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Ich möchte jetzt in diesem Vortrag einiges Grundsätzliche zur Geschichte von der Sintflut sagen. Ich möchte aber dazu einige Vorbemerkungen machen. Es gibt in der Bibel unterschiedliche Sorten von Texten. Man kann zum Beispiel dazu sagen Textgattungen. Übrigens das Wort Texte hängt mit dem Wort Textilien zusammen. Texte sind auch Textilien, nämlich gewebte Texte. Sie haben unterschiedliches Webmuster. Texte und Textilien haben ganz verschiedene Sorten. Und wenn man die Bibel achten will und ernst nehmen will,

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dann soll man auch die unterschiedlichen Textsorten achten und berücksichtigen. Also man kann in der Bibel nicht alle Texte über den gleichen Leisten schlagen. Es gibt Gleichnisse, es gibt Briefe, es gibt Brunnenlieder, es gibt Gebete, es gibt unterschiedliche Arten von Erzählungen, es gibt Apokalypsen, es gibt Spruchreihen, es gibt Visionen und so weiter und so weiter. Und alle diese unterschiedlichen Texte haben ein unterschiedliches Webmuster und sie haben jeweils ihre eigene Wahrheitsebene. Und wenn man an eine bestimmte Textsorte falsche Fragen stellt, die zu diesem Webmuster gar nicht passen, dann antworten diese Texte darauf nicht, weil es ist die falsche Ebene.

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Also ich mache mal ein Beispiel. Nehmen wir mal einen Wald. Einen Wald. Es ist unterschiedlich, ob sich ein Holzfabrikant über den Wald äußert oder ein Förster oder ein Lyriker. Der Holzfabrikant interessiert sich für ganz andere Dinge wie ein Förster und ein Lyriker interessiert sich wieder für andere Dinge. Man kann nicht sagen, der eine hat Recht und der andere hat Unrecht. Aber nehmen wir mal an, ein Lyriker macht ein Gedicht über den Wald, über allen Witwen ist Ruh und so weiter. Und jetzt fragst du dieses Gedicht, was kostet ein Quadratmeter Tannenholz? Und er wird dieses Gedicht darauf nicht antworten. Es ist irgendwie die falsche Ebene. Wenn man also Gedichte fragt, so unter Agraringenieur-Gesichtspunkten,

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dann wird man irgendwie merken, Gedichte kann man so nicht befragen. Die liegen auf einer anderen Wahrheitsebene. Und deswegen müssen wir herausfinden, welche Erzählart, welches Webmuster die Sintflutgeschichte hat. Dann achten wir sie erst wirklich. Wir sollten nicht von uns aus vorweg entscheiden, sondern welches Webmuster eine Geschichte hat, erkennt man erst durch unverstelltes, ergebnisoffenes Lernen am Text. Ich will jetzt mal theologisch meine Ausgangsbasis sagen über die Sintflutgeschichte. Also ich sage jetzt nichts zur Textgattung der Sintflutgeschichte, das kommt gleich, sondern ich sage, was ich christlich-theologisch von ihr halte.

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Die Sintflutgeschichte ist für mich Gottes inspiriertes Wort. Durch und durch. Das heißt, die Sintflutgeschichte ist voller Wahrheit. Durch und durch Wahrheit. Die Sintflutgeschichte ist völlig zuverlässig. Durch und durch zuverlässig. Sie hat höchste Autorität, sie ist von größter Weisheit und Tiefe. Sie ist Gottes inspiriertes Wort. Sie kann gar nicht genug geachtet werden. Und ich will ganz kurz ein bisschen was zu dem Sinn der Sintflutgeschichte sagen, aber nur jetzt in zwei, drei Sätzen. Es ist immer schon aufgefallen, dass die ersten drei Kapitel der Bibel, Genesis 1 bis 3, ja ohne Zweifel von grundlegender Bedeutung sind, dass aber die Sintflutgeschichte auch drei Kapitel hat. Sechs bis neun, grob gesagt.

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Sie ist genauso gleich lang wie Genesis 1 bis 3. Und ich halte sie sogar für genauso wichtig. Ich halte also die Sintflutgeschichte für viel wichtiger, als viele andere sagen. Also ich bin dafür, dass wir sie aufwerten, aufwerten. Denn sie ist nicht zufällig genauso lang wie die ersten drei Kapitel. Und welcher tiefer Sinn steckt da dahinter, dass die Schöpfung in drei Kapiteln erzählt wird, Schöpfung mit Sündenproblematik, und dann die Sintflutgeschichte genauso gewichtig ist. Das hat meiner Meinung nach folgenden tiefen Grund. In der Schöpfungsgeschichte in den ersten drei Kapiteln wird dargestellt von der Erzählabsicht der Erzählgemeinschaft, dass Gott mit dem Menschen eine ernsthafte, schöne Beziehung beginnen will.

