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Ohne Sem und Japheth kein Jesus – christlicher Antisemitismus | 12.2.1

Worthaus Pop-Up – Tübingen: 20. März 2022 von Dr. Michael Blume

Sem und Japhet kennt man vielleicht, aber eigentlich nur in einer Reihe mit Ham, allesamt Söhne Noahs, damit irgendwie Vorfahren aller Menschen. War da sonst noch was? Ja, sagt Religionswissenschaftler Michael Blume, und das wissen wahrscheinlich die wenigsten. Er erklärt, welche Bedeutung Japhet und Sem im Judentum zukommt, warum es Antisemitismus heißt und was ausgerechnet diese beiden damit zu tun haben, dass der junge Jesus Jahrtausende später in einer Synagoge mit Schriftgelehrten diskutieren kann. Denn Sem erfand etwas, was die Menschheit verändern sollte, was im Judentum Arme und Reiche einander gleicher stellte und was Menschen in Trance versetzen kann. Sein Bruder Japhet soll diese Erfindung noch weiter ausgefeilt haben, so dass die Trance ausblieb, aber Theologie und Bürokratie möglich wurden. Und Blume erklärt, was diese Erfindungen damit zu tun haben, dass Islam und Judentum keine Bilder brauchen, dass das Christentum dagegen ohne Bilder, Musik und Lichter im Gottesdienst nicht auskommt und dass gerade Juden so oft angefeindet und verfolgt werden. Dabei trifft der Antisemitismus auch ins Herz des Christentums und des Islams. Und bedroht schließlich uns alle.

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00:11:38»  Nach jüdischem Glauben sind wir alle in einem Bund. Der Shem ist nämlich der Sohn von einer ganz bestimmten Gestalt, die man auch in der christlichen Theologie gut kennt, die aber, das erlaube ich mir zu sagen, meistens unterschätzt wird. Noah ist keinesfalls nur ein netter alter Mann in einer Kindergeschichte mit schönen Farben und Tierchen, sondern er hat in der jüdischen Tradition eine enorm große Bedeutung.00:11:55»  Noah ist keinesfalls nur ein netter alter Mann in einer Kindergeschichte mit schönen Farben und Tierchen, sondern er hat in der jüdischen Tradition eine enorm große Bedeutung. Und man hört gerade nicht auf, mit im Alter von neun Jahren an ihn zu glauben, sondern Noah steht im Judentum für den ersten Bund Gottes mit der gesamten Menschheit. Der Bund des Regenbogens, den wir ja gerade viel leuchten sehen, wenn Menschen für den Frieden auf die Straße gehen, wenn sie für die Gleichberechtigung von Mann und Frau, von LGBTQ,00:13:20»  Warum? Weil es nicht nötig ist. Nach jüdischem Glauben können auch Nichtjuden Anteil haben an der kommenden Welt. Es gibt keinen Bedarf, uns Nichtjuden zu retten, sondern wir sind Kinder Noas. Wir stehen bereits in einem Bundesverhältnis mit Gott. Und wenn geschärzt wird, dann wird zum Beispiel gesagt, naja, du kannst schon auch zum Mosaischen Bund übertreten, dann hast du 613 Gehundverbote. Im noachidischen Bund, in dem du dich befindest, da hast du sieben. Also wähle weise.00:14:00»  Und das ist tatsächlich so. Also nach jüdischer Auslegung sollen sich die Kinder Noas, also alle Menschen an sieben noachidischen Geboten orientieren und dann können sie Anteil haben an der kommenden Welt. Das ist heute nicht mein Hauptthema. Allein das wäre ein ganz spannendes Thema, der noachidische Bund, das mir auch sehr wichtig ist. Aber ich kann das jetzt knapp abkürzen. Wenn Sie ein im guten Sinn aufgeklärtes christliches, muslimisches, humanistisches Leben leben, dann brauchen Sie keine Angst zu haben.00:21:24»  Es entsteht die verrückte Idee, dass wir einmal in einer Welt leben werden, in der alle Menschen lesen und schreiben können, in der alle Kinder Noas, also alle Juden, aber auch alle Nichtjuden lesen und schreiben werden können. Das haben wir noch nicht erreicht. Aber dafür steht Schem. Und da merkt man schon, das ist eine größere Bedeutung, als man sie sich vielleicht zunächst gedacht hat. Jesus selber ist der Sohn eines Zimmermanns, eines Tektonen, ein Bauhandwerker, eher ärmliche Verhältnisse.

