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Die Bibelkritik in der Aufklärung rumherumgebaut um Gotthold Ephraim Lessing, das erwartet uns heute. Das klingt speziell. Ja, ich habe schon vor, eine zentrale Weichenstellung zu beschreiben. Das ist in der Tat der Plan heute. Ich möchte uns führen zum zentralen Kreisverkehr der theologischen Entwicklung in der Neuzeit, in der Aufklärungszeit und möchte die Weichenstellungen skizzieren, die uns bis heute betreffen. Insofern ist das der Schlüsselvortrag in diesen Tagen hier heute. Ich kann nichts garantieren, wann ich fertig bin. Ich versuche zu Mittagessen. Es wird uns schon ein wenig beanspruchen. Es wird uns schon ein wenig fordern.

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Ich habe drei Sachen vor. Ich möchte zunächst mal ein paar Einordnungen machen zum Thema Geschichtsverständnis. Geschichte als Großbegriff im 18. Jahrhundert. Was ist das eigentlich? Ich möchte mich zweitens dann beschäftigen mit dem sogenannten Fragmentenstreit. Wir werden sehen, dass Lessing da die Hauptrolle spielt, dadurch dass er ein bisschen unschuldig vor sich hin zündet und die ganze große Geistigkeit und Geistlichkeit seines Jahrhunderts sich verzofft in den 1770er Jahren. Dann werde ich von da aus Linien ziehen für die nächste Generation, wie sie von Lessing aus weiter gedacht hat, aber andeuten, dass man das bis heute ausziehen kann. Dabei ist auch immer klar, jede Darstellung von Geschichte vereinfacht. Reduziert, schematisiert ist natürlich nie identisch

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mit der Wirklichkeit, sondern immer eine drastische Vereinfachung. Das zu wissen gehört schon zum geschichtlichen Bewusstsein dieses Jahrhunderts. Aber natürlich habe ich den Anspruch dabei, dass ich ein bisschen weiß, was ich tue. Ich behaupte, dass meine vereinfachte Version schon auch einfach mal eine komplexere Perspektive auf die Entwicklung zur Verfügung stellt, als man sie so um die Ecke oder auf die Straße in der Regel kriegt. Das ist der Anspruch heute. Könnt ihr mich daran bemessen. So, erstes Ziel, Geschichtsverständnis in der Aufklärung. Der Begriff Geschichte entwickelt sich im 18. Jahrhundert.

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Und so ist das eine Erkenntnis des 20. Jahrhunderts. Das ist wirklich ein Großbegriff, der damals neu ist, dass man von Geschichte spricht, von Universalgeschichte, dass man anfängt, Geschichte ernsthaft als Wissenschaft zu betreiben mit einem neuen, gesteigerten wissenschaftlichen Anspruch und dass diese Verwissenschaftlichung der Geschichtsforschung auch sehr prägend wird. Prägend wird für das 18. Jahrhundert und seither für die Menschheit. Man kann immer erst sagen, erst im Westen, erst in Europa. Aber gut, der Westen reicht auch von Kanada bis Australien. Und das sickert jetzt schon durch. Das sickert schon ein in alle Kontinente. Da gibt es eine gewisse Pluralität und Vielfalt. Aber letztlich diese Historisierung der Weltbetrachtung, dieses Bewusstsein, Welt hat Geschichte.

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Menschheit ist ein geschichtliches Phänomen. All das kommt im 18. Jahrhundert zu einer ersten Blüte und Entfaltung. Dabei ist es jetzt so, dass man im 18. Jahrhundert also ganz klar sagen kann, hier und da und dort und so findet das statt. Vieles kommt dann so richtig erst im 19. Jahrhundert so zur Ausprägung. Und dass man da frei und flüssig darüber redet, ist dann 20. Jahrhundert. Aber ist oft so. Auch das machen wir jetzt ein bisschen einfacher. Wir reden jetzt mal vom modernen aufgeklärten Geschichtsverständnis seit dem 18. Jahrhundert. Und dafür möchte ich nun als grobes Schema Folgendes einführen. Es ist nicht so, dass im 18. Jahrhundert überhaupt erstmals Geschichtsbewusstsein im engeren und näheren Sinne entsteht.

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Das wäre eine grobe Vereinfachung. Das hat man hier und da sich so vereinfacht vorgestellt, dass man sagte, im 18. Jahrhundert ist geschichtliches Bewusstsein entstanden. Davor die Menschen waren wie Kinder. Die wussten nichts. Die hatten kein Gefühl für Faktum und Fiktion. Die lebten in den Tag hinein. Die wussten überhaupt nicht, sich Rechenschaft zu geben von früheren Kulturen und Entwicklungen. So ist es nicht. Das wäre jetzt vereinfacht. Es gibt bereits in der Antike so etwas wie ein Geschichtsverständnis. Und hier schlage ich jetzt mal folgendes vereinfachte Schema vor. Man kann sprechen von einem ersten geschichtlichen Bewusstsein in der Antike. Man kann ein bisschen näher sagen ein geschichtliches Bewusstsein ab der Achsenzeit. So also ab ungefähr fünftes Jahrhundert vor Christus.

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Da entsteht ein erstes geschichtliches Bewusstsein, was sich in historischen Werken niederschlägt bei griechischen Autoren wie Herodot und Tychidides. So und diese Kultur der Geschichtsschreibung hat nicht mehr aufgehört seither. Und man kann auch etwa in der Zeit des Neuen Testament sagen, das gibt es im Judentum Flavius Josephus, schreibt eine Geschichte des jüdischen Kriegs mega eindrücklich. Naja und Lukas zum Beispiel, der hat da Sachen mitgekriegt. Der hat da ein klares Bewusstsein von Geschichte und er gibt sich Mühe und er sammelt und er hört. So das gibt es in der Antike. Und das nenne ich jetzt einfach mal geschichtliches Bewusstsein. Und damit ist auch klar davor haben ja auch Menschen gelebt. Egal nach welcher Weltanschauung davor gab es auch schon Menschen. Und das nennen wir jetzt mal vorgeschichtliches Bewusstsein. So und das möchte ich dann unterscheiden vom 18. Jahrhundert Ding.

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Das nenne ich jetzt kritisches Geschichtsbewusstsein. Ist total vergröbernd, aber schon komplizierter, als man vielleicht vorher dachte. Also vorgeschichtliches Bewusstsein, geschichtliches Bewusstsein, kritisches Geschichtsbewusstsein. Ich möchte ansatzweise mit ein paar Strichen deutlich machen, wo da die Unterschiede sind. Das Interessante ist die Unterscheidung vorgeschichtliches Bewusstsein und geschichtliches Bewusstsein kann man in der Bibel nachvollziehen. Wir finden in der Bibel beides und einfach mal ein paar Unterschiede. Im vorgeschichtlichen Bewusstsein gibt es in der Regel keine Autoren. Da gibt es keine Autoren Literatur, wo jemand sagt ich bin der So und So, ich lebe zu der und der Zeit. Ich schreibe das jetzt. Ihr könnt euch auch bei mir beschweren, wenn was ist oder so.

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So das ist davor nicht so das Ding. So einfach kein Thema, sondern es wird erzählt. Es wird beschrieben. Es wird berichtet. Es wird gedichtet. So und wir sehen das ab Herodotus Tychidides. Nehmen wir die beiden Herodotus als Anfang Tychidides als erste Blüte Anfang Ende des fünften Jahrhunderts vor Christus. Da ist das völlig klar. Da haben die Leute Namen und die sagen wo sie herkommen und wo sie stehen und beziehen sich dann so auf Geschichten und fangen da was an zu erzählen. Und was bei denen auch ist ein Riesenthema was sie erzählen die Unterscheidung stimmt es ist es Faktum oder ist es Fiktion. Das ist für die völlig klar die die unterscheiden die unterscheiden auch von ist sicher und vielleicht mutmaßlich.

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Und das sind Sachen die in diesen Texten klar und deutlich benannt werden. So und da sagen die das und das habe ich erfahren und das sagen alle und ich habe mich auch umgehört und das ist sicher. Und dann sagen die das und das habe ich gehört aber ich bin nicht sicher ob das stimmt. Vielleicht sind das gar nicht. Ich habe andere gefragt die wussten es nicht so lassen wir mal so stehen. So solche Sachen. Das ist typisch für das geschichtliche Bewusstsein in der Antike. Im vorgeschichtlichen Bewusstsein finden so Fragen nicht statt. Da wird so erzählt und also davor waren es Menschen völlig klar. Also vor 500 vor Christus haben echte Menschen gelebt. Die erzählen auch was andere Menschen machen und da hat man manchmal schon das Gefühl dass das wird so gewesen sein. So und dann geht es weiter. Man blättert um auf einmal spricht dann Esel oder so und das finden die aber auch jetzt nicht schlimm oder so.

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Dann geht es anders weiter und es ist kein Thema darüber nachzudenken. Die hätten ja sagen können und dann sprach der Esel und lieber Leser das werde ich jetzt wundern weil ich weiß es du weißt es Esel sprechen nicht. Aber in dieser besonderen Situation. Also es gibt dafür Zeugen und Gott der Herr hat hier persönlich und das habe ich jetzt nicht erfunden auch wenn es so klingt als hätte ich es erfunden. Sondern das wird glasklar von mir. Das wäre dann schon geschichtlich ist Bewusstsein da. Da wird man nicht einfach so erzählen und so tun als Wernix oder so so und das ist ein Unterschied. Den kann man sehen. So ist das überhaupt ein Thema Faktizität oder Fiktionalität. Ist es sicher und breit bezeugt oder ist es so eine Einzelstimme oder mutmaßlich oder vielleicht zum geschichtlichen Bewusstsein gehört. Das wird thematisiert. So dann zum geschichtlichen Bewusstsein gehört.

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Man benennt Quellen oder Zeugen und das ist ja etwas was auch im Alten Testament bereits zu finden ist also die großen Geschichtswerke. Nach dem Exil machen ja so Sachen die erzählen was und dann heißt es So steht es übrigens geschrieben in der Chronik der Könige von Judar. So oder so steht es auch ausführlich in der Chronik der Könige von Salomo oder von Israel oder sonst wie. Also das wird benannt. Es werden Quellen benannt. Nehmt Lukas der ganz am Anfang sagt Ich habe mich da umgehört und habe befragt und ich wollte euch den sicheren Grund der Lehre geben damit ihr wisst worin ihr unterrichtet seid. Und ich habe die gefragt die von Anfang an dabei sind und die Zeugen des Wortes sind von Anfang an also Augenzeugen. Sie waren faktisch dabei. Sie sind aber auch innerlich dabei.

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Sie sind so im Glauben dabei und die habe ich gefragt und mehrere und habe geguckt was es bisher so gibt. So das ist im Lukas Evangelium so ein Zeichen. So der weiß das machen andere so das ist das Vorgehen. So macht man das auch macht Flavius Josefus ähnlich. Der sagt auch Das habe ich selbst gesehen. Da war ich dabei oder das und das habe ich gehört von mehreren. Habe ich mich erkundigt. So ist es gewesen. Könnt ihr alle zufragen so im vorgeschichtlichen Bewusstsein Spannung und Widersprüche macht nichts. Man erzählt einfach weiter das erste dann hot und man merkt ja wie denn versucht mal rauszukriegen wie Saul wirklich gestorben ist. Es ist nicht so einfach ehrlich gesagt und naja ab einem bestimmten Punkt würden Leute das Gefühl haben hier steht so hier steht so wie war es denn jetzt. Es gibt eine Literatur die erzählt einfach hintereinander weg was so da ist irgendwie.

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Man weiß nicht woher das kommt und wenn das nicht zusammenpasst nichts merken lassen einfach weiter erzählen. Es ist für uns sehr schwer zu entscheiden ob die das selbst nicht merken oder ob die einfach sagen Ich habe hier heilige Überlieferungen die stelle ich jetzt da einfach hintereinander hin. Und egal der Rest klärt der heilige Geist irgendwie. Selbst das ist für uns nicht so ganz einfach zu sagen aber man stellt einfach Dinge hintereinander. Man kann auch in der Bibel ganz am Anfang anfangen und die ersten zwei Seiten gründlich lesen und dann mal drüber nachdenken kann man auch probieren. Ist auch so ein Ding da kommt auch nicht irgendwie der Moderator und sagt lieber Leser wahrscheinlich bist du über Probleme gestolpert. Das ist mir sehr bewusst und ich das macht keiner da. Nein das wird einfach erzählt und sieh doch zu und der heilige Geist möge dir helfen.

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Das ist dann kein Thema so Perspektiven Vielfalt im geschichtlichen Bewusstsein wird schon ansatzweise gefragt wie sieht das aus dieser Richtung aus aus der also Herod dort erzählt aus griechischer Sicht. Und er fragt sich dann wie das die Perser vielleicht gesehen haben. Er versucht auch was rauszukriegen Er hat da schon Bewusstsein für verschiedene Zeugnisse. So und das kein Thema für die Alten. Es wird einfach erzählt Es wird beschrieben Es wird eingeordnet Ob es da eine andere Perspektive gibt. Egal und Erzähler vorgeschichtliches Bewusstsein. Im Roman des 19. Jahrhunderts kennt man das besonders schön der allwissende Erzähler. Der kann alles der kann erzählen und so wie das alles so ist. Nehmt holz, Teukrieg und Frieden und bei Bedarf wird ran gesumt in Napoleon wie er Schnüttchen sieht als Moskau brennt oder was weiß ich und so und er weiß alles.

