Ich habe gehört, ihr seid wissbegierig. Das ist sehr wichtig, weil ich werde heute einen Tiefflug einmal quer durch die Apostelgeschichte mit uns allen machen. Wir werden viele Orte kennenlernen, die wir noch nicht kennen. Und ich möchte sagen, wie ich zu dem Thema gekommen bin. Einer meiner Vorgesetzten meiner langen Laufbahn hat mir irgendwann mal gesagt, Herr Douglas, Sie können nicht Gemeindeaufbau immer nach der Apostelgeschichte betreiben. Und das rebellische Kind, der ich in mir dachte, jetzt natürlich kann ich das. Und ich habe das meinen Lebtag und so. Und ich dachte, was meint er denn? Und als ich ein bisschen nachgefragt habe, sagte er, naja, diese Urgemeinde, die hat es ja auch nicht so lange gegeben. Okay, Apostelgeschichte gleich Urgemeinde. Das war so sein Gedanke. Und dann bin ich mal auf der anderen Seite irgendwo
zu Freikirchens gegangen und die sagten, wir machen Gemeindeaufbau nach der Apostelgeschichte. Und bei näherem Nachfragen war das genau die gleiche Geschichte. Es war immer Apostelgeschichte 2. Sie blieben einmütig und so weiter und so fort. Und ich dachte, die Apostelgeschichte hört mit Kapitel 2 nicht auf. Und so wichtig mir Apostelgeschichte 2 ist, dazu werde ich auch gleich einiges sagen, es geht ein bisschen weiter. Von daher fangen wir heute an mit diesem Basistext Apostelgeschichte 2 und gehen bis durch zu Kapitel 28. Wir haben ja den ganzen Tag Zeit. Ich danke Inessa, die heute ganz viele Texte mit griechischen Worten und Namen uns vorlesen wird. Und das ist ziemlich fehlerfrei, wie ich schon festgestellt habe. Der erste Text bitte. Apostelgeschichte 2 42 bis 47 aus der Basisbibel. Die Menschen, die zum Glauben gekommen waren, trafen sich regelmäßig. Sie ließen sich von den Aposteln unterweisen, pflegten ihre Gemeinschaft, brachen das Brot und
beteten. Die Menschen in Jerusalem wurden von Furcht ergriffen, denn durch die Apostel geschahen viele Wunder und Zeichen. Alle Glaubenden hielten zusammen und verfügten gemeinsam über ihren Besitz. Immer wieder verkauften sie Grundstücke oder sonstiges Eigentum. Sie verteilten den Erlös an alle Bedürftigen, je nachdem, wie viel jemand brauchte. Tag für Tag versammelten sie sich als Gemeinschaft im Tempel. In den Häusern hielten sie die Feier des Brotbrechens und teilten das Mal voll Freude und in aufrichtiger Herzlichkeit. Sie lobten Gott und waren beim ganzen Volk beliebt. Der Herr ließ täglich weitere Menschen zur Gemeinde hinzukommen, die gerettet werden sollten. Ein Traumtext, ich glaube, es gibt nicht viele Texte, über die ich so häufig gepredigt habe,
wie darüber. Von daher ist mir dieser Text schon wichtig. Ich weiß, es ist der Sektentext schlechthin. Also wenn immer Gruppierungen sich von einer Kirche oder einer bestehenden Kirche lösten, haben sie das meistens unter Rekurs auf Apostelgeschichte 2 gemacht. Es ist der Text, wo die sagen, okay, ich lege das mal hin und schaue mir diesen Text an und ich schaue mir die real existierende Gemeinde an. Okay, das klappt nicht. Ich gründe was Neues. Das Blöde ist, sie bedenken nie, dass sie sich selber leider mitnehmen und dann passiert das, sie machen ihre Gemeinde neu und alles ist toll und super und nach zehn Jahren oder so kommt irgendjemand, schlägt Apostelgeschichte 2 auf und sagt, okay, ich vergleiche das mal, was hier passiert und was dort passiert und es funktioniert nicht. Also der Sektentext, ich meine Sekte jetzt im Sinne von Ablösungstext, der Text, der Menschen motiviert hat, sich aus bestehenden Gemeinschaften loszulösen und eine neue Gemeinschaft zu gründen, schlechthin. Und das macht diesen Text schon auch ein bisschen
verdächtig, weil ich nicht glaube, dass diese Texte geschrieben worden sind, um Kirche zu spalten. Ich glaube, es hat einen anderen Sinn. Ich glaube, was hier steht, ist die Blaupause für Gemeinde schlechthin. Das ist die Blaupause, das Muster für alles weitere, was wir dann in der Apostelgeschichte lesen werden. Die Frage, die dann ganz oft gestellt wird, ist das denn wirklich passiert, was dort steht? Und in der Zeit, als ich in der Uni noch ausgebildet wurde, galt immer noch das Motto Haut den Lukas. Also das nehmen wir alles nicht ernst. Das ist so niemals passiert und das gibt es so überhaupt nicht. Ist das wirklich alles so passiert? Es gibt zwei Gründe zu bezweifeln, ob das, was in der Apostelgeschichte steht, wirklich so passiert ist. Das eine ist der kritische Rationalismus. Die letzten Vertreter dieser philosophischen Richtung, dieses krassen Rationalismus, sind heute Theologieprofessoren und Professorinnen,
wenn ich das mal so sagen darf, weil die Geistesgeschichte eigentlich weitergegangen ist. Es gibt noch einen Grund, Text zu bezweifeln, warum einiges, was in der Apostelgeschichte steht, so nicht geschehen ist. Und das ist der Kontrast zu den Paulusbriefen. Es ist nicht ganz direkt übereinander zu lesen, was Paulus von Gemeinden berichtet und was wir hier lesen. Wir können es an einem ganz einfachen Beispiel deutlich machen. Paulus nennt sich selber immer Apostel und macht in vielen Briefen argumentativ stark, dass er ein Apostel ist, ein zuletzt hinzuberufener Apostel. In der Apostelgeschichte steht niemals, dass Paulus ein Apostel war. Also der Aposteltitel wird in Paulus bei Lukas, obwohl er sich als sein Weggefährte zumindest in den letzten Kapiteln ausgibt, wird niemals Apostel bezeichnet. Jetzt hatten wir gestern den Text, den uns Sigi Zimmer ausgelegt hat, wo es um angemaßte Autorität ging. Das ist präzise das, was man in Paulus über weite
Strecken hin vorgeworfen hat. Du maßt dich an, Apostel zu sein und hast Jesus gar nicht live miterlebt. Das aber war für Lukas ein ganz starkes Kriterium. Gleich in der Apostelgeschichte 1 steht, dass wir müssen jemanden nachberufen, der die ganze Zeit miterlebt hat. Also es gibt Widersprüche oder Spannungen oder Dinge, wo sich das nicht direkt übereinanderlegen lässt, was wir in den Paulusbriefen lesen und was in der Apostelgeschichte steht. Das hat jetzt erst mal mit Rationalismus nicht so viel zu tun, sondern hat was damit zu tun, bin ich bereit, dem zu folgen und auch ernst zu nehmen, was nicht nur in einem Text steht, sondern in der ganzen Bibel steht. Und das erlebt man sehr oft in der Bibel, dass es widersprüchliche oder in Spannung befindliche Aussagen gibt. Und da gibt es zwei grundsätzliche Bibelverständnisse. Das muss ich am Anfang nochmal deutlich machen. Es gibt einmal dieses Bibelverständnis, in der Bibel steht geschrieben und basta. Ja, du hast einen Text oder
ein Wort und Leute sagen, es steht in der Bibel Ende der Diskussion. Es gibt aber auch die Möglichkeit zu sagen, in der Bibel steht geschrieben und Gott eröffnet damit einen Dialog. Und das wäre mein Bibelverständnis, dass wenn etwas in der Bibel steht und vielleicht etwas in Spannung dazu befindlich ist, wo anders steht und manchmal sogar im gleichen Kapitel steht, dass wir hier einfach gucken müssen, hier wird ein Dialog eröffnet. Und es bedarf der Gabe der Weisheit nicht nur zu fragen, was steht da, sondern wo und wann ist das gültig, was da steht. Und gibt es vielleicht Situationen, wo etwas ganz anderes gültig ist? Ist das wirklich passiert, was hier steht? Ich oute mich hier mal und sage, ich halte vieles von dem, was ich hier lese, tatsächlich für möglich. Und ich persönlich habe kein Problem damit zu glauben, dass das passiert ist. Jedenfalls nicht
aus den Gründen, dass es zu wunderhaft und zu große Zahlen oder so etwas. Ich glaube das, weil das eine Phase und davon hat Siegfried Zimmer gestern erzählt, das Verliebtseins war. Das war der Aufbruch. Die Auferstehung war gerade wenige Wochen vorher passiert. Die waren voll im Saft. Und ihr wisst das noch, erinnert ihr euch, als ihr verliebt wart? Einige danken ganz lange nach, aber einige lächeln. Das setzt Hormone frei, das setzt übermenschliche Kräfte frei. Es gibt ja die berühmten fünf Sprachen der Liebe und ich mache dazu manchmal Seminar zu diesen Sprachen der Liebe, weil ich das wirklich für ein tolles Konzept halte, Partnerschaft zu verstehen und auch besser zu gestalten. Und da gibt es so fünf Sprachen der Liebe. Und eine Idee davon ist, dass man eigentlich so eine Muttersprache der Liebe hat. Worte der Anerkennung oder Zärtlichkeit oder Geschenke oder Hilfen oder Zeit zu zweit, was diese fünf Sprachen sind. Man hat so eine
Muttersprache, die spricht man gut und die versteht man gut. Und wenn man verliebt ist, spricht man alle fünf Sprachen. Wenn du verliebt bist, gibt es Worte der Anerkennung und du hilfst dem anderen und du verbringst Zeit zu zweit und du machst alles mögliche. Natürlich suchst du Zärtlichkeit, gibt es auch andere Geschenke. Also wenn du verliebt bist, du haust alles rein. Und wenn diese erste hormonelle Phase ein bisschen nach unten geht, dann wird das weniger. Du ziehst dich wieder auf deine Muttersprache zurück und das, hey, damals haben wir uns total gut verstanden. Ich glaube, dass es im Gemeindeleben ähnlich ist. Dass es so eine Phase des Verliebtheins gibt, das setzt Hormone und Kräfte frei. Das ist der Wahnsinn. Und am Anfang nochmal. Pfingsten, 50 Tage nach Ostern, nach dieser grundlegenden Erfahrung erlebt. Das ist unfassbar, was da passiert ist. Und ich glaube das sofort. Und das ist die Blaupause, auf die alles aufbaut,
was wir hier stehen. Das ist genau wie die Phase des Verliebtseins. Das ist so ein Polarstern, der dich durch die ganze Zeit der Liebe und der Partnerschaft durchtragen kann und sagen, okay, und das haben wir auch gestern gehört an dem Senfschreiben an die Epheser, tu die ersten Werke. Und wenn du diese ersten Werke tust, dann kommst du vielleicht auch wieder rein in diese erste Verliebtheit. Die Blaupause, auf die alles aufbaut, die Lehre der Apostel steht hier. Sie blieben fest in der Lehre der Apostel. Jetzt liest man sich mal die Pfingstpredigt des Petrus durch. Das ist überwiegend Auslegung dessen, was wir altes Testament nennen. Im Epheserbrief steht, es ist aufgebaut auf der Lehre der Apostel und Propheten. Das ist total korrekt. Also altes und neues Testament, von unserem christlichen Standpunkt her gesprochen. Das ist das Fundament. Und dann Gebet und Spiritualität als Achse. Und dann die Gemeinschaft, die Tischgemeinschaft, Gütergemeinschaft, Gebetsgemeinschaft, Lebensgemeinschaft, Dienstgemeinschaft. Also