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Mit der Schöpfung beginnt die Beziehung von Gott und Mensch. Aber habt ihr das auch schon mal erlebt, dass eine Beziehung anzufangen ist das eine, und zwar das leichtere, aber eine Beziehung durchhalten ist das andere und schwerere. Wie viele Beziehungen haben angefangen und wo sind sie geendet? Schnell war es wieder aus. Es gibt ja auch Gründe. Man lernt sich kennen und wenn man sich erst mal kennenlernt, findet man sich zum Kotzen. Dann bricht man die Sache besser wieder ab. Könnte ja sein, dass Gott eine Beziehung mit uns anfängt und ziemlich schnell merkt, wir sind zum Kotzen. Dann lässt er lieber die Pfoten von uns. Und das ist der tiefe Sinn der Sintflutgeschichte. Schritt A ist, Gott fängt eine Beziehung an. Punkt B, und der ist vielleicht sogar wichtiger, er hält sie durch.

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Deswegen sind beide Schritte gleich wichtig. Also, mir geht es nun wirklich gar nicht darum, die Sintflutgeschichte abzuwerten. Ganz im Gegenteil. Wir stellen mal Fragen an die Sintflutgeschichte. Ich stelle diese Fragen nicht an Menschen, an Christen, die vielleicht irgendwie denken, vielleicht anders denken wie ich. Das macht ja nichts. Wir sind trotzdem Geschwister, Schwestern und Brüder. Aber es stellen sich an die Sintflutgeschichten bestimmte Fragen. Diese Fragen kann man nicht abweisen. Die stellen sich. Man kann diese Fragen auch nicht verbieten. Es hat keinen Zweck.

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Und diese Fragen sind nicht ein paar kleine Unklarheiten, die nicht so wichtig sind. Nein, es sind brachial, schwerwiegende, berechtigte, große Fragen, die sich stellen. Und die werde ich nachher stellen. Diese Fragen allerdings erledigen sich von ganz alleine. Sie sterben sozusagen eines natürlichen Todes, wenn man die Gattung der Sintflutgeschichte erkennt. Dann erledigen sich diese Fragen alle, alle von alleine. Sie stellen sich gar nicht mehr. Wenn man aber die Gattung der Sintflutgeschichte nicht erkennt, stellen sich diese Fragen und viele tausend und hunderttausend Menschen stellen diese Fragen und zwar zu Recht. Und die Sintflutgeschichte kann dann keine einzige dieser Fragen beantworten. Sie bleiben völlig ungelöst.

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Auf die vielen schwerwiegenden, berechtigten Fragen, die sich unbedingt tatsächlich stellen, gibt es keine einzige Antwort. Es sei denn, man erkennt die Gattung der Sintflutgeschichte, dann sind alle Fragen von alleine gelöst. Jetzt will ich einen dritten grundsätzlichen Baustein nennen. Es gibt eine Methode der Bibelauslegung, die der Bibel sehr weh tut. Sie wird der Bibel nicht gerecht, nur scheinbar gerecht. Die sympathischen, liebenswürdigen Christen, die diese Methode anwenden, meinen es gut, sie meinen es sehr gut. Sie wollen der Bibel ein Dienst tun, der Christenheit ein Dienst tun und sich selber ein Dienst tun. Also, ihr guter Wille ist unzweifelhaft. Und diese Christen verwenden bei der Bibelauslegung immer wieder folgende Methode.

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Sie heißt, Gott kann alles. Gott kann alles? Gott kann alles. Glaubst du etwa nicht, dass Gott alles kann? Hartner, glaubst du nicht richtig? Weißt du, ich glaube aber, dass Gott alles kann. Also diese Methode, Gott kann alles, merkt euch bitte gut, diese Methode, es ist eine Totschlagmethode. Damit kriegst du alle Probleme zwangsweise los. Wenn du nach der Methode Gott kann alles, die Bibel auslegst, dann brauchst du nicht mehr auf Textgattungen achten, das brauchst du gar nicht mehr. Du brauchst nicht mehr aufmerksam lesen, das kannst du dir schenken, denn mit der Methode Gott kann alles, kriegst du alle Probleme los. Außerdem kannst du auch noch Andersdenkende abwerten. Die glauben nicht so wie ich, dass Gott alles kann, aber ich glaube, dass Gott alles kann.

