»Jesus? Der schon wieder! Hat der nicht genug Aufmerksamkeit bekommen 2000 Jahre lang? Der ist doch langweilig.« So gähnte nicht nur Thorsten Dietz als Schüler. Andere dagegen treibt die Frage nach diesem Jesus ein Leben lang um. Und auch Dietz hat angefangen, sich damit zu beschäftigen, schließlich ist er Professor für Systematische Theologie. Kompliziert und akademisch ist sein Auftaktvortrag zur neuen Worthaus-Reihe trotzdem nicht. Im Gegenteil, wie immer wortgewandt und witzig reißt er seine Zuhörer mit, erklärt diese Frage und die Menschen, die sie stellen. Und dann setzt er sich auch noch eine alte Festival-Brille auf und rückt damit unsere Weltsicht zurecht.

Wahrscheinlich hat kaum ein Nicht-Theologe von ihm gehört, dabei hat Friedrich Gogarten die Theologie des 20. Jahrhunderts ähnlich stark geprägt wie Karl Barth. Er stellte sich der Frage: Wie stark muss die Theologie in den Zeitgeist ihrer Epoche eingebettet sein? Gogarten selber folgte dem Zeitgeist so sehr, dass es den Zuhörern dieses Vortrags fast schon weh tun muss. Denn wie konnte aus einem suchenden Liberalen, den sein Lehrer mal einen „Erlebnisromantiker“ nannte, ein pro-faschistischer Mitläufer werden? Thorsten Dietz versucht, die vielen Wandel im Leben des Friedrich Gogarten zu erklären und zeigt, wie sehr die theologische Lehre dem Zeitgeist folgen sollte – oder eben nicht.

Dieser Vortrag gehört zur Reihe »Klassiker der Theologie«.

Als die Welt im Chaos versank, stand er mittendrin – und sah doch von außen zu. Gleich zweimal. Der Schweizer Theologe Karl Barth lebte, lernte und lehrte in Deutschland als der Erste Weltkrieg ausbrach und als 1933 deutsche Theologen neben vielen anderen dem nächsten Kriegswahn erlagen. Er schrieb Bestseller, war Mitgründer der Bekennenden Kirche, die sich gegen die Nazis stellte, und entwickelte eine neue Theologie. Wer verstehen will, was die protestantische Kirche in den vergangenen 100 Jahren prägte, kommt an Barth und seinem Bibelverständnis nicht vorbei. Ende 2018 jährte sich sein Todestag zum 50. Mal, viele protestantische Kirchen feiern in diesem Jahr ein Karl-Barth-Jahr. Thorsten Dietz führt durch das Leben des streitbaren Theologen – und spart auch die Stimmen seiner Kritiker nicht aus.

Dieser Vortrag gehört zur Reihe »Klassiker der Theologie«.

Gott sieht alles, weiß alles, und wenn sich jemand danebenbenimmt, kommt der alte Mann mit dem weißen Bart und bestraft den bösen Sünder. So stellen sich immer noch viele (Nicht-)Christen das Verhältnis zwischen Gott und Menschen vor. Dabei gibt es in der hebräischen Bibel nicht einmal ein Wort für »Strafe«. Denn Gottes Job ist es nicht, den Menschen durch drastische Strafen zu einem besseren Wesen zu erziehen. Warum glauben dann so viele an einen strafenden Gott? Siegfried Zimmer klärt auf, wie sich das Verständnis von Sünde und Konsequenz im Laufe der Geschichte des Juden- und Christentums verschoben hat. Er erklärt, was wirklich die Folge von Sünde ist. Und warum nicht einmal das Weltgericht am Ende aller Zeiten etwas mit Strafe zu tun hat.

Jesus war ein guter Mensch, ein großes Vorbild, hat Außenseiter der Gesellschaft anständig behandelt, Frieden und Vergebung gepredigt – reicht das nicht? Müssen wir wirklich noch daran glauben, dass Jesus gestorben ist, drei Tage tot war, dann wieder aufstand und mit seinen Jüngern sprach, aß und herumlief? Die Antwort ist simpel: Ja. Was die Bedeutung der Auferweckung Jesu alles mit sich bringt, ist weniger simpel. Siegfried Zimmer erklärt, warum der christliche Glaube ohne die Auferweckung unmöglich ist. Warum die Auferstehung Jesu mehr sein muss, als eine erstaunliche Geschichte, wenn der Rest seines Lebens irgendeine Bedeutung haben soll. Und wie diese Auferweckung jedem Einzelnen Hoffnung geben kann – auch schon vor unserem Tod, im Hier und Jetzt.

