Dieses Buch Numeri ist ein Teil der Thora, also der Bücher Genesis, Exodus, Leviticus, Numeri und Deuteronomium. Die zusammen bilden den Pentateuch, die fünf Bücher, und zusammen mit dem Buch Josua sind sie der Hexateuch. Dieses Buch Numeri, naja, hat 36 Kapitel. 36 Minuten schaffe ich wahrscheinlich nicht ganz, aber ich möchte trotzdem zu jedem Kapitel vielleicht irgendetwas sagen, nur nicht unbedingt in der Reihenfolge, wie sie vorkommen. Es sind 36 Kapitel dicht gedrängte Reden, Gesetze und Erzählungen und das ineinander geschoben, immer wieder überblendet und abgewechselt. Das ist eigentlich zu viel für einen Vortrag, also wird es um ausgewählte Aspekte gehen,
um ein Kennenlernen des Inhalts, wie auch des Aufbaus dieses Buches. Mit dem Blick auf das Buch Numeri wird schon eine Vorentscheidung getroffen, die ein ganzes Jahrhundert Forschungsgeschichte hinter sich weiß, aber auch hinter sich lässt. Denn der Zugriff, mein Zugriff heute, erfolgt nicht über das Quellenmodell des 19. Jahrhunderts, also das JEDP, den Javisten, den Elohisten, das Deuteronomium oder die deuteronomistischen Schichten und die Priesterschrift, sondern die Vorstellung, dass dieses Buch Numeri eine Komposition für sich ist, das ältere und jüngere Bestandteile hat, das aber in sich ein geschlossenes Ganzes bildet, mit einem ganz gezielten und gewolltem Anfang und einem ganz gezielten und gewolltem Ende.
Es ist ein für sich stehender Teil der Fünffünftel der Torah, der Ch Ch schöne jüdische Weise oder Rede von den Fünffünfteln der Torah sagt. Das zeigt ja einerseits an, dass die Torah ein Ganzes ist, also dass sie komplett ist in diesen Fünffünfteln, aber trotzdem aus fünf Teilen besteht. Diese fünf Teile sind nicht völlig gleich in ihrem Aufbau, in ihrem Umfang, in ihrer Erzählweise, aber sie bilden zusammen das Ganze. Und ohne einen dieser Teile würde dem Ganzen etwas fehlen, auch ohne das Buch Numeri. Nun darf man sich nichts vormachen. Das beliebteste, denn das war nicht immer so, dass dieses Buch Numeri ein unbeachtetes und ungeliebtes gewesen ist. Mittelalterliche Herrscher beispielsweise haben große Stücke auf Bileam und seine Weissagung gehalten.
Sie haben sehr viel an den Diskursen über Hierarchie, über Herrschaft, über Autorität im Buch Numeri herausgezogen und gelernt. Und sich daran gehalten. Entsprechend viel Aufmerksamkeit bekam das Buch sowohl in den alten jüdischen als auch in den alten christlichen Kommentaren. Was ich Ihnen heute vorstellen möchte, ist das Buch Numeri von seinem Inhalt her. Ich möchte auf den Aufbau des Buches eingehen, dann etwas zur Entstehungsgeschichte sagen.
Versuchen Sie etwas hineinzunehmen in den historischen und kulturellen Kontext dieses Buches, der eine spannende Geschichte entfaltet. Dann ein paar Dinge zur Wirkungsgeschichte, einiger Texte aus dem Numeri-Buch sagen. Und vielleicht auch etwas zu den theologischen Stärken, aber auch zu den Schwächen dieses Buches. Und dann am Ende zu einem Ertrag kommen. Was ist das Buch Numeri denn für uns heute? Was macht es noch lesenswert? Warum begeistere ich mich für dieses Buch von morgens bis abends und von den ganzen Tag in der Woche? Also warum sollte ein Mensch des 21. Jahrhunderts dieses Buch lesen? Und ich empfehle Ihnen, das zu lesen. Von vorne bis hinten einmal durchzulesen. Um einen Eindruck zu bekommen, wie geschlossen die Erzählform ist, wie viel an Perspektiven dort ineinander fließt.
Also zunächst einmal etwas zum Inhalt, gerade weil es das Unbekannteste der Fünffünftel ist, ein wenig mehr zum Inhalt. Bei Adam und Eva anfangen ist immer gut, denn die kennt schließlich jeder. Aber wie soll man ein Buch vorstellen, das so reich von unterschiedlichen Texten ist, das von denen nur wenige Highlights bekannt sind? Biliams Eselin, das neben der Schlange von Genesis 3 einzige sprechende Tier in der Bibel. Naja, das kennt vielleicht noch jede oder jeder. Aber das Hobab, nennen wir ihn mal vorsichtig einen Verwandten der Frau des Mose, die Lagerplätze in der Wüste besser kennt als Israel, Nummer 1031, das gehört dann schon eher zum Spezialwissen in einem Bibelquiz.
Dass Israel in der Nacht vor dem Auszug aus Ägypten ein Pessach, ein Pascha, ein Pascha-Fest feiert, das mit ungesäuerten Broten und mit dem Lamm im Stehen heilig, das dürfte zum Allgemeinwissen gehören. Aber dass man auch beim Aufbruch von dem Fuße Sinai, also beim Aufbruch in die Wüste, wieder ein Pessach gefeiert hat, mit dem transportalen Heiligtum, dem Begegnungszelt oder wie Luther es genannt hat, der Stiftshütte, mit der so treffenden Formulierung von Benno Jakob, dem wandern den Sinai, das wird dann schon eher in das Spezialwissen gehören. Dieses Pessach und diesen Aufbruch, der findet statt nach der Inbetriebnahme des Begegnungsraums,
nach der Inbetriebnahme dieses Zeltheiligtums am Sinai. Und auch da wird ein Pessach gefeiert, des Aufbruchs, das jetzt in die Wüste hineinführt. Und damit sind die beiden Aufbrüche aus Ägypten und vom Berg Sinai parallelisiert in eine Gemeinschaft hineingebracht, noch mit einem dritten Pessach, das gefeiert wird nach dem Übergang über den Jordan. Und da haben wir schon eine Perspektive, die uns immer wieder begleiten wird, die ich auch immer wieder aufrufen werde. Das ist die Zwischenstellung des Buches Numeri auf der einen Seite als ein Teil der Fünftel der Torah und auf der anderen Seite als ein Teil des Hexateuch, des Sechs Buches, das die Landnahme und das Hineingehen in das Land noch mit hinein nimmt. Dass dann auch im Buch Numeri so wichtige Fragen verhandelt werden, ob man Feste immer gemeinsam feiern muss.
Und mit allen feiern muss. Oder ob auch manche mal verhindert sein dürfen. Ob sie in Quarantäne sind, wie einige im Buch Numeri, weil sie sich unrein gemacht haben durch die Berührung einer Leiche. Weshalb ihnen dann ein Ersatztermin genannt wird für die Feier des Pessach. Diese ganze Gemeinschaft Israels also auf die wenigen Rücksicht nimmt, die nicht mitfeiern können. Und dennoch man die Idee hat, alle sollen feiern, alle sollen gemeinsam feiern und man findet eine relativ naheliegende Lösung. Dann sollen die, die verhindert sind, ihr Pessach einen Monat später feiern. Naja, so was gehört dann schon eher in den Bereich Wer weiß denn sowas? Wie man also ein Buch vorstellen soll, das auf der einen Seite so fremd ist, dass auf der anderen Seite aber so sehr das Bekannte voraussetzt.
Das ist nicht ganz so einfach. Dieses Buch begleitet mich nun seit fast 20 Jahren in meiner Arbeit, exegetischen Arbeit am Alten Testament. Und das Ziel, was ich zu erreichen suche, ist ein großer Kommentar zu diesem Buch, den ich schreiben möchte. Von daher gibt es natürlich immer wieder eine gewisse Diffamation professionelle. Also naja, der Mann, der liebt das Buch, der beschäftigt sich nur damit, dann wird er das vielleicht auch etwas besser kennen als andere. Und manchmal die Zuhörer an der einen oder anderen Stelle, wie man so locker sagt, abhängen. Aber das werden sie schon ertragen und merken, wo das Pferdchen der Spezialisierung mit mir durchbremt. Also wie ein Buch vorstellen, das so fremd und doch so nah ist, das so viel voraussetzt und so eingebunden ist in den Kontext.
Die Vorstellung also, dass diese Wüste etwas zu sagen hat und dass man den wahren Geschmack des Wassers nur in der Wüste erkennt. Einzutauchen in diese Wüste, in das Nichtkulturland, das weder von der Bergsituation der Gottesbegegnung geprägt ist, noch von der Erfüllung im Land, sich darauf einzulassen auf diesen Zwischenbereich, auf dieses Grenzland zwischen Berg, Sinai und Land. Das ist das, was das Numeribuch bietet. Vieles kann ich nur anreißen und auch notgedrungen immer wieder voraussetzen. Deswegen lesen, lesen, lesen. Aber lassen Sie mich kurz den Rahmen setzen und auf den ersten und den letzten Vers dieses Buches ganz kurz eingehen,
damit wir eine Vorstellung haben von dem, was dieses Buch ausmacht, wie es zum Buch wird. Und der Herr besagt den Moschee, wenn er in Sinai in der Nacht steht, und in einem Monat, in der zweiten, in der zweiten, und in dem Land, in dem er lebt. So lautet der erste Vers. Und es redete der Herr zu Mose in der Wüste Sinai im Offenbarungszelt. Am ersten des zweiten Monats im zweiten Jahr ihres Auszugs aus dem Land Ägypten. Jedes Wort sitzt und verankert dieses Buch in einer großen Erzählung vom Auszug, Befreiung, Offenbarung und Begegnung. Ein ganzes Jahr hält sich Israel am Sinai auf.
Im zweiten Monat war Israel in der Wüste Sin, kurz vor dem Sinai angekommen. Im dritten Monat war es am Fuß des Berges. Gott redet in keinem Buch so viel und so oft wie im Buch Numeri. Und zwar redet er immer mit Mose oder mit Mose und Aaron. Nicht mehr auf dem Berg, nicht mehr direkt wie mit den zehn Geboten, sondern durch den Knecht Mose. Im Heiligtum oder vor dem Heiligtum. Und das ist auch eine Besonderheit des Buches Numeri, auch jenseits dieses Heiligtums, also außerhalb des Heiligtums. Am ersten, ersten, am ersten zweiten des zweiten Jahres. Erinnern Sie sich an das erwähnte Pesach? Das Pascha-Fest feiert man im ersten Monat. Der Monat Avib soll eure Monate anführen.
Wenn die Pesachfeier in Numeri 9.1 angeordnet wird, dann hat diese in Numeri 1.1 am Anfang des Buches schon stattgefunden. Und da merkt man die Raffinesse des Aufbaus, der mit einer Rückblende beginnt und hinterher erst einholt, was in den ersten zehn Kapiteln passiert. Nämlich die Einweihung des Heiligtums, die in dem ersten Monat kulminiert und die vor dem Aufbruch dann dieses Pesach setzt. Der ganze Abschnitt besteht aus Rückblenden, die ineinander greifen. Das Geschehen wird also zeitlich so verdichtet, dass die lineare Zeit am Sinai sich quasi im Erzählen immer wiederholt. Immer wieder auf den Punkt zurückkehrt, der am Berg das Entscheidende markiert.
Nämlich die Begegnung im Begegnungszelt, die Begegnung Gottes, der in der Mitte seines Volkes wohnen will. Lange bevor Israel also in die Zeit der Wanderschaft wechselt, wo dann das Erzähltempo auf einmal ganz schnell wird, ganz viel höher wird, dehnt sich diese Zeit in den ersten Kapiteln in einer sehr extensiven Weise. In der Wüste ist sie hoch verdichtet. 40 Jahre in der Mitte vergehen relativ schnell. Im Vergleich zu den wenigen Tagen des Abschlusses der Initiation, die in den ersten zehn Kapiteln erzählt wird. Und am Ende nach Nummer 22, 1, wo Israel in den Steppen von Moab ankommt, also im Ostjordanland an der Grenze zum Jordan, da beginnt es wieder langsamer zu werden. Immer dehnt sich die Zeit fast auf den einen Tag hin, der dann das Deuteronomium ist.
Der Abschluss und letzte Tag im Leben des Mose, der eine große Abschiedsrede an seinem letzten Tag hält und damit sozusagen diese zeitliche Extension bis ins fast unerträgliche von 34 Kapiteln ausdehnt. Das Geschehen wird also zeitlich verdichtet und gedehnt und damit eine Erzählstrategie dargelegt, die an den beiden Endpunkten kurz vor dem Land und an der Grenze des Sinai die Zeit lang sein lässt, in die Dauer nach vorne und in die Dauer zurück. Und diese Zwischenzeit, die als Zeit der Strafe und der Minderung betrachtet wird, die möglichst hoch verdichtet. Der letzte Vers des Buches, also 36 13, der beendet die Offenbarung an Mose, denn dieses Deuteronomium ist ja nur eine große Rekapitulation all dessen und eine Auslegung des Empfangenden.
Das wird noch wichtig werden, dass Auslegung ein Teil der Thora ist und dort im Erzählen des Deuteronomiums schon als eher in diese Abschiedsrede hineingebracht ist. Der Schlussvers des Numeribuches heißt, das sind die Gebote und Rechtssatzungen, die der Herr den Israeliten in den Steppen von Moab am Jordan bei Jericho durch Mose gegeben hat. Und wieder hat man den Eindruck, diese verketterten Teile des Satzes, die haben eine Bedeutung, die haben eine Verankerung, mit denen das Erzählen ja strukturiert wird und auch eingebunden wird. Auch hier hat jedes Wort Gewicht, angefangen von den Bezeichnungen der empfangenen Gesetze, den Hamizwot und den Hamishpatim.
Und das unterscheidet sich von den Bezeichnungen, wie sie in Exodus oder wie sie in Deuteronomium und Leviticus gebraucht sind. Aber sie schließen am stärksten an das Ende des Leviticus Buches an. Also die Idee, dass diese beiden Enden des Numeribuches und des Leviticus Buches auch ja aufeinander abgestimmt worden sind, parallelisiert worden sind. Und zugleich nach vorne schauen zum Deuteronomium. Auch das ist ein faszinierendes Moment, dass die Komposition, die letzten Kapitel des Numeribuches, schon von der Sprache, von den Phrasen, von der Erzählweise anbindet und angleicht an das Deuteronomium. Die Autoren, die sich da die Verdichtung im Numeribuch zu Herzen genommen haben und das genau an diesen Ort hineingesetzt haben in die Thora,
die haben sich sehr wohl etwas dabei gedacht, dass sie die Stile innerhalb des Buches auch wechseln lassen und je nach vorne in die Exulus-Erzählung oder nach hinten in das Buch Deuteronomium, das Buch Josua, hinein herausdehnen. Auch die Lokalisierungen im Grenzland, in den Niederungen des Gebietes von Moab, in den Steppen von Moab, also hinter dem Gebirge schon in Richtung auf das Land gegenüber von Jericho, am Nordwestland des ostjordanischen Hochgebirges, das hat eine Bedeutung, denn diese Bezeichnungen tauchen sowohl im Numeribuch als auch im Deuteronomium auf. Gegenüber von Jericho, Jericho als der Marktpunkt für die Übergangserzählung, also für die Eroberung Jerichos in Josua 6.
Da, wo eine Furt am Jordan besteht, da lagert Israel mit seinen 613.000 männlichen Mitgliedern. Zwischen diesen beiden Polen, also zwischen dem, naja, am Tag, am Sinai, dem 1.2. des 2.Jahres, und das waren die Gesetze oder das sind die Gesetze, die Gott dem Mose in den Steppen von Moab gegeben hat, da spannt sich dieses Buch aus, das zu den wohl unterschätztesten der Bücher des Pentateuches gehört. Der Name, wo kommt eigentlich der Name her, Numeri? Wenn man heute mal googelt, dann findet man bei Numeri überwiegend Bücher, die über Zahlen sind. Numerus, die Zahl, und das sind die Zahlen.
