Das Buch Hiob ist ein einzigartiges Buch innerhalb der Bibel. Im Mittelpunkt steht ein unschuldig Leitender, der sich viele Kapitel lang aussprechen kann. Das gibt es so in der Bibel nicht noch einmal. Das Buch Hiob ist auch ein relativ umfangreiches Buch. Es umfasst 42 Kapitel. Von den 66 Schriften der Bibel steht es an fünfter Stelle. Umfangreicher ist das Buch Jesaja, das Buch Jeremia, das Buch Hesekiel und das Buch Genesis. Aber an nächster Stelle kommt schon das Buch Hiob. Im Neuen Testament gibt es keine Schrift, die so umfangreich wäre wie das Buch Hiob.
Ich habe die Vorlesung so aufgebaut, dass ich nur ganz wenige Vorbemerkungen mache und dann in wenigen Minuten schon mit der Textinterpretation beginne. Alle grundsätzlichen Fragen zum Buch Hiob, wann ist es entstanden, wie ist es aufgebaut, welche Quellen sind da verarbeitet und so weiter und so weiter. Also alle diese grundsätzlichen Fragen werde ich erst in der zweiten Hälfte der Vorlesung behandeln. Ich will bewusst zuerst gleich einmal mit der Textinterpretation beginnen. Man kann das Buch Hiob unterteilen in ein Erzählteil, der ist viel kürzer, und einen Redeteil. Der Erzählteil teilt sich auf in eine Art Prolog,
also Vorwort, am Anfang des Hiob-Buches, nämlich von 1.1, Kapitel 1, Vers 1 bis Kapitel 2, Vers 10. Danach ändert sich die gesamte Darstellungsweise sehr stark. Und am Ende des Buches, Hiob 42, 11 bis 17, kommt auch noch mal ein Erzählteil. Der Erzählteil am Anfang, also der Prolog kann man auch sagen, viele sagen auch dazu, Hiob-Novelle ist auch okay, ist egal, der Erzählteil, der ist deswegen sehr übersichtlich, weil er in fünf Szenen gegliedert ist, die man sehr leicht erkennen kann. Der Martin kommt zu mir, liest jetzt dann gleich die erste Szene vor, und zwar in der Elberfelder Übersetzung. Die erste Szene geht von Hiob 1.1 bis Hiob 1.5. Und nachdem Martin die
Szene vorgelesen hat, werde ich die Szene interpretieren, und so auch bei jeder der nächsten Szenen. Also Martin Walte deines Amtes die Szene 1. Es war ein Mann im Lande Utz. Sein Name war Hiob. Und dieser Mann war rechtschaffen und redlich und gottesfürchtig und mitasböse. Ihm wurden sieben Söhne und drei Töchter geboren, und sein Besitz bestand aus 7000 Schafen und 3000 Kamelen und 500 gespannen Rinder und 500 Eselinnen, und seine Dienerschaft war sehr zahlreich, sodass dieser Mann größer war als alle Söhne des Ostens. Nun pflegten, seine Söhne hinzugehen und Gastmahl zu halten, der Reihe nach im Haus eines jeden. Dazu sandten sie hin und luden ihre drei Schwestern
ein, mit ihnen zu essen und zu trinken. Und das geschah, wenn die Tage des Gastmahls reihumgegangen waren, da sand sie Hiob hin und heiligte sie. Früh am Morgen stand er auf und opferte Brandopfer nach ihrer aller Zahl. Denn Hiob sagte sich, vielleicht haben meine Söhne gesündigt und in ihrem Herzen Gott geflucht. So machte es Hiob all die Tage nach den Gastmälern. Ich möchte zunächst überblickartig einiges zu diesem Prolog zu allen fünf Szenen sagen. Dieser Erzählteil ist bis in die kleinsten Details sorgfältig erzählerisch durchdacht. Die Gliederung ist sehr straff und man kann sie sofort erkennen, es sind eben diese fünf Szenen. Und auch innerhalb
der Szenen wird in chronologischer Reihenfolge alles hintereinander berichtet. Ein Erzählzug ergibt sich aus dem anderen. Diese Erzählung ist sehr knapp gehalten. Es werden überhaupt nur äußere Vorgänge, die man sehen kann, erzählt und Fakten werden erzählt. Innere Gedanken oder Gefühle kommen nicht vor. Zwar in dem Fall jetzt ein Selbstgespräch, aber das Selbstgespräch wird ja auch wörtlich wiedergegeben. Welche Gefühle da Hiob bei diesem Selbstgespräch hat, tut nichts zur Sache. Also die innere Gedankenwelt wird nicht erzählt. Zwar kann man von den äusseren Fakten her und von den äusseren Vorgängen her oft vermuten, was sich da wohl innerlich abspielt, aber das wird nicht direkt erzählt. Es treten in dieser Hiob-Novelle nur wenig Personen auf und es sprechen
immer nur zwei Personen miteinander. Die literarische Qualität zeigt sich auch darin, dass der Autor dieser Hiob-Novelle sehr bewusst Symmetrien aufbaut, auch Spiegelsymmetrien, ich werde das an Ort und Stelle dann immer sagen, oder sehr bewusst Wiederholungen einbaut, entweder einzelne Worte oder ganze Erzählabschnitte und auch Doppelungen sehr bewusst setzt. Also diese Hiob-Novelle ist, man kann es schon so sagen, ein literarisches Kunstwerk. So, die erste Szene stellt die Hauptperson vor, Hiob. Die Hauptperson, seine wichtigsten Merkmale,
sozusagen charakterlichen Merkmale, aber auch seine Umwelt, seinen Lebenskontext, seine Familie, seine Herden, also die Hauptperson wird vorgestellt. Wie stark die Hauptperson im Mittelpunkt steht, merkt man unter anderem daran, dass nur Hiob einen Namen bekommt. Seine Frau und seine Kinder sind namenlos. Diese erste Szene also, die die Hauptperson vorstellt, bietet zugleich die Ausgangsbasis für alles Weitere. Der erste Satz heißt, es war ein Mann im Lande Utz, dessen Name war Hiob. Also wir erfahren zwei Dinge über diesen Mann, sein Herkunftsland oder sein Heimatland, das Land Utz, und seinen Namen. Was nicht gesagt wird, ist die Zeit, in der das spielt,
oder es wird auch keine Stammtafel geboten, Hiob war der Sohn des... Also solche Dinge fehlen hier. Der Erzählbeginn beschränkt sich auf das Herkunftsland und den Namen. Das Herkunftsland Utz, das gibt es tatsächlich, ich war dort schon mal. Wir wissen zwar sehr wenig über dieses Land, es kommt auch nur, es wird nur zweimal in der Bibel genannt, an dieser Stelle und an einer späteren. Und an der erfahren wir auch nichts über das Land. Aber das Land ist so im Grenzgebiet Jordanien und Saudi-Arabien. Also ich war schon mal so an der Grenze von Jordanien in Richtung Saudi-Arabien und da war ich mitten im Land Utz im Frühen. Und die Grenzen dieses Landes kann man auch nicht genau bestimmen. Aber auf jeden Fall ist klar, Hiob ist kein Israelit. Er kommt aus einem
ganz anderen Land, er gehört nicht zum auserwählten Bundesvolk. Man könnte etwas salopp sagen, das war ein Heide, kein Israelit. Der Name Hiob, genau übersetzt, heißt er Job, also J-O-B. In katholischen Bibeln wird er auch meistens Job genannt. Luther hat die Namen oft etwas frei wiedergegeben. Ich sage jetzt trotzdem eben Hiob, aber ihr wisst, genau übersetzt heißt er Job. Ja, also Hiob ist kein israelitischer Name, der kommt nie in Israel vor. Aber in den Nachbargebieten von Israel ist es einer der häufigsten Namen. Also es ist ein Allerweltsname. Interessant ist aber schon, dass die Hauptperson dieses umfangreichen Buches kein Israelit ist. Und Hiob wird ja dann
im Laufe dieser Erzählung auch als ein Vorbild dargestellt. Es gab keinen Jahweverehrer so wie ihn auf der ganzen Erde. Und das bedeutet, ein Heide, ein Nicht-Israelit ist der beste Jahweverehrer, da kommt kein Israelit mit. Ich bin sicher, dass das damals, als diese Schrift im alten Israel gelesen wurde und sogar erstaunlicherweise in den Kanon aufgenommen wurde, dass das viele Leute sehr provoziert hat. Das ist schon ein bisschen eine Unerhörtheit. Jetzt kommt, wenn man so es ausdrücken will, der Charakter oder eben die Qualität dieses Mannes. Da werden zwei Wortpaare gebildet, die sehr bekannt sind in der Weisheitsliteratur in Israel. Das erste Wortpaar
