Im Amber Gymnasium habe ich mich gefragt, wie es möglich ist, dass ein Mensch an den Altar Gottes tritt, um ein Opfer zu bringen, und dann zum Mörder an seinem Bruder wird. Die theologischen Auskunft war stets daran, dass kein immer schon ein böser Mensch war, und daran lag es, dass Gott seinen Opfer überhaupt nicht anerkennen konnte. Wenn es so einfach wäre, was die Geschichte wirklich erzählt, ist die Tragödie unseres Daseins, nicht mehr und nicht weniger, ist die Hintergrunderklärung über die Abgründe in unserer Seele und die Bitte, zu verstehen, dass Menschen in ihren schlimmsten Krisen
genau das Gegenteil von dem tun, was sie wollen und wovon sie wissen, dass sie es tun sollen. Von dieser Tragik und ihrer Auflösung in der Botschaft Jesu möchte ich heute Nachmittag zu Ihnen sprechen. Mit Hinblick auf den Vortrag, der dann anstehen wird, mit der Erklärung, die es Herrn Kierkegaard in seiner Monographie über den Begriff Angst zur sogenannten Sündenfallgeschichte versucht hat. Das Hauptproblem, meinte Kierkegaard, ist Angst. Angst gehört dazu, dass wir Geist sind. Angst ist die Reaktion auf das Bewusstwerden der Freiheit, ist eine Reaktion über den Schwindel der Möglichkeit, der uns ergreift. In all dem hat Kierkegaard recht.
Deswegen unter dem Rachen der Schlange erfasst sie ein Schwindel, der am Ende sich kaum anders mehr beantwortet als Gott, wie einen Verängstigten in der Logik der Schlange zu hallucinieren. Ein Gott, der mit dem Tode droht für die Übertretung eines seiner Gesetze oder Gebote, hat Angst offenbar, dass sein Thron wankt und wackelt. Ergreifen die Menschen ihre Freiheit. Nicht ihr, der Mensch und seine Frau, müsst Angst haben vor Gott. Die Tyrannen selber, die sich fürchten vom Aufstand ihrer Untertanen, die drohen mit Todesstrafen. Also habt ihr es in der Hand. Ihr könnt euer Dasein selber entwickeln, selber erschaffen, Grund eurer Existenz werden, euch absolut entwerfen.
Genesis 3, 1 bis 7 muss ich nicht mehr auslegen. Aber was beginnt mit Genesis 4 und der Erzählung von Kain und Abel, die Sie heute Vormittag bereits gehört haben, ist ein Stück weit zu rekapitulieren im Vorfeld. Sie haben, was theologisch kaum reflektiert wird, mit dem Problem zu tun, vor dem wir alle stehen. Einer Angst, eigentlich ein Stück schon abgeleitet, nicht mehr vor unserem Menschsein, nicht mehr vor unserem Geistsein, sondern exakt entsprechend dem, was Sigmund Freud in der Psychoanalyse beschrieb. Der Satz aller Angst ist Todesangst, ist so nicht beweisbar, meinte er. Und in jedem Falle viel zu allgemein. Und er wollte die Angst konkretisieren, Angst vor dem Verlassenwerden.
Genauer, Angst vor dem Verstoßenwerden. Und genau da stehen wir heute im Erbe der Geschichte von Kain und Abel. Sie haben es bei den ersten Kindern von Adam und Eva mit Menschen zu tun, mit uns selber, die sich vorkommen nicht als Wesen, die verstoßen werden könnten, sondern die verstoßen sind. Sie gehen mit ihren Füßen über eine bebende Erde, brennend und wie auf der Flucht, heimatlos, ausgesetzt. Im Schatten ein Gott, der sie nicht will. Der Grund hat sie zu strafen. Und würden sie voller Sehnsucht zurückschauen, sähen sie am Eingang des verlorenen Paradieses die zwei Wächterengel mit dem Flammenschwert. Dass die Drohgebärde Gottes, der ausweist und nicht länger will,
ist der Hintergrund des Daseinsgefühls von Kain und Abel. Was können Menschen tun, die sich so fühlen? Wir könnten theologisch einfach weiterreden, aber ich möchte, dass Sie diesen Kern begreifen als ein Problem, das wir alle haben. Und versuche es deshalb ein Stück auszudehnen mit einem psychologischen Beispiel. Stellen Sie sich aus Westfalen kommt im Ruhrgebiet in Hamm oder Berchtkamen eine Familie vor, die gerade darunter leidet, dass der Steinkohlenbergbau endgültig abgeschafft wird. Bis dahin hatte die Familie gute Pläne, träumte von einem Eigenheim, hatte gespart für die Zukunft. Nun ist der Mann arbeitslos.
Denken wir uns im Schatten dieses Mannes ein Jung oder ein Mädchen, das miterlebt, wie das Paradies verloren geht. Die Mutter muss arbeiten, sie ist selten da. Der Vater sitzt herum und weiß mit sich nichts anzufangen. Er tröstet sich mit Alkohol. Die Mutter sowieso zu Depressionen neigend, weiß nicht ein noch aus. Und jetzt stellen Sie sich vor, wie ein Kind darauf reagieren wird. Eines begreift es. Es darf die Armut der Eltern nicht belasten mit eigenen Ansprüchen. Es muss sich leicht machen wie eine Schneeflocke im Winterwind. Es darf um Himmels Willen nicht mit eigenen Erfordernissen und Bedürfnissen den Eltern noch zusätzlich zur Erschwernis gereichen. Es muss Verzicht leisten. Man hat gerade Geburtstag oder Weihnachten oder Ostern. Normal wäre es für jedes Kind mit sechs Jahren, ein Wunschzettel ans Christkind zu schreiben oder irgendetwas,
das normalerweise wünschenswert wäre, an die Eltern zu adressieren. Denken wir uns ein Mädchen, das unschuldigerweise sagen würde, könnte ich einen roten Ball haben. Das Nachbarmädchen hat auch eins. Und dann müsste man sich vorstellen, dass der Vater sehr genau weiß, dass das eine mehr als berechtigte Bitte seiner Tochter ist. Er würde sie gerne erfüllen. Er kann sie aber nicht erfüllen und dafür hasst er sich selber. Und die Wut auf sich und sein ganzes Leben bricht aus über den Bittsteller. Weißt du nicht, dass hier kein Geld ist, hierhin kommt kein Christkind, hör auf damit! Das muss er einmal sagen. Und es ist die Vernichtung, Beausweisung. Denn das Kind wird lernen, dass es mich gibt, ist der grundsätzliche Fehler. Ich kann machen, was ich will. Besser wäre es, leichter wäre es für meine Eltern,
die wesentliche Erfahrung in ihrem Leben wäre, günstig wäre, ich wäre gar nicht erst zur Welt gekommen. Ich bin unberechtigt im Dasein. Das ist das Grundgefühl von Cain und Abi. Was kann man tun, wenn es so geht? Das, was wir alle versuchen würden. Man muss sich in irgendeiner Weise als nützlich erweisen. Man darf nicht auf Kosten der Eltern leben, nicht von den Eltern, aber wenn man für sie leben könnte, wenn man die überforderte Mutter ein Stück trösten könnte, wenn man ihr die Wünsche von den Augen ableise, die man selber gar nicht stellen kann, wenn man dem Vater in irgendeiner Weise hilfreich sein könnte, wenn sich etwas finden ließe, das durch eigene Aktivität die Nichtnotwendigkeit, die Überflüssigkeit, die Nichtgewolltheit des eigenen Daseins abarbeiten könnte. Das ist das Bild, wie Cain und Abel beginnen zu opfern.
Den Theologen ist das unverdächtig. In vielen Kommentaren finden sie sogar, dass das Opfer stehende Einrichtung der Religion einen kulturellen Fortschritt darstellt. Für keine Priesterreligion ist irgendein Schatten der Ambivalenz darauf gelegen. Menschen opfern, und Gott will das so. Und schon sind wir im ersten Missverständnis. Denn solange Menschen opfern müssen, um die Gunst ihres Gottes zurückzugewinnen, steht die Gottheit vor ihnen ständig ambivalent. Sie akzeptiert dich vielleicht, bedingungsweise, wenn du richtig opferst. Nur dann. Opfer ist der Ausdruck der Angst für eine verlorene Güte, die man nicht mehr glauben kann, aber die man künstlich zurückzuerwerben hofft, indem man vom eigenen Glück ständig Abstriche macht.
Vielleicht wäre das tatsächlich ein denkbarer Vorschlag, nur leider steht kein Mensch alleine vor den Altern. Neben ihm ist ein anderer, neben keinem ein Abel. Und dann wird man erleben, dass die beiden im Felde der Angst, im Felde der Ausgestoßenheit, im Felde jenseits von Eden, als von Gott Verwürfene und Verstoßene, notwendigerweise mit der Frage konfrontiert werden, woher denn ihr Ansehen kommen soll. Lapidaris ist es in der Bibel, und Gott sah auf das Opfer Abels, aber das Opfer Keins sah er nicht an. Wieder für die Theologen kaum ein Problem, denn ein Mann, der ein Mörder wird, muss ein böser Mensch sein,
dessen Opfer kann kein Gott anerkennen. Aber warum denn schaute Gott das Opfer Keins nicht an? Es wäre die einzige Erklärung scheinbar. Die Wahrheit ist, jenseits von Eden sind es die ganz normalen Unterschiede. Die Ungerechtigkeit im Raume der Natur, in die wir zurückgeworfen sind. Die ungleiche Verteilung von Hoch und Niedrig, von Beliebt und Wenigerbeliebt, von Tüchtig und Wenigertüchtig. Der Narzissmus der kleinen Unterschiede schleicht sich ein und entwickelt ein tödliches Potenzial. Gott, auf dessen Ansehen alles ankommt, scheint selber zwiespältig inmitten einer Welt, die nie gerecht wird. Der eine ist als erstes Kind zur Welt gekommen, der andere als zweites.
