Die Bibel ist ein altes Buch. Das alte Testament ist im ersten Jahrtausend vor Christus entstanden, das neue Testament in den ersten zwei Jahrhunderten nach Christus. Die soziale Organisation der damaligen Welt war patriarchal geprägt. Die Bibel spiegelt diese patriarchale Ordnung in vielen ihrer Texte. In manchen verteidigt sie sie, in anderen überschreitet sie sie auch. Die patriarchale Prägung der Bibel ist auch der Grund, wieso evangelikale Gemeinschaften meistens nicht besonders egalitär strukturiert oder aufgebaut sind. Wenn man die Bibel wörtlich nimmt, nimmt
man natürlich auch die von ihr vorausgesetzten gesellschaftlichen Verhältnisse wörtlich und so transportiert sich gewissermaßen eben ein antikes Gesellschaftsmodell dann in die orientierende Literatur auf heutiger Gemeinschaften hinein. Ich möchte Ihnen in diesem Beitrag einen Text vorstellen, in dem man das Kämpfen der Bibel mit dem Patriarchat erkennen kann. Die Bibel, sie zwar, die Welt ist, ihre Welt ist patriarchal geprägt, aber sie interpretiert dieses Patriarchat nicht als eine segensvolle Einrichtung Gottes, sondern sie interpretiert dieses Patriarchat als eine Strafe, mit der die Menschen zu leben haben. Den Text, den ich Ihnen hier vorstellen
möchte, den finden Sie ganz am Anfang der Bibel in Genesis 2 bis 3. Es handelt sich um die sogenannte Paradieserzählung in der biblischen Urgeschichte. Die biblische Urgeschichte steht in Genesis 1 bis 11 und der Begriff Urgeschichte kann doppelt verstanden werden. Ur kann einerseits zeitlich verstanden werden, das ist dasjenige, was sich ganz am Anfang der Weltgeschichte abgespielt hat. So sieht es auch die Bibel, also was in Genesis 1 bis 11 steht, das ist dasjenige, was ganz am Anfang der Weltgeschichte passiert ist. Man muss aber gleichzeitig sehen, dass antike Kulturen dasjenige ganz an den Anfang der Weltgeschichte platziert und auch projiziert
haben, von dem sie der Auffassung waren, das sind die grundlegenden Lebensordnung. Also Urgeschichte ist nicht einfach nur Urgeschichte in einem zeitlichen Sinn, sondern in einem sachlichen Sinn. Die Bibel fängt ja an mit der Formulierung, am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. In der lateinischen Übersetzung heißt das in principio und das illustriert eigentlich schön, worum es in der Urgeschichte geht. Es geht um das, was sich als Prinzip, was im Prinzip gilt für die menschliche Gemeinschaft. Und Genesis 2 bis 3 ist nun eine Erzählung, die sogenannte Paradieserzählung, die wahrscheinlich zu den bekanntesten Stücken der Weltkultur überhaupt gehört. Sie wissen, das ist die Geschichte mit Adam, Eva, dem Apfel, dem Paradies und der Sünde und dem Sündenfall.