Weil dieses Buch gerade durch die Zählungen bestimmt ist, ist es nach den Zahlen benannt worden. Weil die Zählung der Israeliten dieses Buch einleitet, hat man es in den lateinischen und griechischen Aritmoi so genannt. Im Hebräischen heißt es Bamit Bar, in der Wüste, weil die hebräischen Bezeichnungen der Bücher sich von den ersten Versen her ableiten. Und dort war in der Wüste eines der Stich- und Kernworte. Also Bamit Bar in der Wüste, eher vom Inhalt des ganzen Buches her geprägt und gerade vom Mittelteil her geprägt, Aritmoi von den beiden Zählungen im Kapitel 1 und 26. Was wird nun erzählt in diesem Buch Numeri, in den 36 Kapiteln? Und das macht es ganz schwierig, sind nicht große Blöcke wie in den Genesis-Erzählungen,
wo man die Jakobs-Erzählung, die Abrahams-Erzählung in den großen Erzählungen der Arz-Eltern hat, oder die Exodus-Erzählung, die in sich zusammenhängt mit den großen Stücken, die über den Aufbau und die Fertigstellung des Heiligtums berichten. Das Buch Numeri hat unendlich viele Fastgegenstände in den 36 Kapiteln. Jedenfalls mehr als 36. Und doch möchte ich Sie kurz vorstellen, damit Sie einen Eindruck davon bekommen. Wie gesagt, es beginnt erst einmal mit der Volkszählung. Also das Volk soll ja gemustert werden, gezählt werden am Anfang. Das ist Numeri 1. Dann wird etwas gesagt über die Lagerordnung, also wie diese Stämme sich entsprechend aufstellen und lagern sollen, sowohl bei ihrem Aufbruch als auch in dem Lager, das sie am Sinai, am Fuß des Sinai bilden.
Und dann beginnt sozusagen die soziale Strukturierung, in dem die Stämme in ihrer Zahl genannt werden, wird ein Stamm aussortiert, die Leviten. Und diese Leviten, das sind niedere Kultangestellte, die den Priestern in einer sehr markanten Weise zur Hand gehen bei den Aufgaben, die den aronidischen Priestern vorbehalten sind. Diese Leviten werden ausgesondert und das erzählt Numeri 3. Und dann wird der Dienst genau beschrieben, den diese drei Familien der Leviten zu erfüllen haben, nämlich den Dienst. Und da merkt man schon diese Erzähl-Dynamik, die da aufgebaut wird, das Heiligtum einzupacken, für den Transport sicherzustellen. Wer muss was zusammenschrauben oder zusammenstecken? Schrauben gab es ja nicht. Wer muss also was zusammenstecken von diesem Heiligtum? Wer muss was zusammenpacken, einhüllen? Wer darf und muss was tragen?
Da gibt es Vornehme, die Kehatiten, die nur ganz bestimmte Teile des Heiligtums aus dem Innenraum tragen. Da gibt es die Gershonita und die Merarita, die für die Außenbereiche oder das Gebäude selbst zuständig sind. Mit also der Zuteilung der Aufgaben dieser Leviten, die als den Priestern und vor allen Dingen den Priester Itamar zugeordnet werden, beginnt schon die Dynamik des Aufbruchs. Und dann hemmt es quasi wieder, hat man den Eindruck, weil dann in Nr. 5 und 6 ein Ritualcluster eingebunden ist. Also ein Stück, das sehr in sich komponiert ist, das Rituale beschreibt. Es beginnt zunächst einmal mit einigen Versen über die Lagerordnung und wie dieses Lager in den ersten vier Versen beschrieben wird.
Und dann in einem Abschnitt über die Veruntreuung, der eine Auslegung von Leviticus 5 ist, mit der sogenannten Sota, also dem Eifersuchts-Ordal für eine Frau, die des Ehebruchs verdächtigt wird, mit dem Naziräat, einer Weihe für Privatpersonen, die sich den Priestern damit gleichstellen, und dem bekanntesten Stück wahrscheinlich des Numeribuches, dem Aaronitischen Segen. In Nr. 7 kommen dann wieder diese Stämme, die gerade in Nr. 2 verlassen worden waren, in einer ganz besonderen Weise zur Geltung. Sie bringen alle ihre Gaben zur Initiation des Heiligtums. Auch dort die Dynamik des Aufbruchs. Sie bringen erst einmal Wagen und Rinder. Mit diesen Wagen und Rindern wird angezeigt, ja, dieses Transportable, der wandernde Sinai, der soll sich bewegen.
Und doch sind wir noch nicht so weit, dass er sich bewegen kann. Erst muss noch dieses Heiligtum in der Initiation, in der Installation und Inauguration des Kultes vollendet werden. Und dazu bringen die Stammes Ältesten oder Stammes Oberen jeweils ihre Gaben zur Einweihung des Heiligtums. Goldene und silberne Schalen mit Weihrauch, mit Mehl, mit entsprechenden Opfertieren. Und das Spannende ist, dass sie alle absolut das Gleiche bringen. Wenn man das liest, langweilt es nach dem dritten Mal, weil man ja schon weiß, was kommt. Und denkt sich, mein Gott, hätten sie das nicht kürzer machen können mit einem Satz und sagen können, alle brachten das Gleiche. Es ist ganz gezielt, dass die zwölf Kinder Jakobs ausgesortiert werden als Stämme. Und diese Stämme in der Performance, also in der Durchführung alle dasselbe bringen. Um deutlich zu machen, so wie die Fünftel der Thora ein Ganzes bilden, so bilden die zwölf Zwölftel der Stämme Israels ein Ganzes.
Und sie sind alle gleich. Sie sind nicht hierarchisch geordnet in ihrer Präsentation. Nicht der eine bringt mehr, weil er reicher an Vieh oder reicher an Ressourcen ist, sondern sie bringen alles Gleiche. In Nr. 8 dann wird das Heiligtum dadurch vollendet, dass der Leuchter, der siebenarmige Leuchter, der im Heiligtum in der Mitte steht, dass der in Gang gesetzt wird. Und damit ein Detail nachgetragen wird, das noch nicht installiert war in Exodus 35 bis 40, als das Heiligtum ja vollendet worden war. Und dann werden die Leviten geweiht. Also die Leviten, die in Nr. 3 aussortiert wurden aus den zwölf Stämmen Israels, die eine Sonderrolle spielen werden. Die sollen jetzt den Priestern zugeordnet werden, dem Aaron zugeordnet werden und seinen Söhnen auf der einen Seite.
Und sie sollen aussortiert werden aus den Israeliten, weil sie eine Sonderrolle spielen. Diese Sonderrolle besteht darin, dass sie wie ein Puffer zwischen dem Volk und den Priestern vor Gott agieren. Und dann kommt das schon erwähnte zweite Pessach mit den Schwierigkeiten, die es da gibt, dass einige verhindert sind und man regelt das. Und da kommt auch ein Spezifikum des Buches hinein, wenn ich sage, man regelt das. Naja, so einfach ist das ja nicht zu regeln. Es gibt ein Gesetz und dieses Gesetz gilt. Das, was Gott dem Mose geoffenbart hat, das soll so auch gelten. Also Exodus 12, wie man das Pessach zu feiern hat. Und jetzt kommt es sozusagen zu Schwierigkeiten, mit denen man umgehen muss. Die Thora hat dafür erst mal keine Lösung.
Also befragt Mose entsprechend Gott und erhält die Antwort und gibt die Antwort. Dann sollen die einen Monat später feiern. Die Thora interpretiert sich in der Gestalt des Mose selbst und findet eine Lösung für ein Problem. Das ist ein Muster, das im Buch Numeri sehr stark gemacht wird und das noch einmal die Kraft dieser Thora zur Selbstauslegung zeigt. Nachdem dieses Pessach dann auch das zweite gefeiert ist, kommt eine Anweisung, die man auch erst einmal fast gar nicht zuordnen kann. Man soll zwei silberne Trompeten anfertigen. Trompeten, jetzt wird ein Klangraum geschaffen. Wenn wir aber in Exodus 19 angefangen haben zu lesen, also dort, wo die erste Begegnung mit Israels, mit Gott stattgefunden hat, wo der Berg gedonnert hat, geraucht hat, Geräusche waren, eine Stimme gehört worden war,
dann war dort auch eine Soundscape, auch ein Laut, der zu vernehmen war. Und genau jetzt am Ende Exodus 19 Numeri 10 vor dem Aufbruch gibt es wieder eine solche hörbare Form, die in den hergestellten Trompeten da sind. Die sollen für den Aufbruch da sein, die sollen die Feste einleiten, die sollen für Kriege verwendet werden, um das Volk zum Aufbruch zu bewegen. Aber sie sollen für den Aufbruch sein. Auch dort, auch wenn diese trockene Sprache diese silbernen Trompeten herstellen lässt, hat man den Eindruck, es geht um den Aufbruch. Der Blick ist nach vorne gerichtet. Darum geht's jetzt, soll es endlich losgehen. Und das tut es auch in Numeri 10, 11 mit dem Aufbruch, wo dann die Ordnung, die am Anfang entfaltet worden ist, umgesetzt wird und dieses Heiligtum ummantelt wird.
Dass die Stämme in einer ganz bestimmten Anordnung um das Heiligtum herum diesen Aufbruch vollziehen. Und die Lade, die dann zu einem zentralen Gegenstand wird, weil sie für die Führung zuständig ist, die wird nochmal mit Ladesprüchen ganz besonders herausgehoben. Nach diesem fulminanten Aufbruch, der immer wieder zurück zum Exilus geschaut hat und nach vorne in die Wüste, beginnt es mit einer großen Depression. In Numeri 11 beginnt das Volk, einen Schritt hat es vom Sinai weggemacht, zu murren. Es passt ihnen nicht, dass sie zu wenig zu essen haben, dass das Essen nicht genauso ist wie in Ägypten, dass es nicht das vernünftige Gemüse und das Fleisch gibt. Und sie klagen und fordern den Mose heraus, der dafür verantwortlich sein soll.
Diese Murgeschichten, die begleiten jetzt die Wüstenzeit durch und durch. Und das Interessante ist, dass sie nicht stärker werden, sondern dass sie eigentlich immer weniger werden. Dass dieses Murren des Volkes sich immer weiter abschwächt. Und am Ende die Führung, die Mose und Aaron darstellen, diese hierarchische Führung, eigentlich mehr oder minder in die Subzession unbestritten überführt wird. Aber am Anfang ist Rebellion, da muss sofort der Widerstand geleistet werden. Und das, was so faszinierend ist, ist, dass nach dem größten Höhepunkt am Sinai mit einem Mal die Erzählspannung abfällt. Und dieses Volk als ein widerspenstiges dargestellt wird. Das ist kein einfacher Weg, den offensichtlich Gott mit diesem Volk durch die Wüste geht.
Und kein einfacher Weg, den dieses Volk mit seinem Gott durch die Wüste geht. Aber so wie in allen Murgeschichten werden sie beendet durch die Gnade Gottes. Der ist zwar manchmal jetzt salopp gesagt stinksauer und beschwert sich auch jetzt habt ihr schon zehnmal mich herausgefordert. Jetzt reicht es doch wirklich mal. Nein, jedes Mal endet es wieder mit einer Begnadigung. Manchmal kann er vollständigen, wir werden darauf noch kommen, aber der Gnade Gottes. Nachdem diese erste Murgeschichte also durch die Gabe Gottes durch das Manna Exodus 16 vor dem Sinai, wieder merkt man, die Komposition hat sich was dabei gedacht, dass jetzt nochmal das Manna auftaucht. Vor dem Berg und nach dem Berg unmittelbar sind diese Manna und Wachteln Geschichten. Also die Wachteln, die dann eingesammelt werden, die Fleischgier des Volkes stillen.
In Nummer 12 wird dann der Führer Mose sowohl in seiner persönlichen Integrität herausgefordert, seine Geschwister Aaron und seine Schwester Miriam fordern ihn heraus, weil er eine kuscheitische Frau hat. Also eine Frau, die offensichtlich nicht aus dem Volk Israel kommt. Ob das Zipporah ist oder eine andere Frau, darüber kann man viel spekulieren. Aber der Angriffspunkt ist die familiäre Situation des Mose. Und dass sie gleichzeitig sagen, hat denn Gott nur durch Mose gesprochen? Hat er nicht auch durch uns gesprochen? Sie fordern also Anteil an der Offenbarungsfunktion, an dieser herausgehobenen Gestalt des Mose, die wie keine andere diese Nähe Gottes erfährt und aushält. Und sagen, das können wir doch auch. Hat nicht Gott auch durch uns gesprochen?
Und Gott weist sie zurück, bestraft die Miriam, er weist sie zurück und bestraft nur Miriam, weil Aaron als der hohe Priester, na, er wird getadelt, aber nicht gleichermaßen bestraft, sie Mose herausgefordert haben. Und dieser Aussatz Miriams wird begleitet durch die Auszeichnung des Mose. Er war der Demütigste der Menschen. Und die prominente Rolle, die dann eingeführt wird des Mose, die er auch durch die ganze Geschichte immer wieder durchhalten wird, ist die des Fürbitters. Er setzt sich ein für seine Geschwister und sagt, na, die Strafe soll aber nicht zu hart sein. Sie soll nicht sein wie eine Fehlgeburt, so möchte Aaron es verhindern. Und Mose schreit zum Herrn, er erreicht auch eine Begnadigung der Miriam, die dann nur entsprechend dem Gesetzes nur in Quarantäne muss.
Und wieder das ganze Volk wartet auf die Miriam, die dann mit Aussatz gestraft ist, um danach wieder aufzubrechen und weiterzugehen. Nach diesen beiden Murrgeschichten kommt Israel nach Kadesh. Kadesh Barnea, das ist der Ort, der an der Grenze des Verheißungslandes liegt. Es werden Kundschafter ausgeschickt und man hat den Eindruck, jetzt ist es so weit. Nach kurzem Aufbruch, jetzt kann es vollendet werden, das, was Gott verheißen hat. Ein Land, in dem Milch und Honig fließen. Die kommen zurück und sagen, ja, okay, da gibt es zwar Früchte, die sind wunderbar, aber da gibt es Riesen, da kriegen wir was auf die Mütze, wenn wir da hingehen. Wir können die nicht bezwingen, das wird uns gar nicht gelingen. Und sie machen das Land schlecht durch die Gerüchte.
Zwar bringen sie die Früchte mit, aber die kann das Volk nicht überzeugen. Das Volk beginnt wie am Anfang sofort zu hadern, wären wir doch in der Wüste gestorben, wären könnten wir doch nach Ägypten zurück. Bloß nicht sich auf diese, ach das Risiko, die Verheißung einlassen. Weil es welche gibt, die das mardig machen, im wahrsten Sinne des Wortes. Das nun wieder bringt Gott so auf die Palme, dass er sagt, jetzt ist Schluss. Die Generation, die sich jetzt hier zehnmal schon gegen mich gewandt hat, und man kann lange überlegen, was die zehnmal sind, aber es soll die Vollständigkeit vielleicht am ehesten ausdrücken. Diese Generation soll nicht in das Land kommen. Und wieder stehen wir vor einem Punkt, alles bricht zusammen. Die Verheißung, Gott hat dieses Volk in die Wüste, an den Sinai geführt, sich ihm
offenbart, ich bin der Gott, der euch aus Ägypten herausgeführt hat. Er hat sich offenbart als Yahweh ist Yahweh, als der Barmherzige und Gnädige, der an tausend Generationen Gnade übt, aber auch nicht ungestraft lässt. Und jetzt soll alles vorbei sein, die sollen da in der Wüste versacken, weil sie nicht in das Land hineinkommen. Also sofort die Strafmilderung, alle über 20-Jährigen werden in der Wüste sterben, alle Erwachsenen die Verantwortung tragen, aber die nachwachsende Generation, die nächste Generation, die soll das Land erben. Da ist das Motiv, dass das ganze Numeribuch durchzieht der zwei Generationen, der Exodus-Generation, der Alten- und der Landgeneration, der Neuen, der Vätergeneration und der Kindergeneration. Und dieses Thema durchzieht das ganze Buch.