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Er kann in jeden Herzenswinkel schauen Er sieht die Universalgeschichte Er weiß was kommt und wird. Man fühlt sich in guten Händen Das ist super so und alte Erzählkultur so ein bisschen dem Erzähler brennt nichts an. Der Erzähler weiß sogar was Gott immer so gemacht hat. Das ist einfach klar wird erzählt wird nicht irgendwie gesagt und die Menschen fragten sich lange was Gott damit zu tun hat. Bis irgendjemand die glorreiche Idee hatte oder auch ein Vision oder ein Traum. Das Gott das alles so gefühlt hat mit Josefs Brüdern und so und das alles so rauskam, dass ein großes Volk gerettet wurde. Ich weiß nicht ob stimmt aber wurde mir so gesagt Hatte hier es wird einfach so erzählt So hat es Gott gemacht Es ist alles passt so und diesen Unterschied. Man kann in der Bibel das schlicht feststellen So es gibt Geschichten die die sind allwissend Da gibt es keinen Autor Da gibt es keine Differenz von Faktizität und Fiktionalität.

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Kein Bewusstsein für Spannung keine Perspektive und es gibt Texte bereits die nennen Quellen so die sortieren die ordnen die geben da auch Rechenschaft. Die haben sich da bemüht. Man muss an der Stelle aufpassen. Das ist jetzt natürlich sehr schematisch. Es ist jetzt nicht so dass man sagen kann bis 500 vor Christus die Menschen lebten herrlich und in Freuden und haben auch immer alles geglaubt. Und dann danach kam irgendwie Klimawandel. Man weiß es nicht auf einmal hatten die Leute so eine Wucherung in der Großhirn Rinde da wuchs in historisches Bewusstsein. Alle hatten das super. Das ist nicht so. Es ist nicht so dass jeder Bengel auf den Straßen von Athen ein kleiner Tüchiri des war. Ist nicht so. Es sind noch lange lange lange in der Antike Geschichten Erzähler unterwegs die schon auch mit Seemannsgarn ganz guten intimes Verhältnis haben.

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So auch frühchristliche Literatur oder jüdische Erzählungen dieser Zeit. Man könnte jetzt bis auf Apokryphen zu sprechen kommen. Also nehmt Bücher wie Judith oder Tobit einfach mal genau angucken. Passt nicht so ganz. Also da kannst du nicht sagen ist das hier morgenländische Fantasie oder ist es Tüchiri des Geschichtsbewusstsein. Das ist so Mischgewebe. Das ist sehr interessant und das ist weit verbreitet. Also diese Zwischenformen von antikem geschichtlichem Bewusstsein halbwegs methodisch geschult und davon noch gar kein Plan. Das mischt sich und man kann etwa für Lukas also ich würde es jetzt schon machen. Ich würde für Lukas behaupten dass er eine Prägung hat von griechischer Intellektualität und Kultur und dass er ein entwickeltes geschichtliches Bewusstsein vorhält und das auch in Anspruch nimmt für sich.

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So man sollte jetzt nicht so zu tun als wäre jede Neu-Testamentliche Schrift genauso verfasst. Das wäre nicht angemessen. Es gilt auch nicht für jeden jüdischen Text. Kann man auch nicht sagen bei Flavius Josephus. Das ist so ein Spitzenhistoriker. Also sind die alle eigentlich. Das ist nicht so wirklich kompliziert. So es gibt viel zu tun für Leute die sich damit näher beschäftigen. So und jetzt möchte ich einfach mal deutlich machen was unterscheidet das was in der Antike möglich war von dem was im 18. Jahrhundert durchbricht. So also im 18. Jahrhundert kommen jetzt nicht Dinge zustande wie das die Menschen überhaupt merken. Zwischen Faktizität und Fiktionalität gibt es Unterschiede. Das jetzt nicht. Also nehmen wir einen Petrusbrief.

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Es heißt wir sind nicht fabeln. Wir sind nicht Mythen gefolgt sondern berichten was wir gehört und gesehen haben. So es gibt im Neuen Testament die Unterscheidung von Mythe so Erzählungen Märchen irgendwie und Geschehen gesehen bezeugt. Das ist da so das das kann man in der Zeit schon finden. So was ist im 18. Jahrhundert neu. Das eine ist das Quellen kritische Bewusstsein wird immer stärker und hier kann man reden von einer quantitativen Steigerung die aber schon auch den gesamten Umgang damit übersteigt. Also nehmen wir Lukas hier nochmal als Beispiel. Lukas sagt ich habe mir alle Quellen angeguckt oder verschiedene. Ich habe Zeugen gehört und gesehen und so und dann erzählt er los.

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So und dann fängt er nicht an genau zu sagen ich habe da zum Beispiel Evangelium gehabt. Das war von einem Markus und das ist schon super aber ich habe da auch andere Sachen zugesteckt bekommen und ich habe dann je nachdem. Und ich zitiert dann immer Glas klar so. Das macht er gar nicht macht er nicht. Und die moderne Evangelien Wissenschaft ist sich schon ziemlich sicher dass der Lukas da auch Sachen in der Hand hatte. So irgendwie. Aber der Lukas lässt uns das nicht wissen. Er sagt nur pauschal grundsätzlich Ja ich habe Quellen gehabt. Das das das geht heute nicht mehr. Also ich mache es ja hier teilweise auch allgemein verständlicher Vortrag. Da macht man das noch so. Aber normalerweise macht man das in einem komatisierenden Stil in dem man Quellen zitiert. Das wird heute verlangt. Das wird sogar von Politikern verlangt. Heutzutage. Schlimm. Schlimm. Schlimm.

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Aber es wird verlangt. Es wird verlangt dass wenn du irgendwie eine Idee dir wo nimmst dass du dann sagst das habe ich da her. Angabe so nicht zitiere von hier bis da. Und ich mache da nicht so ein Geschlängel dass ich sonst die Tat nehme und die nächsten drei Sätze sind aber auch quasi geklaut. Nur dass ich die Wort Reihenfolge im Satz verändere oder so. Das wird ja in der Pro Seminar Arbeit böse angestrichen. Also es wird sehr klar erwartet dass du mit Quellen einen absolut durchsichtigen Umgang hast. Da habe ich die Gedanken her das und das zitiere ich wörtlich. Das paraphrasiere ich nicht ganz vornehm bin mache ich das durch Konjunktiv noch deutlich. So und ich mache auch ganz klar wo ich einer Sicht einer Quelle einer Perspektive folge und wo ich dazu mich ins Verhältnis setze und wo ich was anderes dann darauf beziehe. Und ich mache auch glasklar wo ich Quellen habe die Augenzeugen sind die beteiligt sind die Teil des Feldes sind und wo ich mich auf jemand beziehe der wie ich nicht Zeuge ersten Ranges ist

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sondern irgendwie zweiten dritten Ranges der sich dazu verhält der das diskutiert. So das ist etwas was ab dem 18. Jahrhundert und dem 19. Jahrhundert so richtig wichtig wird. Quellenkritisches Bewusstsein wir unterscheiden zwischen Zeugen zwischen Beteiligten zwischen erstrangigen Daten und eben Reflexionen Sekundärquellen und jeweils machen wir ein Riesenkult. So was ist eigene Gedankenstrom was ist fremder Gedankenstrom wie verhält sich das durcheinander. Das macht keiner in der Antike so die zitieren auch mal. Das wird mehr aber immer auch so ein bisschen nach Gutsherren Art. Da kann man lustige Beobachtung machen. Aber das ist auch nicht deren Ding. Was sollen die denn irgendwas zitieren was sie haben wo sowieso keiner sagt Jetzt gehe ich sofort mal auf Google Books und checkt das oder so.

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Das ist ja klar dass das nicht die Situation ist. So zweite Differenz. Es entsteht allmählich so etwas wie eine interdisziplinarische Forschung. Antikes Geschichtsbewusstsein basiert letztlich auf Berichten und Zeugnissen von anderen. Es geht sehr sehr stark um mündlich schriftliche Berichte und Zeugnisse über Vergangenes. Das ist heute auch noch sehr wichtig. Aber wir fangen an in der Erde rum zu buddeln. Wir graben Dinge aus. Wir gucken da richtig rein und versuchen da so ein Gefühl zu kriegen was sagen denn die Realien. Wir machen wilde Dinge. Wir machen so Teil Disziplin wie Numismatik. Wir untersuchen Münzen.

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Wir gucken wie weit die verbreitet sind. Wir machen Keramik Forschung. Wir schauen uns das an wie das alles so aussieht in welcher Zeit. Wir versuchen da Entwicklungslinien zu finden. Wir versuchen Ausgrabung in irgendeiner Weise damit zu datieren. Wir versuchen anhand der Sachüberlieferung einen geschichtlichen Ablauf zu erstellen. Dafür machen wir Geo-Historie. Wir schauen uns das klimatisch an. Wir gucken uns die Bodenbeschaffenheit an. Wir versuchen ungefähr zu gucken wie tief ist das in der Erde. Wo liegt das. Was ist da gewesen. Was haben wir für Veränderungen auch des Küstenverlaufs oder was für Überschwemmungen oder sonst was müssen wir da einpreisen. So und wir entwickeln aus dieser Betrachtung nicht der Text Überlieferung sondern der realgeschichtlichen Hinterlassenschaften auf der Müllberge. So versuchen wir zu gucken wie ist das und machen daraus eine zeitliche Einteilung von Epochen und Schichten.

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Das sind zum Beispiel Dinge die die alttestamentliche Geschichtswissenschaft radikal revolutioniert haben. Das haben die im 18. Jahrhundert noch längst nicht fertig. Das ist 19. und 20. Jahrhundert und so weiter. Dass das immer fixer wird aber so grundsätzlich die Idee zu sagen wir gucken auf die Kunstgeschichte. Wir gucken auf die Baugeschichte. Wir versuchen die Epochen klar zu kriegen. So das ist 18. Jahrhundert und das eröffnet natürlich nochmal ganz neue Möglichkeiten. So dritter Punkt Multi Perspektivität. Früher ja Geschichte ist Geschichte. Man zieht das irgendwie durch. Wir machen heute wilde Dinge. Wir machen nicht nur Ereignis Geschichte. Wir fragen zum Beispiel auch sozialgeschichtlich. Uns fiel zum Beispiel auf irgendwann Geschichte war die Geschichte großer Männer. Und man hatte so die dunkle Erinnerung wahrscheinlich waren damals Männer und Frauen auch 50 50.

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Schade dass wir von denen nichts hören. Ja man kann es nicht machen. Sind die Quellen ist alles ist eine Männergeschichte so Frauen. Ja die werden da Applaus Applaus gemacht haben wenn große Männer tolle Kriege gewonnen haben. Irgendwann fand man das so sozial wie es klingt. Man hat sich geweigert das normal zu finden und hat dann tatsächlich geguckt. Wir müssen einfach mal sozialgeschichte schauen. Wir haben die gelebt. Wir haben die Armen gelebt die nie eine Stimme kriegen. Wir haben fremde Sklaven unterdrückten gelebt. Wir haben Frauen Geschichte betrieben. Wir betreiben sie. Wir versuchen rauszukriegen was war deren Lebenswelt. Wer hat sie davon abgehalten zu sprechen und zu schreiben und mal irgendwo aufzutreten und gucken in die Quellen und schauen in Überlieferung und finde da immer neue Dinge. So und diese Sachen Sozialgeschichte Wirtschaftsgeschichte Kulturgeschichte Kunstgeschichte. All diese Dinge machen wir heute multiperspektivisch machen dann auch weitere Dinge wie Rezeptionsgeschichte wie Ideen Geschichte.

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Also stellen immer neue Filter ein konzentrieren uns fokussieren uns auf immer neue Sachverhalte. In der Antike irgendwas wird man immer finden wenn man möchte im Großen und Ganzen aber kein Thema. Diese multiperspektivität ist modern. So dann was auch wächst ist das Bewusstsein für die Konstruktivität von Geschichtsbildern. Also diese schlichte Einsicht Geschichtswissenschaft ist nicht sehen und zeigen wie es war sondern Geschichtswissenschaft ist Rekonstruktionsleistung ist der Versuch mit den Zeugnissen der Vergangenheit ein Bild zu erstellen im Bewusstsein. Das ist ein Bild ist das wir erstellen. Auch das dauert lange nicht auch im 19. Jahrhundert gibt es noch Leute die sagen Geschichte ist sagen wie es wirklich war.

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So und dann kann man darüber diskutieren ist es der Anspruch eines kritischen Realismus also nicht auf Vorurteile oder Täuschung oder sonst wie reinzufallen sondern wirklich sich zurückzunehmen sein eigen Interesse auszuschalten und nach der Wahrheit zu fragen. So und aber immer stärker wird auch das Bewusstsein das ist sicher gut eigene Vorurteile und Interessen zu durchschauen und nicht zum Zuge kommen zu lassen. Aber auch die beste Darstellung am Ende wird eine Darstellung sein die wir erstellen und sie ist immer vorläufig und sie ist immer befragbar überholbar korrigierbar. Es wird nie identisch mit Realität oder so. Also es ist nie eine Scheibe eine ganz glasklare Fensterscheibe auf die wir durch die wir hin durchschauen auf die Welt wie sie ist.

