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Die Die Heute Abend ist der drittletzte Vortrag dran. Es folgen nämlich jetzt auf die Interpretation der Texte drei systematische Vorträge, die sich nicht mehr einem einzelnen Text zuwenden, sondern thematischen Zusammenhängen. Es werden hier eine Menge von Texten zitiert werden. Julia sitzt außerhalb des Gesichtsfelds hier und wird immer wieder hier an meine Stelle kommen und an entsprechender Stelle die Zitate vorlesen. Sie liest mein Manuskript mit. Ich selber trage es frei vor. Und sie wird diese Meisterleistung schaffen, an passender Stelle dann die Zitate vorzulesen.

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Das Thema des heutigen Abends heißt, hat den Menschen sterblich erschaffen.

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Dieses Thema spielt innerhalb der Christenheit eine ganz schöne Rolle. Viele Christen kennen diese Thematik gar nicht. Es berührt sie auch nicht groß, das ist auch nicht schlimm. Also das Thema ist nicht gerade heilsentscheidend. Aber es ist für die Ethik, für den Umgang mit Leid, für die Theodiceafrage, das ist die Frage, warum lässt Gott das zu? Ist diese Frage von erheblicher Bedeutung höher, als man so denkt? Und ich rechne damit, dass, wenn dieser Vortrag dann monatelang oder jahrelang im Netz ist, dass Ihnen viele Christen anhören, weil sie dieses Thema brennend interessiert. Und Sie werden vielleicht meinem Vortrag sehr skeptisch folgen, weil Sie der Überzeugung sind, dass Gott den Menschen ursprünglich unsterblich erschaffen hat. Also ich will mal versuchen, die wichtigsten Gesichtspunkte in einem Vortrag zusammenzustellen.

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Zunächst ein paar Vorüberlegungen. In der Welt geschehen immer wieder große Katastrophen, Tsunamis, das Erdbeben in Haiti oder auch Erdbeben in Afghanistan, Vulkanausbrüche, viele andere Katastrophen. Und nicht nur Christen, sondern auch Nicht-Christen fragen sich immer wieder, warum lässt Gott das zu? Auch Malariaerreger, Krebsgeschwüre, Kindesmissbrauch. Also es gibt sehr viel unschuldiges Leid. Also, warum lässt Gott das zu? Das ist eine sehr wichtige, sehr schwierige und viele Menschen, auch mich, sehr bedrückende Frage.

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Auf diese Frage nach diesen Naturkatastrophen, Vulkanausbrüchen, schweren Krankheiten reagieren die Christen sehr unterschiedlich. Wenn ich jetzt mal mit Christen die weltweite Christenheit in Europa, aber auch in den anderen Erdteilen, wenn ich das mal so versuche zu überblicken, ist die Reaktion der Christen auffallend unterschiedlich. Es gibt im Blick auf diese Frage krasse Unterschiede. Und diese auffallend krassen Unterschiede entstehen nicht zufällig. Sie haben tiefe Gründe. Es gibt viele Christen in der Welt, die sind der Meinung, dass das Leid aus der Sünde kommt. Und zwar auch zugespitzt, alles Leid kommt aus der Sünde. Im Großen und Ganzen,

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es mag vielleicht gewisse kleine Ausnahmen geben, aber im Großen und Ganzen entsteht das Leid aus der Sünde. Es gibt viele Christen, auch christliche Multiplikatoren, die zu dieser Auffassung tendieren oder sie voll vertreten. Es gibt auch Christen, die noch einen Schritt weitergehen, habe mehrere, viele kennengelernt, die sagen, letztlich hängen auch sogar die Naturkatastrophen, Tsunami, Vulkane, Krankheiten, Malariaerreger, hängen irgendwie letztlich mit der Sünde des Menschen zusammen. Wenn es auf der Erde überhaupt keine Sünde geben würde, gäbe es auch diese Phänomene nicht. Also diese Behauptung gibt es in der Christenheit. Millionenfach. Diese Behauptung ist so schwerwiegend, sie hat so weitreichende Folgen, dass wir sie sorgfältig überprüfen müssen.

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Entspricht diese Meinung tatsächlich der biblischen Botschaft, wie diese Christen überzeugt sind? Jetzt gibt es eine weitere Beobachtung. Fast alle Christen, die mehr oder weniger stark zu der Meinung tendieren, im Großen und Ganzen kommt alles Leid, irgendwie aus der Sünde, entweder direkt oder indirekt. Fast alle dieser Christen sind auch der Meinung, dass Gott den Menschen unsterblich erschaffen hat. Diese beiden Meinungen hängen ganz tief zusammen. Also so, wie das Leid letztlich irgendwie direkt oder indirekt aus der Sünde stammt, so stammt auch der Tod aus der Sünde. Auch diese Behauptung hat sehr weitreichende Folgen, wenn man dieser Meinung ist. Das hat zum Beispiel Folgen für unser Gottesverständnis,

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Folgen für unser Verständnis der Schöpfung, Folgen für unser Verständnis der Sünde, Folgen für unser Verständnis des Menschen und Folgen für unser Verständnis des Leids. Also es geht hier um sehr viel. Und deswegen müssen wir auch diese Meinung oder diese Behauptung, der Tod sei erst durch die Sünde in die Welt gekommen, ursprünglich habe Gott den Menschen unsterblich erschaffen, diese Meinung, diese Behauptung müssen wir sorgfältig überprüfen, entspricht sie tatsächlich der biblischen Botschaft, wie diese sympathischen Schwestern und Brüder meinen. Die Meinung, dass Gott den Menschen unsterblich erschaffen hat, hat in der Geschichte der Kirche jahrhundertelang dominiert. Diese Meinung entstand schon in der alten Kirche,

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ich werde das nachher genauer sagen, und sie dominiert jahrhundertelang bis in das 19. Jahrhundert, war die katholische und evangelische und freikirchliche Christenheit im weit, weit überwiegender Meinung, Gott habe den Menschen unsterblich erschaffen. Der Tod sei ein Resultat der Sünde. Erst die moderne Bibelwissenschaft, die sich im 19. Jahrhundert langsam durchsetzte, hat diese Fragestellung noch mal völlig neu aufgerollt und auf eine methodisch andere neue Weise noch mal untersucht. Meiner Auffassung nach viel gründlicher als das bisher in der Geschichte der Christenheit der Fall war. Und das Ergebnis dieser neuen wissenschaftlichen Untersuchung dieser Frage war eindeutig. Die These, Gott habe den Menschen unsterblich erschaffen,

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ist unhaltbar. Sie entspricht nicht der biblischen Botschaft. Und deswegen hat sowohl die evangelische Theologie im Laufe des 19. Jahrhunderts als auch die katholische Theologie im Laufe des 20. Jahrhunderts diese These als unhaltbar fallen gelassen. Diese These wird aber heute immer noch in sehr konservativen Kreisen vertreten, die keinen Kontakt zur wissenschaftlichen Theologie haben und deren Ergebnisse und ihre Gründe nicht kennen. Jetzt eine letzte Vorbemerkung. Fragen wir uns einmal, seit wann genau wird diese Meinung eigentlich vertreten? Das hat man wirklich jahrzehntelang untersucht, die Quellentexte gelesen. Und diese Untersuchung führte zu einem eindeutigen Ergebnis. Zum ersten Mal wird diese Auffassung vertreten in einer jüdischen Schrift, die griechisch geschrieben ist

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und so etwa 50 v. Chr. entstanden ist, ungefähr. Man kann es nicht ganz genau sagen. Also sagen wir mal vorsichtig im ersten Jahrhundert v. Chr. Manche sagen im späten ersten Jahrhundert, vielleicht 2030 v. Chr. andere sagen im mittleren ersten Jahrhundert v. Chr. Also wie immer. Diese Schrift heißt das Buch der Weisheit. Und in diesem Buch der Weisheit, auf das ich dann zu sprechen komme, im ersten und zweiten Kapitel des Buches der Weisheit wird diese Auffassung zum ersten Mal klar vertreten. Also im antiken Judentum. Jetzt ist aber bei diesem Buch der Weisheit einiges Wichtige zu bedenken. Das Buch der Weisheit ist in griechischer Sprache

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von jüdischen Autoren geschrieben, vermutlich in Alexandria. Diese Schrift ist als letzte Schrift, als jüngste Schrift in die Septuaginta aufgenommen worden. Die Septuaginta ist die griechische Übersetzung des Alten Testamentes. In den letzten Jahrhunderten v. Chr. lebten mehr Juden außerhalb von Palästina wie innerhalb. Wesentlich mehr. Allein in Alexandrien lebten Hunderttausende von Juden. Es gab Hunderte von Synagogen, allein in der Stadt Alexandria. Alexandria war damals eine Millionenstadt. Es gab in der Antike drei Millionen Städte. Rom, vielleicht zwei Millionen Einwohner, so zur Zeit Jesu. Alexandria, ungefähr eine Million Einwohner. Und Antiochia, auch ungefähr eine Million Einwohner. Das sind die drei größten Städte der Antike. Also in Alexandria, in Ägypten,

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aber es war sehr kosmopolitisch geprägt, sehr hellenistisch geprägt. Da ist diese Schrift entstanden. Und weil die Juden z.B. in Ägypten in der Mehrzahl selber gar nicht mehr hebräisch konnten, für diese Juden war die Muttersprache griechisch. Und deswegen war das Bedürfnis, wir müssen das Alte Testament ins Griechische übersetzen, wir können unsere eigene Bibel nicht mehr lesen. Aus diesem starken Bedürfnis heraus hat man das gesamte Alte Testament ins Griechische übersetzt, die wohl größte Übersetzungsarbeit der Antike. Größten Schriftenumfang, der in der Antike jemals übersetzt wurde. Diese Übersetzungsarbeit der Septuaginta begann ungefähr 250 v. Chr. mit der Thora. Dann aber später die prophetischen Schriften und noch später alle anderen Schriften. Und die Septuaginta ist ungefähr abgeschlossen so 50 v. Chr.