Ein ganz normaler Unterschied, aber was bedeutet es im Leben von Kindern? Der gerade Zweijährige muss lernen, dass der Nachkömmling alle Aufmerksamkeit der Mutter beansprucht. Er wird zur Sauberkeit angehalten und zur Beherrschung seiner Muskulatur. Während alles, was der Jüngeren macht, belobigt wird, er hat eine so gute Verdauung. Das ist ungerecht. Kein Zweijähriger versteht das. Dass die Mutterstadt wie bisher für ihn da zu sein, sich teilt oder drittelt, indem der andere Nachgeborene alle Aufmerksamkeit zu verschlucken scheint, macht ein Aggressionspotenzial. Selbst von Goethe wird berichtet, dass er Porzellan aus dem Fenster warf und freute sich klar, das war die symbolische Abschaffung der Geschwisterkonkurrenz, eine Mordszene in der Fantasie.
Wenn es so steht, müssen wir den Ernst der Lage begreifen. Alles hängt davon ab, wie sich die Frage beantwortet. Kann man so etwas wie mich überhaupt anerkennen? Und dann steht jemand neben mir, immer im Sonnenlicht. Er hat nichts Besseres gemacht. Er hat eine andere Art Opfer gebracht, aber es geht nicht um Besser oder Schlechter. Die Tatsache ist, er steht im Licht. Er findet die Anerkennung. Und das bedeutet, er wirft seinen Schatten auf mich selber, der ich nicht anerkannt werde. Wie nahm mit Leben? Wäre der andere, so weit entfernt von mir selber wie die Eskimos von den Bantus, läge dazwischen die halbe Erde, kämen sie sich niemals ins Gehege und sie würden nie zu
tödlichen Konkurrenten. Aber das Leitwort der Stelle ist dein Bruder, dein Bruder. Und ständig hämmert das zwischen den Schläfen. Sie stehen sich nahe. Sie verfügen über die gleichen Qualifikationen. Sie treten an in der Konkurrenz im gleichen Terrain. Und dann können es die winzigsten Unterschiede sein, die den einen als liebenswert darstellen und den anderen erfüllen. Mit der verlorenen Schlacht einer Konkurrenz, von deren Sieg alles abhängen würde, deren Niederlage aber mit der Gleichgültigkeit und der Rückkehr eines nicht gerecht verdichten Daseins beantwortet wird. Jean-Paul Sartre konnte so sagen, soll ich dir zeigen, dass Raubtier ohne Fell? Eins plus eins macht eins.
Das ist die Tragödie unseres Jahrhunderts. So leistet man, wenn ein Mensch chaglianisch einem anderen Menschen begegnet ist. Für die Frage, wer auf der Lichtung zweier Kampfatome überlebt. Die wechselseitige Auslöschung ist das Prinzip im Kampf ums Dasein jetzt. Gemeiner noch, was bei dem anderen, weil er mein Bruder ist, eigentlich anerkennenswert wäre, was liebenswert wäre, was schön ist, was ich auch begreife. Als menschlich nahestehend. Genau das wird zur Gefahr für meine eigene Anerkennung. Und umso mehr muss ich ihn beneiden, hassen und verdrängen. Das alles arbeitet ihn kein. Und dann gibt es eine Szene in dem Alten Testament, genau an dieser Stelle, die schwer zu übersetzen ist, in der Einheitsübersetzung kaum wiedergegeben wird.
Er muss sie hebräisch so verstümmelt aufnehmen, wie sie dasteht. Wozu das kein? Dass dein Antlitz gefallen, nicht wahr? Wenn Gutes du erheben, wenn aber Böses die Sünde, ein Lagerer, du aber wollte ihr ob. Das ist keine vernünftige Sündext, das ist ein zerrissenes Gerede. Aber so müssten sie denken, wird die Sprache Gottes jenseits von Eden verstümmelt, gestört, wie auf einem Sender, der nicht mehr korrekt überträgt. Und das Allerschlimmste, jenseits von Eden hat Gott eine einzige Sprache, walte ihr ob. Beherrsche dich des Bösen, das in dir auflackert.
Alles, was Ethik zu sagen hat, philosophisch, theologisch, gesellschaftlich, dreckig ist ein Imperativ, beherrsche dich. Was man kaum ahnt in der Erzählung von Kain und Abel ist, dass das nicht gelingt, gar nicht gelingen kann. Selbst wenn Gott selber die Moral vertrete, selbst wenn er alle ihre Inhalte in den eigenen Mund nehme, die Menschen könnten ihm nicht folgen. Kain versucht es. Da redete Kain mit Abel seinem Bruder. Es ist genau das, was man tun sollte, um Aggressionen zu vermeiden. Wir kommen da noch drauf. Das Einzige, was wir haben als Menschen, um nicht zum Mördern zu werden. Aber den Anschlusssatz übersetzt einzig Martin Buber richtig. Wie übersetzt man den hebräischen Anschluss?
Und. Und dann war es, als sie auf dem Felde waren. Das eine ist, da redete Kain mit Abel seinem Bruder und es steht überhaupt nicht da, wovon die Rede war. Die Konjunktur lautet, lass uns aufs Feld gehen. Aber es steht nicht da. Andere übersetzen, vajomher statt vajemher. Es ergrimmte Kain gegen Abel. Aber das kann man nicht mit, sondern nur gegen. So steht es wieder nicht da. Was die Bibel schildert, ist ein verzweifelter Versuch, miteinander zu reden, im Ergebnis, dass das Gespräch nicht stattfindet. Die inneren Barrieren sind viel zu groß. Und dann kann es nicht heißen, und als sie dann auf dem Felde waren. Die Behäbigkeit funktioniert überhaupt nicht. Buber sagt richtig. Aber dann war es, als sie auf dem Felde waren. Aufstand Kain gegen Abel, sein Bruder, und mordete ihn. Es ist eine Explosion, die da stattfindet.
Der moralische Rückstau, genau das nicht zu tun, bewirkt den Durchbruch der gesamten Triebgewalt. Und es geht um Sein oder Nichtsein, um alles. Und die Tragik ist, soll derjenige beseitigt werden, der der Anerkennung vor Gott im Wege steht, unverdientermaßen, ungerechterweise. Und indem man ihn aus dem Felde räumt, ist man noch mehr verworfen als zuvor. Kein Gefängnis der Welt, in dem Sie nicht Menschen finden, die diese Geschichte erzählen. Endlos könnte ich sie in Beispielen variieren. Wie wär's, Siegmund Freud, hätte an der Stelle recht. Angst bezieht sich auf Verstoßenwerden. Und fast jeder Mord ist ein Kampf darum, die verlorene Anerkennung zurückzugewinnen. Und was hat das jetzt mit uns zu tun, die wir Gott sei Dank noch keine Mörder sind oder auch nicht werden möchten?
Im Grunde alles. Sie schauen sich um, wie es in unserer Gesellschaft zugeht. Das System, in dem wir leben, basiert auf lateraler und frontaler Konkurrenz. Das lobt man bei jeder Bundestagsdebatte, das dürfen wir gar nicht infrage stellen, weil Konkurrenz belebt die Wirtschaft, treibt sie an, ist der innere Motor. Es macht, dass das gerade noch Gute zum Wenigerguten und zum Abzuschaffenden wird. Der Fortschritt ist es, an den wir glauben müssen, die innere Dynamik, das Wachstum. Wer überwindet wen mit der besseren Idee? Wer fährt wen an die Wand? Welch eine Firma setzt sich durch gegen die andere? Das ist Kapitalismus. Und dafür werden wir erzogen. Was werden wir unseren Kindern sagen?
Genau das. Du musst nicht glauben, dass du hier gratis leben könntest und schmarotzen dürftest. Du musst dich anstrengen. In der Welt gibt es nichts umsonst. Du kommst jetzt in die Schule und das ist der Anfang des Ernstes des Lebens. Streng dich an, denn nur dann kommst du auf eine höhere Schule und da streng dich an, denn sonst kommst du nicht auf eine Uni und da streng dich an, sonst kriegst du keinen Arbeitsplatz und ohne den. Streng dich an, kriegst du keine Rentensicherung. Sieben Jahre alt, aber du musst denken, was mit 70 aus dir wird. Streng dich an. Und immer im Wettkampf, immer mit angewinkelten Ellenbogen. Wer setzt sich durch? Wer ist der Schnellste? Prämiert wird nur der Sieger. Sie können im Schiedsabfahrtlauf um zwei Sekunden auf dem zweiten Platz sitzen oder von 0,2 Sekunden, nur noch elektronisch messbar und alle Einnahmen der Werbeverträge sind dahin.
