Aber Ende des 19. Jahrhunderts, also massenhaft hat
man jüdische Quellen zur Verfügung, auf einmal hat man babylonische Quellen zur Verfügung, auf einmal ägyptische Texte, Hieroglyphen werden entschlüsselt, man kann da Sachen lesen, man wird bekannt mit altorientalischen Mythen, Schockwellen breiten sich aus. So, also auf einmal entdeckt man Sinnflutgeschichten, die älter sind als die Sinnflutgeschichte der Bibel. So, man hat jedes Jahr eigentlich so einen kleinen Schockerparat und auch zum Neuen Testament früh jüdische Texte tauchen auf. Man merkt, es gibt nicht nur die Johannis-Offenbarung, es gibt Apokalypsen, nicht eine, nicht zwei. Es gibt zehn, zwanzig, dreißig Apokalypsen, die sind oft so ähnlich, man guckt sich das an und ist so ein bisschen unter Schock. Und es gibt damals eine religionsgeschichtliche Schule, Göttingen ist so das Zentrum, das Schwergebiet, das sind so junge Theologen, die sagen, die Theologie hatte die letzten Jahrzehnte so eine gewisse Gemütlichkeit, alle waren so ein bisschen
so bloß nicht wieder Strauß, so wollen wir alle nicht enden, hat so ein bisschen vor Kirchlicht und so und wir müssen im Grunde schon klar kriegen, Theologie, wir sind an den Universitäten, wir sind eine Wissenschaft und das heißt für uns, wir müssen jetzt schon auch mal gucken, dass nicht unser Alltagsgeschäft sein kann, Hauptsache in Württemberg explodierende Pietisten, nicht vor Wut oder so. Wir dürfen nicht ständig hier Rücksicht und Vorsicht und Peasement und Beschwichtigung und so, wir müssen letztlich bestehen können vor unseren wissenschaftlichen Kollegen in den Altertumswissenschaften und Kulturwissenschaften und nicht vor den Bethschwestern und Bethbrüdern irgendwo. Ist einfach so. Und die haben dann stärker versucht, neutestamentliche Texte religionsgeschichtlich abzuleiten. So und kann man jetzt viel erzählen, Johannes Weiß 1892 gibt ein Buch raus, Jesu Predigt vom Reich Gottes und der sagt, Leben Jesu Forschung läuft seit 100 Jahren,
kleiner Schocker, war alles Mist bis jetzt, ihr habt das alle nicht verstanden. Was war Leben Jesu Forschung bis jetzt? Ihr habt alle so getan, Reich Gottes, wer gemeint, was man so beikannt oder so lesen kann, also Reich Gottes als inbegriff des sittlich-religiösen Ideals der Gemeinschaft von Gott und Mensch. So mehr oder weniger, sagten alle, ja, was denn sonst? Das Reich Gottes ist, ja, es wächst unter uns. Es ist die Gemeinschaft im Guten und Gerechten und was schlägst du vor? Und Weiß sagte, ja ihr Lieben, ihr kommt auf so Klöpse, weil ihr in der Schule alle schon, was weiß ich, idealistisch verdorben worden seid. Ich habe mich jetzt viel beschäftigt mit jüdischen Texten, also praktisch ist es so, Jugendtum ist bunt. So und es gab da breite apokalyptische Ideen,
Weltende, das Ende ist nah. So und großes Gericht wird kommen und die Sterne werden vom Himmel fallen und schreckliche Katastrophen nahen. So und ihr habt immer so getan, als werde Johannes Offenbarung schwieriges, komisches Buch, kann man ja einen Bogen drum machen, der Herr Jesus war ganz anders. So und Weiß sagte, nö, der Herr Jesus war nicht ganz anders. Der Herr Jesus war ein radikaler Wanderprediger, der eine Botschaft hatte, das Ende ist nah. Das war Jesus. Jesus war ein Weltuntergangsprediger. Er hat nicht sagen wollen, Gott ist nah den Kindern, den Frauen, auch den Blümchen und den Vögeln und er ist auch mir nah, er ist auch dir nah. Nein, Gott ist nah, er kommt und er wird alles zerstören und er wird das hohe Tief machen und das Tiefe hoch und es steht eine
große Umkehrung aller Dinge voraus und jetzt heißt es sich bereit zu machen, es ist Endzeit, es sind die letzten Tage so und so leben die. Der läuft da ohne Frau und Kinder übers Land. Der meint, als Testament geguckt, ein guter Jude heiratet und pflanzt sich fort. Ist normal. Was ist das für eine Gang, so ein Single als Anführer und zwölf Jungs, die Hälfte lässt Frauen, Kinder einfach zurück. Was sind das für Leute, müssen die nicht Frauen, Kinder versorgen? Deren ganzen Wanderradikalität macht ja nur Sinn, wenn die überzeugt sind, es ist alles vorbei. Das Ende kommt, Gott kommt, das Reich Gottes kommt und jetzt ist die Zeit und jetzt ist die Stunde und jetzt ist die die Umkehr, das ist die letzte Generation und guckt doch mal, was da steht. Da steht doch, dass Jesus sagt, hier stehen Leute, die werden den Tod nicht schmecken, eher alles passiert. Jesus ging davon aus, in seiner Zeit das Ende ist nah und die gesamte