auf allen Ebenen. By the way, Gütergemeinschaft, das wird uns hier von der Gemeinde in Jerusalem berichtet und viele hängen daran und hängen sich daran fest. Die einen sagen, oh, so muss es sein. Die anderen sagen, das konnte nie so sein. Andere sagen, es darf nicht sein. Es ist die einzige Gemeinde, wo uns berichtet wird, dass es Gütergemeinschaft gab. Auch das in der Bibel steht geschrieben. Ja, in der Bibel steht geschrieben, in Jerusalem hatten sie Gütergemeinschaft. Es steht aber auch von vielen anderen Meinten geschrieben, dass es das dort nicht gab. Das ist die Blaupause, die Lehre der Apostel und der Propheten, Gebet und Spiritualität als Achse und die Gemeinschaft auf allen Ebenen. Tischgemeinschaft, Gütergemeinschaft, Lebensdienst und Gebetsgemeinschaft. Tischgemeinschaft, by the way, auch nochmal so ein, sie brachen das Wort, wie Luther übersetzt, hin und her in den Häusern. Einfach ein sehr schönes Bild. Sie brachen das Wort hin und her in den Häusern, brachen das Brot
hin und her in den Häusern. Damit ist wirklich physische Tischgemeinschaft gemeint. Da ist nicht ein kultisches Mal mit gemeint. Das kam später über die Mysterienreligionen, wir werden da einiges noch von hören, dass das sich sehr, sehr stark in einen Kult auch ausgeübt hat. Erstmal war das ein ganz normales Sättigungsmal innerhalb einer Hausgemeinschaft oder einer kleinen Gemeinschaft, die sich traf, in die eine Liturgie eingebaut war. Und ich erlebe es bis heute immer noch als powerfull, wenn es Gruppen gibt, überblickbare Gruppen oder auch am Gründonnerstag, wo Leute an Tischgemeinschaften sitzen und ein Sättigungsmal haben und dort ist eine Liturgie integriert. Das ist was völlig anderes als ein Kultabendmal, wo dann irgendwas Hocus Pocus kam da draus, also wo was verwandelt wird oder so etwas. Also es geht um Gemeinschaft in allen Dimensionen, auch spirituelle Gemeinschaft natürlich, auch Abendmahlsgemeinschaft. Das ist das Ziel der
Gemeinde, wenn ich das in einem Begriff zusammenfassen kann, Menschen spirituell miteinander zu vernetzen. Wenn ihr das mitnehmt, viele von euch sind ja Pfarrerinnen, Pfarrer, wollen das werden oder sind in einer Gemeinde aktiv tätig. Das ist der Leitstern. Worum geht es in der Gemeindearbeit? Menschen spirituell miteinander zu vernetzen, also auf der waagrechten, auf der senkrechten Beziehung herzustellen. Und das können wir in Apostelgeschichte 2 lesen. Auf dieser Basis entwickelt sich ein enormes kulturell sehr, sehr vielfältiges lebensgeschichtlich bedingt kulturell bedingte Vielfalt. Sandra Bills hat hier von einiges erzählt, was ist Kirche, wenn ja wie viele. Das können wir in der Apostelgeschichte schon sehen, dass es nicht ein Muster gab, nach dem alle Gemeinden funktionierten. Ganz im Gegenteil, wenn es ein Muster gab, dann das, dass jede Gemeinde anders aussah, dass jede Gemeinde andere kulturelle
Ausprägungen hatten, andere Formen von Gemeinschaften fand. Und das lag immer an den Gegebenheiten vor Ort, an der Kultur vor Ort, wo das Vereinsleben grassierte, da gestaltete sich das nach Vereinsart und wo politische Gemeinde vorbildhaft sein konnte, übernahm ein Ämter der politischen Strukturen und so weiter und so fort. Das Entscheidende ist, egal welche Formen wir suchen, es geht immer darum, Menschen spirituell miteinander zu vernetzen. Sonst ist das nicht Kirche, sonst kann das weg. Diese Basis, es geht darum, Menschen spirituell miteinander zu vernetzen. Das ist verbindlich, nicht die regionale Ausprägung. Wir hören uns einen zweiten Text aus der Apostelgeschichte an, nochmal Jerusalem, allerdings ein paar Monate, Jahre später. Apostelgeschichte 6, 1 bis 7. In dieser Zeit wuchs die Gemeinde stetig. Eines Tages beschwerten sich
die Zugezogenen. Sie warfen den Einheimischen vor, ihre Witwen bei der täglichen Speisung zu übergehen. Daraufhin beriefen die zwölf eine Versammlung aller Jünger ein und sagten, so geht das nicht. Wir können doch nicht die Verkündigung vernachlässigen, um selbst an den Tischen das Essen auszuteilen. Brüder, wählt aus eurer Mitte sieben Männer aus. Sie sollen einen guten Ruf haben und vom Geist Gottes und von Weisheit erfüllt sein. Ihnen werden wir diese Aufgabe übertragen. Wir dagegen werden uns ganz dem Gebet und der Verkündigung widmen. Der Vorschlag fand die Zustimmung der Versammlung. Sie wählten Stephanus, einen Mann mit festem Glauben und erfüllt vom Heiligen Geist. Außerdem Philippus, Prochorus, Nicanor, Timon, Parmenas und Nikolaus aus Antiochia, der früher zum jüdischen Glauben übergetreten war. Diese sieben ließ man vor die Apostel treten.
Die beteten für sie und legten ihnen die Hände auf. Das Wort Gottes breitete sich aus und die Gemeinde in Jerusalem wuchs immer weiter. Der Vorgesetzte, von dem ich anfangs erzählt habe, aus meiner langjährigen Dienstgeschichte in der Kirche, sagte mir Gemeinde ist nicht nur Apostelgeschichte, es ist nicht immer nur ein Herz und eine Seele. Und er hat vollkommen recht, aber hier in Apostelgeschichte 6, wenige Kapitel später, wir wissen nicht genau wie lange später, wenige Jahre später vielleicht, gibt es erheblich Krach in dieser Gemeinde, die anfangs so verliebt miteinander und so verliebt mit Jesus und so verliebt mit Gott gewesen ist. Es macht sich fest an zwei Gruppen, den sogenannten Hellenisten und den Hebräern, wie es hier im griechischen Urtext
heißt. Griechisch sprechende Juden, hebräisch sprechende oder Aramäisch sprechende Juden, Leute, die quasi gebürtig Judenchristen waren, ja und Heidnchristen gab es in dieser Form noch nicht. Es gibt eine Theorie, die ich sehr spannend finde, dass aufgrund der Pfingstpredigt des Petrus, wo ganz viele Völker auch genannt werden, wo die Leute sagen, hey, wir kommen doch aus dem und dem und dem Land und dem Ort, wie können wir den alle verstehen, dass viele aufgrund dieser Pfingstpredigt in Jerusalem geblieben sind und plötzlich ein enormer Bedarf bestand, ja die hatten nichts, die sagten, hey, das ist so geil hier, Christsein und damals nannte man das nicht Christen, aber diese Art von messianischen Judentum, das ist genau unseres und sie sind da geblieben und die Gemeinde haben gesagt, hey, bleibt hier, super und wir teilen und daher kam dieses extreme Teilen auch in der Urgemeinde, weil plötzlich einfach erheblich Leute da waren, für die einfach auch Essen da sein musste und wenn es
das tatsächlich stimmt, dass dadurch zwei Gruppen entstanden sind, Leute, die quasi gebürtig in Jerusalem und Gebung waren und Leute, die von außen dazu kamen, sich aber auch diesen messianischen Juden anschlossen, dann macht das irgendwo auch Sinn, dass diese zwei Gruppierungen sich auch voneinander unterschieden, einfach schon aufgrund der Muttersprache, aufgrund der Sprache, die sie sprachen. Wenige Verse später ist zum ersten Mal in der Apostelgeschichte der Begriff der Synagoge spielt eine Rolle. Also ganz offensichtlich haben die sich auch in einer Synagoge getroffen, die Synagoge der Freigelassenen, die Synagoge, es gab in Jerusalem verschiedene Synagogen neben dem Tempel, aber es gab wohl auch eine für Grieche sprechende Juden, freigelassene Sklaven, Leute, die von außen dazugekommen waren. Und es spricht einiges dafür, dass diese ersten jesusgläubigen Juden, messianischen Juden sich auch in dieser Synagoge, ebenfalls wenn sie von außen hin kamen, getroffen haben. Dieses Thema Hebräer und Hellenisten
wird sich durch die ganze Apostelgeschichte durchziehen. Hier deutet es sich zum ersten Mal an, dass interessanterweise geistliche Fragen, aber auch Fragen der Herkunft, Fragen der Migration, Frage des kulturellen Hintergrunds sich übereinander legen und zwar in einer sehr ungooten Weise, weil es wird immer das geistliche Thema verhandelt, aber eigentlich geht es um Ressentiments und kulturelle Schranken, dass man wirklich gegenseitig, dass diese Kulturen nicht in Entdeckung zu bringen sind. Also so heil war die lukansche Welt nicht und das spricht sehr dafür, so nach dem Motto, ist das wirklich passiert. Also das kann man ja in Apostelgeschichte 2 noch bezweifeln, aber hier merken wir, hey es gab richtig handfest Streit. Und was spricht dagegen zu sagen, okay in Apostelgeschichte 2 redet Lukas von dem ersten Verliebtsein und wow und du holst dem anderen die Sterne vom Himmel und
nach wenigen Jahren bist du nicht mal bereit den Mülleimer nach unten zu tragen. Das ist genau, was sich hier widerspiegelt. Am Anfang, die holen die Sterne vom Himmel und voll verliebt, alle fünf Sprachen der Liebe und dann Mülleimer runterbringen, sorry ist nicht meine Sprache der Liebe, du bist ein toller Mensch, meine Sprache ist Anerkennung. Mülleimer, da kann ich dir jetzt leider nicht helfen. Also ich halte das für sehr, sehr realistisch, dass hier einfach die Leute auf ihre Muttersprache der Liebe zurückgekommen sind und plötzlich merkte man auch die Christen, Christinnen, die sich damals noch nicht nannten, auch die jesusgläubigen Juden kochten auch nur mit Wasser, auch in der Kraft des Heiligen Geistes kochten sie nur mit Wasser. Dieser Text, den wir eben gehört haben, gilt weithin als die Geburtsstunde der Diakonie und das ist falsch. Die sieben werden oft als Diakone bezeichnet,
