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Heute Morgen geht es um den Lebendigen, um die Auferstehung Jesu Christi und damit um den dritten Teil meiner Christus-Trilogie. Freitagabend, das war eine Ouvertüre, das war ein kleines Vorspiel, eine Einführung in die Hermeneutik der Jesusfrage oder auch eine Brillologie, eine kleine Betrachtung über die Betrachtungsweisen von Glaubensfragen und von Jesus. Und dann sind wir sehr klassisch entlanggegangen, Jesus, wahrer Gott und wahrer Mensch, Jesus für uns gestorben, heute Jesus auferweckt von den Toten. Auch das ist eine neuralgische Frage, eine Frage, die mit gewisser Unruhe und Nervosität immer wieder aufgewärmt oder hochgekocht werden kann.

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Ich werde immer wieder auch mal gefragt, ja, der Jesus, ist er denn jetzt wirklich auferstanden oder nicht? Was glaubst du denn? Und dann sage ich immer, ja, auferstanden. Ja, so wirklich, wirklich? Dann sage ich, ja. Nächste Frage, ja, so wirklich, wirklich, wirklich? Also ist er irgendwie leiblich auferstanden? Dann sage ich, fast kaum gereizt, aber eigentlich immer noch, ja, ja, ja, schon. Und dann sind die Leute irgendwann zufrieden oder unzufrieden, aber irgendwie auch fertig damit. Und dann werde ich aber so ein bisschen unzufrieden immer, warum diese Frage für viele so das hängt, daran hängt es. Und dann ist es auch egal. Und wenn ich Zeit und Lust und Nerven hätte, würde ich gerne zurückfragen, ja, aber was bedeutet es denn für dich? Was ist die Bedeutsamkeit dessen? Was ist der Sinn? Wozu ist es gut? Wozu ist

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es da? Darum geht es oft viel zu wenig. Es wird oft eingedampft auf die Frage, war oder nicht war, real oder nicht real, Tatsache oder Nicht-Tatsache, so als wäre das so ein Faktum, so etwas Isoliertes, was im Grunde ist oder nicht ist, eine Lampe, die an oder aus ist. Und das ist natürlich schon ein bisschen schade, weil man sich in dieser ganzen Fragestellung, in diesem Zugang auf das Thema im Grunde reduziert auf eine Weltbetrachtung, naja, die für den Alltag schon wichtig ist, so Licht ist an oder aus. Man hat noch Geld oder man hat keins. Also das Tatsächlichkeitsfragen sind schon real, sind relevant. Aber Glaubensfragen gehen nie darin auf. Das ist das Wesen von Glaubensfragen, dass sie nie in eine solche Objektivität Einstellung vollständig übersetzt

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werden können. Es genauso wie existiert Gott oder existiert Gott nicht? Du lieber Himmel, so auch dies. Also man wird das dann in der Regel irgendwie bejahen, weil alles andere auch nicht besser wäre. Aber gesagt ist damit wenig bis nichts. Was bedeutet das? Was ist der Sinn? Was ist der Gehalt? Was bewegt dich da drin? Das sind ja eigentlich die ganzen spannenden Fragen. Ich möchte das mal durchspielen an einem Gleichnis, was viele bei dieser Frage dann oft bemühen, weil ich das dann doch ganz interessant finde. Es gibt Menschen, die, wenn sie wirklich, wirklich, wirklich auferstanden gefragt haben und mit einem Ja oder Nein immer noch nicht so ganz wissen, wo sie sind, dann drehen sie sich so und sagen, was wäre denn, wenn der Auferstande da gekommen wäre und man hätte schon irgendwie ein Smartphone oder so, hätte man ihn fotografieren können? Oder hätte man sagen können, hier, Selfie, ansonsten brauchst du gar nicht weiterreden, glaub mir sowieso keiner. Können wir das dokumentieren? Wäre das gegangen, hätte man

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Jesus fotografieren können, wäre er abgebildet auf den Bildern, dass man sagen kann, da ist er doch, ich sehe ihn und du siehst ihn auch und jetzt keine Diskussion mehr, die Sache ist klar. Oder wäre da nichts? Wäre das der ultimative Test, das Ganze zu widerlegen? Das ist doch ein Gleichnis. Ich habe das viele Jahre lang immer so ein bisschen genervt zur Kenntnis genommen, dass es immer wieder bemüht wird. Dann fand ich es irgendwann doch wieder interessant, denn es sind ja unterschiedliche Richtungen, aus denen es verwandt wird. Es gibt manche, die das Gleichnis so verwenden, wenn man da Fotos gemacht hätte am Sonntagmorgen, dann hätte man nichts gesehen. Da hätte man nichts sehen können, denn die Auferstehung Jesu ist im Neuen Testament nicht irgendwie ein Mirakel oder irgendeine supranaturale Besonderheit, die da einbricht von hoch oben oder so. Nein, es geht um Erscheinungen, es geht um Visionen der

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Jünger, die sehen etwas, aber was sie sehen ist im Grunde ein Geschehen innerhalb ihres Glaubensbewusstseins. Und da ist es manchen wichtig zu sagen, ein Fotoapparat oder eine Filmkamera hätte nichts gezeigt, man hätte nichts gesehen. Das wäre völlig falsch, wenn man da sagen würde, doch, da muss man was gesehen haben. Nein, es ist im Glaubensbewusstsein, es ist eine Glaubenswahrnehmung. So, und andere sagen, völlig falsch, nein nein, gar nicht. Er ist ja leibhaftig auferstanden, es ist notwendig, dass man ihn sehen würde auf der Kamera. Das ist absolut notwendig, dass man ihn sieht und dass er die Wundmerkmale noch hat an den Händen und Füßen, denn so real wird es ja erzählt und Jesus hätte wahrscheinlich so ein Selfie mit sich machen lassen, denn er hat ja den Thomas und so genommen, der durfte ja seinen Finger in die Seitenhöhle ja vielleicht rein oder nicht oder so, aber das Angebot stand im Raum und andere

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Zweifler hat Jesus gesagt, ja jetzt komm, jetzt gib mir so ein Fischstäbchen, ich würge es runter, wenn dir das im Glauben hilft oder so, dass das geht auch. Darum ist es notwendig, dass man ihn gesehen hätte. Ja, mich verstört das ganze Gleichnis so ein bisschen, weil ich denke, diese ganze Debatte führt raus aus dem, was Auferstehung tatsächlich 2000 Jahre lang bedeutet hat. So, es ist ja für den Auferstehungsglauben der Christen immer wesentlich gewesen, dass da mehr geschieht als da war was zum Sehen und zum Anfassen. Das ist ja, wird erzählt und berichtet, aber darauf liegt gar nicht der Fokus. Luther konnte das so sagen im Blick auf solche Begebenheiten, du sollst den König nicht mit Augen sehen, sondern steck dir die Augen in die Ohren. Wenn man das

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nicht mit den Ohren fassen will, sondern ansehen mit Augen, so ist es verloren. Das ist Tradition, das ist so die Wahrnehmung. Das, was du siehst, ist gar nicht das, was du glaubst. Der christliche Glaube ist nicht ein Glauben anders gesehen haben irgendeiner physischen Begebenheit. So, wenn du es mit den Augen sehen willst, wenn du es ansehen willst und glauben, dann ist es verloren, dann ist es falsch, sondern steck deine Augen in die Ohren, sagt Luther. Warum? Naja, weil man auch beim Auferstandenen nicht sieht, was geglaubt wird. Was wird denn da geglaubt? Es ist ja so, Kreuz und Auferstehung werden im Neuen Testament oft ganz eng zusammengesteckt, das heißt immer,

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also immer, immer gehört es ganz eng zusammen. Und bei manchen ist so der Eindruck, ja, Kreuzigung, was man da gesehen hätte, hätte einen schon runtergezogen. Da kann man wirklich nur im Glauben sagen, er ist für uns gestorben, es ist die Versöhnung der Welt. Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selbst. Das hat man jetzt nicht gesehen, an dem was da geschah, das nicht, aber es wird dann verkündet. Ostern ist aber wunderschön, denn da wird gar nicht so viel geredet, da ist zum Sehen, zum Anfassen, zum Berühren, da ist es greifbar, darum ist Ostern viel, viel schöner, weil wir da endlich nicht so gegen den Augenschein irgendwie was glauben, sondern sehen, was wir glauben. Was völlig falsch ist. So ist es nicht, sondern Ostern ist es im Grunde genauso wie Karfreitag. Was glauben wir denn von der Auferstehung? Wir glauben nicht, dass Jesus wiederbelebt wurde wie Lazarus. Dass er einfach wieder da war und sagte,

