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Und Gott sprach, es sammelte sich das Wasser unter dem Himmel an einen Ort, dass das Trockene sichtbar werde. Und so geschah es. Und Gott nannte das trockene Erde, und die Ansammlung des Wassers nannte er Meer. Und Gott sah, dass es gut war. Und Gott sprach, die Erde lasse junges Grün sprossen, Kraut, das Samen trägt und Fruchtbäume, die Früchte tragen auf der Erde nach ihrer Art, in denen ihr Same ist. Und so geschah es. Und die Erde brachte junges Grün hervor, Kraut, das Samen trägt nach seiner Art, und Bäume, die Früchte tragen, in denen ihr Same ist, je nach ihrer Art. Und Gott sah, dass es gut war. Und es wurde Abend, und es wurde morgen ein dritter Tag. Super. Ja, also das war der dritte Schöpfungstag, aber das dritte und das vierte Schöpfungswerk,

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weil die Schöpfungswerke werden immer jedes Mal eingeleitet, und Gott sprach. Bei dem dritten Schöpfungswerk, wo es letztlich um die Gravitation geht, die Erdanziehung, die Schwerkraft, die zu den tiefsten fundamentalen Grundlagen unserer Erfahrungswelt gehört. Also die drei grundlegenden Phänomene sind nach der Deutung dieser Menschen, Männer, die das entwickelt haben, Zeit, Raum und Gravitation. Und alle Menschen heute können dem hundertprozentig zustimmen. Das sind bis heute die drei grundlegenden Phänomene. Das ist schon eine Meisterleistung, in so einem kurzen Text mit einfachen Worten die Erfahrungswelt des Menschen so zu durchleuchten.

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Jetzt aber, das gebietende Wort geht hier an das Wasser, das ist schon interessant, obwohl es ja jetzt um die Erde geht, dass das Trockene erscheine, aber das Wasser sammle sich, es ist keine Anrede an das Wasser, sondern eben ein gebietendes Wort, dass das Trockene erscheine. Das ist in der sinnlichen Wahrnehmung auch wieder ein Grundphänomen, das Trockene, oder man kann auch sagen das Feste. Das Wasser hat ja keine festen Formen und das Wasser kann sich gegen die Gravitation sozusagen nicht wehren, es sei denn der Mensch baut eine Staumauer oder so, aber ansonsten alles Wasser fließt nach unten in die Flüsse, ins Meer oder es versickert im Boden. Diese Erfahrung hat natürlich die Menschen auch nach einem Platzregen, war alles Pfützen überall und zwei Stunden später, je nach Boden, manche

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Böden können ja sehr viel Wasser aufnehmen, ist nach drei Stunden später schon alles weg. Also das gehört mit zur Erfahrung der Schwerkraft. Aber jetzt das Trockene oder das Feste, das ist in der Erfahrungswelt der biblischen Botschaft ein essential, ein big point, nämlich stell dir mal vor, du müsstest wochenmonatelang im Wässrigen dich aufhalten, im Schlamm warten. Was meinst du, wie du dann froh bist mal festen Boden unter deinen Füßen zu haben? Oder wenn Schiffbrüchige eigentlich dem Tode geweiht, Land, Land in Sicht, dann wird das Land zur Rettung. In der biblischen Erfahrungsinterpretation heißt es sehr oft, die Erde ist fest gegründet. Das ist auch keine naturwissenschaftliche

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Aussage, sondern eine Erfahrungsaussage. Kombinieren wir mal diese Erfahrungsaussage, die Erde ist fest gegründet mit unserer heutigen naturwissenschaftlichen Erkenntnis, das kann man gut, denn Genesis 1 hängt nicht an einem bestimmten Weltbild, man kann Genesis 1 mit verschiedenen Weltbildern irgendwie in Verbindung bringen. Es geht ja dort nur um die sinnliche Wahrnehmung. Also wir wissen heute, die Erde ist eine Kugel und die rast mit einer ziemlichen Geschwindigkeit um die Sonne herum. Und was bedeutet da fest gegründet? Denn die Erde ist immer noch fest gegründet. Das würde modern ausgedrückt heißen, der Neigungswinkel der Erde, die Erde ist ja leicht geneigt, sie steht nicht ganz senkrecht, die Pole sind ungefähr so. Also modern ausgedrückt ist, der Neigungswinkel der Erde schwankt

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nicht. Da würdet ihr aber ein ganz anderes Lebensgefühl haben und eine ganz andere Philosophie, wenn der Neigungswinkel der Erde Schwankungen, vielleicht ruckartigen Schwankungen, also es würde das Leben dermaßen verändern. Die Erde setzt sich auch nicht ruckartig mit Zuckungen in Bewegung, sondern dieser Bewegungsablauf, man weiß ja naturwissenschaftlich, die Erde legt ja eine irrsinnige Strecke zurück, ich weiß nicht wie viele Millionen Kilometer, bis sie einmal um die Sonne herum ist. Und naturwissenschaftlich können wir sagen, die Erdumlaufzeit um die Sonne, also einige Millionen Kilometer, schwanken weniger als eine Zehntelsekunde. Die Erdumlaufzeit, ein Jahr Erdbewegung um die Sonne herum, schwankt weniger als eine Zehntelsekunde. Da ist wirklich etwas fest gegründet. Und auch mit Kindern, alle diese

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Erfahrungen kann man ja monatelang, jahrelang Kindern anbieten, einfach sich mal auf den Boden legen und fühlen, die Erde ist fest gegründet. Also in der biblischen Botschaft wird das Trockene, das Festland, als ich habe einen festen Grund unter meinen Füßen, wird gewürdigt. Dann also das vierte Schöpfungswerk, das die Erde ergrüne im Grünen, das ist eine sogenannte Figura etymologica, gemeint ist, ist also ein literarischer Kunstmittel, hochstehende stilistische Möglichkeiten. Wenn du ein Substantiv und ein Verb mit dem gleichen Wortstamm kombinierst, dann ist es eine Figura etymologica. Also zum Beispiel einen guten

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Kampf kämpfen, ein schönes Leben leben, eine gute Tat tun. Oder Erlkönig, da schöne Spiele ich mit dir. Das ist eine Figura etymologica, das verstärkt auf eine geheimnisvolle, suggestive Weise die Wirkung. Und so eine Figura theologica gibt es mehrere in Genesis 1. Die Erde ergrüne im Grünen. Im siebten Schöpfungswerk Wasser, das Wasser wimmle folge wimmel. Und bei der Sonne heißt es die große leuchte leuchte. Oder auch bei den Vögeln, das hebräische

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Wort für Vögel ist ganz in der sinnlichen Wahrnehmung, nämlich Flügeltiere heißt es. Die Flügeltiere fliegen, ist alles eine Figura etymologica. Also Vögel in der sinnlichen Wahrnehmung ist Flügeltiere heißt es. Sonne und Mond in der sinnlichen Wahrnehmung sind Leuchten, denn sie leuchten. Also der Text ist hochpoetisch. Also die Erde ergrüne im Grünen, das gehört mit zum dritten Schöpfungstag, weil die nackte Erde ohne Pflanzen ist nicht die Erde, die für den Menschen und die Tiere ein bewohnbares Haus ist. Hier wird jetzt der Tisch gedeckt für die Lebewesen, von denen dann am fünften und sechsten Schöpfungstag die Rede ist. Wir würden sagen die Vegetation, aber in der sinnlichen Wahrnehmung heißt

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es die Erde ergrüne im Grünen. Ich habe in anderen Vorträgen über den Garten Eden ausgedrückt, im Orient gibt es zwei Landschaften, nämlich Steppe und Wüste. Da gibt es nichts Grünes, außer vielleicht mal nach dem Platzregen und dann das Kulturland. Und das Kulturland in der sinnlichen Wahrnehmung ist das Grüne. In Schweden und Finnland, wo man so viel Wasser hat, kann man das Grüne gar nicht so würdigen, aber im vorderen Orient 70% im Staat Israel ist Steppe und Wüste, ungefähr 70% in Jordanien ist Steppe und Wüste und ungefähr 70% des Staatsgebietes von Syrien ist Steppe und Wüste. Und da redet man vom Grünen anders als im Schwaberländle. Also die wissen das Grüne noch zu schätzen und lieben es. Also die Erde ergrüne im Grünen. Und dann merkt man jetzt, da wird einfach

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mal grob nach der sinnlichen Wahrnehmung unterschieden, es gibt Kraut, gemeint ist hier essbare Pflanzen, ein- und zweijährig. Und dann gibt es die Fruchtbäume. Da gibt es natürlich noch viel mehr und da heißt es immer jedes nach seiner Art und dieser Artbegriff hat nichts zu tun mit dem modernen biologischen Artbegriff. Man merkt ja, die Einteilung ist sehr grob, aber sehr klug nach der sinnlichen Wahrnehmung. Also die Pflanzenwelt wird hier mal ohne Drang auf Vollständigkeit gesagt, es gibt die ein- und zweijährigen Pflanzen, das Kraut, die essbaren Pflanzen, das Samen trägt und es gibt die Fruchtbäume. Es gibt ja auch noch andere Bäume, die keine Früchte haben, aber die Fruchtbäume sind für den Menschen und die Tiere eben von besonderer Bedeutung. Sie dürfen also den Begriff je

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nach seiner Art, diese Formulierung kommt in Genesis 1 achtmal vor bei den Pflanzen und bei den Tieren, also ist eine wichtige Formulierung, weil je nach seiner Art drückt aus die Differenziertheit, die Fülle, die Variationsbreite modern ausgedrückt. Ich habe von einem Biologen mal gehört, es gibt über 70.000 Spinnenarten, über 70.000. Der Schwabe hätte gesagt, drei oder vier genügen doch. Also je nach seiner Art will einfach bewusst machen, die Vielfältigkeit, die Fülle, die Breite, die Fantasie, was da alles dahintersteckt, aber das können Sie nicht, wie es manche lieben Christen in USA oder sonst wo tun, mit dem modernen biologischen Artenbegriff gleichsetzen. Nein, auch der Lebensbegriff