das ist falsch. Sie werden in diesem Text nicht als Diakone bezeichnet. Im Gegenteil, es wird sogar sehr, sehr deutlich gemacht, dass es zwei Arten von Diakonie gibt, die Diakonie an den Tischen und die Diakonie am Wort. Beides ist Diakonie, beides ist Hilfeleistung. Hier lässt sich dieser Konflikt, der irgendwann eine große Rolle gespielt hat in der Kirchengeschichte zwischen missionarischen und diakonischen Christinnen und Christen, lässt sich hier noch nicht verorten. Das ist nicht der Punkt, dass man sagt, okay, hier gibt es jetzt die Apostel und dann gibt es die Diakone. Die einen machen dies oder die anderen machen das. Das ist hier noch nicht der Fall, sondern es wird alles als Ausdruck von Diakonie, als Dienst am Menschen verstanden. Was ist das Problem? Das Problem ist damals das gleiche wie heute. Das Problem dieses Textes ist, unsere Gemeinden sind zu groß. Und das ist heute genauso der Fall wie damals. Unsere Gemeinden sind zu groß und das führt immer dazu, dass Menschen
übersehen werden. In Jerusalem die Gemeinde war schlicht zu groß und Einzelne wurden übersehen. Und wenn sie nicht eine Lobby hatten und nicht Leute, die aufstehen und schreien oder dann jetzt wie diese gewählten, dann Stephanus und Co., dann werden Menschen übersehen. Eine durchschnittliche Gemeinde in Deutschland, zwei bis dreitausend Leute, es ist zu groß. Und die Philosophie, wir legen jetzt mehr und mehr Gemeinden zu, immer größeren Gemeinden zusammen, löst an diesem Problem nicht sonderlich viel. Im Gegenteil, sie sind noch größer. Unsere Gemeinden sind zu groß, das heißt, Menschen werden übersehen. Ich war 20 Jahre lang leitender Pastor einer Gemeinde, die Gottesdienstbesucherzahl von vier bis 600 Leuten hatte. Das ist zu groß. Das ist zu groß. Zu mir kam eine Frau mit einem bitterbösen Gesicht und sagte, ich war sechs Wochen im Krankenhaus, Herr Pastor, und Sie haben mich
nicht besucht. Und ganz ehrlich, ich habe nicht mal gewusst, dass sie im Krankenhaus ist. Die Gemeinde war zu groß. Sie war zu groß. Jetzt muss ich Einschränkungen machen. Also ich liebe große Gemeinden. Das ist für mich nicht der Punkt. Aber sie müssen überblickbar gestaltet werden. Wir werden es auf Jahre hinaus aufgrund von finanziellen Vorgaben nicht anders schaffen, als große Verwaltungsräume zu schaffen. Das ist richtig. Aber Menschen brauchen Nähe. Sie brauchen eine nahe Begleitung. Und eigentlich müssten wir nicht immer größere, weniger und immer größere Gemeinden machen. Wir müssten sehr viel mehr und sehr viel kleinere Gemeinden machen. Im Grunde dürfen eine Gemeinde nicht mehr als 100 Leute umfassen, weil sonst verlieren wir den Überblick. Ja, aber wo sollen wir die ganzen Pfarrerinnen und Pfarrer herbekommen? Wer sagt, dass diese Gemeinden von Pfarrerinnen und Pfarrern geleitet werden müssen? Kann ich mir durchaus vorstellen,
dass Pfarrerinnen und Pfarrer für einen großen Bezirk in bestimmter Weise zuständig sind. Aber dann braucht es pastorale Menschen, ehrenamtliche Kräfte oder andere Professionen, die sich um diese kleinen Gemeinden vor Ort kümmern. Und ihr habt hier von Fresh Expressions of Church gehört oder auch den Erprobungsräumen. Das sind solche Versuche, kleinere, überblickbare Gemeinden zu schaffen. In England gibt es viele Tausend dieser Fresh Expressions of Church. Die Durchschnittsgröße ist 44 Menschen. Da kriegst du mit, wenn jemand im Krankenhaus landet. Und diese Person wird auch besucht. Da kannst du davon ausgehen. Aber man muss Abschied nehmen davon, dass jede Gemeinde so und so groß sein muss, einen zwölfköpfigen Kirchenvorstand haben muss, jemanden die Synode entsendet und so weiter und so fort. Wir kommen nicht drumherum aufgrund von wirtschaftlichen Gegebenheiten, große Einheiten zu schaffen. Aber wenn wir es nicht
schaffen, in diesen großen Einheiten kleine, überblickbare Einheiten zu schaffen, haben wir ein Problem. Und die Lösung in diesem Text heißt auch nicht Trennung von vermeintlich niedrigen und höheren Aufgaben. Die Apostel machen die tollen Sachen groovy und die anderen machen Tischdienst oder so etwas. Das haut auch nicht hin. Denn alles, was die Apostelgeschichte dann noch von Stephanus und von den anderen berichtet und was wir mitbekommen, das sieht nicht nach Essen auf Rädern aus. Das ist schon Leute, auch die Gaben, die sie brauchen, also die verkündigen auch. Das sind auch Menschen, die sich auch um die gerechte Verteilung der Güter kümmern. Das ist richtig, aber es ist doch auch noch mal was anderes. Die Trennung von Wort, Christentum des Wortes, Christentum der Tat ist, glaube ich, nicht der entscheidende Punkt. Die entscheidende Frage ist, was ist meine Gabe? Was ist meine Berufung? Was ist meine Leidenschaft? Was ist meine von Gott mir
zugewiesene Aufgabe? Und die Diakonie am Tisch und am Wort ist das gemeinsame Ergebnis. In 1. Petrus 4 steht dieser Vers, dient einander an jeder mit der Gabe, die ihr empfangen habt. Auch dort steht dieses dient einander, da steht diakonio als Wort, mit der Gabe, die ihr empfangen habt. Das, was du als Gabe hast, mach es zu was Diakonischen. Setze es ein für die Menschen. Schau, was Gott dir für eine Gabe gegeben hat. Also das Prinzip der Gabenorientierung ist etwas, was sich hier an diesem Text, wie ich finde, sehr schön deutlich macht. Wir wandern etwas höher nach Norden, nach Antiochia. Apostelgeschichte 11, 19 bis 26. Während der Verfolgung nach dem Tod von Stefanus hatte sich die Gemeinde im Land zerstreut. Dabei kamen die Flüchtlinge bis nach Phönizien, Zypern und Antiochia. Zunächst verkündeten sie die Botschaft Gottes nur unter den Juden. Zu den
Flüchtlingen gehörten Männer aus Zypern und Cyrene. Als sie nach Antiochia kamen, verkündeten sie auch den Griechen die gute Nachricht von Jesus, dem Herrn. Der Herr stand ihnen bei. Viele Menschen kamen zum Glauben und nahmen Jesus als ihren Herrn an. Das kam der Gemeinde in Jerusalem zu Ohren und sie schickte Barnabas nach Antiochia. Als er dort eintraf und sah, was Gottes Gnade bewirkt hatte, freute er sich. Er bestärkte die Gemeinde in Antiochia in ihrem Vorsatz, dem Herrn von ganzem Herzen treu zu bleiben. Dann zog Barnabas weiter nach Tharsis, um Saulos aufzusuchen. Als er ihn getroffen hatte, nahm er ihn mit nach Antiochia. Ein ganzes Jahr lang waren sie gemeinsam in der Gemeinde tätig. Sie lehrten viele Menschen. Hier in Antiochia wurden die Jünger zum ersten Mal
Christin genannt. Die Stadt Antiochia in Syrien, es gab mehrere Antiochias, es gab auch ein in Pesidien, Galazien, Türkei heute. Dieses Antiochia in Syrien kann man einfach nicht überschätzen in ihrer Bedeutung. Antiochia hat Jerusalem nach wenigen Jahrzehnten absolut den Rang abgelaufen als die christliche Hauptstadt schlechthin. Wie ist das passiert? Die erste Phase war die, dass Mitglieder der Gruppe der messianischen Juden und vor allen Dingen der hellenistischen Juden, die einfach Ärger bekamen, einmal mit ihren Juden-christlichen Freundinnen und Freundinnen, das hatten wir eben gelesen, aber richtig Ärger bekamen mit denen, die nicht an Jesus glaubten, was ein bisschen zu einer Verfolgung führte und zu Unruhen führte, was dazu führte, dass die Hellenisten einfach rausgedrängt
wurden. Versprengte Mitglieder dieser Gruppe kamen in diese Großstadt Antiochia. Das ist ein kultureller Swift, den kann man gar nicht überschätzen. Es ist einmal von einer kleinen Stadt. Es ist immer schwierig zu sagen, wie groß waren Städte damals. Wir haben keine seriösen Zahlen. Ich hatte hier in meinem Vorbereitung noch geschrieben, zum Beispiel Ephesus 50.000 Leute, Einwohner. Jetzt habe ich gerade ein Buch gelesen übers Wochenende noch, um mich noch mal zu optimieren. Da stand 500.000. Das ist der Faktor 10. Da kann man ja mal so gerade. Es ist wirklich nicht leicht. Was Antiochia anbetrifft, die konservativste Berechnung sagt 100.000 Einwohner, Jerusalem 30.000 Einwohner, bei Klaus Berger habe ich gelesen 500.000 Einwohner. Man kann es heute nicht seriös sagen. Es gab Volkszählungen, aber es ist nicht klar, hat man jetzt auch die Bürger,
Bürgerinnen gezählt, die außerhalb der Stadt wohnten, aber zu der Stadt gehörten? Hat man die Sklaven und Sklaven mitgezählt? Hat man Frauen mitgezählt und so weiter und so fort? Also Zählung ist nicht gleich Zählung in den damaligen Zeiten. Von daher kommt man zu super unterschiedlichen Zahlen, selbst dort, wo man was hat. Also können wir so über den Daumen gepeilt sagen zwischen 100.000 und 500.000 Leuten in Antiochia, um sich das ein bisschen vorzustellen. Auf jeden Fall eine Weltstadt, die drittgrößte Stadt des Römischen Reichs. Die drittgrößte Stadt des Römischen Reichs. Größte war Rom selbst, die zweite war Alexandria, also oben im heutigen Ägypten. Und Antiochia die drittgrößte Stadt. Und das ist einfach an einem Verkehrsknotenpunkt gelegen. Das heißt, dort war Multikulti und dann kam immer das Neuste mit. Verkehr war dort, waren viele Ethnien, die dort wohnten. Das war sehr spannungsvoll. Es war eine Veteranenstadt, auch jüdische Veteranen
spielten dort eine Rolle. Und es gab dort viele Synagogen in Antiochen und die lebten einer gewissen Liberalität. Also die hatten über die Jahrzehnte gelernt mit den Römern und Good Terms zu arbeiten. Also sie haben etwas lockeres Judentum gelebt und die Römer waren dort ihnen gegenüber tolerant, sodass es schon Jahrzehnte eingespielt war. Wir machen das, sie sehen das nicht ganz so eng hier bei uns und die Römer sehen es auch nicht ganz so eng, wir kriegen das miteinander. Also da kamen dann diese messianischen Juden hin, versprengt durch die Verfolgung. Und dort passierte es, dass die ersten Heiden als christliche Sympathisanten gewonnen wurden. Also nicht mehr Leute aus dem jüdischen Bereich nur. Dort fing es an, in den Synagogen, in den Synagogen sage ich nachher noch was, sondern auch erste wirklich Heiden, die keine Zwischenstufe über das Judentum genommen hatten. Also es gab ein hohes Interesse von Heiden am Judentum, der Monotheismus oder auch dieser Zusammenhalt bei den Juden oder auch die