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Es ist immer perspektivisch. Es ist immer auch abhängig von dem was an Überlieferung da ist. So ein weiterer Punkt Diskursivität wir heute nicht mehr so drauf dass man so auch den Historiker hochhält. Es ist noch so ein bisschen 19. Jahrhundert wo man so ranke Mommsen so große Männer. Naja in der Geschichte wird schwierig langsam man entdeckt überall so Probleme bei den Leuten aber große Historiker große Historiker alles erkläre fantastisch so ein bisschen Kult ist immer noch ist ja auch nicht schlecht. Aber im Grunde weiß man heutzutage es ist ein Prozess und alle mittendrin sind Rädchen im Getriebe und die meisten wissen es auch. Manche halten sich schon noch so für das aller geilste und so und haben dann wirklich Bock gegen die Zunft und gegen alles und ich sage euch und so. Aber ist ein bisschen kindisch und die große Mehrheit weiß dass sie an allen Ecken und Enden abhängig ist von Vorarbeiten vieler von Großforschung von Verbund Forschung von Quellen die überhaupt erst mal ideiert werden müssen und poliert und zur Verfügung gestellt.

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Und man weiß dass man in einer Riesen Community ist und tausendfach abhängig ist von dem was hier und da geforscht wird. Und es ist ein Diskurs es ist eine Forschungslandschaft und da kannst du immer hier und da in Lehrbüchern und so oder auch deinen eigenen Entwurf und eigenes System oder so. Aber ja die Geschichtsforschung ist real sie produziert sie wirft aus und dass das immer ständig miteinander im Streit ist weiß man auch und muss sich drauf einlassen. So das war jetzt mal ein kleiner Versuch so im Bewusstsein habe ich nicht erfunden alles nur geklaut. Irgendwo steht das alles. Es ist noch viel komplizierter leider aber so ein bisschen ist es so ganz grob würde ich jetzt schon mal sagen.

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Ich habe das jetzt nicht einfach völlig frei erfunden oder so. Man kann in der Geschichte dieser Einschnitte manchmal sehr klar sehen von Vorgeschichtsbewusstseins erzählen. Das heißt nicht was die davor erzählen ist Märchen oder so nur es heißt eben es ist extrem schwer sich da sicher zu werden. So mit den alten Überlieferungen wie viel Faktizität wie viel Fiktionalität ist da drin. So und eben das was wir in der Antike haben ist wirklich man kann die wirklich ernst nehmen sollte es auch heute ist nochmal was anders. Ich habe noch ein lustiges Zitat dafür. Das ist lustig. Stefan Schreiber Wothaus Vortrag so der sagt das im Grunde mal sehr schön in einem Satz. So also er nennt paar Probleme im Neuen Testament so Probleme wo manche nervös werden andere gleich ärgerlich oder so.

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Und dann sagt er aber ich zeige dir mal Trotz allem muss man nicht davon ausgehen dass alles was Lukas da schreibt unglaubwürdig ist. So es ist nur perspektivisch wie jede Geschichtsschreibung in der Schreibung in der Antike macht Tati Tacitus auch nicht anders ganz klar völlig legitim. Das machen heutige Historiker ein bisschen anders aber auch nicht völlig anders. Im Grunde habe ich das versucht jetzt in 15 Minuten mal zu erklären also einfach mal klar zu kriegen Lukas hat eine Perspektive ist eine Glaubensperspektive. Er erzählt von Ostern her von der Auferstehung her so und das heißt aber jetzt nicht ist alles fake oder so sondern es ist schon so aus einer Glaubensperspektive heraus. Der Versuch Erinnerungen an Geschehnisse an Ereignisse darzustellen so und so ist es und wir machen es schon nochmal anders aber nicht völlig anders. Es wäre jetzt übertrieben zu sagen das waren Kinder und wir lachen wenn wir dann das so ist es einfach.

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Ja so und das im 18. Jahrhundert ist etwas damals ist es natürlich es fängt an es setzt sich durch es hier und da und es nimmt Leute auch mit. Weil es eine große geistige Veränderung bedeutet eine große geistige Veränderung wo man wirklich anfängt nicht mehr im selben geistigen Horizont zu leben. Was weiß ich wie die Reformatoren oder wie Kächenväter oder so und viele merken das so es ist irgendwie die damals wie heute und das was wir so tief drin haben. Also diese Einteilung Mittelalter Mittelalter als schlecht und wieder Anknüpfung an die Antike Neuzeit ist ja im Grunde erst mal in der Renaissance im Humanismus. So wir knüpfen wieder an der Antika an so wir gehen zurück auf die großen Denker auf die großen Klassiker nicht nur auf die verarbeiteten Formen von Platon und Aristoteles in der Theologie der Kächenväter und des Mittelalters.

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Sondern wir gucken uns das ganze Spektrum des antiken Wissens an. Wir nehmen die Historiker ernst wir respektieren Epikur langsam. Wir gucken uns damals die Naturforschung an so und entwickeln neue Dinge so und diese Wieder Anknüpfung an die Antike entwickelt mehr und mehr das Bewusstsein auf einmal nicht nur anzuschließen an das antike Bewusstsein sondern es zu übertreffen. In den Naturwissenschaften merken auf einmal viele wir machen Entdeckungen. Wir kriegen Erkenntnisse da ist die Antike weit weit von entfernt. Also dieses sich umstellen auf experimentelle empirische Befragung der Natur diese Mischung aus Empirismus und Rationalismus und die dadurch freigesetzte Natur und Welterkenntnis. Es wird ab dem 17. Jahrhundert vielen klar wir haben nicht nur angeschlossen an die antike Hochkultur über das Fünstre Mittelalter hinweg.

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Klamaufer so Finstern nicht wahr und so aber mehr ist es was Neues und es ist besser und es ist klüger und es ist aufgeklärter. So und das ist aber natürlich ein Riesenkonflikt. Weil für manche damit verbunden ist es ist klüger als das ganze Christentum als die gesamte Überlieferung bisher. Es ist wirklich Neuzeit so das Neue ist besser als das Alte. Die moderne Vernunft ist das Morgengrauen der erwachsenen Menschheit. Hinter uns liegt ein tiefer Schlaf und eine traurige Kindheit und jetzt werden wir wach. Jetzt werden wir erwachsen und das ist für andere natürlich dann eine antikristliche Bewegung. Es ist die große Zerstörung. Es ist der totale Abfall und spätestens französische Revolution und diese ganzen Sachen wird für manche etwas apokalyptisches. Und das ist im 18. Jahrhundert ein Riesen Dauerkonflikt auf allen Ebenen.

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Kann auch dazu sagen in den Städten also es gibt dörfliche Landschaften von Südfrankreich über Mitteldeutschland bis wer weiß was in für gefielte Osteuropas. Da ist bis weit ins 20. Jahrhundert davon nichts zu merken. Es gibt Menschen die leben Anfang des 20. Jahrhunderts noch ja man könnte sagen vor Aristoteles oder so. Die kriegen das nicht mit. Aber in den Städten wird geschrieben in den Städten wird gemacht und da ist das 18. Jahrhundert wirklich so ein Umbruch Epoche. Wo wahnsinnig stark verschiedene Mächte und Geister und Epochen aufeinander stoßen und sich so aneinander reiben. Ich möchte einen exemplarischen Konflikt uns jetzt vor Augen führen den Fragmenten Streit.

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Er ahnt hoffentlich alle. Man könnte jetzt hier 10 20 30 Stunden weitermachen auf allen Feldern auf allen Gebieten 18. Jahrhundert. Es geht uns hier Geschichte des Bibel Verständnisses und so und da konzentrieren wir uns jetzt mal auf einem exemplarischen Konflikt von dem wir sehen. Der ist ein bisschen interessant ein bisschen witzig vor allem lehrreich. Ja dieser Konflikt. Wir fangen jetzt mal mit Lessing an. Lessing werden viele kennen. Hoffe ich jetzt mal. Irgendwas ist da hängen geblieben aus der Schule und so. Man wird ja da immer gequält oder belohnt mit Literatur wo manchmal die Lehrer sich noch quälen müssen sie zu lieben und so und die Schüler. Man weiß es nicht und so. Ich gehörte zu den etwas perversen Schülern die die Literatur damals schon geliebt haben. Ich wurde dafür milder auch gemobbt aber ich konnte Karate also war es nicht so schlimm.

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Und je nachdem. Also wir haben Minna von Barnhelm gelesen in der Schule und man fand das natürlich völlig bekloppt da so doofe Geschichten und so. Ich hatte heimlich das Gefühl so bekloppt ist das gar nicht und habe schon als Jüngling mich dann da weiter rein vertieft in Lessing. Lessing ist in der Regel uns bekannt als Theater Autor der Dramen geschrieben hat. Bis heute kann es einem in der Schule ja passieren dass man Nathan der Weise Minna von Barnhelm Emilia Galotti zu lesen bekommt. Vielleicht auch mit Sarah Sampson. Ich würde allen empfehlen die ihre Schule in traumatischer Erinnerung haben dem vielleicht noch mal eine Chance zu geben. Also ich finde echt das ist geiles Zeug finde ich ganz ehrlich. Also haltet mich verrückt haltet mich für übergeschnappt oder so aber es ist schon. Es ist besser als man so in jugendlicher Abwehr glaubte sagen zu müssen. So und der Lessing war aber jetzt nicht nur so ein ich hab Langeweile also schreibe ich ein Dramat.

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Der hat schon sich viele Gedanken gemacht er stammt aus dem Fahrhaus hat das immer von Anfang an so vor Augen gehabt hat sich mit allen Fragen beschäftigt. Er war universal interessiert hat viel auch historisch gearbeitet viel hat sehr viele Untersuchungen zu verschiedenen Zeiten hat mit Quellen gearbeitet. Er hatte eine etwas stressige Berufslaufbahn muss man sagen. Er war unter anderem in der Bibliothek von Wolf und Büttel lange Zeit angestellt als Oberbibliothek kam. Am liebsten hätte er glaube ich als freier Schriftsteller gelebt. Jedes zweite Jahr einen schönen Preis gekriegt und von Buchern Namen gelebt war damals nicht die Zeit. Er musste da schon noch Knechten und Büttlinge machen und immer so im Privaten und so. Witzigerweise seit man davon richtig gut leben kann lässt das ein bisschen nachwendig mit dem. Aber ist egal müssen wir jetzt nicht verhandeln ist egal. Er hat irgendwie so nebenbei seine Sachen und musste irgendwie Knechten.

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Aber er hatte Gott sei Dank auch Spaß an diesen ganzen vielfältigen Entdeckungen. Er hat Theater Wissenschaft betrieben Hamburgische Dramaturgie hat da sehr stark auch geschichtlich gearbeitet sehr stark sich beschäftigt mit der aristotelischen Dramaturgie. Sehr stark das englische Theater sehr stark für Deutschland überlebt. Also Lessing ist einfach mal ernst zu nehmen als ein Mann mit einem sehr tiefen historischen Bewusstsein. Also jemand der an führender Stelle mit dabei ist dass dieses Bewusstsein entsteht von Empochen von Entwicklung von Unterschieden. Und wie gesagt das ist jetzt nicht so in allen Jahrhunderten davor gewesen. Das ist so die Zeit wo das wie so eine Lawine mehr wird und mehr und mehr und in allen möglichen Bereichen Literatur Geschichte Theater Geschichte Geschichte der Öffentlichkeit auch politische Geschichte. Das hat die alles beschäftigt.

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Lessing hat viele religiöse Streitigkeit natürlich erlebt und was an Lessing entweder witzig oder nervig oder verstörend ist ist einfach dies. Er selbst wusste Du kannst nicht einfach dich irgendwo hinstellen und sagen was du denkst. Das überlebst du oft nicht gut. So du musst irgendwie einen cleveren Weg finden ein öffentlicher Kommunikator zu sein und gleichzeitig immer so ein bisschen auch clever ein bisschen schlau dich nicht zu leicht stellen zu lassen was die Leute so denken was du denkst. Und es ist ein bisschen die Befürchtung Lessing war so clever dabei das nicht ganz klar ist ob er am Ende selbst noch wusste was er wirklich denkt und glaubt oder ob er einfach mit den Dingen so raffiniert gearbeitet hat. Wir müssen das gar nicht klären. Es ist jetzt nur für unser Thema super hilfreich dass Lessing im Grunde verschiedene Seiten dieses Themas Glaube und Vernunft Bibel und heutige Zeit so betrachtet hat.

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So und er hat wir sparen uns jetzt ganz viel aus seinem Leben irgendwann so als Bibliothek kam in Wolfenbüttel ein Skript in die Hand gekommen ein Skript über die Bibel so und er las das und dachte Oha Oho da ist jemand mutig. So mutig nicht weil war irgendwie anonym war nicht veröffentlicht war so Bibel kritisch so und Lessing merkte das ist ein bisschen Dynamit. Und er hat 1774 dann so eine Zeitschrift hatte er genommen Wolfenbüttel und so und gesagt ich habe da was ganz Tolles gefunden. Das war auch Hauptbeschäftigung von Nerds im 18. Jahrhundert zu sagen ich habe da was ganz Tolles gefunden. Das war so üblich. Also jedes Jahr wurden 17 Dinge gefunden die ganz toll waren und erstmals veröffentlicht Ediert veröffentlicht übersetzt diskutiert und so.

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Also diese Entstehung einer Öffentlichkeit einer literarischen intellektuellen Öffentlichkeit. Das ist so typisch 18. Jahrhundert und an manchen Orten war das möglich. Deutschland durch Preußen Friedrich der Zweite Berlin gab es eine geistige Kultur wo der König der hatte eine schwere Kindheit gesagt hat resoniert was ihr wollt Hauptsache ihr gehorcht. So lange ihr gute Preußen seid könnt ihr auch meinetwegen die Pfaffen verspotten oder so. Ich habe unter den Gelittenen ist mir egal. Haut ruhig drauf gute Bürger müsst ihr sein sonst Kopf ab. So und das war eine geistige Kultur die war nicht überall aber da strahlte aus Salon Kultur Intellektualität und Lessing hat da was gefunden und gesagt Ich stelle das mal zur Verfügung. Gedanken Fragmente eines Ungenannten guckt halt mal. 1774 noch was veröffentlicht das war ein bisschen harmlos. Passierte gar nicht viel so und dann hatte Lessing irgendwann Lust auf mehr Randale und hat gefährlichere Texte veröffentlicht.