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in Genesis 1 im Orient und in der Bibel ist kein biologischer Lebensbegriff. Das habe ich glaube schon gesagt, die Pflanzen gelten nicht als Lebewesen, sie gehören zur Erde. Sie sind das Kleid der Erde. Und weil es die Erde in der Schöpfung Gottes nur mit den Pflanzen und Bäumen gibt, deswegen sind diese beiden Schöpfungswerke an einem Tag beieinander. Die Erde wird erst vollständig mit ihrem Kleid. So, jetzt kommen wir zum vierten Schöpfungstag. Und Gott sprach, es sollen Lichter werden an der Feste des Himmels, um den Tag von der Nacht zu scheiden und sie sollen Zeichen sein für Festzeiten, für Tage und Jahre und sie sollen Lichter sein an der Feste des Himmels, um auf die Erde zu leuchten. Und so geschah es. Und Gott machte die zwei großen Lichter, das größere Licht zur Herrschaft über den Tag und das kleinere Licht zur Herrschaft über die Nacht und auch die Sterne. Und Gott

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setzte sie an die Feste des Himmels, damit sie auf die Erde leuchten, über den Tag und die Nacht herrschen und das Licht von der Finsternis scheiden. Und Gott sah, dass es gut war. Und es wurde Abend und es wurde Morgen, ein vierter Tag. Ja, bleibt mal, was gleich relativ schnell wieder kommt. Jetzt haben wir den vierten Tag, der genau in der Mitte steht, wieder dem Licht gewidmet. Die Sterne werden hier genannt als Lichtkörper, aber nicht als Lichtquellen, weil das Licht gab es ja schon lang. Bei diesem vierten Tag fällt zunächst mal immer von der äußeren Form her ausgehen, wenn wir die äußere Form, den Aufbau beachten. Das ist ein gewisser Schutz gegen unsere subjektiven Verbiegungen. Beim Text muss man immer zunächst die objektive, äußere Form sehr sorgfältig

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beachten. Das führt einen tiefer in die Zusammenhänge. Also hier fällt sofort auf, dieser Tag wird ja in einem Umfang geschildert. Es ist also das fünfte Schöpfungswerk, der vierte Tag aber das fünfte Werk. Kein Schöpfungswerk wurde bisher annähernd auch nur so ausführlich geschildert. Also bei Erschaffung des Lichts sind die Verse 3 bis 5, 3, 4, 5, das sind drei Verse. Dann kommt die Erschaffung der Feste, des Firmaments, Verse 6 bis 8 sind auch drei Verse, 6, 7, 8. Dann kommt das Schöpfungswerk, die Wasser-Sammle-Sicht, das Trockene-Erscheine sind nur zwei Verse, 9 und 10. Und dann die Vegetation, sage ich jetzt mal modern, 11, 12 und 13 wieder 3. Also erstes Schöpfungswerk drei Verse, zweites Schöpfungswerk drei Verse, drittes Schöpfungswerk zwei Verse, viertes Schöpfungswerk drei Verse. Fünftes Schöpfungswerk

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14, 15, 16, 17, 18, 19, sechs Verse. Allein das gebietende Wort hat schon zwei Verse. Also es hieß einmal es werde Licht, bumms, und dann es werde eine Feste mit Erklärung als Scheidewand zwischen den Massern. Gut, das sind also zwei Zeilen und das Wasser-Sammle-Sicht, das Trockene, hervor. Aber das gebietende Wort jetzt bei den Gestirnen sind allein zwei Verse, Verse 14 und 15. Ja, woher kommt es wohl, dieser große Umfang? Jetzt, wenn man das weiter versucht genau zu beachten, der Umfang gilt weitestgehend der Sonne und dem Mond. Also es geht hier schon um die Gestirne insgesamt, aber von der Menge der Wörter und Sätze kann man sagen 90 Prozent handelt vom Sonne und vom Mond. Und dann fällt auch

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auf, diese große Ausführlichkeit kommt nicht in erster Linie daher, dass dieses Schöpfungswerk in Wort und Tat viel ausführlicher geschildert wird wie bisher. Das zwar auch ein bisschen, aber hauptsächlich kommt der größere Umfang durch immer wieder zahlreiche Wiederholungen und umständliche Formulierungen, wie es sie bisher nicht gab. Also sehr viele Wiederholungen und manches ein bisschen umständlich, aber sehr bewusst. Jetzt, wie kann man das erklären? Der vierte Schöpfungstag, mehr als doppelt so lang wie alle bisherigen Schöpfungswerke, sehr konzentriert auf die Sonne mit vielen Wiederholungen, als ob man da was ganz sicher

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festklopfen will. Ja, das hat einen satten Grund. Ihr müsst jetzt wissen, Sonne und Mond, Shemesh, Yaryakh, Sonne und Mond, die Begriffe fallen hier nicht. Es fällt nie der Begriff Sonne und nie der Begriff Mond. Aber sie sind natürlich gemeint. Es wird nur lapidar, ein bisschen, also arg nüchtern gesagt. Die große Leuchte, du übersetzt Lichter, übersetzt Leuchte, ist auch wieder eine figura etymologica, die Leuchte leuchtet. Also, aber sie wird nie gesagt, Sonne, nie, das Wort Sonne, Mond werden strikt vermieden. Also, wie soll man das erklären? Ja, in der ganzen Welt damals, im gesamten Antiken Orient, aber auch sonst weit darüber hinaus, ich konzentriere mich immer auf den Alten Orient,

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weil das die kulturelle Heimat ist, der kulturelle Kontext. In allen altorientalischen Kulturen und Religionen wird seit Jahrtausenden überall Kinder, Erwachsene, Alte. Selbstverständlich, seit Jahrtausenden überall, selbstverständlich ist die Sonne ein Gott und Mond auch. Und zwar sind es die obersten Götter, je nach Mond- oder Sonnenkultur, aber wie immer, die beiden sind, das sind die beiden obersten, gell? Mondgott Shin in Babylon und Sonnengott Re in Ägypten. Also, alle Kinder, seit Jahrtausenden sehen Sonne und Mond als beseelt an, als Lebewesen. Es sind Götter und zwar die Obersten. Und gegen diese kulturelle, gewaltige Prägung,

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da kann man nicht so in drei Sätzen das umbiegen, da muss man jetzt wirklich mit mehrfachen Wiederholungen arbeiten, um die Sache sicherzustellen. Es ist der erste Text im Alten Orient, der erste Text überhaupt, in dem Sonne und Mond nur als Leuchten bezeichnet werden. Sie haben bestimmte Aufgaben, bestimmte Funktionen. Die große Leuchte und die kleine Leuchte werden rein funktional beschrieben. Sie haben vier Aufgaben zu scheiden zwischen Tag und Nacht. Das ist jetzt eine Scheidung, die nicht mehr so fundamental ist, wie die Scheidungen, die Gott vorgenommen hat bei 1 bis 3. Diese Scheidung nehmen ja jetzt die Gestirne vor, aber immerhin. Also, Sie haben die Aufgabe zu scheiden zwischen Tag und Nacht, wobei grundsätzlich da ja schon Unterschieden ist. Dann Sie haben zu leuchten, Sie haben gewisse Zeiten bringen

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Sie hervor, also die Kalenderbedeutung, es heißt einmal Tage und Jahre und dann auch zu bestimmen Feste. Das Wort für Fest heißt genau übersetzt hier der verabredete Termin und dann auch Zeichen. Sie bringen Zeichen an den Himmel. Was ist mit Zeichen gemeint? Das sind ungewöhnliche Dinge. Gehen wir zunächst mal Tage und Jahre. Das ist die normal fließende Zeit, die Normalzeit, sagen wir mal. Tage und Jahre. Dann gibt es aber die besonderen Zeiten, die Feste. Und die Feste heißen hier die verabredeten Termine. Also, da wird gesehen, in den verschiedenen Kulturen verabredet man sich auf bestimmte Feste. Auf die kann man dann warten, monatelang sich vorbereiten und die wiederholen sich jedes

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Jahr. Das sind also die verabredeten Termine. Es wird aber nicht gesagt Yom Kippur oder Pesachfest oder Shavuotfest oder Sukkotfest, alle nationalen Begrenzungen. Nein, hier geht es um Schöpfungsdinge. Also es wird keine Verbindung zum Kult in Israel oder sonstwo. Also es heißt ganz allgemein verabredete Termine. Aber es wird hier gesehen, der Mensch braucht nicht nur die Normalzeit, wir Menschen brauchen auch die besondere Zeit, das Fest, um den Alltag zu bewältigen. Wir dürfen nicht im Alltagstrott in der Normalzeit banal werden, dass wir wirklich uns vom Alltag verramschen lassen. Wir brauchen auch das Fest. Und jetzt,

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da sind die Zeichen. Die Zeichen sind ganz ungewöhnliche Dinge, können sich keinen Menschen darauf verabreden. Gemeint ist die Sonnenfinsternis, die Mondfinsternis, konnte man damals natürlich nicht berechnen, und die Kometen. Also das ist die Funktion, einmal scheiden, einmal leuchten und dann diese besondere Funktion, durch die beiden Leuchten ergeben sich Tage, Jahre, Feste und Zeichen. Und die vierte Funktion ist zu herrschen. Zu herrschen, Radar, dieses Wort kommt erst wieder bei Menschen, du sollst über alle Tiere usw. herrschen, das gleiche Verb Radar. Also der vierte Schöpfungstag ist viel umfangreicher als die bisherigen Schöpfungswerke. Er ist ungefähr so umfangreich wie die Erschaffung des Menschen. Das sind die beiden umfangreichsten Schöpfungswerke, das fünfte und das achte. Und nur in diesen

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beiden Werken kommt das Verb Radar herrschen. Es kommt bei den Gestirnen und bei den Menschen. Ich komme da noch ein paar Mal darauf zurück. Also, aber zunächst mal müssen wir davon ausgehen, die kulturelle Prägung seit Jahrtausenden, es handelt sich hier um die entscheidenden Götter. Und hier wird also Sonne und Mond allem Göttlichen entkleidet. Sie werden rein zweckrational, funktional bestimmt, aber immerhin, sie werden doch gewürdigt, sie herrschen. Hier wird ihre übermenschliche Größe gewürdigt. Also, obwohl dieser vierte Schöpfungstag in scharfer Abwehr gegenüber der religiösen Verehrung von Sonne, Mond und Sternen ist, also in einem sehr polemischen Zusammenhang, ist die Polemik hier eigentlich sehr gemäßigt. Überhaupt in ganz Genesis 1 tritt eigentlich keine direkte Polemik auf. Muss sich der Siggi