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Und da schlupfte das Buch der Weisheit gerade noch hinein. Das bedeutete aber, für das hellenistische, griechisch sprechende Diaspora-Judentum bestand die Heilige Schrift aus mehr Schriften wie das hebräisch sprechende palästinensische Judentum. Nämlich in der Septuaginta sind sieben Schriften aufgenommen worden, die es in der hebräischen Bibel gar nicht gibt. Luther nennt diese Schriften Apokryphen. Das ist die Schrift Baruch, die Schrift Judith, die Schrift Tobit, die Schrift Buch Weisheit, die Schrift Jesu Sirach und erster und zweiter Maccabeer-Bücher. Das sind also die Apokryphen. Für evangelische Christen sind es die Apokryphen. Aber da gibt's wichtigere Dinge, weil Luther kommt ja erst spät. Für die griechisch sprechenden Juden außerhalb von Palästina

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waren diese sieben Schriften Bestandteil der Heiligen Schrift. Sie war also umfangreicher wie die hebräische Heilige Schrift. Und dann ist sehr wichtig, dass die Christen, die sehr bald in der Mehrzahl griechisch sprachen und nicht mehr hebräisch, die Judenchristen sprachen natürlich hebräisch oder verstanden hebräisch, aber schon nach der Zerstörung des Tempels 70 nach überwogen innerhalb der Kirche immer mehr und immer schneller griechisch sprechende Heiden, Heidenchristen. Und die konnten das Alte Testament auf Hebräisch auch nicht mehr lesen. Sie waren also prinzipiell in der gleichen Lage wie die hellenistisch-griechisch sprechenden Juden der Diaspora. Also die Septuaginta war die Bibel der frühen Christenheit. Sie lasen die Bibel auf Griechisch, das Alte Testament, das Neue dann auch, wenn es dann langsam entstanden ist.

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Aber das Alte Testament gab es ja schon bei den ersten Generationen von Christen. Und sie lasen diese jüdische Heilige Schrift auf Griechisch. Und sehr bald, schon im zweiten Jahrhundert, als die erste lateinische Übersetzung angefertigt wurde, die Vetus Latina, sind diese sieben apokryphen Schriften, so sage ich als evangelischer Christ, also die sieben Schriften der Septuaginta, die griechisch sind, wurden auch ins lateinische übersetzt. Und damit waren auch jetzt für alle lateinisch sprechenden Christen, und das waren bald die meisten, zumindest im westlichen Abendland, war das Buch der Weisheit Bestandteil der Heiligen Schrift. Und als dann im fünften Jahrhundert die Vulgata die offizielle lateinische Übersetzung der Bibel wurde, die weit über 1.000 Jahre bis ins 19. und 20. Jahrhundert die offizielle Bibelübersetzung der katholischen Kirche war, ist das Buch Weisheit, so auch wie Baruch, Sirach,

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Judit, Tobit, 1. und 2. Maccabee, ist Bestandteil der Heiligen Schrift. Also, sowohl die griechisch sprechenden Juden als auch die griechisch sprechenden Christen als auch die lateinisch sprechenden Christen, in diesen Bereichen war das Buch der Weisheit Bestandteil der Heiligen Schrift. Erst Martin Luther, Calvin, Zwingli, die Reformatoren, haben gesagt, nein, wir nehmen wieder die hebräische, das hebräische Alte Testament, und diese sieben Schriften, die nur über das griechische Judentum hineingekommen sind, die nehmen wir wieder raus. Das sind zwar wertvolle Schriften, aber sie sind der Heiligen Schrift nicht gleich zu achten. Auch heute lehrt die katholische durchaus, sie haben diese Schriften. Also, die katholische Kirche hat ein anderes Altes Testament wie die evangelische Kirche. Das wissen viele Christen gar nicht. Im katholischen Alten Testament sind diese Schriften Bestandteil der Heiligen Schrift.

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Aber es gibt eine große Einigkeit heute in der wissenschaftlichen Theologie, dass diese sieben Schriften nicht in jedem Punkt mit den hebräischen Schriften gleich geachtet werden können. Die katholischen Christen zählen sie dazu, wir evangelische Christen nicht, aber wir beachten sie auch sorgfältig. Also, die Unterschiede sind letztlich nicht sehr groß. Ich will damit nur sagen, diese Sätze, in denen die Auffassung, Gott habe den Menschen unsterblich erschaffen und der Tod kam durch die Sünde und den Teufel in die Welt, diese Sätze stehen erstmalig in dem Buch der Weisheit. Und dieses Buch der Weisheit war wahnsinnig bekannt, hatte eine große Wirkung, weil sie Bestandteil der Heiligen Schrift war. Also, so weit die notwendigen Vorbemerkungen. Jetzt möchte ich mal zunächst im Alten Testament die Frage prüfen, entspricht das der biblischen Botschaft,

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diese These, Gott hat den Menschen unsterblich erschaffen. Da will ich so vorgehen, dass ich zunächst einmal die Erzählung von Adam und Eva noch mal auf diese Frage jetzt speziell untersuche und dann das gesamte übrige Alte Testament, dann einen Blick in dieses Buch der Weisheit werfe und dann aber das Neue Testament natürlich auch befrage. Und dann haben wir die wichtigsten Quellen so beachtet. Also, ich prüfe jetzt mal, entspricht diese These der Botschaft des Alten Testaments, der Botschaft der hebräischen jüdischen Bibel. Und da schauen wir als Erstes in Genesis 2 bis 3 die Erzählung von Adam und Eva. Die Erzählung von Adam und Eva hat einen ziemlich klaren Spannungsbogen. Erreicht von der Erschaffung des Menschen, Genesis 2,7, da formte Jahwe Elohim den Menschen aus Staub von der Erde

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und hauchte ihm den Atem des Lebens in die Nase. So wurde der Mensch eine lebendige Nefesh. Das ist die Erschaffung des Menschen. Und da geht der Spannungsbogen bis Genesis 3,19, nämlich Gottes Rede über den Tod des Menschen. "...bis du zur Erde zurückkehren wirst, von der du genommen bist. Denn Staub bist du, und zum Staub wirst du zurückkehren." Bis dorthin geht dieser Spannungsbogen. Da sind die Substantive Staub und Erde wieder da, die ja bei der Erschaffung des Menschen erformte den Menschen aus Staub von der Erde. Also diese beiden Substantive tauchen wirklich wieder auf. Und damit ist klar, Genesis 3,19, Tod des Menschen, am Ende dieser Erzählung, bezieht sich sehr klar auf Genesis 2,7, Erschaffung des Menschen, zurück.

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Das heißt, die Frage, hat Gott, hat der Erzähler in seiner Erzählabsicht die Überzeugung gehabt, dass Gott den Menschen unsterblich erschaffen hat, diese Frage kann man an Genesis 3,19 prüfen. Und Genesis 3,19 heißt, "...bis du zur Erde zurückkehrst, von der du genommen bist. Denn Staub bist du, und zum Staub wirst du wieder zurückkehren." Hier wird ja der Tod begründet mit denn. Denn du bist von der Erde genommen, entscheidend ist, von was du genommen bist. Das ist entscheidend. Du bist von etwas irdischem genommen, also wie alles andere irdische bist du, wirst du sterben. Bist du also vergänglich. Und dann wird ausdrücklich außerdem noch betont, denn Staub bist du, und zum Staub sollst du zurückkehren. Bei dieser wichtigen Begründung am Ende der Erzählung spielt die Sünde, der Griff nach der Frucht keine Rolle.