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Zu mir hat mal ein Student gesagt, zu mir haben schon Hunderte von Studenten gesagt, aber ich denke jetzt gerade mal an einen liebenswürdigen, tiefgläubigen, sympathischen Studenten. Also ich mag ihn wirklich. Und er kam zu mir raus, als ich sagte, aha, Hiob hat sieben Söhne und drei Töchter. Das ist genau die Idealzahl, gell? Alle großen orientalischen Helden haben sieben Söhne und drei Töchter. Da gibt es 100 Geschichten, wo die Hauptperson sieben Söhne und drei Töchter hat. Wenn Hiob sieben Töchter und drei Söhne gehabt hätte, dann wäre es eine Katastrophe. Aber sieben Söhne und drei Töchter ist gut. Und dass ausgerechnet der reichste Mann des Orients die Idealzahl der Söhne hat, habe ich gesagt, oh, das ist ein seltener Zufall, gell? Könnte ja sein, das ist ja dann die Methode. Könnte doch aber sein, gell? Die Methode ist auch sehr üblich. Und dann habe ich gesagt, und nach der Rettung Hiobs und seiner Genesung

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kriegt er nochmal sieben Söhne und drei Töchter. Wow, jetzt kommt der Student zu mir raus und sagt, ha, Herr Zimmer, glauben Sie etwa nicht, dass Gott nochmal sieben Söhne und drei Töchter erzeugen kann? Trauen Sie das Gott nicht zu? Das ist die Methode, Gott kann alles. Da braucht sich der Student nicht mehr fragen, welche Textgattung ist eigentlich das Buch Hiob? Die Frage braucht er sich nicht mehr stellen. Er braucht auch das Buch Hiob gar nicht aufmerksam lesen, weil Gott kann alles. Er braucht auch nicht mehr fragen, welche Erzählabsicht hat eigentlich der Erzähler. Wenn du die Methode hast, Gott kann alles, brauchst du dich nicht mehr fragen, wie hat der Erzähler, der menschliche Erzähler, diese Erzählung gemeint? Die Frage brauchst du dir gar nicht mehr stellen, weil Gott kann alles.

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Also, ich möchte euch nur vorneweg sagen, diese Methode ist sehr, sehr problematisch. Sie ist falsch und das tiefste Problem, die tiefste Tragik, weil die Menschen meinen es ja gut, die tiefste Tragik ist dabei, du spannst die Allmacht Gottes vor deinen eigenen Karren. Du instrumentalisierst die Allmacht Gottes für deine frommen Bedürfnisse. Und so sollte man mit der Allmacht Gottes nicht umgehen. Ich glaube mindestens so wie du, dass Gott alles kann. Das glaube ich genauso wie du und vielleicht sogar noch tiefer. Ich glaube aber nicht, dass man mit diesem Totschlagargument, Gott kann alles, eine Bibelinterpretation verteidigen kann,

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die man nur mit dieser Methode verteidigen kann und ansonsten müsste man sie sofort aufgeben. Mit dieser Methode kannst du nicht deine eigene Bibelauslegung verteidigen. Wenn du nur mit Hilfe dieser Methode deine Bibelsicht retten kannst, dann ist sie falsch. Deine Bibelsicht müsste sich bewähren an der Textgattung des Textes und an der Erzählabsicht des Erzählers. Daran sollte sich deine Bibelauslegung messen lassen. So, von da an gehen wir jetzt mal zur Sintflutgeschichte. Ich werde die Methode Gott kann alles nicht anwenden, sondern ich frage nach der Gattung dieses Textes. Da muss ich mich mehr anstrengen, weil die Methode ist leicht. Da kannst du denkfaul sein, da brauchst du nicht mehr aufmerksam sein.

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Da hast du deinen Allerweltschlüssel und mit dem erledigst du alles. Das ist einfach, billig, geht schnell. Und deswegen greifen viele Menschen zu dieser einfachen Methode, wo man auch noch Andersdenkende gleich abwerten kann. Deswegen ist diese Methode sehr beliebt. Aber wir verzichten darauf, um der Bibel willen. So, Julia, jetzt kommt deine Zeit. Lies mal diesen ersten Textbereich vor. Bau dir ein Schiff, eine Arche. Mach sie aus festem Holz und dichte sie innen und außen mit Pech ab. Im Inneren soll sie viele Räume haben. Sie muss 150 Meter lang sein, 25 Meter breit und 15 Meter hoch. Mach oben ein Dach darüber. Zieh zwei Zwischendecken ein, sodass es dreistöckig wird. Und bring an der Seite eine Tür an.