rigorose und klare Ethik, die hohe Moral, das war sehr attraktiv für viele Nichtjuden damals auch. Und es gab viele Leute, die sich dort im Dunstfeld der jüdischen Synagogen aufhielten, die jetzt nicht ganz übertraten, aber die zum Sympathisantenkreis gehörten, die diese Synagogen auch finanzierten. Und da kamen jetzt plötzlich diese Christen rein, wie so die Zecken und saugten das Blut ab. Und plötzlich flossen die Finanzströme zu den messianischen Juden und plötzlich waren es einfach Leute, Nachbarn oder sowas, die gar nicht in der Synagoge waren, sondern Heiden, schlicht und ergreifend Heiden. Und jetzt stand man plötzlich zum ersten Mal vor der Frage, was machen wir eigentlich damit? Das sind Leute, die sind keine Juden, die haben nicht die hebräische Bibel, unser altes Statement als Grundlage. Und das ist so die dritte Phase, nachdem die ersten Heiden gewonnen, also erstmal versprengen die sich, dann werden die ersten Heiden gewonnen als christliche
Sympathisanten. Und hier wird die Gruppe der Jüngeren und Jünger zum ersten Mal als Christinianoi heißt es hier, als eigene Gruppen erkennbar, unterschiedliche Gruppe erkennbar. Was mich die Frage stellen lässt, woran sind wir eigentlich heute noch erkennbar? Das würde ich einfach mal so sagen, woran erkennt man eigentlich, dass ein Mensch Christ ist oder Christin in dieser Gesellschaft, in einer Multikulti-Gesellschaft, die durchaus mit unserer vergleichbar ist, wo viele Ströme der Wirtschaft durchfließen und der Politik durchfließen, wo man von allen Philosophien ganz viel mitbekommt. Was macht uns eigentlich unterscheidbar von anderen? Ein Mensch, der eine große Rolle spielte damals, war Barnabas, der ursprünglich auch aus Jerusalem kam oder zumindest in Jerusalem ein seiner Grundstücke mitverkauft hat. Dort wird er erwähnt. Barnabas war lange die Nummer eins, der hörte von einem frisch bekehrten jüdischen Pharisäer namens
Saulus und führte den nach Antiochia, frisch nach seiner Bekehrung. Und in Antiochia gewann Paulus seine spezifisch spirituelle Prägung. Paulus war ein Mensch, der seine Prägung und sein Lebensthema, wie können wir Juden und Heiden innerhalb der christlichen Gemeinde, wie können wir das ordentlich zusammenführen? Wie können wir es dazu führen, dass das Juden Juden bleiben dürfen und weiter die Thora befolgen dürfen und Heiden auf der anderen Seite das nicht eins zu eins zu übernehmen müssen? Das ist ein typisch antiochianisches Thema. Das heißt, das große Thema, was wir immer auf Paulus zurückführen, ist im Grunde genommen ein Thema dieser Gemeinde in Antiochia. Und als christliches Zentrum wird Antiochia viel wichtiger als Jerusalem. Alle Missionsreisen des Paulus gehen von Antiochia aus und nicht von Jerusalem. Und am Schluss kehrt er auch wieder nach Antiochia zurück. Die Weltmission geht von Antiochia aus, nicht von Jerusalem. In Jerusalem war diese Urgemeinde,
die blieben beieinander, bis dann Leute verfolgt wurden und dann ist das, was schon immer gesagt worden ist, dass das Märtyrertum im Grunde genommen der Samen der Kirche ist. Dass das Menschen, die in der Vertreibung, in der Verfolgung sind, weggehen und das Evangelium weiterbringen. Und diese antiochianische Theologie prägt die Theologie des Paulus. Die gesetzesfreie Heidenmission, sein großes Thema, die Gemeinschaft von Juden und Heiden innerhalb der, ich sag mal, christlichen Gemeinde. Sehr früh in meinen Forschungen zu diesem Thema bin ich über Bücher des amerikanischen Religionssoziologen Rodney Stark gefallen, ein Buch, Cities of God, wo er einfach sich die großen Städte der damaligen Zeit angeschaut hat und wo er von einem völlig nicht-christlichen Standpunkt her einfach versucht hat, soziologisch zu begreifen, wie sich das Christentum in diesen Städten multipliziert hat und weiter fortgeführt hat. Jesus hat Städte gemieden wie die Pest. Es wird
uns außer Jerusalem keine Stadt benannt, die er groß besucht hätte. Seforis, eine Stadt, die den Steinwurf von seiner Heimatstadt Nazareth entfernt hat, ist er vielleicht nie gewesen. Tiberias, auch wenige Kilometer entfernt, geht er nicht hin. Die einzige Stadt, die er besucht, ist Jerusalem und das ist ihm auch nicht sonderlich gut bekommen, möchte man sagen. Das heißt, Jesus hat sich sehr, sehr stark aufs Land kapriziert. Paulus ist sehr bewusst dann in die Städte gegangen, weil er dieses städtische Christentum, dieses städtische messianisches Judentum, weil er das in Antiochia kennengelernt hat. Und eine These von Rodney Stark ist, dass das Christentum sich nicht durch irgendwelche Promis und Missionare verbreitet hat. Er sagt, was Paulus gemacht hat, in allen Ehren. Er war ein total toller Briefschreiber und Gemeindegründer und alles Mögliche. Aber es ist statistisch völlig unauffällig. Die Tätigkeit einzelner Missionare
ist statistisch völlig unauffällig, sagt er. Da gibt es Ausreißer, okay, da kommen mal vielleicht ein paar hundert Leute zum Glauben oder so. Er sagt, aber die eigentliche Power der ersten Jahrhunderte lag daran, dass ganz normale Christinnen und Christen das Evangelium weitergegeben haben in ihren Beziehungsnetzen, bei ihren Freundschaften, im Fitnessclub, hätte ich fast gesagt, in ihren Vereinen, wo auch immer. Das war die Dynamik, dass Leute ihren Glauben in ihren Beziehungszusammenhängen kommuniziert haben. Was das Herzvolle ist, dem läuft der Mund über, sagt Jesus. Und es ist irgendwo so logisch, Schafe vermehren sich durch Schafe und nicht durch Hirten und Hirtinnen. Und ich halte das für das größte Problem heute. Nicht, dass wir keine tollen Prediger, Predigerinnen mehr haben, die alle auch sehr ambivalente Persönlichkeiten waren oder viele von ihnen zumindest. Das Problem ist heute die weitgehende, ich nenne es mal, Unbegeisterung
und Sprachlosigkeit der Christen und Christinnen vor Ort. Dass wir hier nicht größer werden, liegt nicht daran, dass wir nicht noch viel charismaterische Pfarrpersonen und Predigt gestalten oder so etwas haben, sondern dass das normale christliche Fußvolk nicht mehr über den Glauben redet, nicht mehr so begeistert ist, dass das Herz über den Mund, ja, dass es in die Beziehungsräume geht. Schafe vermehren sich durch Schafe und wenn sie das nicht tun und wenn sie das verweigern, dann kannst du noch so viele Hirten und noch so begabte Hirten hinsetzen, es funktioniert nicht. In Antiochia lernen wir, wie sich das Christentum verbreitet, nämlich durch ganz normale Menschen oder es verbreitet sich nicht. Und das ist für mich mit das größte Gebot der Stunde, eins von zwei größten Geboten, das andere werde ich gleich noch nennen, dass
das Christen und Christinnen heute wieder sprachfähig werden, auskunftsfähig werden, auskunftswillig werden, dass wir rauskommen aus dieser Unbegeisterung und Sprachlosigkeit wieder anfangen, über unseren Glauben zu reden. Wir hören uns den Text von der nächsten Gemeinde an, Philippi. Apostelgeschichte 16, 12 bis 15. Von dort, Neapolis, gingen wir nach Philippi. Das ist eine bedeutende Stadt in diesem Bezirk Mazedoniens und römische Kolonie. In dieser Stadt blieben wir einige Zeit. Am Sabbat gingen wir durch das Stadttor hinaus an den Fluss. Wir nahmen an, dass dort eine jüdische Gebetsstätte war. Wir setzten uns und sprachen zu den Frauen, die an diesem Ort zusammengekommen waren. Unter den Zuhörerinnen war auch eine Frau namens Lydia. Sie handelte mit Popo-Stoffen und kam aus der Stadt Tyatira. Lydia glaubte an den Gott Israels.
Der Herr öffnete ihr das Herz, so dass sie die Worte des Paulus gerne aufnahm. Sie ließ sich taufen zusammen mit allen, die in ihrem Haus lebten. Danach bat sie, wenn ihr überzeugt seid, dass ich wirklich an den Herrn glaube, dann kommt in mein Haus. Ihr könnt bei mir wohnen. Und sie drängte uns förmlich dazu. Für uns ist der Text so wichtig, weil das ist der Übergang des Evangeliums nach Europa. Wir sind schon in die zweite Missionsreise des Paulus gesprungen. Das war damals keine Größe. Das Wort Europa kommt im Neuen Testament nicht vor. Es war damals der Übergang nach Makedonien. Warum das wichtig ist, das lasse ich jetzt gerade mal weg. Philippi, aber so für uns, so ah okay, jetzt erreicht das Evangelium Europa. Das fühlt sich schon ganz nach Tübingen an. Also Philippi, komm zu uns. Dort treffen sich Menschen draußen vor der Stadt am
Fluss. Das kann mehrere Gründe haben. Also ich hatte ja schon gesagt, Paulus ist normalerweise erst mal in die Synagogen gegangen. Das ist hier nicht der Fall. Vielleicht gab es keine Synagoge in Philippi. Es ist bis heute auch keine aus dieser Zeit ausgegraben worden. Vielleicht gab es nicht genug männliche Juden oder, was auch häufig eine Rolle gespielt hat, nicht genug Duldung für eine Synagoge. Weil du kannst in der antikischen Stadt, in einer römischen Kolonie und Philippi war so was von römisch. Die haben ausgegraben und ausgegraben und ausgegraben. Sie haben nicht eine einzige griechische Inschrift der damaligen Zeit gefunden, nur römische aus dieser Zeit. Also die waren wirklich voll durchkolonialisiert in Philippi, eine Stadt, die wirklich absolut römisch war und ein römisches Selbstbewusstsein hatte. Da trafen sich Jüdin, Juden am Fluss. Das war ein Ausweichort. Ich
vermute tatsächlich, dass sie keine Duldung hatten. Die Tatsache, dass Lydia, eine Frau, dort prominent genannt wird, ist vielleicht ein Zeichen, dass es nicht genügend Männer gab, die normalerweise das große Wort führten, auch in den Synagogen, damals in der ganzen Kultur so. Lydia war die erste Christin, nicht nur in Europa, sondern die erste Christin, die durch die Missionstätigkeit des Paulus gewonnen wurde. Und das ist ein Motiv, das von Philippi an, eigentlich schon mal vorher in Apostelgeschichte, schlag mich nicht, 9 glaube ich, wird zum ersten Mal eine Frau als Jüngerin bezeichnet. Tabitha in Joppe ist das, Jaffa. Das ist bei Lukas ein stehendes Motiv fortan. Vornehme, gebildete Frauen, die damals oft auch Synagogen unterstützten, die so eine Art Patronat unternahmen, reiche Frauen, die aber den damaligen kulturellen