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Es heißt also in diesem Vers nicht, denn vom Baum der Erkenntnis hast du genommen. Jetzt muss man folgende Frage noch prüfen. Viele sagen, ja, also der erste Schritt in der Erschaffung des Menschen, da formte Jahwe Elohim den Menschen von Staub von der Erde. Ganz klar, dieser erste Schritt, da ist noch alles im Rahmen der Vergänglichkeit. Aber dann kommt ja der zweite Schritt. Er hauchte ihm den Atem des Lebens ein. Dadurch wurde er unsterblich. Also nicht durch das irdische Material, das unterliegt der Sterblichkeit, aber Gott haucht ja ihm den Atem des Lebens ein. Jetzt gehen wir aber mal zu Genesis 3, 19. Da heißt es nicht, also es heißt, denn Staub bist du, und zu Staub sollst du wieder werben. Der Atem kommt hier gar nicht vor. Es heißt nicht, denn Atem bist du, und zu...

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Was, zu Atem sollst du wieder... Geht ja nicht, gell? Das heißt, Staub und Erde, also dieses Material, gehören in einem anderen, tieferen Sinn zur Identität des Menschen wie der Atem. Der Atem wird nicht zum Bestandteil seiner Identität, zu seiner Ausstattung, sondern der Atem wird ihm gegeben und wird ihm auch wieder genommen. Also der Atem kommt in 3, 19 nicht mehr vor, obwohl er doch in 3, 17 steht. Und deswegen ist es sehr... Kann man das nicht machen, dass man sagt, Genesis 2, 7, die Erschaffung des Menschen, ist von dem Erzähler wohl so gedacht, dass der Mensch unsterblich ist, weil Gott hat ihm ja den Atem des Lebens eingegeben. Es gibt übrigens noch weitere Stellen im Alten Testament, die wir jetzt gleich hören werden, von Julia. Und da wird auch klargestellt, dass der Atem etwas ist, was der Mensch nur für eine befristete Zeit von Gott zu tun hat.

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Und das Gott bekommen hat und es Gott auch wieder zurücknehmen wird. Wenn du dein Angesicht verbirgst, erschrecken die Menschen. Nimmst du ihren Atem weg, sterben sie und werden wieder zu Staub. Psalm 104, Vers 29. Fährt sein Atem aus, dann kehrt der Mensch wieder zur Erde zurück, und alsbald ist es aus mit ihm. Psalm 146, Vers 4. Der Staub wird wieder zur Erde, wie gewesen. Der Atem aber kehrt zu Gott zurück, der ihn gegeben hat. Prediger 12, Vers 7. Gut, Julia, bleib mal da, stehen wir mal schön beide drin. Lies mal den Psalm 104 noch einmal vor, denn es ist das erste Zitat. Ja. Wenn du dein Angesicht verbirgst, erschrecken die Menschen. Nimmst du ihren Atem weg, sterben sie und werden wieder zu Staub. Ja. Also dieses Zitat beginnt, wenn du dein Angesicht verbirgst,

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das ist der verborgene Gott. Gott ist auch ein verborgener Gott, er verbirgt manchmal sein Angesicht. Dann erschrecken die Menschen. Jetzt könnte man sich denken, das steht in einem Buß-Psalm oder in einem Klagelied. Nein, aber Psalm 104 ist ein Hymnus auf die Schöpfung. Es ist ein Loblied auf die Schöpfung. Buß-Psalmen, Klagelieder haben mit der Sünde zu tun, Hymnen auf die Schöpfung nicht. Also in diesem Loblied auf die Schöpfung heißt es, wenn du dein Angesicht verbirgst. Also Gott verbirgt auch in seiner guten Schöpfung manchmal sein Angesicht. Und dann erschrecken die Leute in der Schöpfung. Und wie geht der zweite Satz? Erschrecken die Leute und dann weiter.

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Nimmst du ihren Atem hinweg, sterben sie und werden wieder zu Staub. Also das ist eine Aussage eines Schöpfungs-Psalms. Hat also nichts mit der Sünde zu tun. Auch das zweite Zitat, bleib mal noch da, Julia, auch das zweite Zitat ist ein Loblied auf die Schöpfung. Fährt sein Atem aus, dann kehrt der Mensch wieder zur Erde zurück und alsbald ist es aus mit ihm. Also, danke schön, Julia. Also zur guten Schöpfung Gottes gehört, alsbald ist es aus mit ihm. Das steht in einem Schöpfungs-Psalm. Gut, also diese Aussagen verstärken diese Beobachtung aus Genesis 3,19. Staub und Erde wird wörtlich aufgegriffen. Und das ist die Begründung für den Tod. Der Atem gehört nicht so zum Eigentum des Menschen, wie das Material, von dem er genommen ist. Und deswegen hebt diese Einhauchung die Sterblichkeit nicht auf,

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weil dieser Atem ist nur für eine befristete Zeit. Jetzt, Julia, bleib in der Nähe, gell? Jetzt kommt eine zweite Beobachtung zur Erzählung von Adam und Eva. In der Erzählung von Adam und Eva werden ja die Folgen der Sünde vollständig aufgelistet, soweit der Erzähler meint, dass sie wichtig sind. Nämlich in den Tat-Folgesprüchen zur Frau und zum Mann. Also, Julia, lies mal, ich glaub, 16 bis 19 ist es. Zur Frau sprach er, ich werde dir viel Beschwerden machen mit deiner Schwangerschaft. Mit Schmerzen wirst du Kinder gebären, nach deinem Mann wirst du verlangen, er aber wird dein Herr sein. Und zu Adam sprach er, weil du auf die Stimme deiner Frau gehört hast und von dem Baum gegessen hast, von dem ich dir gebot, du sollst nicht von ihm essen, ist die Erde um deinen Willen verflucht. Mit Mühe wirst du dich von ihr ernähren dein Leben lang.

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Dornen und Disteln wird sie dir tragen und du wirst das Kraut des Feldes essen. Im Schweiß deines Angesichts wirst du dein Brot essen, bis du zur Erde zurückkehrst, denn von ihr bist du genommen. Also, bis zu diesem Satz werden ja die Folgen der Sünde aufgelistet. Ganz bewusst. Da gehört aber der Tod gerade nicht dazu, nämlich der Tod kommt, zur Erde wirst du zurückkehren, denn von ihr bist du genommen. Also, das ist die Begründung für den Tod. Aber die Sündenfolgen sind eine schwere Beeinträchtigung des Lebens, das sind die Folgen der Sünde, eine schwere Beeinträchtigung im Dasein der Frau und eine schwere Beeinträchtigung im Dasein des Mannes. Und das gilt gerade nicht für den Tod, denn es heißt dein Leben lang. Dein Leben lang. Also, die Folgen der Sünde werden ja hier beschrieben. Deswegen können wir nicht irgendwelche anderen Folgen der Sünde behaupten.

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Und die Folgen der Sünde beziehen sich gerade nicht auf den Tod, sondern auf die langfristige schwere Beeinträchtigung des Lebens. Dein Leben lang. Dann gibt's noch einen dritten Gesichtspunkt in der Erzählung von Adam und Eva, das ist dieses Verbot. In 1. Mose 2, Vers 17, also von allen Bäumen im Garten darfst du essen, aber von den einen Baum mitten im Garten sollst du nicht essen, denn an dem Tag, an dem du von ihm isst, wirst du sterben. Dieses Wort Sterben setzt ja die Sterblichkeit schon voraus. Nur sterbliche Wesen können sterben. Es gibt ja das Wort Sterblich im Hebräischen, kommt auch im Alten Testament an einigen Stellen vor, das steht hier gerade nicht. Also, wenn es nur heißt Sterben, dann ist Adam bereits sterblich. Wenn der Erzähler oder die Erzählgemeinschaft die Erschaffung des Menschen tatsächlich so gemeint haben sollten,

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dass Adam ursprünglich unsterblich war, dann müssten sie jetzt an dieser Stelle etwas völlig Neues feststellen, dass die Unsterblichkeit aufhört und jetzt die Sterblichkeit beginnt. Das wäre ja was vollkommen Wichtig Neues. Und dann müsste dieses Verbot heißen, denn an dem Tag, an dem du davon isst, wirst du sterblich. Da hört deine Unsterblichkeit auf. Oder da ist das Gift des Todes in dir drin. So ähnlich schreibt es dann das Buch der Weisheit. So müsste man das schreiben. Außerdem kommt noch eine weitere Beobachtung dazu. Diese Formel Hayom-Haseh, an dem Tag, an dem du, ist die klassische Formulierung für die Todesstrafe in Israel. Diese Formulierung Hayom-Haseh kommt bei dem Tag,