44:06
Er fing dann an 1777 bis 1778. So sah ich habe schon wieder was gefunden. Ach jetzt habe ich ja was gefährliches gefunden und das veröffentlicht. Und jetzt müssen wir mal dahin was er da gefunden hat. Das waren Texte von Hermann Samuel Reimarus war ein gelehrter Mann war jemand der in Hamburg lebte war ja gelehrter Lehrer war Schriftsteller war Autor. Der war 1768 schon gestorben. So und der hat in der Öffentlichkeit auch gewirkt und er hat in der Öffentlichkeit so ein Auftreten gehabt. Wie sollen wir sagen was er sagte. Glaube und Vernunft gehören zusammen. So das ist kein Gegensatz. Es ist falsch aus religiösen Gründen Vernunft und Wissenschaft zu bekämpfen. Das ist schade denn Gott hat uns auch die Vernunft gegeben.

45:04
Es ist aber auch falsch aus vernünftigen Gründen mit der Religion oder der Bibel nichts mehr anfangen zu können. Das gehört zusammen. So und so hat er Bücher veröffentlicht und hat auch Kritik geübt an radikale Aufklärung. Es gab in England in Frankreich die ersten haben fast nichts mehr geglaubt. So und Reimarus hatte da eine gewisse Strategie die war damals berühmt. Es gibt so eine kleine epochale Abfolgung. Man kann um 1700 sagen es gibt Leute die sagen Wir sind gläubig. Ich bin gläubig. Du bist gläubig und worüber streiten wir manchmal ist die Vernunft hilfreich ist sie wichtig. So und ich schlage jetzt mal vor du bist gläubig ich bin gläubig aber die Vernunft kann helfen. So wir können vernünftig den Glauben verstehen und durchdringen. So und dann gab es eine zweite Stufe da sagte man Du bist vernünftig ich bin vernünftig. Gläubig sind wir halt auch und Vernunft und Glaube kommt so auf so ein bisschen ähnliches was raus.

46:06
Das war so eine Übergangsstufe so zu von einem Christentum mit rationalem Anspruch zu einem zu einer rationalen Haltung auf christlicher Basis. So und im Laufe des 18. Jahrhunderts gab es dann Leute mit rationalem Anspruch und Christentum. Weiß man jetzt nicht. So und Reimarus sagte das ist im Grunde also veröffentlichte veröffentlichte. Das muss man wie so ein zwei Etappenlauf sich vor Augen führen. Es ist auf der einen Seite so also wenn man nicht vernünftig denkt denkt man gar nicht. Einfach irgendwas behaupten einfach Thesen aufstellen. Das ist gar nichts. Also vernünftig denken ist denken und man kann vernünftig zeigen dass diese Welt nicht von nichts kommt oder so sondern dass sie einen intellektuellen Urspruch hat. Dass es Gott gibt und dass wir bestimmt sind Gott zu erkennen und dass Gott die Menschen die ihn ernst nehmen lieben und respektieren mit der Gabe des ewigen Lebens beschenken wird.

47:11
So und das ist natürliche Religion. Das ist natürliche Theologie das zu zeigen. Da können wir vernünftig zeigen vernünftig begründen dass die Existenz Gottes und die Unsterblichkeit der Seele vernünftige Einsichten sind. Und er hat das so dargestellt. Und es gibt so ein paar Floskeln. Da könnte man die Idee haben. Er sieht das so als Basis und zu sagen Zweiter Schritt wäre dann zu zeigen dass die Bibel das in totaler Vollkommenheit offenbart. Und für alle Menschen die Bibel jetzt ja auch echt das Wichtige ist auch für die Menschen die gar nicht so schlau sind dass sie jetzt ja alles lesen und kapieren können. Und so las ich das so und dann war Reimarus tot 1768 und alle sagten der Reimarus ja schade kluger Mann auch so gebildet vornehmen so so und der Reimarus hat aber ein Doppelleben.

48:02
Der dachte schon was er geschrieben hat aber er war inzwischen sicher dass das Christentum das Judentum auch völlig irrational sind. Er hatte einen tiefen Hass inzwischen entwickelt auf Bibel auf Christentum auf Kirche auf Pfarrer. Er hat das alles verachtet. Er fand das ganz furchtbar. Er hat so heimlich Texte geschrieben wo er ablässt hat wie ein Berserker über das Ganze und er schreibt aber auch darin wenn das was ich hier schreibe öffentlich würde ich hätte kein schönes Leben mehr. Also ist nicht mehr die Zeit wo man gleich verbrannt wird oder so. Aber ich bin danach kein Lehrer mehr. Ich veröffentliche nichts mehr. Ich werde auf der Straße nicht mehr gegrüßt. Ich komme ins hinterste Ghetto. Ich habe es wieder Spinoza früher oder so. Das wusste er und hat alles so zu Ende gedacht und gesagt dann ist es schön dass ich vernünftig bin. Ich weiß dass das was ich vernünftig denke das wird mein Leben zerstören.

49:03
Also schreibe ich halt das was ich wirklich denke für gute Freunde und nachts beim Wein spotten wir über die Pfaffen und diese ganzen blöden religiösen Fanatiker und nach außen halte ich mich irgendwie so im Spektrum. Und dann sterbe ich in Ruhe und habe ein schönes Leben gehabt. Der Wut auch ja der Wut hier 75 und so der ist also ehrenvoll gestorben. Vielleicht mit einem bosartigen Grinsen auf dem Gesicht. Wir wissen es nicht und keiner hat was gemerkt. So dieses Buch wurde erstmals veröffentlicht 1972. Ich habe mich jetzt nicht versprochen. 1972 1972 wurde der ist 1768 gestorben. Das wurde über 200 Jahre später erstmals veröffentlicht. Es gab vorher kein Verlag der sich das in Deutschland getraut hätte. Einfach nur mal so als Faktencheck oder so.

50:01
Im 19. Jahrhundert kein seriöser Verlag hätte sich getraut eine so antichristliche Schrift zu veröffentlichen. So erste Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich noch keiner getraut. 1972 erstmals und der Lessing hat daraus so ein bisschen so weil er merkte schon das ist Dynamit und der Lessing hat so ein bisschen auf kleiner Flamme angefangen und dann hat er irgendwann richtige Granaten in die Öffentlichkeit gelegt. So und der Lessing hat es dann so gemacht dass er das hier gefunden hat ich weiß gar nicht woher das ist. Wurde auch gar nicht geoutet damals so wird irgendwann klar wird irgendwann bewusst und so aber nicht sofort nicht am Anfang weil die Familie gesagt hat komm halt stille unser Name und so und so das ging noch ein bisschen hin und Lessing hat sich davon distanziert und gesagt das ist schon starker Tobak hier. Also kann ich mir auch nicht vorstellen ehrlich gesagt aber ist vielleicht zum drüber nachdenken echt mal interessant das denken kluge Leute ist ja ein kluger Mann hier. Jetzt gucke ich mal was passiert.

51:03
Ja was stand da drin in diesen Büchern des Rhein-Marus machen was kurz und knapp erstellt erst mal so große Themen im 18. Jahrhundert war die Leute merken im 18. Jahrhundert gibt es keine Unsterblichkeit der Seele. Und weitgehend gibt es kein ewiges Leben sind ja ganz ganz wenige Stellen im Alten Testament wo überhaupt so etwas wie ein Leben nach dem Tod in den Blick kommt. So da kann man Daniel 12 nehmen da kann man Jesaja 25 26 nehmen und so aber ganz wenige Stellen auf unklar so also am klarsten im Grunde noch Daniel 12 und Unsterblichkeit der Seele gar nicht. So das war für niemand im 18. Jahrhundert ein Anlass das in Frage zu stellen. Alle sagten es war ganz schön primitiv dass die das nicht wussten. Das wurde hoch gejetzt im Grunde die These das Alte Testament ist völlig überbewertet.

52:03
Warum lassen wir unsere Kinder in der Schule Altes der männliche Geschichten lesen von Leuten die nicht mal die Erkenntnis hatten dass sie eine unsterbliche Seele haben. Das hat ja Platon schon. So war die Logik. So und da haben viele dann schon das Alte Testament immer so ein bisschen gedisst und gesagt das Alte Testament das ist eine total epicureische Religion. Also denen geht es echt darum dass es ihnen auf Erden gut geht. Das ist das Ding. Die wollen Gott gehorchen auf das sie ein schönes Leben haben. Und die haben null null Idee dass dieses Leben hier eine Vorbereitung ist für ein ewiges Leben. Da kommen die gar nicht drauf irgendwie. Ja hier aber dann wirklich am Rand und weitgehend also in den fünf Büchern Moser überhaupt gar nicht. Und auch sonst in den großen Büchern spielt ewiges Leben Unsterblichkeit der Seele keine Rolle wie primitiv.

53:04
So und dies wie primitiv haben jetzt nicht alle gesagt aber Reimachos und er hat nicht nur wie primitiv gesagt sondern er hat das so dargestellt und gesagt das sind im Grunde minderwertige Charaktere. Also warum wird die Jugend verdorben Gebete von König David zu lesen. Das ist ein Mann ohne Plan. Der hat null Gottes Erkenntnis. Der ist überhaupt gar nicht ewiges Leben und Sterblichkeit der Seele. Das ist ein Typ der es in lauter Machtkämpfe verstrickt. Der hat viele Frauen die nimmt er sich einfach eine nach unsere Kinder lesen. Aber was ist das denn. Was ist das für ein Typ. So dann hat er schon viele Frauen. So dann fängt er an zu spannen. Dann dann guckt er da eine andere Frau zu wie die sich so wäscht oder so. Und das ist ja alles unsagbar. Dann macht er Dinge die kannst du gar nicht kannst du heute noch kaum vor der Kamera sagen.

54:05
Und anstatt sich zu schämen holt er seinen Oberkommandierenden des Heeres und sagte du ich hab da du hast da so einen in deiner Armee. Der müsste mal sterben. Frag nicht nach. Also müssen wir mal gucken. Er versucht ihn erst zu kaufen. Er versucht den erst rumzukriegen. Aber dann macht er im Grunde so ein Arrangement so wenn der stirbt. Wer glaube ich praktisch für mich und für alle. Dann ist der tot und dann nimmt er sich die Frau noch und so. Also da hat selbst Gott genug und schickt ihm extra einen Propheten und sagt das war nicht richtig. Jetzt kann ich nicht mal mehr und so. Aber danach geht es einfach weiter. Und Reimarus macht das also in bösartigsten Tonfall und sagt die sind alle nicht besser. Der Jakob lügt. Er betrügt seinen Bruder um den Erstgeburtsegen. Er führt seinen Vater hinters Licht.

55:01
Die Mutter steckt da mit unter der Decke. Die ziehen das durch. So und da kommt auch keiner auf die Idee irgendwann zu sagen ich habe Unrecht getan. Vater vergib mir ich habe den Segen gestohlen. Auch den Bruder. Der zieht das durch. So und dann ist er bei Laban und so auch gleich zwei Frauen. Wir sind schon alles gewöhnt. Wir sagen schon nichts mehr. Aber dass er dann seinen Schwiegervater auch betrügt. Dass er da auch wieder trickst und dann klauen. Das ist ja Lügner Betrüger Diebe Schlitzohren. Das ist keine seriöse Religion. So und so schreibt er das und er schreibt es bösartig und er schreibt es giftig. So und er kommt da richtig in Rage und sagt es ist eine Schande der Menschheitsgeschichte. Dass so ein Buch als heilige Schrift in Ehren stand. Es ist wertlos. Es ist moralisch wertlos. Es ist religiös wertlos. Es ist völlig unvernünftig. So die haben nichts seriöses erkannt über die Welt. Nichts.

56:02
Die halten mit keinem griechischen Philosophen einen Vergleich aus. Kein Abraham kein Jakob kein David. Auch Davids Gebete. Er sagt und das ist doch eine Heuchelei. Das ist doch ein Ehebrecher. Mörder und Betrüger. Dann da vor Gott betet und dann sagt er und ist heute ehrlich gesagt auch nicht anders. Der Beter ist immer der Mörder. Also die die frömsten Beter. Heuchler Betrüger hasserfüllte. So zieht er da vom Leder. Lesting hat die schlimmsten Passagen nicht mal veröffentlicht, weil er dachte sich ein bisschen ein schönes Restleben will ich vielleicht auch noch. Aber genug. Also genug in diese Richtung. So und dann die eigentliche Bombe war das finale Neues Testament. Jetzt könnte man sagen der Reimarus jetzt hol mal tief Luft. Das liegt Leuten vielleicht noch am Herzen. Es geht aber leider so weiter. Jetzt um die Gemüter zu schonen will ich das jetzt gar nicht groß nachzuerzählen.