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buh, war ein schwerer Tag, aber da bin ich wieder oder so. Jesus ist kein zweiter Lazarus. Jesus ist auch kein zweiter John Snow, Game of Thrones und so. Auferweckt, hast du was gesehen? Nö, aber bin ich wieder da. Auch das nicht. Jesus ist nicht einfach wieder da, sondern es sind ja zwei Dinge, die zur Auferstehung ganz wesentlich sind. Das eine, Paulus sagt es, Jesus ist der Erstling, der von den Toten auferstanden ist. Was man in Jesus nicht sieht, aber glaubt, wenn man sich die Augen in die Ohren steckt, ist das mit ihm das Ende aller Dinge beginnt. Hier beginnt die neue Welt. Hier beginnt neues Leben. Der Lebendige ist aus einer anderen Zeit. Hier sehen wir die Zukunft beginnen. Hier sehen wir das Reich Gottes im Anbruch. Hier sehen wir Gottes neue Welt. Hier

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findet ein Zeitsprung statt. Der Auferstandene ist das Hineinragen der Zukunft Gottes ins Hier und Jetzt. Das sieht man nicht so. Und das zweite, was man nicht sieht, Jesus ist genauso für uns auferstanden wie gestorben. Auch das, Evangelienbriefe, immer wieder ganz entscheidend. Er ist um unserer Sünde willen dahin gegeben und um unserer Rechtfertigung willen auferweckt. Römerbrief. Er ist nicht einfach wieder da, sondern die Kraft seiner Auferstehung ist etwas, was mit uns etwas verändert. Was uns verändert. Die Kirchenlieder singst ja so. Jesus lebt mit ihm auch ich. Das siehst du alles überhaupt nicht. Darum ist es im Grunde irgendwo eine tragische Metapher mit dem Fotoapparat, da irgendwie den Gewissheitsgrad des eigenen Glaubens taxieren zu wollen. Denn das,

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was du glaubst, dass Gottes neue Welt beginnt, dass Jesus sich mit den Menschen verbindet, definitiv ein für alle Mal und in alle Zukunft, das sah keiner. Das konnte keiner sehen, das konnte keiner zeichnen. Das kannst du auch nicht aufnehmen oder filmen. Darum ist diese ganze Frage so eine, die in die Irre führt. Sie richtet Maßstäbe auf von ist so, ist nicht so, real, nicht real, physisch oder nicht physisch, die im Grunde sich einer Weltsicht verdanken, die ganz und gar geprägt ist vom gestern und heute. Es ist im Grunde eine solche Brille wieder, eine positivistische Brille, eine realistische Tatsachenbrille, wo es darum geht, so wie wir die Welt sonst kennen, real, nicht real, Einbildung, fiktiv oder tatsächlich messbar, greifbar,

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beweisbar. Damit wird das betrachtet. Das heißt, hier wird versucht, etwas, was von morgen ist, zu sehen mit einer Brille von gestern und heute. Es ist die falsche Brille. Es ist eine Brille, die das nicht einfangen, die dem nicht gerecht werden kann. Und das ist das Problem dieser ganzen Kategorien, wenn man sagt, ist er denn leiblich auferstanden? Ist es denn ein historisches Ereignis? War denn der Körper wirklich da? Wenn man die Auferstehungstexte der Bibel sich anschaut, dann merkt man hoffentlich, dass all diese Kategorien irgendwie so abprallen. Die können es nicht greifen. Warum nicht? Es sind Kategorien aus einer Welt, die wir beherrschen. Es ist die Brille aus der Welt, die wir uns beherrschbar gemacht haben, sei es durch historische Forschung oder durch Sehen, Messen, Greifen, Anfassen. Und das Besondere ist ja, dass der

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Auferstandene in dieser Welt nicht mehr aufgeht. Und darum ist es auch so verblüffend, wie er scheint. Also Maria trifft Jesus und denkt, er ist der Gärtner. Der hat irgendwas an seinen Händen und Füßen oder ist der Gärtner. Das ist ja sehr verblüffend. Und wenn man das auf dieses Gleichnis zurückspiegelt, wenn man sagt, ich bin sicher, dass Jesus auf dem Foto zu sehen wäre. Man müsste im Grunde zurückfragen, okay, du bist sicher, dass der Auferstandene auf einem Foto zu sehen wäre. Wie sicher bist du denn, dass du ihn sofort erkennst? Also Maria Magdalena hat ihn mit dem Gärtner verwechselt. Es gab zwei andere, die sind stundenlang mit ihm spazieren gegangen, die waren völlig merkbefreit. Wie sicher bist du, dass du sofort erkannt hättest, dass es wirklich Jesus ist? Und stell dir vor, du hättest nach zehn Sekunden erst gemerkt, dass es Jesus ist. Aber wie sicher bist du dir, dass es wirklich Jesus ist, wenn du zehn Sekunden brauchst, dafür das zu

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merken? Oder zwei Stunden. Das funktioniert alles nicht gut. Auch diese ganze Kategorie leiblich, der Lebendige verhält sich auffällig, sag ich mal. So, der ist da, geht spazieren, setzt sich hin, will Brot brechen, schwupps ist er weg. So, disappariert. Irgendein Zauber oder so. Oder da sitzen Leute zusammen, reden, diskutieren, einmal kommt er durch die Wand und dann steht er da. Das sind ja alles sehr auffällige Betragensweisen. So, das ist ja nicht das, wo man sagen kann, was menschliche Körper so tun. Wer viel Serien guckt, wird sagen, ich habe damals gesehen über einen Speedster, also Speedster können das, können sich da so durch. Aber das ist ja alles nicht, was die Texte das Interesse haben, das zu erklären, welche Superkraft Jesus angewandt hat, sich hin und weg zu beamen, sich unkenntlich zu machen, sich verwechselbar zu machen oder

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sich erkenntlich zu machen. Es ist alles sonderbarer, wundersamer, als es in unseren normalen Weltbemächtigungsstrategien aufgeht. Paulus hat sich sehr grundsätzlich Gedanken darüber gemacht und gesagt, in dieser Welt haben wir den irdischen Leib von Gott. In jener Welt, in Gottes Welt werden wir einen geistlichen Leib haben. Und geistlicher Leib, das ist so wie ein unsichtbares Licht. So, das ist irgendwie, wie jetzt, Leib oder geistlich? Und Paulus sagt, ja, geistlicher Leib. Es wird in einer Weise leiblich sein. Es wird greifbar und sichtbar und anfassbar sein und auch nicht. Denn es ist Gottes Welt. Und dann holt Paulus Wald auf und er wird richtig weitschweifelig und sagt, die irdischen Dinge haben ihren Glanz und die

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himmlischen haben ihre und das Sichtbare und das Unsichtbare und er sagt, es wird anders sein, es wird völlig anders sein und es wird vergleichbar sein. Und wir können es nicht scharfstellen. Warum nicht? Weil es um Gottes neue Welt geht. Es geht um eine Welt jenseits unserer Kategorien. Es geht um eine Welt, für die unsere Brille nicht gemacht sind. Jede Brille, die wir je in diesem Leben als hilfreich erfahren haben, wird nicht funktionieren, wenn es um eine ganz neue, um eine ganz andere Welt geht. Und dann ist immer die Schwierigkeit groß, jetzt einfach zu sagen, es ist einfach alles total anders. Ist natürlich auch schwierig. Darum immer dieser Versuch, so wie zu reden von einem unsichtbaren Licht, ein geistlicher Leib, paradoxe Ausdrücke. Und darum ist der auferstandene ja in Kontinuität zu Jesus von Nazareth und doch völlig anders. Und er

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wird mal als Licht beschrieben, als Glanz und mal ganz leibhaftig. Er kommt ganz nah und ist irgendwie völlig ungreifbar. Und diese Schwebe ist so entscheidend, die nicht in unseren Brillenfassungen in irgendeiner Weise scharf zu stellen ist, sondern unsere Realitätskonzepte sprengt. Und darauf muss man sich so oder so einstellen. Du kannst es mit noch so viel Glaubenswille für dich nicht greifbar machen. Es war ja für die Jünger nicht klar zu kriegen. Matthäus Evangelium am Ende, da stehen sie da und die große Sendungsrede und alles kommt und dann schreibt Matthäus etliche aber Zweifel. Das war das Kernteam, das war die Crème de la Crème, das waren die Superjünger, die sehen da den Auferstandene oder will sie senden und sie sehen ihn und sie hören ihn und Matthäus schreibt ja etliche aber Zweifel. Die haben sich auch ständig gekniffen und so kneifst du mich mal au nicht so