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an dem du, in der Tora, die mit einer Todesstrafe belegt werden, öfters vor. Jeder Israelit zur Zeit dieser Erzählung kennt diese Formel. Denn sie ist bekannt in Israel. Es ist die Formel, mit der eine Todesstrafe angedroht wird. Aber eine Todesstrafe setzt die Sterblichkeit der Menschen voraus. Man kann ja keine Todesstrafe verhängen über unsterbliche Menschen. Und wenn hier die klassische, allgemein bekannte Formel der Todesstrafe verwendet wird, dann werden auch die Leser das dementsprechend verstehen. Es setzt die Sterblichkeit voraus. Also diese drei Gründe, alle drei verstärken sich gegenseitig. Und diese haben ein starkes Gewicht. Jetzt will ich bei der Erzählung von Adam und Eva zwei Gründe nennen, die von Christen weltweit immer wieder herangezogen werden für die Begründung, dass die Erschaffung des Menschen

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doch unsterblich war. In der Regel werden diese drei Gründe, die ich jetzt behandelt habe, nicht richtig berücksichtigt. Entweder gar nicht oder irgendwie weggewischt. Und dann werden diese zwei Gründe, die ich jetzt nenne, ganz stark nach vorne gebracht. Der eine Grund ist aus Genesis 1, aus der ersten Schöpfungserzählung. Da heißt es, wir wollen Menschen machen, ein Bild, das uns ähnlich ist. Also die Gottes Ebenbildlichkeit. Gott ist doch unsterblich, dann sind seine Ebenbilder auch. Wenn die Menschen Ebenbilder Gottes sind, dann sind sie auch unsterblich. Das ist aber völlig daneben, weil Ebenbildlichkeit hat nichts mit Unsterblichkeit zu tun. Ebenbildlichkeit Gottes meint keine Wesensverwandtschaft. Dass man daraus eine Unsterblichkeit ableiten könnte. Dieser Begriff Ebenbildlichkeit ist auch sehr lange falsch verstanden worden,

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als ob wir Gott ähnlich aussehen oder sonst irgendwie. Das würde ja schon dem Bilderverbot widersprechen. Du sollst dir von Gott kein Bild machen. Gott hat ja keine menschliche Gestalt. Nein, ich hab's ja schon mal gesagt, man weiß seit einigen Jahrzehnten, dieses Bild ist ein dreidimensionales Bild. Dafür sagt man im Hebräischen auch Bild. Also Bild wie auch in der modernen Kunst. Bildliche Kunst, da gehört auch Architektur und Statien, da gehört alles dazu, nicht nur Bilder im klassischen Sinn. So ähnlich war's schon im Hebräischen. Es ist hier ein dreidimensionales Bild gemeint. Und gemeint ist, wir sind Stellvertreter Gottes. Wir sollen die Schöpfung so behüten und bewahren, wie es Gottes Willen entspricht. Und wenn wir in diesem Sinne Stellvertreter Gottes sind, dann sind wir sein Ebenbild. Also das Ebenbildliche bezieht sich auf den nächsten Satz, macht euch die Erde nicht untertan im autoritären Sinn,

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sondern sorgt für die Erde in meinem Geist und Willen. Diese Sorgen, das ist mit Ebenbild gemeint, aber nicht eine Ähnlichkeit mit Gott. Also das ist ein völlig... Das ist ein schweres Missverständnis. Und dann wird noch hingewiesen auf die allerletzten Verse, die ich jetzt leider nicht behandeln konnte, ich bin nicht ganz so weit gekommen. Da heißt es, Gott sagt in Genesis 3, 22 bis 24, siehe, der Mensch ist geworden wie unser Einer und erkennt Gutes und Schlechtes. Und jetzt, dass er ja nicht auch noch vom Baum des Lebens esse und ewig lebe, vertreibt er ihn aus dem Garten. Leider sind wir zu diesem Vers nicht gekommen, aber so ist Leben, das Leben ist Fragment, ist eben so. Vielleicht mal bei anderer Gelegenheit. Jetzt argumentieren diese Christen so, also, der Adam war unsterblich erschaffen,

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er hat durch den Sündenfall, durch den Tod seine Unsterblichkeit verloren. Und jetzt will Gott verhindern, dass er durch den Griff nach dem Baum des Lebens seine alte Unsterblichkeit wieder gewinnt. Das ist aber eine völlige Fehlinterpretation. Denn ewiges Leben ist was völlig anderes wie Unsterblichkeit. Übrigens, den Begriff Unsterblichkeit gibt es im ganzen Alten Testament nicht, den gibt es im Hebräischen gar nicht. Das ist ein rein griechischer Begriff. Aber ewiges Leben meint was ganz anderes. Unsterblichkeit, wie diese Christen es meinen, wäre ja ein unsterbliches Leben auf dieser Erde. Also unter irdischen Bedingungen, unter den Bedingungen von Zeit und Raum ein unsterbliches Leben. Das meinen ja nicht mal die Griechen. Die Griechen meinen ja mit Unsterblichkeit der Seele nach dem Tod. Der Körper ist sterblich, aber die Seele ist unsterblich.

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Der Tod kann der Seele nichts anhaben, und die Seele wird dann im Tod frei. Der Seele wird dann im Tod frei vom Körper. Und es ist aber alles nach dem Tod. Aber wenn Genesis 2 Unsterblichkeit meint, dann würde Adam in diesem irdischen Leben vor dem Tod unsterblich sein unter den Bedingungen von Zeit und Raum. Also ein unsterbliches Leben unter irdischen Bedingungen. Ewiges Leben meint aber was ganz anderes, nämlich himmlisches Leben. Ewiges Leben unterliegt nicht Zeit und Raum. Gott ist der Einzige, der Ewige. Mit dem Wort ewiges Leben bezeichnet das Alte Testament die Überlegenheit des Schöpfers über die Schöpfung. Gott, der Schöpfer allein, hat ewiges Leben, und das unterliegt nicht Zeit und Raum. Engel sind auch unterliegen nicht der Vergänglichkeit, aber sind himmlische Wesen.

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Adam aber würde unter irdischen Bedingungen, unter Zeit und Raum unsterblich leben. Also ewiges Leben ist kategorial ein nicht-irdisches Leben, ist ein himmlisches Leben, ein göttliches Leben. Gut, also jetzt schließe ich mal diese Argumentation ab. Jetzt schauen wir mal ins ganze übrige Alte Testament. Da gibt es sechs wichtige Gesichtszwungte. Ich möchte wenigstens mal alle sechs nennen, damit eine gewisse Gründlichkeit ins Spiel kommt. Das gesamte Alte Testament geht davon aus, dass Gott den Menschen sterblich erschaffen hat. Diese Aussage, jetzt gehe ich also weg von der Erzählung von Adam und Eva, diese Aussage findet sich vor allem in Psalmen und in der weisheitlichen Literatur, Sprüche hier, Prediger und Psalmen. In diesem Bereich, weisheitliche Literatur des Alten Testaments,

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wird sehr häufig darauf hingewiesen, dass der Mensch eine kurze, befristete Zeit nur lebt und dass der Schöpfer das so gemacht hat. Julia wird euch mal so einige Sätze dieser weisheitlichen Literatur vorlesen. Siehe, nur eine Hand breit hast du unsere Tage gemacht, und meine Lebenszeit ist wie nichts vor dir. Ja, nur ein Hauch ist alles, was Mensch heißt. Nur wie ein Schatten geht der Mensch einher. Psalm 39, 6 bis 7. Wie vergänglich hast du alle Menschen erschaffen. Psalm 90, Vers 3. Denn er weiß, was für Geschöpfe wir sind. Er denkt daran, dass wir alle Menschen sind. Denn er weiß, was für Geschöpfe wir sind. Er denkt daran, dass wir Staub sind. Die Tage des Menschen sind wie Gras. Es blüht wie die Blume auf dem Feld. Wenn der Sommerwind darüber weht, ist sie dahin, und ihre Stätte weiß nichts mehr von ihr. Psalm 103, 14 bis 16.