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Zimmer aussagen lassen, weil ich bin schon ein bisschen polemisch. Also, ich sage mir jetzt gerade mal, lieber Siggi, nimm dir doch auch mal ein Beispiel an Genesis 1, die setzen ja auch sehr viele Abwehrreaktionen, schließen sehr viel Unsinn aus, aber ohne plumpe Polemik. Wobei man die zwei leuchten, ist schon auch ein bisschen respektlos. Die große Leuchte, also lapidarer kann man von der Sonne ja nicht mehr reden. Also, hier werden trotz dem es der erste Text der Menschheit ist, in der Sonne und Mond rein funktional gewürdigt werden, aber sie werden wirklich gewürdigt. Bis hin, dass sie eine herrscherliche Aufgabe haben, aber von Gott so eingesetzt. Und diese herrscherliche Aufgabe ist streng begrenzt,

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sie herrschen über Tag und Nacht, sie herrschen nicht über uns, sie herrschen nur über Tag und Nacht. Also, diese Neubestimmung von Sonne, Mond und Sternen und diese trotzdem diese Würdigung als übermenschliche Größen, was sind wir gegenüber der Sonne und dem Mond weniger als ein kleiner Wurm. Also, die Größe dieser kosmischen Größen wird gewürdigt, aber sie ist ein Zeichen der Größe Gottes, des Schöpfers, der diese Größen so zweckbestimmt eingerichtet hat. Soweit zum vierten Schöpfungstag. Jetzt, Tine, der fünfte Tag. Und Gott sprach, es wimmelte das Wasser von lebendigen Wesen, und Vögel sollen fliegen über der Erde an der Feste des Himmels. Und Gott schuf die großen Seetiere und alle

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Lebewesen, die sich regen, von denen das Wasser wimmelt, nach ihren Arten, und alle geflügelten Tiere nach ihren Arten. Und Gott sah, dass es gut war. Und Gott segnete sie und sprach, seid fruchtbar und mehrt euch und füllt das Wasser im Meer und die Vögel sollen sich mehren auf der Erde. Und es wurde Abend und es wurde Morgen. Ein fünfter Tag. Okay. Der fünfte Tag, mit dem beginnt etwas grundsätzlich Neues. Es kommen die Lebewesen. Die Nefesh Hayah ist der hebräische Ausdruck für Lebewesen. Alle Tiere sind Nefesh Hayah und der Mensch ist auch Nefesh Hayah. Also das sind die lebendigen Lebewesen. Die Tiere und wir mit dem gleichen Ausdruck. Tiere werden hier gewürdigt als unsere Mitgeschöpfe.

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Tiere haben in Gottes Schöpfung eine sehr hohe Bedeutung. Sie spielen an zwei Tagen eine wesentliche Rolle. Der fünfte Tag wird ganz den Tieren gewidmet und der sechste Tag auch noch zum Teil. Also jetzt kommen die Lebewesen. Mit den Lebewesen fällt jetzt zum ersten Mal das Wort Segnen. Gesegnet werden in der Bibel nur Lebewesen. Also Pflanzen oder Steine kann man nicht segnen. Das hängt mit dem zusammen, was man unter dem Segen versteht. Also mit den Lebewesen kommen jetzt auch – der Segen wird jetzt wichtig – und mit den Lebewesen kommt jetzt auch zum ersten Mal wieder das Verb bara, das in der Überschrift verwendet wurde. Also es kommt zunächst einmal die Wassertiere. Das Wasser Wimmle folge Wimmel.

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Wieder eine figura etymologica. Was ist da eine ganz praktische Erfahrung im Hintergrund, wenn es heißt, das Wasser Wimmle folge Wimmel. Es ist das Netz des Fischers, wenn es voller Fische ist. Am Segen Nezare, die war selber öfters dabei, auch mit Fischern, wenn die also da mal so Netz – es wimmelt voller Gewimmel. Also diese Erfahrung steckt da ein bisschen im Hintergrund. Und dann die Lufttiere, die Vögel, also die Flügelwesen. Zunächst also kommen die ferneren Bereiche vom Menschen her gesehen. Die ferneren Bereiche sind Wasser und Luft und der dem Menschen nähere Bereich sind die Landtiere. Man merkt also hier, es ist alles vom Menschen her gesehen. Das widerspricht ja schon der naturwissenschaftlichen Sicht.

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Wir können ja nicht die Naturwissenschaft vermenschlichen. Die Naturwissenschaft ist hier viel neutraler, sachlicher. Sie ist nicht anthropozentrisch, aber Genesis 1 ist anthropozentrisch. Übrigens am allerstärksten bei den Gestirnen, denn alle Aufgaben der Gestirne scheiden, die leuchten, Zeichen und Kalender ermöglichen und über Tag und Nacht herrschen, ist immer im Blick auf die menschliche Lebenswelt. Was bedeuten Sonne und Mond für die menschliche Kultur und die menschlichen Erfahrungsräume? Von dieser Warte her werden die Gestirne geschildert. Das ist eine ganz andere Ebene wie die der Naturwissenschaft. Und jetzt auch erst mal die Lebewesen in den ferneren Bereichen und dann auf dem Festland. Nehmen wir mal nochmal, Tine kommt nochmal her, fangen wir nochmal bei Vers 20, 20 bis 23 ist der fünfte Tag. Fangen wir mal an ganz langsam, ich sag dann mal Stopp.

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Und Gott sprach, es wimmelte das Wasser von lebendigen Wesen und Vögel sollen fliegen über der Erde an der Feste des Himmels. Und jetzt sagen wir statt Vögel Flügelwesen. Nochmal, von vorne mit … Nein, nein und Flügelwesen sollen fliegen über der Erde an der Feste des Himmels. Flügelwesen sollen fliegen, die Leuchten sollen leuchten, das Gewimmel soll wimmeln und das Grüne soll ergrünen. Das ist eine herrliche Sprache. Also diese Flügelwesen, wo halten die sich auf? Im Himmel? Nein, nein, lies genau vor. Keine Eigenproduktion, Textinterpretation. Okay, ich fang nochmal bei Vers 20 an. Und Gott sprach, es wimmelte das Wasser von lebendigen Wesen und Flügelwesen sollen fliegen über der Erde an der Feste des Himmels. Flügelwesen, danke schön, das hast du gut gemacht. Flügelwesen sollen fliegen über der Erde

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unter dem Himmel. Das ist eine komische Ausdrucksweise, die muss ich jetzt mal erklären. Es gibt im Hebräischen und überhaupt in den altorientalischen Sprachen kein Wort für Luft. Das gibt es nicht. Es gibt nur ein Wort für bewegte Luft. Huach, Huach heißt bewegte Luft und gemeint ist der Atem oder der Wind. Der Atem gilt im Orient als der kleine Wind und der Wind gilt im Orient als der große Atem. Das heißt, Atem und Wind ist das Gleiche im Orient. Und so heißt es ja. Und die Huach-Elohim, wir übersetzen oft der Geist Gottes, aber anschauliche, sinnliche Wahrnehmung ist der Atem Gottes

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oder der Wind oder auch der Sturm Gottes. Huach kann Atem, Wind und Sturm sein. Gut, also es gibt aber kein Wort für stehende Luft, weil die stehende Luft, da konnten die Orientalen, was soll man da für ein Wort sagen, müssen wir jetzt Folgendes wissen. Der Materiebegriff der Antike geht so, es gibt nur zwei Arten von Materie. Es gibt flüssige Materie und feste. Gasförmige Materie gibt es in der Antike nicht. Das kennen die nicht. Was ist das Kennzeichen der Materie bei flüssig und fest? Es ist die Ausdehnung. Also der Materiebegriff wird in der sinnlichen Wahrnehmung, nicht bei Messinstrumenten, die haben eine völlig andere Wahrnehmung, dürfen nie gegeneinander ausspielen und nie miteinander vermischen. Also in der sinnlichen Wahrnehmung erkennt man die Materie an ihrer Ausdehnung,

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bei Steinen, Häusern sowieso, aber auch sagen wir mal die Donau, die ist acht Meter breit oder wie immer, und diese Pfütze und dieser See, also und das Meer, die haben alle eine Ausdehnung. Wasser, der Geist Gottes über dem Wasser, mayim im Hebräischen ist eigentlich ein Plural. Mayim heißt wörtlich übersetzt die Wasser und das nennt man den Ausdehnungsplural. Also wenn man in einem Wort auch ausdrücken will, das gehört zur Materie und hat eine Ausdehnung, dann formuliert man das im Plural. Mayim ist ein Plural, der Plural der Ausdehnung. Und jetzt Luft hat keine Ausdehnung. Für uns gehört Luft oder gasförmiges auch zur Materie, denn mit modernen Messgeräten kann man die Luft wiegen. Bei uns gründet sich die Materie, unser Materiebegriff gründet sich auf dem Gewicht. Aber in der Antike,

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in der sinnlichen Wahrnehmung, auf der Ausdehnung. Und deswegen gibt es kein Wort für Luft, weil die Luft ist weder flüssig noch fest. Und deswegen müssen die jetzt sagen, Flügelwesen fliegen auf der Erde unter dem Firmament. Die können doch sagen in der Luft, aber es gibt kein Wort dafür. Und jetzt ist auch interessant, die Flügelwesen, die spielen in der Religion der Völker, Vögel sind Gottesboten, spielen eine nicht unwichtige Rolle. Wie wird in diesem meisterhaften Text die Vögel mal kurz mal charakterisiert? Also es sind Flügelwesen, die natürlich fliegen über der Erde, das heißt sie gehören zur Erde, unter dem Firmament, nicht über dem Firmament. Sie können auch nicht durchs Firmament durch. Also die Vögel haben keinen Bezug zur Transzendenz und das ist ganz neu. Denn in der sinnlichen Wahrnehmung

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gibt es eigentlich auch folgende Erfahrung. Es gibt Vögel, die können so hoch fliegen, ich glaube bei uns, glaube ich, die Lerche und ein paar andere Vögel, bin kein Biologe, also es gibt auf jeden Fall Vögel, die so hoch fliegen können, du kannst sie mit den Augen, ich ja nicht, aber ihr vielleicht, verfolgen, immer höher, immer höher, sind sie weg. Die fliegen so hoch, dass du sie nicht mehr sehen kannst. Und daher kommt in der Religion der Völker, die Vögel sind Gottesboten. Sie sind jetzt bei Gott. Sie sind jetzt durch das Firmament auch vielleicht durch. Und das wird hier ausgeschlossen. Die Vögel sind auch nicht irgendwie Gottesboten, es sind einfach Gottes Geschöpfe, sie gehören zur Erde und sie fliegen unter dem Firmament. Ja, jetzt gehen wir zum sechsten Schöpfungstag. Erst Vers 24 und 25.