Die Rolle des Satans in der Hiobnovelle und im frühen Judentum – Hiob Vorlesung Teil 2 | 10.9.1

Worthaus Pop-Up – Tübingen: 29. November 2020 von Prof. Dr. Siegfried Zimmer

Es ist die sicherlich einfachste Erklärung auf die große Frage: Wenn Gott uns liebt, warum gibt es dann Leid? – Warum? Na, weil der Satan da noch mitzureden hat. Der ewige Kampf zwischen Gut und Böse, Gott und Teufel, er scheint das Dilemma der Frage nach dem Leid schnell zu lösen. Doch so einfach ist es natürlich nicht. Siegfried Zimmer dröselt anhand der Hiob-Geschichte diese große Frage auf. Und dafür muss man wissen, welche Rolle der Satan zur Zeit Hiobs – im frühen Judentum also – spielte. Und wie sich die jüdische Vorstellung vom allmächtigen Gott und der Ursache von Leid in einem einzigen Jahrhundert entscheidend verändert. In dem nämlich, als das jüdischen Volk zum ersten Mal in unvorstellbare Not geriet, als es kurz vor dem Untergang stand. In diesen Jahrzehnten des Exils in Babylon wandelte sich die Vorstellung der Gläubigen von ihrem Gott enorm. Und diese Wandlung hat ganz viel damit zu tun, wie wir heute von Gott denken. Und wie wir mit der Frage nach Ursache und Schuld umgehen, wenn wir selbst einmal unvorstellbar leiden müssen. Dieser Vortrag gehört zu der 10-teilige Hiob-Vorlesung von Prof. Dr. Siegfried Zimmer, die durch die Lesung des gesamten Hiobbuchs als Hiobnovelle (11.5.1) und Hiobdichtung (11.5.2) ergänzt wird.

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00:21:55»  Das ist, wenn ihr den jetzt zum ersten Mal vielleicht im Leben hört, möchte ich euch nochmal sagen, das ist eine Zäsur in der Religionsgeschichte der Menschheit von allergrößter Bedeutung. Hesekiel 14, 14 bis 20. Und wenn in seiner Mitte diese drei Männer wären, Noah, Daniel und Hiob, nur sie würden um ihrer Gerechtigkeit willen ihr Leben retten, spruch Gottes des Herrn. Oder wenn ich wilde Tiere gegen das Land loslasse, die es entvölkern, sodass es zur Wüste wird und angesichts der wilden Tiere niemand mehr hindurchzieht.00:22:13»  Und wenn in seiner Mitte diese drei Männer wären, Noah, Daniel und Hiob, nur sie würden um ihrer Gerechtigkeit willen ihr Leben retten, spruch Gottes des Herrn. Oder wenn ich wilde Tiere gegen das Land loslasse, die es entvölkern, sodass es zur Wüste wird und angesichts der wilden Tiere niemand mehr hindurchzieht. Und wenn diese drei Männer in seiner Mitte wären, so wahr ich lebe, spruch Gottes des Herrn, weder Söhne noch Töchter würden sie retten.00:23:23»  Oder wenn ich die Pest in jedes Land schicke und meinen Zorn darüber ausschütte und Blut vergieße, um Mensch und Tier auszumerzen. Und wenn Noah, Daniel und Hiob in seiner Mitte wären, so wahr ich lebe, spruch Gottes des Herrn, weder Sohn noch Tochter könnten sie retten. Nur sie würden um ihrer Gerechtigkeit willen ihr Leben retten. Ihr habt jetzt den ältesten Text der Menschheit gehört, der die Verantwortung unvertretbar auf die Person selber konzentriert.00:23:42»  Nur sie würden um ihrer Gerechtigkeit willen ihr Leben retten. Ihr habt jetzt den ältesten Text der Menschheit gehört, der die Verantwortung unvertretbar auf die Person selber konzentriert. Die drei Männer Noah, Daniel und Hiob sind ja alles drei Nicht-Israeliten. Noah ist ja ein Nicht-Israelit, Israel gab es ja noch gar nicht. Hiob ist auch ein Nicht-Israelit und Daniel ist nicht der biblische Daniel, sondern es gab einen sehr hoch angesehen kananeischen König Daniel, der als Inbegriff der Gerechtigkeit galt.00:24:07»  Noah ist ja ein Nicht-Israelit, Israel gab es ja noch gar nicht. Hiob ist auch ein Nicht-Israelit und Daniel ist nicht der biblische Daniel, sondern es gab einen sehr hoch angesehen kananeischen König Daniel, der als Inbegriff der Gerechtigkeit galt. Der ist hier gemeint. Also drei sehr hervorragende Persönlichkeiten. Und jetzt wird gesagt, wenn Noah heute leben würde, der könnte in die Arche nicht seine ganze Familie mitnehmen, alle Söhne und Töchter, denn er könnte sich nur selber retten.00:24:27»  Also drei sehr hervorragende Persönlichkeiten. Und jetzt wird gesagt, wenn Noah heute leben würde, der könnte in die Arche nicht seine ganze Familie mitnehmen, alle Söhne und Töchter, denn er könnte sich nur selber retten. Also jetzt wäre in der Arche nur er drin. Man kann das so formulieren, das ist in der Bibel eine Kritik an der Bibel. Es gibt an vielen Stellen innerbiblische Bibelkritik, denn in diesem Text wird ausgeführt, die Sintflutgeschichte mit ihrem klaren Denken, dass Noah der Gerechte ist, der Gnade vor Gott gefunden hat, dass der seine ganze Sibbe und Schwiegersöhne alle gleich mit retten kann.00:24:49»  Man kann das so formulieren, das ist in der Bibel eine Kritik an der Bibel. Es gibt an vielen Stellen innerbiblische Bibelkritik, denn in diesem Text wird ausgeführt, die Sintflutgeschichte mit ihrem klaren Denken, dass Noah der Gerechte ist, der Gnade vor Gott gefunden hat, dass der seine ganze Sibbe und Schwiegersöhne alle gleich mit retten kann. Das gilt jetzt nicht mehr. Diese Antwort des Hesekiel war deswegen damals im Exil von überragender Bedeutung, weil die jungen Leute, junge Erwachsene, die den Untergang Jerusalems an ihrem Leid miterlebt haben, also erst einmal Tausende von Toten, alle Gebäude kaputt, das eigene Haus kaputt, Tempel kaputt, Königsballast kaputt.