heißt, er war untadelig, so übersetze ich mal das Wort tam, und er war rechtschaffen, yassar. Untadelig und rechtschaffen. Untadelig, das Wort tam, kommt eigentlich aus der Opfersprache, es ist ein kultisches Wort, nämlich die Opfertiere mussten körperlich unversehrt sein, ohne Fehl und Tadel. Und deswegen, wenn man das Wort auf einen Menschen angewendet hat, kann man eigentlich am Sinngemässesten übersetzen, ohne Fehl und Tadel, also untadelig. Das meint im Kern, bei diesem Mann stimmen die innere Überzeugung und das äußere Auftreten überein. Wir würden vielleicht mal heute sagen, er war echt, er war authentisch, so in diese Richtung geht es. Das zweite Wort yassar,
er war rechtschaffen, das meint, er ist aufrichtig, er ist transparent, er ist nicht pokerface, er ist nicht raffiniert, er ist nicht doppelzüngig, er ist ganz aufrichtig rechtschaffen, transparent, man weiß bei ihm, woran man ist. Das ist gemeint. Und dieses Wortpaar ist also sehr grundlegend. Das zweite Wortpaar bietet jetzt zwei Konkretionen. Was bedeutet das? Das zweite Wortpaar also geht in die Einzelheiten. Erstens einmal, oder ist eine Anwendung dieses ersten Wortpaars. Zuerst wird also genannt, er war gottesfürchtig. Das hebräische Wort für gottesfürchtig bedeutet ungefähr das, was wir heute mit gläubig bezeichnen. Aber während unser modernes Wort gläubig gar nicht von dem
redet, an dem wir gläubig sind, also das Wort gläubig ist ganz anthropozentrisch, es ist sehr auf uns selber bezogen. Ich bin gläubig. Da kann dann auch relativ schnell ein bisschen ein Selbstlob mitschwingen. Demgegenüber ist das Wort gottesfürchtig theozentrisch. Es sagt sofort, um was es geht, nämlich um Gott. Das ist die Stärke von diesem Wort. Gottesfürchtig meint nicht, dass man Angst hat vor Gott, überhaupt nicht. Aber gottesfürchtig ist die elementare Grundlage eines Weisen, der gläubig lebt. Nämlich, es heißt im Buch der Sprüche, die Gottesfurcht ist der Anfang der Weisheit. Und Anfang heißt hier nicht nur eine kurze Anfangsphase, sondern Gottesfurcht
ist die Grundlage der Weisheit. Jetzt, was ist mit dem Wort Gottesfurcht genau gemeint? Das kann man genau sagen. Also es geht nicht darum, dass man vor Gott Angst hat. Darum geht es überhaupt nicht. Sondern, dass man nicht taktisch oder strategisch mit Gott umgeht. Das ist ein Filetfanz. Wer gottesfürchtig ist, der hört mit so einem Käse auf. Wie kann ich vor Gott eine gute Figur machen? Oder wie kann ich Gott imponieren? Oder wie kann ich mit möglichst wenig Aufwand am meisten bei Gott erreichen? Und alle diese blöden Spielchen einer, der gottesfürchtig ist, der hat das hinter sich. Er geht mit Gott nicht taktisch berechnend um. Insofern nimmt er ihn wirklich ernst. Das ist
gemeint mit dem Wort Gottesfürchtig. Und dann das zweite Wort. Ich glaube, in der Übersetzung hieß es, und ermiet das Böse. Das ist gut übersetzt, aber ganz genau heißt es, er hielt sich fern vom Bösen. Und das ist immer auch die Konsequenz von Gottesfürchtig. Der Gottesfürchtige hat eine Lebensweise der Vorsicht. Er meidet den Graubereich. Er will gar nicht in die Versuchung kommen. Er hält sich vom Bösen bewusst fern. Wichtig ist noch, das Wort Böse, Gut und Böse, an der Stelle zu erklären. Wie ist es im Alten Testament gemeint? Es gibt ja auch den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen. Also die Worte Gut und Böse kommen sehr oft vor. Böse ist hier nicht moralisch gemeint. Böse meint mal ganz grundsätzlich etwas, was dem Willen Gottes widerspricht und was dem Leben
schadet. Gut ist das, was mir guttut, was dem Leben guttut. Das ist ja nicht moralisch, sondern es tut mir gut. Und das Gegenteil Böse ist das, was mir nicht guttut, was mir schadet und gemeint ist immer langfristig. Diese beiden Worte Gut und Böse sind knallhart ergebnisorientiert, nicht gesinnungsorientiert. Ob du es gut meinst, interessiert mich nicht. Ich gehe mal voraus, dass du es gut meinst. Wenn jemand sagt, Siggi, ich habe es nicht so gemeint, dann sage ich, ja, das wäre ja auch noch noch schöner, wenn du es auch noch so gemeint hättest. Ich setze ja sowieso voraus, dass du das nicht so meinst. Das ist eine ganz doofe Entschuldigung. Ich habe es nicht so gemeint, ja, darauf kommt es gar nicht an, sondern wie es auf den anderen wirkt, darauf
kommt es an. Also bei Gut und Böse geht es nicht um eine Gesinnung, sondern es geht um die realen Ergebnisse deines Tuns. Was kommt letztlich raus? Du kannst viel gut meinen, aber du machst es eben schlecht. Also diese Begriffe Gut und Böse sind ganz nach Sigmund Freud Realitätsprinzip. Sie sind ergebnisorientiert. Was kommt schlussendlich raus dabei? Tut es dem Leben langfristig wirklich gut oder schadet es dem Leben? Das ist mit diesen Begriffen gemeint. Das war der Vers 1. Jetzt kommt der Vers 2. Jetzt kommt die Umgebung Hirobs. Bis jetzt war sozusagen sein Charakter, ich mag das Wort eigentlich nicht, weil es sehr überholt, aber man kann damit kurz sagen, was man meint,
seine Qualität. Aber jetzt kommt sein Lebensumfeld. Und zwar gleich mal das Wichtigste vorneweg, nämlich das Wichtigste ist der Nachwuchs. Also es heißt von Hirobs, es wurden ihm sieben Söhne und drei Töchter geboren. Das ist damaliges Patriarchat, die Frau gebiert dem Mann Kinder und die Kinder gehören dem Mann. Also es wurden ihm von seiner Frau, das ist aber allgemein im Orient so, da gehe ich jetzt mal in dem Vortrag nicht näher drauf ein, es wurden ihm also sieben Söhne und drei Töchter geboren. Das gilt als Idealfall. Sieben Söhne, das heißt noch mal im Buch Hood, fragt Boaz de Hood, bin ich dir nicht mehr wert als sieben Söhne? Sieben Söhne gilt im Orient als der Idealfall, es ist auch Kinderreichtum, sieben Söhne, drei Töchter, zehn Kinder. Kinderreichtum gilt als
Segen, Kinderarmut ist ganz schlecht und Kinderlosigkeit gilt als Fluch. Interessant ist aber schon, dass in dieser Stelle also gerade der Idealfall angegeben wird, sieben Söhne und drei Töchter. Sieben Töchter und drei Söhne, das wäre eine Katastrophe. Aber sieben Söhne und drei Töchter, das ist der Idealfall. Und da sieht man, Hiob ist gesegnet. Jetzt kommt seine Herde. Hiob war unglaublich reich, also es ist ein extremer Reichtum. Heute müsste man sagen, Hiob war ein Multimilliardär. Nur so kann man das wiedergeben, aber der Reichtum im alten Orient gibt man nicht am Geld an oder am Schmuck oder dass man eine Villa hat. Nein, das kommt dann
sowieso dazu. Nein, der eigentliche Maßstab ist die Herde und die Größe der Herde, das ist der Maßstab. Von der Größe der Herde kann man dann auch ableiten, wie viel Land der Mann besitzt. Also schauen wir uns mal die Größe der Herde an, weil diese Erzählung ist Weltliteratur, jedes Wort ist zehnfach überlegt. Also er hat 7000 Stück Kleinvieh. In der Übersetzung wird übersetzt 7000 Schafe, das wird oft so übersetzt, aber das Wort sagt nichts. Es sind zwar auch Schafe gemeint, Schafe und Ziegen. Und da gibt es einen gemeinsamen Oberbegriff Kleinvieh. Und zwar Schafe und Ziegen, das ist die Herde von Nomaden, also umherziehenden Leuten, die nicht sesshaft sind. Im Orient nennt man sie auch Beduinen. Beduinen sind Kleinvieh-Nomaden. Also 7000 Stück Kleinvieh, das ist irrsinnig.