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Und Gott sprach, die Erde bringe Lebewesen hervor nach ihren Arten. Vieh, Kriechtiere und Wildtiere, je nach ihren Arten. Und so geschah es. Und Gott machte die Wildtiere nach ihren Arten, das Vieh nach seinen Arten und alle Kriechtiere auf dem Erdboden nach ihren Arten. Und Gott sah, dass es gut war. Gut, bleiben wir da. Okay, also das ist jetzt, wir sind am sechsten Tag beim siebten Schöpfungswerk. Lies mal nochmal beim vierten Schöpfungswerk, zum dritten Tag, also Vers 11, lies mal da das gebietende Wort von Elohim. Vers 11, vierte Schöpfungswerk. Und Gott sprach, die Erde lasse Junges Grün sprossen. Gut, bei diesem gebietenden Wort tritt etwas

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ungewöhnlich Neues für den Text, nämlich die Erde selber wird jetzt aktiv. Die Erde lasse, ergrünen, aufsprießen, das Grüne. Und im Tatbericht lies mal Vers 12, da heißt es dann die Erde brachte hervor. Und die Erde brachte Junges Grün hervor. Genau, also die Erde brachte hervor. Also der Schöpfer gibt der Erde, der Mutter Erde, die ja auch als Gott verehrt wird. Der Himmel ist übrigens auch Gott, männlich, der Himmel und die Mutter Erde, die hat gebärende Kraft. Der Regen gilt als Orgasmus, wenn der Himmel sein Orgasmus kriegt, das ist der Regen, der hat einen ordentlichen Orgasmus und der befruchtet dann die Mutter Erde. Also so ist es in dieser Vorstellung. Also das wird durchaus gewürdigt, also die Leute, die diesen Text entwickeln haben, keine Angst zu sagen, die Erde bringe

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hervor. Also die Mutter Erde wird hier ein Stück weit gewürdigt. Sie hat Anteil an der schöpferischen Kraft Gottes, die aber Gott ihr gibt mit klaren Funktionsbestimmungen, mit klaren Aufgaben. Also die Erde bringe hervor. Und jetzt lies nochmal Vers 24 nochmal. Und Gott sprach. Und Gott sprach, die Erde bringe Lebewesen hervor. Jetzt wird es uns eigentlich ein bisschen mulmig. Also man merkt, wie viel irgendwie Gott bereit ist, der Erde abzutreten, aber die Erde bringt doch keine Lebewesen hervor. Man merkt jetzt an dieser Stelle, das ist hier nur poetisch gemeint, nicht, dass die Erde also Tiere hervorbringen kann. Denn im Tatbericht, wenn es um die Erde geht, ist es nicht nur die Erde, die das ausführende Organ ist. Lies mal Vers 25. Und Gott machte die Wildtiere

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nach ihren Arten. Und Gott machte. Also, aber ich wollte sagen, das ist schon, der Text ist sehr elastisch. Der Text ist sehr elastisch. Jetzt also, und Gott sprach, die Erde bringe hervor. Was soll die Erde hervorbringen? Die Erde bringt die Lebewesen hervor. Und was soll die Erde hervorbringen? Die Erde bringe Lebewesen hervor nach ihren Arten. Vieh, Kriechtiere und Wildtiere. Vieh, Kriechtiere und Wildtiere. Vieh meint die gezähmten Haustiere. Da merkt man auch, dass dieser Text natürlich doch irgendwie aus einer kulturellen Erfahrung kommt. Gott schafft ja keine gezähmten Tiere. Dass die Tiere gezähmt werden, ist ja eine kulturelle Leistung des Menschen. Aber immer, wenn ihr in der Thora lest bei Luther Vieh, das sind immer gemeint die Haustiere, die gezähmt wurden. Die Sesshaftwertung des Menschen

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war ja nur möglich durch Zähmung von Haustieren. Also Vieh, die gezähmten Haustiere. Hier wird das so dargestellt, als ob Gott die Zähmung, als ob die schon gezähmt zur Welt gekommen sind. Weiter, Kriechtiere. Das Wort Kriechtiere heißt genau übersetzt Kleintiere, nicht Kriechtiere, weil dazu gehören zum Beispiel auch Mäuse. Mäuse gehören auch zu dem Wort oder Maulwurf oder Ratten. Also es sind nicht nur im strengen Sinn Kriechtiere, sondern Kleintiere. Und jetzt kommen als nächstes die Großtiere. Also ihr merkt, dieser Artenbegriff hat nichts mit unserer Biologie zu tun. Und wie heißen die Großtiere? Wildtiere. Das ist auch schlecht übersetzt, weil das Wort Wild gehört zu den schlechten Seiten der europäischen Kultur. Wenn ein Europäer irgendwie den Eindruck hat, dass ein Mensch oder ein Tier gar nichts

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von seiner Zivilisation kennt, dann sagt er zu diesen Menschen, es ist ein Wilder. Die Indianer und die Neger, das sage jetzt nicht ich, sondern so früher, das sind die Wilden. Aber wir sind die Kultivierten. Und die Tiere, die man nicht zähmen kann, hat man sich angewöhnt in Europa zu sagen, das sind die Wildtiere. Also der Ausdruck Wild ist sehr beschämend, nämlich der zeigt, wie wenig wir mit dem anfangen können, das wir nicht in unsere Kultur integrieren können. Da sind wir sehr hilflos, da sagen wir halt Wild. Das steht hier nicht, sondern die Tiere, die hier gemeint sind, heißen im Hebräischen Tiere des Feldes. Das steht hier. Im Unterschied zum Tiere des Hauses, die gezähmt sind. Also auf jeden Fall, die Erde bringt hervor erstaunlicherweise, aber nachher merkt man sofort, ja Gott hat das gemacht. Also

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bringe hervor Haustiere, Kleingetier und Großtiere, die nicht gezähmt sind, die im Freien leben. So. Mach mal diesmal nochmal diese beiden Verse, ich will noch was, hör ich mal nochmal ganz neu zu. 24 und 25. Und Gott sprach, die Erde bringe Lebewesen hervor nach ihren Arten. Vieh, Kriechtiere und Wildtiere, je nach ihren Arten. Und so geschah es. Und Gott machte die Wildtiere nach ihren Arten, das Vieh nach seinen Arten und alle Kriechtiere auf dem Erdboden nach ihren Arten. Und Gott sah, dass es gut war. Ja, stimmt. Okay. Und dann kommt die, bei dem fünften Tag, lies mal die letzten Zeilen vom fünften Tag. Und Gott segnete sie und sprach. Gott segnete sie und sprach. Also Gott hat die Fische und die Flügeltiere,

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die auf der Erde unter dem Firmament fliegen, gesegnet. Und er hat gesprochen, zu ihnen gesprochen. Seid fruchtbar und mehrt euch und füllt das Wasser im Meer und die Vögel sollen sich mehren auf der Erde. Auch wieder auf der Erde, die Vögel gehören zur Erde. Also seid fruchtbar und mehrt euch. Bei den Wasser- und Luftlebewesen sagt Gott, er segnete sie und sprach, seid fruchtbar und mehrt euch. Und jetzt bei den Landtieren nicht. Das ist eines der großen Rätsel. Gott segnet die Wasser- und die Lufttiere und er segnet die Menschen und er segnet den Schabbat, den siebten Tag, aber er segnet nicht die Landtiere. Man weiß nicht, warum. Es gibt eine Menge Theorien, manche Alttestamentler, aber wir

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wissen es nicht. Dass das vergessen wurde, das scheidet aus. Das ist kein Versehen. Wieso werden die Landtiere nicht gesegnet? Es gibt Alttestamentler, die sagen, das wird hier selbstverständlich mit vorausgesetzt, dass eben alle Tiere gesegnet sind und es wird gleich am Anfang so festgestellt. Übrigens, die ersten Lebewesen, die gesegnet werden, sind nicht Menschen, sondern Tiere. Und dann gibt es Alttestamentler, die sagen, bei den Landtieren sind die Konflikte viel stärker zu Menschen. Also dann natürlich vor allem bei Löwen oder Wildstieren oder Wildeseln und Schakale, Hyänen, da kann es wirklich handfeste Konflikte geben auf Tod und Leben. Und wenn die Landtiere auch gesegnet werden, wie will man dann sagen wir mal, die tödlichen Kämpfe zwischen Mensch und Löwe? Löw ist gesegnet, der Mensch ist gesegnet. Es gibt ja den Witz, dass Löwe betet, lieber Gott,

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denn diese Speise mir zum Kraft und dir zum Preise. Also, weil die Landtiere für den Menschen gefährlicher sind und der Mensch für die Landtiere gefährlicher ist, er rottet ja dann manche in bestimmten Gegenden aus, dass der Segensbegriff bei den Landtieren nicht mehr so passend ist. Aber nobody knows. Es ist ein Rätsel. Jetzt gehen wir zur Erschaffung des Menschen. Und Gott sprach, lasst uns Menschen machen als unser Bild, uns ähnlich. Und sie sollen herrschen über die Fische des Meers und über die Vögel des Himmels, über das Vieh und über die ganze Erde und über alle Kriechtiere, die sich auf der Erde regen. Und Gott schuf den Menschen als sein Bild. Als Bild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie. Und Gott segnete sie. Und Gott sprach zu ihnen, seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde und

