Video
Audio Als MP3 herunterladen
Transkript Als PDF herunterladen

00:00
Heute Vormittag, Mann und Frau, das Verhältnis der Geschlechter. Der Bibeltext ist Genesis 2, 18 bis 25. Julia, sei mal wieder so gut und komm hierher und liest den Text vor. Und Jahwe Gott sprach, es ist nicht gut, dass der Mensch alleine ist. Ich will ihm eine Hilfe schaffen als seinen Gegenüber. Da formte Jahwe Gott aus der Erde alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels und er führte sie zum Menschen, um zu sehen, wie er sie nennen würde. Und so, wie der Mensch die lebendigen Wesen nennen würde, sollte ihr Name sein. Da gab der Mensch allem Vieh und den Vögeln des Himmels und allen Tieren des Feldes Namen. Aber für den Menschen fand er keine Hilfe als sein Gegenüber. Da ließ Jahwe Gott einen Tiefschlaf auf den Menschen fallen, sodass er einschlief.

01:04
Da nahm er eine Rippe und verschloss die Stelle mit Fleisch. Und Jahwe Gott baute die Rippe, die er vom Menschen genommen hatte, zu einer Frau und führte sie zum Menschen. Da sprach der Mensch endlich, diesmal ist das Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. Sie soll Ischa, Frau genannt werden, denn vom Isch, Mann, wurde sie genommen. Darum wird der Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und an seiner Frau hängen und sie werden ein Fleisch sein. Sie waren nackt, der Mensch und seine Frau, aber sie schämten sich nicht. Dankeschön. Julia, du weißt, du musst gleich nochmal nach vorne kommen, oder? So vielleicht in zehn Minuten oder so. Gut, wir beginnen jetzt mit der zweiten Hälfte von Genesis 2. Genesis 2 hat zwei Hälften, die erste Hälfte von 4 bis 17 und die zweite Hälfte von 18 bis 25.

02:01
18 selber ist die Überschrift der zweiten Hälfte. Ein besonders wichtiges Wort, weil es nochmal heißt, und Gott sprach. Also es ist jetzt nochmal eine Rede Gottes. Er spricht aber hier nicht direkt zu Adam, er spricht sozusagen vor sich hin. Also es ist ein markanter Neueinstieg und da merkt man, es beginnt jetzt ein neuer Zusammenhang, der bis zum Vers 25, dem letzten Vers geht und sie waren nackt, der Mensch und seine Frau, aber sie schämten sich nicht. Das ist der Höhepunkt der Schöpfung. Es beeindruckt immer wieder, wenn ich Schülern sage, 8., 9., 10. Klasse, Hauptschüler, Realschüler, schreibt mal euren eigenen Schöpfungsbericht, stellt euch mal vor, ihr seid Gott oder ihr wollt mal die Schöpfung beschreiben. Also stellt vor, ihr seid Gott, ist nicht gut, kann sich ja keiner. Nee, ich sag, also schreibt ihr mal euren Schöpfungsbericht und überlegt euch den letzten Satz.

03:01
Der letzte Satz sollte ein Höhepunkt sein. Und dann habe ich schon irre gute Sätze gehört als letzter Zielpunkt, Höhepunkt der Schöpfung und dann sage ich, also Leute hört mal zu, ich lese euch jetzt mal den Original-Höhepunkt vor. Und sie waren nackt und schämten sich nicht. Waren die Schüler jedes Mal beeindruckt. Verdammt, ist das ein guter Satz. Findet jeder Schüler gut. Die haben ein Gespür, dass das verblüffend ist. Was ist das Besondere? In dieser zweiten Hälfte, da geht es um die Sozialität des Menschen. In der ersten Hälfte ist der Mensch sozusagen in seinem Wesen, in seiner Personstruktur, in seiner Gottesbeziehung, in seinem Arbeitsauftrag und in der Rücksicht, die er zu nehmen hat, in aller Freiheit, aber eine rücksichtsvolle Freiheit.

04:02
Ist auch die beste, die es gibt, bis heute kennt kein Mensch eine bessere, als eine rücksichtsvolle Freiheit. Könnt ihr mal versuchen zu steigern. Geht nicht. Aber jetzt kommt die Sozialität des Menschen. Er ist eingebettet in Beziehungen zum Mitmensch und zur Tierwelt. Und das hat ganz enorme Folgen gehabt, dass in Genesis 2 die zweite Hälfte jetzt speziell ausdrücklich der Sozialität des Menschen gewidmet ist. Im Judentum bis hin zu Martin Buber, ich und du, die großen Sozialkritiker der Neuzeit waren in einem verblüffenden Ausmaß Juden. Karl Marx, Ferdinand Lasalle, die Frankfurter Schule, Horkheimer, Adorno, Marcuse, Trotzky, Rosa Luxemburg, alles Juden.

05:04
Alles Juden. Weil sie von diesem Genesis 2 Kapitel her wissen, die Sozialität des Menschen ist wichtig. Juden reagieren empfindlich, wenn in der Industrialisierung, Kinderarbeit, Menschenausbeutung, 16 Stunden Arbeit, sie reagieren empfindlich, wenn die Sozialität des Menschen beschädigt wird. Das haben sie aus der jüdischen Bibel gelernt, zum Beispiel aus diesem Kapitel. Deswegen ist es kein Zufall, dass 70, 80 Prozent der bedeutendsten Sozialkritiker der Neuzeit Juden sind. Das hängt zum Beispiel jetzt mit dem Text zusammen, den ich jetzt behandle. Also es geht jetzt um die Sozialität des Menschen. Da macht Gott nochmal einen extra Einstieg, oder ihr wisst ja, der Erzähler macht diesen Einstieg.