57:01
Also von Jesus hält ein bisschen was, aber auch nicht zu viel. Also er sieht bei Jesus schon Dinge, die er echt respektieren kann. Dass Jesus vom ewigen Leben was wusste. Das ist alles gut und schön. Aber ein bisschen hat er auch das Gefühl Jesus hatte da politische Ambitionen und ein bisschen zwielichtig bleibt. Also Jesus wird am ehesten noch geschont. Die volle Keule der Verachtung trifft die Jünger. So die die trifft es mit aller Wucht. Nur ganz kurz die Jünger haben sich an diesen Jesus gehängt, weil sie alle das Gefühl hatten wir sind kleine Leute aus Hintertupfig, Galiläer. Wir sind hier im Grunde der letzte Abschaum. Schon für den normalen Judäer, für den Römer sind wir weniger. Das ist unsere Chance groß rauszukommen. Der hat Charisma. Der funktioniert. Der funktioniert auf der Straße. Der kann reden und wir machen jetzt lauter Bücklinge und heften uns an sein Gewand. So und Reimarus nimmt das dann alles und so und zeigt die Jünger Herr erlaube uns, dass wir zu deiner Rechten

58:05
und zu deiner Linken sitzen, wenn du in dein Reich kommst und so. Und Reimarus sagt sinngemäß was für Schleimer. Die wollen Karriere machen. Die sind machtgeil. Die sind geldgeil. Die die wittern die große Chance. Die die sehen im Grunde eine große Karriere vor sich. Ja und dann Pech gehabt, geht alles schief. Zack tot ist er. So hoch gepokert. So und anstatt in aller Bescheidenheit zu sagen Wir waren halt arme Würmer. Wir sind halt arme Würmer. Wir hatten einen hofffertigen, narzisstischen Traum von großer Karriere. Und jetzt kriechen wir zurück in unsere Löcher und sind wieder still. Haben diese Kreaturen den finalen Megabetrug an der Menschheit gestartet? Die konnten nicht akzeptieren, dass ihre religiöse Welt Karriere gescheitert ist. Die haben sich schlicht und einfach gesagt Jungs, das war nicht das Ende. Dafür lief es so gut.

59:04
So wir jetzt müssen wir zusammenhalten. Wir zwölf darf keiner mitkriegen. Wo ist der Leichnam? Den schaffen wir jetzt mal eine Seite. Lassen nichts merken. Und jetzt bereiten wir uns vor und in 40 50 Tagen haben wir das das Comeback der Weltgeschichte, weil wir müssen uns jetzt gut absprechen. So der ist gar nicht tot. Der lebt. Der ist von Gott auferweckt. Und jetzt geht es richtig los. Und wir fangen genauso an, wie es bisher war. Nur jetzt im Namen des größten Wunders aller Zeiten, dass der getötete, gekreuzigte Jesus von Nazareth erhöht ist zum Herrn des Himmels und dass er bald kommt. Und alle, die sich ihm nicht unterwerfen, brennen ewig. Angst funktioniert. Und wer sich an seine Seite stellt, ewiger Lohn, ewige Freuden, ewige Kronen. Und wir waren dabei und wir halten zusammen. Und das ist unsere Geschichte.

60:02
Ja, wir probieren es. Wir probieren es. Wir ziehen es durch. Seid ihr dabei? Und alle guckten sich an und sagten Ja, jetzt haben wir da jahrelang. Das wäre auch zu doof. Jetzt wieder da Fischer zu Hause. Alle lachen uns aus. Wir ziehen das durch. Wir ziehen. Wir gucken mal, wie doof die Menschheit ist, ob die sich so betrügen lässt. Wir ziehen das durch. Und ja, das ist Reimarus Deutung. Er sagt, das ist die Betrüger Gäng des Jahrhunderts gewesen. Die haben das eiskalt eingefädelt, den Leichnam verschwinden lassen, so ein bisschen abgewartet, bisschen Pause und so dann woanders angefangen. Und wenn du erst mal einen festen Stamm von Fanatisierten hast, dann ist alles egal. Dann lass doch Leute da lästern. Gibt immer Feinde. Das kannst du alles sortieren. Da kannst du immer sagen Ja, die Kinder des Teufels verstehen das nicht. Die Kinder des Nichts kennen die Wahrheit. So hat Reimarus das gemacht. Ja, das sorgte nicht für Beifallsstürme im 18. Jahrhundert. Das ist klar.

61:01
Das gab ein Echo. Das wurde dann auch lauter und deutlicher als Lessing, das sich so vorgestellt hat. Er hat ja von vornherein gesagt Also mir ist das auch zu krass. Ganz ehrlich. Aber man muss es diskutieren können. Aufgeklärte Zeit. So was denkt ihr denn so? Ich habe es gefunden. Ich bin der Bibliothekar. Ich bin auch kein Theonor und so. Ja, das waren aber nicht alle gut. Also es haben sich viele beteiligt. Über 50 Gelehrte der damaligen Zeit ist ein riesen Geflecht von Stimmen, Gegenstimmen, Kämpfe, Verteidigung. Alle waren dabei. Besonders berühmt wurde Hauptpastor Götze aus Hamburg. Und der hat von Anfang an im Grunde auch jetzt öffentlichkeitswirksam am geschicktesten die Rohr auf Lessing gerichtet. So hat von Anfang an das erste Buch ist Lessings Schwächen. So der Reimarus oder der Ungenannte war ja nicht greifbar, war tot und so. Und er hat sich auf Lessing eingeschossen. So und das Beforchten und den Lessing dafür voll verantwortlich gemacht.

62:03
Da gab es dann hin und her so. Lessing hat eine Schriftenreihe angefangen, die hieß Antigötze. Also Lessing war auch ein polemischer Geist und so und hatte auch Wut, hatte tragische Schicksal. Nebenbei gerade Frau gestorben, Kind gestorben. Alles sehr, sehr, sehr komplex in dieser Zeit. Und die haben gefochten so weit bis dem Landessern vom Lessing das Ganze genug war. Und er sagte Schluss aus Stopp. Zensur, Zensur. Ich mache es ernst. Ich ziehe es durch. Keiner mehr. Ein Ton, kein Wort, nichts mehr. Veröffentlichungsverbot. Ihr seid alle ruhig. Und du Lessing, du als erstes, du sagst gar nichts mehr zu religiösen Fragen. Und Lessing sagte Ja, ist okay. Ich habe da auch nur so ein kleines Theaterstückchen. Ist historisch, spielt zur Zeit der Kreuzzüge. Was soll da schiefgehen? Nathan der Weise. Das war so Lessings. Im Grunde, Nathan der Weise ist so der finale Tritt an Götze Schienbein.

63:01
Also wer das mal liest oder so, das ist schon noch so genau Teil des Ganzen. Ist nur Kunst, ist ein Theaterstück. Alte Geschichte. Also wenigstens auf dem Theater. So frei und aufgeklärt sind wir schon. Der alte Fritz in Berlin wird das auch so finden und so. So ging das zu. So ganz kurz jetzt mal das Gegenüber. Jetzt machen wir es ein bisschen schematisierend. Im Grunde dieses Gegenüber. Wie gesagt, 50 Leute haben da mitgefochten. Aber Lessing, Götze und Reimarus. Das ist schon, möchte fast sagen, archätypisch. Ist jetzt übertrieben, aber ist ein klassisches Geflecht von Position. Und das sieht so aus. Reimarus verkörpert im Grunde eine Geschichtsbetrachtung in religionskritischer Absicht. So und das ist ein Genre, was bis heute nicht ausgestorben ist. Der Versuch durch geschichtliche Dekonstruktion zu zeigen,

64:06
dass der christliche Glaube grundlos ist. Da kann man bis heute Bestseller mit erzielen. Das ist echt so interessant auch. Also bis heute funktioniert das immer wieder, dass irgendjemand was hat und war alles völlig anders und gab gar keinen Exodus oder Jesus Auferstehung. Alles eine große Täuschung. Er war scheintod. Gab es neulich erst Bücher. Und das ist bei Reimarus im Grunde ein Genre. Historische Kritik zur Destruktion des Glaubens. Das interessante bei Reimarus ist, dass er im Grunde offiziell vertritt eine Vernunftreligion. Eine Vernunftreligion, die Gottes Existenz und eine universelle Moral behauptet. Was aus heutiger Sicht so witzig, dass der überhaupt gottgläubig oder so war. Und hier kann man geschichtlich von der Entwicklung sagen spätestens ab Feuerbach ist das eigentlich ein Genre des modernen Artheismus.

65:10
Aber interessanterweise war um 1750 Artheismus noch zu undenkbar. Es ist wirklich interessant, dass Reimarus noch so aus seiner gottgläubigen Position heraus das noch so gemacht hat, aber schon wirklich antihüdisch, antichristlich in allen zentralen Glaubensfragen. So und Götze ist jetzt das kongeniale Gegenüber dazu, weil Götze im Grunde sieht Angriffe auf die historischen Fundamente des Christentums, zerstören das Christentum. Also muss man mit aller Macht diesem Angriff widerstehen. So und wie? Naja, mit der ganzen Klaviatur, die man so zur Verfügung gestellt bekommt. Historische Apologetik, systematische Apologetik, aber im Zweifelsfall auch durch Zensur, Schreibverbot, Veröffentlichungsverbot, massiven Druck.

66:14
So und Götze arbeitet auf der ganzen Klaviatur. Man muss übrigens aufpassen, den jetzt nicht zum aller düstersten Finsterling zu machen. Der ist besser als sein Ruf, sage ich mal so. Es fehlt leider immer die Zeit, das zu zeigen. Er macht auch im Streit jetzt nicht die allerbeste Figur, weil er so wütend ist. Das merkt man ihm so an, wie er sich ärgert über den Lessing und so. Und er hat im Grunde eine teil aufgeklärte, schon auch rationale Christlichkeit, durchaus einen Bildungsanspruch. Also ist jetzt, was weiß ich, kein Boko Haram, Bildung ist Sünde oder so. Gar nicht. Also schon jemand, der auf Bildung Wert legt und eben mit historischen und theologischen Argumenten radikal dagegen hält. Und er wirft es Lessing vor, diese Giftspritze da zu Wort kommen zu lassen,

67:07
ohne seiner Verantwortung als Herausgeber gerecht zu werden und zu zeigen, dass diese Vorwürfe unberechtigt sind. Das ist so sein Punkt. Und er arbeitet das teilweise ab und hält dies dagegen und das dagegen und so. Und da könnte man jetzt auch wieder in die Tiefen gehen. Aber wir nehmen es jetzt schematisch, eine apologetische Schriftbetrachtung. Auch bis heute, das ist auch so interessant, kann man auch bis heute mit Geld verdienen, warum die Bibel doch recht hatte. Argumente für die Zuverlässigkeit der Bibel. Und ja, auch das ist bis heute ein Bestseller-Genre. Das geht ganz gut. So, ne? Kriminalfall Jesus. Was ist der Fall? Was sind die Indizien? Kritisch fragen. Bis heute funktioniert das. Das Interessante bei Lessing ist, er lässt das so ein bisschen eskalieren, dass er selbst so angeschossen ist.

68:04
Er ärgert ihn natürlich schon, weil es geht ja auch um Job und Geld und so weiter. Da wehrt er sich so ein bisschen. Aber im Grunde seine Position ist, das ist mal sehr kurz gefasst, die haben beide Unrecht. Die führen beide den falschen Krieg an der falschen Front. Die beiden sind sich ähnlicher, als sie wahrhaben wollen. Und der Lessing schreibt es auch dem Götze und sagt, Götze, du glaubst, das Christentum zu verteidigen, aber du merkst nicht, dass deine Form der Apologetik genau so im Grunde funktioniert wie das Denken von Reimarus. Nur, dass ihr gegensätzliche Ergebnisse habt. Aber ihr beide versucht im Grunde, den Glauben zu stabilisieren oder zu destabilisieren mit rational-historischer Argumentation. Und im Grunde ist das Lessings, wird schon sagen, Masterplan.

69:03
So also diesen Streit. Er ist von ihm geschürt. Er ist von ihm gewollt. Er provoziert auch. Also er ist kein Unschuldslappen, der Lessing. Der hat schon Faustlicht hinter den Ohren und er will im Grunde, dass das deutlich wird, dass das destruktiver, nicht förderlicher Umgang mit dem Problem ist. Was will Lessing? Das ist jetzt echt eine kleine detektivische Aufgabe. Ich mache es auch wieder schematisch. Lessing schreibt unterschiedliche Texte, philosophische Texte, kleine Antigötze Sachen, Ablenkungsmanöver, sag ich gar nichts dafür und so. Aber im Grunde kann man drei Stränge bei ihm unterscheiden, drei Antworten auf das Grundproblem. Und das Grundproblem aus Lessings Sicht ist, wie abhängig ist der christliche Glaube von historischen Tatsachen oder besser von der Möglichkeit oder Unmöglichkeit, die Tatsächlichkeit historischer Fakten zu beweisen oder zu erweisen.

70:10
Das ist für ihn das Grundproblem. Und so formuliert ist das jetzt auch wirklich neu. Also das ist ein Problem auf Grundlage des historischen Bewusstseins des 18. Jahrhunderts. Das haben die davor nicht so. Es gab davor auch Streit. Also man kann bis in die Antike zurückgehen zu Kelsos, Christentumskritiker. Der hat auch schon gesagt, das und das, das stimmt doch gar nicht, so eine Erfindung. Und dann hat originell sich erbarmt und da was gegen gehalten und so. Also ansatzweise gab es die Diskussion. Aber bei Lessing ist das auf neuem, anderem Niveau. Und es geht ihm um die Grundsatzfrage, was kann historische Argumentation leisten? Welche Bedeutung, welchen Stellenwert hat sie für die Wahrheit des christlichen Glaubens? So aus unterschiedlichen Texten heraus gesammelt.