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Dankeschön. Gut, das ist also eine bestimmte Textsorte. Wir fangen mal an mit dem Bau der Arche. Wo wird die Arche eigentlich gebaut? Wo? Weiß man nicht. Es würde mich aber geografisch, historisch, wäre das interessant. Aber das interessiert den Text nicht. Die Textsorte sagt, geografisch-historische Gesichtspunkte sind uninteressant. Die interessieren mich nicht, sagt diese Textsorte. Also wo wird eigentlich die Arche gebaut? Mich interessiert es jetzt aber doch mal historisch. An einer Küstenebene, im Tal, auf dem Hochland oder in der Nähe einer Stadt. Das würde mich interessieren. Weil wenn es an der Küstenebene wäre, wie kommen dann die Tiere vom Hochland und vom Hochgebirge dorthin?

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Wenn es aber im Hochland wäre, wie kommen dann Küstentiere hin, die Wasser und Land brauchen, so Wasserschildkröten, Krokodile? Wie kommen die dann ins Hochland? Da würden sofort viele... Nein, diese Frage... Die Textsorte sagt, diese Fragen, die schalten wir aus. Gut, also die Textsorte sagt nicht wo. Jetzt hat Noah eine Familie, eine Frau, Söhne, drei Söhne, Töchter und Schwiegertöchter. Die bauen jetzt ein Schiff von 150 Meter Länge. Fußballplatz 120 Meter, Arche 150, 25 Meter breit, 15 Meter hoch. Dreistöckig, dreistöckig, zwei Zwischendecken. Die größten römischen, ägyptischen, griechischen Kriegsschiffe,

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die müssen extra in Werften durch 100 Facharbeiter mit klarer Statistik, Logistik, das erfordert jahrelange Ausbildung. Die größten Kriegs- und Handelsschiffe 120 Meter. Gibt aber auch für 100 Meter, 80 Meter ist auch schon viel. Ich sag, die größten. Aha, das baut Noah mit drei Söhnen. Könnte es da nicht Probleme geben? Weil die Textsorte sagt, es gibt keine Probleme. Bei dieser Textsorte gibt es keine Probleme. Das hängt mit der Textsorte zusammen. Also, ohne dass hier irgendwie, könnte es schwierig sein, nein, technische, historische, geografische Schwierigkeiten gibt es bei der Textsorte nicht. Also Noah baut sogar allein vielleicht, stehen nicht mal da, dass er mit drei, aber auch Noah plus drei Söhne

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und ein paar Schwiegertöchter 120 Meter, 25 breit, 15 hoch. Gut, also so weit zum Bau der Arche. Jetzt gehen wir zum nächsten Textblock in der gleichen Textgattung. Erste Mose 6, die Verse 18b bis 22. Geh mit deiner Frau, deinen Söhnen und deinen Schwiegertöchtern in die Arche. Nimm von allen Tieren ein Männchen und ein Weibchen mit, damit sie mit dir gerettet werden. Von jeder Tierart sollst du ein Paar in die Arche bringen, damit sie am Leben bleiben, alle Arten von Landtieren und Vögeln. Nimm jedem Tier sein Futter mit und auch genug zu essen für dich und deine Familie. Und Noah tat alles genau so, wie Gott es ihm befohlen hatte. Dankeschön. Also ich sag mal so, diese Textsorte heißt nimm dir, nimm dir.

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Nimm dir von allen Tieren, die es gibt, ein Männchen, ein Weibchen. Nimm dir genügend Futter mit für alle Tierorten, Sorten. Und dann Noah hat es gemacht. Wow. Wie viele Tierorten waren das eigentlich? Ich meine 44.187 oder 7.112 oder 498.134. Und wann weiß eigentlich Noah, wenn alle da sind? Sagt er da, also Leute, seid ihr alle da? Riesiger Parkplatz. Die Söhne Noah sind Parkplatzordner. Die ganzen, wie will denn Noah wissen, wenn alle da sind? Müsste Yahweh Elohim ihm nicht eine umfangreiche, genaue Liste der Tierorten geben? Nein, diese Fragen gibt es bei der Textsorte nicht.