Botschaft ist davon durchdrungen. Die gesamte Botschaft handelt vom Reich Gottes, nehmt das Vater unser. Wenn ihr so die Hände faltet, dein Reich komme, scheint hier irgendwie zu glauben, das ist so sinngemäß, du bist mir nah, ich bin dir da, wunderbar. Das ist aber nicht die Botschaft, dein Reich komme heißt, lass das Ende hereinbrechen mit Pauken und Trompeten und zerstöre alles Hohe und richte dein Reich auf, sodass das ganze Vater unser ist esiatologisch, zielt auf die letzten Dinge, zielt auf die große Revolution. Es gibt keinen anderen Jesus als diesen esiatologischen und Weiß sagt dann so, dann hatte jeder irgendwie eine Stelle, wo er sagte, guck doch mal hier und er sagte ja, die Sache war die. Die Urchristenheit merkte irgendwann, ein bisschen scheint es noch zu dauern. So und die Urchristenheit, auch die Evangelisten, die haben das so ein bisschen
runtergedimmt. So im Grunde muss man sagen, der Kern der echte Jesus war ein radikaler Endzeitprediger und man hat ihn dann so ein bisschen wieder verkehltlicht und das bisschen angepasst und so. Der echte Jesus hat gesagt, keine Scheidung, schaffen wir alles völlig ab, radikale Feindesliebe, verkauf was du hast, gibst den Armen, folge mir nach, keine Kompromisse, du hast Frauen, Kinder, halt dich nicht lange auf mit Schüss sagen, komm wir haben was zu tun. So und dann haben so nach und nach so kechelige Redakteure da kleine Mäßigungen reingeführt und das so ein bisschen abgemildert und so. Aber der echte Jesus war so ein bisschen wie Klaus Kinski. So weiß nicht, wer das kennt, also wer mal so ein bisschen den Schrecken haben will. Klaus Kinski, schwieriger Typ, ich weiß. Er hatte mal so 1970 eine Zeit, kann man Film sehen, er hatte so ein Jesus-Programm und zog über deutsche Bühnen und hatte so eine Zeit, wo im Grunde für die Bürger in Deutschland
klar war, Jesus hätte CDU gewählt. Das war für die kecheligen Leute. Und Kinski wollte ärgern und hat so einen Jesus verkündet oder beschrieben oder hat in der Rolle Jesu gesprochen. Der Freund ist der Verbrecher der Prostituierten, der Gangster und radikaler Bürgerschreck gegen die Reichen, gegen die Mächtigen und sonst wie. Müsst euch mal so Clips angucken, so da kommen Leute auf die Bühne, die sind fassungslos und sagen, ich glaube nicht, dass Jesus so war, wie du sagst. Jesus war tolerant und er war liebevoll und freundlich und wenn jemand anderer Meinung war, hat er das in Frieden stehen lassen. So Kinski wie er so ist, schreit den Typ an und sagt, weißt du, was Jesus mit seinen Feinden getan hat? Er hat sich eine Geißel aus Stricken gebaut und hat ihn in die Fresse gehauen und das kann dir auch passieren. So und dann hat er sie beschimpft als Sau und Schwein
und so. So Drama. Und guckt euch es mal an und nehmt so ein bisschen die Schockwellen davon auf. Und so war das für die damals, 1892, so war das für die, dass sie so bis jetzt hatten Jesus, der Kinderfreund, der gute Hirte. So und auf einmal Johannes Weiß hält ihn so ein Klaus Kinski entgegen und sagt, das Ende ist nah und so und war ein Schock. Es gibt Berichte, dass Theologen also völlig fassungslos sind. Ein Dogmatiker sagt, wenn das stimmt, dann ist vorbei. Damit kann ich in der Dogmatik nichts mehr anfangen. Dann ist alles vorbei, weil das war schon so, nicht? Also die Theologie war so eine Kultursynthese, Fortschrittsglaube, Bürgerlichkeit, Sittlichkeit, Kultur und ein Endzeitprediger war jetzt nichts, was da reinpasste. Die waren alle irgendwie fertig und taumelten auch so ein bisschen. So in dem Zusammenhang paar Minuten über Ernst Troelsch. Ernst Troelsch
war in seiner Zeit, glaube man tut niemand Unrecht, wenn man sagt, schon der Klügste und Wachste, der am meisten mitbekam, was in seiner Zeit so passierte, war ein systematischer Kopf, philosophischer Kopf. Er war kein Exeget. Er stand aber dieser Schule nahe dieser religionsgeschichtlichen Schule und es gibt von ihm berühmten Text über historische und dogmatische Methode in der Theologie. So und da versucht Troelsch zu erklären, was ist das Besondere an der religionsgeschichtlichen Schule. Das ist für Troelsch die einzig seriöse Weise, Theologie exegese wissenschaftlich zu beschreiben und er kritisiert den Mainstream und sagt, der Mainstream hat es noch nicht verstanden,