Der kleine Unterschied, der vernichtet. So zwingt man uns zum Leben. Rechtfertigungsbedürfnis durch Leistung. Wir brauchen dich zur Sicherung des Industriestandortes Deutschlands in weltweiter globaler Konkurrenz, vor allem mit den Ostasiaten. Wir brauchen digitale Bildung in den Kitas zur Optimierung der Bildung. Cheapkarten, wie wir spätestens mit sechs Jahren genauer, präziser auf die Person des Heranwachsenden die Bildungsinstrumente justieren können. Die Eltern werden befragen, was der Lehrer dokumentieren kann, welche Lehrmittel er eingesetzt hat. Mein Junge kann nicht dumm sein, wenn er nun eine Vier schreibt. Liegt das an Ihnen? Zeigen Sie, was Sie getan haben. Das alles ist normal. Bis zur Krankheit normal. Und daraus erwächst, was wir haben.
Krieg, Unheil in jeder Form. Diesen Hintergrund müssen wir sehen und zu begreifen, dass das ganze Neue Testament, die Botschaft Jesu, ein einziger Versuch ist, Kein zu heilen, den Marde zu überleben und die Gefühle der Eifersucht, des Hasses, der Selbstverurteilung langsam aus der Seele zu streicheln. Warum das möglich ist, erzählt uns eine Legende gleich am Anfang des Markusevangeliums. Jesu soll sich fasziniert von einem Propheten am Jardan hinüber begeben haben zu Johannes dem Teifer. Ein Mann, der es ernst meint, wenn er von Gott spricht. Der nicht das rituell Gelangweilte aus dem Tempel, der hermurmelt, sondern ergriffen
ist von einer Botschaft. Das muss stimmen, weil jemand mit seiner eigenen Person schon sich zum Sprachrohr Gottes macht. Aber was hat Johannes der Teifer zu sagen? Im Grunde den ethischen Regurismus zum Äußersten. Viertes Kapitel bei Lukas oder Matthäus. So redet Johannes. Er sieht, wenn Gott kommt, ihn als seinen Strafenden mit der Axt in der Hand die Marschenbäume abzuholzen, mit dem Dreschfliegel auf der Tenne, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Und er wird. Die Spreu verbrennen ihn nie zu löschendem Feuer. Das ist die Art, wie Johannes die Peitsche in die Hand nimmt, um alle Müde gewordenen zur äußersten Anstrengung zu treiben. Mit den Worten der Erzählung von Genesis 4 noch einmal, walte ihr ab, erherrsche dich
des Bösen, streng dich an. Es gibt die Gesetze des Mose 613, inzwischen über 2000 Zusatzkommentargesetze. Was Gott sagt, ist zu tun. Der einzige Inhalt deines Lebens ist, damit zurechtzukommen. Das kannst du, das musst du, sonst genade dir Gott. Das alles bliebe in dem Schema der Unlösbarkeit des Problems von Kein und Abel. Es geschieht in der Szene am Jordan so etwas wie ein Wunder, eine Offenbarung, die die Welt bestimmt ist zu ändern, wenn wir sie ergreifen. Denn in dem Moment seiner Taufe öffnet sich vor Jesu Augen der Himmel. Der Sperrriegel zwischen Gott und Mensch hebt sich dahin. Der wolken Abstand drohenden Gewitters vor den Augen der Menschen beim Blick auf Gott
entfernt sich und es findet zueinander ein offener Himmel, das Bild, das später in der geheimen Offenbarung aufgegriffen wird. Gott hat vor uns keinen Grund mehr, sich zu verhüllen und sich zu entziehen. Und eine Stimme redet mit Jesus, die da sagt, aber du bist doch mein Sohn. Theologisch haben sie das meistens erläutert bekommen als Frage der Christologie. Ist das jetzt adopzianistisch zu verstehen oder ist das monophysitisch oder christologisch jedenfalls richtig korrekt im Sinne des Dogmas zu verstehen? Das Problem ist ein ganz anderes. Gegen all das eingepeitschte Schuldgefühl, gegen die ständige Überanstrengung, Gott kann mich überhaupt nur akzeptieren, wenn ich perfekt bin, wenn ich alles richtig mache,
wenn keine Fehler nachweisbar sind. 613 Gesetze wehe mir, wenn ich eines übertrete. Darüber hinweg spricht Gott mit einem Aber, das ich ergänze, das nicht wirklich dasteht. Aber du bist doch mein Sohn. Alles verändert diese Anrede Gottes. Es wäre genau das Wort, das Abel gebraucht hätte und Kein, damit sie beide Brüder hätten bleiben können. Dass in der ganzen Kein- und Abel-Geschichte von Gott nicht ein Wort fällt, außer beherrsch dich, macht die Tragödie aus. Was wir wirklich brauchen würden, ist, denke, dass das ganze Weltbild von Kein und Abel nicht stimmt. So ist Gott nicht, so erscheint er nur in der Angst. Gott verstößt dich nicht. Die Engel mit dem Flammenschwert existieren überhaupt nicht.
Jesus wird später die Menschen bei der Hand nehmen und zurückführen in das verlorene Paradies durch ein anderes Gottesbild, in dem das wieder auftaucht, was so sehr vermisst wurde. Du bist doch mein Sohn, soll heißen, was immer passiert. Nie werde ich dich verstoßen. Nie wirst du allein sein. Es ist ein Wort, das sie in Jesaja 49 abgewandelt finden. Manchmal hat man das Christentum als eine patriarchalische Religion hingestellt. Das ist ein neues Thema, aber tatsächlich finden sie aus dem Munde des zweiten Jesaja etwas ganz ähnliches. Kann denn eine Mutter ihre eigenen Kinder vergessen? Und könnte eine Mutter ihre eigenen Kinder vergessen? Ich, Gott, vergesse dein Nimme. So ist das.
Eine Frau hat ein Kind lieb, ohne dass es etwas kann, weiß, macht, ist, einfach dafür, dass es existiert, bedingungslos. Und sie wird die Neigung haben, bei dem Kind bleiben zu wollen, unverbrüchlich. Es mag geschehen, was will. Es bleibt ja ihr Kind. So hört Jesus am Jodern, dürften wir von Gott neu beginnen zu denken. Und es würde alles ändern. Mit der Adresse an Krein müssten wir dann sagen, der Irrtum ist, dass du ständig in die Horizontale schaust. Wer ist besser oder schwächer? Größer oder kleiner, schöner oder hässlicher, tüchtiger oder weniger tüchtig. Und die ganze Perspektive treibt dich immer wieder in der Angst, du bist nicht gut genug. Du bist nicht abel. In Wirklichkeit will ich überhaupt nicht, dass du abel bist.
Ich möchte, dass du kein bist. Sonst hätte ich gleich zwei Abel klonen können. Ich möchte, dass du bist, wie du bist. Es geht aber nur mit dem Gefühl einer Anerkennung ohne Bedingungen, eines Geliebtwerdens dafür, dass man ist in seiner Eigenart. Um die zurückzugewinnen, macht den gesamten therapeutischen Weg der Botschaft Jesu aus. Kaum eine Psychotherapie, in der wir nicht auf diese Gefühle stoßen, vom Minderwertigkeitsgefühl, von Insuffizienz, von Selbstverachtung, von fehlendem Selbstvertrauen. Und dann beginnt die Bergpredigt Matthäus 5 in der Seligpreisung mit einem Wort, das wieder nicht ganz einfach zu übersetzen ist, aber in sich den Schlüssel bietet, das Tor
zum Paradies neu aufzuschließen. Glücklich, sagt Jesus, da nenne ich die Menschen, die ihre Armut kennen und anerkennen. Die Arm im Geiste wird das meist übersetzt und dann gleich wieder falsch verstanden. So aber ist es gemeint. Die Einleitung Matthäus 4 zeigt, dass dies die korrekte Interpretation ist, denn Jesus redet mit den Menschen, die man von weit her ihm zum Berg der Seligpreisung gebracht hat. Blinde, lahme, mungensüchtige, kranke mit einem Wort, von weit her. Und was er sagt, ist dazu bestimmt, wie ein Therapeutikum für all die seelischen Verstellungen ihn Angst durchzuarbeiten und zu heilen. Und die Formel ist, du bist gut genug in meinen Augen.
Wie schwer ist es, sich zuzugestehen in einer Welt der Konkurrenz, der Leistungswirtschaft, der immer abhängigen Anerkennung in den Augen anderer, zu sagen, ich kann das nicht, ich bin nicht perfekt. Ich bin nur so, wie ich bin. Jede Neurose ist eine Art von Überkompensation. Alfred Adler konnte sagen, eine Lüge. Und er meinte damit, wir antworten auf die Angst der Insuffizienz, indem wir etwas von uns erworfen, das wir bestimmt nicht sind, aber von dem wir glauben, dass wir es sein müssten, um es fortzuzeigen. Damit sind Adam und Eva schon aus dem Paradies gekommen. Sie sahen, dass sie nackt sind, schämten sich dafür und brachen Feigenlaub, ihre Blöße zu bedecken. Damit kann man weit kommen. Ein russisches Sprichwort sagt, mit der Lüge kommst du um die ganze Welt.