Wie kann man es eigentlich schaffen, eine Offenbarung, eine Begegnung mit Gott, die authentisch ist, die ein Jahr gedauert hat in dem Erleben und in dem Verarbeiten, an eine nächste Generation weiterzugeben? Wenn diese ganze Generation irgendwann ausstirbt in der Wüste und dennoch die Verheißung Gottes Treue stehen bleibt. Also auch eine Theodice, die Frage, wie angesichts des Leides und der Infragestellung des geschichtlichen Verlaufes Gott überhaupt noch gerechtfertigt werden kann. Er wird gerechtfertigt in der Zeit, in dem er der nachfolgenden Generation das Land geben wird. Eigentlich alles in Ordnung, könnte man sagen. Die haben Schuldaufsicht geladen, indem sie das Land in Frage gestellt haben, aber es
gibt eine Teilbegnadigung für die Kinder. Das Volk Israel wäre nicht das Volk Israel, wenn es das einfach so hingenommen hätte. Also sie versuchen eigenmächtig die Landnahme und ziehen los am Ende des 14. Kapitels, rums, auf in das Land. Was passiert, war vollkommen klar. Sie werden zurückgeschlagen, weil ohne Gottes Hilfe, ohne Gottes Leitung, ohne Mose, ohne die Lade, die im Lager geblieben ist, kann das nicht gelingen. Also werden sie zurückgeschlagen und verstreut bis Horma. Wieder hat man den Eindruck, es ist am Tiefpunkt angekommen, zerstreut das Volk, das vorher so einig präsentiert worden ist. Kann es überhaupt noch eine Fortsetzung geben? Und Nummer 15, ganz charakteristisch und spannend, beschreibt Gesetze, trockene Gesetze über
Opferanteile, über das Sündopfer, über das Speiseopfer und und und. Aber beginnt, wenn ihr in das Land kommt, das der Herr euch geben wird. Wie selbstverständlich, Gott wird das Volk in das Land bringen. Und das ist unmittelbar am tiefsten Punkt so gesagt. Im Ende des 15. Kapitels wird dann der Sabbat in das Zentrum gestellt. Auch da in Exodus 16 in der Wüste, die Entdeckung des Sabbats bei dem Sammeln des Manner. Jetzt das Sabbat halten bei dem Holzsammler. Der vergeht sich gegen das Gebot am siebten Tage nicht zu arbeiten. Und die Arbeit ruhen zu lassen für eine Tätigkeit, von der man sagen muss, na ja, ist das jetzt Arbeit oder gehört das in den Bereich der Versorgung des alltäglichen Lebens?
Er braucht das Holz, um seine Nahrung zuzubereiten. Kann man sagen, hätte er doch die Woche über machen sollen, dann muss er das nicht am Sabbat tun. Und genau die Verhandlung wird dann geführt und die Frage wird wieder beantwortet. Das steht so nicht in der Thora, also Mose befragt Gott. Es geht für den Holzsammler bedauerlicherweise in dem Fall nicht gut aus. Aber danach werden die Kleidervorschriften gegeben, die Zizit, also wenn Sie einen orthodoxen Juden, einen meistmännlichen orthodoxen Juden, es gibt auch inzwischen Frauen, die den Talit mit dem Zizit tragen, dann hat er so einen Schutz um einen Weißen, den Talit Katan, und dort hängen die Fäden unten herab und die heißen Zizit. Die werden im Nummeriebuch angeordnet und spielen dafür dann in der Tradition der jüdischen Kleidung eine sehr große Rolle. Nummerie 16 und 17, da beginnt jetzt das Zentrum des Nummeriebuches.
Und dieses Zentrum ist in Fragestellung der Hierarchie. Gott hat bestimmt, Aaron soll der eigentliche Leiter und Führer dieses Volkes sein. Er wird in der Wüste sterben und er wird einen Nachfolger haben, der in das Land hineinführt, das ist Joshua, aber Joshua wird keinen Nachfolger haben. Hingegen Aaron wird in der Wüste sterben, weil er über 20 war, aber er wird einen Nachfolger haben, Eleasa, und dann geht die Subzession über Pinchas weiter in die Generationen hinein. Also die Vorstellung einer Hierokratie, einer Priesterherrschaft, die für das vierte, dritte und zweite Jahrhundert vor Christus sehr zentral geworden ist. Die wird im Buch Nummerie verhandelt. Und wie wird sie verhandelt? Durch Bestreitung. Durch Bestreitung und Bestätigung der Legitimation.
Korach, einer aus dem Levitengeschlecht, der lehnt sich auf und sagt, da sind doch nicht nur die kleine Familie der Aaroniden, die heilig ist. Wir alle sind heilig. Also so wie Gott es auch aufgetragen hat, ihr sollt heilig sein, weil ich heilig bin. Also wir alle sind heilig. Also sind wir auch in der Lage, dort entsprechend die kultischen Verrichtungen auszuführen. Das versuchen sie, indem sie mit ihren Pfannen sich dem Heiligtum, dem Gott nähern. Aber das gelingt nicht. Schon die erste klare Bestätigung in dem Ordal ausgezeichnet und herausgehoben sind Aaron und seine Söhne. Und das wird dann durch zwei weitere Erzählungen ganz stark unterstrichen. Die erste ist, es findet eine Plage statt. Und Aaron tritt dazwischen.
Er nimmt eine sühnende Funktion ein und hält ein, indem er handelt und sich dazwischen stellt. Die priesterliche Aufgabe also, eine Sühnefunktion, eine Entsühnung zu verziehen, damit eine Versöhnung zu erwirken durch sein Handeln, indem er eintritt für das Volk. Und so wird auf der einen Seite das Amt legitimiert, die Hierarchie des Amtes legitimiert, auf der anderen Seite aber sehr deutlich gemacht, dass es eine dienende Funktion zur Versöhnung hin hat, die dieser Priester ausüben soll und ausüben muss. Dass Aaron etwas Besonderes ist, wird dann im Stab wunderdeutlich gemacht, wo aus jedem Stamm ein Stab in das Heiligtum gebracht wird und am Ende nur der Stab Arons erblüht, wie ein Mandelbaum, und entsprechend deutlich macht, das ist der erwählte Heilige, der
führen soll. Und von dieser Warte aus, der dreifachen Bestätigung dieser Autorität des Hohen Priesters und Priesters Aaron, findet jetzt in Nr. 18 die Alimentation statt. Also es wird genau beschrieben, welche Anteile dem Priester zukommen, was denn der Lohn für sein herausragendes Handeln ist. In Nr. 19 ist dann das Ritual der roten Kuh. Das ist für uns sehr schwer zunächst einmal zugänglich und verständlich. Es geht darum, dass man sich reinigen soll oder gereinigt werden soll von der Berührung mit Toten. Diese Berührung mit Toten durch Tote ist etwas, das in der Umwelt sehr stark ausgeprägt gewesen ist, vor allen Dingen in der persischen Religion, das so einen Gang gefunden hat, auch
in die Vorstellung des Numeribuches. Und dort sehr stark gemacht wird an vielen Stellen, unter anderem bei dem verschobenen Pessach bei der Lagerordnung und jetzt nochmal in Nr. 19. In Nr. 20 das Kern- und Wasserwunder in Massah und Meribah. Das folgt Mord mal wieder und durch dieses Handeln von Mose und Aaron wird Wasser gespendet. Aber irgendwas scheint nicht ganz zu stimmen, denn danach heißt es, nein, auch Aaron und Mose haben sich gegen Gott in seine Heiligkeit vergangen und müssen jetzt mit der Exodus-Generation der Wüste sterben. Einerseits die Herausforderung, der Mose war schon 80 Jahre und wird mit 120 Jahren sterben, also am Ende der Wüstenzeit. Aaron mit 123, ebenfalls schon der ältere Bruder Mose, die gehörten zu der Exodus-Generation
und zweifelhaft, die waren da schon erwachsen, als sie mit dem Pharao verhandelt haben. Also sind sie Teil dieser Exodus-Generation, die in der Wüste sterben muss. Auf der anderen Seite sind das die herausgehobenen, herausragenden Führer. Es gibt eine Kollektivhaftung, die alle beschreibt, abgesehen von persönlicher Schuld. Kann das sein? Darüber debattiert der Text und findet eine Lösung, dass die müssen irgendwas auf sich genommen haben. In Vers 13 in Numeri 20 heißt es, dass sie die Heiligkeit infrage gestellt haben und deswegen in der Wüste sterben müssen. Mose versucht ja noch zu verhandeln am Ende und sagt, ich möchte aber doch wenigstens das Land betreten, aber Gott sagt, no way, du kommst da nicht rein. Okay, also das Wasserwunder von Massau und Meribah, das mit der Verurteilung von Mose
und Aaron noch einmal der herausgehobenen Schuldzuspruch an Mose und Aaron endet. Nachdem der Versuch gemacht worden ist, in Numeri 13 und 14 direkt in das Land hineinzukommen, findet jetzt ein großer, großer Umweg statt. Also durch die Wüste, die ganze Zeit auf dem Weg noch einmal zum Schilfmeer, so wie das Itinerar die Wegstationen es schildert. Und dann die Perspektive durch das Ostjordanland, durch Edom. Eine Geschichte, die die Weigerung Edoms erzählt, Israel ziehen zu lassen. Mose argumentiert, ja wir werden dich aber bezahlen, wir werden alles, was wir da an Wasser trinken oder unsere Tiere trinken, das werden wir bezahlen, aber der König von Edom lässt sich nicht erweichen und verweigert sich. Weil Edom aber nicht bekämpft werden soll, soll Israel drum herum gehen, also Edom umgehen.
Dann stirbt Aaron am Ende des 20. Kapitels am Berg Hohe und ein erneuter Tiefpunkt ist sozusagen erreicht, dadurch, dass diese herausragende Gestalt des Exodus, Leviticus und Numeribuches jetzt stirbt. Aber er wird mit einem Nachfolger Eliazah versehen. Nach diesem Tod Arons, der den nächsten Tiefpunkt markiert mit dem Blick nach vorne in die Suzession, ist Israel in der Auseinandersetzung mit dem König von Arath. Geografische Schwierigkeiten lassen wir einfach mal dahin und schauen, warum findet jetzt eine Auseinandersetzung statt. Israel bekämpft diesen König von Arath, der sich weigern will, dass Israel den Weg
von Atarim heraufkommt und zerstört seine Stätte nach Chorma. Chorma war genau der Ort, an dem am Ende des ersten eigenmächtigen Versuches von Israel dieses Volk zersprengt worden ist. Also eine kompositorische Haken, ein Angelpunkt, um jetzt wieder an den Punkt zu gelangen, jetzt geht es voran, jetzt geht es nach vorne in das Land hinein. Chorma also als ein Signalwort und Signalort von dem aus dann, dass die Einnahme gelingen wird. Und die Rollen sind eigenartig verkehrt. Während in Nr. 1314 diese Amoriter und Kananer Israel bekämpfen und nach Chorma zersprengen, scheint es jetzt umgekehrt zu sein. Also die Welt richtet sich hin auf das Gelingen Israels. Und das ist sowieso ein Moment im Erzählen des Numeribuches eines sich stetig steigenden
Segens und einer sich stetig steigenden Bewahrung. Das, was in der tiefsten Depression angekommen ist, wird wieder aufgerichtet und es steigert sich langsam bis zu dieser großen Verheißung des Landes, das Land in Besitz zu nehmen. Das zeigt sich in der nächsten Erzählung der Bronze-Schlange, wieder meckert das Volk und lässt sich nicht beirren, dass es doch eigentlich in Ägypten besser gewesen ist. Also trotz alles Handelns Gottes und aller Bewahrung kann das Volk sich nicht darauf einlassen. Wieder findet eine Bestrafung statt. Die Schlangen beißen das Volk und einige aus dem Volk sterben an diesen Schlangenbissen, bis das Mose eine Kupferschlange um einen Stab wickelt, das, was wir als Eskulabstab vielleicht am ehesten kennen und damit der Plage Einhalt geboten wird.
Da fließen viele Aspekte zusammen, von einem magischen Verständnis, einem symbolischen Verständnis bis hin zu einer konkreten, ja, einem konkreten Bezug zum Kupferbergbau. Aber eigentlich geht es darum, dass Gott das Volk bewahrt, wieder einmal, durch das Handeln des Mose, der Eintritt für das Volk und Fürbitte leistet. Diesmal auch durch die praktische Arbeit, die Anfertigung dieser Schlange. Dann geht Israel seinen Weg durch das Ostjordanland in einem Itinera, einer Wegstation, die einige Stationen auf diesem Weg nennt, und kommt am Nordrand des ostjordanischen Hochplateaus an. Dort ist die Biliam-Erzählung die zweite große Gestalt aus dem Numeribuch, die eigentlich
jeder irgendwann schon mal gehört hat, kennt. Dieser fremde Prophet, der von dem König von Moab eingestellt wird, bezahlt werden soll, um Israel zu verfluchen. Israel verfluchen? Das kann doch gar nicht gehen. Israel ist doch gesegnet, von Jakob her gesegnet, mit einer Nachkommensverheißung, einer Landverheißung gesegnet, mit der Bewahrung in der Wüste gesegnet. Und jetzt soll ein, ich sag mal, hergelaufener König mit einem hergelaufenen Propheten dieses Volk verfluchen? Das kann nicht funktionieren. Genau so ist es auch, in drei Versuchen immer wieder versucht der Biliam, naja, dem Wunsch mehr oder minder zu entsprechen, manchmal entspricht er dem Wunsch Javis, manchmal entspricht er dem Wunsch Balags, aber es gelingt nicht. Ich kann nicht fluchen, wen Gott gesegnet hat. Also eine Bekräftigung, eine Bestärkung des schon existierenden Segens.
Gott hält an seinem Wort fest, er bewahrt Israel an dem Rand der Wüste vor der Vorbevölkerung und vor der Vernichtung. Dieser Biliam hat am Ende viele Sprüche, viele poetische Visionen, die er dem Balag mit auf den Weg gibt und viele davon haben eine große Wirkungsgeschichte, wir werden darauf zurückkommen. Eigentlich wäre jetzt wieder alles in Ordnung und das Muster des Numeribuches haben wir inzwischen schon begriffen, wenn alles in Ordnung ist, geht alles wieder schief. Also Numeri 25, das Volk lässt sich mit den Moabiterinnen ein. Gerade noch hat es die Trennung sozusagen vollzogen, Israel ist etwas Besonderes als Gesegnetes, schon lässt es sich mit den Moabiterinnen ein und verehrt deren Götter, vor allen Dingen den Bal Peor.
Das kann nicht gut gehen, also findet entsprechend wieder eine Bestrafung statt und die Erzählung wird jetzt erweitert mit einer, naja, Vorstellung von einer Mischehe, dass einer der Israeliten eine Medianiterin mit in das Lager bringt. Und Pinchas, der Sohn des Eleasa, also der, der in der priesterlichen Linie steht, eifert sich für Gott so stark, dass er dieses Paar mit einer Lanze durchsticht und damit die Schwierigkeit sozusagen aus dem Weg schafft. Ein recht problematischer Punkt, wie wir noch sehen und uns damit beschäftigen werden, diese gewaltsame, eifernde Tat des Pinchas, dennoch aber die unkultische Sühne, Entsühnung und Versöhnung, die hier die Erzählung beendet. Nach diesem, ja, dieser letzten Krise in der Wüste, am Rand der Wüste, findet die zweite
Zählung statt. Jetzt ist es soweit. Nochmal wird das Volk gezählt. Hatten sie vorher eine Zahl über 600.000, 613.000, sind es jetzt 605.000. Nach 40 Jahren der Wüste hat das Volk sich kaum verändert, obwohl eine ganze Generation gestorben ist. Also die Bewahrung, auch wenn die Zahlen nicht übereinstimmen im Einzelnen, die Bewahrung Gottes zeigt sich in der Wüste, im Handeln der Wüste. Diese zweite Zählung ist ganz klar auf die Landverteilung ausgerichtet. Also jetzt soll das Land an die Stämme per Los verteilt werden. Und das macht der letzte Teil des Nummeriebuches ganz klar. Am Anfang kommen die Töchter Celophats, eines Mannes, der keine Söhne hat und die erben können und sagen, unser Vater ist in der Wüste gestorben, wir wollen auch Land haben.