Es ist eine ungeheuerliche Behauptung: Ein Mann wird öffentlich hingerichtet, jeder hat es gesehen – und der soll dann wieder aufgestanden sein und herumlaufen, fast ohne Folgeschäden außer ein paar Fleischwunden? An der Auferstehung Jesu zweifeln sogar viele, die sonst an die Existenz des historischen Jesus glauben. Und tatsächlich wird kaum jemand die letzten Kapitel der Evangelien lesen können, ohne dass Fragen offen bleiben. Siegfried Zimmer wagt sich trotzdem an eine der größten: Wie glaubwürdig ist es, was die Jünger damals erzählten? Glaubten die denn selber daran oder war die Erzählung von der Auferstehung nur ein Versuch, mit Trauer und Frust umzugehen? Wurden bei der Auferstehung tatsächlich Naturgesetze außer Kraft gesetzt, war Jesus so etwas wie ein Zombie? Zimmer prüft die Glaubwürdigkeit der Botschaft, die Jesu Jünger verbreiteten. Und diese Glaubwürdigkeit hat unter anderem mit Frauen als Zeugen zu tun, mit einer besonders dreckigen Art zu sterben und mit Widersprüchen in den Evangelien.

Durchdringt man Erdschichten und analysiert Baumstämme, dann wird recht schnell klar: Eine Überschwemmung, die die gesamte Erde erfasste und alles Landleben bis auf ein paar Menschen und einige Tierpaare dahinraffte – die hat es nicht gegeben. Trotzdem berichtet nicht nur die Bibel, sondern auch Babylonier, Sumerer oder Mesopotamier von einer gewaltigen Flut und einem Mann, der mit seinem Boot Tiere rettete. All diese Erzählungen sind älter als das Alte Testament. Haben die Verfasser der Bibel also nur abgeschrieben? Und was wollten sie mit dieser Geschichte sagen? Die Unterschiede zwischen der biblischen Sintflutgeschichte und den älteren Überlieferungen erklärt Thorsten Dietz. Und macht daran deutlich, was die Geschichte der Zerstörung der Welt mit unserem heutigen Leben zu tun hat. Denn Paläoanthropologen und Physiker mögen belegen können, dass es keine weltweite Sintflut gab und dass die Erde älter ist als ein paar Tausend Jahre. Was sie nicht können, ist diese eine große Frage beantworten: Warum leben wir eigentlich hier?

Kaum etwas ist dem modernen Menschen wichtiger als seine Freiheit. Sicherheit vielleicht, aber darüber streitet man sich ja. Was zur Freiheit überhaupt nicht passt, ist der Gedanke daran, dass jemand Macht über einen hat. Und dann gar Allmacht. Gott, der Liebe ist, wie Theologe Thorsten Dietz in einem anderen Vortrag erklärt, ist auch Macht. Das klingt gefährlicher und bedrohlicher als ein Gott, der Liebe verkörpert. Um zu verstehen, was Gott mit Macht zu tun hat, wagt sich Dietz an die Theodizee-Frage, jener großen Frage, auf die es nie eine wirklich befriedigende Antwort gibt, nämlich: Warum lässt Gott Leid zu? Für eine Antwort bemüht Dietz den russischen Schriftsteller Fjodor Dostojewski und „Die Brüder Karamasow“, Immanuel Kant und einen hypothetischen Agnostiker, der kritische Fragen stellt. Es ist eine lange Antwort, durchzogen von nachdenklichen Geschichten, vielen Denkanstößen und dem Versuch, jenen allmächtigen Gott des Alten Testaments und der blutigen Kirchengeschichte mit Liebe in Einklang zu bringen.