Du kommst nur nie bei dir selber an. Mit einem Wort, um zur Wahrheit zu finden, bräuchten sie das Gegenüber einer Güte, der sie vertrauen können. Hier darf ich sein und werden, wie ich bin. Es wäre die Rückkehr in sich selber, ein allmählicher Weg zur Selbstidentität, das Ende der dauernden Verformungen, auch die Aufhebung der mörderischen Potenziale, in dem wir ringen um die eigene Durchsetzung. Es wäre nicht mehr nötig. Wir könnten noch hinzuschieben, dass es in der Art weitergeht, in der gesamten Botschaft Jesu. Wir rechnen die Fehler, die andere begehen, einander nicht mehr vor, sondern wir versuchen, sie zu verstehen. In unserer Gesellschaft ist es absolut normal, dass wir das tun, was am Ende der Bergpredigt
mit Theosieben 1 bis 3 ausdrücklich verboten wird, da steht, richtet ihr überhaupt gar nicht. Und was ist uns selbstverständlich? Dass jeden Tag im Namen Gottes, das muss nicht sein in einem säkularen Stadt, aber im Namen des Volkes, das sind wir, zu Gericht gesessen wird über einen Mörder, über einen anderen. Und er steht auf dem Spiel, gut und böse, richtig und falsch. Anständige Bürger, Unanständige, Brecher und Verbrecher, Ausschluss, Gefängnis. Und dann lesen Sie es in der Zeitung, einer erscheint in Hamburg und da steht schon in der Schlagzeile, das Monster in Westfalen, ich nenne jetzt nicht den Ort. Und alle wissen, da muss die Strafe noch viel strenger sein. Selbst ein Kanzler konnte das sagen, 2003, strengere Strafen, als wenn das einen Sinn hätte in Deutschland, wollen wir zurück zur Folter. Mehr als Gefängnis haben wir nicht.
Ach, strengere Strafen. Weil es macht uns Angst. Und wir nehmen plötzlich das Recht, wir nehmen die Moral, die Religion, um durch den Mittelgang von Gott her, vom Himmel herab, Stacheldraht zu holen und dabei einzuteilen. Anständig und unanständig, zugehörig, abzuweisen. Und alles, was wir in uns tragen, an Angst, nicht gut genug zu sein, projizieren wir in den anderen. Der Splitter im Auge des anderen. Eigentlich hassen wir uns selber, erkämpfen es aber in jenem drüben. Wäre es möglich, wir säen, dass was bei einem anderen tragischerweise gegen sein eigenes Wollen in die Katastrophe läuft, als etwas, das der Heilung bedürftig wäre? Kein den Mörder von Gott her neu ins Leben zurückzuführen?
Das ist erstaunlich. Man liest im Weißen Haus die Bibel, werde ich sagen. Und wirklich, man findet in Genesis 9, wer Menschen Blut vergießt, dess Blut muss auch vergossen werden. Wäre es möglich, wir fänden mal im Bibelgöttel jemanden, der sagt, nun lese doch bitte Genesis 4. Gott straft keinen gar nicht, sondern nimmt ihnen den Schutz davor, dass er eine Angst sich erfüllen könnte. All jeder, der mich sieht, kann mich erschlagen. Das Problem sieht Gott vor sich und er verspricht, wer das täte. Wer siebenfach mit Gott zu tun bekommen. Der Mörder steht unter Gottes Schutz. Das ist die Bibel. Und Gott möchte, dass wir lernen, miteinander zu leben. Dann bräuchten wir statt Bestrafung verstehen, statt Verurteilung Heilung, statt Verfluchung
und Ausgrenzung zurückholen in die eigenen Arme. Solche Strafformen gab es auf den Plains in Nordamerika. Ich muss das jetzt nicht ausführen. Aber Ausgrenzung wäre den sogenannten barbarischen Indianen als die schrecklichste Form der Unmenschlichkeit vorgekommen. Jemand, der zu einem Verbrechen gerät, ist in seiner Seele so weit entfernt von allem. Was soll es da helfen zu sagen? 15 Jahre. Da kann er nachdenken. Kontaktsperre. Briefe kontrolliert. Kontakt gar nicht. Umarmung gar nicht. Hier der Tisch, da die Gräser und dann kann man miteinander reden. Mehr nicht. Jemand, der so ausgesetzt ist, dass er mit seiner Person sich immer schon vorkam als
Verstoßen. Denn er fühlt sich jetzt im Spruch des Richters. Jeder begreift, das Gegenteil wäre nötig. Aber dann haben sie die Vision Jesu, man muss den Verlorenen nachgehen. 15. Kapitel im Lukas-Evangelium. Jeder versteht das. Wenn im Bergland Galileas einem Hirten von den 100 Schafen seiner Herde mal wieder eins zurück bleibt, wird er, solange die Sonne am Himmel steht, den Weg noch zurückzulegen versuchen, um es zu finden. Es genügt ein kleiner Felsvorsprung und der Sichtkontakt geht verloren. Wenig später der akustische Kontakt. Kein Schaf kann wie eine Ziege mit Heimfindungsvermögen wieder aufschließen. Das Tier wird sich hinhocken und kläglich herumblöken und damit noch die Beutegreifer auf sich aufmerksam machen. Käme der Hirte nicht, wäre es, weil es sich verloren hat, wirklich verloren. Das ist die Rettung. Jeder begreift das bei einem vierbeinigen Schaf.
Aber Jesus wird man vor, dass er so tut. Darauf steht die Todesstrafe. Zu sagen, es ist ein Gott, der nicht straft. Ja, was haben wir dann mit dem Gesetz des Moses? Wo bleibt denn die Gerechtigkeit? Ist da ein Gott, der alles umarmt und gut findet? Dann ist Jesus ein Anti-Moses, ein Lügenprophet, ein Anarchist. Tolstoi zum Beispiel hätte sich darauf berufen können, hat es auch. Es ist gesetzeswidrig. Bringen wir es gleich zum Höhepunkt, 8. Kapitel im Johannes-Evangelium. Bringt man Jesus mit genau der Frage, was machst du mit dem verlorenen Schaf auf dem Tempelplatz, an einem Morgen eine Ehebrecherin zu Jesus. Die Geschichte übrigens ist ins Johannes-Evangelium sehr spät eingeschoben worden. Es war längst fertig. Aber die Geschichte schien so kostbar, dass sie nicht fehlen durfte.
Offenbar hatte man Scheu, sie in irgendeinem Evangelium zu überliefern. Sie ist wirklich hochriskant. Auf Höhepruch steht nach dem Gesetz des Moses die Todesstrafe durch Steinigung. Und das zu Recht, muss man denken. Denn die Ehe ist der Grundbestand jeder Gesellschaft. Wer die Ehe korrodiert und korrumpiert, macht einen Marsch. Die Trägerbalken, auf denen wir selber ruhen, ist ein Gesetzesbruch, der auf Leben und Tod die gesamte Gemeinschaft gefährdet. Also tritt an die ganze gute Gemeinschaft. Jeder wirft seinen Stein. Am Ende ist jemand tot, aber niemand hat getötet. Die Richtigen, das ganze Volk, schließen den Verbrecher, den Ehebrecher aus ihrer Gemeinschaft aus. Sie einigen sich selber, heiligen sich selber, sind wieder in Ordnung und haben Gott gezeigt,
wie anständig sie sind, indem sie dieses Nicht-Haben-Dulden-Können. So steht es und so sollte man tun. Dass man darin ein Problem hat, liegt nicht an dem Streitfall des Ehebruchs, sondern dass man Jesus seine Falle stellen möchte. Wird er auch hier in Jerusalem vor Gebildeten, toja juristisch ausgeprägten, Zuhörern reden wie oben im Norden in Galiläa vor den Ungebildeten, da ist ein Gott, der dich nie verloren gibt, der dir immer nachgeht, der deine Not begreift, gerade wenn du etwas Falsches tust, der das sogenannte Böse in dir überliebt, um dein Wesen zurückzugewinnen, in dem du gut bist, denn du bist doch hervorgegangen aus Gottes Hand. Es ist unmöglich zu denken, Gott stünde da mit Rache, Fantasien und drohender Strafe, mit geballter Faust im Nacken.
Gott weht um dich für die Sanfte des Frühlingswindes und es gibt keinen Ort, an dem du ihm verloren gehen könntest. Vertrau nur auf sein Verstehen. Hat er die Stirn, hier in Jerusalem genauso zu reden? Wird er es wagen, gegen das Gesetz des Moses die Hinrichtung einer Ehebrecherin auszusetzen, weil sein Gottesbild merkwürdigerweise anders ist? Dann bitte schön werden wir erklären, dass er Gott selber lästert und dass er schlimmer ist als jede Ehebrecherin, die brach ein einziges Gesetz. Er aber, wenn er weitermacht, bricht das Gesetz überhaupt und gehört das Allererste getötet. Und so wird es sein. Verflucht ist, was am Holz hängt. Das steht da drauf. Die Antwort, die Jesus gibt, ist erstaunlich und vielleicht eines seiner größten Wunder,
der Heilung unserer Seele. Es ist, wie wenn es Jesus freigeben würde. Ein Satz, von dem als Wunschungssprecher ich nicht wüsste, wie man ihn betonen sollte. Vielleicht so, fast sanft und einladend in der ersten Hälfte. Wer unter euch ohne Sünde ist, dann müsste es nach einer längeren Pause dreinscharen, wie ein Blitzseinschlag. Der werfe doch den ersten Stein. Gibt es einen, der so heilig ist, dass er den anderen hinrichten kann im Namen Gottes, ohne sich selber zu verfluchen? Gibt es einen, der wahnsinnig genug ist, zu glauben, er ist das Richtmaß für Sein und Nichtsein und kann das ohne Mitleid exekutieren, weil er ja Recht hat, weil er umso mehr Recht
hat, als er unbarmherzig über den Unrecht durchs Gericht sitzt? Wäre ein Einziger unter den Hörern Jesu auf dem Tempelplatz gewesen an diesem Morgen, hätte die sogenannte Heerbrecherin, ein zwölfjähriges Mädchen, das gerade verheiratet wurde, die Szene nicht überlebt. Aber die Geschichte endet mit der Frage, Frau, hat keiner dich verurteilt? Dann tu es auch ich nicht. Und wir wären einmütig in dem Wissen der Bedürftigkeit aller untereinander vor Gott. Niemand mehr richtet über den anderen, sondern wir alle nehmen uns bei der Hand unterwegs zurück unter der Führung Jesu in das verlorene Paradies seines Vertrauens, das gegen alle Angst zurückgewonnen werden müsste.
