Siegfried Zimmer macht das Unmögliche möglich: Er bietet einen Abriss über die gesamte Geschichte der Bibel in 72 Minuten und hat dabei allerlei Überraschendes parat. Dass die Bibel das Moment der Befreiung ins Zentrum stellt, dass sich das Buch der Bücher nicht vor politischen Dimensionen scheut, dass die Heilige Schrift der Christen sich nicht vor der Weltordnung duckt, sich nicht auf die Seite der Starken, sondern auf die der Schwachen schlägt. Bei Zimmer entpuppt sich die Bibel als das, was sie wirklich ist: Die pure Revolution.

Die Bibel kann auch politisch! Siegfried Zimmer beweist: Die Heilige Schrift enthält Untergrund- und Widerstandsliteratur, sie ist nicht auf Linie mit den Mächtigen ihrer Zeit. Was eine Fabel, in diesem Fall eine konstruierte Unterhaltung zwischen Bäumen, mit dem Urteil über ein politisches System zu tun hat, zeigt Siegfried Zimmer anhand eines weitgehend unbekannten Bibeltextes.
Eines ist dabei sicher: Den Mächtigen der Welt, den Investmentbankern, Konzernchefs, den Reichen, Starken und Unterdrückern unserer Zeit geht es mächtig an den Kragen.

Der Teufel, Satan, Beelzebub – was hat man nicht schon alles von ihm gehört. Er ist der angebliche Gegenspieler Gottes, der sogenannte gefallene Engel, das personifizierte Böse. »Glaubst du an den Teufel?« – diese Frage ist für viele Christen erstaunlich wichtig. Siegfried Zimmer nicht. Er schaut genau auf die biblischen Texte und erteilt vielen Gedankengebäuden rund um den Fürst der Finsternis mit teils deftigen Worten – Freakstockzeit eben – eine Absage. Dabei rückt er so manches höllisch schiefe Bild himmlisch gerade. Frei nach dem Motto: Wasser auf das Höllenfeuer!

Anmerkung: Der Vortragsstil spiegelt die ungezwungene Atmosphäre des Freakstock-Festivals wider. Siegfried Zimmer stellt sich auf sein Publikum ein, indem er wesentlich salopper und deftiger formuliert als gewöhnlich.

Vorsicht: Siegfried Zimmer entsichert in diesem Vortrag den schärfsten Revolver des Atheismus’ und hält ihn an die Schläfe seiner Zuhörer. Wird er auch abdrücken? Die Frage nach dem Leid der Welt im Angesicht Gottes ist eine der größten Anfragen an das Christentum. Wie kann es sein, dass vor Gottes Augen Kinder sterben, Arme verhungern, Menschen leiden? Kann es einen Allmächtigen eigentlich geben, der das alles geschehen lässt? Zimmer scheut diese Fragen nicht. Er drückt sich nicht. Er stellt sich. Also: Einmal warm anziehen, bitte – und auf in den Kühlschrank der Theodizee.

Anmerkung: Der Vortragsstil spiegelt die ungezwungene Atmosphäre des Freakstock-Festivals wider. Siegfried Zimmer stellt sich auf sein Publikum ein, indem er wesentlich salopper und deftiger formuliert als gewöhnlich.

Am Ende spricht Siegfried Zimmer über den Anfang. Er geht ans Eingemachte, macht sich ans Grundsätzliche, unternimmt einen sprachlichen Ausflug zu den Grundlagen der Welt. Ist die Geschichte von Adam und Eva, ist der biblische Schöpfungsmythos eine Abhandlung, die historisch-naturwissenschaftlich verstanden werden will? Oder geht es vielmehr um die Grundlage des menschlichen Lebens, um das grundsätzliche Verhältnis von Gott und Mensch und Welt? Zimmers These: Wie man diese Fragen beantwortet, ist entscheidend für das Verständnis der restlichen Bibel. Adam ist nicht Adam – Adam ist jedermann, ist jeder Mensch. Die Tür, die diese Erkenntnis öffnet, ist vielleicht erst einmal das Tor zu einer anderen Galaxie, aber letztlich das Tor zu unserer Galaxie und zu einem angemessenen Umgang mit den Texten der Bibel.

„Meine Meinung steht fest, verwirren Sie mich bitte nicht mit Argumenten“, das sagt so mancher Christ. Freilich, ohne sich dessen bewusst zu sein. Etwa, wenn es um die Historizität der Bibel geht. Da stellen Christen in scheinbarer Verteidigung der Heiligen Schrift Berechnungen auf, wie alle Tiere auf die Arche Noah gepasst haben könnten. Sie rechnen und rechnen, sie grübeln und grübeln – sie rechnen und grübeln am Ziel vorbei. Das macht Siegfried Zimmer auf humorige Weise deutlich. Nein, er spricht den Rechnern und Grüblern nicht ihre guten Motive ab. Doch weil man ein Gedicht über den Wald nicht nach den aktuellen Holzpreisen fragen sollte, führt auch die historische Auslegung der Geschichte mit der Arche in die Irre. Und dabei ist ihre Botschaft so viel wichtiger als ein Ereignis aus der Urgeschichte des Orients: Gott hält trotz aller Schwierigkeiten seine Beziehung mit den Menschen durch.