Also der Name des Vaters soll weiterleben. Und auch da wieder eine Erzählung, wo die Thora eigentlich keine Lösung bisher hat. Mose befragt Gott und erhält die Lösung, die Töchter Celophats haben Recht. Die sollen Land bekommen. Also wieder wird die Thora so weit angepasst, dass sie den Gegebenheiten entsprechen kann. Aber mittels Mose, mittels der Offenbarung. Nicht einfach so, dass man sich entscheidet, naja, dann legen wir sie halt so oder so aus. Nachdem die Töchter Celophats also ihren Anteil bekommen haben, findet nochmal ein großes Ritual- und Opfercluster statt. Der Festkalender wird präzisiert und wiederholt mit den Opfervorschriften, den Nummerie 28 und 29 und ein großes Kapitel über die Gelübde. Und dann folgt noch ein schwieriges Kapitel, auf das wir nochmal zurückkommen werden, der
Medianitakrieg. Also da, wo in Nummerie 25 das Vergehen der Medianiter schon sehr prominent gemacht worden ist, da werden die Medianiter für bekämpft. Da gerät auch das Land ein bisschen aus dem Blick in Nummerie 31, weil die Vorstellung erst nach hinten gerichtet ist, in das medianitische Land. Nummerie 32 aber kommen zwei der Stämme, der 12 Stämme und sagen, hier ist doch gut, schön, hier ist es ein fruchtbares Land, wir haben viel Vieh, wir wollen hier bleiben. Schwierig, denn eigentlich ist das Land doch allen Stämmen verheißen. Was also, wenn die Einheit Israels in Frage gestellt wird, durch das Handeln dieser beiden Stämme, wenn die woanders leben, in der Diaspora, jenseits des Jordan, nicht in direkter Verbindung
zu den anderen zehn Stämmen? Man findet eine Lösung. Nur wenn ihr mit hinüberkommt, über den Jordan und mit uns gemeinsam das Land einnehmt, bis es ganz verteilt ist, an unserer Seite bleibt, dann könnt ihr zurückgehen und leben dort, wo ihr leben wollt. Ihr bekommt das Land jetzt hier zugesprochen. Und dieses Land in Nummerie 32 im Ostdeuterland, der Stämme Ruben und Gart, wird dann zugeteilt und damit ist sozusagen schon die erste Landverheißung erfüllt. Die ersten Stämme haben ihr Land schon. Dann beginnt der große Rückblick, die Stationen vom Exodus, von dem Aufenthalt Israels in Ägypten bis in die Wüste in Nummerie 33, wird jede Station, jedes Lager aufgezählt und damit die 40 Jahre noch einmal überbrückt.
Also die zeitliche Längung in die, ja das eine Kapitel gerafft, dass Israel jetzt an der Grenze des Landes ist. Und folgerichtig findet in Nummerie 34 dieses Land noch einmal, wird in den Blick genommen und die Grenzen werden beschrieben, was gehört denn eigentlich dazu. Nummerie 35 bestimmt dann, ja es muss aber Recht gelten in diesem Land. Es soll Asylgesetze geben, dass denjenigen, die unschuldig angeklagt werden, ein Gerichtsverfahren zuteil wird. Es soll eine entsprechende Vorstellung von Levitenstädten geben, weil die Leviten keinen Anteil am Land bekommen haben. Also es werden Regelungen getroffen, um dieses Land entsprechend auszugestalten. Und das Buch endet mit der Frage, die in Nummerie 27 schon aufgeworfen war, Zelophats Töchter, mit einer zeitlichen Längung.
Diese Töchter Zelophats haben das Land ihres Vaters geerbt, so weit, so gut. Was passiert aber, wenn sie heiraten? Dann würde das Land ja in, wenn sie jemanden aus einer anderen Sippe heiraten, aufgeteilt und nicht mehr den Intentionen entsprechend in dieser Idealzuteilung eines Landes auf die Sippe zugeteilt. Entsprechend befragen sie wieder Mose ein letztes Mal in dem Buch und wieder antwortet Mose ja einzusehen, das ist ein Fall, der muss noch weiter bedacht werden. Dann dürfen diese Töchter Zelophats eben nur und ausschließlich Männer aus ihrer eigenen Sippe heiraten, damit der Besitz innerhalb des Sippen des kleinen Besitzes bleibt. Nach dieser Vorschrift der Endogamie endet dann das Buch mit dieser letzten ja markanten Präzisierung des Gesetzes und dem Vers, den ich am Anfang schon erwähnt habe, das waren
die Gesetze, die Jahwe de Mose in den Steppen von Moab gegeben hat. Ja, jetzt haben wir das ganze Buch einmal durchschritten und gemerkt, 36 Kapitel für 40 Jahre, da ist ganz schön viel Stoff zusammen. Und auf den ersten Blick hat man nicht den Eindruck, dass das Ganze so stark geordnet ist. Das hat auch die Forschung, naja, ein ganzes Jahrhundert bestimmt. Und zu der anfänglich erwähnten Abwertung des Buches geführt. Bruno Bensch schreibt in seinem Nummeri-Kommentar, übrigens gehört der ganze Abschnitt so ziemlich zu dem ödesten, das in der Literatur jemals produziert worden ist. Aber wie eine Perle in wertloser Schale liegt darin doch der herrliche Priestersegen, eingebettet.
Und die Eifersuchts-Torah in Nummeri 5, 11 bis 31 gehört zu den in kulturhistorischer Beziehung interessantesten Dokumenten des Pentatoichs. Soweit Bruno Bensch. So ziemlich das Öde, was in der Literatur produziert worden ist, das kann ich nicht teilen. Ich finde eine faszinierende Erzählform in sehr unterschiedlichen Strukturen. Auch nicht nur in kulturhistorischer Bedeutung. Also, naja, da ist vielleicht noch ein historisches Interesse, das dem Ganzen gerecht werden könnte. Sondern das, was uns gerade in den letzten Jahren und Jahrzehnten wieder stärker aufgeht, ist das theologische Interesse an dem Buch Nummeri. Und das macht sich nicht nur an dieser Perle, dem Priestersegen, fest.
Wie kommt es aber zu dieser Abwertung? Natürlich durch die Listen, durch die vielen Zahlen, durch die Additionen und Substraktionen, die mit den Zahlenspielen verbunden sind, durch die Listen der Repräsentanten der Stämme, durch die Listen der Stämme. 603.550 erwachsene Männer, die da gezählt werden und die Vorstellung, dass die Zählung wiederholt wird, dann nochmal für jeden Stamm die Angaben gemacht werden und so weiter. Das sind die längsten Listen, also die, die dem Buch Nummeri den Namen gegeben haben im ersten und 26. Kapitel. Dann aber das Stationenverzeichnis in Nummeri 36, das, naja, wenn man die Geografie nicht im Kopf hat, und das kann man nicht haben, weil diese meisten der Orte eigentlich ganz unbekannt sind und nicht mal lokalisierbar sind, eine öde Aneinanderreihung von Stationen
ist. Und man erst den Sinn dem abgewinnt, wenn man es in seinen Kontext, auch in die Komposition hineinsetzt. Die schon erwähnten identischen Gaben der Stammesführer, die naja eher langweilen, als dass sie eine Theologie offenbaren. Wo aber der Anspruch, ganz Israel zu sein, in der Komposition liegt. Wo ja aus meiner Perspektive jetzt noch einmal kulturhistorische Schätze verborgen sind, wo es um Standardisierung geht. Dort wird von einem Schäkel des Heiligtums geredet. Und die Frage ist, wie viel war dieser Schäkel des Heiligtums wert? War das seine zweite Währung oder war das die gleiche Währung, die auch sonst auf den Straßen gegolten hat? Und dieser Gewichtsstandard wird repräsentiert durch die Schalen und die von den Stammesführern gebracht werden. Das ist also ein gemeinsamer Standard für ganz Israel.
Also da schlummern auch kulturhistorisch wirklich ganz hervorragende Stücke, die aber lüstenartig sind. Die erzählenden Teile allerdings stehen auch den anderen Pentateuch-Erzählungen sowohl von ihrer Erzählform als auch von ihrer Bedeutung in nichts nach. Diese schon erwähnten Giergräber in Nr. 11, wo man wirklich die Spannung mit Händen greifen kann. Die Kundschafter-Erzählung in Nr. 13, 14. Die ehrende Schlange in Nr. 21. Und Biliam. Weniger bekannte Erzählungen, die Landgabe an die zweieinhalb Stämme, auch das eine wirklich durchgeformte Erzählung oder Miriams Aussatz, wo sich Miriam gegen Mose, Miram und Aaron gegen Mose auflegen. Dann gibt es ganz wichtige Gesetze im Buch Numeri.
Nicht nur, aber vielleicht an allererster Stelle den Priestersegen, so sollt ihr die Israeliten segnen. Aber auch das Nazirea-Gelübde, das auf den ersten Blick unscheinbar ist, weil es nur den Verzicht von Alkohol entsprechend und die Berührung von Leichen vorsieht. Also man darf selbst die nächsten Verwandten nicht begraben. Schaut man aber genauer hin, dann ist das eine Auszeichnung in einer Weihe, die den Laien und die Laien, die Frauen und Männer dem Hohepriester gleichschildt. Denn auch der darf während seines Dienstes keinen Alkohol trinken und er darf auch Vater und Mutter nicht begraben. Das Gelübde von Frauen in Nr. 30 ist ein langes Gesetz, das vielleicht auf den ersten Blick ermüdend ist, weil es die Frage stellt, was sind eigentlich die Folgen eines Gelübdes. Macht aber deutlich, dass es erstens Frauen erlaubt war, Gelübde abzulegen und sie eigenmächtig
in dieser religiösen Form handeln konnten, dass sie aber auch mit den Konsequenzen entsprechend zurecht nahmen. Dass man also nicht leichtfertig irgendetwas über die Lippen gehen lässt und irgendetwas verspricht, was man da nicht halten kann. Das Erbrecht von Töchtern, ein ganz gewichtiger Abschnitt. Und Sie merken schon, es gibt viele Texte, in denen Frauen eine besondere Rolle spielen. Sehr häufig eine nicht vielleicht unkritisch zu übernehmende Rolle, mit der man sich auseinandersetzen muss, die man aber bewerten muss in dem patriarchalen Kontext dieser Schale, in der Sie jetzt stehen. Die Kleidungsstücke, die Ziziot habe ich schon erwähnt, dass die für die jüdische Tradition, gerade die orthodoxe Rezeption, ein sehr zentrales Moment sind, die am Talit Katan, also an dem Untergewand, getragen werden. Dieses Stück lese ich Ihnen kurz mal vor, damit Sie einen Eindruck haben, was man denn
als langweilig empfinden kann. Der Herr sprach zu Mose, redet zu den Israeliten und sagt zu ihnen, sie sollen sich Quasten an ihre Kleiderzipfel nähen, von Generation zu Generation, und sie sollen an den Quasten eine violette Purpurschnur anbringen. Sie soll bei euch zur Quaste gehören. Ihr sollt sie ansehen und euch an alle Gebote des Herrn erinnern. Ihr sollt sie tun und nicht hinter eurem Herzen und hinter euren Augen herschweifen, indem ihr ihr nachhurt, damit ihr euch erinnert, an alle meine Gebote tut und ihr eurem Gott heilig seid. Ich bin der Herr, euer Gott, der euch aus Ägypten herausgeführt hat, um euer Gott zu sein. Ich bin der Herr, euer Gott. Das mag man als eine redundante Form der Wiederholung des Einschleifens von Spezialbestimmungen wahrnehmen. Aber es geht letztendlich um die Wahrung der Thora, die Thora nicht nur mit ganzem Herzen,
ganzer Seele und ganzer Lust und ganzer Freude, ganzem Geist zu halten, jeden Tag das Schmai Israel zu beten, sondern an dieses Gesetz sich zu erinnern, es quasi am Leib zu tragen, im wahrsten Sinne des Wortes. Und mit dieser Erinnerung sich daran zu erinnern, dass dieses Gesetz Geschenk ist, Geschenk für das gemeinsame Leben mit Gott, der Gott sein will. Ich bin der Herr, euer Gott. Und dieses Gottsein zeigt sich in der Bewahrung in der Wüste. Jedes dieser Zizit, jedes dieser Bändel, die da unten aus dem Gewand heraus gucken, ist aus vier weißen Fäden gemacht, einer davon länger als die andere. Diese Fäden wurden gefalten und gewunden und mit einem Doppelknoten verbunden.
Der numerische Wert der Buchstaben des Wortes Zizit, und im Hebräischen zählt man durch die Buchstaben Aleph ist 1, Bet ist 2 und so weiter, und ab 10 kommt dann entsprechend eine Buchstabe dazu. Und wenn man dieses Wort Zizit in einen numerischen Wert umrechnet, ist man bei 600. Wenn man dann die 5 addiert, also die Zahl der Doppelknoten, und die 8, die Zahl der Fäden enden, dann ergibt sich 613, die Anzahl der Gebote in der Thora nach der traditionellen Zählung, nämlich 248 Gebote und 365 Verbote. Das zeigt die Rezeption, also die Praxis, diese Zizit in einer gewissen Weise, was nicht vorgeschrieben ist im Text, zu binden und zu knoten, wird noch einmal zu einer symbolischen
Repräsentation des Gesetzes mit der Zahl 613, eine gematrische Auslegung, die im Text angelegt, aber nicht im Text expliziert ist. Und so zeigt sich die Wirkungsgeschichte dieser Texte, die bis in die tiefste Tradition hineingeht. Das gilt auch für das Ritual der roten Kuh, das bis heute eine sehr wichtige Rolle bei einer bestimmten Gruppierung innerhalb des orthodoxen Judentums zählt, die den dritten Tempel errichten wollen, also eine Wiedererrichtung des Versöhnungskultes in einem zentralen Heiligtum. Und dafür muss eine Reinigung vollzogen werden. Diese Reinigung kann nur mit dem Ritual der roten Kuh vollzogen werden. Von daher spielt es bis heute in einer gewissen Weise in der Auseinandersetzung auch um die Frage, gibt es eine solche rote Kuh, die vollständig gleich ist oder gibt es die eben nicht?
Und wie darf die mit Gentechnik erzeugt sein und alle möglichen Fragen, die sich daran auffängen. Also die Gesetze haben vor allen Dingen in der Gemeinschaft der verschiedenen Judentümer, der Gruppierungen im Judentum, unterschiedliche Rezeptionen und Bedeutung. Der Priestersegen als die Perle auch eine nachhaltige Wirkungsgeschichte im christlichen Kult. Dennoch erschließt sich damit ja noch nicht der Aufbau des Buches. Den nannte Martinoth, der große Bonner Alttestamentler, reichlich undurchsichtig. Die Erzählung spannt sich aus und dazwischen immer wieder Gesetze. Es ist ein Buch im Übergang und das soll ja auch was heißen. Es ist ein Buch im Übergang, im Schon- und Noch-nicht-Modus. Es ist eine echte Springprozession quasi, immer wieder einen Schritt zurück, um den
nächsten Schritt nach vorne zu gehen. Und so bewegt sich Israel in der Wüste im Grenzland, da wo sich die Fragen klären, wo die Voraussetzungen bedacht werden in einer gründungszeit, in einer mythischen Gründungszeit, auf die immer wieder zurückgegriffen werden kann und zurückgegriffen werden muss. Auf die aus unterschiedlichen Perspektiven, und das ist das entscheidende Moment, unterschiedliche Gruppierungen jeweils zurückgreifen innerhalb des Judentums, weil sie eine gemeinsame Geschichte in der Wüste haben. Das vierte Buch beginnt am Fuß des Sinai und endet quasi an der Schwelle des Landes. Der Gott des Exodus und der Gott der Befreiung hat sich Israel in der Gabe des Gesetzes geoffenbart, im Bundesschluss sein Bekenntnis abgegeben, in der Mitte des Volkes wohnen zu wollen.