Gegebenheiten so gemeinde, ja, also wenig Mitsprachemöglichkeiten hatten. Es gibt ein paar Hinweise, dass es irgendwo auch weibliche Gemeindeleiterinnen gab, aber es sind sehr, sehr wenige Hinweise. Sind auch umstritten, diese Hinweise. Diese Frauen fanden plötzlich in der christlichen Gemeinde eine Möglichkeit, sich mit der intellektuellen Elite auszutauschen. Und das war damals einzigartig in der damaligen Gesellschaft. Und sie konnten das Patronat einer christlichen Gemeinde oder einer Versammlung übernehmen. Und von daher spielt das wirklich in den Texten, könnt ihr jetzt schauen von jetzt ab, in Philippi, in Thessalonik heißt es, schlossen sich an, dazu nicht wenige von den angesehensten Frauen. In Beröhe heißt es, nicht wenige von den vornehmen griechischen Frauen und Männern. Apostelgeschichte 17 und Dionysus, ein Frauennamen Damaris, in Korinth Aquila und Priscila, zu denen ich noch was sagen werde. Also es ist ein Grundmotiv, das sich von Philippi an durchzieht, dass in der Missionstätigkeit des
Paulus gerade auch Frauen in besonderer Weise angesprochen und dann auch in das Gemeindeleben verantwortlich eingebunden wurden. Weil Paulus hat irgendwie immer eine Gemeinde gegründet und ist dann sehr, sehr schnell wieder weggezogen. Gab ganz wenige Ausnahmen und hat aber dann Menschen installiert, die die Gemeindeleitung übernahmen. Und da waren eigentlich fast immer Frauen dabei, was sich auch widerspiegelt in den ganzen Grußlisten, die man normalerweise mal gerade überliest in den Briefen des Paulus. Schaut euch diese Grußlisten an, weil das sind die Leute, die das Evangelium verbreitet haben in damaligen Zeiten in ihren Beziehungsnetzen. Philippi war die Lieblingsgemeinde des Paulus, was sich vor allen Dingen darin niederschlug, dass Philippi die einzige Gemeinde ist, von der Paulus finanzielle Unterstützung angenommen hat. Und als er dann weiterzog, kamen immer wieder Boten, Boten aus Philippi und haben ihm Geld gebracht, um ihn draußen vor Ort finanziell zu unterstützen. Also seid vorsichtig, wenn es eine Lieblingsgemeinde
ist oder so. Das kostet dann manchmal auch irgendwie Geld. Was lerne ich aus dieser Geschichte? Lydia sagt in einer Unverhohlenheit, wenn ihr davon überzeugt seid, dass ich zum Glauben gekommen bin, dann tut mir den Gefallen und werdet meine Gäste und kommt zu mir. Wer Evangelium verkündet, muss Gemeinschaft anbieten. Wer Evangelium verkündet, muss Gemeinschaft anbieten. Und das ist momentan eine der verhängnisvollsten Sachen kirchenpolitisch, dass wir trennen Verkündigung, wo die angeblich die Pfarrerinnen und Pfarrer zuständig sind und Geselligkeit, schon allein dieser abwertende Begriff, für die Ehrenamtlichen, die machen das dann. Verhängnisvoll. Wer Evangelium verkündet, muss Gemeinschaft anbieten. Hat schon Schleiermacher gesagt, ist die Religion einmal,
muss sie notwendig auch gesellig sein. Religion, Glauben in sich abzukapseln, schreibt Schleiermacher, ist wider natürlich. Das muss raus, das muss geteilt werden. Und deshalb heißt Taufen auch, also geht hin, macht sie Jüngern und tauft sie in eine Gemeinschaft hinein. Macht sie zu Jüngern und tauft. Christenum ist eine Gemeinschaftsreligion und wir dürfen und können das nicht trennen. Also wenn du Menschen das Evangelium verkündest, brauchen sie eine Gemeinschaft und es ist sehr, sehr gut, wenn du sie selber anbieten kannst. Du bist zeitlebens dafür verantwortlich, wenn du das Evangelium verkündet hast. Oder du machst es wie Paulus, du bietest diese Gemeinschaft nur zeitlich an, aber dann, wenn du weiterziehst, siehst du zu, dass jemand anders diese Gemeinschaft weiterführt. Es kann nicht sein, dass wir Menschen einfach nur eine Botschaft mitgeben und die dann in ihre Gesinnung wandeln und plötzlich irgendwie, keine Ahnung, politisch korrekt sind oder theologisch,
dogmatisch korrekt und dann lassen wir sie allein. Christenum ist eine Gemeinschaftsreligion und verkündet das Evangelium, dass Menschen zu Jüngerinnen und Jüngern machen und sie in die Gemeinschaft hinein taufen, ihnen vitale Beziehungen anbieten, sie in ein vitales Beziehungsnetz hinein. Das sind Dinge, die zusammengehören, die wir nicht trennen dürfen. Thessalonich, die nächste Gemeinde. Apostelgeschichte 17, 1 bis 4. Über Amphipolis und Apollonia kamen Paulus und Silas nach Thessalonich. Dort gab es eine jüdische Synagoge. Wie gewohnt ging Paulus dorthin. An drei Sabbaten sprach er mit den Versammelten über die Heiligen Schriften. Er legte sie aus und wies dabei nach, der Christus musste leiden und danach vom Tod auferstehen. Jesus, den ich euch verkünde, ist dieser Christus. Einige Juden ließen sich überzeugen und konnten für die Sache von Paulus und Silas gewonnen werden. Dazu kamen viele
Griechen, die an den Gott Israels glaubten. Unter ihnen waren auch etliche einflussreiche Frauen. Ich sag jetzt noch mal was zur Synagoge, die wie gesagt schon in Apostelgeschichte 6 erstmalig erwähnt wird in Vers 9. Paulus geht fast immer, es gibt eine Ausnahme, Lüstra, geht fast immer zuerst in die Synagoge. Und wir stellen uns immer vor, Synagoge ist eine jüdische Kirche und das stimmt nicht. Das blöde ist, dass wir nicht genau, also die ältesten Synagogen, die wir ausgegraben haben, kommen aus dem dritten, vierten Jahrhundert und zwei, drei Jahrhunderte vorher, da hat sich nochmal viel geändert. Wir haben nur indirekte Zeugnisse, wie wir uns das vorstellen müssen. Synagogen wurden auch Gebetshäuser genannt, von daher macht das natürlich Sinn, sich dort auch irgendwie einen spirituell eingerichteten Raum vorzustellen. Aber es war viel mehr als ein
Gebets- und Gottesdienstort. Es war ein Versammlungsraum. Wir wissen heute, dass sich in den Synagogen Leitungsgremien getroffen haben, also Sitzungssaal. Es waren Gästezimmer, also Gäste, die von außen dazureisten, Hotelbetrieb konnte dort stattfinden, bis hin zur medizinischen Versorgung. Also ein Multifunktionsraum, ein Kommunikationszentrum, keinesfalls ein nur für kultische oder rituelle Dinge vorbehaltener Raum. Ich sehe momentan, dass unsere Politik in der Kirche dahin geht, dass wir Gemeindehäuser verkaufen und Kirchen behalten. Muss ich weiterreden? Also mir tut es um jede Kirche weh, die wir weiter verkaufen. Mir tut es wirklich um jede Kirche weh, weil das natürlich kulturelle Kunstschätze par excellence sind. Aber wenn
ich darüber nachdenke, was das Christentum brauchen wird in den kommenden Jahrzehnten, ist es das tatsächlich ein kultischer riesigen Raum, wo sich vielleicht zehn Leute treffen oder 20? Würde es nicht reichen, sehr viel weniger Kirchen zu haben in den Ballungszentren und stattdessen sehr viel mehr auf solche Multifunktionsräume zu setzen? Ich sehe das nicht nur gespalten, sondern auch auch parteiisch. Ich gebe es zu. An Thessalonik kann man sehr schön zeigen, wie sich auch in dem Neuen Testament, in der Bibel insgesamt, auch Theologie entwickelt. Das erste ist tatsächlich, was Paulus hier verkündet, ist, dass Jesus auferstanden ist. Das steht dort. Das ist das Zentrum. Im ersten Thessalonischer Brief, unumstritten,
dass der von Paulus kommt, das wahrscheinlich älteste Stück aus dem Neuen Testament, was wir haben, also der älteste Brief des Paulus, setzt sich Paulus mit einer Situation auseinander, nämlich dass mehr und mehr Leute aus der Gemeinde sterben und die Leute werden unruhig. Und er sagt, ich will euch nicht im Ungewissen darüber lassen, dass auch wir auferstehen werden. Er lässt sie darüber im Ungewissen, weil diese Auferstehung, die persönliche Auferstehung in seiner Verkündigung in Thessalonik, vermutlich gar keine Rolle gespielt hat. Man hat ihm in Thessalonik, in seiner Predigt genügt zu sagen, Jesus ist auferstanden. Und Paulus lebte in einem sehr, sehr starken Bewusstsein, dass Jesus bald wiederkommen wird, dass wir auch auferstehen werden, war für ihn kein großes Thema. Jetzt starben mehr und mehr Leute, sodass Paulus nachgereicht hat. Die Botschaft der Apostelgeschichte, Christus ist auferstanden. Die Botschaft im ersten Thessalonischer Brief, auch wir werden auferstehen. Seid getrost. Und dann gibt es noch den zweiten Thessalonischer Brief, wo man von ausgeht, dass da wer auch immer, Paulus, Schüler, wir wissen es
nicht, noch mal ein bisschen korrigierend eingegriffen wird und sagt, auch diese Wiederkunft Jesu, das dauert noch ein bisschen. Also wird dann von Bedrängnis und Widersacher und Wiederkunft und Gericht und Himmel und Hölle, also da wird es richtig apokalyptisch. Nun bin ich hier auch sehr gespalten und da bin ich wirklich gespalten, weil so endzeitliche Fahrpläne haben in der Kirchengeschichte eine eher ungute Rolle gespielt. Ich bin sehr froh, dass Sie sich jetzt immer mit der Offenbarung des Johannes auseinandersetzt, weil das sehr, sehr oft verstanden worden als Fahrplan durch die Endzeit und das ist nicht gut. Und auf der anderen Seite so ein Christentum ganz ohne Esztertologie, ganz ohne Lehre von den letzten Dingen, ganz ohne Bewusstsein dessen, dass Jesus wiederkommt, bleibt merkwürdig farb- und kraftlos, bleibt eigenartig ungeschichtlich. Ich sage das durchaus auch selbstkritisch, weil Esztertologie in meiner persönlichen Spiritualität eine sehr geringe
Rolle spielt. Also ich wache nicht jeden Morgen auf mit dem Bewusstsein, dass Jesus heute wieder kommen könnte. Es spielt wirklich eine, und es bleibt ungeschichtlich. Es ist irgendwie so eine Mischung aus Moral und Kult, also bei mir vielleicht und bei anderen auch noch ein bisschen mehr. Also ich frage mich, ob so ein bisschen esztertologische Farbe uns, unserem gerade landeskirchlichen Christentum nicht vielleicht auch gut täte. Das so zum Thema Thessalonik. Wir springen mal weiter nach Beröa. Apostelgeschichte 17, 10 bis 12. Noch in derselben Nacht schickten die Brüder Paulus und Silas nach Beröa. Kurz nach ihrer Ankunft gingen sie in die jüdische Synagoge. In Beröa waren die Juden aufgeschlossener als in Thessalonik. Sie nahmen die Botschaft mit großer Bereitwilligkeit auf. Täglich überprüften sie an den heiligen Schriften, ob das, was Paulus sagte, auch stimmte.