Wie denkt Jesus aus Nazareth über die Auferweckung der Toten? (Lk 20, 27 –40) | 2.5.1

Worthaus 2 – Weimar: 10. Juni 2012 von Prof. Dr. Siegfried Zimmer

Man könntes es als überraschend bezeichnen: Wenngleich sich im Christentum eine große Jenseitsfixierung entwickelt hat, äußert sich der Mann aus Nazareth zur Frage der Auferweckung nur ein einziges Mal. Ein guter Grund für Siegfried Zimmer an dieser Stelle etwas genauer hinzuschauen. Dabei bringt er allen, die die Vorstellung an ein jenseitiges Leben befremdlich finden, große Sympathie entgegen. Und trotzdem versteigt er sich zu der These, dass es niemals ein Argument gegen die “Auferweckung der Toten” geben wird – auch wenn diese sicherlich nicht so aussieht, wie man sich diese landläufig in den letzten Jahrhunderten ausgemalt hat. Denn der Nazarener hatte offensichtlich etwas anders im Blick, wenn er auf das Zentrum vom Zentrum des Zentrums des jüdischen Glaubens verweist.

Folgende Stellen im Vortrag könnten interessant sein:

00:34:19»  Weil da waren sieben Brüder und so weiter. Also Jesus antwortet jetzt völlig anders, wie die Sadduzeer es gewohnt sind, gell? Da wackelt aber der Tellerrand. Er sagt, die Söhne dieser Welt heiraten und werden geheiratet. Diejenigen aber, die gewürdigt worden sind, an jener Welt teilhaftig zu werden, die heiraten nicht mehr und werden nicht geheiratet. Es gibt gute alte Handschriften, also das ist ungefähr halbe, halbe,00:54:20»  sind Söhne Gottes, heißt immer Söhne, nicht Kinder, sind Söhne Gottes, weil sie Söhne der Auferstehung sind. Das ist eine Zäsur. Ich muss euch diesen Satz mal nahebringen, weil der ist unglaublich. Jesu sagt, diejenigen, die gewürdigt worden sind, sind Söhne Gottes, weil sie Söhne der Auferstehung sind. Das bedeutet, wer ein Sohn der Auferstehung ist, der ist ein Sohn Gottes. Das ist praktisch das Gleiche.00:56:14»  Du Sohn eines Hundes, du Sohn einer Hure, du Sohn eines des Friedens. Wir sagen auch heute, wir sind Kinder unserer Zeit. Oder wir sagen, er war kein Kind von Traurigkeit. Und so weiter. Also ein Sohn des Friedens. Und so gibt es auch einen Sohn der Auferstehung. Ein Sohn der Auferstehung ist durch und durch von der Auferstehungswirklichkeit geprägt. Und der ist sofort ein Sohn Gottes. Wer von der Auferstehung geprägt ist, der ist von Gott geprägt.