Das hat sonst vielleicht ein König oder nur die aller zwei, drei, vier Obersten. Eigentlich nur ein König oder ein Fürst hat eine solche Größe. Die Schafe und die Ziegen, die tun einander nichts. Und mit Schafen und Ziegen kann man fast alles herstellen, aus der Wolle, aus der Haut, aus der Milch. Also es ist unglaublich, davon leben die. Jetzt kommt nochmal eine Herde, 3000 Kamele. Das ist der helle Wahnsinn. Schon 10 Kamele ist viel. 20 ist eigentlich schon reich, aber der hat 3000. Hier sind im Hebräischen Trommetare gemeint, einhöckrige Trommetare. Die zweihöckrigen Kamele gibt es im
alten Orient so gar nicht. Also 7000 Kamele. Jetzt auch die Kamele sind die Tiere der Nomaden, der Beduinen. Also Beduinen haben eine gewisse Herde Kleinvieh und dann haben sie, sagen wir mal, 20 Kamele. Das ist schon ziemlich gut. Kamele, Reittier, Lasttier. Aber jetzt wird es interessant. Jetzt kommen 500 Jochrinder. Das gibt es bei Nomaden überhaupt nicht. Das sind Sesshafte. Du kannst Rinder nur haben, ein Rinderjoch, die pflügen ja dann. Ein Joch sind zwei Rinder, die in ein Joch gespannt werden und sie brauchen immer einen Sklaven. Das heißt, wenn du 500 Jochrinder hast, dann weisst du automatisch, der Mann muss mindestens 500 Sklaven haben oder eben mehr. Gut, und dann ist auch die Größe des Landes automatisch klar, weil ein Jochrind, das ist das Land, was ein
Jochrind an einem Tag pflügen kann. Da sagt man dann von der Größe her, das ist ein Jochrind. Diese Fläche, ich weiß nicht, kann schon ein Hektar sein, weiß ich nicht. Aber bei 500 Rinderjochen, da ist ja völlig klar, das sind große Ländereien. Also 500 Jochrinder, also der Mann muss auch Sesshaft sein. Und dann 500 Eselinnen. Warum Eselinnen? Ja, die Eselinnen sind viel wertvoller als Esel, auch heute noch im Orient Jordanien ist heute noch genau so. Eine Eselin kostet dreimal so viel wie ein Esel. Warum? Eselinnen folen, Eselinnen geben Milch und Eselinnen sind viel zahmer. Dass der natürlich auch Esel hat, vielleicht noch mehr, ist eh klar. Aber es werden nur die Eselinnen genannt,
weil die halt wertvoller sind. Also überblicken wir mal das Ganze. Der Mann ist unglaublich reich. Es heißt ja dann auch, er war der Größte von allen Leuten im Osten. Das meint natürlich, er war der Reichste. Also hier war der reichste Mann im Land Utz und vielleicht überhaupt so im gesamten Osten. Wenn es hier heißt, er war reicher als alle Leute im Osten, dann merkt man bei der Gelegenheit, dass der Erzähler nicht im Osten lebt. Der lebt im Westen, in Israel. Es ist ein israelitischer Erzähler und der sagt dann da drüben im Osten. Das würde ja ein Erzähler, der im Osten lebt, nicht so ausdrücken. Also das Spannende an diesem Mann ist, er hat sowohl
nomadisch gesehen riesige Herden als auch sesshaft gesehen. Und das wird alles in diesen kurzen Bemerkungen, da merkt man eben diese literarische Qualität. Es wird in jedem Satz wahnsinnig viel klar, ohne dass man es sagen muss. Also der Mann muss gelebt haben, im Utz ist das auch sehr viel der Fall, im Übergangsgebiet vom Kulturland zur Wüste. Da gibt es Übergangsgebiete. Gerade an der Grenze von Jordanien nach Saudi-Arabien ist so ein Übergangsgebiet noch heute. Und das heißt, er ist schon sesshaft, aber so am Rande des Kulturlands und er nimmt die nomadischen Dinge auch noch mit. Er ist also märchenhaft reich und man muss noch mehr sagen, der Mann kennt beide Welten. Er kennt das Kulturland und er kennt die nomadischen Zusammenhänge. Also der Mann hat schon
ein Horizont. Jetzt nach diesen drei Versen, die waren grundlegend, sie sind mehr beschreibend. Und dann wird ja auch noch gesagt, er hat zahlreiche Sklaven. Das kommt am Schluss. Sklaven gehören zum Vermögen, sie sind Sachwerte in der Zeit. Und das sagt man am Schluss, weil das ist eh klar, das braucht man fast gar nicht sagen. Also das ist so sein Lebensumfeld. Und jetzt in Vers 4 und Vers 5 kommt ein praktisches Beispiel. Also die ersten drei Verse sind sehr grundsätzlich, mehr beschreibend als erzählend. Aber jetzt kommt als Illustration ein exemplarisches Beispiel, das wahnsinnig viel sagt. Nämlich seine Söhne feiern ihre Geburtstage immer im eigenen Haus. Wow, das haut einen um. Nämlich, da wird so nebenbei gesagt, jeder Sohn hat ein eigenes Haus. Das gibt
es eigentlich nur bei Königen. Ich kenne keine anderen Beispiele, weil die Söhne bleiben in der Sippe, sie bleiben im Haus des Vaters. Die Töchter, die werden in eine andere Sippe bei der Heirat ausgegliedert. Die leben dann in anderen Sippen, aber die Söhne bleiben daheim. Und dass er jedem Sohn ein eigenes Haus anbietet, das spricht Bände. Und es wird auch klar, die Söhne haben eine herzliche Gemeinschaft. Die sind nicht untereinander zerstritten. Was würde es für das Vaterglück bedeuten, wenn er sieben Söhne hätte, die aber untereinander zerstritten sind? Nein, die treffen sich regelmäßig. Wenn sie ein eigenes Haus haben, ist damit indirekt, ohne dass man sagen muss, klar, die sind verheiratet. Also sind es die Schwestern natürlich
auch. Und wenn die Schwestern auch im verheirateten Alter sind, die leben ja mehr oder weniger weiter weg. Und wenn es jetzt heißt, diese sieben Söhne trafen sich immer, wenn einer Geburtstag hat, und dazu luden sie auch immer ihre Schwestern ein. Wow, Sensation! Die laden auch ihre Schwestern, die ja jetzt schon ein, zwei, drei, vier Jahre in anderen Sippen sind und ihre Mutterpflichten dort haben, die laden sie hierher ein, also mindestens sieben Mal im Jahr. Und die Sippen, wo die Töchter sind, die können nicht sagen, du kannst schon nicht schon wieder da rüber gehen, um zu feiern. Hier ist dein Ort, hier sind deine Mutterpflichten. Das heißt also, man merkt indirekt, wenn die Sippe Hiops, wenn die Söhne Hiops einladen, dann kannst du nicht Nein sagen. Das getraut sich keiner. Und da spiegelt es auch die Aura. Also so treffen
die sich, sie sind auch mit den Schwestern bleibend eng, herzlich verbunden. Wobei Männer feiern eigentlich immer, Männer unter sich sind. Nicht so die, sie laden, sie integrieren die Schwestern und die kommen auch jedes Mal. Also man kommt aus dem Staunen nicht raus. Der Mann ist nicht nur von sehr viel Glück gesegnet, er hat auch eine enorme Qualität, die sich in dieser engen Verbundenheit der Kinder widerspiegelt. Trotzdem sagt Hiop, es sind junge Leute bei den Feiern, das hebräische Wort für Feier hat keinerlei Negativnis, ist nicht Gelage oder die besaufen sich überhaupt nicht. Es sind einfach Festmähler und Feiern ist ja was Gutes. Feiern ist ja nichts Schlechtes, Ausdruck der Lebensfreude. Aber Hiop, so fürsorglich ist er, er sagt, es sind junge
Leute und wenn mal Alkohol fließt, man weiß nie, vielleicht haben sie im Herzen Gott unge... das Wort fluchen darf man hier nicht, ist eine Redewendung, die hier steht. Das Wort fluchen ist hier nicht wörtlich gemeint, sondern, das wäre ja noch schöner, sondern sie haben vielleicht im Herzen irgendwas Unziemliches gedacht oder sie haben Gott vergessen, ein paar Minuten oder eine Stunde, weiß man ja nicht bei den jungen Leuten. Also ohne dass er mit den Söhnen darüber redet. Er redet mit den Söhnen nicht über Gott, obwohl das hat er sicher auch getan, sondern er redet mit Gott über die Söhne und die Töchter. Im Hintergrund ist er für seine Kinder da und immer wenn so eine Reihe abgeschlossen war, die beginnt natürlich immer beim Erstgeborenen, völlig klar, der Älteste, bis zum Jüngsten und wenn dann so eine Siebenerreihe abgegolden war, dann bringt