Adam, Eva, Apfel, Paradies, Sünde. Von diesen fünf Elementen kommt genau eines in der biblischen Geschichte wirklich vor. Alles andere entstammt der späteren Rezeptionsgeschichte. Nur Eva kommt in der Geschichte vor. Die Frau in der Paradieserzählung wird als Eva benannt, bevor dann das erste Menschenpaar vertrieben wird. Adam heißt in der Bibel oder in der Paradieserzählung immer der Mensch. Das hebräische Wort Adam heißt gleichzeitig Mensch und im Hebräischen in dieser Erzählung ist Adam immer mit dem Artikel kombiniert, also Ha-Adam auf Hebräisch. Und Ha-Adam kann man nicht anders übersetzen als der Mensch. Adam wird dann auch zu einem Eigennamen ab Genesis 4, aber dort taucht es immer ohne den Artikel auf. Das hat ein
Gegenstück auch im Deutschen. Im Deutschen sind auch Eigennamen per Definition nicht determiniert. Also Fritz braucht nicht den Artikel. Fritz ist hinreichend determiniert als Eigenname. Natürlich können Sie auf Bayerisch sagen Der Fritz, aber das ist eigentlich nicht korrekt. Und deswegen Adam in der Paradiesgeschichte ist immer der Mensch. Der Apfel aus die verbotene Frucht entstammt aus der lateinischen Rezeptionsgeschichte. In der Paradieserzählung wird der verbotene Baum botanisch nicht identifiziert. Es ist ein Fantasiebaum, ist der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. Den gibt es außerhalb des Paradieses in der vorfindlichen Welt nicht. Die lateinischen Kirchenväter sagten sich, ja was könnte das für eine Frucht gewesen sein? Und ihre Lösung war dann, das muss ein Malum gewesen sein. Malum mit einem langen a, denn durch den Genuss
von dieser Frucht ist das Böse in die Welt gekommen. Lateinisch malum. Also Malum, es muss ein Apfel gewesen sein. Das ist aber eben nicht dasjenige, was in der Bibel steht. Das Paradies kommt auch nicht vor in dieser Erzählung. Paradies entstammt der griechischen Wirkungsgeschichte. Paradies ist ein persisches Fremdwort im Griechischen und meint einen Königsgarten. Im hebräischen Text steht immer nur Eden oder Garten. Auch die Sünde kommt in Genesis 2 bis 3 nicht vor. Das Wort fällt überhaupt nicht. Das Wort Sünde kommt in der Bibel zum ersten Mal in Genesis 4 bei der Brudermorderzählung vor. Also die Paradieserzählung erzählt eigentlich mit der Erkenntnis von Gut und Böse, mit dem
Erwerb der Erkenntnis von Gut und Böse vielmehr davon, wie die Menschen selber überhaupt erst urteilsfähig sein. Man kann es auch mit einem komplizierten Ausdruck so formulieren. Die Paradieserzählung ist eigentlich ein Adoleszenzmythos für die Menschen. Also die Menschen, die keine Erkenntnis von Gut und Böse haben, die sind wie Kinder. Und wenn man in die Bibel schaut, sieht man, dass der Begriff Erkenntnis von Gut und Böse vor allem mit Erwachsenen konnotiert ist. Also sie werden zu selbstständig urteilenden Wesen. Und das ist dasjenige, was diese Geschichte erzählt. Und genauso wie in modernem Strafrecht Kinder als nicht urteilsfähig und deswegen nicht strafmündig gelten, ist das auch so. Also Adam und Eva vor dem Fall sind eigentlich nicht strafmündig. Erst danach sind die Menschen, wie sich das dann im Brudermord zwischen Keim und
Abel zeigt, sind sie wirklich verantwortlich. Und dann entsprechend kommt auch die Sünde ins Spiel. Diese Erzählung in Genesis 2 bis 3 erzählt, wenn man sie eben einmal losgelöst von ihren späteren Rezeptionen liest, nicht von einem komplett positiven Urzustand, einem Fall von einem komplett positiv erzählten Urzustand in einen komplett negativ gezeichneten Jetztzustand, sondern die Geschichte führt eigentlich von einer Ambivalenz zur anderen. Zuvor, vor dem sogenannten Fall, haben die Menschen keine Erkenntnis. Sie leben in diesem Garten. Sie müssen sich um nichts kümmern. Sie dürfen essen vom Baum des Lebens. Nur der Baum der Erkenntnis ist verboten für sie.