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fest und so. Die waren nicht sicher. Sie konnten es nicht greifen. Es war in ihrer Welt und jenseits dieser Welt und jede Beschreibung dieses Phänomens, die das ignoriert und glaubt es fassbar zu machen, die verfehlt die Texte und hat auch nicht mehr das klassische Christentum vor Augen. Jede einzelne Ostergeschichte führt in eine solche Spannung ein, in so eine Offenheit hinein, wo etwas aufbricht, eine Transzendenzöffnung, ein neues Licht, eine neue Ahnung, ein neuer Sound, etwas ganz Neues aufbricht und es scheint hinein, es scheint hinein, es wird sinnenfällig, es wird sinnenfällig und doch dem sinnlichen Zugriff entzogen und das beides und ohne diese paradoxe Spannung verfehlt man auch im wortwörtlichen Sinn die Berichte und die Zeugnisse. Natürlich kann man für sich sagen,

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ja aber für mich ist das alles nichts. Ich glaube das nicht. Ich bin ein Mann, der mit beiden Beinen auf dem Boden der Tatsachen steht oder auch eine Frau und das reicht mir auch und ich habe historisch Denken gelernt und ich weiß, dass früher die Menschen in jedem Baum und in jedem Fluss und auf jedem Berg geistige Mächte vermutet haben. Früher hatten die Menschen ein solches poröses Selbst und es hat sie so ein bisschen elektrifiziert und sie hatten da manchmal Traumzeit und es war auch gut und manchmal hatten sie auch irgendwie das Gefühl, mir spricht eine Gottheit ins Ohr, ich soll ihr ein Menschenkind opfern, ja mach ich das halt und dieses ganze poröse Selbst der alten Welt ist für mich als moderner Mensch abgefrühstückt. Ich glaube das sind keine Mechanismen mehr, mit denen wir heutzutage irgendwie zurechtkommen. Darum denke ich streng naturalistisch, ich denke streng historisch und darum ist das für mich keine Option. Ja was sollen wir sagen, wenn man das so sagt,

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wenn man für sich feststellt, geschichtlich Denken heißt für mich, es gibt nichts anderes als Dinge, die kausal logisch ableitbar sind aus innerweltlichem. Die Welt ist für mich ein absolut geschlossenes System. Ich verbiete mir in jeder Hinsicht darüber hinaus zu denken, das kommt nicht vor. Dann ist das Ganze natürlich gegessen, das ist ja klar. Dann hat man aber die interessante Aufgabe, sich naturalistischen Reihen darauf zu machen. Da muss man versuchen, das zu erklären und warum nicht, das macht man seit zwei Jahrtausenden. Dann kann man sich das überlegen. Also es gab ja damals die antike Alternative schon, dieser ganze Jesus, der die Jünger während denen geklaut haben, irgendwo versteckt und so und dann haben sie gesagt, das war noch nicht das Ende, jetzt kommt unsere Rache, das lassen wir uns nicht gefallen, ist ja Schade um den Jesus, aber warum soll unsere Karriere zu Ende gehen, wo sie jetzt gerade erst anfängt. Wir probieren es jetzt mal ohne ihn, indem wir eine Wahnsinnsgeschichte raushauen.

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Die Menschen sind sehr leichtgläubig, lass uns anfangen. So kann man machen, kann man probieren, da muss man natürlich gucken, wie weit man das psychologisch und in anderer Weise für sich plausibel oder so bekommt. Es gab jetzt, dies Jahr war das, ein neues Buch dazu, kein Tod auf Golgatha. Die Idee wurde auch wieder aufgewärmt, einfach zu überlegen, was ist, wenn er gar nicht gestorben ist. Und das ist ein hochgelehrter Mann und es ist ein höchst seriöser Verlag und da wird das auf paar hundert Seiten durchgespielt und mit moderner Medizin und so. Ein Historiker, Mittelalter-Experte hat sich beraten lassen von Medizinern und er ist hellhörig geworden so an der Kiste. Ihm wurde eine ein Speer in die Lunge gestochen, da kam Blut und Wasser raus, hat er recherchiert, geguckt, sich beraten lassen und gehört, oho, es gibt im Grunde das Krankheitsbild, dass die Lunge so voller Wasser läuft,

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dass jemand keine Luft bekommt, dass er quasi in ein künstliches Koma fällt in einem absoluten Stand-by-Modus. Der sieht dann aus wie tot und das wird bei diesem Jesus wohl der Fall gewesen sein. So und dann ist er irgendwie abgenommen vom Kreuz und er meint, na der hang ja dann nur drei Stunden, sagt das Neue Testament. Wir wissen aus der Antike, manche haben da tagelang gehangen, so schnell war der Tod, der hat doch gesund gelebt, der war unterwegs, der war im besten Alter oder so. Das ist wahrscheinlich die einfachste Lösung, der war nur scheintot, der war im Koma und dann wurde er am nächsten Morgen wach und dachte, boah, so einen Tag wünsche ich keinem. Und dann haben ihm ein paar geholfen und gesagt, komm versteck dich, das ist ja nicht normal und so. Der meinte, ja, da brauche ich nicht nochmal. Und dann braucht man aber natürlich, dann war die Leiche weg und dann braucht man irgendwie eine Ausrede haben, haben sie ihm vorgeschlagen, ja wie wär's? Wir sagen einfach, du bist auferstanden, das glaubt euch keiner. Ja, wer weiß, wer weiß, aber die Leiche ist weg und wir probieren's,

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wir probieren's, kann man machen. So und das kann man erzählen. Es ist natürlich alles sehr speziell, nicht? Also es gibt Knochenfunde in Israel, Fußknochen, wo noch ein Nagel drinsteckt. Man ist ja nicht so wie in dem Jesusfilm ab sechs Jahren da mit Bändchen irgendwie ans Kreuz gebunden wurden, sondern in der Regel wurde man angenagelt, so dass durch die Knochen der Nagel durchgedrückt wurde, dass der auch hält, dass er sich auch nicht bewegen kann. Dadurch ist auch eine gewisse Stabilität da, er hängt da stabil, um länger leiden zu können. Extrem pervers, extrem brutal. Sich vorzustellen, dass man durch beide Fußknochen Nagel durchgeschlagen bekommen hat und dann am nächsten Tag sagt, ich gehe erstmal weg, hat jemand Krücken oder so? Das ist sehr extrem, sehr extrem, aber man kann's probieren. Man kann auch nicht ausschließen, dass Leute sagen,

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ja, jeder sieht das mit seiner Brille. Ich gehöre zufällig einer netten, schicken, hippen Ufo-Sekte an. Die coolste Lösung ever ist doch einfach, da kam irgendwie ein Raumschiff, die haben das schon länger beobachtet und die sagten, ja, der hat es da echt nicht verdient. Lass uns doch einfach mal so wieder gutmachen, wir nehmen die ganze Leiche weg, da machen wir paar Lichterscheinungen, Hologramme und so. Wir zur Strafe, dass die so doof waren, den umzubringen, stiften wir den einfach in eine Religion, machen uns weg, lachen uns schlapp. Wir kommen in ein paar tausend Jahre mal wieder und gucken, ob was draus geworden ist, das wäre echt der Hammer. Also, gerne mal machen. Moderne Historiker, auch Exegeten und Theologen, haben Ideen über Ideen gehabt. Manche haben gesagt, ja, man hat wahrscheinlich, die Leiche hat sich keiner mehr gestört, hat man weggeschmissen und dann wusste man nicht mehr wo. Dann war das egal. So, das sind neue Ideen, wo man versucht,

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das klarzukriegen. Nur es ist, es war recht üblich, die Römer waren recht großzügig, wenn jemand tot war, auf Bitten, ihnen den Leichnam zurückzugeben. Also es ist sehr plausibel, einfach. Es ist das plausiblere, dass da irgendwer sich noch für den interessiert oder so. Mütter interessieren sich selbst für solche Schicksale immer noch. Also, sei es alles erfunden, alles, Maria, die Frauen, alles erfunden, Johannes. Es ist nicht so das Wahrscheinliche, es ist plausibel, dass sein Leichnam übergeben wurde an den allerengsten Kreis. So, man kann es berechnen und durch und gucken und überhaupt, es bleibt eine sehr wundersame Geschichte. Eine sehr wundersame Geschichte. Und die glatte, einfache, vernünftige, rationale Lösung ist jetzt nicht so einfach da. Es gibt andere Geschichten so, wo man irgendwann vielleicht wirklich sagt, hier könnte auch ein legendarisches Stilmittel oder so verwandt sein, weil es extreme Plausibilitäten