was heute heißt, wissenschaftlich Theologie zu betreiben. Und da kommt so eine berühmte Darstellung heraus. Er sagt, drei Stücke sind heute im Grunde wesentlich für den Anspruch moderner Theologie. Erstens die Gewöhnung an prinzipielle historische Kritik. Zweitens die Bedeutung des Analogieprinzips, um historische Ereignisse einordnen zu können. Drittens, das nennt er Korrelation der Zusammenhang zwischen allen historischen Ereignissen. Gucken wir es kurz an. Das erste ist das Unstrittigste. Er sagt, also wir geben keine Vorschlusstlorbeeren mehr. Nichts gilt oder ist aufgrund von Tradition ansehen und war immer so, sondern jeder Text, jede Überlieferung fragen wir, gucken wir so und im Grunde historische Forschung heißt alles. Es gibt da kein absolut sicher oder falsch mehr. Alles hat immer eine relative Wahrscheinlichkeit. Daran muss man sich aber erstmal wirklich gewöhnen. Man sollte nicht
so tun können, als könnte man irgendwas definitiv beweisen oder ausschließen. Das ist nicht der Job des Historikers. Er kann nicht Dogmatiken absichern, sondern er lässt sich ein auf vielfältige Untersuchungen, wo jedes Ergebnis immer nur mit irgendeiner Art von Wahrscheinlichkeit richtig ist oder nicht. So zweitens sagt er, wie verstehen wir denn historische Sachen? Das große Problem ist ja mit geschichtlichen Texten oft, wir projizieren schnell unsere Vorstellung hinein. So und der Gang der Geschichte zeigt religionsgeschichtliche Schule. Wir verstehen die Dinge besser, wenn wir in ihrer damaligen Zeit erstmal schauen, was gab es denn da alles? Wie steht das da? So und wir entdecken da einfach Analogien. Wir entdecken Ähnlichkeiten und das ist jetzt einfach so. Wir haben im Alten Testament jetzt diesen ganzen Hinterhof, altorientalische Überlieferung. Wir
sehen im Neuen Testament hellenistische, jüdische, religiöse Texte so und wir stellen das Neue Testament hinein und wir sehen Ähnlichkeiten, Unterschiede und verstehen heißt im Grunde, naja, ins Verhältnis setzen. So und wir setzen es dann auch ins Verhältnis natürlich mit unseren Erfahrungen. Was heute geschieht, was plausibel ist, was möglich ist und darauf muss man sich aber einlassen. Er kann von einer Allmacht der Analogie sprechen, so Wahrscheinlichkeit muss eben durch permanentes Vergleichen mit damals, mit Kontext, mit heute und so, das ist ein anspruchsvolles Geschäft. Das Dritte ist dann die steilste Behauptung. Er sagt, zur Historie im modernen Sinne gehört Wechselwirkung aller geschichtlichen Ereignisse und da kann im Grunde jetzt auch nichts von außen einfach so zwischen gepflanzt werden. Und Tröllsch meint das auch wunderkritisch. So,
also er meint das so, der Theologe kann nicht so ein bisschen historisches Arbeiten simulieren und wenn er Probleme hat, sagt er, na da hat Gott ein Wunder getan, preist den Herrn. So, da sagt Tröllsch, das war oft eine Denkhemmung, das geht so nicht, das könnt ihr nicht machen. So, es gibt bis heute Leute, die sagen, Tröllsch, ja so ist es, der hat das so auf den Punkt gebracht. Es gibt Leute, die meinen das positiv und meinen, ja es ist schon auch wirklich so richtig. Es gibt auch welche, die sagen das negativ und zitieren gerne Tröllsch und sagen, das ist das Wesen der historisch-rätischen Methode, damit bin ich übrigens, darum bin ich dagegen, weil ich das radikal ablehne. Man muss jetzt dazu sagen, der Tröllsch hat Jahre später dann auch was gemerkt, er sagte als Theologie- professor, ich werde nicht ganz glücklich mit dem Job, weil hier kommen Leute, ich seufze, wenn ich sehe, wo die herkommen. Ich merke, ich muss ihnen wehtun, ich muss ihnen schaden. Sie bringen einen
Glauben mit, der meine Vorlesung nicht überleben wird. Nur schön ist das nicht. Und was ich denen sagen soll, was die mal predigen sollen, also ich möchte selbst nicht auf einer Kanzel stehen, ehrlich gesagt, würde ich mir nicht berufen. Als er die Chance hat, nutzt er sie und lässt sich umsortieren in die philosophische Fakultät. So, er geht dann in Berlin zur philosophischen Fakultät, weil er merkt, also er ist religiös, er hat seine eigene Weise christlicher Gläubigkeit, ihm ist sehr klar, dass die durch einen tiefen Graben getrennt ist von der Mehrheitsfrömmigkeit der Menschen, die so da sind, inklusive der meisten Theologen und der Pastorenschaft. Da braucht man noch keine inklusive Sprache übrigens, 19. Jahrhundert. Und Tröllsch ist insofern natürlich einer, der am Rand steht. Also wenn man heute so tut, als hätte Tröllsch irgendwie einen Job gehabt,