Und er hat dem Volk seine belebende Gegenwart geschenkt und auch seine vergebende Gegenwart zugesagt. Damit hat sich Gott als die heiligende und auch heilige Mitte des Volkes geoffenbart. Und damit er sich verwirklichen kann als diese Mitte, soll Israel entsprechend die Anordnungen halten, die Gott an Mose gegeben hat. Das Heiligtum zu schaffen, also die Möglichkeit in der Mitte des Volkes zu wohnen und dieses Heiligtum einzurichten und einzubeihen. Das Zentrum dieses Heiligtums ist Erneuerung, ist Vergebung und ist Begegnung. Leviticus 16, der große Versöhnungstag. Und in dieser Gottesgegenwart des Heiligtums findet Israel einen kosmischen Mittelpunkt, der sich als die belebende Ordnung für das Volk erweist, der Schöpfung und all ihren
Widrigkeiten entgegenstellt in der Bewahrung Israels. Und davon erzählt es Buchenumerie. Der Amsiner, ihr gestiftete Kult, stellt eine heiligende Ordnung dar, die Schöpfung und Heil in der versöhnenden Gottesnähe zueinander führen soll. Damit ist das Buchenumerie Bewährung und Segen in Herausforderung und Streit. In dieser Herausforderung und im Streit entfaltet es ein narratologisches Feuerwerk. Ich habe schon angedeutet, dass die Erzählform, die Gestaltung der Erzählungen mit der Erzählgeschwindigkeit, der verbrachten Erzählzeit ganz zentral ist. Nicht umsonst hat dieses Buch eine unglaubliche Dominanz der Rede und der Rede Gottes, wo die Anordnungen Gottes einen sehr großen und breiten Raum einnehmen.
Die Figuren sind viel reicher als in den anderen sinaidischen Büchern, also in Exodus und Leviticus. Sehr häufig sind es Personenkonstellationen, also jeweils paar Konstellationen, Mose und Aaron, Aaron und Eleasa, Aaron und Miriam, die Dathan und Abiram, Eldad und Medad, all die Personen, die herausgegriffen werden und paar Konstellationen, meistens konträr besetzte, bilden. Es gibt viele vorausgreifende Momente, wo das Land in den Blick genommen wird, obwohl es noch gar nicht erreicht wird. Und es gibt viele Rückblicke, wo der Sinai wieder sich vergegenwärtigt einspielt, obwohl der Sinai schon verlassen ist. Also das Dazwischen dieses Buches ist ein ganz zentrales Moment.
Es gibt einige Erzählerkommentare, die diesen Erzähler als allwissend erscheinen lassen. Also der kennt das Geschehen, aber er ist nicht Teil des Geschehens. Er ist irgendwie in der Mitte und beobachtet das Ganze, aber er ist nicht selbst Teil. Er redet nicht in einer Ich-Form entsprechend. Aber wenn er sagt, es war die Zeit der ersten Trauben, dann gibt er der Leserin und dem Leserinnen noch Informationen hinzu, die die Erzählung selbst nicht gibt. Der Standort ist die Wüste, Bar Midbar, in der Wüste. Und diese Wüste ist keine konkrete Wüste. Es geht nicht darum, die Wüste zu lokalisieren, geografisch zu suchen, naja, wo hat in Israel da sein Lager aufgeschlagen? Sondern Wüste ist der Gegensatz zum Kulturland. Das ist das, wo eigentlich lebensunwerte Bedingungen herrschen. Da, wo Leben noch nicht in der Verheißung ist, wo Leben noch nicht in Fülle möglich
ist, wo also nicht Milch und Honig fließen. In der Mitte, also in den Erzählungen, die in Kadesh spielen, in Nr. 13, 14, Nr. 20 und in Horma, also in dem Zurückgeschlagungsort am Ende des 14. Kapitels und im 20. Kapitel, da stoppt das Geschehen. Da kommt Israel nicht voran. Es kommt an demselben Ort wieder an, wo es aufgebrochen ist. Und auch das ist markant und Zeichen. Diese 40 Jahre in der Wüste sind nicht linear, auch nicht linear erzählt, in einem Weg, der durch die Wüste ins Kulturland führen würde, sondern in Irrungen und Wirrungen. Und dabei, in diesen Irrungen und Wirrungen, sind immer wieder Gesetze eingeflochten. Und ich glaube, dass auch das sehr reflektiert getan worden ist. Dass es nicht einfach nur so, naja, man wusste nicht mehr, wo man diese Gesetze unterbringen
sollte, weil der Sinai schon voll war, dann hat man da noch ein paar reingesetzt. Sondern gerade dieser Wechsel von Geschichte und Gesetz zeigt das Ineinander einer historisierenden Perspektive auf das Gesetz, die verankert ist in der Geschichte. Es soll deutlich werden, dass die Thorat Teil der Geschichte ist, dass sie nicht etwas ist, was vom Himmel herunterkommt und sich nicht verwirklicht in dieser Gegenwart, in der Gottesgegenwart, sondern dass Geschichte und Gesetz ineinandergreifen. Das hat die Forschung unendlich beschäftigt, weil sie diese beiden Gattungsmomente auseinanderdividieren wollen. Also Geschichten auf die eine Seite, Gesetz auf die andere Seite. Und Gesetz, naja, das brauchen wir ja nicht mehr, das ist abgeschafft, aber die Geschichte, die gehört noch irgendwie mit dazu. Dass diese beiden aber untrennbar ineinandergreifen, auch auf der Erzählebene, das entdecken wir erst in der Gegenwart wieder. Dieser Wechsel von Geschichte und Gesetz ist die Raumzeitbindung der Gesetzesoffenbarung.
Also dieses Gesetz hat ewig Bestand, aber es ist nicht ewig, es ist nicht zeitlos, sondern es ist zeitgebunden. Und diese Zeitgebundenheit und Kontextgebundenheit, und das ist das Spannende an diesem Buch, wird sogar in der Auslegung selbst deutlich. Wenn also Mose gefragt wird, ja wie sollen wir entscheiden? Wenn man nicht weiß, was man tun soll und Mose, die Thorat, noch einmal befragt, ob sie eine Antwort bereithält. Und genau die Vorschriften, die die Thorat gibt, werden zur Antwort umgewandelt, transformiert und damit erneuert. Dieses Nummery-Buch behandelt ganz zentrale und wichtige Thegen. Das erste und schon sehr deutlich gewordene Thema ist Segen. Was heißt eigentlich Segen? Wie verwirklicht sich Segen?
Es ist eine performative Rede, also eine Rede, die sich im Vollzug vollzieht. Ich segne dich, ich grüße dich, das vollzieht sich in dem Moment, wo man spricht, aber es vollzieht sich eben auch in der Geschichte und in der Zeit. Segen ist mehr als nur eine Segenshandlung, die von dem Priester auf das Volk übertragen wird. Damit ist Segen nicht nur im ironitischen Segen das, was trägt, sondern die ganze Geschichte hält. Es ist sozusagen das Auffangnetz dieser Segen. Und der kommt von außerhalb des Buches her. Er kommt von den Erzelternerzählungen her, von Abraham, Isaac und Jakob und den Familien her, die als gesegnet und verheißend betrachtet worden sind. Und das macht den Biliam so machtlos, dass er nicht in der Lage ist und auch nicht in der Lage sein will, das, was Gott gesegnet hat, in Frage zu stellen. Weil dieser Segen sich durchhält und durchträgt.
Deswegen ist eines der zweiten wichtigen Themen die Treue Gottes. Gott hält an seiner Verheißung fest. Und mag es auch noch so schwierig sein und mag es auch noch so zeitverzögert sein und mag es auch noch so unverständlich sein in seinem Handeln, er hält an dieser Treue fest. Das zeigt sich in dem Versuch, diese Treue aufzuheben an der Grenze des Landes sehr deutlich. Ballack will Israel vernichten, aber das kann ihm nicht gelingen. Ein drittes wichtiges Thema ist die Hierarchie. Also Aaron als der oberste Priester, der die Entscheidungen fällt, der aber die Verantwortung auch übernimmt, in seiner Institution das Volk zu bewahren. Also die Bewahrung auf Dauer zu stellen, den Kult zu leiten. Der Kult ist ja nur das, was die Gegenwart Gottes präsent und sichtbar macht.
In dieser Vorstellung dieses Aaron, der als der herausgehobene hohe Priester dargestellt wird, kommen Charisma und Institution zusammen. Für die Geschichte heißt das, eine Führung des Volkes durch diese priesterlichen Autoritäten steht im Hintergrund. Das wichtige Thema, wie kann Israel Israel sein? In all seiner Vielfalt, in all seiner Unterschiedlichkeit, in den verschiedensten Gruppierungen, Stämmen, Sippen. Israel kann nur gemeinsam Israel sein, nur wenn es sich als gemeinsames Israel versteht. Was hält dieses Volk zusammen? Die Fiktion, die Vorstellung, eine Familie zu sein, also miteinander verwandt, aus demselben Ursprung zu sein. Der ist gerade im Nummeribuch ziemlich konstruiert. Durch die Namen, durch die Listen wird er hergestellt.
Und genau diese Form der Konstruktion macht Sinn. Sie schafft einen Sinn, der im Zwölfstämmen Israel sich verwirklicht. Und damit verbunden ist die Frage des Generationenwechsels, der zentral für den Aufbau des Buches ist. Also die Frage, was ist das Bewahrende, was über eine Generation hinaus trägt? Wie kann das, was erlebt worden ist, nicht als seine Authentizität verlieren, wenn es in den Generationen weitergetragen wird? Das Thema der Heiligkeit, was für das Israel ganz zentral ist. Immer wieder wird diese Heiligkeit verhandelt. In dem Wort Kadesh, da wo Israel sich aufhält an der Grenze des Landes, da ist schon der Name der Heiligkeit in der Herausforderung. Wir aber alle sind heilig in der Heiligung des Namens und so weiter.
Heiligkeit ist ein ganz zentrales Thema des Buches, das in diesem wandern den Sinai zum Tragen kommt, in den Leviten, die ausgesondert heilig sind, heilig gemacht worden sind, in der Möglichkeit, dass auch Laien durch ein Gelübde heilig werden können. Ein wichtiges Thema ist Ritual. Warum Ritual? Wozu braucht man Rituale? Man kann doch in dem Tag leben ohne diese feste Form und ist nicht gerade die Fluidität, also die Flüssigkeit des Handelns und des Gottgegenübertretens das, was die Dynamik bringt. Die Rituale haben eine Eigendynamik, die in dem Vollzug besteht. Jetzt ist der Ritualhaushalt, also die möglichen Rituale für das Volk Israel sicherlich größer gewesen als die wenigen, die im Numeribuch geschildert werden. Dennoch ist im Numeribuch eine größte Dichte.
Nirgendwo sonst gibt es so viele Rituale für das Volk Israel. Und auch das hat seinen Grund in einem Minimalbezug. Solange sich alle Gruppen auf diese Rituale beziehen, so lange bilden sie eine Gemeinschaft, die Israel genannt werden kann. Und das hat eine Wirklichkeit im Hintergrund, die Diversität, die Unterschiedlichkeit dieser verschiedenen Gruppen eben nicht in einer Einheit weiß. Die Beteiligung von Frauen ist ein sehr zentrales Thema für das Buch Numerie. Und das ist gegenüber den ganz priesterlich orientierten Gesetzen in Leviticus und Exodus doch eine andere Perspektive. Die Frage des Schutzes der Frauen vor ungerechtfertigten Verdachten. Also wenn der Ehemann immer wieder kommt und sagt, die ist fremd gegangen, dann muss er zahlen. Er kann nicht einfach diese Behauptung immer weiter aufstellen, sondern er muss das Ordal,
das Ritual, bezahlen. Das ist so angelegt, dass dieses Ritual in den allermeisten Fällen nicht zu Lasten der Frau ausgehen wird. Aber darüber müsste man länger und intensiver reden. Was offenbar und offensichtlich ist, ist die Frage des Erbrechts von Töchtern, das in einen Zeitgeist hinein spricht, der in der hellenistischen Zeit am stärksten ist, dass dort die Beteiligung von Töchtern in Erbvorgängen eine größere Rolle spielt. Das Thema, was das Buch ja sicherlich mitnimmt, ist, wie wird dieser Mann, Mose, zum Buch? Wie kann er Thora werden? Wenn Mosche, also das, was in Mosche geschrieben ist, letztlich die Thora ist, er aber dort ein Handel da ist, vollzieht sich dieser Wandel auf die zweite Ebene, eine Institution zu
werden, von der aus sich die Thora selbst auslegt. Und ein letzter Punkt, der für das Buch ganz bestimmt zentral ist, ist Land und Landbesitz. Also, was heißt es eigentlich, ein verheißenes Land zu betreten, es mit einem Gesetz zu füllen, sich mit entsprechenden Vorstellungen der Vorbewohner auseinanderzusetzen und so weiter. Das alles macht dieses Nummeribuch stark, in dem solche auch theologisch relevanten Perspektiven verhandelt werden. Jetzt kann man es in unterschiedlicher Weise gliedern. Die Kapitelgliederung ist aus dem Mittelalter, die ist erst über den Text hinübergelegt worden, auch wenn die Zeichen, die die anzeigen, mit der Vers-Teilung und der Kapitel-Teilung schon älter sind, ist das doch nicht die ursprüngliche Teilung. Aber sie lässt uns orientieren im Buch.
Jetzt kann man das Buch zweiteilen, dreiteilen oder fünfteilen. Ich plädiere für eine Fünfteilung und ich möchte Ihnen erläutern, warum. Am naheliegsten ist erst mal die Zweiteilung. Zwei Generationen, die alte Generation und die neue Generation. Ab Nummer 26 beginnt die neue Generation sich zu entfalten, da ist der Generationenwechsel abgeschlossen und die Landnahme beginnt. Und zuvor ist die Exodus-Generation. Also 40 Jahre in der Wüste, wie es heißt, 40 Jahre gelten als eine Generation. Der Joshua ist der Nachfolger des Mose. Auch das spricht für dieses Generationenthema. Jetzt kommt die nächste Generation, Joshua wird beauftragt, den Auftrag umzusetzen. Genauso wie Eleasa, die Nachfolge Arons antritt. Miriam, Mose und Aaron müssen sterben.
Aaron stirbt in Nummer 20, Miriam stirbt in Nummer 20 und der Mose am Ende seiner 120 Jahre, dann am Ende des Deuteronomiums. Auch die Kundschafter-Erzählung ist von diesem Generationenschema bestimmt. Also die Generation kommt nicht ins Land, aber eure Kinder, die keine Schuld tragen. Also ihr müsst die Folgen eurer Schuld tragen, aber die Bedeutung für die nächste Generation ist klar. In Nummer 26 heißt es, unter ihnen war niemand mehr von den Gemusterten, die Israel und Mose, die der Priester Aaron in der Wüste gemustert hatten. Denn über sie hatte der Herr ja gesagt, sie müssen in der Wüste sterben. Daher war keiner von ihnen übrig geblieben, außer Caleb, der Sohn Jefunnes und Joshua, der Sohn Nuns. Jetzt ist schwer zu sagen, waren dieser Caleb und der Joshua unter 20, als die Kundschafter-Erzählung
war oder waren sie schon über 20. Es scheint so eher zu sein, dass sie eine Sonderrolle gespielt haben und schon früh ausgegliedert gewesen sind. Aber das muss uns hier nicht beschäftigen. Deutlich ist, dass die beiden Zählungen, Nummer 26 und Nummer 1, parallelisiert werden mit den unterschiedlichen Subjekten, also Mose und Aaron, dann Eleazar und Joshua, die die Zählung vornehmen sollen oder besser gesagt Mose und Eleazar, die die Zählung vornehmen sollen und die diese Generation markieren. Auch die Töchter Celophatz markieren ja den Generationenwechsel. Unser Vater ist in der Wüste gestorben aufgrund seiner eigenen Sünde. Er war nicht einer von den Korachin. In Nummer 32 heißt es, der Zorn des Herrn entbrannte über Israel und ließ sie 40 Jahre lang in der Wüste umherirren, bis die ganze Generation ausgestorben war, die getan hat, was in den Augen des Herrn böse war.