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gibt für einen alternativen Verlauf und damit für andere Erklärungen. So, aber die ganze Ostersache bleibt wundersam und da kommen Menschen auf unterschiedlichste Lösungen. Kann man das Ganze jetzt in diesem Sinne verstehen, als hätte ich sagen wollen, es ist das Wahrscheinlichste, die Auferweckung Jesu als historisches Ereignis zu behaupten, weil alles andere ja auch nicht geht? Das ist nicht meine Sprache dafür. Denn ich halte es für sinnvoll, historisch als eine bestimmte Betrachtungsweise zu verwenden, wo Historiker völlig unabhängig von ihren Weltanschauungen mit den gleichen Karten spielen. Ich glaube, historische Wissenschaft kann nur so funktionieren, dass Christen und Atheisten und Humanisten und UFO-Gläubige und Sektierer und Menschen, die an sich selbst glauben und alle im Grunde sagen, wir einigen uns in der historischen

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Wissenschaft darauf, wir akzeptieren nur allgemein einsichtige Evidenz. Wir konzentrieren uns allein auf die greifbare, quellenbasierte, evidente Vorfindlichkeit von Thesen und Hypothesen und das muss für uns eben im Rahmen menschlicher Gestaltung erklärbar sein. Ich halte es auch für nicht so ganz glücklich zu sagen, das nennen wir dann methodischen Atheismus. Es geht gar nicht darum, irgendwie atheistisch da was reinzubringen. Das ist ja gar nicht der Punkt. Atheisten werden bei dieser Betrachtung nicht privilegiert. Es geht um Evidenz. Es geht um Spuren. Es geht um Zeichen. Es geht um Quellen. Das ist der Punkt. Das hat mit Atheismus überhaupt nichts zu tun. Es geht nur darum, dass alle mit denselben Karten spielen. Es wäre komisch zu sagen, alle spielen mit denselben Karten, die 32, die man vom Skat kennt, aber Christen kriegen noch einen Joker dazu. Im Zweifelsfall spielen sie die Gotteskarte. Die UFO-Gläubigen kriegen noch einen Joker dazu. Im

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Zweifelsfall waren es grüne Männchen und so. Noch jemand, ja, die doch an die sumerischen Götter glauben. Ja, okay, das ist auch ein Joker. Und das ist ja Blödsinn. Das ist dann Käse. Also da würde ich dann doch lieber sagen, wir machen historisches Arbeiten als seriöse Wissenschaft. Es wird Menschen geben, die sagen, so und das was historische Arbeit ist, das setze ich für mich gleich mit den Rahmenbedingungen von Realität. Ich glaube, dass das historische, empirische, evidenzbasierte Fragen nach Zeichen, Spuren, Quellen und so weiter. Es ist für mich weltanschaulich, identisch mit dem, was für mich mein Realitätsrahmen ist. Das ist aber natürlich nicht das, worauf alle und jeder und so sich verpflichten kann oder muss. Es wird manchmal so getan, als würde die historischen Bibelwissenschaften artheistisch arbeiten und als sei es eine weltanschauliche

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Voraussetzung der Bibelwissenschaft, alles artheistisch zu betrachten. Das ist so nicht der Fall. Und selbst wenn man ein paar Theologen findet, die das genau so sagen, dann ist es ihre Entscheidung, das Instrumentarium historischer Wissenschaft für sich selbst als allein akzeptablen weltanschaulichen Rahmen zu setzen. Es gibt viele, die historisch arbeiten und an solchen Stellen sagen, hier ist irgendwas bleibend mysteriös. Es entzieht sich unserer letzten Auflösbarkeit und als Christ oder als Christin sage ich, ich glaube, dass Gott da seine Finger im Spiel hat. Aber das ist ein Glaubensurteil und ich werde nicht anfangen, Gott jetzt zum Teil einer historisch greifbaren Welt zu machen. Das wäre ein Kategorienfehler. So würde ich sagen, so würde ich es empfehlen. Das muss man auch gleich dazu sagen. Das ist ja, man muss da den ganzen Brillenvortrag

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sich gut durchdenken und muss das letztlich auch akzeptieren, dass Wirklichkeitszugänge in diesem Sinne immer matrixgesteuert sind, paradigmaabhängig in bestimmte Horizonte eingespeist sind. Das muss man verstehen. Das ist nicht, was weiß ich, für den normalen Schüler der Mittelstufe oder so zu erwarten. Vielleicht auch für viele Menschen nie so ganz. Man muss ein bisschen überlegen. Also wenn Menschen letztlich sagen, historisch ist für mich wirklich und wirklich ist für mich historisch, so dann ist Jesus meinetwegen historisch auferstanden. So, aber ich habe da eben die Gedanken, die ich da geradezu erläutert habe, wie ich es für sinnvoller halte. So und jetzt möchte ich an einer Geschichte nochmal ein bisschen konkret werden lassen. Das war jetzt so ein bisschen sich abarbeiten an einer Frage, die wieder und wieder und wieder und wieder kommt. Ist es denn real und ist es historisch und ist es wirklich und ist es leiblich und wo ich immer Ja und Nein, Nein und Ja,

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er ist nie weniger, sondern viel mehr gesagt habe. Und dies viel mehr, dem möchte ich jetzt noch ein bisschen nachgehen, was bedeutet es denn? Was bedeutet Auferstehung? Und dafür habe ich eine schöne Geschichte mitgebracht. Ich werde sie in Form einer theologischen Meditation jetzt auslegen, also keine historisch-kritische Exegese. Ich habe natürlich historisch-kritische Exegesen dazu gelesen, aber ich werde jetzt nicht die 3D-Brille rauszükken und die Hintergründe ausleuchten. Das habe ich getan, sondern ich möchte jetzt die systematisch relevanten Impulse versuchen heraus zu präparieren, wie Auferstehungsglaube im weitesten Sinne funktioniert, was seine Frequenz ist, wie Auferstehungsglaube zustande kommt. Die Geschichte ist die der Emmaus-Jünger. Den beiden werden wir jetzt folgen. Wir waren überhaupt orientiert an allerlei Wegen und Orten. Ersten Vortrag war ich

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in Caesarea Philippi, zweiter Vortrag in Gethsemane, den dritten auf Golgatha, heute geht es nach Emmaus. Dieses Hier und Dort ist für den christlichen Glauben nicht unwesentlich. Kontext, Kontext, Kontext. So, es sind Wege und es sind konkrete Orte und konkrete Wege. Glaube ist immer lokal, immer konkret, immer wegförmig. Und so machen wir uns hier und jetzt heute auf diesen konkreten Weg an der Seite derer damals. Und siehe, zwei von ihnen gingen an demselben Tage in ein Dorf, das war von Jerusalem etwa 60 Stadien entfernt, dessen Name ist Emmaus. Sie redeten miteinander von all diesen Geschichten und es geschah, als sie so redeten und einander fragten, da nahte sich Jesus selbst und ging mit ihnen. Aber ihre Augen wurden gehalten, dass sie ihn nicht erkannten. Er sprach aber zu ihnen, was sind das für Dinge, die ihr miteinander verhandelt unterwegs? Da blieben sie traurig und stehen. Und der eine mit Namen Kleopas antwortete und

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sprach zu ihm, bist du der einzige unter den Fremden in Jerusalem, der nicht weiß, was in diesen Tagen dort geschehen ist? Und er sprach zu ihm, was denn? Sie aber sprachen zu ihm, das mit Jesus von Nazareth, der ein Prophet war, mächtig in Tat und Wort vor Gott und allem Volk, wie ihn unsere hohe Priester und Oberen zur Todesstrafe überantwortet und gekreuzigt haben. Wir aber hofften, er sei es, der Israel erlösen werde. Und über das alles ist heute der dritte Tag, dass dies geschehen ist. Auch haben uns erschreckte einige Frauen aus unserer Mitte, die sind früh bei dem Grab gewesen, haben sein Leib nicht gefunden, kommen und sagen, sie haben eine Erscheinung von Engeln gesehen, die sagen, er lebe. Und einige von denen, die mit uns waren, gingen hin zum Grab und fanden es so, wie die Frauen sagten, aber ihn sahen sie nicht. Und er sprach zu ihnen, oh ihr Toren, zu trägen Herzens all dem zu glauben, was die Propheten geredet

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haben. Musste nicht der Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen? Der fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in allen Schriften von ihm gesagt war. Und sie kamen nah an das Dorf, wo sie hingingen und er stellte sich, als wollte er weitergehen. Und sie nötigten ihn und sprachen, bleib bei uns, denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneigt. Und er ging hinein, bei ihnen zu bleiben. Und es geschah, als er mit ihnen zu Tisch saß, nahm er das Brot, dankte und brach es und gab es ihnen. Da wurden ihre Augen geöffnet und sie erkannten ihn. Und er verschwand vor ihnen. Und sie sprachen untereinander, brannte nicht unser Herz in uns, da er mit uns redete auf dem Wege und uns die Schrift öffnete. Und sie standen auf zu derselben Stunde und kehrten zurück nach Jerusalem und fanden die Elf versammelt, die bei ihnen waren.