06:00
Und Gott sprach, jetzt bringt er eine Einschätzung. Er guckt an, was er so gemacht hat und bringt jetzt ein Gesamturteil und das ist kritisch. Sozusagen über sich selber kritisch. Jetzt hat er doch so viel Gutes gemacht, Adam geschaffen, ihm den Lebensatem zärtlich, inniglich eingehaucht und ihm gezeigt, dass er trotzdem unendlich qualitativen Abstand, der zwischen dir Staubkorn und mir besteht, bin ich dir sehr nahe. Und jetzt sagt er, es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist. Also das ist verblüffend. In dem anderen Schöpfungsbericht, ich bleibe ja bewusst unabhängig von dem anderen Schöpfungsbericht, weil den muss man auch für sich selbst ganz würdigen, aber trotzdem, ich werfe mal einen Blick rüber, da heißt es immer, und er sah, dass es gut war und er sah, dass es gut war und Gott sah, dass es gut war und Gott sah, dass es gut war.

07:00
Und am siebten Tag heißt es, am sechsten Tag heißt es, und Gott sah, dass es sehr gut war. Und hier heißt es, es ist nicht gut. Das ist schon ein bisschen verblüffend. Es ist wie, wenn Gott selber selbst kritisch ist und sagt, naja, ihr habt hier schon jetzt manches Gutes gemacht, aber es ist immer noch ein schweres Defizit da. Und daran merkt man, wie wichtig die Sozialität des Menschen ist. Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist. Man könnte es auch so übersetzen, es ist nicht gut, dass der Mensch einsam ist. Man kann das auch so übersetzen, es ist nicht gut, wenn der Mensch isoliert ist. Das ist also die größte Gefahr für das menschliche Dasein überhaupt. Die tiefste Gefährdung ist das Alleinsein, das Isoliertsein. Wenn wir sagen, ich bin alleinstehend, das heißt ja nicht, dass man isoliert ist.

08:00
Wir haben immer noch Kollegen, Verwandte, Nachbarn, Freunde, Freundinnen. Also wenn wir wirklich isoliert wären, das wäre eine schwere Gefährdung. Also es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist. Ich will ihm eine Hilfe schaffen als Gegenüber. Das ist übrigens wieder ein hendiation, so wie Gebüsch und Kraut oder so wie bearbeiten und bewahren. Das sind immer hendiations, da merkt man, ihr habt langsam schon ein bisschen hebräische Gefühle, winzig kleine Sprachübungen. Jetzt kommt wieder ein hendiation. Was ist die Überwindung der Einsamkeit? Ich will ihm eine Hilfe schaffen als Gegenüber. Hilfe als Gegenüber. Das ist die Überwindung der Isolation und des Alleinseins.

09:03
Der Vers ist von der Kirche, von der Christenheit jahrhundertelang schwer falsch übersetzt worden. Und in den falschen Übersetzungen spiegelt sich oft nicht nur mangelnde hebräisch Kenntnisse, das spielt auch auf eine Rolle, aber viele schwerwiegende Fehlübersetzungen kommen aus den Interessen der Übersetzer, weil die ihre eigene Ideologie, ihre eigenen Interessen in die Bibel reinpressen und es dann so hinbiegen, wie sie es gern hätten. Also haben die Machos der Kirche, die Patriarchen, die dominanten Männer, ihre männlichen Interessen in die Bibel reingepfropft und haben übersetzt, es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist, ich will ihm eine Gehilfe schaffen. Und jetzt nicht als Gegenüber, sondern die um ihn ist.

10:02
Der Patriarch als Zentralgestirn und die Gehilfin kreist so um ihn herum. So hätten es die, nicht schlecht, das waren noch die guten alten Zeiten. Da war die Welt noch in Ordnung. Also so haben die Patriarchen Männer ihre patriarchalischen Männerinteressen in die Verfälschung der Bibel reingepfropft, um ihre männlichen Interessen durchzudrücken. Da kann man die Bibel dann noch besser instrumentalisieren, wie man sie sowieso kann. Ich will mal so zwischendurch einfach mal so einen Satz sagen. Ihr verteidigt nicht die Bibel, sage ich zu meinen frommen Studenten, ihr verteidigt nicht die Bibel, bildet euch das bitte nicht ein. Ihr verteidigt euer Bild von der Bibel. Das ist was anderes. Ihr verteidigt nicht die Bibel, ihr verteidigt euer Bild von der Bibel.

11:00
Dürft ihr ja auch, aber ihr müsst nur wissen, ihr verteidigt eure bisherige Vorstellung von der Bibel. Und die stimmt vielleicht gar nicht. Also wir verteidigen jetzt nicht die falsche Vorstellung von diesem Vers, sondern wir, das ist eben der Segen. Übrigens diese Übersetzungskorrektur kommt aus der Universitätstheologie. Die ist nirgendwo aus einer lebendigen Gemeinschaft geboren worden, sondern aus der wissenschaftlichen Theologie. Das ist der Segen der modernen Bibelwissenschaft. Also der Vers heißt nicht, ich will ihm einige Hilfe schaffen. Jetzt wenden wir uns mal diesem Begriff Hilfe zu. Mit allen Möglichkeiten, die die wissenschaftliche Bildung uns zur Verfügung stellt, wenn wir davon lernen wollen. Wenn nicht, weiß sie auch nichts. Also das Wort Hilfe heißt im Hebräischen eser.

12:04
Ist übrigens ein männliches Wort. Da werden wir auch schon durch die deutsche Sprache verführt, ich will ihm eine Hilfe, eine. Nein, wir müssen hier ein männliches Wort im Deutschen sagen. Sagen wir mal Beistand, der Beistand. Ich will ihm einen Beistand schaffen. Kann man schon schlecht dann Beiständin übersetzen. Bei Hilfe, Hilfe ist ja schon weiblich, also das personalisieren wir noch, dann machen wir Gehilfen. Aber eser ist männlich im Hebräischen. Es gibt von diesem Substantiv eser eine weibliche Spielart, die heißt esra. Eser ist maskulin, esra ist feminin. Esra heißt, könnte man übersetzen mit Gehilfen, steht aber hier nicht. Es gibt ja das weibliche Wort esra. Es steht aber nicht, es steht das männliche Wort eser.