71:03
Drei Strenge, drei Gedankenstränge, die Lessing entwickelt. Der erste Strang, den nenne ich jetzt mal Erfahrungsreligion. In der Schrift Beweis des Geistes und der Kraft kann man das finden. Auch vielfach könnt ihr das finden bei ihm. Lessing sagt beide, Reimarus und Götze, folgen im Grunde einer Logik, dass das Christentum abhängig ist von der Beweiskraft rationaler Apologetik oder eben in diesem Geflecht zugrunde geht. Und Lessing sagt ganz schlicht, wenn das so wäre, also wenn die beiden darin, wo sie sich einig sind, Recht hätten, das wäre im Grunde das Ende der Religionsgeschichte. Weil der normale Mensch könnte ja gar nicht mehr Christ sein. Der normale Mensch würde ja gar nicht mehr vor der Frage stehen, glaube ich an Gott?

72:05
Er wird immer vor der Frage stehen, welche Apologetik ist die stärkste? Wer gewinnt Religionskritik oder Apologetik? Und Lessings These ist, so funktioniert Glauben nicht. So funktioniert auch Religion nicht. Es gibt schlicht einen Unterschied zwischen rationaler Kritik und rationaler Verteidigung von Glaubenssätzen und dem Gottesverhältnis. Und Lessings These in diesem Strang seiner Argumentation ist, Gottesglaube ist eine persönliche Sache, ist eine persönliche Erfahrung, eine persönliche Herzenserfahrung, dass Gott real ist. Das kann einem Kind einleuchten und es kann dem Weisesten einleuchten und das kann ein Kind verdrängen.

73:01
Und der Allerklügste kann es sich vom Leib halten. Aber das funktioniert nicht auf dieser Ebene, welche rationale Beweiskette den Glauben stützt oder widerliegt. Es ist eine Erfahrung. Es ist etwas, was mehr mit dem Herzen zu tun hat als mit der rationalen Argumentationskette, die ich mir erstelle. Und es wäre im Grunde das Ende der Religion, wenn sie abhängig würde von den Schlachten der Gelernten. Und er sagt, jeder Theologe, der nicht nur Theologe ist, sondern auch Gläubiger, weiß das im Grunde, dass er sich seinem eigenen Glauben nicht anbeweisen kann. Glaube ist eine Ergriffenheit, ist eine Erfahrung, ist, dass es mir einleuchtet, dass es mich im Herzen trifft. Dass es mir in einer Weise einleuchtet, die meinem, wie sollen wir sagen, vielschichtigen Charakter als fühlendem, gewissenhabendem, denkendem Wesen gerecht wird und nicht eben in dieser rationalistischen Logik.

74:16
Wir kommen nicht durch die Beweise zum Glauben. Wir sollten nichts so tun, als könnten wir durch Beweise den Glauben dann retten oder zerstören. Es ist eine Sache des Gefühls, des Herzens, des persönlichen Einleuchtens. Religion ist so. So, wir werden gleich sehen, welche Karriere das Ganze hat. Das ist ein Strang, den Lessing entwickelt. Und dann aber hat er einen anderen Strang. Das habe ich jetzt mal Erfahrungsreligion genannt. Denn Lessing entwickelt auch einen Entwurf von Vernunftreligion. Wer näher einsteigen möchte. Erziehung des Menschengeschlechts ist die Hauptquelle dafür. Erziehung des Menschengeschlechts. Sehr kleiner Text. 10, 15 Seiten oder so.

75:01
Und aber ein genialer Entwurf. Lessing sagt so Mensch und Gott, wie stehen wir zueinander? Naja, so. Gott ist der Erzieher. Und wir sind seine Kinder und es ist wie im wirklichen Leben auch. Also Mensch sein heißt wertendes Leben sein. Wir sind im Werten. Es ist so. Wir alle, wir entwickeln uns. So und das, was jeder aus eigener Erfahrung kennt, ist auch so bei der Menschheit. Die Menschheit ist ein Entwicklungsgang gegangen. So und Gott ist der Erzieher der ganzen Menschheit, so wie unsere Lehrer und Eltern unsere Erzieher sind. Und Lessing sagt so, er macht dann ein kleines Schema. Das klaut er bei Joachim von Fiore. So er sagt es. Man kann drei große Epochen unterscheiden. Epoche des Vaters, Epoche des Sohnes, Epoche des Geistes.

76:04
Und Lessing macht es sehr schematisch so. Gott nimmt sich mit Israel ein Volk heraus aus den Anfangsgründen der Menschheit. Und da ist vieles, vieles nicht klar. Da gibt es kein ewiges Leben und Sterblichkeit der Seele. Da gibt es keine universelle Religion. Da ist noch Auge um Auge, Zahn um Zahn. So und Gott geht mit denen einen Weg. Und Gott stellt sich ihnen vor. Gott offenbart sich. So und Gott offenbart sich aber nicht, dass die mit blindem Vertrauen ihm anhängen, sondern Gott nimmt sie auf einen Weg mit der Erkenntnis. Sie sollen ihn kennenlernen. Sie sollen verstehen. Sie sollen Erfahrungen sammeln auf ihrer Geschichte. Sie sollen lernen. Sie sollen lernen, aus seiner Erfahrung Gott zu erkennen. So und Gott bringt sie dahin, dass ihnen mehr und mehr deutlich wird. Unser Gott ist nicht hier der Stammes Gott aus der Wüste, sondern ist der Gott der ganzen Welt. Und unser Gott hat nicht eine Privatmoral für unseren Stamm, sondern eine Moral für die ganze Menschheit.

77:06
So alle Menschen als Ebenbild Gottes. Und unser Gott ist nicht ein Gott für diese Zeit und unser Wohlergehen, sondern ein Gott für Zeit und Ewigkeit. So und Gott bringt dieses Sein Volk dahin, dass es lernt und versteht. So und dann beginnt Gott eine neue Epoche. Jesus ist ein historischer, heilsgeschichtlicher Einschnitt. Bei Jesus ist völlig klar, es geht nicht um Erfolg und Glück und Hopsassan in diesem Leben, sondern es geht um das Reich Gottes. Es geht um ewiges Leben. Es geht um universelle Moral. Liebe nicht nur zum Nächsten, zum Volksgenossen, nicht nur zum Fremden, sondern zum Feind, zu allen. Universale Liebe, ein Gott, eine Gotteserkenntnis, eine Liebesmoral für die ganze Menschheit.

78:01
So und das ist das Christentum und das Christentum ist in der Lage, sich dann den Reichtum anderer Kulturen einzuverleiben. Das alte Testament, ja, das war eine Art Primarschule. So und das ist dann auch zu Ende gelernt und das Christentum nimmt das Wesentliche davon auf. Das Christentum ist aber auch in der Lage, das Wesentliche aus dem Griechentum, aus dem Römer-Tum aufzunehmen und wird eine universelle Menschheitsreligion für die Menschheit. So und Lessing beschreibt es so, dass er sagt gut und schön und das Ganze aber schon auch noch so in partikularen Verfasstheiten mit Kirche und Kirchengesetzen und Kirchenfürsten und Kirchenspaltung und also eigentlich was man hat, diese Universalität Gottes und der Moral und des Ewigkeitshorizons ist in der christlichen Epoche noch gebrochen durch lauter Halbheiten und Stückwerk.

79:01
So und Lessing sagt, es wird in dieser Welt noch beginnen, ein Zeitalter des Geistes. Er beruft sich auf Joachim von Fiore, Franziskaner, der hat da so visionär geschaut. So und Lessing sieht das auch so, dass Menschen einander als Brüder und Schwestern erkennen und sie das Gute tun um des guten Willens und nicht mehr um eigenen Vorteilswillen und nicht mehr in Konkurrenz miteinander. Das Zeitalter des Geistes wird auf Erden einer Epoche universaler Gotteserkenntnis sein, die nochmal hinaus führt über die Partikularität der Religion. So, kleiner Text, kleine Zusammenfassung von mir. Das Ganze hat eine riesen Geschichte vor sich. Es gibt andere, die daran arbeiten. Herder ist schon dabei und so und der deutsche Idealismus. Der deutsche Idealismus wird daraus die riesen Dinge stricken. Man könnte jetzt auf Kant zu sprechen kommen. Man müsste auf Schelling, vor allem auf Hegel. Hegel wird das dann ins Unermessliche ausdehnen.

80:06
Und wir leben schon in einer Epoche, die mit diesem Denken zutiefst vertraut ist. Der eine Strang ist dann eben linkshegelianisch Marx Engels. So dieser Geist der Utopie, diese Idee einer Welt der Gerechtigkeit, einer klassenlosen Gesellschaft, einer Beendigung der Gegensätze von Klassenkämpfen. So, also Lessing ist da weder schuld, noch hat er das alles erfunden, aber diese Idee Menschheitsgeschichte so zielgerichtet zu denken, das hört nicht mehr auf. Das gibt es im liberalen Gewande. Die freie, offene Gesellschaft als Endziel, die wir nur noch verteidigen gegen Idioten aus allen Ecken oder die soziale, gleiche Gesellschaft, das Reich der Freiheit oder nehmt was ihr wollt. Also das ist schon ein großer Wurf von Lessing so als Idee, wie immer man das bewertet. Und was er damit ja auch hat. Im Grunde, wenn man das so sieht, merkt man, wie primitiv der Rei Marus ist.

81:09
Weil der Rei Marus hat so seine Moral. Und jetzt guckt er in die Bibel, liest Geschichten von David, schon wird ihm schlecht, er muss brechen. Aber das ist Arroganz. Das ist Dummheit. Es ist Unfähigkeit, geschichtlich zu denken. Das ist Lessings Meinung. So, also er hält wirklich nicht zu viel von Rei Marus, weil im Grunde ist das so ein Vernunftsstolz, der auf alles, was nicht genauso denkt, im Grunde mit Herablassung und Verachtung blickt. So ein Lessing sagt, komm, da ist doch. Also das ist wie Leute in der 12. Klasse, die über Menschen in der 5. Klasse lachen. Das ist halt nicht das höchste der Gefühle irgendwie. Also das ist nicht so schlau irgendwie. Zumindest sollte man, wenn ein Neuntklässler noch über einen Fünfklässler lacht, der ist halt neunte Klasse.

82:01
Aber irgendwann sollte man verstehen, dass Leute im zehnten Semester vielleicht auch über die gymnasiale Oberstufe schon schallend lachen. Und dann sollte man über die wieder lachen, dass sie es immer noch nicht kapiert haben. So es sind ja Lerngeschichten, es sind Entwicklungsgeschichten und jede Entwicklungsstufe hat doch ihre Würde und ihre Tiefe und ihre Kraft. Muss man doch ernst nehmen können. So dieses geschichtliche Denken ist damit angekommen in der Philosophie und in der Vernunft. Und da ist Lessing wirklich epochal, er ist kein Philosoph. Aber die Idee der Erziehung des Menschengeschlechts ist epochal, die Vernunft geschichtlich werden zu lassen. So der deutsche Idealismus wird das auf ein unsagbares Niveau puschen. Und Lessing hat noch eine andere Idee. So und jetzt schon Nathan der Weise. Nicht ganz schlicht zu sagen, also alles gut und schön. Aber jetzt mal ganz ehrlich kurz vor dem Tod, wenn mich einer fragt, was ist das Wichtigste?

83:04
Lessing hat noch so eine kleine Schrift herausgegeben von Hieronymus, dem Kirchenvater, hat er extra noch herausgegeben, so kurz vor seinem Tod, wo einfach der berichtet, er habe gehört über Lieferung Johannes der Evangelist, habe am Ende seines Lebens immer nur noch einen Satz gesagt, Kinder liebt einander. So altkirchliche Überlieferung, Lessing stand auf so was, überlieferung, Latein, Übersetzung, Text und so. Weiß man nicht, ob das stimmt, keine Ahnung. So, aber egal ob es stimmt, es ist so schön und es ist so wahr, Kinder liebt einander. Und das war für Lessing, also hätte er sagen müssen, du bist gleich tot, es reicht nicht mehr die Zeit für Erziehung des Menschengeschlechts, hast du noch eine letzte Weisheit? Hätte Lessing gesagt, ja doch, Kinder liebt einander. So, das Ringgleichnis Natan der Weise, ganzen Philosophien, ganze Dogmatik, ist alles schön,

84:03
aber am Ende steht, zeigt sich die Kraft des Glaubens und die Kraft der Vernunft darin, dass Menschen einander als Brüder und Schwester wahrnehmen, einander lieben, einander helfen und dienen, empathisch voller Mitgefühl einander zugewandt sind. Wafür Lessing ganz entscheidend, alle seine Dramen handeln ja immer von diesem Gegensatz der kalten, Vernunft- oder traditionsgesteuerten Menschen und der empathischen Menschen, die offen werden für das Mitgefühl und im Mitgefühl auch andere verstehen können. Auch komische Leute, auch Gegner und im Mitgefühl die Kraft zu verzeihen oder zu ertragen finden. So, das ist für Lessing die Essenz, die Essenz des Glaubens, also das Kriterium. So, das haut Lessing in verschiedenen Schriften, ja dann ist er krank, stirbt und ist tot.