Also sie haben eigentlich die Möglichkeit, unsterblich zu werden. Sie sind in der Geschichte vorgestellt als sterblich geschaffene Wesen. Gegen der Rezeptionsgeschichte, das wird über die Bildhaftigkeit des Ausdrucks, sie sind aus Staub geschaffen, eigentlich dargestellt. Also sie sind in diesem Garten. Sie haben die Möglichkeit, unsterblich zu werden. Dann aber werden sie durch die Schlange dazu verführt, von dem verbotenen Baum zu essen, vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. Und sie erlangen diese Erkenntnis von Gut und Böse. Sie werden diesbezüglich wie Gott, wie die Geschichte in Genesis 3,22 festhält. Und dieser Prozess ist schon im 19. Jahrhundert von Heinrich Heine schön dargestellt worden. Er hat gesagt, die Schlange sei
eigentlich die erste Privatdozentin der hegelianischen Philosophie, dass man über Erkenntnis so etwas wie Gottgleichheit erreichen kann. Also nach dem Fall sind die Menschen gewissermaßen mit der Erkenntnis ausgestattet. Aber sie dürfen jetzt nicht mehr vom Baum des Lebens essen und müssen aus dem Paradies entsprechend dann vertrieben werden. Schauen wir uns diesen Vorgang einmal kurz an. Interessant ist zunächst einmal, dass die Paradieserzählung, die sogenannte Paradieserzählung, das Leben der ersten Menschen in diesem Garten nicht ausführlich darstellt. Die Geschichte interessiert sich überhaupt nicht für diesen Zustand vor dem sogenannten Fall. Es gibt einen einzigen Satz, den die Geschichte hier macht oder eine Aussage. Der steht in Genesis 2,25
und dort heißt es, die beiden Menschen waren nackt und sie schänden sich nicht voreinander. Und diese Aussage ist natürlich nur dazu da, um zu zeigen, dass sie sich dann nachher entsprechend schämen, wenn ihnen die Augen aufgehen. Man sieht hier noch ein zweites Element, das hier an dieser Paradieserzählung wichtig ist, nämlich dass diese Menschen tatsächlich offenbar wie Kinder gezeichnet sind, wie nackte Kinder. Also sie würden auch nicht auf die Idee kommen, sich vorzupflanzen. Wenn dieser Fall nicht stattfinden würde, hätte man, so kann man extrapolieren, müsste man eigentlich damit rechnen, dass diese Menschen sterblich geschaffen, wenn sie nicht vom Baum des Lebens essen, dass sie einfach 90 Jahre alt werden und dann im Prinzip kinderlos
versterben und entsprechend das Experiment Menschheit damit zum Ende käme. Aber die Schlange verführt nun die Frau. Es heißt in Genesis 3,1, die Schlange war klüger als alle Tiere des Feldes. Damit wird zunächst einmal klar gemacht, also die Gott gemacht hat, die Schlange ist nicht irgendwie eine widergöttliche Macht, sie ist etwas klüger, aber sie gehört auch zu den Geschöpften. Manche Bibelübersetzungen gebrauchen hier den Terminus listiger, aber der hebräische Begriff dahinter ist eigentlich nicht negativ konnotiert, der hier gebraucht wird. Und die Schlange sagt nun, hat Gott wirklich zu euch gesagt, ihr dürft nicht von allen Bäumen des Gartens essen. Sie lügt damit nicht, aber sie verdreht die Intention des ursprünglichen Verbots von Gott im Grunde genommen in ihr Gegenteil. Denn Gott hat am Anfang gesagt, ihr dürft von allen