13:01
Das muss ja eine bewusste Entscheidung sein. Der Erzähler hat beide Worte natürlich gekannt und setzt hier das männliche Wort eser. Wir haben leider im Deutschen ein völlig gestörtes Verhältnis zu dem Wort Hilfe. Was wir unter Hilfe verstehen, könnt ihr den Hasen geben, das müsst ihr jetzt regelrecht verlernen, um die gesunde Luft der biblischen Botschaft lernen zu können. Wir haben nämlich Hilfe, ich sage euch mal ein paar Beispiele, Hilfsarbeiter, Hilfsschule, hat man früher gesagt, so Sonderschule, Hilfswerben, studentische Hilfskräfte, das ist so unsere Vorstellung von Hilfe, Hilfsarbeiter. Nein, die hebräische Vorstellung von Hilfe ist eine ganz andere.

14:02
Hilfe heißt im Hebräischen Rettung. Eser gibt es nur dort, wo schwere Gefahren sind, schwere Gefahren, aus denen wir gerettet werden müssen. Eser können sie genauso gut übersetzen mit Rettung. Und jetzt kommt die verblüffende Entdeckung der wissenschaftlichen Theologie, die ja Ergebnis offen forscht. An der Universität wird nicht so geforscht, wie eine Gemeindeleitung es gerne hätte. Ihr dürft schon ein bisschen forschen, aber bitte ihr müsst das rauskriegen, was wir gerne hätten. Nein, das ist natürlich keine Wissenschaft. Die Bibel soll ihre Botschaft sagen können, ob es dir passt oder nicht, ist nicht wichtig. Die wissenschaftliche Theologie will, dass die Bibel ausreden darf, so wie sie es will, und nicht wie fromme Strukturen es gerne hätten.

15:01
Also wurde erst noch gar nicht so lange, zum ersten Mal umfassend, Ergebnis offen, ganz neu erforscht, so wie wenn wir noch gar nichts wüssten. Und wir wissen ja auch noch gar nichts, was bedeutet eser wirklich. So forscht man in der Universität. Jetzt hat man also festgestellt, das Wort eser kommt über 40 Mal im Alten Testament vor. Ich weiß nicht mehr genau, 42, 43 Mal. Und jetzt kommt die fulminante Entdeckung, die ein Professor für Altes Testament zum ersten Mal gemacht hat, weil er zum ersten Mal so neu und frisch nachgeforscht hat. In jedem Fall, es gibt eine einzige Stelle, die unsicher ist, in 1. Chronika 22, also eine Stelle ist mehrdeutig schillernd, man kann es nicht genau sagen, aber in allen Fällen, die eindeutig sind, in allen Fällen, also sagen wir mal 41 oder 42 Fälle, ist dieses Wort eser immer auf Gott bezogen.

16:03
Von Gott kommt mir die Hilfe. Und jetzt möchte ich mal Julia bitten, die drei Psalmen, es gibt viel mehr Psalmzitate, 10, 15, 18, aber drei habe ich mal ausgewählt, Julia, lies sie mal bitte vor, das steht immer eser. Psalm 121, die Verse 1 und 2. Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen, woher kommt mir Hilfe? Meine Hilfe kommt von Jahwe, der Himmel und Erde gemacht hat. Psalm 33, Verse 20. Unsere Seele hofft auf Jahwe, er ist unsere Hilfe und unser Schild. Psalm 70, Verse 6. Ich bin elend und arm, Gott eile zu mir, du bist meine Hilfe und mein Erretter. Dankeschön. Du bist meine Hilfe und mein Erretter, das ist das Gleiche, also Hilfe ist Rettung.

17:06
So hoch ist Hilfe und da gibt es also christliche Machos, die sagen Gehilfin. Es gibt auch Bibeltreue, die heute noch sagen Gehilfin. Und wenn sie es heute verlernt haben, dann nicht, weil sie Bibeltreue sind, sondern weil sie irgendwoher endlich von Fachleuten gehört haben, dass das nicht Gehilfin heißt. So langsam spricht sich es rum, aber ins Spiel gebracht hat, dass die Universitätstheologie wie tausend andere biblische Entdeckungen auch. Das ist nur eine von tausend. Gut, also in allen Fällen ist es sehr auf Gott bezogen, weil nur der kann mir helfen, von wegen Hilfsarbeiter, nur der kann mir helfen, der mich aus einer schweren Gefahr und Not retten kann.

18:02
Der kann mir helfen. So hoch ist helfen angesiedelt. Und weil das nur Gott kann, weil nur er mein Retter ist, ist dieses Wort Esser bis auf diese Stelle hier für Gott reserviert. Diese Stelle ist die einzige Stelle der Bibel, wo dieses Ehrenprädikat, das sonst nur Gott gehört, dem Retter aus der Not, hier wird es dem Mitmenschen zugebilligt. Von Frau steht hier noch gar nichts. Esser ist ja männlich, man denkt erstmal gar nicht an eine Frau. Es heißt auch nicht, ich will ihm eine Frau schaffen. Es kommen ja auch erstmal die Tiere. Also hier wird zum ersten Mal ein Gottesprädikat auf den Mitmenschen übertragen. Das ist eine Sensation. Denn die Psalm-Sätze sind älter als diese Erzählung.

19:01
Das heißt, der Erzähler wusste schon, dass Esser bisher auf Gott reserviert war. Der kennt diese Psalm-Worte, sind ja sehr berühmt. Aber hier sagt er, ich will ihm eine Hilfe. Der, der unsere Hilfe ist, sagt, ich will dem Menschen eine Hilfe schaffen. Und da meint er nicht sich selber. Das ist ein Vorgang. Also der Mitmensch ist auch unsere Rettung. Habt ihr das schon mal begriffen? Schaut ihr eure Mitmenschen so an? Stellt euch mal vor, ihr hättet keine Nachbarn, keine Kinder, keine Vorfahren, keine Kollegen. Ihr werdet isoliert. Wieso kann man den Mitmenschen als Rettung bezeichnen? Das ist die beste Bezeichnung, die wir, das gibt es aber nur im Judentum. Deswegen die Sozialkritiker der Neuzeit. Die Mitmenschen, die in der Kinderarbeit verrecken, das ist auch unsere Rettung.

