»Jesus? Der schon wieder! Hat der nicht genug Aufmerksamkeit bekommen 2000 Jahre lang? Der ist doch langweilig.« So gähnte nicht nur Thorsten Dietz als Schüler. Andere dagegen treibt die Frage nach diesem Jesus ein Leben lang um. Und auch Dietz hat angefangen, sich damit zu beschäftigen, schließlich ist er Professor für Systematische Theologie. Kompliziert und akademisch ist sein Auftaktvortrag zur neuen Worthaus-Reihe trotzdem nicht. Im Gegenteil, wie immer wortgewandt und witzig reißt er seine Zuhörer mit, erklärt diese Frage und die Menschen, die sie stellen. Und dann setzt er sich auch noch eine alte Festival-Brille auf und rückt damit unsere Weltsicht zurecht.

Am schönsten ist es natürlich, selber hinzureisen, an die Ufer dieses Sees, das in manchen Sprachen ein Meer genannt wird. Hier steht Kapernaum, das Dorf, das Jesus zu seiner Wahlheimat machte und das heute ein Open-Air-Museum ist. Da kann man durch die engen Gassen Nazareths schlendern, das zu Jesu Zeiten ein unbedeutendes Dorf war, und dessen Name auf eine jahrhundertealte Prophezeiung hinweist. Oder mit einem Boot auf den See hinauspaddeln und sich davon überzeugen, dass die Akustik in dieser einen speziellen Bucht so perfekt ist, dass Jesus vom Wasser aus zweifelsfrei zu Menschenmassen sprechen konnte. Wer selber nicht hinreisen kann, hört Siegfried Zimmer zu, wie er von jenen Orten erzählt, die Kulisse für Jesu Wirken waren. Und über die Lebensbedingungen, die Jesu Zeit prägten, über Glaubenskonflikte und Armutsflüchtlinge.

In zwei Tagesreisen ließ sich die Region durchqueren, sie war damals kleiner als das heutige Saarland. Und doch ist Galiläa die Wiege des christlichen Glaubens, der Ursprung des Christentums – die Heimat Jesu eben. Abgesehen von wenigen Ausflügen nach Jerusalem war Jesus in Galiläa, an den Ufern des Sees Genezareth aktiv. Um das neue Testament zu verstehen, lohnt es sich also, sich ein wenig in der Region auszukennen, die heute an vielen Orten noch so aussieht wie damals. Siegfried Zimmer erklärt, was diesen winzigen Landstrich, der Asien, Europa und Afrika miteinander verbindet, so besonders macht. Er erzählt von dem einzigartigen galiläischen Meer, das so reich an Leben und so tödlich ist. Er spricht vom Galiläa zu Jesu Zeiten, als eine Art antiker Feminismus in der Gesellschaft Einzug hielt, Attentäter ihre Feinde in der Menge meuchelten und größenwahnsinnige Herrscher sich selber Denkmäler setzten.

Gott sieht alles, weiß alles, und wenn sich jemand danebenbenimmt, kommt der alte Mann mit dem weißen Bart und bestraft den bösen Sünder. So stellen sich immer noch viele (Nicht-)Christen das Verhältnis zwischen Gott und Menschen vor. Dabei gibt es in der hebräischen Bibel nicht einmal ein Wort für »Strafe«. Denn Gottes Job ist es nicht, den Menschen durch drastische Strafen zu einem besseren Wesen zu erziehen. Warum glauben dann so viele an einen strafenden Gott? Siegfried Zimmer klärt auf, wie sich das Verständnis von Sünde und Konsequenz im Laufe der Geschichte des Juden- und Christentums verschoben hat. Er erklärt, was wirklich die Folge von Sünde ist. Und warum nicht einmal das Weltgericht am Ende aller Zeiten etwas mit Strafe zu tun hat.