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Die sprachen, der Herr ist wahrhaftig auferstanden und dem Simon erschienen. Und sie erzählten ihnen, was auf dem Weg geschehen war und wie er von ihnen erkannt wurde, da er das Brot brach. Was für eine merkwürdige Erzählung am Ende dieses Lukasevangeliums. Das Lukasevangelium, es neigt sich zu Ende, die letzten Verse sind erreicht. Man ahnt schon, wir sind auf dem letzten Blatt. Man hat natürlich bei jeder Geschichte Erwartungen. Bei jedem Roman, bei jedem Film, bei jeder Serie. Wenn das letzte Viertelstündchen begonnen hat, ist immer die Frage da, werden jetzt alle Erzählfäden der Geschichte sinnvoll zu Ende geführt? Das hier ist eine richtig lange Geschichte, ihr habt das vielleicht gemerkt. Das ist fünfmal so lang wie das Vater Unser. Das ist richtig, vielleicht zehnmal so lang in der lukanischen Version. Das ist richtig, richtig lang. Da nimmt sich Lukas richtig viel Zeit. Und dann, Jesus kommt selbst nochmal,

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ruckzuck, zack, aus, fertig, das war's. Du lieber Himmel, was hat Lukas alles für Erzählfäden fallen gelassen? Wir kriegen es ja hier am Ende mit, die Elf sind da und sagen, der Herr ist auferstanden, der ist dem Simon erschienen. Das hätte ich gern gewusst, ehrlich gesagt. Das hätte mich tausendmal mehr interessiert, als was mit so einem Kleopaster los ist. Der kam noch nie vor. Das sind die allerschlechtesten Krimis, wo du 90 Minuten irgendwie redest und da kommt irgendein so ein Blödmann und der war's dann. Da denkst du, was ist das denn für ein Storytelling, das ist ja furchtbar. Das geht gar nicht. Das macht man so nicht. Das ist erzählerisch jetzt hier echt ein Klops. Ich hätte das dem Lukas total geschenkt, wenn er da von irgendeinem Kleopaster war. Erzähl's mir von Simon, mit dem bin ich warm geworden, ich will wissen, wie es da hinkommt. Er hat Jesus dreimal verleugnet. Also das ist doch eine Hammergeschichte, wie er auf einmal vor Jesus steht. Und dann irgendwie Versöhnung und Happy End, das hätte

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ich gern gesehen, wie es ihm leid tut und Jesus ihn in A- und das wäre fantastisch gewesen. Oder Lukas Evangelium beginnt mit Jesu Mutter, mit Maria. Und was hat die durch vom Anfang, so über das Kreuz. So und ja ist da noch was. Kann man doch nicht den Erzählfaden einfach fallen lassen, es hätte mich schon noch interessiert. So, sie hat auch Kirchengeschichte, ließ noch eine riesen Karriere vor sich gehabt, darauf mental vorbereitet zu werden, dass das wäre alles sehr schön gewesen. So also auch das wäre doch sehr, sehr spannend. Jakobus, der Herrenbruder. Wir kriegen so nebenbei erzählt, die Brüder Jesu, zwischendurch wollen sie ihn fangen und sagen, der Bruder dreht durch. Der wahrscheinlich mal, jetzt dreht er durch. So, skeptisch, war nicht dabei. Jakobus wird als Herrenbruder, Leiter der Jerusalemer Gemeinde, riesen Karriere, hätte mich auch sehr interessiert. Jeder von denen hätte mich tausendmal so sehr interessiert wie Kleopas und irgendein namenloser. Also vom Storytelling ist

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verglichen damit, selbst die achte Staffel von Game of Thrones noch halbwegs okay. Und jetzt beruhigen wir uns wieder. Das war die alte Brille. Das war die alte Brille. Bücher über Storytelling, Bücher über dramaturgischen Aufbau. Daran gemessen macht Lukas alles falsch. Er meldet sich auch schon die ganze Zeit höflich und sagt falsche Brille, falsche Erwartung ist offenbar nicht der Punkt. Darum geht es nicht, dass es für dich rund wird. So, es geht nicht um die großen Helden und die großen Stars. Es geht um zwei Nasen, die vorher nicht vorkamen und die nachher auch nicht wieder vorkamen. Es geht um uns alle. Es ist eine exemplarische Geschichte und es ist eine traumhaft schön und treffend erzählte, exemplarische Geschichte. Ich denke, in dieser Geschichte ist wahnsinnig viel verdichtet, wie nach dem Tod Jesu der Auferstehungsglaube in vielen Herzen zum Leben

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kam. Und ich möchte dieser Geschichte jetzt folgen, sie exemplarisch lesen als ein Weg über vier Stationen. Erste Stationen, die sind traurig. Sie werden erreicht mitten in ihrem persönlichen Zusammenbruch. Und ich glaube, das ist wesentlich. Wir finden hier zwei Jünger vor im Zusammenbruch ihrer Welt. Es ist alles vorbei. Und sie verlassen auch die anderen. Und es ist ja ein bisschen verstörend, dass sie anderen verlassen. Warum tun sie es jetzt? Na ja, es war Sabbat davor, muss ich ja immer klar machen. So, Freitag ist Sabbat, so Samstag und kaum ist vorbei und Nachtruhe und dies und das. Also sie machen sich auf so schnell es geht, ran da noch im Morgengrauen.

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Wir sind ein bisschen verwirrt worden. Jetzt nicht mal mehr der Leichnam da. Ein paar Frauen, die drehen auch schon durch, die sehen Engel, die hören Stimmen. Aber das ist für sie, es hält sie nicht mehr. Sie wollen nicht mal mehr wissen, was da rauskommt. Wir wissen auch gar nicht, wohin sie wollen, was ist da. Sie gehen. Sie gehen und sie sind gebrochen. Und Jesus kommt mitten hinein in dies und wir sehen nochmal diesen Zerbruch und es ist ein spannendes Gespräch, weil wir hier noch einmal genau sehen, was in ihn kaputtgegangen ist. Sie sagen, wir hofften, er sei es, der Israel erlösen werde. Hier sehen wir, Jünger haben Jesus mit einer Brille gesehen, einer messianischen Brille, einer messianischen Heilserwartung. Und das war eine politische Erwartung. Es war eine irdische Erwartung. Es war eine realistische Erwartung. Der Einzug in Jerusalem, diese ganze euphorisierte Stimmung, Tempel, all das, was da war, die waren im Grunde

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mehrere Tage schlaflos in Jerusalem. Sie waren euphorisiert. Sie haben Großes erwartet. Sie haben Messianisches erwartet. Sie haben Königliches erwartet und dann einen brutalstmöglichen Absturz erlebt. Und Kreuzigung, wir haben uns ja bereits klargemacht, es ist nicht einfach die Guillotine der Antike. Es geht nicht nur einfach darum, ihn tot zu machen. Es geht darum, einen Menschen zu brechen, ganz und gar, sodass alle Anhängerschaft, dass alle Idolisierung dieses Menschen mit zerbricht. Darum geht es, dass von diesen Menschen keine Kraft mehr ausgeht, keine Faszination. Das Charisma soll ausgelöscht werden. Dadurch, dass sich Bilder in die Augen oder in die Imagination reinfräsen, die man nicht mehr zusammenkriegt mit irgendetwas, was Kraft gibt.

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Bilder des Elends, der Erbärmlichkeit, der Folter, der Qual, des Schreins, der Nacktheit, der Schande, des Ausgelachtwerdens, dass du wie ein Stück Fleisch, wie ein Tier nackt ausgestellt wirst. Du wirst zum Tier gemacht, indem du nackt gemacht wirst. Du wirst zum Fleisch gemacht, indem du umgebracht wirst. Und das zielt auf jede Idolisierung, auf jede Anhängerschaft, auf jeden Glauben. Und es hat funktioniert. Wir haben Menschen ihren Glauben verloren. Wir sehen gleichzeitig, es ist nicht alles weg. Sie sagen Jesus von Nazareth, der ein Prophet war. Aber das ist ein Downgrading. Sie denken nicht, dass er völlig falsch lag und ein Betrüger war, das nicht. Aber es ist ein Downgrading. Er war ein Prophet. Und das können Sie einordnen. Was ist mit Jeremia