85:03
So, das ist ein bisschen die Frage, was ist denn die Lösung? Also ich glaube, das einfach mal so stehen lassen, ist schon ein sehr großartiges Plateau. Es gibt dann später Geschichten, die sagen, ja er war eigentlich Spinozist, Jakoby hat mit ihm gesprochen, vielleicht wollte er den Jakoby auch nur ärgern, vielleicht war es wirklich so. Alles wirklich sehr witzig mit Lessing. Ich möchte von diesen drei Punkten jetzt noch mal ganz knapp andeuten, Linien bis heute. Ich würde ernsthaft behaupten, von Lessing aus kann man verstehen die Entwicklung rückwärts, das Entstehen des geschichtlichen Bewusstseins und von Lessing aus kann man Linien sehen, die im Grunde bis in unsere Gegenwart, weil die drei Punkte, die ich so schematisch zusammengestellt habe, die haben Geschichte, die haben ihre Nachfolger. Der Blick auf die Uhr macht mir Angst, aber ich ziehe es durch. Alles egal, keine Angst, wir ziehen es durch. So, die Theologie, was macht die denn? Witzigerweise haben wir ja bis jetzt Spinozer, jüdischer Uhrenglaser, Philosoph, Genie, so, Reimarus, Lehrer, Freigeist, Lessing, Schriftsteller und so.

86:14
Machen die Theologen eigentlich die ganze Zeit, haben die Ideen irgendwie? Na ja, sehr, sehr unterschiedlich. Manche kochen vor Wut, andere werden depressiv, manche fangen an zu saufen oder wirklich sehr, sehr, sehr, sehr unterschiedlich, kann man schon sagen. So, und im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts kann man schon grob sagen, in Deutschland setzt sich eine aufgeklärte Theologie durch. Es gibt dafür Fachbegriff Neologie, Neologen, teilweise Schulgemeinschaft, teilweise aber auch ein wirklich buntes Geflecht, also Leute wie Johann Salomo Semmler, Jerusalem gehört dazu, Tölner, dazu gehört auch Spalding, Johann Joachim Spalding ist zu Lebzeiten vielleicht der anerkannteste.

87:03
Die wenigsten haben jetzt geneckt und gesagt, ah, der Spalding. Also ein bisschen sind die wenig bekannt und da gibt es eine zeitliche Verzögerung. In der gegenwärtigen Theologie der letzten 20 Jahre gibt es eine Riesenblüte der Aufklärungsforschung. Also in der heutigen Theologie sind die sehr bekannt. Große Werkausgaben von Spalding und Semmler und dies und das und das läuft. Und das ist aber so von der Durchsickung noch im Promillbereich, das ist noch nicht angekommen. Es ist ganz witzig, es gibt oft so eine Verzögerung von 10, 20, 30 Jahren zwischen theologischer Forschung und so. Stellt euch drauf ein, wenn ihr so als Hobby Theologen weiter Spaß habt daran. Die Namen von Aufklärungs Theologen sollte man auf dem Schirm haben. Die hat man früher immer als flach verachtet und so. Heute merkt man, so doof waren die nicht und hatten da schon ihre Ideen. So, also das setze ich durch. Ich stelle jetzt mal einen vor, Johann Salomo Semmler. Das ist gewisser Hinsicht der Wirkmächtigste.

88:06
Theologie Professor, bleibt auch zeitlebens in Amt und Würden, wird auch nie mit Schimpf und Schande irgendwie hinterm Friedhof begraben oder so. Nee, also hält sich im Amt so und schreibt 70er Jahre ein großes Buch, Freie Untersuchung des Kanons. Und er ist ein Theologe, der sagt, hier komm, ich hab's kapiert, meine Kollegen haben's kapiert. Das mit dem geschichtlichen Bewusstsein ist real. Wir können nicht mehr ständig explodieren üben wie der Götze da in Hamburg. Man muss jetzt einfach mal auch akzeptieren, wir werden überschwemmt von Quellen, von Überlieferungen, von Debatten und wir können das Ganze nicht mehr verbieten und zurückdrehen. Nein, wir lernen ja ständig dazu. Wir machen ja ständig Entdeckungen. Unser eigenes Gehirn wächst ja wirklich. Es ist ja wirklich alles real. So und die Herausforderung ist im Grunde, dieses historische Denken in der Theologie zu integrieren.

89:09
Und so muss man schon jetzt sagen, das historische Bewusstsein, historisch-kritisches Forschen ist etwas, was auf breiter Fläche entsteht. International, kreuz und quer, auf breiter Fläche, in Philosophie, in Geschichtswissenschaft, aber wirklich auch Literaturwissenschaft in allen Bereichen. Und da sind Theologen von Anfang an so mit dabei, aber im Grunde haben sie irgendwann die Herausforderung vor sich, können wir das integrieren oder nicht? So kriegen wir eine Theologie zustande auf dem Niveau des historischen Denkens heute. Und Semmler ist einer der ersten, die sagen, genau das ist unsere Aufgabe und wir müssen, wir müssen. Die Theologie kann nicht die Wirklichkeit bekämpfen. Die Wirklichkeit heute ist durch das geschichtliche Denken geprägt.

90:03
So Semmler hat jetzt verschiedene Dinge dafür, die ihm auch ein bisschen helfen. Er sagt, wir müssen dabei natürlich Theologie und Religion unterscheiden. Wenn man so will, ist das etwas, was ihn mit Lessing durchaus verbindet. Es gibt die Religion der Menschen, der Kinder, der Kreise, alle irgendwie und die sind religiös auch okay. So und Theologie ist eine Fachwissenschaft und Religion ist nicht, Sätze von Theologen für wahrzuhalten. Das ist ein Missverständnis. Religion ist so was Praktisches, was Lebendiges und nicht irgendwie ideologisch da immer kämpfen oder so. So also Religion ist Religion und die hat man oder manche vielleicht auch nicht, schade und so, aber eigentlich hat man es. So und Theologie ist eine Fachwissenschaft und die betreiben wir an der Universität. So und dann führt er eine zweite Unterscheidung ein zwischen privater und öffentlicher Religion und er sagt und ich verstehe die Kirchen geben schon vor so und so und so.

91:06
Und das ist auch nötig und der Staat macht es ja letztlich. Kirchen sind ja protestantischerseits immer Teil des Staatsgefüges. Muss man sich vor Augen führen. Selbstständige Kirche evangelisch ab 1918. Bis dahin Kultusminister heißt ja heute noch so. So das war eine Staatseinrichtung, die letztlich das Bischofsamt in irgendeiner Form ausgeübt hat. Es war kompliziert. Es gab immer dann, was weiß ich, General, Superintendente und Geistliche und die staatlichen und die staatlichen wollten sie auch nicht zu die. War sehr kompliziert, aber im Großen und Ganzen gab es keine Trennung von Staat und Kirche. Man muss wissen Ende des 18. Jahrhunderts, das liberale Zeitalter neigt sich zu Ende. Vor allem je stärker in Frankreich die Sachen ein bisschen überkochen. So Ende des 18. Jahrhunderts gibt's in Preußen.

92:01
Da ist inzwischen Friedrich Wilhelm II dran. Nicht mehr Friedrich der Zweite. Friedrich Wilhelm II. Also super fromm war der noch gar nicht wie seine Nachfolger. Aber der merkte schon die Stimmung wird antiliberal. Ich brauche mal so neue Regelungen. Es gibt so einen Staatsminister Wöllner, der führt Gesetze ein, klare Zensurgesetze, die sagen Kirchenbeamte, Gelehrte und so weiter respektieren bitteschön die kirchlichen Bekenntnisse. Religionsspott ist nicht mehr wünscht. Brauchen wir nicht. So war ja mein Vorgänger Friedrich der Zweite. Ist ja super Hecht gewesen, aber jeder hat ja Grenzen. Wir sind jetzt da wieder strenger. So gibt's nicht. Und Semmler zum Beispiel war jemand, der gesagt hat Ja, ist richtig. Ist richtig. Gut, er hatte auch, musste eine Familie ernähren, musste irgendwie seinen Job behalten oder so. Aber hat ausdrücklich das unterstützt und zugleich gesagt Öffentliche Religion. So privat kann ja keiner ins Herz gucken.

93:02
Die Gedanken sind frei. Er unterscheidet also zwischen Theologie und Religion. Er unterscheidet zwischen privater und öffentlicher Religion. Beides macht sehr stark Karriere. Heute kommt es uns so selbstverständlich vor. Hoffe ich. Aber damals war es wirklich neu, das so zu machen, so zu unterscheiden, also auf Freiräume zu definieren. Die bedeutendste Unterscheidung. Darum ist er für die Geschichte der Bibelauslegung wichtig. Er unterscheidet zwischen Bibel und Wort Gottes. Und er macht das programmatisch so. Und das ist für ihn eine Konsequenz, die aus diesen ganzen Dingen zieht, was wir jetzt sehr ausschnifft wahrgenommen haben. Also Spinoza bis Reimarus. Semmler ist jetzt schon jemand, der sagt Ich glaube an Gott. Ich glaube an Jesus Christus. Auferstehung, Offenbarung Gottes. Also ich bin dabei. Ich unterschreibe alles. Möge keiner in mein Herz. Aber ich bin dabei. Ich vertrete das alles so und bin gegen Reimarus.

94:03
Natürlich bin ich dagegen. Ich verteidige das. Christentum kann man schon sinnvoll verteidigen. Und er sieht aber auch Dinge, die Spinoza, Reimarus und tausend andere dazwischen deutlich machen. Und er hilft sich so. Er sagt Wir müssen im Grunde deutlicher unterscheiden als die Vorgänger Generation. Die Bibel ist nicht identisch mit dem Wort Gottes. Und bei Semmler kann man im Grunde sagen, so bei ihm funktioniert die Formel, die Bibel enthält das Wort Gottes, aber ist nicht das Wort Gottes. Und er macht das auch ganz klar. Er sagt Schriften, also das Buch Esther. Er sagt Das ist eine jüdische Schrift. Gott kommt da nicht mal vor. Ist nicht unser Thema, ist nicht unser Kampf. Das ist doch nicht Wort Gottes. Das ist eine jüdische Historie. Müssen wir jetzt gar nicht näher diskutieren so. Aber das ist doch keine Offenbarung, die uns hilft, an Gott zu glauben oder so. Und andere Schriften auch. So vieles im Alten Testament berührt uns gar nicht so sonderlich.

95:06
So die ganzen Geschlechtsregister. Das ist doch keine Offenbarung. Was ist Offenbarung Gottes? Das Moralische. So, das ist jetzt eine kleine Falle. Man kann bei, ich sage mal, so halb klugen Leuten bis heute finden, dass sie sagen, der Semmler hat das Christentum auf Moral reduziert. Den Fehler nicht machen. Das ist falsch. Weil was Semmler mit Moral meint, ist nicht das, was wir heute mit Moral meinen. Wir leben in einer Zeit, wo wir zwischen Moral und Religion deutlich unterscheiden. Diese deutliche Unterscheidung, also Schleiermacher, der kämpft dafür. Ist nicht ganz der erste so. Aber ab Schleiermacher deutliche Unterscheidung Religion und Moral. Die Semmlerzeit unterscheidet nicht zwischen Moral und Religion. Das Moralische bei Semmler, ich schlage mal vor, ist das sittlich-religiöse.

96:05
Er kann nämlich häufig moralisch und geistlich gleichsetzen. Und das sittlich-religiöse, dazu gehört Gottes Erkenntnis, Nächstenliebe, Nachfolge, Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, aber auch Jesu Auferstehung, Dankbarkeit gegenüber Gott. Das ist für ihn das Moralische. Das ist ein anderer Begriff. Das ist übrigens auch wieder historisch kritisch in Anwendung. Die Wörter haben Geschichte und man muss bei einem Wort wie moralisch, Semmlers moralisch nicht verwechseln mit dem heutigen Begriff. Und das zum Beispiel etwas, da kann man noch nicht diskutieren. Da kann man nicht sagen, sagst du, ich finde es anders oder so. Nee, das ist wirklich so. Das kann man wirklich an den Quellen zeigen. Es ist bei Semmler das sittlich-religiöse. Das meint er, unterscheidet es nicht streng. Es ist so ineinander. Es gehört für ihn ganz eng zusammen. Man kann, wenn man will, dann sagen, es hat ein moralisches Gefälle.

97:01
Es geht ihm schon um das praktische Leben in Liebe und Gerechtigkeit, aber im Verbund mit Gottes Erkenntnis und Glauben an den Auferstandenen und so. Und das ist für ihn Wort Gottes. Und das ist sein Bibel Umgang, dass er sagt, wir müssen die Bibel historisch kritisch auslegen und wir müssen unterscheiden, was ist die sittlich-religiöse Substanz und was ist der historische Ballast, der da einfach so ist. Und das ist schon ähnlich wie Spinoza. Nur dass Spinoza im Grunde gar keine christliche Religion machen will und bei Semmler schon noch so ein bisschen Christentum zentriert ist, aber es ist so ähnlich, das sittlich-religiöse ist die Substanz, ist der Kern und das historisch Zufällige, das ist die Schale, also die ganzen Episoden, die ganzen Königsbücher und auch irgendwelche Sachen, Evangelien und der Mantel des Paulus Sutroas

98:03
und diese ganzen Sachen, das sind alles nicht Offenbarungen Gottes, Gott offenbart sich in der sittlich-religiösen Substanz der Bibel. Und man könnte jetzt von Danielin jetzt ziehen bis in das 20. Jahrhundert hinein bis zur sogenannten liberalen Theologie. Da war das immer so eine Logik Schale und Kern. Der Kern ist entscheidend, die historische Schale fällt weg. Das Wort liberal ist ein bisschen gekippt. Heutzutage würde man liberal eher nennen gar keine Offenbarungsreligion, sondern sehr stark ausgehend von Religion als menschlicher Dimension der Weltbetrachtung. Insofern kann man jetzt nicht so einfach sagen, Semmler ist der Kirchenvater der liberalen Theologie bis heute, aber man kann so eine Zweidrittel Wahrheit sagen. Vielleicht ist euch das ja hier und da begegnet. Ich glaube schon, so mancher Religionsunterricht lebt noch irgendwie ganz gut damit.

