Das hohe Lied der Liebe (1. Korinther 13) | 5.7.1
Der neutestamentliche Text aus 1. Korinther 13, gerne überschrieben mit »Das hohe Lied der Liebe« und nicht zu verwechseln mit dem alttestamentlichen Buch »Das Hohelied Salomos«, ist heute einer der bekanntesten Texte der Bibel. Das liegt in erster Linie an seiner poetischen Sprache und an der Thematisierung der Liebe, was ihn zu einem sehr populären Text bei kirchlichen Trauungen macht und ihm eine weite Verbreitung auf allerlei »christlichen«, gerne kitschigen Druckerzeugnissen beschert. Darüber hinaus wird dieser Text aber auch regelmäßig von christlichen Strömungen benutzt, die der charismatisch geprägten Christenheit skeptisch gegenüberstehen, um die Bedeutung der Geistesgaben (Charismen) abzuwerten.
Also beste Voraussetzungen für einen Worthaus-Vortrag und Siegfried Zimmer taucht mit Verve in die charismatische Großwetterlage ein. Er schildert den historischen Kontext den dieser Text adressiert. Er stellt durch genaue Textbeobachtung fest, dass diese Verse die vielleicht wichtigsten »Aber« der Bibel enthalten. Und er arbeitet heraus, dass Paulus als »bekennender« Charismatiker und Autor des Textes wahrscheinlich als Erster eine geniale Erkenntnis formuliert hat: Selbst die besten Dinge im Leben sind ohne Liebe zum Gegenüber sinnlos. Denn ohne Liebe ist alles sinnlos.
Auffällig ist wie leidenschaftlich Paulus schreibt und wie leidenschaftlich Siegfried Zimmer über das Geschriebene redet. Letzteres lässt sich sicher auf die besondere Atmosphäre des Freakstock-Festivals zurückführen, die Zimmers lebhaftes Temperament schon bei früheren Vorträgen herausgekitzelt hat. Aber diese Erklärung greift zu kurz. Bei genauem Hinsehen wir deutlich, dass der Text von 1. Korinther 13 auch der Text von Siegfried Zimmer ist. Er hat ihn verinnerlicht. Dieser Text ist ein wesentlicher Schlüssel, um Zimmers Vortragsarbeit, seine Anliegen zu verstehen. Denn genauso wie es Paulus bei seiner Kritik nicht um eine Verurteilung der Christen in Korinth geht, geht es Siegfried Zimmer bei aller von ihm geäußerter Kritik nie darum Menschen zu verurteilen. Genau wie Paulus treibt ihn der Wunsch »die Dinge« zu justieren, in Balance zu bringen. Die geäußerte Kritik soll nicht vernichten, sondern Anregung zur Korrektur, zur Selbstreflexion, eine Einladung zur Bescheidenheit und Demut sein. Damit die Liebe einziehen kann.
Hinweis zum Video: Der Vortrag wurde unter schwierigen technischen Bedingungen aufgezeichnet, so dass nach rund einer Stunde nur der Ton, aber leider kein Bild mehr zu Verfügung steht.