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macht sie Untertan. Und herrscht über die Fische des Meers und über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf der Erde regen. Und Gott sprach, seht, ich gebe euch alles Kraut auf der ganzen Erde, das Samen trägt und alle Bäume, an denen samentragende Früchte sind. Das wird eure Nahrung sein. Und allen Wildtieren und allen Vögeln des Himmels und allen Kriechtieren auf der Erde, allem, was Lebensatem in sich hat, gebe ich alles grüne Kraut zur Nahrung. Und so geschah es. Und Gott sah alles an, was er gemacht hatte. Und sie, es war sehr gut. Und es wurde Abend und es wurde Morgen, der sechste Tag." Dankeschön. Jetzt kommt also die Erschaffung des Menschen sehr ausführlich, noch etwas ausführlicher als die Erschaffung der Gestirne und sehr viele Auffälligkeiten zunächst mal formal schon. Und Gott sprach, und jetzt kommt kein gebietendes Wort, es werde, oder

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die Wasser sammeln sich, sondern es kommt praktisch so eine Absichtserklärung. Und das gab es bisher überhaupt nicht. Und Gott sprach, lasst uns Menschen machen. Das ist ja jetzt kein gebietendes Wort, sondern eine Art Absichtserklärung. Das ist ganz neu. Und dann heißt es zum ersten Mal, es wurde Abend, es wurde Morgen, der sechste Tag. Hier steht zum ersten Mal der Artikel. Sonst heißt immer zweiter Tag, dritter Tag, ohne Artikel, aber jetzt hier der sechste Tag. Und auch bei der Würdigungsformel heißt es nicht, und Gott sah, dass es gut war, oder beim Licht, und Gott sah das Licht, dass es gut war, sondern die Würdigungsformel heißt jetzt, und Gott sah alles an, was er gemacht hatte, und es war sehr gut. Also es ist eine echte Steigerung. Und dann, ansonsten ist doch der Aufbau in diesem

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Schöpfungswerk sehr anders wie in den anderen. Es kommt zum Beispiel in Vers 29 und 30 so eine Speisehinweise, vegetarisch, nur vegetarische Nahrung. So etwas gab es bisher auch nicht. Bei Menschen heißt es dann, er schuf sie männlich und weiblich. Ja, Tiere sind doch auch männlich und weiblich, also die Geschlechter, Mann und Frau, weiblich, männlich, gibt es ja auch schon in der Tierwelt. Da wird es aber nicht besonders erwähnt. Bei den Menschen gibt es jetzt auch Mann und Frau, aber da wird es sehr stark ausdrücklich erwähnt. Also das sind Auffälligkeiten, so dass man sagen kann, der Mensch ist kein selbstverständlicher Bestandteil des Kosmos. Der Mensch gehört schon zum Kosmos, zur Schöpfung, aber er steht der anderen Schöpfung auch irgendwie manchmal fremd

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gegenüber. Der Mensch ist nicht nur Natur, er ist irgendwie noch was anderes. Und ich will mal rein so von der Kultursozialogie her mal sagen, was ist denn bei Menschen anders wie bei allen anderen Lebewesen? Ja, erstens mal, nur der Mensch bekleidet sich. Es gibt keine Tiere, die Kleider anlegen. Nur der Mensch bestattet seine Artgenossen. Macht kein Tier, Tiere bestatten nicht Tiere. Nur der Mensch geht aufrecht. Nur der Mensch hat Sprache und Vernunft. Und nur der Mensch legt sich Schmuck an. Frauen besonders, aber Männer grundsätzlich, wir kriegen das auch, ja. Also nur wir begleiten uns, nur wir bestatten unsere Artgenossen, nur wir gehen aufrecht, nur wir

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haben Sprache und Vernunft und nur wir legen Schmuck an. Also das sind wirklich Hinweise, der Mensch ist kein normales Bestandteil des Kosmos. Bei den Menschen spielen besondere Dinge eine große Rolle und das merkt man schon also an diesen vielen Auffälligkeiten. Jetzt gehen wir mal zu dieser Absichtserklärung. Und Gott sprach, lasst uns Menschen machen als unser Bild, uns ähnlich. Und sie sollen herrschen über die Fische des Meers und über die Vögel des Himmels, über das Vieh und über die ganze Erde und über alle Kriechtiere, die sich auf der Erde regen. Gut, noch einmal, genau das. Und Gott sprach, lasst uns Menschen machen als unser Bild, uns ähnlich. Und sie sollen herrschen über die Fische des Meers und über die Vögel des Himmels, über das Vieh und

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über die ganze Erde und über alle Kriechtiere, die sich auf der Erde regen. Gut. Also eine Absichtserklärung, fast so was wie eine Art Selbstberatung. Es ist wie, wenn Gott hier doch noch einmal Luft holen muss. Soll ich es oder soll ich es nicht? Soll ich wirklich Menschen schaffen? Dieser Plural, lasst uns Menschen machen, ist immer wieder aufgefallen. Es ist natürlich ein jüdischer Text von Juden für Juden geschrieben. Christen fangen hier an, halt in ihrer etwas naiven Art. Das hat was mit dreieinigem Gott zu tun. Also bitte nicht, bitte nicht. Das ist ein jüdischer Text für Juden geschrieben. Nirgendwo gibt es einen Anhaltspunkt für diese christliche Projektion. Wir müssen wissenschaftlich auch einfach mal feststellen, es gibt auch im Neuen

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Testament keine Trinitätslehre. Gibt es nicht. Es gibt im Neuen Testament nur gewisse Ansatzpunkte, die in diese Richtung allerdings deutlich weisen. Es gibt zum Beispiel zwei triatische Formeln, aber nicht Trinitätslehre, sondern triatische Formeln im Neuen Testament. Und taufe sie auf den Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Ja, das ist ein auffälliger Satz am Ende des Matthäusevangeliums, sehr auffällig. Und der letzte Vers im zweiten Korintherbrief heißt, und die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Das ist auch eine triatische Formel. Jesus Christus, der Vater und der Heilige Geist. Aber diese zwei Sätze, ihr Lieben, das ist noch keine Trinitätslehre.

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So husch husch darf man es nicht machen. Es gibt im Neuen Testament noch ein paar andere verblüffende Ansatzpunkte. Bei der Taufe Jesu spricht der Vater, du bist mein lieber Sohn, und der Heilige Geist ist in Gestalt einer Taube anwesend, also auch triatisch. Und im Johannesevangelium heißt Jesus, der Sohn, sagt über 30 Mal, spricht er von meinem Vater, der mich gesandt hat. Mein Vater, der mich gesandt hat. Und dann sagt Jesus in den Abschiedsreden und ich sende den Parakleten zu euch. Luther sagt, der Tröster, der Beistand, er wird es von meinen nehmen und euch geben, er wird euch in alle Wahrheit leiten und so weiter. Sehr personal. Er wird euch in alle Wahrheit leiten und Parakletos heißt eigentlich der

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Rechtsanwalt, der Rechtsbeistand, also sehr personal. Also das sind so triatische Elemente, aber das ist noch lange keine Trinitätslehre. Die Trinitätslehre entsteht erst im ganz minimeterhaft im zweiten Jahrhundert, aber noch kaum und sie beginnt dann ernsthaft im dritten, vierten Jahrhundert und am fünften ist sie abgeschlossen. Also die Trinitätslehre wird erst in der alten Kirche entwickelt mit Hilfe griechischer Termino-Fachbegriffen, homo iusius und so weiter. Diese Worte gibt es im Hebräischen gar nicht. Also unsere klassische altkirchliche Trinitätslehre wird mit philosophisch-griechischen Fachbegriffen versucht darzustellen, die sich relativ weit weg von der hebräischen Sprache bewegen und mit dieser Trinitätslehre haben ja viele viele Christen irgendwie ihre Mühe und so weiter. Also wenn

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man nicht mal im Neuen Testament ernsthaft behaupten kann, dass, übrigens ich glaube an den dreieinigen Gott, nur dass wieder nicht irgendwelche misstrauischen Leute, das Zimmer gibt die Trinitätslehre auf, das sagen Leute, obwohl ich einen langen Vortrag im Worthaus öffentlich seit Jahren habe über die Trinität, also was es alles gibt. Nein, die Entdeckung der Dreieinigkeit Gottes hat einen tiefen guten Grund, das können wir nicht ohne Verlust aufgeben, aber diese klassische alte kirchliche Trinitätslehre hat sich als relativ umständlich und unbrauchbar erwiesen. Es ist eine lohnende Aufgabe, die Trinität Gottes neu, vorsichtiger, näher am Hebräischen und so zu formulieren, dass Juden und Muslime sagen können Respekt,

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Respekt. So eine Trinitätslehre müssen wir in den nächsten Jahrzehnten entwickeln. Also wenn man schon nicht so naiv sagen kann, dass im Neuen Testament eine Trinitätslehre gibt, ja dann bitte lassen Sie doch Genesis 1 in Frieden mit diesem christlichen Enteignungsverfahren, mit dieser Enteignung des Judentums. Nein, also diese Lösung scheidet aus. Ja, jetzt konnte man auch sagen, es gibt ja einen himmlischen Hofrat bei Hiob und ein paar andere Stellen. Vielleicht ist hier der himmlische Hofrat gemeint mit den Cherubim und Seraphim und den Engeln. Nein, es gibt dazu auch keinerlei Hinweis. Und dann könnte man auch sagen, vielleicht ist es der pluralis majestatis. Es gibt ja so berühmte Menschen, ich glaube auch unser Rennfahrer Schumacher hat gern im Wirs-Stil gesprochen. Also hochgestellte Persönlichkeiten reden

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manchmal so im Wir-Stil. Man nennt es pluralis majestatis. Nein, das kann hier auch nicht vorliegen, weil sorgfältige Forschung ergeben hat, es gibt im Alten Orient in dieser Zeit nirgendwo ein pluralis majestatis. Das gibt es nicht. Es fängt an mit dem pluralis majestatisch ab der persischen Zeit und später, aber nicht in dieser Zeit, die noch deutlich vorherliegt. Es gibt keinen einzigen Beleg, dass es ein pluralis majestatis überhaupt gibt. Nein, aber es gibt 20, 30 Fälle, wo es einen pluralis deliberationis gibt im Alten Orient. Das ist ein Plural der Selbstberatung. Es gibt also im Orient keine ausgebauten Selbstgespräche, das gibt es auch nicht. So innere Monologe längerer Art, das gibt es nicht. Aber es gibt so Entschlusserwägungen,