hier frühmorgens Opfer da, für jeden Sohn ein eigenes Opfer, damit nichts passiert. Das macht er einfach mal im Hintergrund. Und dann hören wir ja diese Selbstgespräch, es könnte ja sein, dass sie im Herzen etwas Unziemliches gedacht haben. Dass seine Söhne etwas Unziemliches äusserlich öffentlich sagen, das hält er sowieso für ausgeschlossen. Er kennt seine Söhne, die haben ungefähr das gleiche Niveau wie er, da macht er sich keine Sorgen. Aber bei einem Geburtstagsfeier im Herzen, weiß man nicht. Und deswegen ist er im Hintergrund Jahr für Jahr für seine Kinder da. Für die Töchter bringt er kein Opfer, weil die Töchter sind keine
Familienoberhäupter und wenn Töchter sündigen, haben sie nicht ganz die gleiche Verantwortung, wie wenn Söhne sündigen. Ist eben durch und durch Patriarchat. Soweit die erste Szene, jetzt kommt die zweite. Und es geschah eines Tages, da kamen die Söhne Gottes, um sich vor dem Herrn einzufinden. Und auch der Satan kam in ihrer Mitte. Und der Herr sprach zum Satan, woher kommst du? Der Satan antwortete dem Herrn und sagte, komm durch Streifen der Erde und vom Umherwandern auf ihr. Der Herr sprach zum Satan, hast du acht gehabt auf meinen Knecht Job? Denn es gibt keinen wie ihn auf Erden. Einen Mann so rechtschaffen und redlich, der Gott fürchtet und das Böse meidet. Und der Satan antwortete dem Herrn und sagte, ist Job etwa umsonst so Gottesfürchtig? Hast du selbst nicht
ihn und sein Haus und alles, was er hat, ringsumhegt? Das Werk seiner Hände hast du gesegnet und sein Besitz hat sich im Land ausgebreitet. Strecke jedoch nur einmal deine Hand aus und taste alles an, was er hat. Ob er dir nicht ins Angesicht flucht? Da sprach der Herr zum Satan, siehe alles, was er hat, ist in deiner Hand. Nur gegen ihn selbst strecke deine Hand nicht aus. Und der Satan ging vom Angesicht des Herrn fort. Also die zweite Szene bringt eine radikale Veränderung des Ortes und der Personen. Wir befinden uns im himmlischen Thronsaal am Ort der Weltregierung. Ich will an dieser Stelle mal etwas erläutern, wie es zu dieser Vorstellung kommt. Ein himmlischer
Hofrat. Wir sind dann nachher Teil im himmlischen Hofrat und dann hören wir, was da passiert. Ausgangspunkt für dieses Bild sind die Königshöfe überall im Alten Orient. Alle Königshöfe haben ein Thronsaal und eine Ratsversammlung, wo die Minister oder die Ratgeber sich immer wieder einfinden, Rechenschaft geben müssen und neue Aufträge erhalten. Das ist eigentlich in allen Königshöfen so. Wer Zutritt zur königlichen Ratsversammlung hat, das ist was Besonderes. Das haben nur wenige Leute. Aber auch die, die Zutritt haben, sind knallhart Untergebene des Königs. Sie haben zwar eine besondere Würde gegenüber anderen, aber sie bleiben völlig abhängig vom König. Der König allein behält das Heft in seiner Hand. Und diese mannigfache Erfahrung der königlichen Thronsaal-Ratsversammlungen haben die Völker auf die
Götter übertragen. Das sind ja alles polytheistische Völker, ausgenommen Israel. Also es glauben an viele Götter. Und da gab es auch so eine Vollversammlung, Ratsversammlung der Götter. Da gab es einen obersten Gott, der hatte übergeordnete Funktionen. Und dann gab es so viele Bereichsgötter, sozusagen Ministerialgothäten, die für bestimmte Ressorts zuständig waren. Und dieses Bild hat Israel aufgenommen, aber in seinen Jahwe-Glauben integriert. Es gibt mehrere Stellen im Alten Testament von der himmlischen Ratsversammlung, dem Thronrat. Warum hat Israel dieses Bild aufgenommen? Ja, das hat einen ganz klaren Grund. Denn wenn man Gott schildert als Chef in der
Ratsversammlung, dann spürst du die Macht Gottes ganz anders, als wenn Gott sich so allein, einsam irgendwo aufhält. Er nimmt die Berichte entgegen, er fordert Rechenschaft, er kann neue Aufträge geben. Also diese Mitglieder im Jahwe-Hofrat, das sind jetzt nicht mehr Götter, sie werden hier genannt Söhne Gottes. Da ist jetzt aber nicht eine direkte Vaterschaft gemeint, das spielt hier gar keine Rolle. Man sagt ja auch, er ist ein Sohn des Friedens und so. Also es sind Söhne Gottes, das heißt, sie leben immer in seinem Umfeld, sie sind von ihm geprägt. Und es sind halt, man würde sagen, Engel oder Seraphim oder Cherubim. Also es sind himmlische Wesen, die Zutritt haben zur göttlichen Ratsversammlung. Und da heißt es jetzt, und da kam auch Satan
mitten unter ihnen. Das ist interessant, weil die Bezeichnung mitten unter ihnen ist ein hebräischer, geprägter Fachausdruck. Der meint in jedem Fall, er ist auch ein Mitglied im Hofrat Jahwes, in der himmlischen Ratsversammlung. Da sind eine ganze Reihe Leute Mitglied und unter anderem auch der Satan. Jetzt, wenn die zweite Szene so beginnt, es geht ja dann um einen Dialog zwischen Jahwe und Satan. In der Elberfelder Übersetzung wird immer gesagt, der Herr, ich finde das problematisch, Luther ja auch, okay, aber ich finde es schöner, wenn man sagt Jahwe. Also es kam auch der Satan unter ihnen als ein Mitglied im Jahwe-Hofrat. Was bedeutet es, dass erst einmal Gott in seiner Souveränität und Herrschaft als der alleinige Chef und Souverän in der göttlichen Ratsversammlung ist,
unter den auch unter anderem der Satan ist. Da wird also Gottesgröße auf eine Weise erst mal bewusst gemacht und das will dieser Erzähler. Bevor man mit dem Satan redet, soll erst einmal etwas ganz Wichtiges klargestellt sein. Im Hofrat gibt es nur einen Chef und das ist Jahwe. Und Jahwe ist halt einer der Mitglieder im Hofrat, das relativiert ihn ganz schön. Also es wird, bevor jetzt die Unterhaltung geboten wird, das wäre ja erzählerisch nicht nötig gewesen. Man hätte ja so anfangen können, Jahwe und Satan treffen sich zum Gespräch und dann sprechen sie. Nein, es ist im Kontext der himmlischen Ratsversammlung. Damit ist schon sehr vieles klar, bevor jetzt das Gespräch beginnt. Jahwe beginnt das Gespräch, er steuert das Gespräch, er beendet das Gespräch, er ist der
Chef im Ring, er allein. Und wenn Satan ein Mitglied im himmlischen Hofrat ist, dann heißt es ganz klar, er ist integriert in Jahwes Machtbereich. Er hat keine unabhängige von Jahwe unabhängige Macht, er ist integriert in seine Souveränität. Und das merkt man jetzt auch in diesem Gespräch, das ist sehr wichtig, weil dieses Gespräch ist die erste Stelle in der Bibel, in der vom Satan die Rede ist. Es ist die erste und die älteste Stelle. Im Alten Testament ist nur an drei Stellen, das ist wahnsinnig wenig, tausend Seiten, neunhundert Seiten, und nur an drei Stellen ist vom Satan die Rede. Die erste Stelle ist hier, die zweite Stelle ist in Sachalia 3 und ist dies jünger, und die dritte
und jüngste Stelle ist erste Chronika 21 Vers 1. Das sind die drei einzigen Stellen, aber hier, es ist die Grundlegende. Ich will noch zu dem Wort Satan einiges sagen. Ha-Satanas heißt es im Hebräischen, das Substantiv. Und das kommt von einem Verb Satan, und dieses Verb Satan kommt im Alten Testament sehr oft vor, völlig säkular, also ohne jede religiöse Bedeutung. Das Verb heißt hemmen oder hindern oder quertreiben oder anfeinden. So heißt dieses Verb. Und das taucht also an vielen Stellen in dieser Bedeutung auf. Und auch das Substantiv ha-Satanas taucht an mehreren Stellen rein säkular auf. Das Substantiv muss man übersetzen ein Hemmender oder ein Quertreiber oder ein