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Wenn doch des Menschen Tage bestimmt sind und die Zahl seiner Monde bei dir beschlossen und sein Ziel gesetzt ist, dass er es nicht überschreitet. Hierob 14, Vers 5. Ich weiß es ja, du bringst mich in den Tod, in das Haus, wo alle Lebendigen sich sammeln. Hierob 30, Vers 23. Alles kam vom Staub und alles kehrt zum Staub zurück. Prediger 3, Vers 20. Wenn diese Menschen sterben, wie alle Menschen sterben. Numerie 16, 29. Gut, danke schön. Also, aus diesen Stellen geht klar hervor, Gott selber hat die Tage des Menschen wie eine Handbreit gemacht. In einer Stelle, Psalm 90, Vers 3, heißt es eigentlich ja klipp und klar, du hast alle Menschen sterblich erschaffen. Also klar geht's eigentlich nicht mehr. Gut, also das gesamte Alte Testament lehrt, vor allem in den weisheitlichen Schriften,

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Gott hat dem Menschen eine befristete Zeit gegeben. Das entspricht Gottes gutem Schöpferwillen. Dann ein zweiter Gesichtspunkt. Wenn der Tod aus der Sünde käme, warum sterben dann Tiere? Tiere sind keine Sünder. Werden dann die Tiere in die Sünde des Menschen mit hineingezogen? Darüber steht keine Aussage im Alten Testament. In vielen Stellen, ich verzichte jetzt mal drauf, dass Julia sie vorliest, in vielen Stellen, auch gerade in den weisheitlichen Schriften, wird das Schicksal des Menschen und das Schicksal der Tiere so eng miteinander verbunden. Sie haben das gleiche Schicksal, sie unterliegen miteinander der Vergänglichkeit. Gut, es ist also ein zweiter Gesichtspunkt. Auch die Tiere sterben, und die Tiere sind keine Sünder. Ein dritter Gesichtspunkt ist... Es wird immer wieder im Alten Testament gesagt, dass Menschen, und zwar gesegnete Menschen, Abraham, Isaac, David, Hiob,

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lebenssatt sterben. Von Jakob heißt es sogar, er starb gern. Solche Wendungen könnten nicht entstehen, wenn die Schreiber der Überzeugung gewesen wären, die Sünde kommt ausschließlich durch den Tod. Denn in diesen Formulierungen, sie starben alt und lebenssatt, da ist der Tod eine Wohltat. Er ist ein Abschluss, ein natürlicher Abschluss eines gesegneten Lebens. Also auch diese Formulierungen lebenssatt rücken den Tod in die Schöpfungsordnung. Dann gibt es ein Gebot von Gott in Genesis 1, seid fruchtbar und mehret euch. Was daraus wohl geworden wäre, wenn der Mensch unsterblich erschaffen worden wäre?

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Was hätte das für eine Überbevölkerung gegeben? Man müsste ja dann geradezu froh sein, dass es zum Sündenfall gekommen ist, weil sonst wäre es eine Katastrophe geworden. Oder man müsste behaupten, dass bei diesem Schöpfungsauftrag, der ja noch gar nicht mit der Sünde zusammenhängt, dass Gott dann irgendwie schon... Ach so, das wird ja sowieso nicht so kommen, aber so geht es ja nicht, das ist wilde Exegese. Der Schöpfungsauftrag setzt indirekt klar voraus, der Auftrag, seid fruchtbar und mehret euch, setzt von seiner inneren Aussagekraft relativ klar voraus, dass die Menschen sterblich erschaffen sind. Alle Lebewesen, die sich vermehren, sind auch sterblich. Also im Übrigen kann man außerdem feststellen, dass im ganzen Alten Testament die Vorstellung eines unsterblichen Menschen

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dem Alten Testament grundsätzlich fremd ist. Im hebräischen Vokabular gibt es das Wort unsterblich gar nicht. Es erscheint zum ersten Mal in den griechisch geschriebenen Schriften der Septuaginta, in den Apokryphen. Da erscheint es zum ersten Mal. Und dieses Wort Unsterblichkeit in... oder Unsterblich oder Unsterblichkeit in den griechisch geschriebenen Schriften des antiken Diaspora-Judentums, diese Schriften sind deutlich vom griechischen Unsterblichkeitsdenken beeinflusst, nämlich der Unsterblichkeit der Seele. Aber diesen Gedanken gibt's im Alten Testament gar nicht. Und er ist verbunden in der griechischen Philosophie, im Hellenismus, mit einer Abwertung des Körperlichen. Das Körperliche ist minderwertig, das Seelische, nicht Materielle, war mir ja schon mal, ist das Höherwertige.

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Und diese Leibverachtung, diese Abwertung des Körperlichen ist im Alten Testament völlig fremd. Es gibt noch einen weiteren, einen sechsten Gesichtspunkt. Der ist aber sehr wichtig, Julia, vielen Dank. Nach alttestamentlichem Menschenverständnis ist das menschliche Leben nicht einfach eine zeitliche Strecke, die man sozusagen dann auch beliebig verlängern könnte. Sondern das menschliche Leben ist ein Bogen, er hat eine Gestalt. Es gibt die Jugendzeit, dann kommt die Blüte der Jahre und dann kommt das Alter. Das ganze Alte Testament kennt nur ein solches menschliches Leben. Wie lange würde bei einem unsterblichen Menschen die Jugendzeit dauern? Wann käme er in die Blüte der Jahre? Und ab wann würde ein unsterblicher Mensch altern? Oder altert ein unsterblicher Mensch nicht?

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Ich meine, die Vampire altern nicht. In den Vampirromanen und Vampirfilmen hat man das so gelöst, Vampire sind unsterblich, aber die bleiben immer in dem Alter, in dem sie Vampir geworden sind. Aber das wollen wir mal nicht in die Bibel reinfrisieren. Also, wenn bei der Vorstellung eines unsterblichen Menschen unter irdischen Bedingungen von Zeit und Raum, wie altert ein unsterblicher Mensch? Oder wollen die Christen sagen, dass schon das Altern Ausdruck der Sünde ist? Boah, und wird ein unsterblicher Mensch krank, ist dann auch die Krankheit vielleicht schon Ausdruck der Sünde? Und wenn Altern nicht Ausdruck der Sünde ist und ein unsterblicher Mensch altert, ja, dann kommt er doch dem Tod immer näher. Man kann doch nicht altern und nicht dem Tod näherkommen.

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Also, diese ganz wasserdicht, zahllos begründete Vorstellung, das menschliche Leben hat eine Gestalt, durchläuft einen Bogen, kann man nicht auf den Gedanken der Unsterblichkeit anwenden. Tun die Griechen ja auch gar nicht, bei denen geht's ja immer um die Unsterblichkeit der Seele nach dem Tod. Ja, dann ist das wieder kein Problem. Aber die Vorstellung einer Unsterblichkeit eines Lebewesens, eines irdischen Lebewesens, unter den Bedingungen von Zeit und Raum, widerspricht grundsätzlich der biblischen Vorstellung eines menschlichen Lebens. Das sind die Argumente aus dem Alten Testament. Die verstärken sich alle gegenseitig. Und das Ergebnis ist breit seriös und stark biblisch begründet. Jetzt gehen wir mal in das antike Judentum. Also, wir gehen jetzt mal so in die Zeit 180 v. Chr.

45:06
und in die Zeit des Christus, da fangen wir mal an. In dieser Zeit ist das Buch Jesu Sirach geschrieben, ungefähr im Jahr 180, man kann es relativ gut datieren, sehr wahrscheinlich in Jerusalem. In diesem apokryphen Buch oder in diesem Buch, das in der Septuaginta neu aufgenommen wurde, es gibt es gar nicht in der hebräischen Bibel, da kommt zum ersten Mal ein Kommentar zur Erzählung von Adam und Eva. Das ist in der Zeit, die ich hier im Moment, werde ich morgen auch zu sprechen kommen, in einem anderen Zusammenhang. Sehr verblüffend, äußerst verblüffend, ist, dass die Geschichte vom Sündenfall und die Geschichte von Adam und Eva im gesamten Alten Testament nie wieder zitiert werden. Man spielt nie wieder drauf an. Von David spricht man doch hundertfach, von Abraham, von Moses und sonst wie,

46:03
wird doch ständig geredet. Aber nie wieder wird irgendwas gesagt über die Erzählung von Adam und Eva. Sie wird nie wieder zitiert, der Sündenfall, da wird nie drauf angesprochen, dass man von dem ausgeht und irgendwelche Folgerungen sieht. Das heißt, das Alte Testament selber weiß sehr genau, dass das keine normale Geschichte ist wie sonst eine Geschichte. Die Erzählung von Adam und Eva wird nie wieder kommentiert, niemals zitiert und es wird nicht mal indirekt irgendwo im hebräischen Alten Testament auf diese Geschichte Bezug genommen. Das ist aber nun wirklich ein Big Point. Die erste Reaktion, die erste Stellungnahme auf diese Erzählung erfolgt im Buch Sirach. Es gibt keine Ältere. Im gesamten Judentum nicht. Also, im Buch Sirach heißt es zunächst mal relativ weit vorne,

47:05
so wie im Alten Testament wird da über den Tod des Menschen gesprochen. Julia, hast du die Stelle? Oh, bist du gut. Zitier sie mal. Der Herr schuf den Menschen aus Erde und lässt ihn wieder zur Erde zurückkehren. Er gab ihm gezählte Tage und befristete Zeit. Sirach 17, eins bis zwei. Das ist also Sirach, bleib mal da, Julia. Das ist, wo kommen die nächsten zwei aus Sirach? Also, das ist klassisches Altes Testament. Gott gab dem Menschen befristete Zeit, Staub und so weiter. Aber jetzt in dieser Schrift kommen eigenartig neue Töne, die es im Alten Testament nicht gibt. Das ist jetzt die erste Stelle in der Weltgeschichte, wo die Erzählung von Adam und Eva irgendwie kommentiert wird. An der ersten Stelle klassisch, aber jetzt merkwürdig, nämlich hier kommt ein Satz über Eva.