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Absichtserklärungen, kurze Selbstberatung, das ist noch kein Selbstgespräch und die stehen im Plural. Also es gibt eine ganze Reihe von Texten, wenn eine wichtige Person oder ein Gott oder ein König oder ein Feldherr vor einer ganz wichtigen Entscheidung steht, dann übt er eine kurze Selbstberatung. Im Grunde genommen wird damit nur ausgedrückt, oh backe backe, die Entscheidung könnte aber schicksalhaft werden. Also man betont damit nur die Bedeutung dieser Entscheidung. Gut, so ist das hier zu verstehen, das erklärt auch alles sehr einfach, sehr plausibel, wir brauchen also diese künstlichen anderen Spekulationen, brauchen wir gar nicht. Also wir lassen uns Menschen machen und jetzt zu unserem Bild als unsere Ähnlichkeit. Jetzt kommt das große Thema Gottes Ebenbildlichkeit. Dreimal wird hier das hebräische Wort Selem, das wird mit unser Bild

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übersetzt und einmal steht das Wort Demut, von Damah, ähnlich sein, also nach unserer Ähnlichkeit. Was ist damit gemeint? Im christlichen Abendland hat es irrsinnige, riesige Spekulationen gegeben, Gottes Ebenlichkeit des Menschen wurde sehr sehr wichtig genommen, das finde ich auch gut. Was hat man darunter verstanden? Ja, teilweise, dass wir körperlich ähnlich aussehen wie Gott, das ist ja furchtbar. Gott hat doch gar keine Gestalt in unserem Sinn, wir können uns doch nicht einbilden, dass wir irgendwie körperlich irgendwie nach, es heißt auch nicht übrigens nach seinem Bild, so übersetzt die Septuaginta, das ist falsch, es heißt als unser Bild, nicht nach unserem Bild, das ist eine falsche Übersetzung, als unser Bild. Ja, dann sagen manche, ja das ist, dass der Mensch

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Vernunft hat, andere sagen, das ist die geistige Struktur des Menschen oder seine Dialogfähigkeit oder dass es Mann und Frau gibt oder dass er aufrecht gehen kann, also das hat man alles probiert. Der Nachteil all dieser Erklärungen, die unhaltbar sind, ist, dass sie nicht mit dem Kontext hier übereinstimmen. Man hat also jahrelang sich überlegt, eben Bild Gottes, was könnte das sein und hat jetzt sich irgendwas entwickelt, ohne die nächsten ein, zwei Verse hier zu beachten. Also man hat ein festgesetztes Bild von eben Bild sich entwickelt und hat diese Vorstellung, die man sich gemacht hat, in diesen Text hineingedrückt. Alle diese Vorstellungen haben sich als völlig unhaltbar erwiesen. Übrigens will ich auch sagen, dieses Wort

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Selem kommt durchaus 20, 30 mal im Alten Testament vor. Es ist ein Wort, das sehr offen ist, also es ist nicht genau scharf konturiert, es ist ein relativ interpretationsoffener Begriff, aber man kann feststellen, in kultischen Texten kommt der Begriff nie vor. In kultischen Texten wird ja oft das Bilderverbot betont, du sollst dir von Gott kein Bildnis machen. Das wäre ja hier ein krasser Widerspruch, wenn Gott selber sagt, die sind nach meinem Bild, aber er bitte macht euch kein Bild von mir, aber ihr selber seid nach meinem Bild, als wäre ja Autohu vabohu. Also dieses Wort Selem kommt niemals in diesen kultischen Texten vor und kommt auch nicht beim Bilderverbot, da steht ein ganz anderes Wort, du sollst dir kein Bildnis machen, da steht nicht Selem, da steht irgendwas anderes. Also das ist hier nicht gemeint. Jetzt, was ist aber gemeint? Das hat man seit den 80er Jahren in der alttestamentlichen

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Wissenschaft herausgefunden und es ist heute weitestgehend seit längerem, seit schon vielen Jahren Konsens. Ich glaube Walter Groß, Alttestamentler in Tübingen, war einer der ersten, der in einem bahnbrechenden Aufsatz zur Gottesebenbildlichkeit mit neuen Forschungsergebnissen, archäologischen Hinweisen und so weiter gearbeitet hat. Gut, ich sag mal die Lösung, dieses Wort Bild meint nicht ein zweidimensionales Bild, wie wir es an die Wand hängen können, sondern gemeint ist eine Statue, eine Figur, also etwas Dreidimensionales, ein Standbild, eine Figur, wir sind, ich übersetze mal sinngemäß, lasst uns Menschen machen, als eine lebendige Statue. Und was ist da gemeint? Also Statuen, Stelen spielen in der orientalischen Religion

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und Politik eine enorme Rolle. Und Groß und andere haben als erste deutlich mit genauen Text belegen können, zum Beispiel der ägyptische Pharao, der hier sehr wichtig ist, weil ab einer gewissen Zeit im ägyptischen Reich wurden die Pharaonen als Bild Gottes dargestellt. Und nur die Pharaonen, es gibt auch im akkadischen, asyrisch-babilonischen auch einige Belege, gibt es auch, auch nur für Könige, aber in Ägypten war das sehr stark ausgeprägt, der Pharao war Gottes Bild. Und jetzt war es so, dass immer, wenn der Pharao ein neues Gebiet erobert hat, ein neues Territorium, hat er an den strategisch wichtigen Stellen dieses neuen Gebietes Standbilder von sich aufstellen lassen, oft monumental groß. Und

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was haben diese Standbilder zum Ausdruck gebracht? Hier gilt ab jetzt mein Wille. Das war der klare Ausdruck dieser Standbilder. Und inwiefern war eigentlich der Pharao Gottes Bild? In wiefern war das? Das war da gemeint, ja, weil er herrscht, der König herrscht wie Gott. Also in seinem Herrschen war er ähnlich entsprechend wie Gott, die herrscherliche Tätigkeit des Pharao. Und so ist es hier auch, denn liest nochmal diesen Satz einfach mit den Worten, hat man einfach nicht berücksichtigt. Also die Sache ist im Grunde einfach und sonnenklar, aber diese Wust an traditionellen Überformungen, man hat den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr gesehen. Also liest mal den Text einfach nochmal. Und Gott sprach, lasst uns Menschen machen als unser Bild, uns ähnlich. Und jetzt. Und sie sollen herrschen. Und sie sollen

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herrschen. Das ist es. Darin sind sie Gottes Bild, im Herrschen. Ja, liest mal nochmal weiter. Und sie sollen herrschen über die Fische des Meers und über die Vögel des Himmels, über das Vieh und über die ganze Erde und über alle Kriechtiere, die sich auf der Erde regen. Also, man merkt, das ist unheimlich wichtig, das ist ein umfassender Herrschaftsauftrag. Man merkt, diesem Text ist dieses Herrschen wahnsinnig wichtig. Alle, alle, alle. Lang und breit. Steht ja alles da. Jetzt machen wir weiter. Jetzt kommt der Tatbericht. Und Gott schuf den Menschen als sein Bild. Als Bild Gottes schuf er ihn, als Mann und Frau schuf er sie. Und Gott segnete sie und Gott sprach zu ihnen, seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde und macht sie untertan. Und herrscht über die Fische des Meers und über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf der Erde regen.

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Gut. Also, wieder der Herrschaftsauftrag. Also, es geht bei der Gottes-Ebenbildlichkeit um darum, dass jeder Mensch ein königliches Amt hat. In Mesopotamien und Ägypten waren nur die Könige Gottes Bilder, weil sie herrschen. Aber nach diesem Text zum ersten Mal alle herrschen, haben ein königliches Amt, auch das Wort Radarherrschen ist immer bei Königen verwendet worden. Es ist ein königlicher Ausdruck. Herrschen wie ein König. Und darin stehen wir in einer Analogie zu Gott. Natürlich ist Herrschen nicht so gemeint mit Gewalt die Natur ausbeuten, wie die Übersetzung von Luther, macht sie euch untertan, ist heikel, weil sie hat dann schlimme Folgen geführt. Wir können die Natur ausbeuten, wie wir wollen, das ist doch schon in der Bibel, machen sie euch untertan. Nein, es ist ein fürsorgliches Herrschen gemeint im Sinne des Schöpfers. Wir sind seine Repräsentanten, seine lebendigen

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Standbilder, die auf Erden seinen fürsorglichen Schöpferwillen mit umsetzen sollen. Nur Menschen können diese Verantwortung haben. Löwen und Krokodile und Eichhörnchen können keine Gesamtverantwortung für die Schöpfung übernehmen. Und auch diese wilden Auswüchse, wo sich das Christentum schwer schuldig gemacht hat. Es gab sehr viel berechtigten Widerstand. Eure Bibelauslegung hat zu dieser fürchterlichen Gewaltherrschaft des Menschen über Tiere und über die Erde geführt. Da gab es eine schlimme Wirkungsgeschichte. Gut, jetzt möchte ich noch sagen, als Mann und Frau werden sie erschaffen, genau übersetzt männlich und weiblich. Das heißt, die Frau ist genauso Gottes Ebenbild, Gottes Standbild wie der Mann. Und auch der umfassende Herrscherauftrag über alle Tiere, über die gesamte Schöpfung

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gilt der Frau genauso wie dem Mann. In diesem Text, Genesis 1, ist Mann und Frau zu 100% in jeder Hinsicht gleichberechtigt, gleichwertig, haben die gleich hohe Verantwortung. Also es gibt hier nicht den geringsten Spielraum für Patriarchat. Es gibt im ganzen Alten Testament nur zwei Texte, wo Mann und Frau völlig gleichwertig sind in jeder Hinsicht ohne irgendeinen geringen Vorzug des Mannes. Das ist Genesis 1 und das hohe Lied der Liebe im Alten Testament. Nämlich das hohe Lied der Liebe wird von einer Frau begonnen, sie besingt den Mann, sie schildert ihre Bedürfnisse und dann kommt auch der Mann genau gleich, er besingt die Frau und das hohe Lied wird von einer Frau wieder beendet. Das ist in der arabischen Lyrik einmalig, in der älteren arabischen Lyrik. Also das hohe Lied wird