zu definieren, wie historisch kritische Methode geht, das ist sehr anachronistisch. So, wenn man Zeitreise macht nach 1900 und irgendein Pfarrer oder Theologen fragt, hier der Tröllsch, das ist schon so euer Mann, das ist doch so, der sagt euch, wo es lang geht. Das ist so, wie geh heute am CDU Stand und sag, hier, der Hans-Georg Maaßen ist doch das Gesicht der CDU, habe ich richtig verstanden. Daran kann ich, da kriegst du auch nicht immer einen Blumenstrauß. Oder wenn du sagst, Wagenknecht ist doch das, wofür die Linke steht. Ich finde ihr Buch super, das verkörpert ihr doch hoffentlich. Nee, der Tröllsch steht am Rand. Er steht am Rand, er hat bis heute einen starken Fanclub, also im Grunde seine Anhängerschaft ist heute sehr viel größer als damals. Das ist ganz witzig, es würde ihn, glaube ich, rühren, wenn er das sehen könnte. Aber man kann jetzt auch nicht sagen, heute alle schwören auf Tröllsch. Das ist hier religionsgeschichtliche Schule, das ist eine radikale historische Kritik. So und ja, gab auch nach wie vor und sehr lange Zeit und bis in die Gegenwart
hinein viele, die dem davor beschriebene Mainstream deutlich näher stehen als Tröllsch. So, der vierte Punkt, jetzt Albert Schweitzer. Der hätte einen ganzen Vortrag verdient, vielleicht kriegt er den anderen mal, heute nur mal ganz kurz. Albert Schweitzer ist ja schon so ein Tausendsasser. Jeder weiß irgendwas mit ihm anzufangen, studiert Theologie so und ist früh hochbegabt, früh hoch genial, schreibt früh eine Geschichte der Leben Jesu-Forschung, darum kommt er jetzt auch hier vor, macht da ruckzuck Promotion, wichtiges Buch, universitäre Karriere. Er ist ein begnadeter Musiker, er kann Orgelkonzerte geben, die besucht werden, er kann Bach spielen und interpretieren. Ich bin jetzt selbst nicht in der Rolle einordnen zu können, wie genial und wie virtuos er war,
aber es hat gereicht für einen Konzertorgelspieler, also er war da schon jetzt auch nicht Oberer Durchschnitt oder so, sondern schon ziemlich außergewöhnlicher Interpretier. Er hat eine riesen Bach-Biografie geschrieben, einfach mal so 600 Seiten Bach-Biographie, eine sehr eigenständige, sehr spannende Deutung, eine inhaltliche Deutung Bachscha-Musik als Ausdruck mystischer Frömmigkeit, das ist bis heute super spannend zu lesen. So und jetzt weiß man ja, der hatte noch paar mehr Leben, der hat dann auch in Medizin studiert, hat einen Doktor in Medizin gemacht, einfach so, warum macht der einen medizinischen Doktor? Er war irgendwann mit Ende 20 so glücklich und so dankbar über sein Leben, dass er mehr oder weniger mit Gott oder dem Leben oder beiden, das ist bei ihm nicht so ganz einfach, einen Deal gemacht hat und sagte, ich bin so
überreich beschenkt an Gaben und Talenten und so beglückt mit der Fähigkeit mein Leben und die Schöpfung und alles zu genießen und ich mache jetzt einfach einen Deal mit meinem Leben, ich möchte noch ein paar Jahre mich ganz meinen theologischen Interessen widmen und meinen künstlerischen Interessen und meinen musikalischen und der Darstellung und dann bin ich bereit mein ganzes Leben aus Dankbarkeit den Armen zu widmen. Aus einer Überfülle des Glücks heraus möchte ich für Arme und Kranke da sein und jetzt möchte ich da nicht, hier ist ja schon halbwegs gesorgt, ich will nach Afrika, ich will den Ärmsten helfen und ich will ihnen so helfen, wie sie es am meisten brauchen als Arzt, so ich möchte im Urwald Arzt für Menschen sein, denen keiner hilft, darum hat er Medizin studiert, so mit 30 Doktor in Medizin gemacht, wollte dann dahin, so ja wie kam man
damals dahin mit einer Missionsgesellschaft, jetzt war er ein sehr liberaler Theologe und er fand keine Missionsgesellschaft, war Pariser Missionsgesellschaft, die waren alle fertig und sagten sie sind der Albert Schweitzer der Theologe, ja sagte er, ich habe aber auch einen Doktor in Medizin, ja sagten sie, sie sind Albert Schweitzer der Theologe, sie sind nicht gläubig in unserem Sinne, sie glauben ja gar nicht wirklich, also es schockt uns ein bisschen, wir haben viele fromme Leute, die sind nicht so Opfer bereit wie sie, das beschäftigt uns schon, aber da sie nicht gläubig sind, wir können sie nicht in die Mission schicken, wir sind alle sehr gläubig hier, wir glauben an die Bibel und sie glauben nicht an die Auferstehung, sie glauben ehrlich gesagt nichts nach unseren Maßstäben, so er hat dann verhandelt und so, man hat dann irgendwann ein Deal gemacht, dass er wirklich nur als Arzt von der Mission geht, er musste schwören kein Wort zu sagen, keine Predigt