Bäumen des Gartens essen, außer vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. Das, davon dürft ihr nicht essen. Die Schlange macht nun die Ausnahme zur Regel und sagt, also wenn einer verboten ist, dann dürft ihr also nicht von allen Bäumen essen, die da sind. Und dann sagt die Frau, wir dürfen essen von den Früchten der Bäume im Garten, aber von den Früchten des Baumes oder der Bäume mitten im Garten hat Gott gesagt, esst nicht davon, rührt sie nicht an, damit ihr nicht sterbt. Und hier sieht man, dass die Frau eigentlich diesem ursprünglichen Gebot besonders gut entsprechen wollte. Denn dass man den Baum nicht anrühren darf, davon hatte Gott eigentlich nichts gesagt. Das fügt die Frau selber hinzu. Und was die Frau auch sagt, sie sagt von den Bäumen in der Mitte des Gartens dürfen wir nicht essen. In der Mitte des Gartens stehen aber der Baum des
Lebens, der unsterblich macht und der Baum der Erkenntnis, der eben diese Erkenntnis verleiht. Die Frau hat also hier im Prinzip auch den ursprünglich erlaubten Baum des Lebens mit in das Verbot eingeschlossen. Man sieht hier, also wenn sie nicht davon gegessen hätten, dann hätte das zu keiner Unsterblichkeit geführt. Der Dialog mit der Frau geht dann weiter. Die Schlange sagt, mitnichten werdet ihr sterben, sondern Gott weiß, dass euch die Augen aufgehen werden und dass ihr wie Gott sein und gut und böse erkennen werdet, sobald ihr davon esst. Und dann heißt es, da sah die Frau, dass es gut wäre, von dem Baum zu essen und dass er eine Lust für die Augen war und dass der Baum Begehrenswert war, weil er klug macht. Und sie nahm von seiner Frucht und aß und sie gab auch ihren Mann, der mit ihr war und er aß. An diesem Text kann man sehen, dass die übliche
Hybrisinterpretation von Genesis 2 bis 3 nicht richtig ist. Also dass die Frau unbedingt werden wollte wie Gott. Nein, sie will klug werden. Sie will nicht wie Gott werden, sondern sie will klug werden. Und das gibt sie auch ihrem Mann weiter. Also hier sieht man, dass im Prinzip die Frau schon als Kulturbringerin eigentlich gezeichnet ist. Ohne die Frau wären die Menschen eigentlich ewig im Status von Kindern geblieben. Da gingen den beiden die Augen auf und sie erkannten, dass sie nackt waren und sie verlochten Feigenblätter und sie machten sich Schurze. Das ist interessant, also wenn man vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse ist, dann sieht man, dass man nackt ist und man macht sich kleiner. Nun, in einem nachromantischen Zeitalter wie dem unseren würde man sagen, ja doch, nackt sein ist ja etwas Positives. In der Antike war das aber ganz
anders. In der Antike war man der Auffassung, Kleidung ist eine zivilisatorische Erhobenschaft, es ist gut, man kann sich dadurch auch vor der Natur schützen. Und dann hören die beiden Menschen die Schritte von Gott und Gott rief den Menschen und sprach, wo bist du? Diese Frage, wo bist du, die hat häufig schon den traditionellen Auslegungen ein großes Kopfzerbrechen zerbreitet. Gott ist ja allwissend, wieso muss er fragen, wo bist du? Aber Gott fragt natürlich nicht, wo bist du, um zu wissen, wo der Mensch ist, sondern das ist gewissermaßen das Ausspielen des Balles in das Feld des Menschen. Er bekommt dazu die Gelegenheit, Verantwortung zu übernehmen. Das macht er aber nicht, sondern er sagt, ich habe deine Schritte, Gottes Schritte im Garten gehört, da fürchtete ich mich und weil ich nackt bin, verbarg ich mich. Und Gott sprach, wer hat dir gesagt, dass du nackt