20:02
Wir können doch nicht unsere Retter verkommen lassen, ausnutzen, ausbeuten. Das sind doch unsere Retter. Die kann man doch nicht ausbeuten. Das verdanken wir der biblischen Botschaft, diese Sensibilität. Also wieso können wir einen Mitmenschen als Retter bezeichnen? Diese Erzählung macht es. Weil der Mitmensch etwas kann, was du nicht kannst. Er kann dich aus deinem Alleinsein befreien. Das kannst du nicht. Du kannst nicht dich aus deinem Alleinsein befreien. Das kann nur der andere. Das Du rettet dein Ich. Du kannst dein Ich nur am Du gewinnen. Und wenn du kein Du hast, geht auch dein Ich verloren. Also der Mitmensch kann dich retten.

21:01
Er kann deine Einsamkeit überwinden. Du kannst nicht mit dir selber gesellig sein. Wie ein Kind mal gesagt hat, wenn niemand mich lieb hat, dann habe ich mich halt selber lieb. Ja, es ist schon ein Versuch, aber der führt nicht sehr weit. Also du kannst nicht mit dir selber gesellig sein. Das ist mal das erste. Erst jetzt sind wir biblisch. Also es wäre mein größter Wunsch, dass ihr vielleicht im Laufe der Zeit biblisch werdet. Bildet euch aber bitte nicht ein, dass ihr es schon seid. Weil dann könnt ihr nichts mehr lernen. Wer entwickelt sich am schlechtesten? Die rechthaberischen Leute, die überzeugt sind, dass sie sowieso schon recht haben. Ja, was wollen die denn noch lernen? Die lernen am wenigsten. Die Leute, die überzeugt sind, dass sie schon recht haben, entwickeln sich am schlechtesten.

22:05
Gut, also das war mal der Einstieg. Jetzt der zweite Baustein ist, worauf bezieht sich diese Rettung? Ich sage lieber Rettung statt Hilfe, damit ihr nicht an Hilfsarbeiter und studentische Hilfskräfte und Hilfswerben und Hilfsschule denkt. Also es geht um Rettung. Worauf bezieht sich die? Da haben kirchliche Lehrer gesagt, also mit Gehilfin, worauf bezieht sich die Gehilfin oder die Hilfe? Ja, vielleicht Hilfe bei der Arbeit. Arbeitshilfe. Wir brauchen eine Arbeitshilfe, wir brauchen eine Putzhilfe. Nein, zum Beispiel zu einem Sklaven oder zu einem Tagelöhner würde man niemals in der Bibel sagen, er hilft. Gott hilft, aber nicht den Sklaven und den Tagelöhnern. Da würde man im Hebräischen und im Babylonischen Asyrischen sagen, er dient.

23:00
Er dient. Tagelöhner dienen, Sklaven dienen, aber sie retten nicht. Also Augustinus hat zum Beispiel gelehrt, ja Gehilfin, wieso braucht der Mann überhaupt Gehilfin? Ja, weil Fortpflanzung kann er nicht alleine machen. Er braucht die Frau als Hilfe zur Fortpflanzung. Auf dem Niveau bewegte sich kirchliche Bibelauslegung. Ohne dass er sich geschämt hat, weil er hat gedacht, das sei richtig so. So kann man mit der Bibel umgehen. So kann man die Bibel manipulieren mit bestem Gewissen. So einfach ist es nicht zu sagen, ich bin biblisch. Das ist ein bisschen zu leicht. Also worauf bezieht sich eigentlich die Rettung? Ja, das ist ganz klar vom gesamten Umfeld her, ich werde es immer wieder dann auch belegen, es ist für das ganze Leben gemeint, also nicht begrenzt, Arbeitshilfe, Fortpflanzungshilfe, das ist alles entwürdigend.

24:03
Sondern es ist Hilfe in diesem hohen Sinn für das gesamte Leben. Da gibt es zum Beispiel einen sehr guten hebräischen Text im Predigerbuch. Das ist der schönste Kommentar zu Genesis 2, 18, zu diesem Vers. Und Julia liest mal diese Verse aus dem Prediger vor. Prediger 4, die Versen 9 bis 12. Es ist besser zu zweit als allein, denn zwei haben guten Lohn für ihre Mühe. Fällt einer von ihnen, dann hilft ihm der andere auf. Weh dem, der allein ist, wenn er fällt. Wenn zwei beieinander liegen, dann wärmen sie sich gegenseitig. Wie kann sich ein einzelner erwärmen? Einer mag überwältigt werden, aber zwei können widerstehen. Dankeschön. Das hebräische Denken passt zu diesem Vers.

25:01
Zwei zu zweit zu sein, ist besser als allein zu sein. In der Steppe, in der Wüste. Alleine wirst du schneller erschlagen. Zu zweit kannst du dich vielleicht sogar gegen vier Leute wehren, wenn man gut zusammenarbeitet. Wenn zwei nebeneinander liegen, das muss nicht Mann und Frau sein, das ist gar nicht daran gedacht. Sondern einfach in der Kälte, im Zelt, wärmen sich auch zwei Männer. Das ist nicht mit zusammenliegen, nicht sechs gemeint. Sondern nur, wenn es wirklich kalt wird und die Wüste ist eine Gegend, wo es verdammt kalt ist, es sei denn, dass die Sonne scheint. Dann ist sie heiß. Aber die Nächte in der Wüste, ich hab sie erlebt, das geht unter Null. Auch im August. Also, wenn zwei beieinander liegen in der Wüstennacht, ist wesentlich besser. Also, mit diesen Beispielen ist das ganze Leben gemeint. Das sind in diesem Predigertext nur zwei, drei, vier exemplarische Beispiele aus ganz verschiedenen Lebensbereichen.