Auch da das Generationenthema als das entscheidende Thema, also die Zweiteilung der Tod der Alten und die Verheißung der Neuen als das dominante Gliederungsprinzip. Was dabei aber unter den Tisch fällt, ist, dass dieses Buch am Sinai beginnt, dann in die Wüste hineingeht und an den Rand des Kulturlandes tritt. Und das würde eher für eine Dreiteilung sprechen. Sinai, Wüste und Steppen von Moab. Also die ersten zehn Kapitel, die noch am Sinai lokalisiert sind und dann der Mittelteil in Nummer 10 bis 21. Und der Schlussteil, der markiert wird durch, sie kamen an in den Steppen von Moab. Und 36 13, das sind die Gesetze, die Mose in den Steppen von Moab erhalten hat.
Der Vorteil dieser Dreiteilung ist, dass sie den Segen der Biliam-Erzählung schon auf das Land ausrichtet und damit den Segen markiert. Auch das kann die Zweiteilung eigentlich nicht angemessen unterbringen. Von daher hat sie einen großen Vorteil, unterschlägt aber den offenbar doch so wichtigen Generationenwechsel. Das hat mich dazu geführt, noch einmal genau zu schauen, wie es denn mit diesen Ups and Downs ist, also dass es Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt direkt nebeneinander gibt und mich zu einer Fünfteilung geführt. Der erste Teil ist der Teil am Sinai, in dem es um die Konstitution und Initiation geht. Also wo das Heiligtum in Betrieb genommen wird, inauguriert wird, die Leviten in ihren Dienst eingeführt werden und der Kult wirklich startet. Und dann folgt der große Mittelteil, also das, was in der Dreiteilung auch der zweite
Teil ist, und der Schlussteil, der mit der zweiten Zählung beginnt. Diese zweite Zählung, die Erneuerung und Vollendung markiert, also die auf die Vollendung ausgerichtet ist. Dazwischen gibt es aber drei Teile, die jeweils mit einem Tiefpunkt sozusagen verbunden sind und wieder mit einem Neuanfang beginnen. Also der große Aufbruch am Anfang, der mit dem Aufbruch des Volkes direkt in die Depression in Nr. 11 führt, also in Aufruhr und Verwerfung. Dann Hierarchie und Subzession im Mittelteil, das was als zentrales Moment herausgegriffen war von Nr. 15 bis 2029, also bis in den Tod Aarons und die Nachfolge des Hohen Priesters. Und der dritte Mittelteil, die Bewahrung und Segen von Nr. 21 bis 2518.
Das Besondere an dieser Fünfteilung ist, dass sie beide Zählungen mitberücksichtigen kann und zugleich aber den Einschnitt berücksichtigt, der die Wüstenzeit gliedert. Diese beiden Rahmenteile, also am Sinai und im Land Moab, stehen sich als Konstitution gegenüber. Die Konstitution in der Wüste und die Konstitution im Land oder auf das Land hin. Diese drei Mittelteile sind konzentrisch aufeinander bezogen. Also sie haben eine Mitte und diese Mitte ist die Organisation des Volkes und die Führung des Volkes. Und die Führung des Volkes ist zentral. Wichtig ist, dass jeder dieser drei Teile mit einem positiven Signal beginnt und mit einer Depression, mit einem Tiefpunkt endet. Die ersten Erfolge gegen den König von Arath, die Umkehrung der Zerstreuung nach Haoma,
ist die Umkehrung des Endes der Kundschafter-Erzählung. War Israel noch in 1446 bis nach Haoma zurückgeschlagen worden, bis in den Bann zerstreut worden, so schlägt es jetzt Arath, den König von Arath nennt seine Städte, Bann. Jeweils endet das Geschehen mit einem narrativen Tiefpunkt der eigenmächtigen Landnahme, der Zurückschlagung bis Haoma und dem Tod Arons, des unübertroffenen Priesters und dann die traurige Geschichte von dem Einlassen der Israelit mit den Moabiterinnen, wo Israel von dem Gott in den Fremdgötterdienst abfällt. Während das Volk in dem ersten Mittelteil eigenmächtig handelt und dieser erste Teil deswegen, weil das Volk nicht in Bezug auf Mose und Gott eigenmächtig handelt, ohne
positives Signal endet, sind die beiden anderen Mittelteile sehr durch das positive Signal der Subzession bestimmt. Also Eleasa Pinchas und Aaron Eleasa. Die Botschaft dieses Aufbaus ist klar. Die Hierokratie, also die Priesterherrschaft, die priesterliche Familie der Aroniden rettet durch ihre Autorität. Sie vermittelt die für die Rettung notwendige Versöhnung und Entzündung des Volkes. Sie schafft die Voraussetzung für die Versöhnung mit Gott. Damit ist sie unverzichtbar. Das Erzählen macht die Priester unverzichtbar. Wie weit man einer solchen Konzeption folgen kann und folgen möchte, das mag man diskutieren. Für das Buch Numeri ist das genau die Form, mit der die Dauerhaftigkeit der Präsenz Gottes
gesichert werden soll. Ich hatte schon angedeutet, dass dieses Buch zwar einerseits für sich steht, durch Rahmenverse, durch den Aufbau, das ist aber zugleich eine pentateuchische in die fünf Bücher Mose hinein und eine hexateuchische in die Erzählung bis in das Land Josua hinein Perspektivierung hat. Der Aaron und Mose stehen für den Pentateuch, der Pinchas und Josua stehen für den Hexateuch. Beide kommen sehr stark im Buch Josua vor. Nur im Pentateuch ist Mose der Offenbarungsmittler. Das Land aber, das Gegenstand dieser Offenbarungsmittlung ist, wird erst im Buch Josua erreicht. Die Vorstellung vom Asyl, von den Asyl- und Levitenstädten hat eine Spiegelung in Josua 19. Während in dem Pentateuch, in dem Buch Numeri der P-Stil, der priesterliche Sprachstil
vorherrschend ist, wendet sich oder wandelt er sich am Ende zu einem Mischstil, der auch im Buch Josua vertreten ist. Chitin kommt in Numeri 25.1 in Josua 2.1 und Josua 3.1 vor. Die Steppen von Moab spielen in beiden Büchern eine Rolle und das Gegenliebe von Jericho. Also ganz viele Aspekte bis hin zur Landverteilung Josua 13 bis 18, die Wortparallelen zu Numeri 33 und 34 hat, wird eine enge Verbindung in den Hexateuch geschaffen. Das ist eine Forschungsfrage, die uns noch beschäftigen wird, die noch nicht ganz gelöst ist. Das Oszillieren, dieses Hin und Her schwanken zwischen einer pentateuchischen Orientierung und dem Hexateuch. Denn mit dem Tod des Mose, mit dem Tod des Offenbarungsmittlers ist ein Abschluss erreicht.
Und mit 36.13, das sind die Gesetze, die er in den Steppen von Moab erhalten hat, ist auch ein Abschluss erreicht. Dennoch geht die Erzählung darüber hinaus und weiter. Das hat auch Gründe, die in der Entstehung des Buches liegen. Diese Entstehung des Buches ist nicht die einer Autorenliteratur. Da ist nicht der unbekannte Autor, der dieses Buch kongenial geschaffen und produziert hat. Dieses Buch ist nicht aus einer oder auch nicht aus vier Händen, sondern aus vielen Händen, zusammengebaut worden, immer weiter fortgeschrieben, immer weiter verändert worden. So funktioniert Traditionsliteratur. Wenn man in die Befunde von Kumran in den Höhlen am Toten Meer schaut, dort wo die
biblischen Texte in einer großen Zahl belegt sind, dann merkt man, dass es den Text, den einen Text, so nicht gegeben hat, sondern es eine sehr pluriforme, vielgestaltige Textformen gegeben hat, die zum Teil als samaritanisch gekennzeichnet werden, zum Teil als judäisch, die unterschiedliche Verortungen haben, die Mischformen bilden. Aber es gibt nicht den einen Text. Auch wenn man die hebräische Fassung mit der griechischen vergleicht, merkt man, naja, nicht immer ist der griechische Text eine Übersetzung. Manchmal ist er älter als der masoretische Text, als der hebräische Text. Die Samaritana, also die Religionsgemeinschaft auf dem Garezin im Norden Israels, hat einen eigenen Pentateuch, der in vielen, vielen übereinstimmt, fast allem übereinstimmt mit der Thora der
masoretisch Überlieferten aus dem Mittelalter oder auch aus den Stücken, die wir aus Kumran kennen. Er hat aber auch Veränderungen und auch das macht deutlich, diese Textformen sind flüssiger gewesen, als wir uns das vielleicht anfänglich vorgestellt haben. Wir haben uns Textentwicklung so vorgestellt, als gäbe es ein Stemma, als gäbe es immer klare Abstammungsformen. Und man könnte von dem Manuskript, das man vorliegen hat, eine klare Abfolge bis in einen Urtext hineinfinden. Davon nimmt man heute Abstand und merkt, dass diese Textfassungen in einer Form ja variierend sind. Also die Textgestaltung ein Rizom darstellt, etwas darstellt, was wie eine Wurzel sich immer weiter vernetzt, ausbreitet, in unterschiedlichen Bezugssystemen steckt und damit zu einer
Verhaftung wird. Es gibt multilaterale Textbeziehungen. Nicht immer nur die Beziehung auf einen einzelnen Text, wie an den Beispielen Horma, wo das gleiche Wort an zwei Stellen verwendet wird, einfach zur Erkenntnis oder Schitim in Joshua 2 und 3 und Nummer 25. Nein, bei diesen multilateralen Textbeziehungen gibt es in einem Text ja quasi Anker, die in ganz viele verschiedene Richtungen hineingehen und den Text Vernetzen hineinweben in das Textgewebe, das vorliegend ist. Also Verstrebungen, Verwurzelungen und neue Triebe, das ist das, was ein Rizom ausmacht. Deswegen kann man die Frage, wie alt ist das Buch Numeri nicht, zumindest nicht mit einem Satz beantworten.
Traditionen haben fast nie einen erkennbaren, greifbaren Anfang, sondern sie sind irgendwann da und dann bilden sie sich weiter fort. Sie sind auch nicht stabil, sondern verändern sich durch die Transmission, durch die Übertragung. Sie haben weder einen Anfang noch ein Ende, denn Traditum und Tradere, das Hinübertragen, das Übertragen und das Überlieferte, die fallen ineinander. Material, also wie muss man sich das vorstellen? Die Rollen wurden abgeschrieben und von Schreibern abgeschrieben und dadurch bei diesem Abschreiben verändert. Keine Rolle, wenn sie nicht kopiert wird, also eins zu eins übertragen wird, verändert sich nicht im Abschreibvorgang. Die Bearbeitungen, die wir in den Texten erkennen, sind aber viel vielfältiger, als wir uns die materialen Textbeziehungen vorstellen können.
Das heißt, in einem Abschreibvorgang sind durch Glossierungen, durch Sachen, die über den Text geschrieben worden sind oder durch die unterschiedlichen Abschreibformen die Texte verändert worden. Abschreiben ist also nie einfach nur kopieren oder identisch reproduzieren, sondern Abschreiben ist verändern, ist anpassen, ist erweitern und oft auch kürzen. Und damit haben wir ein Merkmal von Traditionsverdichtung benannt, das sehr entscheidend ist für das Verständnis dieser Literatur. Je weiter wir auf das, was wir als Abschluss des Pentateuch uns vorstellen, hinzugehen, desto stärker wird dieses Netzwerk, desto stärker werden die Verbindungen. Wie verhält es sich mit der Geschichte? Ist das, was da erzählt wird, so passiert, wie es erzählt wird?
Aller Wahrscheinlichkeit nach nein. Es gibt sogar viele Hinweise darauf, dass die Erzählungen sehr oft aus einer anderen Zeit stammen als die Zeit, von der sie erzählt sind. Das Numeribuch erzählt dennoch wahre Geschichten, weil die Wahrheit dieser Geschichten nicht in ihrer Historicität liegt. Sie liegt nicht darin, ob das, was dort erzählt wird, tatsächlich so geschehen ist, sondern ob das, was die Erzählungen bedeuten, eine wirkliche Bedeutung hat. Wie viele der Personen im Buch Numeri tatsächlich historische Personen sind, ist letztendlich sehr ungewiss. Es scheint so, als gäbe es einige der Personen tatsächlich wirklich nicht. Sichon, der König, der im Ostjordanland geherrscht hat, ist wahrscheinlich ein legendärer König, den wir zumindest von den Quellen her nicht nachweisen können.
Oder Og von Barschan, der König des Barschan, ebenfalls. Die Töchter Celophatz, einige davon sind Landschaftsnamen, die im Westjordanland verankert sind, um die Gegend von Samaria herum. Also die dort in Landschaften präsent sind. Und wahrscheinlich handelt es sich eher um Typen, als um tatsächlich die Vorstellung realer Personen. Ob es wirklich Riesen im Land gegeben hat, wage ich zu bezweifeln. Auch das sind keine historischen Figuren, die Riesen, von denen in der Kundschaft der Erzählung die Rede ist, und von denen Israel Angst hat. Eine der wenigen Personen aber, die außerhalb der Bibel in schriftlich belegt ist, ist Biliam. Es gibt eine Inschrift von Tel der Aller im oberen Jordan-Tal, in einem Raum, den man als Prophetenversammlungsraum gekennzeichnet hat, dessen Funktion nicht so ganz klar ist.
Eine Inschrift in roter und schwarzer Tinte an der Wand. Und in einer dieser Kombinationen ist Biliam der Seher erwähnt, der die Hauptfigur dieser Erzählung ist oder dieses Textes ist. In der Gegend, wo dann tatsächlich die Biliam-Erzählung spielt. Etwas weiter südlich des Jabok von Tel der Aller, aber es gibt einen geografischen Link zwischen diesen beiden Traditionen. Also, es ist irgendwo zwischen Fiktion, völliger Erfindung, Historicität und einem Bezug von historischem Sachverhalten aus anderen Jahrhunderten zu der Erzählzeit, die dort erzählt wird. Es scheint also nicht um das Historische zu gehen. Es scheint nicht darum zu gehen, sondern es geht um die Tradition, um das Paradigmatische, das Beispielhafte Erzählen.