Viele von ihnen kamen zum Glauben, darunter nicht wenige einflussreiche Griechen, vor allem Frauen, aber auch Männer. Also auch hier wieder das gleiche Bild. Zuerst die Synagoge. Und hier merken wir, dass, ja, neuen Aspekt. Diese Menschen überprüfen das Gesagte anhand der heiligen Schriften. Also gläubige Juden sagen, okay, wir hören uns das mal an. Jetzt prüfen wir anhand der heiligen Schrift. Das zeigt mir so ein bisschen, dass das Christentum der damaligen Zeit niedrigschwellig war und gleichzeitig bildungsaffin. In den Städten gab es eine Alphabetisierungsrate von 30 bis 50 Prozent. Das ist ordentlich, weil jeder jemanden kannte, der lesen konnte. Und wenn man in diese, sei es in die Synagoge oder wo auch immer hingegen, man könnte immer davon ausgehen, dass das Leute einmal Texte der hebräischen Bibel lesen konnten, aber auch diese Paulusbriefe und andere Schriften,
die damals rumgingen. Gregor der Große hat mal gesagt, die Bibel ist ein Strom, der so flach ist, dass ein Lamm daraus trinken kann und so tief, dass ein Elefant darin baden kann. Und das haben die in Beröa irgendwie gemerkt. Es ist niedrigschwellig und gleichzeitig bildungsaffin. Mich erinnert diese Geschichte und ich will nur diesen einen Gedanken mir zu Beröa teilen. In einer Gemeinde meiner Jugend, da brachten alle Leute ihre Bibel mit. Das war eine landeskirchliche Gemeinde, by the way. Alle brachten ihre Bibel mit und für Gäste lagen Bibeln dort mit, heute würden sagen, Post-its, also so Lesezeichen. Weil wir natürlich davon ausgehen konnten, dass da wenn Gäste kommen, die nicht sofort wussten, hier schlag mal bitte auf Judas Brief oder so, also waren Post-its drin, dass man das sofort nachlesen konnte. Das heißt, wir wurden damals angehalten von diesem Pastor, her lest mit, lest nach und schlagt vor und zurück. Und das war, ich war Jugendlicher, ja, am Anfang ganz schöne Sucherei oder so. Und ich muss
gestehen, es war die geistlich fruchtbarste und prägendste Zeit meines Lebens. Als ich angeleitet wurde, nicht nur mir anzuhören, was andere Leute über die Bibel sagten, sondern selber in der Bibel zu lesen. Gib den Menschen einen Fisch und hat einen Tag lang zu essen, lehre ihn Fischen und hat jeden Tag seines Lebens genug zu essen. Und das habe ich damals erlebt. Wir hatten damals einen Pastor, der uns nicht nur einen Fisch reichte, der für eine Woche dann reichen musste, sondern der uns gelehrt hat, guckt mal und vielleicht unter der Woche lest mal hier das ganze Kapitel im Zusammenhang. Ich habe das gemacht. Kommt einem heute so vor wie aus einer anderen Welt, erlebe ich ganz, ganz selten. Manchmal noch in Freikirchen kommt das vor. Und ich glaube, das ist die größte Krise unserer Kirche, dass Christinnen ihre Bibel nicht mehr kennen. Christinnen kennen ihre Bibel nicht mehr. Sie wissen nicht, wie man in der Bibel Gottes Stimme vernimmt. Sie wissen nicht,
wie man daraus lebt und sie wissen nicht, wie man darauf antwortet. Und das ist ein Substanzverlust, der vergisst die Finanznot der Kirche und alles. Das ist Fiki. Das ist nichts dagegen. Macht die Leute wieder bibelfähig und überlasst die Bibel nicht den Bibliotheken. Ja, lehrt die Leute vernünftig und aber aber fromm gleichzeitig in der Bibel zu lesen. Lehrt sie sie so zu lesen, dass sie selbstständig darin werden, dass sie hören, dass sie aus diesen vielen Buchstaben heraus das Wort Gottes hören, wie Gott zu ihnen spricht. Dass sie lernen, wie man daraus leben kann und dass sie lernen, wie man betet. Weil ich glaube, zuallererst möchte die Bibel uns dazu ermutigen, im Gebet zu antworten und mit unseren Taten zu antworten, mit unserem Leben zu antworten. Dieser Substanzverlust ist für mich der größte, den wir überhaupt in unserer Kirche haben. Und
da kommt mit Freiburg Studie 2060 wird die Kirche, vergess das. Die Leute können heute schon nicht mehr ihre Bibel kennen sie nicht mehr. Bis in die leitenden Gremien hinein. Da, das macht mir richtig Schiss. Athen. Wir kommen immer näher an Rom. Apostelgeschichte 17, 16 bis 19, 32 folgend. Paulus wartete in Athen auf Silas und Timotheus. Die Stadt war voller Götzenbilder. Als Paulus das sah, packte ihn der Zorn. Er sprach in der Synagoge zu den Juden und zu denen, die an den Gott Israels glaubten. Und jeden Tag redete er mit den Leuten, die er zufällig auf dem Marktplatz antraf. Darunter waren auch epikuräische und stoische Philosophen, die mit ihm diskutierten. Einige von ihnen bemerkten, was will dieser Angeber eigentlich? Andere meinten, er scheint irgendwelche
fremde Gottheiten zu verkünden. Denn Paulus verkündete die gute Nachricht von Jesus und von der Auferstehung. Sie nahmen ihn mit zum Areopark und fragten, was ist das für eine neue Lehre, die du da vertrittst? Können wir mehr darüber erfahren? Als die Leute Paulus von der Auferweckung vom Tod reden hörten, lachten einige ihn aus. Aber andere sagten, darüber wollen wir ein andermal mehr von dir hören. So verließ Paulus die Versammlung. Einige Leute schlossen sich ihm an und kamen zum Glauben. Hier steht ein Wort, das seit Thessalonik im Griechischen eine starke Rolle in der Verkündung des Paulus steht. Man könnte über diesen Texten tagelang reden. Das ist wirklich auch einer meiner Lieblingstexte, auch was Chancen und Grenzen
des interreligiösen Dialogs zum Beispiel betrifft. Ich lasse das alles mal weg. Hier ersprach in der Synagoge zu den Juden. Hier steht im Griechischen ein Wort Dialegomai. Jetzt muss man kein Obergrieche sein, keine Obergriechin. Dialegomai, Dialog, genau. Dieses Wort findet sich zehnmal in der Apostelgeschichte, angefangen von Thessalonik über Athen, Korinth. Es steht nur in der Verkündung des Paulus. Und das Verb wird unabhängig benutzt von Publikum, Menge und Ort. Also dieses Dialog führen, das macht Paulus in der Synagoge, hier wird es gesagt, auf dem Marktplatz in der Schule, auf dem Areopark. Dialogisiert mit Juden und mit Heiden, mit Christinnen und Christen, mit dem Stadthalter Felix. Und nochmal ausschließlich von Paulus wird uns dieses Wort berichtet. Lukas setzt dieses Wort ein, um die Lehrtätigkeit des Paulus zu charakterisieren und
zu unterscheiden. Und das wird leider in den Übersetzungen nicht deutlich. Bei Luther steht dann manchmal er predigte. Luther hat alle Worte, die nicht bei drei auf dem Bäumen waren, mit predigen übersetzt, weil er selber so wahnsinnig gern predigte. Das ist super schade, der Glaube kommt aus der Predigt. Das steht dort nicht. Der Glaube kommt aus dem Hören. Aber da konnte Luther natürlich, er war ein faszinierender Prediger mit allen Ambivalenzen. Der Glaube kommt eben aus dem Hören des Wortes. Und hier auch, er redete zu den Juden in der Synagoge. Nein, er führte einen Dialog. Das ist etwas völlig anderes. In einen Dialog mit den Menschen gehen. Er belehlt sie nicht, sondern er nennt das, was er zu sagen hat, und hört an, was die anderen zu sagen haben. In Athen mache ich es deutlich, wie gesagt, es wird in vielen Gemeinden berichtet, weil es ist, ja,
also ich sage mal zwei Dinge dazu. Das eine ist, das Evangelium ist eine Botschaft, die der Mensch sich nicht selber sagen kann. Da kannst du diskutieren und debattieren und sagen, fühl mal stark in dich rein und hör doch mal auf deine eigene spirituelle Stimme. Die wird dir nie was von Kreuz und Auferstehung Jesu sagen. Das heißt, es gibt etwas an der christlichen Botschaft, was der Mensch gesagt bekommen muss. Das kommt nicht aus irgendwie unseren natürlichen spirituellen Fähigkeiten. Das nennt das Neue Testament Charyseen, Herod, der Chirurg ist der Herod, das Evangelisieren, ja, das eben nicht Evangelisieren, sondern dieses Verkündigen der Botschaft, die der Mensch sich nicht selber sagen kann. 61 mal das Wort Charyseen. 55 mal steht auch das Wort Euangelistes Dei, also evangelisieren. Und das ist jetzt schon, da stellen wir uns auch immer vor, irgendjemand geht hin und hält eine rauschende Predigt oder irgendwie so etwas,
steht da aber nicht. Euangelistes Dei für die griechen Griechen unter uns ist ein Medium, ist eine Verbform, die wir hier nicht haben im Deutschen, wir kennen nur aktiv oder passiv. Das Medium ist dazwischen. Evangelisieren ist etwas zwischen aktiv und passiv, ist etwas zwischen reden und hören, ist geben und nehmen gleichzeitig, ist reden und hören gleichzeitig. Und dieses Dialog, Gezestai ist im Grunde genommen, Dialegoma, Entschuldigung, geht in genau die gleiche Richtung. Zwischen aktiv und passiv, zwischen reden und hören, zwischen geben und nehmen. Wenn es um das Evangelium geht, sind nicht wir die Bescheid wissen und die anderen sind dumm, denen müssen wir das einfach irgendwie erzählen. Es ist keine oben-unten-Kommunikation. Wir alle, und das ist die starke Erkenntnis, ist, wir alle, auch die wir das Evangelium angeblich und vermeintlich und subjektiv auf jeden Fall schon kennen, wir alle sind und bleiben, was das Evangelium anbetrifft,
miteinander Lernende. Und das macht Paulus hier in Athen, wie ich finde, in einer Art interreligiösem Dialog. Man merkt, er geht durch die Stadt, da hat die Faust in der Tasche und er ärgert sich über die ganzen Altäre, die dort stehen. Und über den ganzen religiösen Wildwuchs und wir würden sagen, oh, nimm das ernst und wertschätze das. Wenn man sieht, was das auch mit Sklaverei und mit Unrechtsstrukturen zu tun hatte oder so, dann würde man heute vermutlich nicht mehr ganz so tolerant über das Ganze reden und überlegt, wo kann ich anknüpfen, wo, an welchem Bedürfnis, was kann ich wahrnehmen und finde dann diesen Altar dem unbekannten Gott gewidmet. Und dann fängt er an, in diesen Dialog mit den Leuten zu treten. Nicht zu sagen, hey, ich mache das jetzt mal ganz neu und ihr habt alle keine Ahnung, ich weiß es und ihr seid alle ein bisschen blöd und ich bin derjenige welcher. Sondern er sagt, komm, lass uns mal darüber in einem Disput treten, lass uns darüber diskutieren. Weil das ist die
Erkenntnis und deshalb reden die in der Theologie heute nicht mehr so stark von Verkündigung, sondern lieber von Kommunikation des Evangeliums. Und ich finde, das ist ein sehr sympathischen Schritt, weil Verkündigung ist natürlich auch eine Form von Kommunikation, aber es gibt sehr viel mehr Formen von Kommunikation als nur Verkündigen. Und in einen Dialog gehen ist auch eine Form von Verkündigung des Evangeliums. Und wenn ich Jesus anschaue, der ist ganz viel in den Dialog getreten mit den Menschen und hat Menschen geheilt. Ist heil eine Form von Kommunikation? Ja. Ist Tischgemeinschaft eine Form von Kommunikation des Evangeliums? Ja, absolut. Ist Feiern? Ja. Also von daher einen breiteren Begriff, nicht nur Verkündigung hier, Kreuz, sondern in Kommunikation treten. Verkündigung ist eine Form von Kommunikation, aber Kommunikation ist so viel mehr. Fragen, Zweifel, andere Sichtweisen helfen uns, den eigenen Glauben besser zu verstehen. Das ist meine Erfahrung als jemand, der wirklich