zu halten, nichts weiter zu sagen, da meinten sie ja, möge der Herr uns helfen, dann gehen sie mal, so und das wird alles eine riesen Geschichte, Lamboräne, irgendwann Friedensnobelpreis und zur Atombombe fiel ihm auch viel ein und er hat dann so seine drei bis fünf Leben so nebeneinander geführt, das lassen wir jetzt alles mal auf sich beruhigen und gucken uns den frühen Schweizer an, der Bücher schreibt über die Geschichte der Leben Jesu-Forschung und er fasst jetzt manches zusammen, was ich jetzt auch mit meinen Bemühungen versucht habe so und er sagt, wie ist das Ganze zustande gekommen, wir haben es jetzt auch gehört, man zitat, die geschichtliche Forschung des Lebens Jesu ging nicht vom reinen geschichtlichen Interesse aus, sondern sie suchte den Jesus der Geschichte als Helfer im Befreiungskampf vom Dogma, er sagt, das war der Anfang so und die besonders wirkmächtigen Reimarus und Strauß waren im Grunde so oft so scharfsichtig und auch so glühend, weil sie das
traditionelle Christentum so hassten, so sie wollten zerstören, sie waren angetrieben davon, das Dogma zu zerstören, so und es war eine lange Geschichte und langer Prozess und progressiver und konservative haben miteinander gerungen und Schweizer guckt jetzt Anfang des 20. Jahrhunderts zurück und er hat jetzt all die Phasen vor Augen, die wir jetzt gekürzt beschrieben haben, so und er fasst das jetzt so zusammen, er sagt, es ist der Leben Jesu-Forschung merkwürdig gegangen, sie zog aus, um den historischen Jesus zu finden und meinte, sie könnte ihn dann, wie er ist, als Lehrer und Heiland in unsere Zeit hineinstellen. Sie löste die Bande, mit denen er seit Jahrhunderten an den Felsen der Kirchenlehre gefesselt war und freute sich, als wieder Leben und Bewegung in die Gestalt kamen und sie den historischen Menschen Jesus auf sich zukommen sah,
aber er blieb nicht stehen, sondern er ging an unserer Zeit vorüber und kehrte in die seinige zurück. Das ist eine sehr geniale Kurzfassung, ich frage mich, warum ich hier so lange laber, das ist im Grunde die ganze Geschichte, das ist das ganze Ding, so er ging in die seinige zurück, man macht sich Jesus erst ganz nah und je länger man forscht und je länger man arbeitet, entdeckt man aber auch immer mehr die Fremdheit dieses Jesus und für Schweizer ist das quasi ein abgeschlossener Prozess und er ist mit der mittleren Phase recht unglücklich. Er sagt, in der mittleren Phase hat man im Grunde versucht, den Menschen den wahren Jesus zu zeigen und was man aber gemacht hat, man hat Jesus blonde Locken gemacht und blaue Augen, also man hat ihn echt so zum Menschenfreund gemacht. Wer so Nazarenermalerei kennt, das ist so ziemlich eins zu eins, was die
Theologie derselben Epoche auch versucht hat, halt so eine Art Hippie ohne Antikriegsproteste oder so, einfach so ein Blumenkind, so und das war ein bisschen kulturfreundlich und menschenfreundlich, aber es war halt, wir würden sagen, eine Projektion. So und in seiner Geschichte der Leben Jesu Forschung versucht er es zu zeigen, ein Großteil der Leben Jesu Forschung bestand darin, Lieblingsideen der eigenen Zeit an Jesus dran zu pappen, in der Hoffnung, das hält jetzt irgendwie. Es hat aber nicht gehalten. So und er glaubt, dieser Prozess ist zu Ende, das funktioniert so nicht, das kann man nicht so machen, das löst sich alles auf. Wir haben den Menschen ein Jesus geboten, der zu klein war, weil er in Menschenmaß und Menschenpsychologie in unserer Zeit hineingezwängt wurde. So die Leben Jesu Forschung hat im Grunde aus den Imperatoren Worten unseres Herrn etwas
gemacht, was runtergeschraubt wurde, um es an unsere Kulturideale anzupassen. So und damit hätte er sein Buch beenden können, so dass er im Grunde sagt, man kann kein Leben Jesu schreiben, es funktioniert eigentlich gar nicht, es löst sich auf und das ist eine Botschaft seines Buches, so dass er sagt, wir kriegen ihn eigentlich gar nicht mehr richtig zu fassen. Ein bisschen das Verrückte, Schweizer beschreibt eigentlich an vielen Beispielen sehr schön, wie projektiv die Entdeckung des wirklichen Jesus war. Diese Entdeckungen waren in der Regel Konstruktion. Das zeigt er an vielen Beispielen und dann hätte er sagen können und deswegen werde ich diesen Fehler natürlich nicht machen. Ja und dann macht er ihn. Finden viele heute, das Schweizer schon, also man kann ihn schon feiern für vielerlei Genialität, aber irgendwie hat man das Gefühl, es ist schon witzig,