bist, hast du von dem Baum gegessen, von dem zu essen ich dir verboten habe? Und der Mensch sprach, die Frau, die du mir zugesellt hast, die hat mir von dem Baum gegeben, da habe ich gegessen. Da sprach der Herr Gott zur Frau, was hast du da getan? Und die Frau sprach, die Schlange hat mich getäuscht, da habe ich gegessen. Also man sieht hier dieses etwas kleinliche Abschieben der Schuld vom Mann zur Frau zur Schlange. Und nun kommen die sogenannten Strafsprüche und diese Strafsprüche, die sind nun zentral für unser Thema des Patriarchats als Strafe. Zunächst kommt eben entsprechend umgekehrt dieser Reihenfolge Mensch, Frau, Schlange, die Schlange dran. Dann wird die Frau folgen und dann der Mensch. Die Strafe für die Schlange ist, weil du das getan hast, verflucht bist du vor allem Vieh und vor allem Tieren des Menschen, auf deinem Brauch wirst du kriechen und Straub wirst du fressen dein Leben lang. Was macht eine Schlange? Sie kriecht ohnehin
auf dem Boden und frisst Staub. Also hier wird etwas erklärt, hier wird eigentlich die Auffälligkeit erklärt, dass es Tiere gibt, die keine Beine haben, die sich im Staub des Bodens auf ihren Bauch bewegen müssen. Ich glaube, man geht hier nicht so weit anzunehmen, dass für die Autoren dieser Erzählung es eigentlich klar war, dass die Schlange ursprünglich vorgestellt war als ein Tier auch mit Beinen und dass sie nun gewissermaßen in dieser Strafe diese Beine verliert und nun eben auf ihrem Bauch kriechen muss. Die Strafe gegen die Schlange geht dann weiter und Feindschaft setze ich zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Nachwuchs und ihrem Nachwuchs. Er wird dir den Kopf zertreten und du wirst ihm nach der Verse schnappen. Das ist Genesis 3,15. Das ist der
zweitmeist interpretierte Vers in der Kirchengeschichte des alten Testaments. Wieso? Man hat hier das sogenannte Brutevangelium entdeckt. Man hat gesagt, der Nachwuchs der Frau, die Frau schlechthin ist Maria, ist Christus, dein Nachwuchs. Die Schlange ist der Teufel, das ist die Teufelsbrut. Hier ist der Kampf zwischen Christus und der Teufelsbrut und auch letztlich eigentlich eben er wird dir den Kopf zertreten. Der Sieg Christi ist hier vorab gebildet. Sie sehen das in den, es hat natürlich nichts zu tun mit dem Original Sinn des Textes. Man hat hier wirklich aktiv diese Interpretation wiedergefunden in diesem Vers. Wenn Sie eine Lutherbibel 2017 aufschlagen und hier diesen Vers sehen, werden Sie sehen, dass dieser Vers fettgedruckt ist. Das hängt damit zusammen, dass der Fettdruck noch diese, also die Stellen, die Christi treiben, spezifisch hervorgehoben werden. Aber man muss die
mittelalterliche eben etwas abenteuerliche Auslegung kennen, um das überhaupt zu verstehen. Und nun kommen wir zu unserem Zentraltext, der nun wirklich uns spezifisch betrifft, bezüglich des Patriarchats als Strafe. Zur Frau sprach Gott, ich mache deine Beschwerden sehr zahlreich und besonders in deiner Schwangerschaft. Mit Schmerzen wirst du Kinder gebären, nach deinem Mann wirst du verlangen und er wird über dich herrschen. Das ist die Strafe für die Frau. Und hier kann man natürlich wiederum wie bei der Schlange sagen, die Strafe für die Frau ist eigentlich dasjenige, was über alle Epochen der Menschheitsgeschichte eine Realität weiblicher Existenz ist. Das nämlich eben eine Schwangerschaft beschwerlich sein kann, das vor allem eine Geburt schmerzlich ist. Also
mit Schmerzen wirst du Kinder begehren. Und neben diesen Minderungen, die man einfach erklärt hat, das kann nicht einfach Gottes ursprüngliche Schöpfung sein. Es muss etwas geschehen sein in der anfänglichen, in der prinzipiellen Geschichte Gottes mit den Menschen, die dazu geführt hat, dass es so etwas wie eben eine Schmerzen bei der Geburt hat. Das wird hier erklärt. Und im Nachsatz wird dann gleichzeitig gesagt, nach deinem Mann wirst du verlangen und er wird über dich herrschen. Und hier hat man natürlich die Legitimierung des Patriarchats. Also genauso wie die Schlange auf dem Bauch kriechen muss, genauso wie die Gebärschmerzen natürlich ist, genauso natürlich ist eigentlich das Herrschen des Mannes über die Frau. So dieser Text. Und gleichzeitig muss man