ein missionarisches Herz hat, der viele Glaubenskurse entwickelt hat und am liebsten immer mit Leuten, die noch nicht glaubten, nicht mehr glaubten, zu tun hatte. Merkt ihr, diese Fragen, diese Zweifel, diese anderen Sichtweisen haben mir immer geholfen, dass ich meinen eigenen Glauben besser verstanden habe. Natürlich gibt es nur ein Evangelium, aber es bricht sich im Prisma unterschiedlichster Biografien und Lebensgeschichten und Lebenssituationen doch in tausend Farben. Und du kannst nicht zwei Leuten das Evangelium in den gleichen Worten ausrichten, weil es dann ungeschichtlich wird und an der Person vorbeigeht. Der 1994 verstorbene Aachener Bischof Klaus Hemmerle sagt diese berühmten Worte, lass mich dich lernen, dein Denken und Sprechen, dein Fragen und Dasein, damit ich daran die Botschaft neu lernen kann, die ich dir zu überliefern habe. Lass mich dich lernen, dein Denken und Sprechen, dein Fragen und Dasein, damit ich daran die Botschaft neu lernen kann, die ich dir
zu überliefern habe. Vorletzte Stadt Korinth. Apostelgeschichte 18, 1 bis 4 und 9 bis 11. Bald darauf verließ Paulus Athen und ging nach Korinth. Dort traf er einen Juden namens Aquila und seine Frau Priscila. Aquila stammte aus Pontus und war erst kürzlich aus Italien gekommen, denn Claudius hatte alle Juden aus Rom ausweisen lassen. Paulus schloss sich den beiden an und weil er dasselbe Handwerk ausübte wie sie, blieb er bei ihnen. Er arbeitete in ihrem Betrieb mit, denn sie waren Zeltmacher von Beruf. Jeden Sabbat sprach Paulus in der Synagoge und versuchte Juden und Griechen zu überzeugen. Eines Nachts hatte Paulus eine Erscheinung. Der Herr sagte zu ihm, hab keine Angst, verkünde weiter die gute Nachricht und schweige nicht. Ich bin bei dir, niemand kann
dir etwas anhaben, denn viele Menschen in dieser Stadt sind dazu bestimmt, an mich zu glauben. Paulus blieb noch eineinhalb Jahre in Korinth und lehrte dort das Wort Gottes. Auch hier steht wieder das Wort Dialegito. Sabbat sprach Paulus in der Synagoge. Korinth, die Reeperbahn der Antike, Stadt geworden, Reeperbahn der Antike. Eine Landenge mit zwei Häfen und es war so, dass man Schiffe an den einen Hafen brachte und dann wurde auf dem Landweg diese Schiffe rübergekarrt zum anderen Hafen, weil man sich dadurch einfach viele hundert Seemeilen ersparen konnte. Ein irrer Melting-Pot an kulturellem Mix, große Armut. Reeperbahn der Antike, sagte ich bereits, ein gigantischer Aphroditetempel mit etwa 1000 Tempelhuren. Ein Ort, den man sich mit was die
sozialen Spannungen und Unterschiede betrifft, also kaum extremer vorstellen kann. Nicht viele Weise, schreibt Paulus im 1. Korinther 1.26, gibt es unter euch. Also Paulus reflektiert die Gemeindesituation und das reflektiert die damalige Gesellschaft. Tatsächlich nicht viele Vornehmen, nicht viele Weise, nicht viele Reiche. Nicht viele heißt, es gab einige. Die korinthische Gemeinde versammelte sich zum Beispiel täglich im Haus des reichen Bürgers Erastus, der in Römer 16 als Eukonomos bezeichnet wird. Ich leite das jetzt nicht weiter ab. Es war vermutlich so eine Art zweiter Bürgermeister, der für die Finanzen zuständig war der Stadt und der auch das obligatorische Abendmahl wahrscheinlich finanzierte, diese Sättigungsmahlzeiten. Auch die Tatsache,
dass soziale Spannungen thematisiert werden, zeigt, dass es diese Unterschiede gab in der Gemeinde. In Galater 3 heißt es ja, dass es hier nicht Jude, nicht Grieche, nicht Sklave, noch Freie, nicht Mann, noch Frau gibt. In Korinth war das zumindest im Ansatz wurde das angepackt. Es wurde nicht durchverwirklicht. Ach, das wäre schön gewesen, wenn man irgendwo mal gezeigt hätte, dass das funktioniert. Aber sie haben es dort wenigstens versucht. Und Paulus sah in den sozialen Unterschieden Korinths eine Riesenchance. Er sagte, wir können hier voneinander profitieren. Und die Reichen, okay, die zahlen das Sättigungsmahl oder so. Aber schaut man das Spirituelle gut. Also wobei Paulus jetzt nicht die Armut verherrlicht hat. Aber er sagt, wir können hier gegenseitig auf unterschiedlichen Ebenen geben und nehmen. Und Korinth ist so arm, dass er den Leuten nicht auf der Tasche liegen will. Deshalb arbeitet er als Zeltmacher. Wahrscheinlich auch unterstützt durch die Gemeinde in Philippi. Also die Überwindung sozialer Unterschiede war ein großes Thema, hat im Endeffekt nicht funktioniert. Der erste Clemensbrief spiegelt das ein bisschen
wider. Und Clemens ist da, ja, ist oft bei Clemens ziemlich unangenehm zu lesen. Also für den sind es vor allem die Unterschichten, die die Unruhe und die Spaltung in die Gemeinde reinbringen. Paulus selber schreibt auch schon von verschiedenen Gruppierungen in der Gemeinde. Da gibt es Apollos Schüler, Petros Schüler, Paulus Christus Schüler. Das ist wahrscheinlich ironisch. Also Leute, die so einen direkten Draht zu Christus haben. Und Clemens schreibt, das liegt vor allen Dingen an den Unterschichten. Du liebst ein bisschen, als ob es bei den Reichen keine Spaltungen gäbe. Du liebst ein bisschen. Was spannend wird an Korinth ist, dass man ein bisschen Einblick bekommt in die gottesdienstlichen Versammlungen. Durch den Korintherbrief bekommen wir das vor allen Dingen. Dort wurden alte Texte wie die jüdische Bibel und neue Texte gelesen und diskutiert. Eine Frontalpredigt gab es nicht. Das ist überhaupt so was, was man als Pfarrer sich auf der Zunge zergehen lassen muss. Ich war 15 Jahre Pfarrer vom Beruf, bis ich merkte, dass dieser Beruf in der
Bibel gar nicht vorkommt. Und ich bin mit Leidenschaft Pfarrer. Nur falls das jemand sich jetzt gerade gerne in den falschen Hals bekommen möchte. Aber man muss da, so wie Elektriker, das gibt es auch noch nicht in der Bibel. Es ist nichts schlechtes über Elektriker, die brauchen es. Es braucht auch Pfarrer und Pfarrerin, aber biblisch ist dieser Beruf nicht. Das Wort Gottesdienst in unserem Sinn kommt dem Neuen Testament auch nicht vor und das ist noch eine Krise für noch viel mehr Menschen. Was hier passiert, übersetzen wir am besten mit Versammlungen. Und dort werden Texte gelesen, es wird gebetet, aber das ist sehr, sehr viel diskursiver, ist sehr, sehr viel mehr demokratisiert. Schrift und Gebet spielt eine zentrale Rolle. Aber auch Einbringung von Geistesgaben, dafür hat Sigi am ersten Abend was gesagt. Gebet für Kranke. Wie kann man, also was, wie kann man? Wäre das nicht auch eine Option, dass man regelmäßig Gebet für
Kranke anbietet in unseren Gemeinden? Man muss das ja nicht gleich Heilungsgottesdienst nennen. Du liebst es aber geht für Kranke. Wo Prophetin eine Rolle spielt, eine Zungenrede, diese schöne Karikatur, die ich in der Zeit bewundert habe. Und dann nochmal dieses gesponserte Sättigungsmal mit integrierter Liturgie. Für mich sehr, sehr powervoll. Versucht das mal nachzuleben in euren Gemeinden, in überblickbaren Gruppen, in Tischgruppen, im Gottesdienst oder in kreisenden Gruppen. Oh, jetzt kriege ich aber Ärger mit einer Kirchenordnung hier und dort jedenfalls. Es gibt im Neuen Testament nicht eine einzige Belegstelle, dass ein Abendmahl im Gottesdienst gefeiert wurde. Jetzt aber still. Jetzt aber still. Abendmahl wird in den Häusern gefeiert. Also es ist super, also es gibt eine einzige Stelle, aber die verrate ich euch nicht, die eine Andeutung in diese Richtung macht. Aber Abendmahl ist die Fortführung der Tischgemeinschaft, die
Jesus mit seinen Leuten gehabt hat. Und in der Mitte macht man sich die Gegenwart Gottes bewusst durch einen liturgischen Einschub in das Ganze. Alles andere hat sich irgendwie verselbstständigt. Wenn ich sage, die mystären Religionen, auf die ich jetzt doch nicht zu sprechen gekommen bin, haben mir eine starke Rolle gespielt, dass man diese kultischen Mahlzeiten begann zu feiern. Ephesus. Apostelgeschichte 19, 1 bis 7. Damals, als Apollos in Korinth war, zog Paulus über das Hochland zum Meer hinunter nach Ephesus. Dort fand er einige Jünger vor. Die fragte er, habt ihr den Heiligen Geist empfangen, als ihr zum Glauben gekommen seid? Sie antworteten ihm, wir haben noch nicht einmal gehört, dass es einen Heiligen Geist gibt. Paulus fragte weiter, was für eine Taufe habt ihr denn empfangen? Sie erwiderten,
die Taufe durch Johannes. Da erklärte ihnen Paulus, bei der Taufe des Johannes ging es darum, sein Leben zu ändern. Zugleich hat Johannes dem ganzen Volk gesagt, sie sollen an den glauben, der nach ihm kommt, das heißt an Jesus. Als die Jünger das hörten, ließen sie sich im Namen von Jesus dem Herrn taufen. Dann legte Paulus ihnen die Hände auf und der Heilige Geist kam auf sie. Und sie redeten in unbekannten Sprachen und mit prophetischen Worten. Es waren etwa zwölf Männer. Auf den ersten Blick eine etwas willkürlich scheinende Textauswahl, weil man so viel über Ephesus sagen könnte. Aber typisch für Ephesus ein Melting-Pot unterschiedlicher Christentümer. Es gab kaum eine Stadt, vielleicht Korinth ein bisschen auch, wo verschiedene Arten von Christentum
aufeinander trafen. Judenchristen, Johannesjünger, die Paulus-Schule, die Nikolaiten, von denen schon die Rede war. Apollos, das ist Apollos geworden, ein großartiger Mensch, hat irgendwie keinen Einlass in die Bibel gefunden. Die johannäischen Schriften, alles Ephesus, Ephesus, Ephesus. Paulus eiert ziemlich rum in der apostelischen Geschichte. Bei seiner ersten Missionsreise heißt es, der Heilige Geist verwehrte ihm, dass er in die Provinz Asier ging und Ephesus war die Provinzhauptstur von Asier. Also der Geist sagt, geh nicht nach Ephesus. Das ist ziemlich einzigartig. Und auch danach, in der zweiten Missionsreise, geht er nur ganz kurz hin, vielleicht auch, weil er diese Auseinandersetzung mit den anderen Christentümern oder anderen spirituellen Schulen scheut. Und hier jetzt in der dritten Missionsreise dann aber auch richtig. Und dann bleibt er auch drei Jahre. Also