26:04
Nicht Arbeitshilfe, sondern es ist einfach viel besser zu zweit zu sein. Also, die Hilfe ist im umfassenden Sinn eine Rettung zum Leben. Gut, das ist das erste Wort von diesem Handy-Adieu. Und jetzt gehen wir zum zweiten Wort, als Gegenüber. Dieses Wort heißt Negät. Also, ich will ihm einen Essair schaffen, einen Beistand, maskulin, gell? Ich will ihnen einen Essair schaffen, nicht eine, einen Essair schaffen als Gegenüber. Jetzt muss ich dieses Wort Negät genau erklären, denn man muss es genau erfassen. Es ist ein leichtes Wort, jedes Kind kennt dieses Wort. Nur wir Mitteleuropäer, zweieinhalbtausend Jahre später, wir müssen es sorgfältig, es bedarf einer Sorgfalt.

27:04
Also, Negät ist ein Ausdruck, der entsteht, gibt es in allen orientalischen Sprachen. Es gibt Dinge, die sich gegenüberstehen, gleich groß sind, sich aber auch ergänzen, sich aber auch korrigieren und auch zueinander passen. Nehmen wir mal, das seht ihr so, das ist irgendein Gegenstand, irgendwas, ich mach das halt jetzt mal so. Und wenn dann etwas kommt, das so ist, das ist ein Negät. Es steht sich gegenüber, es ist gleich groß, es entspricht sich, es korrigiert sich, das kann man jetzt hier nicht so sagen, aber es gibt Fälle, wo man sagen kann, nehmt mal an, stellt euch mal hier vor, es wäre hier noch ein Finger drin, gell? Und stellt euch mal hier vor, hier wäre auch noch ein Finger drin. Dann ist es ein Vierkammer-Tor, das sind so Stadttore von Megiddo oder so, nein, Megiddo ist ein Großer, das ist ein Sechskammerntor, aber Vierkammer-Tore, Samaria oder so.

28:06
Da ist hier eine Kammer, hier eine Kammer, hier ist noch mal eine Zwischenmauer, hier eine Kammer, hier eine Kammer und dazwischen kann man in die Stadt reingehen. Also wenn ihr euch jetzt noch so ein Mittelding vorstellt, das ist ein Negät. Also ein Negät ist ein Gegenüber, gleich groß, auf Augenhöhe, ist immer gleich groß im Ebräischen. Das fantasiere ich nicht, das kann ich über bestimmte archäologische Funde, kann man das hundertfach belegen. Ein Negät ist also eine Entsprechung, ein Gegenüber, es ist auch eine Opposition, es ist ein Gegenüber. In dem Wort Gegenüber steckt das Wort gegen, gegen dich, Begegnung, das ist immer ein Gegen. In deinem Inneren kannst du keine Begegnung machen, weil du kannst in dir keinen Widerstand erzeugen.

29:02
Der muss schon von außen kommen, deswegen sagt man Begegnung. Und im Jüdischen ist die Begegnung etwas sehr Wichtiges und da steckt immer gegen drin. Jede echte tiefere Begegnung kann dich ganz schön korrigieren. Also die Rettung kommt nur als Gegenüber, das ist nicht leicht. Manche weichen aus zu Tieren oder sie nehmen sich asiatische Frauen, also kein Vorurteil, es gibt ja auch tolle Ehen. Aber es gibt auch so Männer, die wollen einfach so unterwürfige Frauen, die wollen kein Gegenüber, keine Entsprechung. Also in Negät steckt auch drin Korrektur, Spannung, Konflikt. Das ist von der Schöpfung so vorgesehen. Denn leichter gibt es Rettung nicht, als auf dem Weg des Gegenübers. Kannst du das leichter machen, da beschäftigst du dich mehr mit deinem Hund als mit einem gleichwertigen Gegenüber.

30:02
Aber gerettet wirst du so nicht. Das heißt also, wenn das Gemeinschaft ist, die uns rettet, nur die Gemeinschaft rettet uns, die ein Gegenüber von mir ist. Dann bedeutet es, Gemeinschaft kann niemals sein Dominanz oder Vereinnahmung. Ich vereinnahme dich. Oder ich tue die Fernsteuern, ganz raffiniert, du bist eigentlich eine Funktion von mir. Ich besitze dich, ich erdrücke dich. Nein, das ist nicht Negät. Also jede Gemeinschaft, wo jemand dominiert, unterdrückt, erdrückt, vereinnahmt, besitzen wollen, ist das Gegenteil von Negät, da gibt es auch keine Rettung. Es ist auch niemals möglich, eine Verschmelzung wie man in der konservativen Christenheit, die so viel voller schwerwiegender Einseitigkeiten ist.

31:01
Es gibt ja Leute, die meinen, konservativ sei biblisch. Ich bin konservativ, also bin ich biblisch. Puhuhuhuhuhuh. Also in der Ehe wird man eins, wir werden zu einer Person. Es gibt noch Eheberatungsbücher, Bovet und andere, die alten klassischen, in der Ehe verschmilzt man zu einer Eheperson. Puhuhuhuh. Das hat ja jetzt mit Negät gar nichts mehr zu tun. Also Gemeinschaft kann nicht verschmelzen sein. Ich habe mal ein Psychologen-Ehebar getraut, beide waren geschieden und haben aber sich irgendwie dann lieben gelernt, nach einer längeren Zeit das Alleinsein. Sie waren Anfang 50, er war Psychotherapeut und sie war Psychologin. Und ich habe sie getraut und sie haben sich als Motto gegeben, das haben sie mir so bei dem Eheberatungsgespräch gesagt, unser Motto heißt, wir wollen zusammen wachsen. Wir wollen aber nicht zusammen wachsen, sondern wir wollen zusammen wachsen.