„Ich glaube an Gott, den Vater…“ Unzählige Firmlings- und Konfirmandengenerationen haben das Glaubensbekenntnis auswendig gelernt: Vater, Jesus, Jungfrau, Auferstehung, Heiliger Geist und christliche/katholische Kirche. Aber wer ist dieser Gott, an den sie alle angeblich glauben? Was wissen wir eigentlich über ihn? „Gott ist Liebe“, sagt Thorsten Dietz, und das klingt furchtbar abgedroschen, etwas kitschig, lässt unwillkürlich die Augen rollen – klar, Liebe, was heißt das schon in unserer Zeit, wo man ständig irgendetwas liebt, Pommes oder Bali oder den HSV? Was das heißt, erläutert Dietz natürlich auch. Es war einmal ein Satz, der revolutionärer kaum sein konnte, der die frühen Christen von allen ihren Zeitgenossen abgehoben hat, die damals an Zeus und Co. glaubten. Er analysiert, was dieser Satz für uns heute bedeuten kann. Und er erklärt, was diese Liebe mit absoluter Freiheit zu tun hat.

Wiedergeburt, Auferstehung, das unendliche Nichts – woran glauben Sie so? Wenn es Auferstehung oder Wiedergeburt sind, denkt in Deutschland immerhin ein Drittel der Bevölkerung wie Sie. Der Rest – also die Mehrheit – ist sich nicht sicher oder glaubt lieber an das Diesseits statt an das, was nach dem Tod kommen mag. Den Sinn ihres Lebens sehen die meisten im Hier und Jetzt. Sie meditieren oder pilgern, um zu sich selbst zu finden statt zu Gott. Sie lassen sich unter einem Baum bestatten oder ihre Asche zu einem Diamanten pressen, um nach dem Tod weiter zu existieren. Sie verwenden Begriffe wie „Sünde“ für das Schokoeis während einer Diät oder „Hölle“ für einen stressigen Arbeitstag. Und sie schauen nach Feierabend Hollywood-Filme über den Weltuntergang, der gerade noch von einem Helden aufgehalten wird. Obwohl in Deutschland in fast jedem Ort eine Kirche steht, ist das Jenseits fast vergessen. Der Theologe Patrick Becker erklärt dagegen, warum es so wichtig ist, trotz aller Diesseitsorientierung über die Botschaft vom Jenseits nachzudenken.

Wer tut es nicht? Zweifeln am Sinn des Lebens, an Gott, am Grund der eigenen Existenz? Wir sind eine Wissensgesellschaft, sind aufgewachsen mit Gedichtanalysen, Textinterpretationen und anderen Formen des Hinterfragens. Nichts ist mehr vorgegeben, der Beruf nicht, die Art der Partnerschaft nicht und auch nicht das, was nach diesem Leben kommen soll. Dass jeder zweifelt und zweifeln darf, ist neu in unserer Kulturgeschichte. In vergangenen Jahrhunderten waren es die großen Denker und Philosophen, die gezweifelt haben. Von ihnen erzählt Theologin Christiane Tietz, nimmt berühmte Gottesbeweise auseinander und erklärt, wie das Gefühl der Hoffnungslosigkeit, das Zweifel an Gott auslösen, überwunden werden kann.

In der Mitte ist die Erde, darüber der Himmel, darunter die Hölle – so sah Jahrhunderte lang das Weltbild in christlichen Ländern aus. Heute wissen wir: Die Erde ist eine Kugel irgendwo in der Unendlichkeit. Es ist das naturwissenschaftliche Weltbild, das frühere Weltbilder überholt hat. Hat es nicht, sagt Theologe Siegfried Zimmer. Und erklärt, warum das Weltbild unserer Vorfahren und naturwissenschaftliche Erklärungen sich nicht ausschließen. Worum es bei dem Weltbild, das in der Bibel berichtet wird, wirklich geht. Und wieso mal wieder alles nicht so ist, wie es scheint. Denn auch wenn wir den Naturwissenschaften viel zu verdanken haben, auch wenn naturwissenschaftliche Erkenntnisse uns das Leben erleichtern und Leben retten. Der Fortschritt zerstört auch – Tierarten, Ökosysteme und unsere Fähigkeit zu Fühlen.