Einzig, wenn es so steht, hätte Dostoevsky recht in zwei Szenen aus zwei seiner Romane. In den Brüdern Karamazov lässt er einmal den Stare Susima, dem Mönch Alyosha, sagen, wenn Sie jemals kommen und dir auftragen, du solltest Gericht üben an einem anderen. Alyosha dann sage, ich selber bin schuldig am Tun meines Bruders. Wäre es denn denkbar, dass er seine Untat vollbracht hätte, wenn ich selber ein anderer Mensch gewesen wäre? Nur Alyosha, wenn du dich selber als erstes schuldig sprießt am Tun deines Bruders, dann
magst du zu Gericht sitzen über einen anderen. Vielleicht gibt es in der ganzen Weltliteratur niemanden, der die Botschaft Jesu tiefer in seinen Werken gestaltet hat als der Russe in Sankt Petersburg. In Deutschland fing er an zu schreiben, abhängig in seiner Spielsucht, den Roman Schuld und Sühne. Wie geht man um mit einem Doppelmörder in Verzweiflung? Ich will Ihnen die Szenerie nicht schildern, aber es gibt eine Einleitung, die ist voll komprimiert. In der Kaschemme trifft Raskolnikov den Trinker Marmeladov. Der hat gerade am Morgen seiner Tochter, die er als Prostituierte auf die Straße geschickt hat, um ihm Geld zu verdienen, alles aus ihrer Schatulle genommen und sitzt da wieder betrunken.
Er verflucht und hasst sich selber dafür. Hab ich denn auf dem Grunde dieses Glases je etwas anderes gesucht, als meine Schande kreuzigen soll man ein Schwein wie mich? Und die Leute sagen in der Kaschemme nun halt, das Maulmensch wäre wirklich Kreuzchen. Aber er, wie manchmal im Alkohol-Dielier, fährt fort. Wenn er kommen wird, sie alle zu richten, wird er sagen zu den Guten und den Anständigen, kommt und geht ein in die Hallen, die ich euch bereitet habe. Und dann wird er sagen, jetzt kommt hier auch ihr. Mörder, Seufe, Huren, kommt hier auch ihr. Und die Gerechten und Guten werden sagen, aber Herr, warum denn berufst du auch sie? Sie tragen das Antlis des Vies. Und er wird sagen, deshalb ja ihr Gerechten, deshalb ihr Guten, beruf ich gerade diese.
Weil kein einziger von denen jemals in seinem Leben hat glauben können, dass er dessen würdig sei. Dann werden alle, alle verstehen. Dann werden alle, alles verstehen, kein Reich herkomme. Ich kann heute Nachmittag nur andeuten, dass unterhalb dieses alles verändernde Niveaus der Botschaft Jesu weder das Christentum verstanden noch das, was wir uns als Frieden wünschen, je erreichbar wäre. Manche Kollegen höre ich sagen, aber das sind doch alles jetzt nur Geschichten, die haben zu tun mit der Existenz des Einzelnen. Das ist typisch, weder individualistisch, psychoanalytisch. Das Christentum ist aber mehr. Es ist nicht nur eine Heilsveranstaltung für psychisch Kranke. Wir haben es zu tun mit Gesunden. Es gibt eine politische Stoßrichtung der Botschaft Jesu, allerdings mehr als gedacht. Eine kennen Sie bereits. Die Erfahrung Jesu am Jahr dann trautet, dass es uns nicht geben muss, dass wir in uns keinerlei Notwendigkeit tragen,
dass der Eindruck vollkommen stimmt, vor ein paar Jahren noch hätte niemand uns vermisst, wenn es uns nicht gäbe. Und schon wieder in ein paar Jahren wird kein Mensch denken, es hätte uns geben sollen, mag auf dem Grabstein, der 20 Jahre höchstens hält, laut Stadtverwaltung stehen, was der mag. Das alles ist richtig. Dich muss es überhaupt nicht geben. Die Rechtfertigung deines Lebens ist, dass Gott möchte, dass du bist, weil er dich liebt. Das ist die ganze Grundlage. Für Gott bist du notwendig, weil er dich liebt. Alles also, was du bist, ist ein Geschenk. Nichts, was du machen musst, um eine Grundlage unter deine Füße zu bekommen.
Was du hast, was du bist, was du kannst, ist nichts weiter als eine Leihgabe an deiner Existenz. Nun müssten wir uns nur umschauen, wie wir selber mit uns verfahren. Die meisten werden vorhin noch gedacht haben, es ist ein bisschen radikal, ich soll mit allem Verständnis haben, aber das muss doch nicht sein. Immerhin habe ich mich angestrengt, ein guter Mensch zu sein. Ich habe ordentlich einen Beruf gelernt. Ich bin nicht straffällig geworden. Ich habe sogar, man denke an die Steuern, korrekt bezahlt. Also was will man mir vorwerfen? Andere haben eben das nicht getan. Deshalb gehören sie ja auch bestraft. Es scheint so in unserer Gesellschaft, als wenn unsere Tugend, unsere Wohlanständigkeit, unsere Bürgerlichkeit verdient wäre von uns. Und das Doma dazu lautet seit den Tagen des antiken Griechenlands, der Mensch ist frei.
Drum kann er selbst entscheiden, was er tut, Gutes oder Böses. Vielleicht ist dem aber gar nicht so. Vielleicht lebt dem Menschen eine Angst, die die Freiheit auffrisst oder in ihr Gegenteil treibt, eine Idee, die Kierkegaard gehabt hat in der Krankheit zum Tode. Sie werden das heute Nachmittag vermutlich alles noch ausführlicher hören und ich würde mich darauf freuen, wenn ich zuhören könnte. Das Entscheidende ist, dass wir Menschen nicht in diesem philosophischen Sinne frei sind, es sei denn, wir hätten eine Chance, bei uns selber anzukommen und mit uns identisch zu werden. Aber das meinte Kierkegaard. Das geschieht nur in der Funktion eines unbedingten Vertrauens, in einem absoluten Gegenüber, in einem Geschenk. Wenn es sich so verhält, mache ich es, um in die politischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge vorzudringen, aus Zeitgründen in einem Überschlag.
Wenn ich eingangs sagte, unsere Gesellschaft basiert auf Konkurrenz, also Kampf, Neid, wechselseitige Zerstörung, kreative Zerstörung nennt man das in der Volkswirtschaft, das Beste ist immer der Feind des Guten. Wer vernichtet wen, das ist normal, das ist der Fortschritt, da müssen wir mitmachen. Sozialdarwinismus könnten wir auch sagen. Leben wir in einer Zeit, in der wir uns auch bilden mögen, einbilden mögen, dass das Geld, das wir mitführen, unser Verdienst ist. Man müsste schon ein Kommunist sein. Zu denken, Eigentum ist Diebstahl, so sagte das Proudhon. Und es wäre alles, was wir vermögen, nennen eine Paternostergesellschaft. Je reicher der eine wird, desto sicherer fährt der andere hinab. Eine Umverteilung von Besitzlosen zu Besitzenden.