aber festhalten, es ist eben ein Element, das sich unter andere Lebensminderungen gesellt. Also die Herrschaft des Mannes über die Frau ist eine Strafe. Also man sieht hier, die biblischen Autoren haben von allem Anfang an eine kritische Perspektive aufgenommen. So viel wir wissen, ist die Bibel praktisch ausschließlich von Männern geschrieben worden. Es gibt manche Personen, die meinen, etwa hinter dem hohen Lied könnten weibliche Autorinnen stehen. Das lässt sich aber nicht wirklich erweisen. Wahrscheinlich ist wirklich, dass die Schreiber des Alten Testaments allesamt Männer werden. Und diese Männer haben hier also eingebaut in ihre Darstellung, dass sie gesagt haben, die Herrschaft des Mannes über die Frau, das ist zwar etwas, was uns von allem Anfang als
Prinzip prägt, aber es ist eine Strafe und zwar genauso eine Strafe, wie eben auch die beschwerliche Arbeit des Menschen im Ackerbau eine Strafe ist. Das ist das dritte Element, das hier ist. Zum Menschen sprach Gott, weil du auf die Stimme deiner Frau gehört und von dem Baum gegessen hast, von dem ich dir geboten hatte, du sollst nicht davon essen, gilt nun, verflucht ist der Erdboden um deinen Willen. Mit Müsal wirst du dich nähren von ihm dein Leben lang und Dornen und Disteln wird er dir tragen. Das Kraut des Feldes wirst du essen und nun sprichwörtlich im Schweiß deines Angesichts wirst du dein Brot essen, bis du zum Erdboden zurückgekehrt bist, denn von ihm bist du genommen. Staub bist du, vom Staub zum Staub kehrst du zurück. Also die Herrschaft des Menschen
oder des Mannes über die Frau ist im Grunde genommen genauso etwas Schlechtes, wie die Notwendigkeit den Acker mit Dornen und Disteln zu bestellen. Man sieht hier also, die Bibel kennt das Patriarchat, sie hält es auch für etwas, was die Gesellschaft wirklich prägt, aber sie implementiert zumindest diese fundamentale Kritik und sagt, es ist etwas, was den Menschen als Strafe gegeben ist. Schauen wir noch ganz kurz in den davorstehenden Schöpfungsbericht in Genesis 1. Dort haben wir nun gewissermaßen die komplette Überschreitung des Patriarchats. In Genesis 2 bis 3 haben wir die Kritik am Patriarchat, weil es eben und seine Einrichtung unter den Strafsprüchen steht. In
Genesis 1 haben wir nun wahrscheinlich einen etwas jüngeren Text, haben wir eine alternative Position, die absolut revolutionär ist in der Geistesgeschichte des alten Orient, zu dem ja das alte Israel hinzugehört. Am sechsten Tag schafft Gott den Menschen, als Mann und Frau schuft er sie. Es heißt in Genesis 1, 27 Gott schuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes schuf er ihn, als Mann und Frau schuf er sie. Erstaunlich ist hier zunächst einmal, dass die Menschheit ohne soziale Klassen geschaffen wird. In altorientalischen Schöpfungsmieten wird zumindest der König separat für sich erschaffen. Er ist nicht einfach ein Mensch wie andere, steht eigentlich näher bei den Göttern als bei den Menschen. Und die Sklaven erscheinen auch relativ bald auf der