32:06
Und sie haben sich als Bild, das haben sie selber gezeichnet, zwei Tannen, die nicht weit weg voneinander sind, aber es ist ein Abstand. Und dieser Abstand bleibt. Sie reckten sich dem Licht entgegen, sie wachsen miteinander. Sie wachsen, sie tun zusammen wachsen, aber der Abstand bleibt. Sie tun nicht zusammen wachsen. Also Gemeinschaft kann nicht sein Aufgabe der eigenen Identität. Unterwürfig sein. Komm, sag du, denk du für mich. Ich bin überfordert, ich lass jetzt von dir für mich denken. Das ist nicht eine Geld. Du musst schon deinen Platz einnehmen, deine Rolle spielen. Gemeinschaft kann niemals heißen, dass du deinen Platz aufgibst und dass du deine Rolle

33:00
nicht spielst, dass du auf deine Identität verzichtest. Spürt ihr eigentlich die Gesundheit, die hier drin ist? Und das sind zwei Worte. Ich sage euch, die Hendi Yadiyeins im Genesis 2, die sind internationale Spitzenklasse, sind bis heute genauso gültig wie zu allen Zeiten interreligiös, interkulturell. Also Gemeinschaft als Gegenüber. Jetzt kommt interessant erst mal die Tiere, weil es ist ja auch gar nichts von einer Frau die Rede. Deswegen ist das gar nicht so fremdartig, also jetzt kann Adam erst mal experimentell forschen. Er beschäftigt sich mit den Tieren, ich gehe da nicht weiter drauf ein, weil das mache ich dann im nächsten Vortrag, und er gibt den Tieren den Namen, damit wird in der orientalischen Bildersprache ausgedrückt. Er gibt natürlich passende Namen, nicht idiotische Namen. Und wenn er passende Namen gibt, muss er sich mit dem Wesen der jeweiligen Tiere sehr

34:04
intensiv beschäftigen. Das geht gar nicht so in zwei Minuten. Historisch müsste man fragen, wie lange hat denn das gedauert? Balla, balla. Also Adam gibt den Tieren den Namen und jetzt erkennt er selber, es heißt für ihn aber fand er, manche übersetzen fand sich. Ganz falsch, fand er, weil es ist ein Lernprozess im Menschen, der ist vorm Sündenfall nicht infantil und kindisch, wie Kant und Schiller gemeint haben, und er wird erwachsen erst durch den Sündenfall. So ein Unsinn. Denn er hat den ganzen Tierwelt den passenden Namen gegeben. Da muss er schon sehr weit entwickelt sein. Und dann erkennt er systematisch aber eine Rettung als Gegenüber. Hab ich nicht gefunden. Diesen Lernprozess, diesen Selbstwertungsprozess erlebt Adam vor dem Sündenfall.

35:02
Gut, also komme ich dann im nächsten drauf. Und jetzt die Erschaffung der Frau. Da heißt es in Vers 21, da ließ Jahwe Elohim einen Tiefschlaf auf Adam fallen. Jetzt kommen wir also zur Erschaffung der Frau. Da muss ich jetzt ein paar Vorbemerkungen machen. Das Alte Testament und Israel waren selbstverständlich patriarchalisch geprägt. Eine männerdominante Gesellschaft. Die Frage, wie kann man als Frau glücklich werden und seine Rolle finden in einer männerdominierten Welt, ist eine spannende Frage. Das ganze Antike war Patriarchat. Sobald es Hochkulturen gibt, gibt es nur noch Patriarchat. Die hundertjährige Erforschung hat ergeben, es gibt keine Hochkultur, die Patriarchat hat.

36:04
Hat man mal eine Zeit lang gedacht. Kreta vielleicht oder so, ist alles Unsinn. Jede Hochkultur ist patriarchalisch. Hochkultur heißt, sobald es einen Staat gibt, zentrale Verwaltung gibt, Schrift gibt, Infrastruktur gibt, hat die Frau ausgespielt. Ganz kurz, warum wohl? Die Frau war hauptberuflich mit Schwangerschaft beschäftigt. 10 bis 20 Kinder, das ist normal. Die Hälfte stirbt, Todgeburt oder mit einem Jahr oder mit drei Jahren. Aber wenn man 20 Geburten hat, 10 wachsen auf. Und dann muss man ja auch noch stillen. Da kann man also keinen Verwaltungsjob übernehmen. Bei 18 Kindern und hauptberuflich schwanger, hauptberuflich stillen. Das bindet dich tatsächlich. Und deswegen, sobald staatliche Strukturen geschaffen werden, die werden nur noch von Männern besetzt. Auch der Tempel, alles Männer. Es gibt schon, sagen wir, in Griechenland hat die Frau mehr Rechte als im Orient.

37:03
Sie hat zum Beispiel ein Scheidungsrecht. Also in dem Ausmaß der Männerherrschaft muss man schon von Fall zu Fall prüfen. Aber mehr oder weniger, die Männerherrschaft war selbstverständlich. In Ägypten gab es matrilineare Erbstrukturen. Vererbt wurde über Frauen. Und da hat man früher gedacht, das sei ein Matriarchat. Das ist aber völlig falsch. Das ist auch im Interesse der Männer. Weil da werden manche Erbfragen besser geregelt. Also diese matrilinearen Strukturen in Ägypten entsprechen den Männerinteressen. Matrilineare Erbstrukturen heißt nicht Matriarchat. Also ich will nur mal sagen, alle orientalischen Hochkulturen waren stark matriarchalisch geprägt. Israel auch. Israel ist im gewissen Sinn auch Kind seiner Zeit. In der Bibel gibt es Dinge, da stehen Sätze drin, die die Babylonier, Assyrer, Ägypter, Sumerer, Kananer aussagen.

38:03
Damit müssen diese Sätze ja nicht falsch sein. Aber es gibt also Aussagen, da ist die Bibel Kind ihrer Zeit. Es gibt aber auch biblische Aussagen, die sind völlig neu. Die sind innovatorisch. Und es ist eine gute Regel, die man in der Wissenschaft entwickelt hat. Die Sätze in der Bibel, die neu sind, verblüffend sind, die müssen wir in der Tendenz nach höher gewichten als die Sätze, wo die Bibel halt das Übliche sagt. Wer seinen Sohn liebt, der züchtigt ihn. Das sagen die Ägypter, Babylonier, Assyrer auch. Aber kommt her, ihr Kinder, euch gehört das Reich Gottes, das sagt niemand anders. Deswegen müssen wir den Satz höher gewichten, wie es jahrhundertelang in christlichen Kreisen üblich war, die eigenen Kinder zu schlagen, weil man bibeltreu ist. Steht ja in der Bibel.