Wenn wir die Ideologie beiseite lassen und bleiben, reinweg mal in der Religion, wie Jesus sie betrachtet, müssten wir eine kleine Überschlagsrechnung machen. Ich nehme wirklich an, das Geld, das Sie in der Tasche tragen oder auf dem Konto haben, ist von Ihnen redlich verdient worden. Sie haben es eben nicht vertrunken, nicht verhuert, nicht versoffen, Sie waren ordentlicher Bürger und das ist doch Ihr Verdienst. Wie soll man das anzweifeln? Einfach schon deswegen, weil auch Marmeladoff nicht freiwillig in der Kaschämme als betrunken saß. Das ist ein schwer Süchtiger. Dass Sie es nicht sind, ist gut und schön. Aber sind Sie daran schuld, dass Sie es nicht wurden? Können Sie entscheiden über krank und gesund? Denken wir uns die Erzählung aus dem Ruhrgebiet bei Auflösung des Steinkohlenbergbaus nur
noch einmal konkret. Sie wären zur Welt gekommen in einem Haus, in dem die Gesellschaft weiterleben konnte. Es war Einkommen zur Verfügung, Vater brachte es von der Arbeit, Mutter war inzwischen auch berufstätig, es ging alles irgendwie geordnet zu. 30 Zentimeter Backstein daneben, im gleichen Haus, die Türen nebenan, kam mein Kind zur Welt in der Art, wie ich es eingangs beschrieben habe. Dass Sie hier zur Welt kamen und nicht drüben ist absolut nicht Ihr Verdienst, ist, wenn es gut ging, ein Geschenk. Aber was für eine Einbildung zu sagen, ich habe es geschafft. Hier seht ihr den Mann, der es kann. Sie haben Glück gehabt. Allenfalls. Und absolut keinen Grund, auf den man herabzuschauen, der am Straßenrand sitzt und nicht weiß, wohin er schauen soll. Mit einem Hund vielleicht daneben und einer Blechdose. Natürlich, Sie können da vorbeigehen, Sie haben überhaupt keinen Grund, da stehen zu
bleiben. Sie haben nicht die Zeit, die Nerven, das Geld, außerdem ist es ja Ihn schuld. Hätte er aufgepasst schon in der Schule, wäre er nicht renitent gewesen, hätte er nicht immer die falschen Freunde gehabt. Glauben Sie, es sei jemals jemand im Gefängnis, um geraden Weg dahin zu kommen? Sie haben es mit Tragödien zu tun. Und dass es Ihnen besser ging, ist ein Geschenk. Und so jetzt das ganze Geld, das Sie sich redlich erworben und verdient haben, keine Frage, es ist trotzdem ein Geschenk. Ihnen mitgegeben zum Weiterreichen, so wie Regen herabströmt und an der Oberfläche der Erde in die Talsohlen fließt, die am niedrigsten sind. Da gehört es hin und da will es hin. Genauer noch gesagt, Sie sitzen hier und ich möchte, dass das möglichst lange so bleibt, relativ gesund, können sich konzentrieren, sind geistig dabei, haben nicht Schmerzen,
die Ihnen jede Konzentration rauben. Aber das kann sich ändern. Heute Nachmittag noch, irgendetwas zwischen Ihren beiden Schläfen explodiert und Sie können nicht mehr reden. Die Sprache ist zerstört, Sie sind der Phasika oder halbseitig gelähmt. Es ist möglich. Sie steigen in ein Auto und es passiert irgendetwas Unvorhersehbares. Bei tiefstehender Sonne haben Sie die Ampelschaltung falsch interpretiert. Es ist Ihre Haftpflicht geschuld. Sie haben dem anderen die Vorfahrt geraubt. Eine furchtbare Tragödie. Solche Dinge können immer passieren. Und wenn nicht, haben Sie buchstäblich Grund Gott zu danken für das Geschenk, das es nicht ist, in der Verpflichtung mit denen, denen es schlecht geht, die unglücklich sind, aufzuhelfen, so viel Irgend sie können. Das ist Jesu Formel im Umgang mit Geld, mit Kapital, mit dem Zentrum dessen, warum wir
nicht friedensfähig sind, sondern Kriege brauchen, weil die ganze Wirtschaft schon ein Krieg ist, ein Kampf ist, zum Durchhalten ist. Und warum führen wir Kriege? Lesen Sie die Zeitung mal anders. Wir führen natürlich nur Kriege aus humanitärer Verantwortung, um die Frauenrechte in Afghanistan zu stärken, deshalb natürlich, um den syrischen Diktator Assad zu beseitigen. Deshalb müssen wir Kriege führen, sagt ein künftiger Bewerber um den CDU-Vorsitz vorgestern noch. Wir führen nur Kriege aus Gründen, das Übel, das da ist, zu verhindern. Weil wir Recht haben und der andere Unrecht. Weil wir das Strafrecht im Inneren sofort exekutieren im Externen. Die Strafe ist nach außen gewandt Krieg. Und immer haben wir moralische Rechtfertigung dafür. Wir führen nur richtige Kriege.
Es konnte im 16. Jahrhundert um 1520 bereits Erasmus von Rotterdam in Basel in der Kerela Parzis die Frage stellen, wann wenn Kriege geführt werden, denn eine der Kombatanten der Meinung sei, dass seine Sache eine verkehrte wäre. Weil man am Verhandlungstisch sich nicht hat einigen können über Recht und Unrecht. Deshalb glaubt man, wie wäre es ein Gottesurteil, auf dem Schlachtfeld den Sieg entscheiden zu lassen. Mit dem Ergebnis, dass der potenteste Marder auf dem Schlachtfeld, weil er effizient genug war im Morden, nachträglich behauptet, immer schon im Recht gewesen zu sein und dem Unterlegenen zu diktieren, dass seine Auffassung in Geltung ist. Tja, mein Diktat der Macht, kaschiert mit Moral. Eigentlich hat der Sieger auf dem Schlachtfeld nur bewiesen, dass er unmenschlicher noch
ist, womöglich als sein Gegner. Er hatte die besseren Atombomben. Ist das ein moralischer Vorteil oder nicht die Offenbarung der Unmenschlichkeit im Ganzen? Atombomben vielleicht nicht, obwohl wir sie gerade modernisieren. Napalm haben wir, Smart Bombs haben wir, Homing Bomb Systems. Wir können in 10.000 Kilometer Entfernung über Rammstein in Deutschland mit Drohungen Totentöten an jeder Stelle der Welt gezielt, immer kommen ein paar Dutzend zusätzlich dabei um, aber müssen wir das wissen, immer im Recht. Oder sollten wir von Jesus lernen, dass diese ganze Idee, wir haben Recht und der andere Unrecht. Die Menschlichkeit zerstört, die Verbundenheit untereinander auflöst und dann ist der Krieg die notwendige Folge. Zusätzlich kommen noch Dinge, die in der Botschaft Jesu mit angelegt sind.
Wenn wir Geld hätten, ich stelle es nochmal als Empfehlung hin, sollten wir es um keinen Preis damit vertun, dass wir die Not des Bedürftigen auspressen, zum Beispiel indem wir für Leihgeld Zinsen nehmen. Das gehört zur Geldwirtschaft. Kein Vortrag in Wirtschaftslehre, wo nicht gesagt wird, die Abschaffung des Zinses ist ganz undenkbar. Das heißt neuerdings schon, wenn nämlich Banken mit Banken handeln und wenn der reichste Staat, die Bundesrepublik mit zwei Billionen Euro verschuldet ist und die Zinsen gar nicht bezahlbar sind, dann muss man die Zinsen für den Staat und für die Banken abschaffen. Hin wiederum, Sie als einfache Bürger hätten vielleicht 5000 Euro auf Ihrem Girokonto Schuld. Dann wird die Bank zugreifen. 12 Prozent aber mindestens, das muss sein. Dafür haben wir ja die Bank, jeder hat ein Girokonto.
Und wenn Sie Geld haben, nutzt das der Bank zum Spekulieren, wenn Sie keins haben, nutzt das der Bank noch viel mehr, denn dann kriegt sie ihre Zinsen. Und dann die Zinseszinsen, das ist normal, wie man mit Geld umgeht. Und Jesus meint, wenn jemand wirklich Geld braucht, ich zitiere jetzt Lukas 14 sinngemäß, dann bitteschön gib es dem, der es dir ganz sicher nicht wiedergeben wird, denn der braucht es am allermeisten. Keiner jeden Tag stehen vor meiner Tür, Leute, ich bringe es ja wieder. Natürlich tun Sie das nie. Ich kann zu meiner Selbstverteidigung sagen, bitte kommen Sie nicht wieder, ich helfe Ihnen diesmal, aber bitte nicht auf Dauer, bringen Sie nichts wieder. Es geht nicht. Aber diese Leute, die nicht weiter wissen, brauchen es dringend. Alle Spekulationen, wie kann man daran noch Geschäfte machen? Gehen ins Unmenschliche. Martin Luther wusste das im Übrigen, 1517 schon. Das ist Liebstahl, Leihgeld.
In diesem Fall sogar der Heide Aristoteles. Geld kann sich nicht vermehren, zins heißt auf Altgriechisch, gelernt in Ham, tokos, etwas, das sich vermehrt. Eine Ziege kann das. Aber Geld kann das nicht, es ist kein Lebewesen. Es ist Liebstahl. Das alles ist Jesus, so selbstverständlich, dass wir das mosaische Gesetz an dieser Stelle im Erbe des alten sumerischen Gesetzes existenzialisieren können. Und wir hätten einen der wichtigsten Kriegsgründe beseitigt, denn wir führen nicht Kriege aus humanitären Gründen. Ganz simpel, wir führen Kriege, weil wir geostrategische Pläne verfolgen, Machtausdehnung wollen, Ressourcen sichern wollen, Erdöl, Bauxid, Mangan, alles was wir brauchen. Wir brauchen es, also gehört es uns. Und dann ist die Ausbeutung der Welt, die soziale Ungleichheit zwischen Nord und Süd, der Krieg potenziell.
Unheilsschwanger immer in der Atmosphäre. Eines der rohstoffreichsten Länder der Erde wäre in Zentralafrika der Kongo. Oh, da kommen wir gerade drauf. Afrika ist wichtig, Afrika. Oh, Sie fahren alle dahin, neuerdings nach Afrika. Auch Frau von der Leyen ist dafür, Afrika zu fördern. Es geht nicht um die 60 Millionen Verhungernde, vor allem in Ostafrika. Es geht um Rohstoffe natürlich. Sie haben ein Handy in Ihrer Tasche, schön und gut. Dann brauchen Sie für den Akku Coltan. 90 Prozent davon lagern im Kongo. Der rohstoffreiche Kongo ist deshalb ein unglaublich armes Land, weil sie alle drüber herfallen, um an die Rohstoffe zu kommen. Deshalb wurde 1960 Lumbumbah gleich ermordet, als sie die belgische Kolonialregierung abschaffte. Und freche Reden hielt auf Französisch auch gegen die Franzosen. Die erste von Fabien geführte Demokratie auf afrikanischem Boden ermordet.