48:01
Der ist merkwürdig. Aus einer Frau kommt der Anfang der Sünde. Um ihret Willen sterben wir alle. Sirach 25, 24. Ja, so einen Satz gibt es nirgendwo im Alten Testament. Und jetzt kommt noch ein Zitat. Und dann beginnt in dieser Schrift Sirach, eine merkwürdige Verherrlichung Adams. Er wird jetzt, er wird mit Glorionen umgeben. Nichts dergleichen gibt es irgendwo im Alten Testament. Aber diese Entwicklung, dass Adam glorifiziert wird, hat enorme Folgen, bis übrigens in den Islam, wo diese Adam-Verherrlichung eine große Rolle spielt. Sie taucht hier zum ersten Mal auf. Seem, Set und Enos standen in Ehren, aber Adam übertrifft alle Lebewesen an Herrlichkeit. Sirach 49, Vers 16. Ja, so weit. Und dieser Ansatzpunkt, Adam übertrifft alle Lebewesen an Herrlichkeit, steht nirgendwo im Alten Testament.

49:03
Das wird immer stärker ausgebaut. Und zwar jetzt, ungefähr ab 180, beginnen auch die apokalyptischen Schriften im Judentum. Jesu Sirach ist noch keine apokalyptische Schrift, aber ungefähr zur gleichen Zeit beginnen die ersten apokalyptischen Schriften. Sie gehen vor allem so bis 100, 150 nach Christus. Also so 150 vor, bis 150 nach, das ist die blühende Zeit der Apokalyptik. Und in der Apokalyptik wird Adam ein König auf Erden. Er wird ein Engel. Und da wird schon indirekt jetzt seine Unsterblichkeit, behauptet ja, aber Engel leben ja unter himmlischen Bedingungen. Ein Engel lebt ja nie länger auf Erden. Ein Engel kommt, verrichtet seine Botschaft, und dann ist er wieder weg. Nirgendwo in der Bibel steht, dass ein Engel drei Monate lang auf der Erde war. Aber Adam ist ja noch viel länger auf der Erde. Wie lebt ein Engel auf der Erde? Das ist wieder diese Vermischung des Ewigen und des Irrtischen.

50:02
Das Ewige ist nicht irdisch. Engel sind ewig, aber nicht irdisch. Wie kann dann Adam ein Engel sein, aber das wird alles jetzt in der Apokalyptik vermischt. Und jetzt kommt der große Augenblick in dem Buch der Weisheit gleich ganz am Anfang. Weisheit 1, 3 bis 6. Also gleich zu Beginn hören Sie jetzt mal die Sätze, die Millionen Christen heute noch vertreten. Hier kommen Sie zum ersten Mal. Denn Gott hat den Tod nicht erschaffen. Er freut sich auch nicht am Untergang der Lebenden. Sondern zum Sein hat er alles ins Leben gerufen. Und heilbringend sind die Werke der Schöpfung. Kein Gift des Verderbens ist in ihnen. Und die Unterwelt hat kein Herrschaftsrecht auf der Erde. Die Gerechtigkeit ist unsterblich. Die Ungerechtigkeit schafft sich den Tod. Und die Gerechtigkeit ist die Verzweiflung. Und die Gerechtigkeit ist die Verzweiflung.

51:02
Und die Ungerechtigkeit schafft sich den Tod. Die Gottlosen rufen ihn herbei mit Wort und Tat. Ja, sie haben einen Bund mit ihm geschlossen. Denn sie verdienen es, ihm als Eigentum zu verfallen. Bleib mal in der Nähe. Ich brauch dich gleich noch mal, weil kommt nachher noch mal ein Zitat. Also das ist die Geburtsstunde dieser Überzeugung, wo viele Christen überzeugt sind, wenn wir die aufgeben, dann beginnt die liberale Theologie. Das ist auch wirklich tragisch. An diesem Text hier fällt vor allem auf die Abneigung gegenüber den Gottlosen. Die Gottlosen, die verdienen das. Hier ist nicht nur eine Abneigung gegenüber der Gottlosigkeit, sondern gegenüber den Gottlosen. Die findet man auch heute noch ähnlich bei diesen Überzeugungen. Diese Abneigung gegenüber den Gottlosen lässt sich mit der Nächstenliebe zu allen Menschen kaum verbinden.

52:04
Und in diesem Buch der Weisheit geht's im zweiten Kapitel gleich noch mal drauf los, in mancher Hinsicht noch stärker. Weisheit 2, 23 bis 24. Denn Gott hat den Menschen zur Unvergänglichkeit erschaffen und ihn zum Abbild seines eigenen Wesens gemacht. Aber durch den Neid des Teufels kam der Tod in die Welt. Und das erfahren ihn alle, die ihm angehören. Gut, danke schön. Hier ist übrigens auch die erste Verbindung überhaupt zwischen der Behauptung der Unvergänglichkeit und mit dem Argument Ebenbild, hier Abbild, ist aber das Gleiche, dass man mit dem Abbild Gottes argumentiert. Und jetzt kommt auch der Teufel klar ins Spiel. Also, diese beiden Sätze stehen für griechisch sprechende Juden, für griechisch sprechende Christen und für lateinisch sprechende Christen in der Heiligen Schrift.

53:07
Und deswegen entfalten sie eine ungeheure Bedeutung. Weil man kann ja sagen, es steht in der Bibel. Also nicht in der evangelischen Bibel, aber in der katholischen und auch in der griechisch-orthodoxen Bibel. Auch die griechisch-orthodoxe Kirche hat bis heute die Septuaginta. Ist natürlich für Griechen schön, wenn sie die Bibel auf Griechisch lesen können. Und dann stehen diese Sätze in der Bibel. Trotzdem hätte man sie vergleichen müssen mit dem Alten Testament. Und es hätte auffallen müssen, dass sie dem Alten Testament nicht entsprechen. Und durch diese Sätze, das Buch der Weisheit wurde sehr beliebt, sehr bekannt, es gehörte zu den beliebtesten Schriften der Alten Kirche. Und von jetzt an, schon im dritten, vierten, fünften Jahrhundert, hat die Mehrzahl der Christenheit die These dieser beiden Sätze vertreten. Bis ins 19. und 20. Jahrhundert.

54:00
In der Theologie der großen Kirchen ist es aufgegeben worden. Aufgrund der Argumente und die restlichen, sag ich jetzt noch, die wichtigen aus dem Neuen Testament. Aber es gibt eben Kreise, die nicht wissen, dass sie von diesen Sätzen her inspiriert sind. Gut, jetzt gehen wir mal zum Neuen Testament. Im Neuen Testament will ich mal zunächst einen ganz grundsätzlichen Satz zitieren aus Hebräer 9. Weil der ist sehr programmatisch grundsätzlich formuliert. Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben. Und danach das Gericht. Dieser Passiv, es ist gesetzt, ist im Hebräischen und Griechischen das Passivum Divinum. Das ist eine Redeweise, um mein Gott hat gesetzt. Genauso gibt es so Passiv, es ist dir gesagt, oh Mensch. Das ist das gleiche Passiv, gemeint ist, Gott hat dir gesagt.

55:02
Solche Setzungen, die können nur vom Schöpfer kommen. Die Sünde kann zerstören, die Sünde kann das Leben schwer beschädigen. Aber die Sünde kann nicht setzen. Also dieser Satz entspricht vollkommen dem Alten Testament und dem gesamten Neuen Testament. Gott, nicht die Sünde. Gott hat dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben. Dann zweitens, Julia, du liest immer schön mit, gell? Zweitens, im Neuen Testament, also in der Urchristenheit, entsteht eine völlig neue Redewendung, die es noch nie auf der Welt gegeben hat. Nirgendwo im Judentum, nirgendwo im Alten Testament. Eine ganz neue Redeweise. Sie ist spezifisch christlich. Nämlich der Tod ist ein Entschlafen. Diese Ausdrücke kommen vor im Johannesevangelium. Martha Maria Lazarus ist entschlafen.

56:06
Kommen vor in der Apostelgeschichte, im Korintherbrief. Also sie kommen mehrfach vor. Mit dieser Formulierung wird der Tod mit einem Einschlafen verglichen. Und das ist ja nun wirklich ein Vorgang der guten Schöpfung. Diese Redeweise hätte niemals entstehen können, wenn man den Tod ausschließlich aus der Sünde ableitet. Beide Redewendungen, die im Alten Testament, man stirbt alt und lebenssatt, Jakob stirbt gern, und wenn wir sterben, dann schlafen wir ein. Das sind Redewendungen, die uns trösten wollen und sagen, du kannst den Tod annehmen. Wir können, auch ob Christen oder nicht Christen, wir können den Tod annehmen, wir können ihn akzeptieren.