Und das soll etwas deutlich werden an diesen Erzählungen. Dieses Nummeribuch ist eine Gründungserzählung für das nachexilische Israel. Das nachexilische Israel, also für das Israel des sechsten und eher fünften und vierten Jahrhunderts vor Christus. Die Erzählungen wollen daran das Beispielhafte verdeutlichen, das schon in der langen vergangenen Vorzeit festgelegt worden ist, nämlich in dem Aufstand der Korachiten beispielsweise, die Infragestellung der Rollenmuster und der Hierarchien. Dass Aaron und die Aroniden die Führungsperspektive haben innerhalb des Volkes, also eine Hirokratie ausbilden, das ist die Botschaft des Textes. Dabei ist auch die Frage, ob diese Aroniten tatsächlich reale Priester gewesen sind oder nicht das Buch Numeri eine sehr kleine Gruppe von Identifikationsfiguren erfindet, um einen
Bezug auf diese Form der Hirokratie der Priesterherrschaft zu ermöglichen. Das scheint mir die wahrscheinliche Variante. Aber in der zugespitzten Formulierung, wir alle sind heilig und in der Auseinandersetzung dieser Führungsform zeigt sich etwas Paradigmatisches. Die Geschichten funktionieren eigentlich sogar besser und genauer und ja erschließender, wenn sie nicht so passiert sind, wie sie erzählt sind, wenn man davon Abschied nimmt, daran nachzusuchen, was das Historische ist. Etwa bei dem beherzten Eingreifen dieses eifernden Pinchers, der seine Lanze, die er in der Hand trägt, in der Kuba, in dem Brautzelt oder welches Zelt auch immer dort gemeint ist, durch die beiden Liebenden hindurchstößt, die eine Mischehe dort leben und vollziehen
und damit die Reinheit des Israel in Frage stellen. Eine schwierige Geschichte, eine gewalttätige Geschichte, eine Geschichte, die von fundamentalistischem Eifer durchsetzt ist. Dieser Pinchers ist ein Heißsporn, der sagt, ich eifer für den Eifer Gottes, also ein Gotteseiferer. Wenn das eine historische Erzählung ist, bleibt einem nur die Kritik. Wenn man sich der Geschichte nähert von dem fast dualistischen Ansatz, es gibt nur Gut und Böse, nur Schwarz und Weiß, die Differenzierung gibt es nicht, es muss rein und getrennt sein, was die Vorstellung ist, dann wird sein Handeln zwar nicht akzeptabler, aber verständlicher. Also in der Loslösung von dieser historischen Fixierung kann man sich den Erzählungen vielleicht sogar ein wenig besser nehmen. Wenn man weiß, dass in Tempelinventaren im vorderen Orient gerade in der hellenistischen
Zeit Schalen, silberne und goldene Schalen, einen Standard repräsentiert haben, dann ist es vielleicht gar nicht mehr so langweilig, dass die alle dasselbe bringen, sondern deutet an, dass die Vorstellung der Tempelfinanzierung eine gemeinsame Perspektive ist, die von allen getragen wird und die auf derselben Basis einer gemeinsamen Währung getragen wird. Das heißt nicht, dass man die Erzählungen nicht auch historisch verstehen könnte, aber die meisten Erzählungen wollen nicht als historische Erzählungen, sondern als paradigmatische Erzählungen verstanden werden. Man kann sie mit oder ohne das Vorwissen verstehen. Wenn man weiß, dass es rivalisierende Priestergruppen gegeben hat, dann erschließt sich eher ein Aufstand der Korachiten, als wenn man das nicht weiß. Aber man versteht die Erzählungen auch so, wenn man diese historischen Informationen
nicht hat. Die allermeisten Aussagen sind so, wie sie gemacht werden, verständlich. Wenn etwa Menschen kurz nach dem Auszug nach, aus Ägypten, schon bei der kleinsten Entbehrung der Wüste, sich wieder nach Ägypten zurücksehen. Dass das absurd ist, das versteht man auch ohne die Gurken und das Gemüse aus Ägypten zu kennen. Auch, dass es etwas Besonderes ist, wenn der Geist Gottes über ältert und mädert zwei ganz normale Figuren im Lager kommt. Das kann man auch ohne Vorwissen über den Gottesgeist und die Prophetie verstehen. Wenn man aber nicht weiß, dass in der patriarchalen Rollenverteilung nur die Frau die Ehe brechen kann, dann wird man das Ritual der Ehebrecherin oder der bezichtigten Ehebrecherin, der Sotar, nicht wirklich beikommen können. Das Numeribuch ist ein Brückenbuch.
Das haben wir über den Aufbau und den Inhalt sehr deutlich gemacht. Also es verbindet Sinai und Land und schafft eine Brücke dazwischen, in der sich Israel als Israel formt. Es ist ein Brückenbuch in doppelter Hinsicht. Kompositionell, ganz sicherlich, aber auch literargeschichtlich. Die aller, aller meisten Texte in diesem Buch sind späte Brückentexte, die ihre eine Perspektive, eine sehr weite Perspektive nach vorne und hinten entfalten. Dieses Buch gibt Zeugnis von der zunehmenden Vernetzung der Texte untereinander, der zunehmenden Verdichtung von Perspektiven, der zunehmenden Adaption und Ergänzung, der zunehmenden Interpretation dieser Texte in sich selbst. Die Torah legt sich selber aus und das kann man im Numeribuch beobachten. Die spätesten Texte der Torah scheinen sich im Buch Numerit zu finden.
Aber nicht alles ist erst nach Exodus, Leviticus und Deuteronomium entstanden. Ein ganz wichtiges Thema, was sozusagen über die Brücke hinaus führt auf die Brückenpfeiler, ist die Frage, warum überhaupt geht Israel über das Ostjordanland? Warum nicht da, wo der Weg einfacher ist, über die Via Maris am Strand entlang, über das Philistergebiet in das Heilige Land? Warum über das Ostjordanland? Der jetzige Text bietet eine sehr späte Erklärung von der Umgehung Edoms. Es gibt aber alte Traditionen, darüber besteht relativ Einigkeit, die in Numerit 20 und 21 den ältesten Kern dieses Buches ausmachen. Also eine Perspektive des Ostjordanlandes ist dem Buch immer schon eingeschrieben. Die ist nicht erst später hinzu erfunden worden, nachdem das mit der Kundschaft der
Erzählung nicht geklappt hat. Das könnte darauf hinweisen, dass die Erzählungen von der Eroberung des Ostjordanlandes einen real historischen Hintergrund im neunten Jahrhundert haben. Die Könige des israelitischen Reiches, das in Samaria seinen Königsitz gehabt hat, die Omriden, haben nämlich über dieses Ostjordanland geherrscht und ihre Herrschaft dort ausgebreitet. Davon wissen wir von der sogenannten Mesha Stele, eine im neunzehnten Jahrhundert gefundene Stele aus Dibon, die einen Text enthält von einem König, der berichtet, dass die israelitischen Könige sein Land eingenommen haben. Also gibt es, erzählt Traditionen, die vielleicht bis in das neunte Jahrhundert sogar zurückreichen. Der älteste Teil dieses Nummeribuches ist dann Stück für Stück angewachsen und wie
in der unterschiedlichen Form sind andere Brückenpfeiler hinzugesetzt worden, bis die Brücke entfaltet worden ist. Das eigentlich Spannende an dem Buch ist aber diese formative Phase, da wo die Thorat zu ihrer Vollendung, zu ihrem Abschluss kommt. Also die Texte, die das Ganze in den Blick nehmen, thematisieren und ergänzen. Dabei muss man sich vergegenwärtigen, dass dieses Judentum, was wir uns vorstellen, kein einheitliches gewesen ist, sondern verschiedenste Gruppierungen aufeinander getroffen sind und sich auf dieselbe Basis bezogen haben. Die Samaritana, die Diaspora-Juden, die ins Exil gegangen sind und dort verschleppt worden sind, die Juden, die in Ägypten auf der Nilinsel Elephantine einen Tempel hatten, die in Alexandria gelebt haben, in Hermopolis und anderen Städten.
Also sehr verschiedene Gruppen des Judentums, die zueinander finden mussten und die als Israel zueinander finden mussten als die Gemeinschaft, die an denselben Gott glaubt. Das Buch Numeri bietet dafür eine Einheitsperspektive. Wenn du das als deine Grundlage akzeptierst, diese gemeinsame Geschichte, die mit dem Gesetz verwoben ist, wenn du die Thora aus dieser Perspektive für dich annimmst, dann kannst du auf Deutsch gesagt machen, was du willst, aber du gehörst dazu. Wir bilden eine Einheit. Und genau das scheint einer der Hintergründe zu sein, warum die Einheit Israels so stark betont wird. Offenbar suchte man nach einem Nenner für dieses ganze Israel, für das sehr pluriforme, sehr vielgestaltige Israel. Und dazu gehört dann, Israel konstituiert sich außerhalb des Landes.
Nicht aus einer Perspektive, die nur Jerusalem kennt, nicht nur aus einer Perspektive, die nur Judar kennt. Obwohl Judar eine herausgehobene Stellung in dem ganzen Buch spielt und es einen Judienbias, eine judäische Bevorzugung gibt, ist Judar nicht alles. Israel konstituiert sich ohne diese Vorrangstellung Judas außerhalb des Landes, in der Wüste. Also in dem Land, das keinem gehört, das jeder für sich beanspruchen kann und das für alle gleichermaßen gültig ist. Es wird ein großer Wert darauf gelegt, dass die Stämme zwar nicht gleich sind, das Land wird nach der Größe zugeteilt, die Zahlen sind entsprechend unterschiedlich, aber alle Stämme werden gleich behandelt. Aus unterschiedlichen Perspektiven Ruben und Gath im Ostjordanland, die anderen Stämme im Westjordanland. Dieses Kapitel von Nummer 7 entwirft eine Fiktion der Gleichheit aller, dass diese ganzen
Stämme zusammen Israel bilden, die das Zusammenwirken also in der Konstitution des Kultes zentral ist. Diese Vorstellung von einer ganz kleinen Gruppe von Priestern, auf die sich alle einigen können, ist eine Einheitsperspektive aus der Perserzeit. Dabei sind diese Aroniden keine reale Gruppe, sondern eine fiktive. Und jede einzelne Priesterschriftschaft, sei sie auf dem Garezim, sei sie in dem Heiligtum im Negev, sei sie in Elefantine, kann sich dem zuordnen und sagen, von unserer Genealogie aus sind wir Aroniden und gehören dazu. Die Rituale und der Festkalender markieren einen Minimalkonsens, eine Gemeinsamkeit von Ritualen, auf die man sich beziehen kann. Es findet eine Orientierung von ganz Israel auf eine zentralisierte Perspektive des Landes
statt. Erst im Josuerbuch wird die mit dem Bau eines Heiligtums quasi durchbrochen oder in Frage gestellt. Keine der rivalisierenden Gruppen wird explizit genannt. Also wir haben keine Möglichkeit, jetzt diese Gruppen, die da zusammenfinden, zu benennen. Und doch ist klar, dass es letztendlich um einen Einheitsprozess geht, der für das Numeribuch das Zentrale ist. Vielleicht kann man das an einem Beispiel verdeutlichen. Der Priestersegen in Nummer 6, der für uns eine so herausgehobene Perle gewesen ist im Aufbau, wie Bruno Bensch gesagt hat. Der Herr sprach zu Mose, sag zu Aron und seinen Söhnen, so sollt ihr die Israeliten segnen, sprecht zu ihnen. Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Antlitz über dich leuchten, sei dir gnädig.
Der Herr wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Frieden. Dreimal setzt dieser Text neu ein, mit in der jüdischen Vorstellung und vom hebräischen Text abgeleitet mit drei Worten, dann mit fünf Worten, dann mit sieben Worten. Man könnte sagen, eins hätte gereicht. Schon die Vorstellung von der Herr segne dich und behüte dich wäre ausreichend. Es könnte sein, dass gerade in dieser Kumulation und in der Zuweisung zu den Aroniden, also zu dieser Perspektive der Einheit, unterschiedliche Segenstraditionen in diesem Text verschmolzen worden sind, um eine gemeinsame Perspektive des Segens zu formulieren. Wenn du auch nur eine aus diesen Formulierungen oder alle drei verwendest, dann gehörst du dazu. Dann ist deine Perspektive die Perspektive Israels, der Aroniden und so sollst du Israel
segnen. Du sollst meinen Namen auf die Israeliten legen und ich werde sie segnen. Dass dieser Text in dieser Kumulation des Segens zu einem der wirkmächtigsten Texte auch in der Liturgie geworden ist und eine Perle geblieben ist, das kann man schon verstehen. Er ist wohl das herausragendste Stück der Wirkungsgeschichte. Das Zweite ist die Weissagung Biliams von dem Stern, der aufgeht in Jakob. Die Verheißung, die Biliam dort in einer Vision schaut, die ist aufgenommen worden als eine messianische Verheißung. Und bis in den Stern von Bethlehem, bis in den Stern auf den Münzen des Bar Koch-Baaufstandes hat dieser Stern nachgewirkt. Als der Stern des Herrschers, der Stern des Friedensherrschers, der Israel vereint und Israel Ruhe verschafft. Vom Text hat man sich dabei ganz gelöst.
Der hebräische Text geht relativ marzialisch und brutal weiter, aber dieses Biliam-Orakel ist ja mit zum Kern der Messias-Verheißungen geworden und taucht schon früh, vielleicht sogar schon in den ersten Katakombenmalereien in Rom auf. Das Land von Milch und Honig ist in unsere Redewendung übergegangen, also da, wo Milch und Honig fließen. Das haben wir uns mehr oder minder zu eigen gemacht. Viele andere Texte sind auch in die Tradition und Wirkungsgeschichte eingegangen, aber nicht in gleicher Weise wie diese drei Formulierungen. So sehr Sie auch merken, mich dieses Buch begeistert, gibt es auch Momente der Distanz. Also da, wo man dem Buch ja zumindest auf die Finger schauen muss, ihm vielleicht sogar widersprechen muss, mit ihm ringen muss und auch die Interpretation darüber hinaus tragen
muss. Einige Andeutungen habe ich schon gemacht, was die Frage des Umgangs mit der Rolle der Frau als eigenmächtig Handelnde angeht. Da sind große Schritte im Numeribuch gemacht, aber aus unserer Perspektive der Gegenwart ist das noch nicht genug und bedarf noch der Kritik. Aber das ist nicht der eigentliche und springende Punkt. Der springende Punkt ist, dieses Buch hat Anteil, sehr starken Anteil an der Emotionalität Gottes, am Zorn Gottes, der für uns heute problematisch geworden ist. Nur wenn ich die Voraussetzungen teile und mitgehe, kann ich diesen Zorn verstehen. Ich werbe darum, das zu tun und diesen Zorn nicht als etwas Negatives zu verstehen, sondern als einen Ausdruck der größeren Gerechtigkeit Gottes. Dann wird er viel verständlicher. Aber zugegeben, das fällt zunehmend schwer.
Je schwerer das Alte Testament, je stärker das Alte Testament ins Hintertreffen gerät in unserer christlichen Wahrnehmung, desto schwieriger wird auch ein Verständnis von dem Zorn Gottes. Wenn man aber das Buch liest von Nr. 14 her, von der Gnadenformel, also von der je größeren Gnade, die die Gerechtigkeit Gottes übersteigt, wenn man es liest von dem permanenten Zurücktreten Gottes aus dem Zorn, der auf die Fürsprache, die Fürbitte von Mose und Aaron das Volk immer wieder verschont, wenn er die vollzogene Strafe letztendlich doch nicht vollzieht und seine Liebe und Gnade und Barmherzigkeit sich durchsetzen, dann bekommt man eine ganz andere Perspektive auf diesen Zorn Gottes. Zu den Stärken dieses Buches gehört meines Erachtens nach, alles wird verhandelt. Ich finde es als hilfreich und gut zu erleben, dass auch Israel gestritten hat und immer
wieder in Frage gestellt wird und alles in Frage gestellt hat, selbst den Segen Gottes, selbst die Verheißung, selbst das Verheißungsgut am Ende in das Land zu gelangen, in ein gutes Land zu gelangen, in dem Milch und Honig fließen. Also alles immer in Frage zu stellen ist auch eine positive Seite. Dennoch wieder zurückzufinden in die Zuversicht, in das Weiter, in die Perspektive des Überlebens hineinzufinden, das lehrt uns das Buch Numeri. Es ist ein Diskurs der Tradition. Wie weit muss Tradition Geltung haben? Wie weit kann sie verändert werden? Tradition und Innovation sind keine Gegensätze. Sie bedingen sich gegenseitig. Innovation, die nicht auf die Tradition zurückgreift, kann nicht Bestand haben. Und so ist der Diskurs und die Tradition im Numeribuch ein ganz wesentliches Moment.