Es hätte den Rohstoffzugriff irritieren können. Und so machen wir weiter. Jeder denkt, dass das im Sinne Jesu nicht sein kann, aber beibringend wird man uns unter lauter Lügen, dass das ganz normal ist. Den Reichen gehört halt die Welt. Ist nun mal so. Und was für einen Schaden auch. Uns geht es ja immer besser dabei, scheinbar, wenn nicht das Klima wäre. Wir könnten jetzt fast ins politische Kabarett ableiten. Aber wichtig sind mir zwei Aspekte bei all dem, wenn wir von Krieg reden. Das erste. Tiere, wenn sie übereinander herfallen, zum Beispiel im Spatherbst beim Kometkampf, traktieren sich mit gesenkten Harnern nach Fairnessregeln. Sie haben nicht die Absicht, sich wechselseitig umzubringen, sie wollen herausfinden, wer der Stärkere ist. Und in der Lichtung wartet das Weibchen auf den Sieger, um mit dessen Genen erfolgreich weiterzuarbeiten.
Der Unterlegene verliert in diesem Moment die Fähigkeit, seine Gene in der Kette der Biologie weiterzugeben. Aber individuell muss ihm kein Unheil werden. Wir Menschen sind anders. Gott hat in Genesis 4 noch eben versucht, das Leben keins zu schützen. Es soll ihn nicht alljeder, der ihn findet, ermorden. Und Gott wird daran genauso scheitern, wie er bei der Verleihung der Fellröcke beim Exitus von Adam und Eva aus dem Paradies gescheitert ist. Genesis 4, 22 gleicht die nächsten Kinder keins. Unter denen trägt einer den Namen Lamech. Und er hat zwei Frauen, Ada und Sila. Und vor den beiden spielt er ein Lied, lautend in Kurzfassung.
Siebenfach wird kein Gerecht. Aber 77 mal Lamech für jede Strähme, für jede Wunde. Das ist ein Paragesang aus Angst zur Einschüchterung eines jeden. Und gleichzeitig eine Liebeswerbung, in dem die Frauen nur in den Armen eines solchen potenziellen Massenmörders und Rächer dem Stärksten Schutz finden können, in einer angstbesetzten Welt. Prämiert wird, der sich durchsetzen kann. In der kleinen Erzählung gleich unmittelbar nach der Tragödie von Cain und Abel haben sie in Kurzform beschrieben die gesamte menschliche Geschichte. Der eine hat Angst vor dem anderen. Wir sind keine Tiere. Wenn ein Tier gesiegt hat, wird der besiegte fortgehen. Wir Menschen, wenn wir unterlegen sind, werden augenblicklich darüber nachsinnen, wie unsere Unterlegenheit zustande kam.
Beim nächsten Mal werden wir bessere Waffen haben. Den Augenblicksvorteil, die Ortswahl, das Überraschungsmoment, die Taktik. Klarer und eiskalter kaltulieren. Das weiß auch der Sieger, der gerade noch gewonnen hat. Weil wir Menschen sind, muss er sich vorbereiten, dass der Unterlegene beim nächsten Mal gefährlicher zurückkommt, als er jemals war. Nicotin Bergen konnte das sagen vor über 80 Jahren. Wir Menschen sind womöglich die einzige Spezies, die gelernt hat, als lauter Angst. Dass die endgültige Beruhigung beim Anblick des einen Menschen durch den anderen der Tod ist. Kein Tier hat das so lernen müssen. Sicher sind wir erst, wenn der potenzielle Gegner erledigt ist, abgeschafft ist. Und dann eskaliert es. Wann haben wir die besseren Waffen? Alles, was Sie hören, ist Kriegsvorbereitung.
Riese Teile des Haushaltes, nur verplempert für bessere Waffen. Der Titel dafür ist Sicherheitspolitik. Wie viele Atombomben brauchen wir als Sicherheit? Was macht die Welt unsicherer als die Bomben? Aber so bringt man es uns bei. Wir sprechen nicht vom Militär, sondern von Sicherheitspolitik. Da wir kein Vertrauen gelernt haben, da wir Angst nicht überwinden durch Vertrauen, brauchen wir Sicherheit durch schlimmere Waffen als jeder potenzielle Gegner. Aufrüstung des Welters. Neues Programm in diesem Jahr der Politik der USA. God's own country. 700 Milliarden Dollar jedes Jahr für Rüstung. Deshalb sind wir die größte Armee. Unter allen Präsidenten ging es so. Kein Mr. Präsident, der nicht im Krieg vom Zaun gebrochen hätte im 20. Jahrhundert. Die Größten müssen wir sein. Sonst gibt es keine Sicherheit.
Die effizienten Mörder müssen wir werden, damit jeder uns so fürchtet, dass er uns nicht angreift. Ich bin groß geworden in der Zeit des sogenannten Kalten Krieges. Das nannte man Sicherheitspolitik, Friedenspolitik. Und die Ausdrücke dafür waren Balance of Power, Gleichgewicht des Schreckens und der Kraft. Im 14. Kapitel des Johannes-Evangeliums lesen Sie das Angebot Jesu in der Abschiedsrede. Meinen Frieden gebe ich euch. Nicht wie die Welt ihn gibt. Das wäre der Rüstungssfriede, der Kampffriede, der Siegfriede. Und immer Gott an der Seite der stärkeren Bataillone. So kommt der Frieden nie. Er ist lediglich an einem Sieg, die neue Spirale, mit der der Bohrer sich ins leidende Fleisch der Menschen schraubt. Was wäre dann Frieden, außer wir redeten miteinander in Angst?
Wer dich auf die rechte Wange schlägt, dem haltet noch die linke hin. Damit meint Jesus, wenn jemand dich ungerecht angreift. Frage dich, warum er das tut. Lass ihn mit Bewusstsein das Ganze nochmal machen, bis er dahinter kommt, was überhaupt passiert ist. Womit hat er dich verwechselt? Schlag um Himmels Willen nicht zurück. Dann tust du nur, was in der Logik des anderen hier zu erwarten steht. Die stärkere Macht hat am Ende recht. Nein, er hat dir Unrecht getan. Wenn du das weißt, ist nur die Frage, wie merkt es denn der andere? Also geh bewusst nochmal die Aggression durch. Arbeite sie mit ihm durch. Dann hast du am Ende einen Freund. Was mit links geschah, muss ich bewusst mit rechts noch einmal aufführen. Die angewandte Psychotherapie. Achte auf die Gründe. Rede mit dem anderen, was kein kaum möglich schien.
Im Unterschied zu den Tieren ist das das einzige, was wir besitzen. Wir können miteinander sprechen. Und dann können wir sehen, dass unsere eigene Angst im Körper schon auch dem anderen Angst macht. Unter Säugetieren ist das so. Gefühle sind als erstes Körperzustände zur Information der innerartlichen Kommunikation. Gefühle geben das Signal dem anderen, was mit uns los ist, damit er entsprechend darauf reagiert. Die Angst, die wir haben, macht dem anderen Angst. Die Augen, die immer schmaler werden, die Hände, die zittern oder sie ballen, nimmt der andere wahr als Bedrohung. Also müssten wir reden über die Angst, die wir ihm machen, weil wir auch Angst vor ihm haben. Und schon könnten wir uns verständigen darüber, dass das Ganze sinnlos ist wahrscheinlich. Wir müssten über die Gründe reden. Was meinen und was wollen wir wirklich?
Es wäre die einzige Form, Frieden zu schaffen, indem wir uns interessieren für die Angst des anderen. Wenn Sie glauben, das ist utopisch, gäbe es zumindest mal Ansätze, die gezeigt haben, dass es sehr real ist. Helmut Schmidt konnte einmal, als Brezhnev zu Besuch war und es um die Aufrüstung bei der Dislozierung der Pershing II ging. Den Russen sagen, hören die Dislozierung von atomkrafttragenden Raketen in Deutschland ist eine ernste Bedrohung Russlands. Davor habe ich Angst. Und Helmut Schmidt konnte sagen, die RSS 20 bei euch im Ostblock macht uns Angst. Die Bevölkerungsdichte in Deutschland ist so, dass ein solcher Krieg ein Massenmord ist. Ich verstehe Ihre Angst, aber ich habe auch Angst.
Das war dicht dabei, den ganzen Spiraldrehungsprozess, wir müssen immer weiterrüsten, zum Stillstand zu bringen. Leider wurde daraus nichts. Brezhnev war ein alter Mann, ein Apoplektiker bereits. Und im Hintergrund saßen ganz andere Leute im Kreml. Und auch Schmidt hatte damals nicht die Macht, den Amerikanern zu sagen, wir weigern uns in Deutschland, eure geostrategischen Spiele immer weiter und riskanter voranzutragen. Wir sind ein souveräner Staat. Wir sind nicht zur Militärbesetzung geboren. Wir haben gelernt aus dem Krieg, den ihr gewonnen habt, dass es keine Kriege geben sollte. Nicht, dass es gute Kriege gibt, sondern dass es überhaupt keine Kriege gibt. Und dann wären wir bei dem zweiten Punkt. Immer noch finden wir in unserer Gesellschaft durch die Werbekampagnen unsere Offiziere der Bundeswehr, die Bereitschaft, 16-jährige Jungen und Mädchen inzwischen darauf vorzubereiten,
dass Soldat zu werden ein ganz normaler Beruf ist. Natürlich, wir haben die Wehrpflicht abgeschafft und jetzt ist es ein bezahlbarer Beruf. Soldaten sind genau das, was das Wort sagt, mit Sold, Angestellte, Totschläger von Menschen nach langem Training. Aber das ist ganz normal. Wer sich dabei was denkt, ist ein Staatsfeind, eigentlich ganz extrem links, subversiv. Sollten wir nicht. Wir sollten glauben, du kannst Schuster werden, Schlachter werden. Taxifahrer werden, Schneider werden. Genau so wie Soldat, ein ganz normaler bürgerlicher Beruf. Wenn du das glaubst, hast du schon mal keine Schuldgefühle mehr. Aber was du denn lernst, werden dir die Offiziere der Bundeswehr nicht dabei gesagt haben. Als erstes lernst du Gehorsam. Das hat Stanley Milgram lang und breit beschrieben.