einmal da sagt er, okay, jetzt lass mich hier, gehe ich auch so schnell nicht weg. Und auch der Abschied wird sehr, sehr lang, atmig ist nicht richtig, aber ausführlich geschildert. Und der Start ist hier diese Geschichte mit der Geistestaufe. Diese zwölf Jünger, ganz eigenartige Geschichte. Es gibt zwei Parallelen der Apostelgeschichte, scheint wirklich so ein durchgängiges Thema gewesen. Und in Ephesus wird die Wundertätigkeit des Paulus betont wie in keiner anderen Gemeinde. Es gibt ein Summarium, wo gesagt wird, dass Paulus alles für tolle Wunder getan hat. Passt so ein bisschen in diese charismatische Linie. Die Message, die ich da so ein bisschen rausnehme, die Leute, die er dort trifft, diese Johannesjünger, wie sie sich dann auf der Zeit, anfangs werden sie ja nur als Jünger bezeichnet. Und irgendwann wird doch Johannesjünger. Aber es ist irgendwo klar, sie sind Christen. Und man kann Christin oder Christ sein, ohne vom Heiligen Geist
erfüllt zu sein. Und das ist so für mich so ein Eye-opener irgendwann mal gewesen, ein Augenöffner, wenn es in der Schrift heißt, werdet voll des Heiligen Geistes. Ja, den Heiligen Geist haben wir alle. Aber dieses Vollwerden, dieses Erfülltwerden vom Heiligen Geist. Man kann Christin, Christ sein. Man glaubt an Jesus und man trifft sich regelmäßig und alles Mögliche. Aber man ist nicht erfüllt vom Heiligen Geist. Und da sage ich mal eins dazu, damit kommt man in den Himmel, aber man verändert die Erde nicht. Und ich glaube, es würde vielen Christinnen und Christen heute so gehen, wie es hier in diesem Text steht. Wir haben noch nie was vom Heiligen Geist gehört. Da sage ich, hey, das passt du nicht auf dem Gottesdienst. Am Anfang heißt es doch immer im Namen des Vaters, des Sohnes, des Heiligen Geistes. Ja, gehört schon. Gehört schon. Die Theologie nimmt den Heiligen Geist mittlerweile etwas ernster. Ich habe damals bei meiner
Doktorarbeit bin ich über das Thema geprüft worden. Ich habe lange, lange suchen müssen, im evangelischen Sprachraum irgendeinen Theologen, Theologin zu treffen, die darüber was geschrieben haben. Gab es kaum. Eine weitgehende Geistvergessenheit, die sich bis in die Gemeinden hinein fortführt. Und heute wird dieser Geist mehr so pantheistisch, hätte ich fast erklärt, würde ich fast sagen, erklärt. Der Geist wirkt überall und alles, was da ist, wird damit erklärt, dass der Heilige Geist alles in allem wirkt, dass er da wird, wo er wirken will. Was heißt, bitte tu selber nichts. Der Heilige Geist ist heute für viele der Abwehrzauber. Wenn irgendwelche Leute sagen, hey, wollen wir mal die Idee umsetzen? Oh, wir wollen doch nicht dem Heiligen Geist ins Handwerk pfuschen. Als ob der Heilige Geist, der Heilige Geist ist ein Geist der Synergie. Ja, Christus hat das Heil für uns gebracht, außerhalb von uns. Christus, wenn es um das Heil geht, gibt es kein Zusammenwirken. Das macht Christus für uns allein. Aber der Heilige Geist wirkt nicht außerhalb und jenseits vom
Menschen. Er wirkt durch uns hindurch. Und von daher ist es für mich ein zentrales Thema, weil der Heilige Geist die Dynamik eines wirkungsvollen Christenlebens ist. Und ohne Heiligen Geist fehlt uns schlicht die Power. Das ist ein kraftloses Christentum. Das ist wie wenn du versuchst, so ein Porsche mit 550 PS zu schieben. Ich habe manchmal den Eindruck, das ist das, wie wir unser Christ sein leben. Und dann hast du die Johannis Taufe und Johannes sagt, ihr müsst was ändern, euer Leben ist nicht so, wie Gott sich das vorstellt. Also fängt man an, die Ärmel hochzukrempeln und schiebt. Das ist bewundernswert. Christ sein aus eigener Kraft. Wie viele Leute versuchen aus eigener Kraft Christ zu sein, Christin zu sein. Aber die sehen angestrengter aus als Leute, die gar keinen Porsche haben. Dann kommt ein Nietzsche und sagt, Christen müssten mehr Erlöser aussehen, wenn ich an ihren Erlöser glauben würde. Das ist bewundernswert. Das meine ich völlig ohne Ironie. Aber es ist
etwas total Verbissenes. Und ich weiß nicht, ob ihr das kennt, dieses verbissene Christentum von links und von rechts. Und das Ergebnis eines solchen, wir krempeln die Ärmel hoch, ist entweder Frustration oder falscher Stolz. Schau mal, ich habe den Porsche weiter geschoben als mein Nachbar. Und dann denkst du, Jesus sagt, hey, lass mal diese Schieberei, also unter Tempo 200 gebe ich mich nicht zufrieden. Er sagt, wie, 200 Meter in der Stunde schaffe ich nie. Ich rede von 200 Kilometer. Es ist eine andere Dynamik, ob du die Power drin hast, ob du, das ist ja heute politisch nicht korrekt, also Benzin in das Ding reinfällt. Die Leute sagen, von Benzin habe ich noch nie was gehört. Die Möglichkeit B, und das ist mir eigentlich ein sehr sympathisches Christen, weil die tun wenigstens was. Und doch, wir haben einen unmöglichen Auftrag. Wir sollen das Evangelium unter die Menschen bringen. Wir sollen das Reich Gottes vorabbilden. Das geht nicht aus eigener Kraft. Also machen viele
Folgendes, sie stellen ihren Porsche in ein Museum, das Museum der Tradition. Dann sind sie tierisch stolz darauf und sagen, hey, früher ist der mal gelaufen. Und wenn nicht, sieht er total gut aus. Und wir putzen ihn heraus und wehe, einer kommt und versucht zu schieben und zu verrücken. Nein, der stand schon immer da. Und wehe, einer kommt und möchte Benzin einfüllen. Christ sein aus eigener Kraft, Christ sein als Museum oder Christ sein, das sagt, okay, wir lassen den Geist rein in unser Leben, unsere Gemeinden. Hier passiert es durch Handauflegung. Das würde ich jetzt nicht jedem empfehlen, aber bei mir hat es geholfen. In Apostelgeschichte 2, die sitzen einfach nur da und beten. Da passiert nichts mit Handauflegung. Der Geist kommt durch gemeinsames Gebet. Aber es ist auf jeden Fall bewusst, sie wollen das, weil der Heilige Geist ist ein Gentleman, schreibt CS Lewis mal. Der kommt nur rein, wenn wir ihn einladen. Der muss gewollt sein. Und hier sage ich, können
wir von der charismatischen und pentecostalen Bewegung unfassbar viel lernen. Du musst nicht jede Extremität, Extremität ist falsch, also jedes Extrem dieser Theologie übernehmen, aber du kannst unfassbar viel davon lernen. Lass den Geist rein. Ohne den Heiligen Geist, schreibt Patriarch Athenagoras von Constantinopel, ist Gott fern? Bleibt Christus in der Vergangenheit? Ist das Evangelium ein Tod der Buchstabe? Die Kirche ein bloßer Verein? Die Autorität eine Herrschaftsform? Mission Propaganda? Die Liturgie eine Geisterbeschwörung? Und das christliche Leben eines Sklavenmoral? Einen Ort habe ich noch, das ist nur eine kurze Nachbemerkung, aber das schauen wir uns noch mal an. Rom. Apostelgeschichte 28, 16, 30 folgend. Als wir dann in Rom waren, erhielt Paulus die Erlaubnis, sich eine eigene Wohnung zu nehmen. Nur ein Soldat blieb als Wache
bei ihm. Paulus blieb volle zwei Jahre in seiner Mietwohnung. Er hieß alle willkommen, die zu ihm kamen. Er verkündete ihnen das Reich Gottes und lehrte sie alles über Jesus Christus den Herrn, mutig und offen und völlig ungehindert. Mit diesen Worten hört die Apostelgeschichte auf. Mutig und offen und völlig ungehindert. Paulus hat die Gemeinde nicht gegründet. In Rom gab es schon Christen im Jahr 40, ist es schon nachweisbar, sehr sehr früh. Nicht durch Mission, sondern durch Migration. Und diese Gemeinde wollte er besuchen und zwar auf seinem Weg nach Spanien. Wer schreibt, dass Paulus zwei Jahre in seiner Mietwohnung blieb, der weiß einmal, dass es dann eine Änderung gab, weil sonst würde ich sagen, er blieb zwei Jahre. Und er weiß auch, worin diese Änderung bestand. Dummer, dummerweise schweigt Lukas darüber, was dann passiert. Er bleibt mit
diesen Worten mutig und offen und ungehindert. Und er wusste es, er wusste es, was dann passiert ist. Und wir würden es so gerne wissen. Papst Clemens I., der um das Jahrhundert herum gestorben ist, sagt, er hat es geschafft, er ist nach Spanien gegangen. Es gibt eine große Tradition. Johannes Prisostow muss ein Anderes sagen, ja, Spanien. Andere, Ignatius von Antiochien zum Beispiel, 110 gestorben, sagt, er hat den Märtyrertod erlitten. Die Paulus-Akten schreiben das. Eusebius, der große Kirchengeschichtler schreibt, wir wissen es nicht. Die Mehrheit ist der Meinung, er ist dem Märtyrertod in Rom gestorben. Ich lasse es mal offen und mache doch hier meinen Korken jetzt drauf auf das Ganze. Wenn das so wäre, du willst nach Spanien und endest in Rom. Es hat auch was Versöhnliches, muss ich sagen. Nicht nur die Tugenden der Heiligen, sondern auch ihre Sünden trösten uns. Nicht alle Ziele im Leben erreichen wir, auch nicht alle geistlichen Ziele.
Auch nicht alle geistlichen Ziele. Und Paulus hat ein klares, sehr früh kommuniziertes Ziel gehabt. Und er hat trainiert, jahrelang ist er in Gemeinden gegangen, die so ähnlich aussahen, wie das, was er sich in Spanien vorgestellt hat. Er hat Latein gelernt und so weiter und so fort. Er hat wirklich trainiert und es ist eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass er es nie erreicht hat. Hat er deswegen sein Leben verpfuscht? Nein, er hat das Christentum geprägt wie kaum jemand anders. Was wäre aus Paulus geworden, wenn er sich nicht Jesus aus Nazareth angeschlossen hätte? Er hat die Welt verändert. Er hat nicht alle seine Ziele erreicht, er hat die Welt verändert. Und zwar mit dieser beharrlichen Mischung aus Spiritualität, Flexibilität und Nahbarkeit. Spiritualität, Flexibilität und Nahbarkeit. Diese beharrliche Mischung. Von daher ist es mein Schlusssatz. Träumt groß, aber bleibt gelassen und gehorsam, wenn ihr eure Träume nicht verwirklicht. Träumt groß, reich Gottes Träume und
bleibt gelassen und gehorsam, wenn ihr diese Träume nicht verwirklicht. Gott kommt mit euch zu seinem Ziel.
Mehr als nur Jerusalem: Gemeindeaufbau in der Apostelgeschichte | 12.9.1
»Es ist die größte Krise unserer Zeit, dass Christen ihre Bibel nicht mehr kennen, Gottes Stimme darin nicht mehr verstehen und nicht wissen, wie man darauf antwortet.« So drastisch formuliert es der Theologe und Schriftsteller Klaus Douglass. Diese Krise ist der Grund, wenn Gottesdienste aus dem unmotivierten Abspulen von Ritualen bestehen und das Abendmahl in Form von faden Hostien eingenommen wird. Dabei steht doch in der Bibel ziemlich genau, wie die Gemeinschaft von Christen aussehen kann und ausgesehen hat. Die Apostelgeschichte ist die Blaupause für christliche Gemeinschaft schlechthin. Sie erzählt von Gemeinden in verschiedenen Kulturen, von Konflikten, Ungerechtigkeiten und Lösungsversuchen. Mit Begeisterung und einigen Lachern nimmt uns Douglass mit auf einen Tiefflug durch die Apostelgeschichte, erklärt, warum Gemeinschaft und der Heilige Geist für ein erfülltes Leben als Christ unverzichtbar sind und macht nebenbei noch all denen Mut, die – wie vermutlich auch Paulus – ihr Gott gegebenes Ziel letztendlich nicht erreichen.