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geworden, mit vielen Propheten? Dass Propheten verfolgt werden, dass Propheten getötet werden. Sie sind sich sicher, der hohe Rat, unsere Oberen, sie hatten Unrecht. Aber wir kennen aus unserer Geschichte es leidvoll genug, dass die von Gott Gesandten grausam getötet werden. Und es ist ein Downgrading. Es ist nicht mehr der Erlöser. Es ist nur eine der vielen Stimmen, die auf Gott verwiesen haben und die grauenhaft zum Schweigen gebracht worden ist. Das heißt, sie haben ihre messianische Brille nur noch in Trümmern auf. Sie lassen sie beschämt, zerbrochen fallen, tragen jetzt so ein Prophetennickel-Dingchen auf den Augen oder so. Für mehr reicht die Kraft nicht mehr. Und sie wollen nur noch weg. Und sie wollen nur noch weg. Ich glaube, dass ein solcher Ort des Zusammenbruchs jetzt nicht notwendig ist,

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um ins Christentum hineinzukommen. Das wäre ganz sicher falsch. Nichts muss, nichts ist notwendig, nichts ist zwingend. Ich glaube aber, dass es eine, ich sage mal, positive Affinität gibt, zwischen der Erfahrung mit einer bestimmten Weltdeutung nicht mehr klarzukommen und der Offenheit dafür, für eine neue Brille empfänglich zu sein. Denn letztlich ist der christliche Glaube eine neue Art zu sehen, eine neue Weise der Weltbetrachtung. Und es ist immer ein bisschen schief und schräg in den Kategorien einer alten, selbstischen, natürlichen, nationalen Art und Weise, Jesus quasi zu inkorporieren, ihn hineinzunehmen in etwas Bestehendes. Das geschieht sehr oft, vielleicht sogar mehrheitlich. Sehr häufig findet Christianisierung, so als Terminus,

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so statt, dass der Jesus halt andere Götzen oder zentrale Symbole ersetzt, aber die Matrix ähnlich bleibt. Und dann kann das Christentum auch integriert werden in so eine nationalistische Sicht der Selbstüberhöhung. So mein Land, mein Volk, meine Fahne, mein Glaube, mein Herr. Und das Ganze wird das so ein System der Selbsterhöhung und es wird aufgeladen so mit meine Glaubensgemeinschaft, meine Kirche, meine Nation, mein Fußballverein. Es wird so eingespeist in eine ungebrochene Selbstbehauptungsdynamik. Und das passiert im Christentum sehr häufig, sehr, sehr häufig. Ganze 19. Jahrhundert ist voll davon, dass lauter auserwählte Völker Nationalismus und Religion ganz

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eng ineinanderschieben. Das passiert jetzt gerade in großen Nationen dieser Erde. Und was passiert da? Man passt gut auf, dass die alte Brille einem nicht verloren geht oder so. Man akzeptiert einen Brillenaufsatz. Dann wird Jesus ein Brillenaufsatz des Christentums. Das wird hinzugefügt, aber es bleibt sehr viel altes, stabil und robust. Bei den beiden ist nichts mehr stabil und robust. Da ist was Zerbruch gegangen. Ich glaube, dass Menschen mit solcher Zerbruchs-Erfahrung eine besondere Sensibilität dafür entwickeln können, wie anders Jesus ist. Und ich glaube, dass Ansätze von solcher Zerbruchs-Erfahrung im christlichen Glauben immer mit gemeint sind, die sich verleugnen. So dieses Sterben um zu leben. Dieses an den Punkt kommen, dass die alte Brille nicht mehr funktioniert.

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Dass ich neu sehen lernen muss, neu mich orientieren muss. Und das ist nicht leicht. Man geht da freiwillig überhaupt nicht gern hin. Das sind Wege, die man sich nie sucht. Das sind immer Wege, von denen man sagt, dass man sie so oder so geführt wird. Denn man geht durch eine Phase großer Zerbrechlichkeit, wo viele Gewissheiten schwinden und vieles, was klar war und links und rechts und oben und unten. Es ist alles in so eine Schwebe, in ein rotierendes Grundgefühl eingespeist, was nicht angenehm ist. Und ich glaube, es gibt eine große Verheißung solcher Zerbrochenheits-Erfahrung, wo man Gottes Gnade erfährt, nicht in der eigenen Kraft und Stärke, sondern in Schwachheit, im Loslassen, im Sterben, in der Bereitschaft, sich führen zu lassen und die Dinge nicht in den Griff zu haben. Darum finde ich dies eine exemplarische Geschichte hier Trennen.

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Hier werden Menschen getrennt von ihren bisherigen funktionstüchtigen Brillen. Die funktionieren nicht mehr und werden aufgegriffen in dieser Phase und sind offen, nochmal neu zu schauen. Erste Phase im Zusammenbruch. Zweite Phase, wir könnten jetzt sagen im Brillenstudium, wir könnten auch sagen, zweite Phase, ja, es geht um neue Deutungsarbeit. Und jetzt in diesem Gespräch, wo dieser Fremde merkwürdig dreist die Gesprächsführung übernimmt, obwohl er doch angeblich gar keine Ahnung hat, geht es jetzt darum, neu zu schauen, können wir das, was passiert ist, verstehen. Und es ist klar für die Jünger ist es eine unendliche Frage, wie konnte das so zu Ende gehen? Wie konnte einer aus unseren Kreisen ihn verraten? Wie konnte unser selbsternannter Anführer ihn verleugnen? Wie konnten wir alle so Schisser werden, dass am Kreuz nur noch die Frauen

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standen? Was war denn mit uns? Was war denn mit den anderen galiläischen Pilgern? Da waren doch viele, die doch, Hoseander, wo waren die denn? Warum waren denn nur noch da die Bachabasleute und der Hohe Rat? Was war mit uns los? Und es sind so wenige Tage und es ist doch so kurz her, da haben wir Abendmahl gefeiert und unser Kopf war voller messianischer Hoffnung und Erwartung. Wir hätten doch nie, nie, nie uns das vorgestellt. Was war mit uns los und warum, warum hat Gott ihn so sterben lassen? Das erste, was sie haben, ja dann, das war ein leidender Prophet und die Wahrheit wird verfolgt und es war immer bekloppt und wir kriegen immer auf die Fresse und das ist unser Glaubensweg und Exil und Römer und es hört nicht auf und es hört nicht auf. Aber warum und wie lange noch? Und in dieser Phase findet ein Gang statt, offenbar durch die hebräische Bibel und jetzt wird das Geschick Jesu am Kreuz gedeutet im Licht der hebräischen Bibel. Und jetzt wäre mit der alten

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Brille Zeit für ein neuer Wutanfall. Warum wird uns hier so viel Zeugs erklärt und warum kriegen wir nicht gesagt, was Jesus da erzählt hat? Hätte mich zufällig sehr interessiert, wie Jesus jetzt Jesaja 53 auslegt und Psalm 22 und wie das und jetzt wäre ich gern durch alle großen und kleinen Propheten und alles, jetzt hätte ich das mal gern gewusst. So, was ist denn hier los? Warum wird die Geschichte so lang erzählt und er fing an, Ihnen das alles zu erklären durch die ganze Bibel? Dann sagst mir doch. Also wer ist schuld, was dem Lukas egal? Das wäre unverzeihlich. Was sollen wir uns dann sonst vorstellen, wenn die Jünger irgendwie gesagt haben, ja Kleopas, was hat er gesagt? Er war eine stundenlange Weg. Ja, hat Kleopas dann gesagt, ja im eigentlichen weiß ich jetzt auch nicht mehr. Also mein Herz hat gebrannt, das weiß ich. Also, boah, das hat gebrannt. Ich dachte, boah, das ist voll besonders, hier hör zu und so. Ich habe alles vergessen, aber es war super, war klasse. Das ist alles sehr verstörend und ich glaube, der Lukas ist ein kluger und auch

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ein erleuchteter und gerne auch inspirierter Mensch und es ist extrem weise, hier jetzt nicht die Exegese Jesu des alten Testaments zu bringen. Dann wären wir alle eine ganz komische Religion geworden. Dann würden wir sagen, wir haben den Schlüssel. Unser Herr und Meister Jesus Christus selbst hat nach seinem Tod und nach seiner Auferweckung das alte Testament vollständig ausgelegt und bis zu seiner Wiederkehr werden wir diese Auslegung vorlesen. Wir müssen gar nicht predigen lernen, also ist alles klar. Es ist definitiv ein für alle Mal und überhaupt. Wir werden eine komische Religion geworden. Was Jesus hier macht, was Lukas hier macht, was der Heilige Geist, was diese Texte machen, ist etwas ganz Wunderbares. Ich sage es in der Sprache von gestern. Sie halten die Wahrheit liquide. Sie frieren es nicht ein. Es wird nicht fixiert auf