Die Ausbildung zum Soldaten ist das Gegenstück zu allem, was wir moralisch und gesellschaftlich in Sinne nennen könnten. Das absolute Gegenprogramm. Religiös und sogar ethisch bringt man uns bei, dass wir nach innen hören, wir haben ein Gewissen und da sagt uns Gott oder da sagt uns die Werteüberzeugung, was richtig und falsch wäre. Genau verkehrt auf dem Kasernenhof. Schauen Sie sich, wenn Sie das wirklich wollen, die erste halbe Stunde von Stanley Kubiks Film Full Metal Jacket an. Wenn ich euch scheißversage, ihr geht auf den Hügel und ihr bringt sie alle um, dann tut ihr das, ihr Schweine. Der Drill zarschend ist das Gesetz. Nicht was Vater und Mutter gesagt haben, was die schwanzlutschende Freundin gesagt hat, was ich sage. Das hat so geschehen. Absolut. Wenn die Nazis noch dachten, man kann perfekte Soldaten machen, indem man rassische Überlegenheit über schlavische Bevölkerungsteile insinuiert,
haben die Amerikaner gelernt, dass das umgekehrt noch viel besser ist. Man macht die Menschen zu nichts weiter. Ich muss mich so ausdrücken, wie es üblich ist in den Special Forces Trainings in der USA, dass sie ein Haufen Scheiße sind, dass sie nicht mehr in der US-Uniform zum Menschen wieder zusammengeformt werden kann, aus dem Nichts erhebt sich die Würde der G-Eisen. Der Befehl macht jetzt überhaupt der Menschen nach der vollendeten Unmenschlichkeit und dann tut er alles. Weswegen gab es Müll-Eif. 400 Zivilisten, die man getötet hat. Auf Befehl. Damit Sie begreifen, was da für ein Problem liegt. Im Prinzip des Gehorsams auf jedem beliebigen Trainingsplatz des Militärs auf Erden, bei jedem Staat. Costa Rica ausgenommen der einzige vernünftige Staat, der lieber für Umwelt sorgt als für das Militär.
Könnte man auswandern. Sonst aber überall das Gleiche. 18-Jährige müssen lernen, wie man tötet. Auf Befehl. Kein Gewissen, kein Gefühl. Der Befehl und ein Eid geschworen ihn auszuführen. Der Soldat wird schon dadurch entmündigt, dass er gar nicht die Übersicht hat, in irgendeinem Schützengraben die Gefechtslage zu verstehen. Das wäre ja der Hybris, wenn er sich ein Urteil zuspräche. Er muss beheirchen, weil über ihm der Führer alles besser beurteilen kann. Und bis dahin ist er nur noch Rädchen im Räderwerk des Todes. Was dabei herumkommt, ist mir unvergesslich in einer Fernsehsendung auf RTL, ich muss gestehen, da habe ich es gesehen, 1995. Damals war Gauk noch der Moderator und er fragte den Bomberkommandanten vom 9. August 1945 Majors Winnie.
100.000 Tote in Nagasaki. Gauk fragte, wie ist es möglich, damit zu leben? Es sind 50 Jahre her, was ging in ihnen vor sich? Ich habe als Kind übrigens gelernt, die das gemacht haben, auch drei Tage vorher. Melchor Tibitze bei Hiroshima, die sind entweder in die Psychiatrie gekommen und verrückt geworden oder sind ins Kloster gegangen und zu büßen. Oder sie haben sich das Leben genommen. Die Wahrheit habe ich als Kind nie erfahren. Sie werden zum Jahrestag immer neu sich unter den Flügeln der Enola Gay versammeln, sich mit Champagner besaufen und sich feiern als National Heroes. Genau das war die Antwort, die Gauk bekam von Majors Winnie. Was soll das? Befehl ist Befehl. Jeder Soldat der Welt hätte dasselbe getan, außer der Scheiß Krieg war dann ja wohl zu Ende.
Das wäre auch so gewesen nach über 1 Million Tote, die verbrennt sind allein in Tokio. Weil Japan gar nicht mehr fähig war, die Fortsetzung des Kriegs zu planen. Aber man wollte den Sowjets zeigen, wenn man ist, im Pazifik richtig mitmischen. Dann sind es 200.000 Tote bei 9 Waffen, allemal, verzeihlich. Das heißt, Befehl ist Befehl. Und dann finden Sie in der Apostelgeschichte im Kapitel 5 aus dem Munde des Petrus, was man bei Jesus lernen kann, man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen. Das wäre das Ende des Militärs. Es ginge ja niemand mehr dahin. Es ließe sich niemand mehr kujonieren. Als er stillgestanden ist, die Augen geradeaus. Da wird Stanley Milgram nur sagen, das ist das Training der geistigen Verblödung.
Die Mechanisierung des Körpers auf Befehl. Denke überhaupt nicht, mach die sinnlosesten Befehle. Dreh wie er dich haben will, sei nur noch Werkzeug. Das muss geübt werden. Eben gleich Schritt, Marsch. Man entwöhnt sich, ein Individuum zu sein. Du bist nur noch in Kolonne. Eigentlich gar nichts. Aber dann gibt es Menschen, die sich doch wieder gewinnen und die werden eine Hoffnung. Mitunter diskutiert man mit noch lebenden Bomberpiloten der Royal Air Force. Und manche von denen sagen, zum Beispiel beim Jahrestag von Dresden, wenn Coventry war, ist Dresden genauso richtig. Und damit haben sie keine Schuldgefühle, sie bleiben Helden. Edmund Harris hat es befohlen. Juli 1943, Operation Gomorra gegen die Hansestadt Hamburg.
Round the clock bombing. Am Tage die Amerikaner, bei Nacht die Briten. Ein Feuersturm in Hammerbrook. 43.000 Tote in einer einzigen Nacht. Den Leuten soll die Atemluft weggesaugt werden durch das Feuer. Und wenn sie glauben, es wäre vorüber, wird die nächste Angriffswelle über sie hergehen. Das hat Nazi-Deutschland verdient. Admiral Harris. Das haben sie mitgemacht, die Bomberpiloten. Von denen übrigens ein Zehntel umkam, fast wie in der Schlacht der Infanterie. Aber manchmal denken Menschen anders. Harold Nash war damals Bomberpilot über Hamburg. Und er erzählt im deutschen Fernsehen, es lag unter uns wie ein schwarzes Band von Sand, bestickt mit funkelnden Perlen. Und wir wussten, das was wir da unten anrichten, ist schlimmer als Dante's Inferno.
Aber wir sahen ja nur Brände, wir sahen keine Menschen, sonst hätten wir das gar nicht tun können. Sie wollten wissen, wie kommt man vom Krieg zum Frieden? Ganz simpel, indem Sie im Namen des Menschensohnes ringsuchend nur Menschen sehen. Genauso hilfsbedürftig wie Sie selber. Genauso fehlbar wie Sie selber. Genauso Angst besetzt wie Sie selber. Und indem Sie das wahrnehmen, schmilzt alles an Konkurrenz, an Rache, an Minderwertigkeitsgefühlen, an Größenwahn von alleine hinweg. Sie haben kein narzisstisches Problem mehr, sondern eine offene Seele. Und Sie wären fähig, die Bergpredigt zu leben. Einfacher wird es nicht gehen. Und darin hätten wir, soweit wir uns als Christen verstehen, eine enorme Aufgabe.
Damit begann das Leben Jesu über den Fluren von Bethlehem. Herrlichkeit ist Gott im Himmel, einzig. Dann singen die Engel, wenn Frieden ist, auf Erden. Bei Menschen, die Gottes Güte glauben können.
Jesus aus Nazareth – von Krieg zu Frieden | 10.1.2
Vielleicht war es der Vater, der ständig unterwegs war und selten mal lobte, vielleicht später die Partnerin, die ständig unzufrieden ist, oder der Chef, der noch nie an eine Beförderung gedacht hat. Das Gefühl, nicht gut genug zu sein, nicht genug zu leisten, keine Anerkennung zu finden, kennt fast jeder Mensch. Ähnlich muss es auch Kain gegangen sein, bevor er Abel ermordete. Eugen Drewermann, Theologe und Psychoanalytiker, erklärt, was zu diesem ersten Mord in der Menschheitsgeschichte geführt haben mag. Er weckt Mitleid, nicht für das Opfer Abel, sondern auch für den Mörder Kain. Er erklärt, was Jesu Botschaft all diesen überwältigenden Gefühlen, die zu einem Mord führen können, entgegenzusetzen hat. Eine Botschaft, die heute wohl so aktuell ist wie nie in einer Zeit voller Kriege zwischen Ländern und Menschen, voller Angst und Selbstzweifel, in der sich so viele Menschen benachteiligt und nicht anerkannt fühlen. Wer nach diesem Vortrag nicht mehr Barmherzigkeit empfindet für Mörder, Zuhälter, sonstige Sünder – und sich selbst – klickt einfach noch einmal darauf.