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Das ist wie, wenn man einem Gedicht über den Wald sagt, was kostet ein Quadratmeter Tannenholz? Nein, diese Fragen interessieren diese Textsorte nicht. Also nehmen wir mal an, also die ganzen Würmer, Heuschrecken, Spinnen, aber auch Hyänen, Steinadler, also Noah, nimm dir. Das heißt einfach, nimm dir. Probleme gibt es nicht. Kein Wort, wie soll er denn das machen? Wie will er denn hoch? Es gibt auch Hochgebirgstiere, Steinböcke, Gämsen. Es gibt Adlerarten, die nur ab 2.000, 3.000 m vorkommen. Aber dann gibt es wieder Hochlandtiere, Gorillas. Es gibt Savannentiere, es gibt Küstentiere. Also Noah müsste jetzt einige Monate lang wandern und er müsste immer rufen, wo seid ihr? Bitte ein Männchen, ein Weibchen. Jetzt will ein zweites, nein, du nicht, nimm nur zwei. Wie findet er die? Wann weiß er denn, wenn er alle hat? Kennt Noah sämtliche Tierarten?

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Würmerarten, Spinnenarten, Hyänen, Schakale, Elche, Gorillas, Wölfe. Ich meine, darf ich euch mal so unter uns, ganz lieb, ganz lieb, ich bin ganz lieb, darf ich euch mal fragen, wie stellt ihr euch das eigentlich vor? Es könnte natürlich auch sein, dass die Spinnen, die Würmer, die Heuschrecken, die Hunde, die Wölfe, die Gorillas, die Hyänen, die Schakale, die Lamas, dass die von alleine kommen. Zur rechten Zeit am rechten Ort in der richtigen Zahl. Das wäre das größte Weltwunder aller Zeiten. Aber natürlich, Gott kann alles, das ist ganz klar. Gott kann alles, schon klar, aber da könnt ihr doch wenigstens drinstehen. Und Gott machte das größte Wunder aller Zeiten. Er gab den Spinnen, den Würmern, den Heuschrecken, den Wölfen, den Schakalen einen inneren Impuls, macht euch auf den Weg. Noahs Parkplatz ist dort und dort, genaue Quotenangabe.

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Und dann machen die sich paarweise auf den Weg und kommen zur rechten Zeit am rechten Ort genau ein Timing, eine Logistik. Also nicht nur, dass das das größte aller Weltwunder wäre, das wäre kein Problem, denn Gott kann alles, völlig klar. Aber was mich verblüfft, ist, dass das einfach ohne ein Wort selbstverständlich vorausgesetzt wird. Es könnte doch dann wenigstens stehen. Und dabei machte Gott ein Wunder nach dem anderen. Siehe da, alle Tiersorten, und nicht zu dritt und nicht zu viert, sondern immer zu zweit, kamen genau richtig pünktlich am richtigen Platz. Wie finden die den Platz? Entweder wie finden die Tiere den Platz oder wie findet Noah die Tiere? Kein Wort. Das ist keines Wortes wert. Das wird irgendwie, die Textsorte sagt, das interessiert mich nicht. So dürft ihr mich nicht fragen. Das ist eine bestimmte Textsorte.

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Es gibt aber Christen, das interessiert die überhaupt nicht, sondern mit der Methode Gott kann alles, kriegst du diese Fragen los. Aber nur in bestimmten Kreisen. Außerhalb dieser Kreise kriegst du diese Fragen nicht los. Bei 17-jährigen Gymnasiasten kannst du mit der Methode Gott kann alles nicht viel machen. Und bei mir auch nicht. Da würde mich schon interessieren, wie das Noah gemacht hat. Aber die Textsorte sagt, Noah, nimm dir von allen Tieren, allen Vögeln des Himmels, Finken, Adler, Komorane, Spatzen, immer zwei. Übrigens, wie erkennt Noah bei allen Tiersorten, was männlich und was weiblich ist? Das ist bei vielen Tieren gar nicht leicht festzuarbeiten. Es ist die Textkartung Noah, nimm dir das, Probleme interessieren mich nicht und Noah tat alles so, wie Gott gemacht hat. Gut, jetzt gehen wir mal zum Gang in die Arche.

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Wow, ist schon wieder das nächste Weltwunder. Diese Geschichte produziert ein extremes Weltwunder nach dem anderen und das Wichtigere ist, ohne ein Wort darüber zu verlieren. Wie wenn das selbstverständlich wäre. Wie wenn Noah, nimm dir von allen Tieren, allen Vögeln des Himmels, männlich, weiblich, wie wenn das das Einfachste auf der Welt wäre. Denn für diese Textsorte ist der Auftrag natürlich das Einfachste auf der Welt. Aber der funktioniert natürlich nicht auf der historischen Ebene, ist ja eigentlich klar. Also, wie gehen die Tiere in die Arche? Jetzt stellt euch mal vor, Löwen, Elefanten, Hyänen, Schakale, aber auch Grashüpfer, Würmer, Spinnen, gehen die dort, treten die in zweier Reihen an? Warten die geduldig, bis sie an der Reihe sind?