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von einer Frau begonnen, von einer Freundin, Freundin und Freund, komm mit mir auf das Feld, da wollen wir uns der Liebe hingeben. Also schon ein erstaunlicher Text. Und Freundin und Freund sind hier völlig gleichberechtigt. Leider hat die Kirche und die bibeltreue Christenheit diese Texte mehr oder weniger in der Beziehung nicht ausgewertet, hat ganz andere Akzente gesetzt. Aber hier wäre die Chance gewesen, der Zeit voraus zu sein, hat die Kirche leider verpennt. Aber in der modernen Bibelwissenschaft werden diese Dinge wieder ans Licht gehoben. Jetzt gehen wir noch zu Vers 29 und 30 und dann zum Schabbat und dann ein paar Schlussworte. Und Gott sprach, seht, ich gebe euch alles Kraut auf der ganzen Erde, das Samen trägt und alle Bäume, an denen samentragende Früchte sind. Das wird eure Nahrung sein. Und allen

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Wildtieren und allen Vögeln des Himmels und allen Kriechtieren auf der Erde, allem, was Lebensatem in sich hat, gebe ich alles grüne Kraut zur Nahrung. Und so geschah es. Und Gott sah alles an, was er gemacht hatte. Und sie, es war sehr gut. Und es wurde Abend und es wurde Morgen, der sechste Tag. Ja, Dankeschön. Also jetzt kommt noch so eine Art Speiseverordnung, das auch einmalig gab es bisher bei den Tieren nicht. Jetzt werden aber die Tiere bei der Gelegenheit auch berücksichtigt und zwar rein pflanzliche Nahrung, also vegetarische Nahrung. Das eröffnet einen großen Problemhorizont. Viele religiös empfindende vegetarisch essende Menschen betonen diese beiden Verse sehr. Das ist auch ihr gutes Recht. Also hier wird ausdrücklich erklärt, der Mensch soll sich vegetarisch ernähren. Obwohl natürlich die Menschen, die Männer,

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die diesen Text über einen langen Entstehungszeitraum entwickelt haben, schon wussten, dass das unserer Wirklichkeit, wie wir sie erleben, nicht entspricht. Also hier wird deutlich festgestellt, der göttliche Sinn der Schöpfung entspricht an diesem Punkt nicht der Realität, wie sie in allen Völkern gelebt wird. Es gab in verschiedenen Texten des Orients und des Hellenismus die Vorstellung vom goldenen Zeitalter. Es gibt also mehrere Autoren, die berichten, es hätte früher ein goldenes Zeitalter gegeben, wo die Menschen sich vegetarisch ernährt haben und auch es keine Raubtiere gab unter den Tieren. Also diesen Mythos des goldenen Zeitalters, der ist relativ breit belegt in der griechisch-hellenistischen und

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orientalischen Welt. Und das drückt natürlich auch ein Problembewusstsein aus, wie immer dieser Mythos dann zu erklären ist. Aber in dem Mythos schwingt das Bewusstsein mit dem Töten und Essen von Tieren, von Lebewesen, von Nefeshaya ist ein Problem. Es ist nicht der Idealzustand. Jetzt hat sich allerdings gezeigt, dass es niemals dieses goldene Zeitalter gegeben hat. Es hat sich nach vielen Jahrzehnten eifrigen Suchens nirgendwo ein Text, ein Bild oder ein archäologisches Hinweis darauf gegeben, dass es dieses goldene Zeitalter jemals gegeben hat. Es hat es niemals gegeben. Aber es ist diese mythische Sehnsucht, es wäre eigentlich schön gewesen. Also hier sitzt ein Problem. Diese vegetarische Nahrung,

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die hier dem Menschen zugedacht ist, wird allerdings nach der Sintflut in Genesis 1. Mose 9 Vers 2 bis 3 und 4 ausdrücklich korrigiert. Also da wird gesagt, ihr könnt auch jetzt alle lebenden Tiere dienen euch zur Nahrung. Das wird regelrecht nach der Sintflut dann abgeändert. Ich will zwei Dinge noch kurz erwähnen. Einmal bei dem Segenswunsch, seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde. Da ist natürlich noch kein Problem, Bewusstsein, wenn die Erde schon überfüllt ist. Das war damals ja noch dünne Besiedelung. Der Segen drückt sich dann aus in der Fortpflanzung, in der Selbsterhaltung einer Gattung und eben im Zahlreichwerden. Dass es eine Überfülle vielleicht mal geben kann, wo wir nochmal neue ethische Überlegungen anstellen. Diese Horizonte sind hier natürlich noch gar nicht

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im Blick. Und dann möchte ich auch sagen, Genesis 1 und auch Genesis 2 liefern keine Schöpfungsordnung. Der Ausdruck Schöpfungsordnung ist ein konservativ-ideologische Stammtischparole, die sich, die in vielfacher Hinsicht merkt man, der Wunsch ist der Vater des Gedankens. Es gibt eine Parkordnung und es gibt im Schwaberländle eine Kehrordnung, aber es gibt keine Schöpfungsordnung. Es gibt zwei Schöpfungserzählungen, sehr tief, unergründlich, voller Inspiration, aber zwei Erzählungen liefern kein geschlossenes System. Nehmen wir mal, er schuf sie als Mann und Frau und sagt, seid fruchtbar und mehret euch. Wie viele Frauen und wie viele Männer würden dieser Schöpfungsordnung gern entsprechen, sie würden gern Kinder haben, leider können

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sie es nicht. Es liegt nicht immer an der Frau, wie man früher gedacht hat, sondern ungefähr gleich oft, vielleicht sogar öfters am Mann. Also diese Menschen, das sind ja durch die Jahrhunderte in jeder Generation Hunderttausende und Millionen jüngerer Menschen, die zu Gott beten könnten, lieber Gott, kannst du bitte mal deine Schöpfungsordnung bei uns verwirklichen. Wir würden sie nämlich gern einhalten, aber leider, du hast solche Dinge hier bei uns, dass wir, also was machen sie da mit Schöpfungsordnung? Dann zum Beispiel, es gibt siamesische Zwillinge auf der ganzen Welt, nicht wenige, das sind ein paar Tausend. Da weiß man ganz sicher, es können nicht beide überleben, wir müssen einen von beiden abtrennen, der wird sterben, damit dann der eine überlebt. Das steht gar nicht in Genesis 1. Wenn man jetzt meint, Genesis 1 klärt alle Probleme, also Schöpfungsordnung als

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geschlossenes System, das meiner Ideologie entspricht. Jede Kinderärztin und jeder Kinderarzt, fragen Sie einfach irgendeinen Kinderarzt, wenn er ein bisschen älter ist, wird sagen, ich habe mehrfach im Laufe meiner Kinderarzttätigkeit Säuglinge gesehen mit Penis und Vagina, mit beiden. Auch meine Kinderärztin, ich habe sie gefragt, sagt sie, ja, die ist jetzt vielleicht zehn, zwölf Jahre im Dienst, ja, drei oder vier Fälle hat sie gesehen. Jetzt nehmen Sie mal alle Kinderärzte auf der ganzen Welt, wie viele Hunderttausende von Babys haben Vagina und Penis, das steht in Genesis 1 gar nicht. Und auch Schwule, es steht doch, es steht vieles in Genesis 1 nicht. Sie können doch nicht zwei Erzählungen so vor Ihren

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Karren spannen. Heute in Stuttgart ist jede dritte Wohnung eine Single-Wohnung. Ja, das steht in Genesis 1 gar nicht. Es gibt in der Antike gar keine Singles. Die haben eine Großfamilie, eine Sippe, aber wisst ihr, heute ist jeder dritte Mensch ein Single. Was machen Sie jetzt mit der Schöpfungsordnung? Ich möchte Ihnen also nur sagen, werden Sie ein bisschen selbstkritisch. In der modernen Wissenschaft, in der modernen Bibelwissenschaft ist der Ausdruck Schöpfungsordnung als ein ganz gefährliche Schablone allgemein aufgegeben worden. Mit dieser Schablone macht man sich zum Herrn über den wahren Sinn dieser Erzählungen. Jetzt kommt der siebte Tag. Und so wurden vollendet Himmel und Erde und ihr ganzes Heer. Und Gott vollendete am siebten Tag sein Werk, das er gemacht hatte. Und er ruhte am siebten Tag von all seinem Werk,

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das er gemacht hatte. Und Gott segnete den siebten Tag und heiligte ihn, denn an ihm ruhte Gott von all seinem Werk, das er durch sein Tun geschaffen hatte. Dies ist die Geschichte der Entstehung von Himmel und Erde, als sie geschaffen wurden. Super. Das letzte war eine Art Unterschrift, die auch hier nicht gut übersetzt ist. Man könnte es fast wieder zeitlich deuten, das ist aber mit Tole, Tod gar nicht gemeint. Also jetzt kommt ein siebter Tag. Diese Verse sind völlig anders aufgebaut. Man merkt schon, und Gott sprach. Das kam ja jedes Mal, das fehlt hier. Und die Tagesabschlussformel, es wurde Abend, es wurde Morgen, siebter Tag, nein, steht hier auch nicht. Also dieser Tag fällt völlig aus dem Rahmen. Er steht den anderen sechs Tagen gegenüber. Das heißt zwei-, dreimal und Gott vollendete. So wurden vollendet Himmel und Erde mit seinem ganzen Heer. So heißt es in Vers 1. Das spielt auf

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die Überschrift an. Gott schuf Himmel und Erde. So heißt es hier, so wurde vollendet Himmel und Erde mit seinem ganzen Heer, mit seinem ganzen Heer meint mit seiner ganzen Fülle, mit allen Lebewesen, auch die, die in Genesis 1 nicht ausdrücklich genannt werden, ist ja keine Vollständigkeit beabsichtigt, aber hier mit all seiner Fülle. Und dann heißt es bei 2a, und Gott vollendete die Schöpfung. Das geht auf den ersten Schöpfungsbericht, der Erschaffung des ersten Schöpfungstags. Das, was Gott hier begann, wird mit dem Schabbat vollendet. Das ist ein verblüffendes Ende. Nämlich es wird hier ausgedrückt Gott ruhte. Nicht ausruhen, sondern es ist ein festliches, feierliches Ruhen. Damit wird ausgedrückt,