Der literarische Charakter des Hiobbuchs – Hiob Vorlesung Teil 10 | 10.14.1

Worthaus Pop-Up – Tübingen: 14. Dezember 2020 von Prof. Dr. Siegfried Zimmer

Der letzte Teil der Hiob-Vorlesung widmet sich der Frage: Hat das Buch Hiob einen historischen oder einen literarischen Charakter? Bei dieser Frage kommt es entscheidend darauf an, sie nicht nach eigenen Präferenzen zu beantworten, sondern nach klaren Indizien im Hiob-Text. Diese Indizien prüft Siegfried Zimmer sorgfältig und ordnet sie gewissenhaft ein. Und er zeigt: Der literarische Charakter des Hiob-Buchs bedeutet keineswegs, dass im Buch Hiob etwas »erfunden« ist. Denn in diesem plumpen Sinn ist im Buch Hiob überhaupt nichts erfunden. Zimmer weist darauf hin, dass der Inhalt des Hiob-Buchs aus dem Heiligen Geist, aus dem Gebet und aus einer weisen und reifen brüderlichen Beratung stammt. Ein literarischer, fiktionaler Text kann mehr historische Wahrheit enthalten, als ein historischer Text. So gehört das Buch Hiob zu den wertvollsten und tiefsten Büchern der Heiligen Schrift. Es kann uns Gott auf ungeahnte Weise näherbringen, gerade dann, wenn wir in Not sind und die alten, gelernten Antworten nicht mehr tragen. Dieser Vortrag gehört zu der 10-teilige Hiob-Vorlesung von Prof. Dr. Siegfried Zimmer, die durch die Lesung des gesamten Hiobbuchs als Hiobnovelle (11.5.1) und Hiobdichtung (11.5.2) ergänzt wird.

Folgende Stellen im Vortrag könnten interessant sein:

00:41:32»  nur sie würden um ihrer Gerechtigkeit willen ihr Leben retten, Spruch Gottes des Herrn. Ja, und dieser Vers wird dann wiederholt im Vers 20. Also wenn es diese drei Männer heute gäbe zur Zeit des Hesekiel, dann würden sie nur noch sich selber retten und nicht ihren ganzen Clan. Und jetzt schauen wir mal diesen Text an. Es wird also Noah genannt, ist eine frühe biblische Figur, eine vorisraelitische biblische Figur.00:41:56»  Und jetzt schauen wir mal diesen Text an. Es wird also Noah genannt, ist eine frühe biblische Figur, eine vorisraelitische biblische Figur. Noah ist ja kein Israelit, es gibt ja Israel noch nicht. Dann kommt Hierob als Zweiter oder als Dritter? Dritter. Noah, Daniel, Hierob. Dann Daniel, also Noah ist ja aus der Frühzeit und Hierob ja wohl hier auch gemeint aus einer Frühzeit. Dann kann nicht der biblische Daniel gemeint sein.

Die Bedeutung der Bibel für den christlichen Glauben – was Christen der Bibel verdanken | 4.4.1

Worthaus 4 – Heidelberg: 21. Juni 2014 von Prof. Dr. Wilfried Härle

Die Bibel ist merkwürdig. Wer das sagt, der mag es spöttisch meinen. Wilfried Härle sagt es voller Anerkennung. Denn das Buch der Bücher ist eigentlich gar kein Buch, sondern eine Bibliothek verschiedener Bücher in verschiedenen Sprachen, es ist innerhalb eines Zeitraums von 700 Jahren entstanden, ist verwirrend vielstimmig und vielperspektivisch, sich selbst widersprechend und bildet doch eine geheimnisvolle Einheit, ist nicht Alltagsgeschwätz und doch alltagstauglich. Wilfried Härle gibt einen eindrücklichen Überblick über die Bedeutung der Bibel für den Glauben, aber auch für Kultur und Gesellschaft.

Folgende Stellen im Vortrag könnten interessant sein:

00:54:38»  was für schräge und problematische Typen da dabei sind. Das erste Brüderpaar, Kein und Abel. Das erste Brüderpaar wird zum Mörder und Opfer. Was für ein finsteres Bild vom Menschen oder welch Realismus hier darin zum Ausdruck kommt. Noah, der erste, der Wein anbaut und voll in den Rausch verfällt und dann nackt herumliegt und das von seinen Söhnen teils beschützt, teils spöttisch behandelt wird.00:54:59»  Noah, der erste, der Wein anbaut und voll in den Rausch verfällt und dann nackt herumliegt und das von seinen Söhnen teils beschützt, teils spöttisch behandelt wird. Abraham, der Vater des Glaubens, der offensichtlich ein ziemlicher Feigling war, vor allem wenn es für ihn gefährlich wurde und er die Tatsache, dass seine Ehefrau zugleich seine Cousine war, immer dann, wenn er den Eindruck hatte, dass irgendein mächtiger Mensch aus der Umgebung,