39:01
Gut, also ihr müsst euch jetzt vorstellen, nehmen wir mal an, diese Erzählung ist irgendwann, ich bin ganz vorsichtig, zwischen 1500 geschrieben worden, also vorsichtiger kann man es eigentlich nicht mehr sagen. In der Zeit war in Israel selbstverständlich Patriarchat. Das müsst ihr jetzt bitte berücksichtigen. Wie war die Rolle der Frau im alten Israel, das hat man erforscht. Bevor Israel Staat wurde, König, bevor der Königtum entstand mit Saul, David und Salomo, entstand das Königtum. In der Richterzeit gab es kein Königtum, in der Josua-Zeit. Also es gab, man hat früher gesagt, eine vorstaatliche Zeit. Nein, heute sagt man, es gab eine antistaatliche Zeit, nicht vorstaatlich, antistaatlich. Das war eine Alternative zum Staat. Nicht die organische Vorform und dann wird selbstverständlich ein Staat. Nein, nämlich die Befreiten, die Exulanten, die Exodus-Gruppe, die gesiedelt hat in Israel,

40:05
hat 200 Jahre lang es geschafft, ohne Staat auszukommen. Sie wollten gar kein Staat, weil ein Staat kann nie eine geistliche Größe sein. Aber aus außenpolitischen Zwängen, weil diese Happiru-Leute nicht auf der Insel der Seligen leben, da gab es die Philister. Und die Philister waren ein Berufsheer. So bei Gaza, so zwischen Israel und Ägypten, siedelten die Philister und die hatten das Eisenmonopol. Und die haben gemerkt, dass da oben so Leute siedeln, die haben gar kein Berufsheer. Da sind die Philister regelmäßig gekommen, haben die Ernte abgeräumt, regelmäßig. Und da war dann unter den Happiru-Leuten, unter den Hebräern, kam irgendwann die Erkenntnis, wir müssen uns wehren, sonst sind wir weg. Und dann haben sie Saul gewählt und dann haben sie sich gewehrt. Und so entsteht aus einer außenpolitischen Zwangssituation, so ist halt das Leben. Wenn man auf dieser Erde lebt, da gibt es Zwangssituationen.

41:02
Und da muss man sich dann manchmal wehren. Und so entsteht der israelitische Staat, vor allem unter David. Und sobald Israel ein Staat wird, haben die Frauen ausgespielt, auch in Israel. Und da wird dann in der Antistaatlichen Zeit, in der Alternativzeit spannendes Experiment, 200 Jahre ohne Zentralgewalt, dezentralisiert. Das war ein Experiment aus dem Exodus heraus. Aber auf Dauer kann man es in dieser Welt nicht so einfach durchhalten. Man muss Kompromisse schließen in dieser Welt. Aber in dieser Alternativzeit, da gibt es Mirjam und, wie heißt die große Frau, Deborah in der Richterzeit. Also in der Antistaatlichen Zeit gab es offensichtlich mehr Spielraum für Frauen auch in großen öffentlichen Ämtern. Deborah war eine Richterin, oberste Chefetage. Aber sobald staatliche Infrastruktur, Verwaltung, auch der staatliche Tempel, Tempel ist immer staatlich,

42:07
es gibt keine Trennung von Religion und Staat. Wer bezahlt denn den Tempel in Jerusalem? Natürlich der König. Wer bezahlt die Priestergehälter? Natürlich der König. Wer repariert eigentlich ständig den Tempel? Wer lässt es bezahlen? Der König repariert natürlich nicht selber. Der bricht nicht mal einen Fingernagel. Er lässt natürlich andere schaffen, aber er gibt Geld. Also Tempel ist immer Staatstempel. Und in einem Staatstempel haben Frauen nichts zu suchen. Nur männliche Opfertiere, männliche Priester. Frauenvorhof gibt es gar nicht am Anfang. Der Frauenvorhof kommt erst nach dem babylonischen Exil. Also ich fasse mal zusammen. Die Rolle der Frau war, bevor es festgezurrte staatliche Strukturen gab, hatten die Frauen noch viel mehr Spielraum. Aber der Spielraum ging zu Ende in der staatlichen Form in Israel.

43:00
Insbesondere auch im Kult, im Tempel. Und das war alles schon da, als diese Erzählung geschrieben wurde. Gut, jetzt will ich mal noch eine Vorfrage klären. Kann das eine Abwertung der Frau sein, wenn sie erst nach dem Mann geschaffen wurde? Zuerst wurde ja Adam geschaffen. Und der wird schon von Anfang an als Mann vorgestellt. Allerdings ist interessant, dass alles, was der Mann Adam macht, bis Jawa, Eva, geschaffen wurde, betrifft gar nicht speziell den Mann. Denn Gott schafft für ihn einen Lebensraum, den Garten. Da wohnt ja nachher Jawa genauso drin. Oder sagen wir mal, es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist. Heißt ja immer, Adam allein ist. Ist für die Frau allein sein gut? Meint man, für einen Mann ist es halt nicht gut, allein zu sein. Aber für die Frau ist es eigentlich gut. Nein, natürlich nicht.