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er würdigt jetzt seine Schöpfung. Er macht sich nicht gleich zum nächsten Thema. Warum hat er das gemacht? Na ja, gut. Und dann wendet er sich schon dem nächsten zu. Also mit dieser Ruhe wird ausgedrückt, die Schöpfung hat eine große Bedeutung für Gott. Jetzt ruht er erst einmal. Von all seinem Werk, auch dieser Ausdruck von seinem Werk ist sehr verblüffend, weil die Götter sind eigentlich Menschen der Lebewesen der Muse, sie arbeiten nicht. Kein Gott in der Antike arbeitet selber. Und auch die Oberschicht sind Menschen der Muse. Also die Oberschichtsmenschen und die obersten Götter arbeiten nicht, sie tun kein Werk. Aber Gott arbeitet. Nicht so wie der Mensch, er schwitzt nicht, er hat keine Mühe, das ist ja klar jetzt in Genesis 1. Aber die Arbeit wird gewürdigt. Faulenzen ist nicht immer gerade das Beste. Also Gott würdigt die Arbeit, denn er arbeitet selber. Er vollendet sein

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Werk. Und dann wird hier zum ersten Mal gesagt, er heiligt, das Wort kommt nur hier. Er segnet diesen siebten Tag und heiligt ihn. Der Tag wird hier nicht Schabbat genannt, denn dann könnte man auf das Vorurteil verfallen, der israelitische Schabbat, der ja dort kulturell eingeführt ist, sei die Voraussetzung dieses Textes. Nein, dieser Text ist viel grundlegender als die israelitische Schabbatordnung. Es gibt auch hier gar kein Gebot, den Schabbat zu heiligen. Es geht hier um viel mehr als um Ethik. Der siebte Tag hat eine Bedeutung, die weit über Israel hinausgeht, für alle Menschen. Das Ruhen Gottes am siebten Tag bringt einen Rhythmus jetzt mit, der für alle Menschen eine Bedeutung hat. Und dass heute auf der ganzen Welt, auch in China, der Wochenrhythmus gilt, ist eine verblüffende

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Erfüllung von diesem Aspekt. Denn die Woche wird zum ersten Mal eingeführt im Judentum und heute ist sie auf der ganzen Welt praktiziert. Also, es geht über Israel weit hinaus. Gott heiligt diesen Tag. Das heilige ist nicht das übliche, das normale, das gewohnte, das alltägliche. Nein, das, was Gott heiligt, ist das Besondere, das Wertvolle. Das darf man nicht mit dem Alltagstrott vermischen. Also hier wird etwas eröffnet, was weit über die israelitische Religion hinausgeht. Ich möchte zum Schluss in einigen wenigen Gesetzen mal zusammenfassen, was ich die wichtigsten Konsequenzen des biblischen Schöpfungsverständnisses

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für uns Menschen, was ich damit heute im Alltag für Hauptgesichtspunkte halte. Also kleines Schlusswort, die wichtigsten Konsequenzen des biblischen Schöpfungsverständnisses für uns Menschen. Ich will das mal so in fünf bis acht Minuten zum Schluss zum Ausdruck bringen. Der erste Gesichtspunkt heißt, wir sind erschaffen. Wir sind nicht irgendwie geworden. Wir sind nicht aus der Natur entstanden oder aus der Fruchtbarkeit der Erde. Nach biblischer Auffassung ist das der wichtigste Gesichtspunkt für uns Menschen, der grundlegende. Es ist die grundlegende Realität, du bist erschaffen. Wenn wir diesen Gesichtspunkt nicht angemessen würdigen, können wir uns selbst nur missverstehen. Aber dieser grundlegende

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Aspekt, wir sind Geschöpfe, wir sind erschaffen, ist keine Selbstverständlichkeit, denn man sieht es uns nicht direkt an. Dass wir erschaffen sind, ist ein Wunder. Aber wir haben heute ein ungeheures Wissen über den Menschen, das Hundertfache von früheren Jahrhunderten. Es gibt eine medizinische Anthropologie, eine biologische, eine psychologische, eine pädagogische. Aber auch wenn wir die Einzelerkenntnisse all dieser Anthropologien addieren, wissen wir immer noch nicht, wer der Mensch ist. Denn wir sind von Gott erschaffen. Das heißt, man kann den Menschen nicht verstehen unter Absehung des Schöpfers. Und weil wir von Gott erschaffen sind, sind wir ein unergründliches Geheimnis. Wir sind ein Geheimnis, weil wir

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aus einem Geheimnis stammen. Und dieses Geheimnis hat uns erschaffen. Zweitens, wir sind gewollt. Wenn wir geschaffen sind, heißt es nach biblischer Auffassung, wir sind gewollt. Gott hat sich uns, als er uns erschuf, mit uns beschäftigt. Mit jedem Menschen, den er gewollt hat, hat er sich einmal mindestens zuwenden müssen und gesagt, der Siggi Zimmer, den setzen wir jetzt mal ins Leben. Also schaut mich an, ich bin das Produkt einer Beschäftigung Gottes mit mir. Ich bin das Produkt einer Zuwendung. Ich bin gewollt. Es gibt kein gesünderes Gefühl, als wenn ein Mensch mit Gewissheit fröhlich sagen kann, ich bin gewollt. Auch unabhängig davon, ob mich meine Eltern gewollt haben. Meine Eltern können ja höchstens

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ein Kind gewollt haben, aber sie müssen sich ja dann selber überraschen lassen, welchem Kind sie da das Leben schenken. Also die Eltern haben nie mich gewollt, sie haben nur ein Kind gewollt. Aber der Schöpfer hat mich gewollt. Drittens, wir leben nicht aus uns selbst. Wir wurden nicht gefragt, ob wir mit unserer Geburt einverstanden sind. Wir haben uns nicht zum Leben entschlossen. Nichts Lebendiges kann sich das Leben selber geben. Wir stammen nicht aus unserem freien Willen. Wir sind nicht unsere eigene Tat, wir sind seine Tat. Und deswegen, wir leben nicht aus uns selbst. Viertens, das Leben ist etwas Gutes. Nach

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biblischem Schöpfungsverständnis können alle Menschen sagen, das Leben ist etwas Gutes. Warum? Weil es von einem Guten stammt. Unsere Wurzel ist gut. Und der Schöpfer hatte gute Absichten, er ist nicht hinterhältig und er hat ein gutes Ziel. Die entscheidende Frage lautet nicht, gibt es Gott oder gibt es ihn nicht, das ist nicht die entscheidende Frage. Die entscheidende Frage ist, ist Gott gut oder ist er bösartig? Ist er schikanös? Ist er hinterhältig? Wenn es Gott gäbe als bösartigen, hinterhältigen Burschen, dann wäre unser Leben eine Katastrophe. Aber wir wissen, Gott ist gut und deswegen ist das Leben etwas Gutes. Das Leben ist ein Geschenk, keine Strafe. Du musst nicht leben, du darfst

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leben. Und selbst wenn das Leben ganz schwer wird und die dunklen Gedanken dich bestürmen, dass das Leben eine Strafe sei, dann kannst du in das Dunkel hinein sprechen, nein, das Leben ist etwas Gutes, denn es kommt von einem Guten. Fünftens, wir haben eine unverlierbare Würde. Unsere Würde liegt nicht in uns, sondern sie liegt darin, dass wir von ihm geschaffen wurden. Das ist unsere Würde. Es ist eine fremde Würde, die wir nicht machen können. Wir können sie aber auch nicht verlieren. Und diese Würde hat jeder Mensch auf der Welt genau gleicherweise, unabhängig von Geschlecht, Kultur, Religion, Bildungsstand, politischem Status. Jeder Mensch hat genau die gleiche fremde Würde. Das ermöglicht einen tiefen Frieden zwischen den Kulturen

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und ermöglicht Gleichberechtigung und Solidarität. Sechstens, ich bin wichtig, einfach, weil ich da bin. Ich muss mir meine Wichtigkeit nicht erwerben durch Kompetenzen, durch Fähigkeiten. Ich muss mich nicht himmelreif schuften. Gott taxiert mich nicht wie eine Ware auf dem Markt, wie kompetent und nützlich ich bin. Bei Gott bin ich wichtig, einfach, weil ich da bin. Das schützt mich gegen viele harte Verletzungen, die ich von anderen Menschen bekomme. Und es schützt mich auch gegen meinen eigenen Perfektionismus. Denn ich bin wichtig, einfach, weil ich da bin. Und siebtens, alles hat seinen Sinn und sein Ziel. Der Schöpfer hatte mit

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der Schöpfung gute Absichten. Er hat ein Ziel. Wir sind alle unterwegs. Und alles hat seinen Sinn. Es gibt die tragenden Zusammenhänge, die wir nicht herstellen können und auch nicht herstellen müssen. Die entscheidenden Stabilitäten und Zusammenhänge hat er garantiert. Und du darfst dich tragen lassen. Und der Schöpfer verfolgt ein Ziel. Und dieses Ziel wird er erreichen. Und deswegen können wir zuversichtlich hoffen.

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Die erste Schöpfungserzählung (1. Mose 1,1-2,4a) – Teil 3 | 8.5.2

Worthaus 8 – Weimar: 22. Mai 2018 von Prof. Dr. Siegfried Zimmer

Licht und Dunkelheit, Himmel und Erde hatte Gott voneinander getrennt, dann nahm die Schöpfung richtig Fahrt auf. Gott erschafft Wasser und Land, Leuchten am Himmel, Pflanzen, Tiere und Menschen. In 35 Versen handelt die Bibel die sieben Tage der Schöpfungsgeschichte ab. Theologe Siegfried Zimmer nimmt sich drei Vorträge Zeit, die tiefe Bedeutung dieser Erzählung zu analysieren. In diesem dritten Teil zerlegt Zimmer die Erzählungen vom dritten bis zum siebten Schöpfungstag. Es sind uralte Geschichten, nahezu unverändert durch die Jahrtausende überliefert. Es sind keine Faktenbeschreibungen, keine biologischen, anthropologischen, geologischen Ausführungen, sie haben einen viel grundlegenderen Sinn. Was jede einzelne Erzählung mit ihren wohlgewählten Worten für die Menschen vor knapp 3000 Jahren bedeutet hat, erklärt Zimmer. Und fasst die Schöpfungsgeschichte schließlich in sieben grundlegende Erkenntnisse, die sich jeder moderne Mensch ausdrucken und neben den Spiegel hängen sollte.