Trotzkraft | 13.7.2

Worthaus 11 – Tübingen: 29. Mai 2023 von Christina Brudereck

In einer Zeit voller Krisen, Kriege und Krankheiten brauchen Menschen nicht nur Hoffnung, sondern auch etwas, worüber in den vergangenen Jahren immer mehr Ratgeber und Artikel erschienen sind: Resilienz. Auch bekannt unter dem eher unbekannten Begriff: Trotzkraft. In der Bibel kommt das Wort kein einziges Mal vor. Trotzdem findet die Theologin und Autorin Christina Brudereck einige Beispiele trotzkräftiger Menschen und erzählt anhand von Noah, Jesus und Hesekiel, wie wir lieben statt zu hassen, uns von Gott bewegen lassen und anderen Menschen eine Arche bauen – mit Worten und Taten. Und fast nebenbei gerät Brudereck immer wieder ins Schwärmen über die Bibel, ein wahres Kunstwerk, in dem kein Buchstabe ein Zufall ist. Sie inspiriert nicht nur zu Trotzkraft, sondern ermutigt auch, sich müde und verletzlich zu zeigen, Räume zu schaffen für Tränen und Unsicherheit. Weil das Leben mehr Fragen aufwirft als Wünsche erfüllt. Und wir manchmal einfach trotzig weitergehen müssen.

Folgende Stellen im Vortrag könnten interessant sein:

00:27:59»  des Alltags. Offen lädt sie ein, sich zu bergen. Noch ein paar Worte zu Noah. Noah sagt in der ganzen Sintflut-Erzählung kein einziges Wort. Wir wissen nicht, was er denkt, was er fühlt. Einige Auslegungen haben ihm das vorgeworfen. Könnte er nicht wenigstens wie Abraham für Sodom und Gomorra fürbittend eintreten? Dieses Schweigen ist doch schwer zu ertragen. Ist Noah vielleicht stolz darauf, Gottes Liebling zu sein? Erst nach der Flut spricht er. Die jüdische Auslegung neuerer00:29:30»  dass ein Löwe, der bei der Fütterung übersehen wurde, Noah ins Bein bis. Seitdem hingte Noah, wie Jakob, der mit Gott kämpfte, auch trotzig. Ich lasse dich nicht los, bis du mich nicht gesegnet hast. Auch Noah hinkt und, wenn es ehrlich, wir hinken alle irgendwie, oder? Ich sage jetzt mal wir. Wir, die wir mit Gott ringen, die wir um Hoffnung ringen. Wir hinken. Als der Regen aufhörte und der Wasserspiegel allmählich sinkt, steht die Arche eines Tages auf festem Grund auf einem Berg.

Frühchristliche Prophetie: Im Kontext des antiken Judentums – von Jesus zu Paulus | 5.5.2

Worthaus 5 – Heidelberg: 25. Mai 2015 von Prof. Dr. Marco Frenschkowski

Das Christentum ist eine Offenbarungsreligion. Das Wesentliche wird nicht durch das menschliche Erkenntnisvermögen erschlossen, sondern durch Offenbarungen Gottes enthüllt. Dabei spielen Propheten eine wichtige Rolle. Es ist spannend zu analysieren, wie sich Prophetie im Zeitablauf unterschiedlich intensiv und mit wechselnden Schwerpunkten darstellt. Dabei geht Marco Frenschkowski in seinem nicht ganz einfachen Vortrag folgenden Fragen nach: Was ist mit erloschener Prophetie gemeint? Wie kann vergangene Prophetie für die Gegenwart Identität stiften? Wie wirkt sich das prophetische Element in der entstehenden messianischen Atmosphäre des neuen Testamentes aus? Welchen Stellenwert bekommt Prophetie in den Gottesdiensten der ersten christlichen Gemeinden?

Folgende Stellen im Vortrag könnten interessant sein:

00:44:47»  Denn wie Jona ein Zeichen war für die Leute von Ninive, so wird es auch der Menschensohn sein für dieses Geschlecht. Der Menschensohn, das ist Jesus selbst. Die Königin vom Süden wird auftreten beim jüngsten Tag mit den Leuten dieses Geschlechtes und wird sie verdammen, denn sie kam vom Ende der Welt zu hören die Weisheit Salomos. Und siehe, hier ist mehr als Salomo. Die Königin des Südens, die kennen sie als die Königin von Saba, von der das alte Testament eine wunderbare Geschichte erzählt.