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Ich will jetzt mal historisch wissen, Riesenplatz, irgendwann war Noah klar, die 487.182 Tiersorten sind vollständig vorhanden, kein Problem für die Textsorte. Die Tiere warten auch geduldig, die Adler, die Leoparden, Daneben Schäfle, die warten alle geduldig. Und Noah gibt ihnen ein Zeichen, jetzt bist du dran. Und ihr müsst euch ja mal vorstellen, die Logistik, schwere Tiere, leichte Tiere, keine Probleme, ist alles bei der Textsorte kein Problem. Aber wenn ihr die falschen Fragen stellt, muss ich euch sagen, es ist schon wieder, es wäre schon wieder das größte Weltwunder. Wie du von allen Tieren, die es gibt, friedlich, ausgewogen, vom Schweregrad, alles, es klappt alles, es gibt keine Probleme, es klappt alles. Gut, okay? Jetzt das Leben in der Arche, über ein Jahr, bei einer einzigen Luke.

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Und selbst diese einzige Luke muss bei wochenlangem Dauerregen, ich bin auch im Dauerregen hergefahren und im Regen runter, da machst du dein Dach auch nicht auf. Das heißt also, bei wochenlangem Dauerregen bleibt selbst diese einzige Luke geschlossen und innen und außen ist alles mit Pech abgedichtet. Da ist kein Wasser reinkommt. Was meint ihr, wie lange da Frischluft drin ist? Wie lange da der Sauerstoffvorrat hält? Ist alles kein Problem. Bei der Textsorte Arche, ein Jahr, Tiere drin, nachher gehen sie wieder friedlich raus, starten sofort durch in einer Erde, die ein Jahr lang unter Wasser war. Kein Problem, müsste doch eigentlich alles meterlang unter Schlamm sein. Ruinenstädte, Kadaver, Leichen liegen rum. Nö, die steigen aus und fangen wieder frisch an. Kein Problem. Das ist bei der Textsorte kein Problem. Aber historisch fragen darfst du auch nicht.

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Also bleiben wir mal ein Jahr lang in der Arche. Ja, die Textsorte sagt, Noah, nimm dir genug zu essen mit. Für die Tiere auch und für dich. Das ist ungefähr die Ebene, nimm drei Äpfel mit und ein Feschbeerbrot. Keine Probleme. Wie ernähren sich Heuschrecken? Wie ernähren sich Hyänen? Wie ernähren sich Papageien? Herr Noah weiß das alles. Der weiß, wie sich 400.187 Tier-Sorten artgerecht ernährt werden. Ja, aber nehmen wir mal die syrische Wanderheuschrecke. Die frisst jeden Tag, die kann nur frisches Grün essen, nur frisches Grün. Und sie braucht jeden Tag ihr eigenes Körpergewicht. Ja, wo kriegt die das frische? Die frisst kein Heu. Löwen fressen eigentlich auch selten Heu. Es gibt ja Raubtiere, die brauchen Frischfleisch. Ja, also die Textsorte sagt, Noah, nimm dir genug zu essen mit

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und es gibt keine Probleme. Wer hier Probleme hat, glaubt nicht richtig. Fragen sind verboten. Gott kann alles und es reicht, Schluss, basta. Ist das die Textsorte? Also der Speiseplan, der wird mich schon interessieren, Tag für Tag. Darf ich euch mal ernsthaft so unter uns fragen, wie stellt ihr euch das vor? Ehrlich, versucht jetzt mal ehrlich. Büchst nicht aus, in Gott kann alles. Allein ein Kamel, wisst ihr, wie viel Frischwasser ein Kamel braucht? Übrigens, von Trinken steht in der Textsorte gar nichts da. Nimm dir nur Essen mit. Ist natürlich klar, stell dir mal vor, welche Wasservorräte die bräuchten. Von Trinken ist in der Textsorte nicht die Rede. Das interessiert die Textsorte nicht. Stell dir mal die Wasservorräte vor.