ein Buch von 600 Seiten zu beschreiben, was einen zentralen Fehler identifiziert, um ihn dann zu wiederholen in Neuauflage. Das ist ein bisschen witzig. Was ist Schweizers eigene Lösung? Schweizer glaubt, dass die letzte Phase mehr oder weniger stimmt. Er denkt schon, das mit Johannes Weiß, Botschaft vom Reich Gottes, das haut so hin, William Wrede, Bussi, so das ist für ihn State of the Art. Es gibt da konservative Widerlager, viele auch noch. Also man hat im Rückblick immer so das Gefühl, dann ist da, Tröll sagt und alle sagen, jawohl, gar nicht der Fall, überhaupt nicht. Ganz, ganz, ganz viele sehen das noch jahrzehntelang völlig anders, auch mit denen. Aber Schweizer steht im Grunde auf deren Standpunkt so und sagt dann, jetzt sind wir mal ehrlich, was können wir mit dieser Verkündigung Jesu anfangen? Nichts. So, davon ist Schweizer überzeugt. Er sagt,
Jesus war ein Endzeit-Prophet, der den nahen Weltuntergang angekündigt hat. Das war vor 1900 Jahren. Und heute auf die Straße zu gehen und zu sagen, das Ende kommt bald. Und wenn jemand fragt, woher weißt du das? Zu sagen, ich weiß es von Jesus. Und auf die Frage, wann hat er die Idee nochmal gehabt zu sagen, vor 1900 Jahren hat er schon gesagt, das Ende kommt bald. Wie bald muss es heute erst sein? Sagt Schweizer, man müsste doch mal was merken. Irgendwie. Also das ist sehr schwierig. Und Schweizer sagt, man muss sich da ehrlich machen. Er hat sich getäuscht. Der war sicher, dass das Reich Gottes in seiner Generation kommt. Paulus hat das so gedacht. Die danach, die haben eigentlich alle immer gedacht. Luther hat das übrigens auch schon gedacht. Luther war ganz sicher, es ist vorbei. Er war ganz sicher, dass das 16. Jahrhundert nicht vorbeigehen wird. Hat er auch oft gesagt. Er war auch schon ganz sicher. Ist schon wieder 400 Jahre rum. So,
und Schweizer sagt, da kommt nichts mehr. Also dazu sagt, aber jetzt ist er wirklich ganz nah oder so. Ich kann es nicht mehr. Die meisten Gebildeten, die ich kenne, können es nicht mehr, sagt Schweizer. Und dann sagt er, ja, was machen wir jetzt damit? Tun wir alles das Ganze sagen? War halt nichts. Nein, sagt Schweizer. Er sagt, die Verkündigung Jesu, seine Gedanken, seine Botschaft ist eine Botschaft, was im jüdischen Kontext des ersten Jahrhunderts verständlich ist, sagt uns alles nichts mehr. Und was uns zugleich ergreift, was uns begeistert und überwältigt, ist sein Wille. Dieser radikale Wille, ganz für Gott und ganz für den Nächsten zu leben. So, und Schweizer sagt, wir kriegen daraus keine Theorie mehr, keine Botschaft, kein Inhalt, keine Verkündigung Jesu, die wir heute verkünden können. Aber diese radikale Freude an Gott,
diese radikale Offenheit nach oben, diese radikale Transcendierung, alles, was weltlich ist, dieses Bewusstsein, Ruhm, Ehre, Besitz, Erfolg, Anerkennung ist alles völlig wertlos. Das ist doch das, was dahinter steckt. Dieser Jesus war doch radikal frei. Der hat doch nie geredet, irgendwem zu gefallen, hat doch nie für Applaus oder auf Buh-Rufe irgendwie sich bewegt. Er lebte radikal aus dem Ewigen und er lebte in radikaler Zuwendung und hat geheilt und hat geholfen und hat getröstet und ist menschennah gekommen, von denen sich alle abwandten. So, und Schweizer sagte, als Historiker ist jeder einzelne Satz seiner Verkündigung für mich reine Vergangenheit. Und als Mensch ist sein Wille radikaler Offenheit und bedingungsloser Liebe das, was mich erfüllt,
das, was mich begeistert, das, was mich frei macht, das, was mich motiviert. Und ich möchte so leben. Ich lebe nachfolge Jesu. Ich lebe es in der Forschung und ich lebe es in der Medizin, ich lebe es als Arzt und ich lebe es im Kampf für den Weltfrieden und im Kampf gegen die atomare Bewaffnung. Ich lebe radikal offen für das Ewige und radikal zugewandt zu den Menschen. Und das ist, das ist Jesu Nachfolge. Auch dazu könnte man jetzt viel sagen. Da ist ein Schuss Schopenhauer drin oder ist das hat auch eine Philosophie in gewisser Hinsicht. Und es ist ja auch, auch so war Jesus. Es ist ja auch die radikale esiatologische Sicht. Wollen wir jetzt aber nicht vertiefen. Wir nehmen das einfach mal so. Supereindrückliche Person. Gab viele, die gesagt haben, wenn ich