Kann die Erzählung von Adam und Eva historisch gemeint sein? | 3.5.2

Worthaus 3 – Weimar: 2. Juni 2013 von Prof. Dr. Siegfried Zimmer

Am Ende spricht Siegfried Zimmer über den Anfang. Er geht ans Eingemachte, macht sich ans Grundsätzliche, unternimmt einen sprachlichen Ausflug zu den Grundlagen der Welt. Ist die Geschichte von Adam und Eva, ist der biblische Schöpfungsmythos eine Abhandlung, die historisch-naturwissenschaftlich verstanden werden will? Oder geht es vielmehr um die Grundlage des menschlichen Lebens, um das grundsätzliche Verhältnis von Gott und Mensch und Welt? Zimmers These: Wie man diese Fragen beantwortet, ist entscheidend für das Verständnis der restlichen Bibel. Adam ist nicht Adam – Adam ist jedermann, ist jeder Mensch. Die Tür, die diese Erkenntnis öffnet, ist vielleicht erst einmal das Tor zu einer anderen Galaxie, aber letztlich das Tor zu unserer Galaxie und zu einem angemessenen Umgang mit den Texten der Bibel.

Folgende Stellen im Vortrag könnten interessant sein:

00:38:59»  Und es geschah, als sich Ha-Adam auf der Erde zu vermehren begann und ihnen Töchter geboren wurden, da sahen die Gottessöhne, wie schön die Töchter Ha-Adam waren. 1. Mose 6, Vers 1. Das ist also gar nicht weit weg von der Erzählung 1. Mose 6, da kommt es zu merkwürdigen Verbindungen zwischen Menschentöchtern und irgendwelchen anderen. Also, ließt mal diesen Satz, achtet mal auf Plural, gell.00:39:48»  Da sahen die Gottessöhne, wie schön die Töchter Ha-Adam waren. Die Töchter Ha-Adam, also man muss übersetzen, die Töchter der Menschen. Und so übersetzt es auch jede Bibel und deswegen merkt ihr nicht, dass da Ha-Adam steht, gell. Da kam alles Fleisch um, das sich auf der Erde regte, an Vögeln, an Vieh, an wildem Getier und an allem, was da wimmelte auf Erden und alle Ha-Adam. 1. Mose 7, Vers 21.

Kain und Abel (Gen 4, 1–16) | 10.1.1

Worthaus Pop-Up – Tübingen: 29. Februar 2020 von Prof. Dr. Siegfried Zimmer

Das fing ja bekanntlich nicht gut an mit der Krone der Schöpfung. Die ersten beiden Menschen werden aus dem Paradies geschmissen und dann wird ihr erstes Kind auch noch zum Mörder. Wenn man jetzt noch davon ausgeht, dass die ersten Kapitel der Bibel so gemeint sind, dass sowohl Adam und Eva als auch Kain und Abel für die gesamte damalige Menschheit stehen, bleibt ja nur ein Schluss: Der Mensch an sich ist böse. Oder? Siegfried Zimmer analysiert hier eine der bekanntesten Erzählungen der Bibel, eine urgeschichtliche Erzählung, die mehr über den Menschen und Gott sagt, als man zunächst glaubt. Sie erzählt von der Ungerechtigkeit der Welt, von Gottes Reaktion auf eine furchtbare Tat, warum Gott den Mörder schützt. Und wie letztendlich auch wir Menschen mit unseren Mitmenschen umgehen sollten, die Böses getan haben. Auch mit Mördern.

Folgende Stellen im Vortrag könnten interessant sein:

00:29:41»  Die beiden bringen Gott eine Gabe dar. Später sagt man dann, sie opfern etwas. Aber das Wort Opfern wird hier noch nicht verwandt. Sondern es heißt nur, sie bringen eine Gabe. Minchah heißt Gabe, Geschenk, heißt noch nicht Opfer. Bei Noah dann, da beginnen die Opferbegriffe. Noah hatte auch ein Altar. Aber hier ist von Altar nicht die Rede. Also es ist überhaupt nicht davon die Rede, dass irgendwie es Opfervorschriften gäbe oder dass Gott die Opfer eingesetzt hat. Davon ist alles

Baruch de Spinoza – Bibelkritik in der Neuzeit | 11.12.1

Worthaus Sommercamp – Volkenroda: 14. August 2021 von Prof. Dr. Thorsten Dietz

Seit Jahrhunderten wird die Bibel ausgelegt, interpretiert und erklärt. Aber kritisiert? Das wird sie noch nicht lange. Und die Bibelkritik wird ihrerseits kritisiert. Ihr stellt Menschenwort über Gotteswort! rufen die Kritiker der Bibelkritik. Ihr seid antimoderne Fundamentalisten! kritisieren die Bibelkritiker. Thorsten Dietz lässt beide Positionen aufeinanderprallen. In diesem siebten Vortrag der Worthaus-Serie »Geschichte der Bibelauslegung« legt er die Grundlage für das Verständnis der historisch-kritischen Methode. Er erklärt, wie im Humanismus erste kritische Arbeiten entstanden, wie die Reformation die historisch-kritische Methode vorantrieb und nun auch die Katholiken der Heiligen Schrift auf den Grund gehen wollten. Und er erzählt, wie ausgerechnet ein jüdischer Brillenglasschleifer quasi als Hobby die Grundlage für die historisch-kritische Methode legte und die Botschaft der Bibel auf drei Punkte zusammenfasste.