Störenfried oder ein Feind, kann man auch oft übersetzen. So heißt dieses Substantiv. Und hier heißt es ha-Satanas, also es wird der Artikel ha benutzt, und das zeigt, dass hier Satanas noch kein Name ist oder ein Titel. Denn bei Namen, sag mal Siegfried, ich sag ja auch nicht, ich bin der Siegfried, gell? Bei Namen verwendet man kein Artikel, man sagt nicht ha-David, nein, man sagt eben David. Und auch bei Titel Melech, König, man sagt nicht ha-Melech. Nur wenn das Wort zu einem ganz bestimmten Spezialwort geworden ist, dann kann man den Titel weglassen und sagt nur noch Satanas. Also hier wird der Artikel verwendet noch und man kann daran erkennen, dass Satan noch
kein Eigenname ist und noch kein Titel. Es ist einfach eine Beschreibung einer Eigenschaft, mehr nicht. Also Jahwe fragt ihn, wo kommst du her? Zeigt mir gleich, er muss Rechenschaft geben. Aber diese Frage, wo kommst du her, gibt dem Satan Gelegenheit, erzähltechnisch sich mal vorzustellen. Es spielt ihm also die Möglichkeit zu, jetzt stell dich mal vor. Und da sagt Satan, ich bin umhergestreift auf der Erde. Und dieses Wort umherstreifen ist im Hebräischen ein super intensives Wort. Das heißt genau recherchieren, genaue Wahrnehmung, sorgfältiges Erforschen. Also umherstreifen ist eine ganz zielbewusste, leidenschaftliche, sorgfältige Tätigkeit. Also der hält sich dauernd auf der Erde auf. Es kann eigentlich nicht so gemeint sein, dass er diesen
Auftrag von Jahwe hat, weil dann hätte ja Jahwe gar nicht fragen müssen, wo kommst du her? Er weiß ja, dass er von der Erde kommt. Also das kann nicht sein. Aber der Satan lässt also erkennen, ich halte mich bevorzugt auf der Erde auf. Satan, der Erdforscher. Und er interessiert sich vor allem für Menschen und ihre Motive, warum sie eigentlich Gott verehren. Warum eigentlich? Was ist eigentlich ihr Motiv? Satan ist der Motivationsforscher. Und da bekommt er zu ganz anderen Ergebnissen wie Jahwe. Also ich bin da auf der Erde umhergestreift. Jetzt merkt man auch, was das Wort Feind bedeutet oder Quertreiber oder Störenfried. Das kann sich ja niemals auf Gott beziehen in der himmlischen
Ratsversammlung, völlig ausgeschlossen. Sondern es bezieht sich auf die Menschen. Satan ist ein Feind der Menschen. Er setzt sie runter, wo er kann. Er ist misstrauisch. Er glaubt ihnen nichts. Und er glaubt auch nicht, dass so Gottesverehrer da irgendeine Qualität haben. Also er ist ein Feind der Menschen. Er stuft sie herab voller Misstrauen, wo er kann. Jetzt sagt Jahwe als zweite Frage, hast du auch Acht gehabt auf meinen Knecht Hiob? Also Jahwe kommt schon in der zweiten Frage auf Hiob zu sprechen. Da merkt man, Hiob ist für Jahwe wichtig. Und er will auch Satan mal drauf stoßen. Er ist untadelig, rechtschaffen, gottesfürchtig und hält sich fern vom Bösen. Und dann muss er allerdings zugeben, es ist kein anderer wie er auf Erden. Also er ist der beste Jahwe-Verehrer. Das ist ein gutes Beispiel. Und jetzt will Jahwe mal hören, was der Satan da zu
Hiob sagt. Und jetzt aber, ihr Lieben, jetzt kommt etwas Ungeheures. Dieser Satan stellt eine Gegenfrage. Das gibt es ja schon gar nicht. Und er stellt eine spöttische, höhnische Gegenfrage. Ja, meinst du etwa, dass Hiob umsonst gläubig ist? Meinst du das wirklich? So eine spöttische, hämmische Gegenfrage. Und dann sagt er weiter, war es nicht du selber gewesen, so ein bedürfnisbefriediger Gott? Du hast ihm das ja leicht gemacht. Weil, weißt du, Religion und Verehrung Gottes, das ist nur ein Geschäft. Das ist alles nur Berechnung. Die Menschen benutzen Gott als Mittel zum Zweck. Und für sich selber, wenn man gläubig ist,
dann kriegt man Vergebung der Sünden und man lebt ein sinnvolles Leben und dann hat man Hoffnung auf Ewigkeit. Ja, ja, man wäre ja richtig blöd, wenn man nicht gläubig wäre, wenn man so viel kriegt. Und da sagt eben Satan, weißt du, das ist alles Berechnung. Die Menschen bedienen sich deiner. Im Namen ihres Egozentrismus. Die sind nicht an dir um deiner Selbstwillen interessiert, sondern an großen Herden und sieben Söhnen und drei Töchter. Und du lieferst es ja. Also jetzt kommt eine der ganz großen, fundamentalen Fragen der Religion, die durch alle Zeiten immer aktuell bleibt. Aus welchen Motiven glaubst du eigentlich? Lässt du diese Frage überhaupt knallhart an dich rankommen? Satan ist der Überzeugung, weißt du, ja, deine Verehrer sind sehr blasse Typen. Lass mal
ihren Wohlstand weg. Lass mal dein Segen weg. Dann klappen die zusammen wie nichts. Weil du bist nur ein Sieger in den guten Zeiten, aber in den schlechten Zeiten bist du der Verlierer. Weißt du, ich kenne die Herzen der Menschen besser als du. Du bist blauäugig. Du hast Illusionen. Die habe ich nicht. Auch dein komischer, bester Hiob, der hat ja alles, das ist doch keine Kunst. Aber nimm ihm mal alles. Dann wirst du sehen, die Menschen wollen einen Schutzgott, einen Wohlstandsgott, einen Erfolgsgott. Aber wenn das ausbleibt, zeige ich dir mal. Was gilt es? Komm, wir machen eine Wette. Also der Satan ist sich ziemlich sicher. Der Satan will nicht nur behaupten, er will
demonstrieren. Er sagt sogar Einzelheiten voraus. Was gilt es? Er wird dir ins Angesicht, und das heißt öffentlich, absagen. Das Fluchen, das ist eine technische Redewendung, darf er nicht wörtlich nehmen. Es meint einfach, er wird dir öffentlich absagen. Mit dem Wohlstand geben die Frommen auch ihren Glauben auf. Jetzt ist es aber erstaunlich, dass Jahwe sofort mitmacht. Also der zögert jetzt keine Sekunde. Er sagt, gut, also dann machen wir das. Er ist in deiner Hand. Da merkt man schon, der eigentlich Verantwortliche ist Jahwe. Denn Satan sagt ja, strecke aber einmal deine Hand aus. Und Jahwe sagt jetzt gut, er ist in deiner Hand. Nur ihn selber taste nicht an. Und
jetzt also wird eine Art Wette abgeschlossen und eine Glaubensprobe wird durchgeführt. Jetzt kommt die Szene drei. Und es geschah eines Tages, als seine Söhne und seine Töchter im Haus ihres erstgeborenen Bruders aßen und Wein tranken. Da kam ein Bote zu Job und sagte, die Rinder waren gerade beim Flügen und die Eselinnen weideten neben ihnen. Da fielen Sabeer ein und nahmen sie weg. Und die Knechte erschlugen sie mit der Schärfe des Schwertes. Ich aber bin entkommen, nur ich allein, um es dir zu berichten. Noch redete der, da kam ein anderer und sagte, Feuer Gottes fiel vom Himmel, brannte unter den Schafen und den Knechten und verzehrte sie. Ich aber bin entkommen, nur ich allein, um es dir zu berichten. Noch redete der, da kam ein anderer und sagte, die Kaldea hatten drei Abteilungen aufgestellt und sind über die Kamele hergefallen und haben sie weggenommen. Und die
Knechte haben sie mit der Schärfe des Schwertes erschlagen. Ich aber bin entkommen, nur ich allein, um es dir zu berichten. Während der noch redete, da kam ein anderer und sagte, deine Söhne und deine Töchter aßen und tranken Wein im Haus ihres erstgeborenen Bruders. Und siehe, ein starker Wind kam von jenseits der Wüste her und stieß an die Verecken des Hauses. Da fiel es auf die jungen Leute und sie starben. Ich aber bin entkommen, nur ich allein, um es dir zu berichten. Da stand Job auf und zerriss sein Obergewand und schor seinen Haupt. Und er fiel auf die Erde und betete an. Und er sagte, nackt bin ich aus meiner Mutter Leib gekommen und nackt kehre ich dahin zurück. Der Herr hat gegeben und der Herr hat genommen. Der Name des Herrn sei gepriesen. Bei all dem sündigte Hiob nicht und legte Gott nichts Anstößiges zur Last. Jetzt sind wir wieder auf