den Schweizer lese, werde ich stinksauer. Wenn ich sein Leben anschaue, werde ich ganz bescheiden und demütig. Karl Barth zum Beispiel konnte das auch so sagen. Er sagte, als Theologe ist Albert Schweizer eine Katastrophe. Als Christ macht er mich sehr bescheiden und sehr ehrfurchtsvoll. Ich frage mich schon auch, ist am Ende des Tages vielleicht das vielleicht sogar das Wichtigste, was der gelebt hat. Aber als Theologe finde ich ihn schlimm. So, letzter Punkt schaffen wir noch. Einen möchte ich hier noch herausstellen. Martin Kehler. Martin Kehler, ja Pietist ist das richtige Wort. Pietistischer Theologe. Der konnte sich Pietist nennen. Erwecklich war er, hatte fromme Prägungen, hatte durchaus ein spannendes Leben, schwere Jugenderkrankungen, hat überlebt, war zeitlebens dadurch gezeichnet, gebrechliche Konstitution, sehr klug, viele Werke geschrieben,
viel überliefert und jemand, der im Grunde sich in seiner Zeit sah, altgläubig in gewisser Hinsicht, also schon jemand, der sagen würde, für mich ist Jesus wirklich wahrer Gott und wahrer Mensch und ich glaube an seine Auferstehung. Und er war aber auch Theologieprofessor in Halle. Er war nach heutigen Maßstäben weder Fundamentalist noch Kreationist noch antihistorisch kritisch. Er hat, manche würden sagen, eine sehr gemäßigte Form historischer Kritik beschrieben. Er selbst hätte für sich in Anspruch genommen. Ich will wissenschaftlich arbeiten, weil ich schon glaube, dass Gott uns die Vernunft gegeben hat wie sein Wort und wir können nicht, was weiß ich, in blindem Gehorsam uns das Denken verklemmen. Ich will schon aber auch diese biblische Botschaft ernst nehmen. Ich glaube ihr, weil sie mein Herz verändert hat und weil mir Jesus eine lebendige
Realität ist. Und dieser Schweizer hat ein Buch geschrieben, 1892, 1. Auflage, 6.2., der sogenannte historische Jesus und der geschichtliche biblische Christus. Das werde ich jetzt nicht ganz vorstellen. Die Botschaft ist, naja, das war Schweizer im Grunde 15 Jahre später dargestellt hat, im Grunde schon mal auf den Punkt. So, Schweizer Kehler sagt, wie kicken die Evangelien? Die Evangelien haben im Grunde eine einfache Logik, man muss sie vom Ende her lesen. Die Evangelien sind so gestrickt komponiert, sie zielen auf die Botschaft von Kreuz und Auferstehung. Der Glaube an den Auferstandenen ist der Ausgangspunkt für die historische, geschichtliche, erzählerische Darstellung des Lebens Jesu. So ist das. Man kann sagen, ja, ich teile diesen Glauben nicht, kann man machen. Aber, so Kehler, man wird in diesen Texten eine ärgerliche Entdeckung machen. Jeder
Abschnitt, jede Erzählung, jede Begebenheit ist im Grunde komponiert und konzipiert vom Auferstehungsglauben der Gemeinde her. So, und was man nicht hinkriegt, ist, diesen Osterglauben der Gemeinde und das alles irgendwie wegzunehmen und wegzustreifen und zu gucken und den wirklichen historischen vorüsterlichen Jesus nochmal netto zu haben. Kehler sagt, wir haben es jahrzehntelang probiert, ich habe alle Bücher gelesen, ich habe immer wieder mal geguckt, so und was Schweizer rausgekriegt hat. Kehler sagt es in seiner Weise auch, also was die Menschen machen, sie glauben den wirklichen Jesus zu finden, aber in dem, was sie darstellen, spiegelt sich der Geist der Verfasser viel stärker als das, was wirklich Faktum gewesen sein kann. Wir kommen nicht hinter die Evangelien zurück. Kehler sagt, das ist
historisch einfach Tatsache, Geschichtswissenschaften müssten diese Bescheidenheit entwickeln, es geht nicht alles bei einer bestimmten Quellenlage. Wir sind halt keiner Zauberer. Wenn wir ausschließlich Quellen haben aus einer bestimmten Perspektive, dann müsste man im Grunde sagen, wenn man diese Perspektive überhaupt nicht leiden kann, dann ignorier das. Du wirst nicht die reine Wirklichkeit nochmal herstellen können und die ist halt weg. Die ist weg. Kehler geht nun davon aus, dass man mit einer ziemlichen Zuverlässigkeit der Überlieferung rechnen kann. Er sagt aber, es wäre jetzt ein schwerer Fehler, Theologie so zu betreiben, als wäre der Nachweis der historischen Faktizität jeder einzelnen Sache das, was wir müssen und können. Erstens sagt er, wir können es nicht. Das gibt historische Forschung nicht her. Im Grunde, Troelsch hat da schon recht, also mehr als