Folgende Stellen im Vortrag könnten interessant sein:

01:01:05»  Also er kommt auf Noah zu sprechen. Er bezweifelt gar nicht, dass Noah, Mose und so weiter alle existiert haben. Aber er sagt, der Noah hat ganz offensichtlich geglaubt, dass Gott das ganze menschliche Geschlecht ausgerottet hat. Und da sagt er, ja, nee, das war was in seiner Umgebung. Warum soll ich das beschreiten? Da wird in seiner Umgebung irgendwas gewesen sein. Aber die ganzen Inseln in der Ferne und so, Amerika, kriegt keiner zusammen.

Die Gerichtspropheten und ihr Kampf um Recht und Gerechtigkeit | 5.3.2

Worthaus 5 – Heidelberg: 23. Mai 2015 von Prof. Dr. Simone Paganini

Simone Paganini präsentiert einen exegetischen Ansatz, der dem einen oder der anderen Zuhörenden durchaus »das Blut in den Adern gefrieren« lassen kann. Denn er negiert zunächst die historische Relevanz des Textes und konzentriert sich rein auf den literarischen Inhalt. Er macht klar, dass Propheten eigentlich immer ein ziemlich übles Los nach dem folgenden Muster gezogen haben: »Es gibt eine Notsituation. Deshalb beruft Gott einen Propheten. Der will aber nicht. Er bittet Gott dann aber um ein Zeichen, um den Job dann doch zu machen. Und am Ende scheitert er, weil niemand die Botschaft Gottes hören oder befolgen möchte.« Dieses Muster wird in der Regel mit den Worten »Und es erging das Wort des Herrn an« eingeleitet und der literarische Exeget weiß dann schon wie der Hase läuft – so ähnlich wie bei der Standard-Märchen-Eröffnung »Es war einmal«. Doch sind die prohetischen Erzählungen auch fiktive Geschichten? Und wäre es tragisch, wenn beispielsweise die Jona-Geschichte eine rein fiktive Erzählung ist? Steckt nicht auch in dem Text allein die entscheidende Botschaft? Diesen Fragen geht Simone Paganini nach und macht dabei deutlich, dass der »Gott der Propheten« eine klare Vorstellung davon hat, wie eine Gesellschaft sein sollte: Solidarisch. Es geht um die Unterstützung der Armen und Unterdrückten, um Kritik an den Mächtigen und der damit verbundenen Ungleichheit. Und die ist leider keine Fiktion, sondern knallharte Realität – damals wie heute.

Folgende Stellen im Vortrag könnten interessant sein:

00:35:53»  Amitai war der Papa von Jonah, Name, Familiennamen, Sohn von Aufhebrech, der Mann, Sohn von dem, wird genau identifiziert, wer der war. Das heißt, er ist ein Prophet, das Wort ist nicht sein Wort, das ist das Wort Gottes. Und das Wort, das Jonah bekommt, ist Geh nach Nineveh und prophezei in Nineveh. Die Geschichte mit den Assyrern ist eine sehr interessante Geschichte. Die Assyrern sind oder waren ein ganz wichtiges Volk in der Antike.

Die Entstehung des Alten Testaments | 4.2.1

Worthaus 4 – Heidelberg: 19. Juni 2014 von Prof. Dr. Manfred Oeming

Das Alte Testament ist verschrien als schwere Kost, als undurchdringlich, langweilig, scheinbar unkonsumierbar. So oder ähnlich dachte anfangs auch Manfred Oeming. Erstaunlich, denn er ist nichts anderes als ein Theologe mit dem Schwerpunkt Altes Testament. Ihn, den früheren Skeptiker, hat das Alte Testament gepackt und nicht mehr losgelassen. Wie konnte es dazu kommen? Woher hat die heilige Schrift zweier Weltreligionen diese Kraft? Vielleicht, weil es an die Anfänge von allem geht, ans grundsätzlich Menschliche, an die Grundzüge menschlicher Existenz, an den Anfang, ans Eingemachte. Zum Elementaren reist Manfred Oeming mit seinen Zuhörern, bereist 1.000 Jahre Literaturgeschichte in eineinhalb Stunden. Eine Reise, die für die, die sich aufmachen, kaum folgenlos bleiben dürfte.