57:00
Aber die Sünde können wir nicht annehmen. Die können wir nicht akzeptieren. Wenn wir den Tod annehmen können, als lebenssatt und einschlafen, dann kann der Tod niemals allein von der Sünde kommen. Jetzt gehen wir mal zu Paulus, der jetzt eine ganz große Stelle bei diesen Christen spielt, Rolle. Nämlich Paulus sagt in Römer 5, der Tod ist der Sündesold. Das ist natürlich ein wichtiger Satz. Ich komme noch drauf zu sprechen. Aber jetzt gehen wir mal zu Paulus, von dem oft nur dieser Satz zitiert wird. Der wird millionenfach zitiert, sonst eigentlich fast gar nichts. Jetzt gehen wir aber mal zu Paulus in Römer 8. Da sagt Paulus einige Sätze über Tod, Vergänglichkeit usw. Also Paulus, Römer 8.

58:01
Römer 8, 19 bis 20. Denn die Sehnsucht des Geschaffenen wartet auf das Offenbarwerden der Söhne Gottes. Denn der Nichtigkeit wurde das Geschaffene unterworfen. Nicht freiwillig, sondern um dessen Willen, der es unterwarf. Auf die Hoffnung hin, dass auch das Geschaffene selbst befreit wird von der Knechtschaft des Verderbens, zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes. Julia, liest du es noch mal einfach vor, weil es so wichtig ist. Denn die Sehnsucht des Geschaffenen wartet auf das Offenbarwerden der Söhne Gottes. Denn der Nichtigkeit wurde das Geschaffene unterworfen. Nicht freiwillig, sondern um dessen Willen, der es unterwarf. Auf die Hoffnung hin, dass auch das Geschaffene selbst befreit wird von der Knechtschaft des Verderbens, zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes. Vielen Dank. Und nachher kommt gleich der Korintherbrief. Gut, also zur Nichtigkeit wurde das Geschaffene unterworfen, wieder passiv um Divinung, nicht von der Sünde, sondern von Gott.

59:03
Und er hat damit auch ein Ziel. Er weiß, dass die Kreatur lechzt und seufzt unter der Vergänglichkeit. Es ist schon ein Schmerz, aber dieser Schmerz gehört zur Schöpfung. Also dieser Text von Paulus wird daneben einfach nicht berücksichtigt. Jetzt müssen wir auf einen weiteren großen Gesichtspunkt zu sprechen kommen. Nämlich im Alten Testament beginnt ganz am Ende, bei den jüngsten Texten des Alten Testaments, eine ganz neue Art von Hoffnung. Nämlich die Hoffnung auf Auferstehung der Toten. Also bitte nicht Unsterblichkeit der Seele, das ist griechisch, sondern Auferstehung der Toten, das ist biblisch. Und zwar, es gibt eigentlich nur zwei klare Texte, die aber eindeutig die Hoffnung auf Auferstehung der Toten wecken. Das ist Jesaja 25, 6 bis 8.

60:01
Das heißt, Gott wird auf dem Berg Zion allen Völkern ein Festmahl bereiten mit bestem Wein und Mark und Fett. Und er wird die Decke wegnehmen, die alle Völker bedeckt hat. Und er wird den Tod vernichten auf immer. Und dann gibt es Verse, die aus der gleichen Zeit stammen, nämlich Daniel 10, 1 bis 2. Die Gräber werden sich öffnen und die Toten werden hervorgehen zum ewigen Leben und zum Gericht. Das sind die beiden klaren Texte. Wie es zu dieser Auferstehung Hoffnung kommt, das kann ich jetzt nicht so erläutern. Also sie entsteht in den älteren Texten des Alten Testaments. Aber die Hoffnung auf Auferstehung der Toten gibt es nicht. Abraham weiß nicht, was Auferstehung der Toten sind, und David auch nicht, Salomon auch nicht, Hiob auch nicht, der hat ja wirklich Leid. Aber er sagt, bei der Auferstehung der Toten dann nein. Also die Auferstehung der Toten kommt erst sehr spät,

61:03
aber dann baut sie sich immer stärker aus. Und diese Hoffnung auf Auferstehung der Toten wird im Neuen Testament enorm verstärkt. Und das ist die Auferstehung Jesu Christi. Oder sagen wir mal präziser, der Auferweckung Jesu Christi. Denn Auferstehung ist der jüngere Ausdruck. Ursprünglich wird immer gesagt Auferweckung, weil Gott hat Jesus auferweckt. Er hat sich ja nicht selber auferweckt, gell? Sondern Gott hat den Toten Jesus auferweckt. Übrigens, von Jesus lehrt das Neue Testament, dass er ohne Sünde ist. War der dann unsterblich? Der ist ja ohne Sünde. Wenn der Tod durch die Sünde kommt, gell? Also Jesus hat aber in eigener Kraft den Tod nicht überwinden können. Er war wirklich tot. Und Gott hat den Toten Jesus von den Toten auferweckt. Und dieses Ereignis, die Auferweckung Jesu von den Toten, die verstärkt die Hoffnung auf die Toten,

62:01
Auferweckung der Toten enorm. Jetzt muss man aber den Unterschied ganz klar erfassen zwischen Auferweckung der Toten und Unsterblichkeit. Die Auferweckung der Toten, die es bei den Griechen nicht gibt, das ist eine biblische Vorstellung, setzt ein neues, schöpferisches Handeln Gottes nach dem Tod voraus. Wenn Gott nach dem Tod an Jesus und an uns nicht auf eine neue, radikale, schöpferische Weise handelt, dann bleiben wir tot. Also die Hoffnung auf Auferweckung der Toten setzt ein zweites, schöpferisches Eingreifen Gottes voraus. Und deswegen nennt Paulus die Hoffnung auf Auferweckung der Toten und das Leben nach dem Tod, das Leben der Auferweckten, die zweite Schöpfung. Paulus ist also der Theologe, der zwischen einer ersten Schöpfung und einer zweiten Schöpfung vergleicht.

63:02
Mit der Auferweckung Jesu von den Toten beginnt zum ersten Mal die zweite Schöpfung. Der auferweckte Jesus lebt nach neuntestamentlicher paulinischer Darstellung in der neuen Schöpfung. Und das Neue Testament lehrt für uns die Hoffnung, auch an uns wird Gott nach dem Tod auf eine neue, radikale Weise schöpferisch handeln. Dann sind wir in der zweiten Schöpfung. Und jetzt vergleicht Paulus in 1. Korinther 15 die erste Schöpfung und die zweite Schöpfung. In der Auferweckung der Toten. Es wird gesät in Verweslichkeit. Und von der zweiten Schöpfung sagte, es wird gesät in Unverweslichkeit. Okay, ich bleib mal bei dir, gell? Also Paulus lehrt, der Paulus, der sagt, der Tod ist der Sündesold. Der schreibt zwei, drei Jahre vorher ausführlich, es wird gesät, hat ja nichts mit Sünde zu tun, sehen kann nur der Schöpfer, passivum divinum,

64:03
es wird gesät in Verweslichkeit. Ich meine, geht's klarer? Und in der zweiten Schöpfung, dann kommt die Unverweslichkeit. Das ist eben gerade der Unterschied zwischen der ersten und der zweiten Schöpfung. Jetzt kommt Vers 43. Es wird gesät in Unehre und es wird auferweckt in Herrlichkeit. Es wird gesät in Unehre. Könnte Paulus der Vorstellung sein, dass Adam unsterblich geschaffen wurde und es sagt, es wird gesät in Unehre, das ist völlig undenkbar. Und es wird in der zweiten Schöpfung dann in... Und es wird auferweckt in Herrlichkeit. Auferweckt in Herrlichkeit, aber nicht gesät. Mach mal weiter, 44, 45. Es wird gesät, ein natürlicher Leib, und es wird auferweckt, ein geistlicher Leib. Es gibt einen natürlichen Leib und es gibt einen geistlichen Leib. So steht auch geschrieben,

65:00
der erste Mensch, Adam, wurde zu einer lebendigen Seele. Der letzte Adam zu einem lebendig machenden Geist. Gut, so weit mal. Nicht, übrigens, ist es Luther oder so. Schlachter. Schlachter, trotzdem schlecht. Lachen Nicht eine lebendige Seele, sondern eine lebendige Nefesh. Und es ist Kehle, aber nicht Seele. Also bedürfnisorientiertes Wesen. Gut, also ich fasse mal zusammen. Hier äußert Paulus sich sehr ausführlich, dass auch er wie das gesamte Neue Testament und wie das gesamte Alte Testament sehr klar zwischen der ersten und zweiten Schöpfung unterscheidet. Letzter Punkt. Paulus verwendet tatsächlich einmal das Wort Unsterblichkeit. Athanasia. Dieses griechische Wort Unsterblichkeit verwendet er tatsächlich im Korintherbrief. Und es kommt noch an einer zweiten Stelle vor im Timotheusbrief.