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einen Schlüssel, der ein für alle Mal das alte Testament in vollgültiger Art und Weise auslegt. Das hätte uns alle verdorben. So, es ist doch unendlich viel besser, zu akzeptieren, dass solche Verstehensweisen biblischer Texte immer wieder neu und immer wieder anders und immer wieder frisch sich ereignen müssen. Es kann da keinen ewigen und absoluten Schlüssel geben. Und die Grundrichtung ahnen wir ja. Wir ahnen im Grunde, Jesus deutet es ja an, es geht jetzt darum, Jesus nicht down zu graden. Wir dachten, er sei der Messias, aber er war nur ein Prophet. Sondern den messianischen, königlichen, menschlichen Messias letztlich als Brückentechnologie zu durchschauen. So, das war eine Brückentechnologie. Es war ein Deutungsmuster, was verfügbar war. Und da konnte man ein bisschen

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mit arbeiten. Das war die höchste Position, die weit überboten wird. Jesus ist so viel mehr als ein königlicher Befreier für Israel. Es geht um die Menschheit. Es geht um die Welt. Und er ist so viel mehr, weil er dies nicht mit Waffengewalt und Stärke tun wird, sondern er wird sein Reich, seine Botschaft, sein Werk weiterführen. Gewaltfrei. Als der Leidende, der jetzt auch nicht zurückkommt, sich zu rächen. Denn versetzen wir uns in die Jünger hinein. Was haben die durch? So, wenn die merken würden, das ist Jesus. Ich glaube, Jesus hatte gute Gründe, an der Stelle sich aufzulösen, weil wenn das mit alter Brille einem klar wird, der lebt, die haben ihn gar nicht umgebracht und er ist da und er ist größer und mächtiger und stärker als je zuvor. Was würde man erwarten?

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Vielleicht kennen manche Avengers die letzten großen Teile, Avengers Infinity War. Vielleicht erinnert man sich so an die Geschichte. Es steht ein bisschen schlecht. Lauter Superhelden kämpfen gegen den bösen Thanos. Die Avengers, die Guardians, alle möglichen Mächte und Kräfte. Und es steht aber schlecht. Also, der Gegner ist ganz schön so. Und dann, dann kommt der absolute Supermann, den man so hat im Team. Dann kommt der Gott Thor. Thor hatte Probleme mit dem Hammer und so, aber Thor hat seinen Hammer zurück. Und der Kampf in Wakanda steht spitz auf Knopf. Es sieht schlecht aus und auf einmal kommt Thor vom Himmel geschossen und BÄM! Haut so richtig auf die Erde. Und die ganzen Superhelden sind auf einmal alle wieder. Und Thor ist da. Und Thor hat einen Hammer und er ist größer und stärker als je zuvor. Und vor lauter Freude springt er nochmal 100 Meter hoch und nochmal BÄM! Haut nochmal hin und AARGH! Und im Grunde wäre das die alte Brille der Jünger. Jesus,

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mach den Thor! Mach den Thor, zeig sie ihm! Wir haben dir vertraut, wir haben an dich geglaubt und sie haben uns gebrochen. Sie haben uns gebrochen. Mach den Thor, zeig sie ihm! Und das will Jesus nicht mehr hören. Das müssen sie lernen, dass er nicht den Thor macht. Das macht er nicht. Ich meine, dem Thor hat es auch nicht geholfen. Dem Thor hat es auch nicht geholfen, war alles vorbei. Und das ist ein langer, langer, langer, langer, langer Lernprozess. Und große Teile der Christenheit fangen kaum an damit zu sehen, dass mit den Mustern alter Bilder von Göttern und ihrer Macht und ihrer Stärke und ihrer Power und ihren himmlischen Herrscharen, dass du so Welten zerstören, aber nicht erlösen kannst. Du wirst das Böse nicht mit Bösen überwinden. Du

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wirst Gewalt nicht mit Gewalt austreiben. Du kannst Hass nicht weghassen. Du kannst Gewalt nur gewaltfrei. Hass nur mit Liebe. Das Böse nur mit Leidensbereitschaft und Treue und Geduld überwinden. Und das ist eine völlig neue Brille. Da funktionieren die alten Muster des Mach den Thor, zack, schlag zurück, zeig es ihm nicht mehr. So, und dann ist der Moment da. Man bricht das Brot. Vorher diese interessante Episode. Es ist Abend und er stellte sich, als wollte er weggehen. Irgendwas wird wach bei den Jüngern und sie sagen, oh ne komm, bleib. Ich glaube, das ist auch wichtig. Der christliche Glaube hat keinerlei Zwingmacht, keine Beschwatzungsdynamik. Jeder versucht den

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christlichen Glauben mit irgendeiner Weise so ein bisschen druckvoll, sondern so ein bisschen so mit Müssen und Angst und und und so einzuflößen oder so ist giftig. So, es ist etwas, was du dir in Wahrheit und in Echtheit nur in großer Freiheit aneignen kannst. Doch in dieser kleine Moment der Freiheit. Er stellte sich, als wollte er weggehen und sie sagen, ach bleib, lass uns dranbleiben. Und es ist so ein, ich finde, ein Echtheits- und Wahrheitskriterium wahrer Suche dieses auch selbst dafür offen sein und nicht in irgendeiner Weise gezwungen, überredet, vereinnahmt oder gecached zu werden oder so. So, und dann der Moment, er bricht das Brot und sie erkennen ihn und weg ist er. Wahnsinn. Also, wenigstens eine Umarmung oder irgendwas, dass sie sagen, was war mir blöd und

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das war, ach, nichts. Er ist einfach weg. So, es ist so ein kleiner Moment und sie erkennen ihn, er ist präsent und er ist sichtbar und es ist so greifbar und es ist so nah und es ist sofort entzogen und es löst sich auf. Und ich glaube, diese Mischung von Präsenz und Entzogenheit, von Offenbarung und Verhüllung, von es ist greifbar und unfassbar zugleich, das ist so wesentlich. Ich will das Wort nicht inflationär verwenden, aber ich löste mal wieder Geheimnis. Es ist immer mehr. Es ergreift dich, ohne dass du es packen kannst. Es ist so wesentlich für den Glauben, dass er nicht in ein System gepresst wird, was mehr verspricht, in irgendeine rational zwingende Apologetik, in irgendeinem Beweisverfahren, wo du am Ende denkst, gut, dass ich Christ bin, bin ich wenigstens schlau, alle anderen sind doof, sonst werden sie ja, das ist alles so Käse

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irgendwie, weil diese Spur der entzogenen Präsenz dabei im Grunde nicht mehr gehalten wird. Immer ist es mehr, immer ist es größer, immer ist es anders, nie zu greifen. Und diese Form der geheimnisvollen Gegenwart Jesu, die einem so nahe gehen kann und trotzdem nie festgehalten werden kann. Luther hat es mal so formuliert, Gott ist so groß, nichts ist noch größer, aber Gott ist auch so klein, nichts ist noch kleiner. Gott ist so lang, nichts ist noch länger. Gott ist so kurz, nichts ist noch kürzer. Er erfüllt alles, die ganze Welt, das ganze Universum, er ragt über alles hinaus und er ist auch präsent in jedem einzelnen Samenkorn. Es ist ein unaussprechliches

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Wesen, größer als alles, was wir fassen und denken können. Wenn Gott nicht so ist, ist es nicht Gott. Und dann vierte Phase, die Jünger machen sich auf den Weg, die sind den ganzen Tag gerannt, die sind so ein bisschen durch und sie können jetzt da sich nicht hinlegen und sagen, das war der Tag, wir müssen erstmal ausschlafen oder so. Nein, sie müssen zurück nach Jerusalem, sie gehen zurück, sie machen sich auf ihre große Reise, jetzt haben sie richtig was zu erzählen. Und das Ende ist einfach nochmal total lustig. Lukas ist sowieso, ihr habt das hoffentlich gemerkt, es ist eine total lustige Geschichte. Es ist ganz zarte, feine Ironie. Warum? Weil Lukas die Technik ist. Als Erzähler lässt er den Hörer teilhaben an seiner allwissenden Erzählerposition, sofort sagt er und dann kommt Jesus. Und die Jünger merken das nicht. Und die ganze Zeit können wir zugucken und uns beömmeln, dass da, wir wissen was, was die nicht wissen. Das macht ja immer Spaß.