Bildfläche. Für den alten Orient gibt es eigentlich keine kohärente Klasse Menschheit, sondern Menschen zerfallen sogleich in Könige, Freie und in Sklaven. Genesis 1 sagt Gott schuf den Menschen, auch die Könige, auch die Sklaven, auch die Freien. Und die einzige Präzision, die hier gegeben wird, ist als Mann und Frau schuf er sie. Und zwar Mann und Frau sind beide als Gottes Ebenbild geschaffen. Gottes Ebenbild ist eine schwierige Aussage, was sicher nicht gemeint ist, ist, dass der Mensch aussieht wie Gott. Für Genesis 1 ist Gott unsichtbar, er steht der Welt gewissermaßen allokal gegenüber. Bild Gottes ist eine metaphorische Aussage, die wir aus dem alten Orient auch kennen, dass es üblicherweise eine Qualifikation die Königin zukommt. Könige
sind das Bild Gottes und ein Bild stellt vollgültig in seiner Funktion dar, was das Abgebildete ist. Also die Könige als Bild Gottes sind Stellvertreter, Sachwalter Gottes auf Erden. Und wenn die Menschen Mann und Frau in Genesis 1 als Bild Gottes geschaffen werden, ist dahinter auch die Vorstellung, dass man sagt, diese Menschen sind Sachwalter, Stellvertreter Gottes auf Erden, sie sollen nach besten Wissen und Gewissen diese Erde verwalten. Hier können Sie sehen, wie in Genesis 1 im Grunde genommen in einer, der Text stammt wahrscheinlich aus dem sechsten Jahrhundert vor Christus, wie in einer patriarchal geprägten Umwelt sich hier ein biblischer Autor hingestellt hat und gesagt hat, Mann und Frau sind egalitär geschaffene Geschöpfe, die beide die Qualifikation
als Gottes Nebenbild haben. Man kann wahrscheinlich annehmen, dass die Aussage in Genesis 3, also nach deinem Mann hin wird dein Verlangen sein, du sollst aber über ihn herrschen, dass das den Weg bereitet hat zu dieser Aussage. Man muss ehrlicherweise auch sagen, dass es auch noch spätere Texte gibt, die gewissermaßen diese patriarchal kritische Sicht bzw. egalitäre Perspektive hier in Genesis 1 im Grunde genommen wieder verlassen haben und wieder zu üblichen Legitimierungen des Patriarchats zurückgefunden haben. Aber es ist eine Qualität der Bibel, dass sie diese kritischen Perspektiven auf das Patriarchat in einem Umfeld formuliert und auch
bewahrt hat, dass eigentlich noch keine nicht patriarchale Gesellschaftsordnung kennt. Das ist vielleicht eines jener wichtigen Beispiele aus der Bibel, wo man sehen kann, wenn man sie unvoreingenommen liest, kann man sich von ihr überraschen lassen.
Das Patriarchat als Strafe | 13.17.2
Eva beißt in den Apfel, reicht ihn an Adam weiter und hat es damit für die gesamte Menschheit verbockt. Nicht der Teufel, der Eva verführte, nicht Adam, der ebenfalls zugriff, nein, allein Eva ist schuld am Sündenfall und den Strafen, die der Apfelkonsum mit sich brachte.
Dass weder Apfel, Paradies, Sünde noch Adam in der Geschichte erwähnt werden, erklärt Theologe Konrad Schmid in diesem Vortrag. Er erläutert, was die Geschichte vom Sündenfall eigentlich bedeutet, wie sie vom Erwachsenwerden, von Wissen und Unkenntnis erzählt und wie sie begründet, was für alle Menschen offensichtlich war: dass der jetzige Zustand der Welt und der Gesellschaft nicht optimal ist, dass er nicht so ist, wie Gott sich die Schöpfung gedacht haben muss. Gleichzeitig, sogar noch vor der Geschichte über den Sündenfall, erzählt Genesis, dass die Gesellschaft der Menschen auch anders aussehen kann: ebenbürtig, gleichwertig. Und wieder zeigt sich, dass in der Bibel mehr steckt, als wir beim ersten Lesen verstehen, dass dieses Buch überrascht, und dass selbst Schriften, die in einer patriarchalen Gesellschaft von Männern geschrieben wurden, die bestehende Ordnung kritisieren können.