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Also, jetzt will ich noch einen anderen, weil wir wollen es ja mal ernsthaft, das sind berechtigte Fragen, die ich stelle, die könnt ihr niemand verbieten. In manchen Kreisen kommen die zwar einfach nicht vor, in 100 Jahren nicht, weil die Methode, Gott kann alles erledigt, die Fragen schon im Ansatz. Aber das könnt ihr bei normalen Menschen nicht erwarten. Mich interessieren auch die Fäkalien, die Scheiße und die Pisse. Interessiert mich. Wisst ihr was Elefanten, Gorillas, Hyänen, die scheißen was weg pro Tag. Da sammelt sich was an. Wisst ihr, wie die Pisse von Schakalen stinkt? Boah, was ist hier für ein Abwasserkanal? Ist ja alles mit Pech zugedichtet. Ich meine, die sind ja eh schon lange erstickt, gell? Das sind ja Gasexplosionen, ein Jahr.

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Dann interessieren mich noch ein paar Sachen. Gibt es keine Vermehrung in einem Jahr? Mein Gott kann natürlich die Sexualität auch ein Jahr locker stoppen. Mein Gott kann alles. Vermehren die sich nicht? Genau die gleichen Parke treten wieder aus. Übrigens interessiert mich auch Eintagsfliegen. Wie überleben eigentlich Eintagsfliegen das Jahr in der Arche? Irgendwie merkt man, das sind die falschen Fragen. Es ist wie wenn du fragst einem Gedicht über den Wald, was kostet ein Quadratmeter Tannenholz? Ja, es gibt ja auch viele, viele Tiere, das sind Saisontiere, die leben nur einen Sommer. Wie viele Mücken und andere. Dann auch interessiert mich Krankheiten.

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Ja, Gott kann alles. Es gibt in dem Jahr keine Krankheiten. So zusammen. Wie viele Tiere brauchen Bewegung? Die brauchen Bewegung. Geoparten ein Jahr lang. Adler kreisen die dann. Die Tiere brauchen Bewegung, sage ich euch. Luft, Wasser, frisches Grün. Keiner stirbt, keiner vermehrt sich im nächsten Jahr wieder brav raus. Dann der Ausstieg, auch wieder problemlos. Weil es gibt in dem Text keine Probleme. Das liegt an der Textsorte. Und dann zum Schluss, wo landet eigentlich die Arche? Irgendwie im Gebirge Ararat, ziemlich hohes Gebirge, so Mont Blanc, Mont Blanc massiv, so ein Kasten, 150 Meter. Die Landung ist problemlos, weich, da muss irgendwo gerade Ebene sein. Aber im Gebirge, die verkantet sich doch, die überschleckt sich,

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die verfängt sich, nein, es gibt keine Probleme. Landung problemlos, Einstieg problemlos, Ausstieg problemlos, ein Jahr lang alle Tiere, Fäkalien, Speiseplan krank, null Probleme. Keine Probleme. Jetzt will ich noch mal auf euch. Ich glaube, dass jeder von euch, der noch die Kraft zur Ehrlichkeit hat, es haben nicht alle gläubige Christen. Es ist gar nicht so leicht, ehrlich zu bleiben, wenn man fromm ist. Es ist nicht leicht. Man lügt sich sehr schnell in die eigene Tasche. Es gibt eine Form der Lüge, die Hans Küng als erster gründlich analysiert hat, weil sie auch in der katholischen Kirche vorkommt, und zwar massiv, aber sie kommt bei allen Christen vor, bei mir auch, wenn auch nicht besser wie ihr.

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Und diese versteckte Form der Lüge, die die meisten Christen gar nicht als Lüge erkennen, geht so, ich will das nicht wahrhaben, das passt mir nicht. Das wische ich einfach vom Tisch. Man komme mir nicht mit Argumenten, ich habe schon meine Meinung. Also, es geht natürlich, dass Sie sagen, ich will das alles nicht hören, ich will das nicht wahrhaben. Gut, aber überlegen Sie sich gut, ob das eine Form der Lüge ist, dass Sie sich selber in die Tasche lügen. Jetzt will ich mal ein anderes Beispiel bringen. Es gibt die ultraorthodoxe Erziehung in den ultraorthodoxen Vierteln in Jerusalem und anderswo. Extreme, extreme Erziehung, bis hin in Kleidung und Zöpfe und so weiter, Perücken und Sexualleben,

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genau erklärt und ganz genaue Bibelsicht, auch natürlich, selbstverständlich mit der Methode, Gott kann alles und diese ultraorthodoxe, extremistische Erziehung hat eine Erfolgsquote von 98 bis 99 Prozent. 98 bis 99 Prozent der ultraorthodoxen Kinder werden wieder ultraorthodox. Ich selber kenne einen Juden, der 30 Jahre lang in einer ultraorthodoxen Gruppe lebte und sich im Laufe von zehn Jahren herausentwickeln konnte. Das ist aber der einzige, den ich im ganzen Leben kennengelernt habe. Und seine Erzählungen, die müsstet ihr mal hören. Zeugen Jehova, Erfolgsquote in der Erziehung bei 95 Prozent. Also, können weitermachen, Emisch und so weiter. Ja, auch diese Gruppen, die nach der Methode Gott kann alles, ihre Kinder und Jugendlichen tief indoktrinieren,