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Das war als Kind schon schön und viele freuen sich da heute noch. Und so, wir können die ganze Zeit und so. Es ist so feine Ironie, überhaupt. Also Ironie im ganz, ganz positiven Sinne. Frei von Zynismus, frei von Sarkasmus, überhaupt keine Schadenfreude. Aber es ist ein mildes Lächeln, was immer so mitschwimmt. Und das wird am Ende nochmal drastisch gesteigert. Es ist ja zu schön eigentlich am Ende. Da kommen sie zurück nach Jerusalem und haben saumäßig was erlebt. Und sie platzen fast. Sie sind die ganze Nacht gegangen. Es ist Nacht, da stehen die Elf. Und es war halt Kleopas und einer, der nicht mal einen Namen hat. Also es waren so kleine Fische. Und sie wittert auf einmal. Das ist unsere Stunde. Ist ja Wahnsinn. Wir kommen groß raus. Wir kommen richtig groß raus. Wir haben eine Hammergeschichte. Und dann kommen sie da an und da stehen die Elf und sie wollen gerade was sagen. Und die anderen rufen, der Herr ist auferstanden und er ist Simon erschienen. Wer will da noch was von Kleopas hören? Jetzt erst mal ruhig sein. Erst mal hinsetzen. Petrus,

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ne? Er ist überwältigt. Erzählt lauter Geschichten, die wüssten wir auch total gerne. Ja, sind wir auch nicht würdig. Egal, schade. Aber die beiden, die platzen da immer noch irgendwie. Und jetzt, ja, Petrus toppt sie schon. Da merken sie, da haben sie ein Gefühl für. So, dann geht es dahin, dann fangen sie an zu erzählen. Und endlich ihre, sie können nicht mehr. Sie fangen an und dann heißt es, und als sie noch redeten, trat Jesus mitten unter sie. Der lässt die nicht mal ausreden. Muss man sich mal überlegen. Als sie noch redeten, kommt Jesus da rein. Also diversisch gesagt haben, so hat es mir noch nie passiert. Einmal im Leben erlebe ich was und ich komme nicht zum Zuge. Nie wieder werde ich so eine Geschichte haben. Ja, das ist doch, ich bin ganz sicher, der Lukas hofft auf lachende Leser. Die sagen, das ist zu cool. Die beiden, das ist so feinsinnig erzählt und das soll ja keinem schaden. Aber es ist einfach lustig. Und ich glaube, es ist lehrreich. Es ist lehrreich.

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Was ist überhaupt lustig? Warum lacht man manchmal? Lachen ist ja immer eine Entdeckung. Man entdeckt was Überraschendes. So, also ein Witz, wo keine Pointe, keine Überraschung ist, lacht man gar nicht. Lachen ist immer Reaktion auf eine halbwegs gelungene Überraschung. Die Überraschung entsteht durch ein Perspektivwechsel. Es kommt eine Perspektive und etwas ist auf einmal ganz anders. Ja, lächerlich. Die Überraschung ist das Lustige eigentlich. Insofern hat Humor eine natürliche Nähe zu Gott. So völlige Humorlosigkeit ist ein ganz, ganz schlechtes Zeichen, glaube ich, für Predigten und Christentum und Verkündigungen und so. Es ist irgendwie schlecht. Es ist eine überraschende Einsicht hier gegeben. Welche? Ich würde sagen, die, der Weg hört nicht auf. Die beiden haben das jetzt nicht erlebt, dass sie bis zum Ende ihrer Tage auf Welttournee gehen,

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Cleopas und der Namenlose, ziehen durch die Welt und erzählen ihre Hammergeschichte, sondern das Erste, was sie erleben, ist, dass sie wieder ruhig sein und zuhören. So ruhig sein und zuhören. Die Simon-Geschichte toppt sie. Dann fangen sie an, Jesus toppt alles. So und es geht weiter und es werden neue Dinge erzählt und es werden neue Dinge offenbar und ich glaube, das ist so wesentlich, dass man nach so einer Evidenz-Erfahrung, nach einem Glaubensdurchbruch, nach einer Erkenntnis, es leuchtet mir ein. Ich habe es wirklich gecheckt. Es hat sich in mir was gedreht. Ich glaube, dass man da nicht denkt, man ist jetzt hier am Ende aller Tage oder so und für den Rest des Lebens kann man nur noch so genießen, schwelgen, angeben, erzählen, andere belehren und so, sondern man fängt an, ein ewig Lernender zu sein. Glaube ist ewig jung. Glaube ist ewig neugierig, denn der Auferstand ist uns stets voraus. Immer voraus. Das ist doch der Witz

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hier in der Geschichte. Er weiß immer schon was, was du nicht weißt und wenn du an der Stelle bist, zack ist er weg. Ist der dir schon wieder voraus. Du willst erzählen, zack ist er wieder da und das zieht sich durch und diese Zukunftigkeit Jesu, diese Verkörperung der Hoffnung. Ostern ist ein Einbruch einer unsagbaren, unfassbaren Hoffnung. Da bricht etwas Schönes auf, etwas Verheißungsvolles, etwas Neues, etwas, was befreiend ist, etwas überraschend und du kannst es nicht fassen und alle Brillen und alles, was du je gelernt hast im Leben und alles, was du je durchgemacht hast, wird dir nicht helfen, es jetzt zu greifen. Es kann dich nur dafür vorbereiten, noch einmal ganz neu offen zu sein für das, was in die Zukunft führt. Nach vorne ins Neue und Offene. Und das wird in dieser Ostergeschichte so schön dadurch deutlich mit ihrer Traumgeschichte kommen sie nicht zum Zug. Weiter hören, weiter lernen, es geht immer weiter. Ja, muss man das

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jetzt glauben? Ihr merkt, wenn man mal eine Stunde darüber nachgedacht hat, was das für eine blöde Frage irgendwie ist, oder? Muss man das jetzt glauben? Also das Ganze glauben müssen ist immer ein ganz schlechtes Zeichen dafür, dass wesentliche Dinge von dem, was Glaube ausmacht, irgendwie nicht verstanden sind. Was heißt muss man das jetzt glauben? Hier ist nichts, kein Paragraf, keine These, kein Abschnitt, nichts, wo du sagen kannst, hier rechts unten bitte unterschreiben und dann hältst du das Feste für wahr und das ist dann deine Lebensversicherung für die Unendlichkeit oder so. Das ist nicht das Ding, sondern es ist eine ganz herzliche Einladung, sich auf Wege zu begeben. Und diese Wege zeichnen sich nicht dadurch aus, dass eine

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große, genormte Tür für alle gleich da steht und da musst du durch und alles andere ist egal, sondern es gibt so viele Türen, so viele Einstiegsmöglichkeiten auf diesem Weg. Mit großem Abstand und in großer Nähe, in völliger Überwältigung und so, dass du es kaum glauben kannst, aber doch ein ganz kleines Spurenelement Neugier in dir spürst, die vielleicht ein wenig von dem schon getroffen ist. So und es sind Wege und es sind immer neue Türen und es sind immer neue Horizonte, die sich öffnen. Glaube an Jesus Christus ist nie ein Haben, sondern ein Unterwegssein, ein immer wieder Neuesuchen und Finden, ein Neugierigsein und Geflashtwerden, Erfüllung erfahren und Lehre. Unterwegssein, unterwegssein, unterwegssein. Glaube, der so unterwegs ist,

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kann immer neue Horizonte entdecken und er wird immer neue Aufgaben finden, denn dieser Weg, der geht ja jetzt nicht irgendwo hin. Es ist der Weg dieses Jesus, dieser Botschaft, dieser Botschaft der Nächsten und der Feindesliebe, des Erbarmens, des Mitgefühls, des Teilens, der Gerechtigkeit, der Gemeinschaft, der Hoffnung auf das Reich, der Sehnsucht nach Gott, der Freude an seiner Gegenwart und der Sehnsucht ihn wieder zu finden, wo man gerade nicht mehr weiß, wo man ist. So lebendig ist Glaube, so liquide ist seine Wahrheit und so führt der Weg des Glaubens mit dem Auferstandenen von Leben zu Leben zu Leben zu Leben.

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Der Lebendige – Die Begegnung mit dem Auferstandenen | 9.5.1

Worthaus 9 – Tübingen: 11. Juni 2019 von Prof. Dr. Thorsten Dietz

Wenn es damals schon Kameras gegeben hätte, hätte Maria dann am Grab ein Selfie mit dem auferstandenen Jesus machen können? Anders gefragt: War die Auferstehung so real wie das Wetter vor der Tür? Und selbst wenn man eine klare Antwort auf diese Fragen findet – was würde diese Antwort für unser Leben bedeuten? Thorsten Dietz nimmt die Argumente auseinander – vom Scheintod bis zum gigantischen Betrug – die Menschen gegen die Auferstehung vorbringen. Er nimmt die Zuhörer mit zu den Emmaus-Jüngern, die stundenlang mit dem Auferstandenen sprachen. Und er zeigt an dieser Geschichte, was es bedeutet, wenn man alles verliert, was bisher wahr war, und das eigene Weltbild neu kalibrieren muss. Und wenn Jesus dann noch die wichtigsten 15 Minuten Ruhm im eigenen Leben platzen lässt. Und zum Schluss kann vielleicht jeder für sich selbst beantworten: Muss ich das mit der Auferstehung jetzt glauben? Oder ist das vielleicht die falsche Frage?