Jesus war ein guter Mensch, ein großes Vorbild, hat Außenseiter der Gesellschaft anständig behandelt, Frieden und Vergebung gepredigt – reicht das nicht? Müssen wir wirklich noch daran glauben, dass Jesus gestorben ist, drei Tage tot war, dann wieder aufstand und mit seinen Jüngern sprach, aß und herumlief? Die Antwort ist simpel: Ja. Was die Bedeutung der Auferweckung Jesu alles mit sich bringt, ist weniger simpel. Siegfried Zimmer erklärt, warum der christliche Glaube ohne die Auferweckung unmöglich ist. Warum die Auferstehung Jesu mehr sein muss, als eine erstaunliche Geschichte, wenn der Rest seines Lebens irgendeine Bedeutung haben soll. Und wie diese Auferweckung jedem Einzelnen Hoffnung geben kann – auch schon vor unserem Tod, im Hier und Jetzt.

Es ist eine ungeheuerliche Behauptung: Ein Mann wird öffentlich hingerichtet, jeder hat es gesehen – und der soll dann wieder aufgestanden sein und herumlaufen, fast ohne Folgeschäden außer ein paar Fleischwunden? An der Auferstehung Jesu zweifeln sogar viele, die sonst an die Existenz des historischen Jesus glauben. Und tatsächlich wird kaum jemand die letzten Kapitel der Evangelien lesen können, ohne dass Fragen offen bleiben. Siegfried Zimmer wagt sich trotzdem an eine der größten: Wie glaubwürdig ist es, was die Jünger damals erzählten? Glaubten die denn selber daran oder war die Erzählung von der Auferstehung nur ein Versuch, mit Trauer und Frust umzugehen? Wurden bei der Auferstehung tatsächlich Naturgesetze außer Kraft gesetzt, war Jesus so etwas wie ein Zombie? Zimmer prüft die Glaubwürdigkeit der Botschaft, die Jesu Jünger verbreiteten. Und diese Glaubwürdigkeit hat unter anderem mit Frauen als Zeugen zu tun, mit einer besonders dreckigen Art zu sterben und mit Widersprüchen in den Evangelien.

In der Mitte ist die Erde, darüber der Himmel, darunter die Hölle – so sah Jahrhunderte lang das Weltbild in christlichen Ländern aus. Heute wissen wir: Die Erde ist eine Kugel irgendwo in der Unendlichkeit. Es ist das naturwissenschaftliche Weltbild, das frühere Weltbilder überholt hat. Hat es nicht, sagt Theologe Siegfried Zimmer. Und erklärt, warum das Weltbild unserer Vorfahren und naturwissenschaftliche Erklärungen sich nicht ausschließen. Worum es bei dem Weltbild, das in der Bibel berichtet wird, wirklich geht. Und wieso mal wieder alles nicht so ist, wie es scheint. Denn auch wenn wir den Naturwissenschaften viel zu verdanken haben, auch wenn naturwissenschaftliche Erkenntnisse uns das Leben erleichtern und Leben retten. Der Fortschritt zerstört auch – Tierarten, Ökosysteme und unsere Fähigkeit zu Fühlen.

Fundiertes Wissen verständlich erklärt! Dieses Lehrbuch behandelt die Geschichte Israels von der Zeit seiner Entstehung im 2. Jahrtausend vor Christus bis zum sogenannten Bar-Kochba-Aufstand der Jahre 132-135 nach Christus. Die einzelnen Epochen dieser Geschichte werden auf der Grundlage biblischer und außerbiblischer Textzeugnisse sowie mit Hilfe der Erkenntnisse der Archäologie historisch-kritisch rekonstruiert. Kurzeinführungen, Zeittafeln, Karten- und Bildmaterial sowie Übungsaufgaben helfen bei der Vorbereitung universitärer Prüfungen. Das Lehrbuch eignet sich für Studierende in den ersten Semestern der Theologie und Judaistik sowie für Heilig-Land-Reisende, die sich ein fundiertes Wissen von der Geschichte Israels und von den Orten und Landschaften der Bibel aneignen möchten.