der Erde. Bei diesen fünf Szenen wechseln immer eine Szene auf der Erde und eine Himmelsszene, eine Szene auf der Erde, eine Himmelsszene und dann die abschließende Szene auf der Erde. Es wird gar nicht deutlich, dass Satan das alles macht. Es wird mit keiner Silbe erwähnt. Und Hiob ahnt es natürlich auch nicht. Aber der Leser weiss es. Also hier wird auch die literarische Technik verwendet. Der Leser weiss mehr als die Hauptperson der Erzählung. Ja, also jetzt kommen diese Hiob-Botschaften. Hiob verliert an einem einzigen Tag alles, was sein Leben reich und glücklich gemacht hat. Und die Erzähltechnik, mit der das geschildert wird, will ich mal vorneweg, bevor ich dann inhaltlich auch einiges sage. Aber mir liegt auch daran, dass ihr die orientalische
Erzähltechnik würdigen lernt, weil sie steht auf einem enorm hohen Niveau. Also erstens mal sind diese Hiob-Meldungen vier. Vier Katastrophenmeldungen. Vier ist neben zehn die Zahl der Vollständigkeit. Aber es gibt so ein bisschen Unterschied zwischen diesen beiden Zahlen. Vier gilt betont als die Zahl der Erde. Vier Himmelsrichtungen, vier Jahreszeiten. Also vier ist die Zahl der Vollständigkeit und will damit auch indirekt ausdrücken, das Unglück ist wirklich vollständig. Aber wenn man das liest, merkt man, die Zahl vier ergibt sich völlig zwanglos aus der Erzählung. Das ist meisterhaft, gell? Und jetzt, diese Unglücksfälle werden nicht direkt
erzählt. Da bräuchte man auch viel mehr Raum. Sondern sie werden durch Botenberichte wiedergegeben. Und solche Botenberichte sind von vornherein natürlich auf kürzeste Meldung des Entscheidenden gerichtet, gell? Botenberichte. Man nennt diese Technik Teichoskopie oder auch Mauerschau. Ich kann jetzt diese Begriffe hier in diesem Vortrag nicht weiter erklären. Also Boten, in dem Fall der einzige Überlebende, kommt nach Hause und berichtet es. Das kommt erstmal der direkten Rede zugute. Direkte Redes ist in einer Erzählung immer etwas besonders Intensives. Also jeder dieser Bote bringt es ja in direkter Rede. Und es kommt der ganz knappen Erzählung zugute. Jetzt ist es interessant, dass diese Erzählung jetzt, diese Boten, diese Katastrophenberichte, haben genau
die umgekehrte Reihenfolge wie in der Szene 1. Da geht es ja los mit dem Nachwuchs, mit den Kindern. Und dann kommen die materiellen Dinge, die Herde. Jetzt ist es aber genau umgekehrt. Man nennt es Spiegelsymmetrie. Und durch diese Umkehrung, das ermöglicht jetzt eine Steigerung, nämlich die letzte Katastrophe mit den Kindern, ist ja die schlimmste. Dann ist auch interessant, dass die ersten drei Katastrophenmeldungen sind Doppelschläge. Sowohl die Tiere sind weg, die Sabäer und die Kalteer sind an der Herde interessiert, nicht an den Knechten, brauchen die nicht. Vielleicht haben die sich ja auch gewehrt, die wurden erschlagen. Aber die Tiere wurden weggeführt. Die Kalteer sind dann vor allem an den Kamelen interessiert. Also es ist ein Doppelschlag. Dann wird abgewechselt.
Die erste Katastrophe wird durch Menschen verursacht, die zweite durch Naturkräfte, sind Blitze gemeint, die dritte wieder durch räuberische Beduinen, Kalteer, und die vierte wieder durch eine Naturkraft. Es wird bewusst abgewechselt. Und dann, ein weiteres Merkmal ist die Sprache, in der diese vier Katastrophen geschildert werden. Einerseits ist sie monoton, es werden immer wieder gleichlautende Formulierungen verwendet und dadurch steigert sich eigentlich die Wirkung dessen, was anders ist. Und die Sprache ist leidenschaftslos, nüchtern, fast kalt, ohne eine Spur des Erschreckens. Und das macht die ganze Sache noch viel unheimlicher. Und ein letztes wichtiges erzähltechnisches Mittel, die Boten zwei, drei und vier kommen immer genau dann
an, wenn der Bote vorher noch redet. Und da müssen Sie kurz warten und dann reden Sie auch. Dieser Umstand, dass die Boten dann kommen, wenn der vorhergehende Bote schon berichtet, aber noch nicht fertig ist, erhöht auf der einen Seite die Schnelligkeit, wie über Hiob alles hereinbricht, aber noch wichtiger ist, diese Technik stellt sicher, dass Hiob selber zwischen den Katastrophen nicht zu Wort kommt. Das würde nämlich die Wirkung sehr abschwächen. Hiob muss sich alles vier still anhören, er hat gar keine Möglichkeit, irgendwas zu sagen. Umso spannender wird die Frage, was wird er sagen, nachdem er endlich zu Wort kommt, nachdem alles ihm berichtet ist. Also,
es steigert sich jetzt die Spannung des Lesers, wie wird Hiob reagieren? Es ist sehr interessant, wie der Autor das macht. Hiob reagiert erst einmal nonverbal durch seinen Körper und erst dann verbal. Dieses Nonverbale ist ein retardierendes Element, das entscheidende Wort wird aufgeschoben. Und es sind insgesamt fünf nonverbale Schritte. Erstens einmal, Hiob steht auf. Das bedeutet, er ist gesessen, er ist ja auch der Herr über seine Knechte. Die Knechte stehen vor ihm, aber der Übergeordnete sitzt. So war es auch in der himmlischen Ratsversammlung, die Söhne Gottes treten vor Jahwe. Da ist natürlich vorausgesetzt, Jahwe sitzt auf seinem
Thron und die anderen stehen vor ihm. Also so war es hier auch. Er steht erst einmal auf, dann zerreißt er sein Gewand. Das nennt man jetzt Minderungsriten. Die sind im Orient, da gibt es einige. Die erste Minderungsrite ist, ich zerreiße mein Gewand. Damit drücke ich aus, es zerreißt mir meine Brust. Es wird also symbolisch damit zum Ausdruck gebracht, aber ich habe auch eine erste Chance, mich mal abzureagieren. Dann lässt er seine Haare kahl scheren. Boah, für einen orientalischen Macho. Ihr müsst wissen, alle Orientale sind Schönlinge, die haben immer einen Kamm im Gürtel. Und dann schmotzen sie da rein. Also die Haare bei den Orientalen, kann ich euch sagen. Ich war mal in Jordanien in einem Dorf beim Friseur. Wahnsinn,
der Friseur, das ist der King. Und die meckern, wenn irgendwas nicht passt und so. Und am Ende muss alles glänzen. Also er lässt die Haare sich abschneiden und das ist auch ein Selbstminderungsritus und das bedeutet, ich versinke in die Teilnahmslosigkeit. Mir ist jetzt alles egal. Ich nehme am Leben keinen Anteil mehr. Dann das Dritte ist, er lässt sich jetzt niederfallen. Und jeder denkt natürlich, der bricht zusammen. Und dann heißt es aber, Hiob ließ sich niederfallen. Jeder denkt, jetzt ist er kaputt. Und jetzt kommt der überraschende Schluss. Und betete an und huldigte. Und diese Huldigungsgeste, das ist genau die Geste,
die heute die Muslime auch bei ihrem, die haben ja ihr fünffaches Gebet und an bestimmten markanten Stellen lassen sie sich auf die Knie fallen und dann legen sie den Kopf ganz auf die Erde. Der Kopf ist also tiefer als der Körper. Das ist eigentlich die einzige Haltung, wo man das erreichen kann. Und das ist die Huldigungshaltung, die es im Orient ganz oft gab und die es im Islam halt heute noch gibt. Und wenn man jetzt sieht, der lässt sich niederfallen, aber er nimmt diese Huldigungshaltung an. Jetzt ist erst klar, Hiob ist nicht kaputt. Und jetzt kommt nach dieser entscheidenden letzten nonverbalen Geste, jetzt kommt das entscheidende Wort. Hiob, diese Worte übrigens in dieser Hiob-Novelle, in diesem Vorwort, sind immer die wörtliche Rede entscheidend. Nur die wörtlichen Reden sind Poesie.