66:04
Und das ist jetzt ein bisschen verwirrend. Und er schreibt also zu den Korinthern mal von der Unsterblichkeit des Menschen. Und das will ich als letzten Punkt erläutern, wie das kommt. Paulus schreibt weit bevorzugt vom ewigen Leben. Johannes auch und so weiter. Das ist also die Hauptbezeichnung für die zweite Schöpfung. Wir sind dann im ewigen Leben. Und es unterliegt nicht mehr der Vergänglichkeit. Die zweite Schöpfung unterliegt nicht mehr Zeit und Raum und nicht mehr der Vergänglichkeit. Aber dazu sagt die Bibel in aller Regel ewiges Leben. Aber Paulus sagt auch einmal Unsterblichkeit bei den Korinthern. Und zwar kann man sehr stark vermuten, wie das kommt. Der Begriff ewiges Leben, wenn man den ins Griechische übersetzt, dann nimmt er eine etwas andere Färbung ein. Das äonische Leben heißt es im Griechischen. Und das äonische Leben ist zwar ein sehr langes Leben,

67:04
aber es hat auch eine Grenze. Und wenn Paulus sagen will, ein Leben ohne Grenze, das der Vergänglichkeit nicht unterliegt, kann er bei Korinthern, bei ihrer kulturellen Prägung, nicht sagen ewiges Leben, weil die verstehen das anders. In dem Zusammenhang ist Unsterblichkeit präziser. Aber Paulus bindet diese Unsterblichkeit an Gottes schöpferische Handel nach dem Tod. Paulus versteht Unsterblichkeit nicht wie Platon, Unsterblichkeit der Seele, sondern er versteht es ganz im Sinne der Auferweckung von den Toten. Also, ich fasse jetzt mal an dieser Stelle zusammen. Das gesamte Alte Testament und das gesamte Neue Testament, auch Paulus, lehren eindeutig, dass Gott den Menschen in der ersten Schöpfung vergänglich geschaffen hat in Schwachheit, in Nichtigkeit.

68:03
Das gehört zur ersten Schöpfung. Und den Tod kann man annehmen, und das ist ja auch wichtig, dass wir den Tod innerlich annehmen können. Die Sünde können wir innerlich nicht annehmen. Mit der liegen wir bis zum Tod im Streit, aber mit dem Tod nicht unbedingt. Also, der Tod gehört zur Schöpfung. Gott verbirgt auch in der Schöpfung sein Angesicht, und dann erschrecken wir, und der Tod gehört zu diesem Erschrecken. Und die Kreatur säuft, weil Gott hat uns mit einem Ziel der Nichtigkeit unterworfen, nämlich mit einem Hoffnungsziel auf Auferweckung der Toten. Was für ein Ziel hat eigentlich ein unsterblicher Mensch? Hat der eigentlich ein Ziel? Also, andererseits müssen wir sagen, das sage ich jetzt nur ganz kurz, weil das Konsens ist unbestritten, auch die Sünde beeinflusst den Tod. Das merkt man schon bei der Erzählung von Adam und Eva.

69:05
Der Tod in Genesis 3 wird ausführlicher, schwermütiger, dunkler erzählt als in Genesis 2. Da ist der Tod kein dunkler Schatten. Und deswegen sagt Paulus auch, die Sünde ist der Stachel des Todes. Also, dieser berühmte Satz des Paulus aus Römer 5 hat sein volles, hundertprozentiges Recht. Der Tod ist der Sünde sollt. Aber mit diesem Satz will Paulus bestimmt nicht seine Ausführungen im ersten Korintherbrief verwischen und seine Ausführungen im Römerbrief. Die müssen im Zusammenhang gewertet werden. Was wir aus diesem Satz des Paulus wirklich lernen können und müssen, ist, der Tod ist nicht nur ein natürlicher Vorgang. Im Tod spielt sich mehr ab. Denn für Sünder, die wir alle sind, ist der Tod auch der Sünde sollt. Also, der Tod hat zwei Gesichter.

70:01
Grundlegend gehört er zu Gottes guter Schöpfungsordnung. Und in dieser Schöpfungsordnung gibt es Leid und Erschrecken. Wir können eben nicht alles Leid auf die Sünde zurückführen. Weil Leid und Erschrecken gibt es auch schon in Gottes guter Schöpfung. Weil Gott ein verborgener Gott ist. Und weil zum Beispiel in den Hiob-Kapiteln 38 bis 41 auch gelehrt wird, dass in der Schöpfung viel Absurdes ist, Sinnloses, Dunkles. So dunkel wie die Krankheit von Hiob. So dunkel kann auch die Schöpfung sein. Die Schöpfung ist nicht einfach nur heile Welt. Genesis 1 und 2 betonen diese guten Seiten der Schöpfung. Aber viele andere Bibelstellen zeigen, auch in der Schöpfung gibt es auch Leid. Und der Tod gehört zu diesen Seiten. Wenn man den Tod nur aus der Sünde ableitet, wird man mit dem Tod nicht angemessen umgehen.

71:03
Man wird Sterbenden nicht angemessen beraten können. Man wird die Verunsicherung, den Schatten des Todes nicht wirklich angemessen ernst nehmen. Man schiebt alles ab auf die Sünde. Und dann paart sich sehr schnell auch die Abneigung gegenüber den Gottlosen. Alles Schlechte kommt aus der Sünde. Und die Gottlosen sind ja voll in der Sünde. Und von denen kommt auch alles Schlechte. Also da tun sich sehr problematische Türen auf. Ich hoffe, dass ich mit diesem Überblick diese unselige Frage hat Gott den Menschen unsterblich geschaffen, mit biblischem Gewicht widerlegt habe.

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Ist der Mensch unsterblich erschaffen worden? | 3.4.2

Worthaus 3 – Weimar: 1. Juni 2013 von Prof. Dr. Siegfried Zimmer

Der Tod gehört zum Leben. Das sagen viele. Der Tod gehört von Anfang an zur Schöpfung. Das sagen nicht viele. Aber Siegfried Zimmer schon. Vorsicht: Dieser Vortrag hat es in sich. Siegfried Zimmer zeigt auf, dass die Schöpfung nicht nur heile Welt ist. Leid gehört ebenso zu Gottes guter Schöpfung. Für diese und ähnlich provokante Thesen führt er verblüffende, wenn auch nicht immer leicht zu durchsteigende Argumente aus der Bibel ins Feld. Was auf den ersten Blick ein abseitiger Aspekt zu sein scheint, ist in Wahrheit zentral für den Umgang mit dem Tod, mit dem Leben, mit den Mitmenschen. Denn wer mag schon den Tod annehmen, wenn er eine Ausgeburt der Sünde ist? Wer kann schon gesund mit seinem Alter umgehen, wenn er es für eine Konsequenz des Schlechten hält? Siegfried Zimmer räumt an dieser Stelle auf – und zwar gewaltig!

18. November 2022

David Friedrich Strauß – Geschichte der Leben-Jesu-Forschung | 11.14.1

Es war einiges los in den deutschen Städten des 19. Jahrhunderts. Darwin rüttelte an den Grundfesten des Glaubens, Hieroglyphen wurden entziffert, Sintflutgeschichten außerhalb der Bibel gefunden, frühjüdische Texte tauchten auf, Bücherberge über die Religionsgeschichte wuchsen. Genies sprossen geradezu aus dem Boden, Goethe, Schiller, Schubert, Beethoven, Kant. Und mittendrin ein junger Theologe. David Friedrich Strauß pilgerte 1830 nach Berlin, hörte Hegel – und war begeistert. Alles schien ihm plötzlich durchschaubar. Er kehrte nach Tübingen zurück und schrieb ein Werk über das Leben Jesu. Darin lässt er zwei Pole, zwei verfeindete Lager der damaligen Theologie, aufeinanderprallen. Nur um dann zu sagen: Ihr habt doch alle recht. Was Strauß dann ausführt, ist so skandalös, dass auch ohne Internet und Social Media bald die ganze Gelehrtenwelt Europas Bescheid wusste. Mit dem Holzhammer ist er durch das Neue Testament gefegt und hat den einst gläubigen Nietzsche vom Glauben abgebracht. Strauß musste Deutschland verlassen, wurde nach Zürich berufen – und direkt, mit gerade einmal 30 Jahren, pensioniert. Zu gewagt wäre es gewesen, ihn lehren zu lassen.
Thorsten Dietz erzählt das Leben dieses »berühmtesten, strittigsten und spektakulärsten Theologietreibenden« seiner Zeit, berichtet auch von anderen wichtigen Persönlichkeiten und tragischen Geschichten. Er verspricht „ein bisschen Kopfschmerzen“ und nimmt die Zuhörenden mit auf eine Reise in das vorletzte Jahrhundert und zu der Frage: Wie sollen aufgeklärte, gebildete Menschen noch glauben können?