99:03
In der Bibel vieles ist da für die Füße, aber es gibt so einen Kern, gibt so ein bisschen Substanz und damit kann man was machen. So ein Stück weit, ja man kann das von Lessing her denken. So also von dieser praktischen moralischen Religion her, von der Ringparabel her. Historisch kritisch heißt einfach, was ist die Substanz und was gehört nicht dazu? Ich will ja überwiegend zeigen, fast nur aber doch ganz kurze kleine Bewerbung jetzt von mir. Nur dass ihr es wahrnehmt, die Aufgabe der historisch kritischen Methode ist schon dann, das Historische da weg machen vom Christentum. Also alles ist richtig historisch im engeren Sinne, kommt weg. Ist auch nicht wichtig, ist auch nicht so ein Substraktionsverfahren. Also ruhig, also wenn jetzt jemand kritische Gedanken dazu hat, würde ich heimlich flüstern, gebt dem ruhig mal ein bisschen nach. Aber so ich mache ja, ich stelle da, mach das irgendwann ausführlicher,

100:04
wo ich sage, wie ich das so sehe und finde. Nur kleine Kommentare aus meiner Perspektive. Ich möchte zwei weitere Stränge noch andeuten und die fangen beide, die kann man anfangen lassen bei einem Zeitgenossen, Johann Georg Hamann. Johann Georg Hamann war Zeitgenosse, ja und der ist ein witziger Typ, weil der ist im Grunde alles gleichzeitig. Der ist, ja den muss man aufgeklärt nennen, weil der weiß echt viel. Der ist auch bekehrt. Der hat eine Bekehrungsgeschichte mit Jesus. Der hat eine Liebe zur Bibel und eine Liebe zu Jesus. Und er ist auch Lutheraner und philosophisch auf der Höhe. Also Johann Hamann ist einer der wichtigsten Unbekannten, die es gibt. Ich schätze, viele hören den Namen zuerst mal. Ja ist schade, Johann Georg Hamann könnte man ruhig kennen. So einer der bedeutendsten Unbekannten, die ich so wüsste. So und in der Zeit damals, so macht er sich so seine Gedanken

101:02
und im Grunde kann er auch bei Lessing anknüpfen. So und Zitat von ihm, er sagt, der Glaube ist kein Werk der Vernunft. Daher kann er auch keinem Angriff derselben unterliegen, weil Glauben so wenig durch Gründe geschieht, als Schmecken und Sehen. Das ist jetzt, ihr merkt die Lessing Spur. Der Hamann ist davon allein drauf gekommen, von Luther, von der Bibel und so weiter her. Aber es berührt sich mit dem, was Lessing sagt. So und er ist Offenbarungs-Frommer, er sieht die Bibel als Offenbarung, die zu unserem Herzen spricht und die nicht abhängig ist von Verstandesbegründungen. Das ist das Verstritte schon sehr stark. Was wir mit dem Verstand begründen können, haben wir im Griff. Die Bibel spricht uns tiefer an. Sie zielt auf unsere Selbsterkenntnis als Sünder, die in sich verstrickt sind und mit sich und dem Leben im letzten nicht klarkommen, es nicht im Griff kriegen,

102:08
reinfallen auf Illusionen, auf Täuschungen, sich über sich selbst immer wieder im Unklaren sind. So und Bibelerkenntnis und Gotteserkenntnis ist immer Selbsterkenntnis, die Liebe Gottes zu brauchen. Angewiesen zu sein auf ein großes Ja, das ich mir selbst nicht geben kann. Und zwar ein solches Ja, das mich liebt durch meine Brüche und Abgründe hindurch. Und das ist die Botschaft des Kreuzes. So und das ist eine existenzielle Erkenntnis, eine persönliche Erkenntnis. Die ist auch intellektuell entfaltbar, aber in einer Weise, dass ich mit zum Stoff gehöre. Und jede intellektuelle Argumentation, die Religion und Gottes Existenz verobjektiviert und mich draußen lässt,

103:02
ist im Grunde naiv. Und verkennt im Grunde die wirkliche Herausforderung, die die Gottesfrage für mich bedeutet. Einer, der das radikalisiert hat, ist Sören Kierkegaard. Sören Kierkegaard kannte z.B. Harman und fand den auch ganz großartig und hat da stark gemacht und gesagt, im Grunde ist immer leicht auf die bösen Atheisten einzuschlagen, aber im Grunde ist der Gesamtgeist im 18. Jahrhundert schwierig. Ein Zitat, Kierkegaard sagte, einige Zweifel. Wiederum gab es dann andere, die den Zweifel mit Gründen zu widerlegen suchten, sagt man. Und dann sagt Kierkegaard, das ist aber die große Täuschung. Man denkt im 18. Jahrhundert, da kamen da böse Zweifler, die Neuzeit, und dann haben tapfere Apologäten dagegen gehalten. Kierkegaard sagt, eigentlich war es doch so, das erste ist gewesen, man hat versucht, das Christliche mit Gründen zu beweisen oder im Verhältnis zum Christlichen Gründe anzubringen. Und diese Gründe erzeugten aus sich heraus den Zweifel und der Zweifel wurde immer stärker.

104:07
Der Beweis für das Christliche liegt nämlich eigentlich in der Nachfolge. So, und als das nicht mehr funktionierte oder wie auch immer, empfand man ein Bedürfnis nach Gründen. Aber schon dieser Umstand, dass es Gründe gibt, ist eine Art des Zweifelns. Und so erhob sich der Zweifel nun, lebte von den Gründen. Und man merkte nicht, mit je mehr Gründen man kommt, umso mehr nährt man nur den Zweifel. Umso stärker wird er. Dem Zweifel Gründe bieten, um ihn zu töten, heißt, gleichsam einem hungrigen Ungeheuer, das man loswerden möchte, die wohlschmeckende Speise zu bieten, die es am meisten liebt. Das ist Kierkegas Deutung dieses Jahrhunderts. Und ihr seht, er stellt das Ganze jetzt noch mal komplett auf den Kopf und sagt, sehr viel dieser Schlachten, Raimarus, Götze und so weiter, die hatten alle den rechten Eingang längst verloren und kämpften in irgendwelchen Hinterhöfen.

105:05
Der Eingang ist immer dieses Zusammentreffen von Selbsterkenntnis und Gotteserkenntnis, Sündenerkenntnis und Erkenntnis der Liebe Gottes. Und dafür ist die Schrift, und das kann man da finden, aber nicht in diesem rationalistischen Kampf, wo man da sich aufschwingt, Gott zu töten oder Gott zu verteidigen. Das ist alles ein bisschen Käse. Man kann das bei Lessing finden. Die Grundidee kann man bei Lessing finden. Das räumt Kierkega ausdrücklich ein. Er sagt, das ganze Problem bei Lessing ist, am Ende lässt er es selbst in der Schwebe. Am Ende hält er sich raus. Am Ende ist für ihn nicht mehr das Evangelium von Christus der Bezugspunkt. Keiner hat das Problem so scharf analysiert wie Lessing, aber im Grunde hat er dann auch sich einen schlanken Fuß gemacht und ist der eigentlichen Konfrontation mit dem Evangelium ausgewichen.

106:01
Vom Hamann her, den ich gerade erwähnt habe, gibt es aber auch noch eine andere Spur. Nur angedeutet, ein Satz von Hamann, der lautet so, ich kenne keine ewigen Wahrheiten als unaufhörlich zeitliche. Ich habe ja an Lessing gelobt, gerühmt, dass er die Vernunft hat geschichtlich werden lassen. Das ist schon ein Riesending, würde ich sagen. Man könnte jetzt sagen, Aristoteles ein bisschen, aber so stark wie in der Neuzeit ist es wirklich was Besonderes. Die Vernunft wird geschichtlich. Sie fängt an, Entwicklung zu denken. Wie hat Lessing Entwicklung gedacht? Naja, schon wie in der Schule. Also das heißt nicht mal wie in der Schule, nicht wie in der Schule, sondern eigentlich noch weniger. Er so, dass du bist auf verschiedenen Levels und das, was du in einem bestimmten Level gelernt hast, ist damit eben auch abgefrühstückt und du brauchst es nicht mehr. Und das ist bei Lessing so, er kann schätzen, dass Menschen auf primitiven oder anfänglichem Level

107:07
bestimmte Dinge total wichtig finden, aber er schätzt es mit mildem Lächeln, weil er selbst in einer höheren Liga ist und das eigentlich so nicht mehr braucht. So und Lessing selbst sieht sich ja im Grunde in einer Welt, wo er sieht, für manche ist das Christentum das große, universelle Ding und sie blicken verächtlich zurück auf die Juden im Alten Testament. Naja und Lessing blickt im Grunde schon so auf die Christen und sagt, ihr seid auch nur eine Phase. Also schon schön, schön euer Christentum, aber eigentlich geht es noch weiter und ich könnte ja nichts davon sagen, wenn ich nicht bisschen weiter wäre schon als ihr. Lieben armen Christen, aber ja gut, also genießt eure Phase und auch da geht es weiter. So und das ist eine bestimmte Logik, die die geschichtliche Entwicklung auch als Subtraktionslogik versteht. Auf einer neuen Stufe brauchst du das Alte nicht mehr. Das ist dann echt Käse. Hamanns Satz funktioniert ja anders. Auch er kann geschichtlich denken.

108:05
Er tut das sehr viel, aber er kann das Eigenrecht und den Eigensinn geschichtlicher Epochen so würdigen, dass sie bleibende Bedeutung haben, dass sie bleibende Wahrheit zum Ausdruck bringen, auch für spätere Epochen. Ein Freund und Schüler von ihm, das ansatzweise weiter gedacht Herder, Johann Gottfried Herder ist derjenige im 18. Jahrhundert, der nochmal ganz neu die Genesis sich nimmt und sagt, wir sind eigentlich blöd Genesis 1 und 2 und 3 die Urgeschichte daran zu messen, ob sie Schritt hält mit unserer naturwissenschaftlichen Welterklärung. Das ist keine primitive Welterklärung, wo wir heute eine wissenschaftliche haben. Es ist ein andere Gattung. Es ist ein anderer Genus. Es ist eine andere Perspektive. Es ist eine poetische, symbolische Betrachtung des Anfangs.

109:05
Und das ist zu unserem nicht wie primitiv zu fortgeschritten. Es ist wie Poesie zu Prosa. Es ist ein anderer Zugang. Und wir sind arme Schweine, wenn wir verlernt haben, Poesie, Kunst als Ausdruck der Wahrheit zu begreifen. So, das ist nochmal was ganz Neues. Damit kommt nochmal was Neues ins Spiel, Geschichte zu verstehen, so dass die alte Betrachtung der Welt nicht primitiv, sondern anders war und nicht unter uns, sondern heute uns noch wahnsinnig viel zu sagen hat. So, in seinen Texten vom Geist der hebräischen Poesie oder älteste Urkunde der Menschheit arbeitet Herder daran. Und es gibt in der Theologie auch einen Seuchenstrang, der ernsthaft anfängt, Vernunft geschichtlich zu machen und die Bibel eben nicht liest in so einem verbrauchenden, abstreifenden Sinne, sondern als schriftliches Wort Gottes

110:08
in einer Vielfalt von Gattungen, Formungen, Überlieferungen, die eben nicht alles historisch in irgendeinem modern aufgeklärten Sinne sind, aber eben als diese Formen uns Gott zeigen und ein Spiegel werden können für christliche Selbsterkenntnis. Auch diese Ahnung mindestens kann man bei Lessing finden. So, das war ein bisschen viel heute, ne? Aber ich sehe, die meisten noch aufrecht sitzen, sehe hier gerade keine im Koma, das freut mich. Vielen Dank fürs Durchhalten. Morgen geht's weiter.

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Gotthold Ephraim Lessing – Bibelkritik in der Aufklärung | 11.13.1

Worthaus Sommercamp – Volkenroda: 15. August 2021 von Prof. Dr. Thorsten Dietz

Stell dir vor, du lebst in einem Land, in dem du nicht frei sagen kannst, was du denkst. Im schlimmsten Fall kommst du für unerwünschte Aussagen ins Gefängnis, oder du verlierst nur deine Arbeitserlaubnis, wirst gemieden und ausgelacht. Nicht schön. Gotthold Ephraim Lessing lebte im falschen Land zur falschen Zeit, um geradeheraus zu schreiben, was er dachte. Also schrieb er verschlüsselt, schrieb Nathan der Weise und Emilia Galotti. Er war clever, versteckte, was er wirklich dachte, in Theaterstücken. „So raffiniert, dass er manchmal wahrscheinlich selber nicht wusste, was er dachte“, sagt Thorsten Dietz. In seinem Schlüsselvortrag über die Bibelkritik in der Aufklärung, erklärt er zentrale Weichenstellungen im 18. Jahrhundert, die uns bis heute betreffen. Anschaulich, aber anspruchsvoll beschreibt er das Leben Lessings, seine Lehren und den großen Streit unter Gelehrten, in dem Lessing die Hauptrolle spielte. Denn er war nicht nur Theaterautor. Er war auch Bibliothekar. Und eines Tages, irgendwann um das Jahr 1777 herum, fand Lessing Texte von Hermann Samuel Reimarus. Echtes Dynamit, das merkte Lessing schnell. Texte, die den gesamten christlichen Glauben infrage stellten. Echtes Plutonium in einer Zeit, in der ohnehin noch Glaubenskriege tobten. Lessing veröffentlichte die Texte. Und entfesselte damit einen Streit, der unser Verständnis von Glaube und Geschichte bis heute prägt.