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gut gemeint, von der Muttermilch an, von der Wiege bis zur Bahre, hören die immer nur die gleichen Gedanken. Und sie hören immer wieder im Laufe der Jahre, entweder direkt oder indirekt. Wenn du ein anderes Bibelverständnis dir aneignest, wie wir dir geben, dann fällst du von Gott ab. Ich habe mal mit einem jungen Texaner gesprochen, aus einer strengen, tief bibelgläubigen kleinen Freikirche in Texas. Den habe ich zum ersten Mal getroffen mit 20 Jahren. In Jerusalem habe ich den getroffen. Und dann haben wir uns mal unterhalten. Also, ein 20-jähriger Texaner, seine 20 Jahre in einer strengen, bibelgläubigen, so nennen sie sich, bibelgläubig, glauben wir denn an die Bibel? Also, er kommt aus einer Bibel, ich glaube an Gott.

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Im apostolischen Glaubensbekenntnis heißt es nur, ich glaube an Gott, den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist. Das heißt ja nicht, ich glaube an die Bibel. Viertens noch. Das wäre dann keine Dreieinigkeit, das wäre eine Vier-Einigkeit. Viele Christen glauben an eine Vier-Einigkeit. Sie glauben an Gott, den Vater, an Gott, den Sohn, an Gott, den Heiligen Geist und an die Bibel. Das ist eine Vier-Einigkeit. Ich glaube aber nur an eine Dreieinigkeit. Gut, also, er kam aus so einer Vier-Einigkeits-Bibelgläubigen-Gemeinschaft und traf auf den Ziggy-Zimmer in Jerusalem der erste Mensch außerhalb seiner Gemeinschaft. Er schwarze, ungenere Lippen, in einer Kasse. Und er war extrem lieb, und ich war sehr herzlich. Ich habe ihn sehr lieb gehabt, ich war sehr herzlich. Mir war nach drei bis fünf Minuten klar, Ziggy, da hast du keine Chance.

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Und zwar nicht wegen irgendwelchen theologischen Problemen, sondern wegen dieser massiven Prägung dieses jungen Mannes. und indoktriniert worden, dass du nach 20 Jahren keine Chance hast. Wie viele 10.000 und 100.000 Kinder und Jugendlichen werden durch solche Gruppen zu einem Kampf mit dem Biologierlehrer verführt? Und jetzt kämpfen diese armen Kinder und Jugendlichen mit ihren Religionslehrern und Biologielehrern. Das ist ein halber Religionskrieg. Ich habe vor einiger Zeit auf einer großen Tagung auch mehrere Vorträge gehalten. Kommt ein junger Mann 30 Jahre auf mich zu. Herr Zimmer, ich habe immer gegen meinen Religionslehrer gekämpft. Heute ist mir klargeworden, dass er recht hatte. Ich werde zu ihm gehen und mich entschuldigen.

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Gut, also diesmal als ein kleines Appetithäppchen. Denkt doch alle mal bitte ehrlich über diese Dinge nach. Macht's gut.

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Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein? | 3.5.1

Worthaus 3 – Weimar: 2. Juni 2013 von Prof. Dr. Siegfried Zimmer

„Meine Meinung steht fest, verwirren Sie mich bitte nicht mit Argumenten“, das sagt so mancher Christ. Freilich, ohne sich dessen bewusst zu sein. Etwa, wenn es um die Historizität der Bibel geht. Da stellen Christen in scheinbarer Verteidigung der Heiligen Schrift Berechnungen auf, wie alle Tiere auf die Arche Noah gepasst haben könnten. Sie rechnen und rechnen, sie grübeln und grübeln – sie rechnen und grübeln am Ziel vorbei. Das macht Siegfried Zimmer auf humorige Weise deutlich. Nein, er spricht den Rechnern und Grüblern nicht ihre guten Motive ab. Doch weil man ein Gedicht über den Wald nicht nach den aktuellen Holzpreisen fragen sollte, führt auch die historische Auslegung der Geschichte mit der Arche in die Irre. Und dabei ist ihre Botschaft so viel wichtiger als ein Ereignis aus der Urgeschichte des Orients: Gott hält trotz aller Schwierigkeiten seine Beziehung mit den Menschen durch.