Sie sind lyrisch gestaltet. Also im Alten Orient macht man Poesie nicht mit Reimen. Es gibt keine Reime, das kennen die nicht, sondern man rhythmisiert die Sprache. Das heißt, man merkt sofort, das ist jetzt eine genaue Abfolgung von Hebung und Senkung, Doppeltreier, Doppelzweier und so weiter. Das ist Poesie. Das heißt, die Sätze sind genau rhythmisiert in Hebungen und Senkungen. Und das sind nur die wörtlichen Reden. Alles andere ist normale Prosa. Also auch dieser Satz ist meisterhaft rhythmisiert. Dann müsstet ihr das Hebräische kennen. Also erst mal, man spürt es noch ein bisschen im Deutschen. Nackt bin ich aus dem Mutterleib gekochen und nackt, das entscheidende Stichwort ist das doppelte nackt, und nackt kehre ich dorthin zurück. Da ist natürlich jetzt nicht der Mutterleib, sondern die
Muttererde, die auch als Mutter galt im Orient. Und nackt kehre ich in den Mutterleib der Erde zurück. Was für ein Satz. Das ist ein bekanntes Weisheitswort, das im Alten Testament an ein paar Stellen steht. Auch im Timotheusbrief wird es auch mal zitiert. Also ist ein bekanntes Weisheitswort, nämlich ich komme ins Leben allein und nackt. Ich bringe nichts mit. Und ich verlasse dieses Leben allein und nackt. Und wenn mir jetzt was genommen wird, ja, es wird mir ja sowieso bald alles genommen. Das ist nur eine Vorverlagerung von etwas, was sowieso auf mich zukommt. Denn ich weiß ja, ich bin nackt ins Leben gekommen und ich werde nackt ohne Besitz und ohne Kinder. Ich kann die nicht mitnehmen. Ganz allein werde ich wieder sterben. Also dieses Wort ist kein Klagelied,
es ist ein Wort großer Weisheit, großer Gelassenheit. Es ist ein Wort eines Weisen, der die Zusammenhänge durchschaut. Und jetzt, der nächste Satz ist jetzt ein Bekenntnis zu Jahwe. Jahwe hat es gegeben und Jahwe hat es genommen. Der Name Jahwe sei gelobt. Der Hiob rechnet überhaupt nicht mit Satan. In seinen Worten, er beschäftigt sich nur mit Gott. Er nimmt alle Dinge, die Lebenssteigerung und die Lebensminderung aus Gottes Hand. Alle seine Antworten sind ganz theozentrisch formuliert. Er beschäftigt sich nur mit Gott. Gott hat es gegeben, ja, dann hat er auch das Recht, es zu nehmen. Und der Name Jahwe sei gelobt. Damit ist völlig klar,
Hiob hat seine Glaubensprobe bestanden und der Satan hat ihn ganz schön unterschätzt. Jetzt kommt als letzter Satz ein wichtiger Kommentar vom Autor selber. Der kommentiert jetzt das Verhalten Hiob. In alledem versündigte Hiob sich nicht und er sprach nichts Thürrichtes gegen Gott. Das ist jetzt der Kommentar von dem Autor. Das heißt, für ihn ist Sünde auch immer Torheit. Und eigentlich für den Erzähler in seinem Denken, man spürt das jetzt in diesen Kommentarsätzen, ist es eigentlich normal, was Hiob macht, dass man im Leid treu an Jahwe hängt. Alles andere wäre Thürricht. Es wäre Thürricht, Gott in schönen Dingen zu loben und in schlechten Dingen ihm Vorhaltungen zu machen. Das ist Thürricht. Hiob macht Gott keine Vorwürfe.
Er fragt nicht nach Gottes Gerechtigkeit. Er stellt die Warum-Frage nicht. Und so ist er ein Weiser, dem Nichts Thürrichtes über die Lippen kommt. Jetzt kommt die Szene vier und fünf. Wir machen sie miteinander. Und es geschah eines Tages, da kamen die Söhne Gottes, um sich vor dem Herrn einzufinden. Und auch der Satan kam in ihrer Mitte, um sich vor dem Herrn einzufinden. Und der Herr sprach zum Satan, von woher kommst du? Der Satan antwortete dem Herrn und sagte, vom Durchstreifen der Erde und vom Umherwandern auf ihr. Und der Herr sprach zum Satan, hast du Acht gehabt auf meinen Knecht Hiob? Denn es gibt keinen wie ihn auf Erden, einen Mann so rechtschaffen und redlich, der Gott fürchtet und das Böse meidet. Und noch hält er fest an seiner Rechtschaffenheit. Und dabei hattest
du mich gegen ihn aufgereizt, ihn ohne Grund zu verschlingen. Da antwortete der Herr Satan dem Herrn und sagte, Haut für Haut, alles was der Mensch hat, gibt er für sein Leben. Strecke jedoch nur einmal deine Hand aus und taste sein Gebein und sein Fleisch an, ob er dir nicht ins Angesicht flucht. Da sprach der Herr zum Satan, siehe, er ist in deiner Hand, nur schone sein Leben. Und der Satan ging vom Angesicht des Herrn fort und schlug Hiob mit bösen Geschwüren von seiner Fußsohle bis zu seinem Scheitel. Und er nahm eine Tonscherbe, um sich damit zu schaben, während er mitten in der Asche saß. Da sagte seine Frau zu ihm, hältst du noch fest an deiner Vollkommenheit? Fluche Gott und
stirb. Er aber sagte zu ihr, wie eine der Tören redet, so redest auch du. Das Gute nehmen wir von Gott an, da sollten wir das Böse nicht auch annehmen. Bei allem sündigte Hiob nicht mit seinen Lippen. Szene vier und fünf sind ganz eng ineinander verschachtelt. Zunächst in der Himmelszene. Die ersten drei Verse sind wörtlich genau gleich wie bei der ersten Himmelszene, ganz genau gleich. Mir ist bei der Gelegenheit nochmal eingefallen, hast du Acht gehabt auf mein Knecht Hiob. Der Ausdruck Knecht Gottes ist im Alten Testament eigentlich der höchste Würdetitel, den es gibt. Knecht Gottes werden nur genannt Abraham, Mose, David und die Propheten sind die Knechte Gottes.