Wahrscheinlichkeitsurteile kriegen wir nie hin. Es gibt keine historische Apologetik von geltenden Glaubenssätzen. Das ist ein anderes Level, eine andere Ebene. Und Kehler sagt auch, wir müssen es im Grunde auch nicht, weil die Evangelien sind die Basis des christlichen Glaubens, die wir seit bald 2000 Jahren nun mal haben. Wir kriegen hier ein Lebensbild Jesu. Es ist die Wirkungsgeschichte dieser Persönlichkeit. Natürlich kann man immer sagen, ja, aber die Wirklichkeit war doch viel mehr, als da steht. Steht witzigerweise ja am Ende des Johannes-Evangeliums. Steht ja da, dass die Welt die Bücher nicht fassen würde, die man schreiben könnte. Aber diese glaubensgründenden Predigten sind Grundlage und Basis dessen, was wir machen können. So in seiner Zeit, man nahm den
schon ernst, der war wichtig, war auch so konservativ, die Mehrheit fand den ein bisschen zurückwärts geworden. Der wurde in den letzten 150 Jahren, 120 Jahren immer wieder mal entdeckt. Also wer das schätzte, war zum Beispiel Karl Barth. Der sagte im Grunde, der Kehler hat da schon noch irgendwie recht. Er fragt sich sowieso, diese Idee der historisch-kritischen Leben Jesu-Forschung, den wirklichen Jesus an die Stelle der Evangelien zu setzen, das hat doch nicht geklappt. Und warum ist historisch-kritische Bibelauslegung nicht Erklärung der neutestamentlichen Texte, wie wir sie haben? Eigentlich könnte das ein ganzes Forscherleben ausfüllen, die Texte zu erklären, die da sind. So ganz neu Klaus Wengs, da ja ganz neu ist übertrieben, aber schon so in den letzten Jahren lebendiger Theologe, bucht der wirkliche Jesus Streitschrift gegen die historisch wenig ergiebige
und theologisch sinnlose Suche nach dem historischen Jesus. Der zeigt das im Grunde ganz schön, er geht einen ähnlichen Gang durch, wie ich hier heute, ein bisschen andere Station, aber ähnliche Punkte und sagt dann auch im Grunde weiter als Kehler sind wir alle nicht gekommen. Natürlich können wir hier und da, müssen sogar, historisch kritisch sagen, die Evangelien, historische Wirklichkeit gibt es Unterschiede. Er sagt zum Beispiel, wir sehen heute, wir wissen heute, die Evangelien zeigen Jesus im Dauerclinch mit Pharisäern. Wenn man das weitere Umfeld sieht, merkt man, das Judentum war viel breiter und bunter. So Jesus ist den Pharisäern am nächsten und nicht am fernsten und diese Konfrontation ist ein Ergebnis der späteren Auseinanderentwicklung, wo die Pharisäer die Schule im Judentum werden, der das Christentum gegenübersteht. Darum die Überlieferung,
Unterschied Jesus und Pharisäer, historisch wissen wir, die standen sich am nächsten und nicht am fernsten. So und da fließt auch viel ein. Also Wenkst sagt, natürlich können und müssen wir historisch auch so Sachen machen, aber im Großen und Ganzen, Glaubensbasis wird nie etwas werden, was wir erst erfinden, herstellen, konstruieren. Glaubensbasis sind neustestamentliche Texte und die auslegen und die stark machen und die erklären und die zur Geltung bringen. Das können wir, das sollten wir, das wäre eigentlich die Aufgabe. Ja, finde ich auch. Und das ist das Ende des Vortrags.
David Friedrich Strauß – Geschichte der Leben-Jesu-Forschung | 11.14.1
Es war einiges los in den deutschen Städten des 19. Jahrhunderts. Darwin rüttelte an den Grundfesten des Glaubens, Hieroglyphen wurden entziffert, Sintflutgeschichten außerhalb der Bibel gefunden, frühjüdische Texte tauchten auf, Bücherberge über die Religionsgeschichte wuchsen. Genies sprossen geradezu aus dem Boden, Goethe, Schiller, Schubert, Beethoven, Kant. Und mittendrin ein junger Theologe. David Friedrich Strauß pilgerte 1830 nach Berlin, hörte Hegel – und war begeistert. Alles schien ihm plötzlich durchschaubar. Er kehrte nach Tübingen zurück und schrieb ein Werk über das Leben Jesu. Darin lässt er zwei Pole, zwei verfeindete Lager der damaligen Theologie, aufeinanderprallen. Nur um dann zu sagen: Ihr habt doch alle recht. Was Strauß dann ausführt, ist so skandalös, dass auch ohne Internet und Social Media bald die ganze Gelehrtenwelt Europas Bescheid wusste. Mit dem Holzhammer ist er durch das Neue Testament gefegt und hat den einst gläubigen Nietzsche vom Glauben abgebracht. Strauß musste Deutschland verlassen, wurde nach Zürich berufen – und direkt, mit gerade einmal 30 Jahren, pensioniert. Zu gewagt wäre es gewesen, ihn lehren zu lassen.
Thorsten Dietz erzählt das Leben dieses »berühmtesten, strittigsten und spektakulärsten Theologietreibenden« seiner Zeit, berichtet auch von anderen wichtigen Persönlichkeiten und tragischen Geschichten. Er verspricht „ein bisschen Kopfschmerzen“ und nimmt die Zuhörenden mit auf eine Reise in das vorletzte Jahrhundert und zu der Frage: Wie sollen aufgeklärte, gebildete Menschen noch glauben können?