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Paul Tillich – Glaube und Zweifel | 10.4.1

Worthaus Pop-Up – Marburg: 11. Juni 2020 von Prof. Dr. Thorsten Dietz

»Ich glaube; hilf meinem Unglauben« ist die Jahreslosung für 2020. Sie könnte kaum besser passen in dieses chaotische Jahr, in dem sich Glaube und Zweifel zu einem unentwirrbaren Chaos verknotet haben. Menschen glauben an einen Gott und zweifeln an Ihm, glauben an eine Pandemie und zweifeln an ihrer Existenz, glauben an die Fähigkeit des Staates, die Bevölkerung zu schützen, und zweifeln daran. Und manchmal verzweifeln Menschen auch an der Ungewissheit, was sie denn nun glauben können. In noch deutlich turbulenteren Zeiten hat sich ein Theologe immer wieder Gedanken darum gemacht, wie sich Glaube und Zweifel in Einklang bringen lassen: Paul Tillich wuchs in einem konservativen Pfarrhaus auf, durchlitt den ersten Weltkrieg, floh vor dem zweiten, und musste sich schließlich in den USA neu erfinden, nicht nur die Sprache, sondern auch das Denken seiner neuen Heimat verstehen lernen. Thorsten Dietz erklärt Tillichs Theologie in ihrer rasanten Entwicklung, die so geprägt ist vom Rausch der Ereignisse vor rund 100 Jahren. Bis heute wirkt Tillichs Lehre fort. Und auch wir scheinen wieder am Beginn eines Zeitalters zu stehen, in das wir wehrlos hineinstürzen, in dem wir herumgewirbelt werden und zweifeln müssen. Aber im Glauben Halt finden können.

Dieser Vortrag gehört zur Reihe »Klassiker der Theologie«.

10. Dezember 2021

Das Jona Buch | 11.19.1

Die Geschichte gehört in jede Kinderbibel: der widerspenstige, irgendwie etwas trottelige Prophet, der Gott nicht gehorchen will; der Sturm und der Wal, die nie so richtig bedrohlich wirken; und das Happy End, als Jona dann doch tut, was Gott von ihm will, und die bösen Menschen von Ninive schließlich gute Menschen werden.
Und die Moral von der Geschicht’? Das war’s noch nicht.
Die österreichische Theologin Irmtraud Fischer entreißt die Geschichte der Niedlichkeit der Kinderbibeln und macht deutlich, worum es im Buch Jona eigentlich geht: um ein Trauma. Gott schickt Jona nach Ninive, ins Herz des Assyrerreiches. Ausgerechnet die Feinde Israels soll Jona vor Gottes Zorn warnen – und damit retten. Die Assyrer haben das Nordreich der Israeliten zerstört und das Südreich fast dem Erdboden gleich gemacht. Sie haben die Bevölkerung verschleppt und verschreckt. Sie haben wahrscheinlich auch Jona leiden lassen. Kein Wunder, dass er vor Gottes Auftrag flieht.
Jona verhält sich wie ein traumatisierter Mensch im Angesicht seines Peinigers, diagnostiziert Irmtraud Fischer. Sie beschreibt, wie diese Zwangskonfrontation mit dem Erlebten dem traumatisierten Jona hilft, mit dem Schrecken klarzukommen. Sie zieht damit auch die Parallele zum Heute, zu unseren Ängsten und Traumatisierungen. Und sie erklärt, was es mit dem Epilog der Jona-Geschichte auf sich hat, der aus den Kindergeschichten meist herausfällt.

Dieser Vortrag gehört zur Reihe »Vorworte: Einführungsvorträge zu jedem biblischen Buch«.