Geschichte und Offenbarung finden dabei zusammen. Dieses Klagen und Fragen, immer wieder auch der Klage freien Lauf zu lassen, bietet viele Identifikationspotenziale, was die Personen angeht. Israel hat es offenbar nicht einfach, aber ist auch nicht einfach. Klagen nützen und zumindest reagiert Gott immer wieder auf die Klagen und Fürbitten. Er hört Israel. Diese Bestärkung im Gebet ist eines der Momente, das auch das Numeribuch und seine Fürbitte sehr stärkt und stark macht. Dieses Volk Israel, das klagt und kämpft, streitet, ist ein Volk, das offenbar viele Rebellen verträgt und integrieren kann. Es ist kein Gleichmacher-Volk, in dem alle gleichermaßen die gleichen Rollen übernehmen,
sondern es hat unterschiedliche Perspektiven und verträgt, wie ich sage, offensichtlich eine Menge an Rebellen. Die Hierarchie wird hinterfragt, das priesterliche Handeln nicht auf die kultische Funktion reduziert, sondern auf die Aufgabe der Priester, Mittler zu sein, Mittler zwischen Gott und seinem Versöhnungswillen. Mittler zwischen Gott und den Menschen zu sein, als priesterliche Funktion und damit stabilisierend zu wirken, das finde ich einen guten Ansatz, auch heute über die Frage, was sind eigentlich die Rollen von Gemeindeleitern, von Priestern gegenüber dem Volk. Dieses Israel als einen gemeinsamen Fluchtpunkt kollektiver Identität zu begreifen, also Diversität, Verschiedenheit nicht als trennend, sondern als einen zu begreifen, das lehrt
meines Erachtens nach das Buch Numeri. Ich bezeichne es als ein Identitätsreservoir, also als einen Pool, auf den man zurückgreifen kann, wenn man sich selbst definieren will, wenn man die eigene kollektive Identität bestimmen will, aus unterschiedlichen Perspektiven und wo man merken kann, dass die Brüder und Schwestern in dem vermeintlich anderen Glauben doch im selben Traditionspool witzeln, im selben Reservoir ihre Identität schöpfen. Da kann man Strategien entwerfen und herauslesen, wer oder was denn Israel ist, wie viel Einheit muss sein und wie viel Diversität darf sein, wie viel Pluralität kann sich eine Gemeinschaft erlauben, was ist Kern und was ist wandelbar. Das Buch, darüber habe ich noch gar nicht gesprochen, das wäre ein weiterer Vortrag wert, gibt Perspektiven, was das Asyl angeht, es unterscheidet erstmalig klar zwischen Mord
und Totschlag und sagt, es müssen andere Formen gelten für den Totschlag als für den Mord. Während der Mörder der Blutrache unterliegt, muss der Totschläger ein Verfahren bekommen und um das zu beurteilen, muss es ein Gerichtsverfahren geben, das mit Zeugen bestückt wird. Also die Überführung der Blutrache in eine Gerichtsordnung, in eine Rechtsordnung, das macht das Buch Numeri sehr stark deutlich. Es hat Gott als Mittelpunkt und als Zentrum, immer wieder orientiert es sich auf diese belebende Mitte Gottes, fragt danach, was ist eigentlich notwendig, um diese Mitte zu leben. Das kann man an den Geschichten leben, lernen, wie Gott als Grundprinzip funktioniert, in dem Vertrauen auf seine Gnade, die seine Gerechtigkeit übersteigt. Mose wird zur Thora, die sich selbst auslegt, ein genialer Schachzug, wie diese Thora Geltung
haben kann über die Zeit hinaus, dass sie nicht statisch ist, sondern in sich dynamisch ist, in ihren Bezügen jeweils unterschiedliche Perspektiven entfaltet. Etwas, das sich in der Tradition der Kommentarliteratur sowohl im Judentum als auch im Christentum dann sehr stark gehalten hat. Dennoch gibt es einen normativen Fixpunkt, der in Mose besteht. Das sind viele Stärken, aber zu den Schwächen gehört zum Beispiel, dass es keine Distanzierung gegenüber der Gewalt an anderen gibt. Diese Gewalt, die anderen zuteil wird oder auch an anderen ausgeübt wird, bleibt ohne kritische Distanz. Sihon und sein Königtum werden vernichtet, Bashan im Norden, der König Og wird vernichtet, die Rotte Korach versinkt in der Erde, die Midianiter werden, nicht mit Mann und Maus,
aber werden ausgerottet. Also Perspektiven der Gewalt, die ich so nicht akzeptieren kann und will, mit denen ich mich auseinandersetzen muss. Nur die Voraussetzung zu benennen, dass das in einem Dualismus, in einer sehr starken Trennung von Gut und Böse, in einem Maßstab, der von vornherein festliegt, wurzelt, reicht noch nicht als ein Distanzmoment. Also da fordert das Buch wirklich zu einer Distanzierung heraus. Wie gesagt, das Gottesbild des strafenden Gottes ist nicht einfach. Die Plagen, die partielle Vernichtung des Volkes, dass Menschen starben, weil andere in Kollektivhaftung einen Fehler begangen haben, die Vernichtung Gottes durch göttliches Feuer, das vom Himmel herabfällt, sein gerechter Zorn, der Befehl, dass eine ganze Generation
in der Wüste vergehen muss, all das ist schwer und fordert heraus. Nur mit der Gnadenformel und dem Verweis auf die je größere Gnade Gottes komme ich nicht da durch. Die Texte selbst bieten diese Gnadenformel nur an wenigen Stellen explizit. Also das, was als Theologie entwickelt wird, ist eine Metaperspektive, die es erlaubt, die Texte zu erklären, auch zu verstehen, die aber aus den Texten selbst erstmal schwer zu gewinnen ist. Schon erwähnt hatte ich den Fundamentalismus oder die Gefahr des Fundamentalismus. Der Pinchas, der im göttlichen Eifer sogar von sich sagt, dass er den Eifer Gottes eifert. Eine gefährliche Formulierung, ganz nah an der eigenmächtig religiös legitimierten Gewalt.
Das Problem also eines religiösen Fundamentalismus, der gewalttätig ist. Ein Merkmal der Psalmen in ihrer Gewalt ist, dass sie die Gewalt immer Gott überlassen, also niemals selbst handeln. Bei Pinchas ist das anders. Er ist stellvertretend im Eifer für Gott. Dass er dabei eine Funktion als Priester erfüllt und genau dieses versöhnende Handeln paradoxerweise im Tod der Delinquenten besteht, das ist schwer nachvollziehbar. Mit einer professionellen Umgang mit den Texten kann ich das akzeptieren, kann ich das erklären. Ich kann aber gut verstehen, wenn man dort in eine Distanz gegen den Text tritt. Wo ich glaube, wo es wichtig ist, sich zu distanzieren, ist, dass eine solche Erzählung eine Gefahr für einen religiösen Fundamentalismus darstellt. Und dass man sie mit anderen Texten konfrontieren muss, die dem Einhalt gebieten, die den Eifer
Gottes als einen Eifer um die Liebe für das Volk machen und nicht um einen gewalttätigen Eifer, der Menschenleben zerstört. Wenn der Hintergrund einer solchen Erzählung der Dualismus ist, das klare Verständnis von Gut und Böse, dann wissen wir, die Welt ist nicht so. So einfach ist es nicht, dass alles schwarz und alles weiß ist. Sondern es gibt viele Grautöne, es gibt viel dazwischen. Zu akzeptieren, dass eine Erzählung nur dann verstehbar oder verständlich ist, wenn sie unter diesem Merkmal der klaren Teilung von Gut und Böse steht, das macht sie nicht einfacher. Die Rituale bleiben sehr interpretationsoffen. Wenn man die Rituale liest, sind zu viele Dinge unbestimmt. Sie geben keine wirkliche Kultform oder Lebensform vor. Von daher bleiben sie uns oft verschlossen. Sie arbeiten mit starken konzeptionellen Metaphern.
Oben ist gut, unten ist schlecht, draußen ist unrein, innen ist rein, die Vorstellung, das Helle ist rein, das Dunkle ist unrein und so weiter. Also mit vielen dieser konzeptuell sehr einfachen Metaphern bleiben aber dennoch sehr interpretationsoffen. Und ein letzter Punkt. Es gibt Modelle der Konvivenz, also des Zusammenlebens mit anderen in dem Buch. Jeder bildet für sich eine Gemeinschaft, hat aber ein Gesetz, das auch für die Fremden gelten soll. Sehr oft heißt es in den gesetzlichen Bestimmungen, dieses Gesetz soll für dich Israel und für den Fremden in deiner Mitte gleichermaßen gelten, sodass eine Gemeinschaft entstehen kann unter der Basis eines gemeinsamen Rechtes. Dennoch bleibt die Integration der fremden Völker, sagen wir mal, unvollständig.
Die Midianiter werden vernichtet, mit denen ist ein Zusammenleben nicht möglich. Die Moabiter werden bestraft, eine Integration ist nicht wirklich möglich. Die Edomiter werden geschont, weil sie über Esau zum Brudervolk gehören. Hobab wird eingeladen mitzugehen in das Land, aber letztendlich weist er ab und geht in sein Land zurück oder geht doch mit den Israeliten in das Land hinein. Die Kushiterin als Frau des Mose wird in Frage gestellt, aber Gott weist Miriam und Aaron zurecht und sagt, das ist der demütigste Mann, den ich kenne, daran habt ihr nichts zu kritisieren. Dennoch wäre mir lieber gewesen, diese Integrationsperspektive gegenüber der kushitischen Frau wäre explizit gemacht worden. Wäre gesagt worden, dass die Mischehe des Mose im Diskurs legitimiert ist. Da bleibt das Modell des Nummeribuches vielleicht manchmal zu unscharf und zu offen.
Es gibt die Gegenbeispiele der Integration, aber die sind letztendlich nicht stark genug. Dass am Ende Biliam, der Prophet, der nichts anderes wollte und konnte, als Israel zu segnen, doch umgebracht wird, ist schon schwer zu ertragen. Es ist nur erträglich, wenn man es begreift als eine Auslegung von bestimmten Worten und Gesetzen, die letztendlich innerer Konsequenz dahinführen. Aber als eine Konsequenz dieses ja doch aufrechten Biliam ist das schwer zu ertragen. Also Stärken und Schwächen, ohne Zweifel. Was macht es aber dennoch für einen christlichen Glauben in der heutigen Zeit notwendig und hilfreich ertragreich, dieses Buch zu lesen, sich mit ihm zu beschäftigen? Was ist also der theologische Ertrag? Ich glaube, dass der erste Punkt die Treue Gottes ist.
Gott hält in Treue an seiner Erwählung fest. Die Verlässlichkeit und Standhaftigkeit Gottes, die in aller Auseinandersetzung in dem Buch durchgetragen wird, ist es wert, das auch im christlichen Glauben heute festzuhalten. Der Segen Gottes Zusage und Begleitung in der Anfechtung des Volkes ist ebenfalls das Moment, das sich durchträgt und festhält. Dass das Land die Möglichkeit in einem gesicherten Umfeld zu leben Gottes Gabe und Wertschätzung ist, die Wertschätzung erfahren muss, dass es ein Land ist, in dem man Milch und Honig fließen sieht und das einen ernähren kann und das eine Perspektive auf die Zukunft hin des Verlangens darstellt. Das ist, glaube ich, auch ein Punkt, der sehr zentral ist, darüber nachzudenken, wo kann
ich denn Gottes Gegenwart leben und verwirklichen? Und die Rede Gottes auch in der Wüste, also da, wo keine Grenzen, die das Kulturland bestimmen, wo es kein Umfeld gibt, das strukturiert ist, sondern alles offen ist, da redet Gott in einem Wort offenbar. Torah ist also, so stellt es das Buch Numeri dar, eine Außenleitung. Wenn man sich darauf einlässt, kann man eine Orientierung gewinnen. Diese Orientierung ist aber nicht fundamentalistisch. Sie ist nicht ein statischer Block, auf den man sich bezieht und der nie mehr verrückt werden kann, ein Fels in der Brandung, sondern dieser Bezugspunkt, diese Orientierung stellt sich als wandelbar vor, als eine Torah, die auf die Gegebenheiten reagiert, die die Herausforderungen
des Alltags annimmt und neue Wege findet, das, was ihre Intention ist, ein Leben in Gottes Gegenwart zu ermöglichen, auch umzusetzen. Eine Dynamik, die zur Veränderung führt, nicht nur zur Veränderung der Torah, sondern auch zur Veränderung Israels. Letztendlich in dem Generationenwechsel die Veränderung auf das Land hin zu vollziehen. Den wahren Geschmack des Wassers, so hatte ich gesagt, erkennt man nur in der Wüste. Ja, das Numeri-Buch ist überstrecken, auch hartes Brot. Es ist Literatur, es sind Texte, die als Texte wahrgenommen und ernst genommen werden. Nicht alles ist schön und einfach in diesem Buch. Aber die feinen Differenzierungen in der Auslegung, die Perspektiven der Verdichtung von Traditionsliteratur beobachten zu können, wie sich die Torah in sich selbst vollendet, das ist ein Punkt,
der über die bloße Beschäftigung mit der Literatur sinnvoll auch außerhalb eines christlichen Glaubens ist. Es bleiben viele offene Fragen, also wie es zu diesem Abschluss gekommen ist, wie die einzelnen Erzählungen entstanden sind, ob die unterschiedlichen Perspektiven der Samaritana und der Judea in Jerusalem, der Juden in Elephantine, ob die tatsächlich auf dieses Buch sich bezogen haben und wie sie sich darauf bezogen haben. Aber, oder die materialtechnischen Fragen der Rollenproduktion. Aber ich glaube, die Beschäftigung mit dem Buch ist es wert, diesen Fragen nachzugehen. Also drei Schlagworte als Zusammenfassung und Schluss. Tradition und Evolution schließen sich nicht aus.
Sie sind Merkmale der Verdichtung. Tradition und Interpretation schließen sich nicht aus. Sie sind Merkmale des Wandels. Tradition und Innovation schließen sich nicht aus. Sie sind Merkmale der Erneuerung. Vielen Dank für Ihr Zuhören.
Das Numeri Buch | 12.3.1
Wer Kinder hat, kennt es: Da befreit man sie aus dem tristen Alltag, macht einen Ausflug in den Zoo, kauft Eis und Plüschtiere – und dann nörgeln sie doch wieder nur. Undankbares Volk. Und trotzdem liebt man die Bande ja. So oder ähnlich ging es Gott wahrscheinlich, als er sein geliebtes und erwähltes Volk aus der Sklaverei in Ägypten befreite, in der Wüste mit Wasser und Manna versorgte und sie dahin führte, wo sie sorgenfrei und gut leben sollten. Und was taten die Israeliten? Rannten davon, suchten sich andere Götter, beschwerten sich dann doch bei ihrem Gott und verlangten immer wieder, nach Ägypten zurückzukehren, da war es doch eigentlich ganz schön. Diese Geschichten zwischen dem Berg Sinai und der Grenze zum gelobten Land stehen im Buch Numeri. Es ist das unbekannteste Buch der fünf Bücher Mose. Völlig zu unrecht, beschreibt es doch wie kaum ein anderes, wie Gott mit seinem Volk umgeht. In keinem Buch spricht er so viel wie in Numeri. Es ist die Grundlage der Beziehung zwischen Gott und seinen Kindern. Der Theologe Christian Frevel bringt uns dieses Buch näher, das er selbst so faszinierend findet. Er blickt hinter die Zahlen und Listen im Numeri-Buch, die so viele Menschen abschrecken. Er zeigt, was das Buch mit der Suche nach Identität und Einheit trotz Vielfalt zu tun hat. Und er bringt diese uralte Schrift ins Heute. Denn dieses Buch kann auch allen von uns Orientierung bieten, die sich durch ihre ganz eigene Wüste schleppen. Dieser Vortrag gehört zur Reihe »Vorworte: Einführungsvorträge zu jedem biblischen Buch«