Das sind alles Israeliten, aber hier bekommt ein Nicht-Israelit den höchsten Würdetitel. Man merkt, dass Jahwe keine nationalen Grenzen da kennt. Ja, also auf jeden Fall, der Satan muss nachbessern. Bei seinem ersten Gespräch war er doch noch so selbstsicher, was gilt's, er wird dir ins Angesicht, also öffentlich absagen, nein, Satan hat Hiob unterschätzt. Trotzdem hält er an seiner Forderung fest, an der Glaubensprobe fest, er verschärft sie. Er sagt Haut um Haut, das ist so eine betoinische Regel auf dem Markt, auf dem Basar, wenn man um Tierhäute feilscht. Einfach so, man muss alles genau miteinander berechnen und so weiter. Der darf sich nicht über den Tisch ziehen lassen. Und hier heißt es aber, weisst du, der Hiob, dem ist seine eigene Haut halt doch am wichtigsten,
sogar wichtiger wie seine Kinder, denn natürlich der Tod der Kinder, das ist ja das Allerschlimmste. Ja, also, aber auch Hiob ist letztlich so egozentrisch, seine eigene Haut ist ihm halt am wichtigsten. Aber taste sie an. Und auch jetzt wieder Jahwe geht darauf ein und jetzt wird von vornherein gesagt, also, ja, Satan schlug Hiob, jetzt ist also klar, dass Satan das einfädelt, er schlug Hiob vom Scheitel bis zur Sohle. Es geht also wieder ganz schnell, wie auch die ersten vier Katastrophen sich ja an einem Tag ereignen, so ist es hier auch vorauszusetzen. Er schlägt ihn mit Eiterbeulen und Geschwüren von den Fußsohlen bis zum Scheitel. Was ist da genau gemeint,
das wissen wir nicht. Kann Libra sein, aber Libra konnte man in der Antike, im Antiken Orient, noch nicht diagnostizieren. Libra ist ja auch unheilbar in der Antike, aber wenn Jahwe sagt, taste sein Leben nicht an, könnte das dann Libra sein als unheilbar? Ist ein bisschen offen, diese Frage. Aber im Orient werden auch andere Hautkratzen und Hautkrankheiten, die eigentlich relativ harmlos sind, irgendwelche Flechten oder Rosen oder was es alles gibt, das konnte man im Orient noch nicht differenzieren. Hier wird geschlagen mit einer übelriechenden und ekelhaft anzusehenden Hautkrankheit und das ist schon somit das Schlimmste, was man ihm zumuten kann. Alle diese Hautkrankheiten gelten in der Antike als ansteckend und deswegen muss Hiob jetzt
auch sein Haus verlassen und er muss auf die Matspalla. Die Matspalla ist in allen syrischen, orientalischen Dörfern der Verbrennungshügel, der ein bisschen am Rand, ein bisschen außerhalb eines Dorfes ist. Das war in Syrien noch bis zum Zweiten Weltkrieg. Also ich kenne noch Theologen, ältere, da war ich noch Student, die selber in jüngeren Jahren eine Matspalla in Syrien gesehen haben. Man tut also die ganzen Verbrennungsrückstände immer weiter drauf, das wächst sich langsam zu einem Hügel an und man tut auch die Ascherückstände immer oben drauf auf die Matspalla. Und deswegen ist oben auf der Matspalla, man verbrennt erstmal die neuesten Verbrennungsrückstände und dann holt man immer noch die Asche aus den Backöfen und so ist da oben immer eine Asche. Und diese Asche ist
für Aussätzige das Allerbeste. Es ist wie ein Puderkleid. Du kannst kein Stoffkleid mehr anziehen, wenn dein Körper mit so Eitergeschwüren übersät ist, da kratzt du dich zu Tode. Aber die Asche, die mindert, sie ist in der Sonne des Tages ein Schutz gegen die Hitze und in der Nacht ein Schutz gegen die Kälte. Und dieser Aufenthalt auf der Matspalla wird in einem einzigen Satz eingefangen und sein Elend wird an zwei Begriffen festgemacht, an dem Wort Asche und an dem Wort Scherbe. Er sitzt da oben in der Asche und erschabt sich. Auf der Matspalla sitzen meistens mehrere Aussätzige, da haben sie wenigstens Kontakt untereinander und man kann sich durchaus mit den Leuten, die da vorbeikommen, unterhalten. Aber man darf eben die Matspalla nicht mehr verlassen,
es sei dann meist gesund geworden und das kam kaum vor. Also die Matspalla ist jetzt der Schlusspunkt, das Schlimmste, er muss sein Haus verlassen und ist mit einer üblen Hautkrankheit geplagt. Der einzige Mensch, der jetzt noch bleibt, ist seine Frau. Das ist literarisch auch sehr bewusst gemacht, dass seine Frau bisher nicht vorkommt, aber jetzt am Schluss, wo es um alles geht, kommt seine Frau vor. Dieser Frau wird fürchterlich Unrecht getan, weil ihr müsst wissen, das ist die Frau vom Hiob und das ist die Mutter der Söhne und der Töchter, die so ungeheuer gut erzogen wurden, auch von ihr. Also ihr müsst mit größtem Respekt rechnen. Also diese Frau, das ist überhaupt nicht bösartig, sondern fürsorglich, sie will einen schnellen Tod,
das ist doch viel besser als jahrelang auf der Matspalla hin zu vegetieren. Fluche Gott, jetzt ist das Wort Fluche wirklich direkt gemeint, Fluche öffentlich Gott, dann musst du nach israelitischem Recht, und man merkt, obwohl der Hiob ja aus dem Land Utz kommt, er wird doch ganz im israelitischen Recht beschrieben, dann muss man sofort gesteinigt werden. Und das war also fürsorglich gemeint von der Frau, ein schneller Tod, ich wünsche dir einen schnellen Tod als ein jahrelanges Siechtum. Und die Doppelbötigkeit auch, Fluche Gott, das ist ja gerade das, was der Satan voraussagt, er wird dir ins Angesicht fluchen oder absagen. Also die Frau des Hiob weiß nicht, dass sie jetzt die größte Versuchung an Hiob heranträgt, sogar sozusagen, das kann man nachvollziehen,
gell? Und jetzt antwortet Hiob so, das muss man richtig übersetzen, was? Wie einen Nerren redest auch du? Also der Hiob sagt nicht zu seiner Frau, du Nerrin, sondern das ist eine Frage. Und Hiob ist erstaunt, was? Wie eine Nerrin? Du bist doch keine Nerrin, du bist doch meine Frau, du bist doch die Mutter dieser wohlgeratenen Kinder, das ist doch nicht dein Niveau, gell? Was? Wie eine Nerrin redest auch du? Und dann kommt wieder das Abschlusswort von Hiob, haben wir das Gute, das lebensförderliche, also nicht moralisch gut, haben wir das, was uns gut tut, was unser Leben gesteigert hat, von Gott angenommen, sollen wir dann nicht auch das, was uns nicht gut tut, aus seiner Hand annehmen? Wieder,
Hiob redet nur mit Gott, er ist theozentriert, für Satan ist nicht der geringste Raum. Ja, und dann sagt der Kommentator wieder, so sprach Hiob und tat nichts, töricht es und versündigt sich nicht gegen Jahwe. Soweit diese fünf Szenen aus dem Prolog des Hierbuchs, aus dem Erzählteil. Im nächsten Vortrag werde ich nochmal auf den gleichen Text zurückkommen, aber Ihnen schon voraussetzen, dass ihr diese Informationen alle habt und werde dann gezielt einmal fragen, welche Rolle spielt hier der Satan und was sollen wir heute von seiner Rolle halten? Also soweit es eben in diesem Text geklärt wird und da wird viel geklärt. Und das Zweite ist, was können wir
aus dieser Hiob-Novelle lernen für die heutige Theodice-Frage?
Interpretation der Hiobnovelle (Hiob 1,1-2,10) – Hiob Vorlesung Teil 1) | 10.8.1
Das Buch Hiob ist so ein wichtiges und umfangreiches biblisches Buch, dass Prof. Dr. Siegfried Zimmer ihm zehn Vorträge widmet. In diesem ersten Vortrag der Hiob-Reihe legt er die Grundlage, um die Geschichte überhaupt zu verstehen: Hiob war ein Allerweltsname. Es könnte um jeden von uns gehen. Und noch wichtiger: Hiob aus dem Lande Uz war kein Israelit. Und trotzdem ein Gottesfürchtiger, der Gott der Israeliten war also schon immer ein Gott aller Menschen. Zimmer beschreibt die Lebenswelt Hiobs, die Weltsicht und Gewohnheiten seiner Mitmenschen. So wird deutlich, was man beim oberflächlichen Lesen schnell übersieht: Hiob war ein liebevoller Vater, seine Kinder standen sich außergewöhnlich nahe. Und Hiobs Frau, die in vielen Textauslegungen nicht gut wegkommt, sorgt sich lediglich um ihn. Sie will ihm irgendwie helfen, obwohl sie ihm einen schnellen Tod wünscht. Zimmer erklärt auch knallhart den Unterschied zwischen Gut und Böse – jedenfalls wie er im Hiob-Buch gemeint ist. Und auch heute noch gelten sollte. Es sind Themen, die uns noch immer beschäftigen, gerade in Krisenzeiten: Wie reagieren wir auf Leid? Können wir auf Gott vertrauen? Und: Warum glaubst du eigentlich an Gott?
Dieser Vortrag gehört zu der 10-teilige Hiob-Vorlesung von Prof. Dr. Siegfried Zimmer, die durch die Lesung des gesamten Hiobbuchs als Hiobnovelle (11.5.1) und Hiobdichtung (11.5.2) ergänzt wird.