Folgende Stellen im Vortrag könnten interessant sein:

00:22:35»  Und als der wieder aus der Arche rauskam, hat er einen Opfer dargebracht. Die Götter waren heilfroh, dass es die Menschen noch gab und sie stürzten sich, so heißt es da, wie die fliegen auf das Opfer nach der Sintflut. Wenn Sie diese, ich weiß nicht, ob Sie den Film gesehen haben, Noah, das ist voll mit altorientalischer Mythologie. Das ist voll mit Texten, die wir jetzt datieren können um das Jahr 1000. Die alttestamentliche Wissenschaft

Wer ist der Mensch? Die Erschaffung des Menschen (Genesis 2, 5–7) | 3.1.1

1. Vortrag zu Genesis 2 von Worthaus 3 – Weimar: 29. Mai 2013 von Prof. Dr. Siegfried Zimmer

Nicht bei Adam und Eva anfangen. Das sagt man, wenn jemand höchstens über Umwege zum Thema kommt. Siegfried Zimmer fängt bei Adam und Eva an. Aber nicht, weil er nicht zum Wesentlichen käme, sondern weil er die Erschaffung der ersten Menschen zum Thema macht. Wer ist der Mensch? Es ist eine der Fragen aller Fragen. Die Bibel beantwortet sie mit nur drei Versen, kommt ohne Analysen oder Theorien aus. Alle Aspekte des Menschlichen packt sie in ein paar schlichte Worte. Siegfried Zimmer presst die Verse aus wie eine Zitrone, er holt in seiner Anatomie der Schöpfungsgeschichte des Menschen auch den letzten Tropfen aus ihr heraus. Er dreht jedes Wort um, arbeitet sich Stück für Stück zum Wesentlichen vor. Eine Reise ins Wesen des Menschlichen – eine Expedition ins Verhältnis von Schöpfer und Geschöpf.

Folgende Stellen im Vortrag könnten interessant sein:

01:06:22»  Was ist der Sinn und was hat die eigentlich für eine Aufgabe? Die Arche Noah wird nie beschrieben im Alten Testament. Sondern es wird erzählt, wie sie gemacht worden ist. Das wird erzählt. Also sozusagen ihre Erschaffung, ihre Herstellung. Ein Orientaler erklärt das Wesen einer Sache im Ursprung der Sache. Der im Ursprung kommt raus, was das ist. Also heutige empirische Wissenschaften, biologische Anthropologie kann ja nur Biologisches bringen.

Das Salz der Erde – Was ist Jüngerschaft? (Mt 5,13-16) | 6.8.1

Worthaus@Freakstock 2016 – Allstedt: 30. Juli 2016 von Prof. Dr. Siegfried Zimmer

Das Salz der Erde sollen wir sein? Also weiß, käuflich und in großen Mengen ungenießbar? Nein, das hat Jesus nicht gemeint, als er sagte: »Ihr seid das Salz der Erde.« Was Salz in der Antike bedeutete und welches​ Verständnis Jesus von Jüngerschaft hatte, erklärt Siegfried Zimmer. Salz war nicht einfach nur ein Gewürz neben Pfeffer, Paprika und Curry. Salz war heiß begehrt wie Gold. Salz konserviert und stoppt den Verwesungsprozess. Salz reinigt. Salz funktioniert nur in einer gewissen Menge, ein einzelnes Salzkorn ist wirkungslos. Und Salz ist das einzige Gewürz, das für unseren Körper überlebensnotwendig ist. So hoch denkt Jesus von Jüngerschaft. Damit verleiht er dem Leben und Wirken seiner Nachfolger eine universale Bedeutung. Deshalb schließt Siegfried Zimmer seinen Vortrag mit einem gewichtigen Satz: »Unterschätzt nicht das, was Gott aus euch noch machen kann.«

Folgende Stellen im Vortrag könnten interessant sein:

00:13:07»  Es kommt fast nur Männer vor. Es heißt ja schon in den Seligpreisungen, selig, die Frieden schaffen, denn sie werden Söhne Gottes heißen. Es gibt ja auch das Wort Kinder. Nein, aber Söhne. Und auch in dem Feindesliebe heute Abend, damit ihr Söhne eures Vaters, liebt eure Feinde, damit ihr Söhne eures Vaters im Himmel sind. Und selbst wenn es um Kleider geht, kommen wieder die Männer. König Salamo, niemand von den Lilien war so schön gekleidet.