Es gibt Regeln, die ändern sich nie: Zum Himmel gehören Sonne, Wolken und der Wechsel von Dunkel und Licht. Zu einer Gesellschaft gehören König, Oberschicht, Unterschicht – und Sklaven. Davon jedenfalls müssen unsere Vorfahren überzeugt gewesen sein, denn bis in die Neuzeit hinein bestand die gesellschaftliche Weltordnung aus Freien und Sklaven. Und dann ist da einer, der diese Ordnung spätestens seit dem 6. Jahrhundert vor Christus infrage stellt: Gott. Seinem Volk, den Israeliten, gab er schon vor Jahrtausenden ein Regelwerk, das in der Geschichte einmalig ist und den Rechtlosen Rechte verleiht. Diese Gebote aus dem Alten Testament sollten Sklaven vor Misshandlung und Demütigung bewahren, versklavte Ehepaare vor Trennung schützen und Sklaven sogar nach wenigen Jahren Zwangsarbeit die Freiheit schenken. Es ist eine Lehre aus der Sklaverei in Ägypten: Israel soll ein Zufluchtsort für alle Vertriebenen und Versklavten sein. Ein Ort gegen die Herren dieser Welt.

Wenn das Gesetz Gottes für immer gültig ist, darf man dann seine Tochter in die Sklaverei verkaufen? Im Garten einen Stier opfern? Den Nachbarn steinigen, wenn der am Samstag zur Arbeit geht? Solche Überlegungen klingen natürlich so absurd, dass auch Christen darüber lachen. Oder sich ärgern. Oder beides. Thorsten Dietz klärt auf, wie diese alten Gebote zu verstehen sind, wie Christen die Gebote der Bibel befolgen können und wie Regeln, deren Befolgung einen heute ins Gefängnis bringen würde, noch immer aktuell sein können. Denn für den, der sie richtig versteht, sind die biblischen Texte trotz mancher düsteren Geschichte heute noch ein Licht in der Dunkelheit, ein Halt, wenn alles ins Schwanken gerät, und ein Wegweiser durchs Leben.

Die Zehn Gebote haben die meisten im Religionsunterricht auswendig gelernt, auch Nicht-Christen kennen die meisten dieser Regeln: »Du sollst nicht…« Weniger bekannt – und schwerer zu merken – sind die Gebote, an die sich gläubige Juden halten sollen. 613 insgesamt. In der christlichen Geschichte wurde dieses Gesetz der Juden lange verachtet. Völlig zu Unrecht, erklärt Siegfried Zimmer und zeigt, wie einmalig und revolutionär das israelitische Recht im Alten Orient war. Die Gebote in der Torah nahmen dem König seine Allmacht, stellten alle Bewohner – Freie und Sklaven, Arme und Reiche – auf eine Stufe und schränkten Verstümmelungs- und Todesstrafen drastisch ein. Und diese Gesetze zeigen einmal mehr das Wesen Gottes. Denn bei den 613 Geboten geht es viel weniger um Verbote à la »Du sollst nicht…«, sondern viel mehr um den Schutz der Schwächsten im Land. Und um die Liebe Gottes zu seinem Volk.

Es ist noch gar nicht so lange her, da sah eine Kindheitsidylle so aus: Bauernhof, Tiere, Geschwister, Freiheit und gelegentlich ein wütender Vater, vor dem sich der kleine Michel in den Schuppen flüchten musste. Oder auch: ein hochherrschaftliches Haus, Spielzeug, Kindermädchen, und die kleine Madita, die in der Schule die Misshandlung ihrer Freundin beobachten musste.
Der Theologe Thorsten Dietz erzählt diese und andere Geschichten und stellt schließlich die Frage: Wenn das alles einmal normal war und selbst in der Bibel steht: »Wer die Rute schont, verdirbt den Knaben«, wie kann man da als bibeltreuer Christ auf Gewalt in der Erziehung verzichten? Eine provokante Frage, denn natürlich ist es heute selbstverständlich, seine Kinder respektvoll und ohne Angst zu erziehen. Umso wichtiger ist es, sich mit den Bibelversen auseinanderzusetzen, die Gewalt gegen Kinder zu propagieren scheinen. Und zu verstehen, was Gewalt durch die Eltern zu biblischen Zeiten mit einer Kindheitsidylle zu tun hatte.