44:00
Mit Adam ist bis Jawa geschaffen wurde, immer auch die Frau schon mitgemeint. Oder auch, sagen wir mal, von dem Baum der Erkenntnis darfst du nicht essen. Man merkt ja, dass das dann für die Frau auch gilt. Sie sagt ja, wir dürfen von dem Baum nicht essen. Also es gilt auch für die Frau. Und deswegen müssen wir auch annehmen, auch der Auftrag, die Adamat zu bebauen und zu bewahren, gilt nicht nur dem Mann als männliches Wesen, sondern es gilt dem Menschen. Also der Erzähler passt wahnsinnig auf, dass alles, was er über Adam sagt, bevor die Frau da ist, dass das nicht das Männliche betont, sondern das Menschliche. Das Wort Mann, Isch, erscheint erst dann, als das Wort Ischa erscheint. Der Mann ist nicht vorher männlich, wie die Frau weiblich. In der Begegnung mit der Frau erkennt der Mann, dass er ein Mann ist. Und so ist die Frau ihm von Anfang an eser, Rettung.

45:01
Der Mann findet seine männliche Identität in der Begegnung mit der Frau. Man wird sie Ischa nennen, denn vom Isch ist sie. Also der Mann wird nicht vorher männlich, wie die Frau weiblich. Auch wenn also Adam von Anfang an als Mann gedacht ist, passt der Erzähler verdammt auf. Gut, also das kann nicht so einfach sein, dass das eine Abwertung ist, dass die Frau erst anschließend erschaffen ist. Weil, wie ich gesagt habe, der Erzähler vermeidet es, alles, was bisher über den Adam gesagt wurde, gilt alles auch für die Frau. Also der passt auf, dass da keine Abwertung ist. Zweitens muss man sagen, in der Bibel steht oft am Ende das Wichtigste. Sagen wir mal im ersten Schöpfungsbericht ist der Mensch am Ende erschaffen. Und ganz am Ende, der Schabbat als Höhepunkt, Festtag,

46:00
kann man doch nicht sagen, das ist eine Abwertung. Bei den Gleichnissen Jesu steht das Wichtigste eigentlich immer am Ende. Also der Anfang ist was Wichtiges und das Ende ist was Wichtiges. Da kann man nicht gleich mit Abwertung kommen. Das ist eine Ringkomposition. Der Anfang bildet der Mann, das Ende bildet die Frau. Aber es gibt noch einen viel tieferen Grund, warum das keine Abwertung ist. Man hat in der Universitätstheologie dank des religionsgeschichtlichen Vergleichs, ihr merkt, wie wichtig der ist, folgendes festgestellt. Das kann man nur auf diesem Weg feststellen. Wer keinen religionsgeschichtlichen Vergleich macht, wird es niemals feststellen. Der wird gar nicht merken, was er nicht weiß. Das merkt er ja gar nicht. Man hat also festgestellt, dass es keinen altorientalischen Schöpfungsbericht gibt, keinen einzigen, wo nach der Erschaffung des ersten Menschen, der immer ein Mann ist, außerdem noch extra die Erschaffung der Frau erzählt wird.

47:03
Gibt es nirgends auf der Welt. Nirgends, darf ich euch öffentlich nach 100 Jahren echter wissenschaftlicher Forschung sagen. Dieser Text ist der einzige antike Text. Die einzige altorientalische Schöpfungserzählung, wo außer der Erschaffung des ersten Menschen, außerdem extra noch eigens die Erschaffung der Frau erzählt wird. Sollte das eine Abwertung sein? Nein, der Erzähler, der sicher männlich war, hat also die anderen Schöpfungserzählungen ja gekannt. Und er hat gesagt, hat sich gedacht, das ist einseitig. Wir müssen schon die Erschaffung der Frau auch extra würdigen. Also auf solche tiefen Erkenntnisse, die viel Freude bereiten, die unserem Herz viel Gesundheit vermitteln, kommen wir über die universitäre wissenschaftliche Forschung.

48:01
Jetzt will ich mal dem entlang gehen, diesem Text, und die Punkte besonders hervorheben, wo dieser Text verblüffend ist. Erstaunlich ist, gell? Für damalige Leute, ich sag euch, das war ein Tobak. Denn die Erzählung wurde geschrieben in der mittleren Königszeit, wo Israel, es gibt andere Völker, die noch patriarchalischer waren, Israel ist gebremst patriarchalisch. Aber Griechenland war weniger patriarchalisch wie Israel, muss man der Gerechtigkeitshalber sagen. Aber Israel ist für den Orient wirklich gebremst patriarchalisch. Und jetzt kommen verblüffende Aussagen. Ich will noch vorneweg sagen, wie kommt dieser Erzähler und diese Erzählgemeinschaft jetzt auf diese verblüffenden Aussagen, die ich euch gleich vortragen werde, wie kann so was sein, wenn wir nicht mit spektakulären Wundern und so was rechnen, sondern mit echten Erfahrungen, müssen wir Folgendes sagen, das liegt vermutlich an der Exodus-Erfahrung. Nämlich die Exodus-Erfahrung ist eine Art von Erfahrung,

49:05
die Männern, Frauen und Kindern gleicherweise gilt. Denn es sind ja nicht nur Männer befreit worden, es haben ja nicht nur Männer Ägypten verlassen und sind im gelobten Land eingekehrt, die Frauen genauso, die Kinder genauso. Also die Exodus-Erfahrung hat eine innere Schubkraft, die das Patriarchat relativiert. Und weil es diese Exodus-Erfahrung nur in Israel gibt, hat dieser Erzähler tief die Exodus-Erfahrung ernst genommen. Und er relativiert jetzt das Patriarchat, das er überall um sich herum sieht. Dieser Text ist ein echter Alternativtext. Gut, Julia, wie heißt der erste Satz? Sag mir es mal schnell.

50:00
Welcher erste? Also, Jahweh Elohim ließ einen Tiefschlaf fallen. Ja, so dass er einschlief. Ja, gut, du musst vielleicht immer wieder mal den Satz sagen. Also, Jahweh Elohim ließ über Adam einen Tiefschlaf fallen, so dass er einschlief. Interessant, das ist der erste Satz. Tiefschlaf heißt übrigens wörtlich übersetzt Todesschlaf. Steht hier im Hebräischen Todesschlaf. Also es ist wirklich ein tiefer Schlaf. Es ist verblüffend, die Erzählung der Frau wird ja überhaupt nie erzählt. Aber das erste, was hier klargestellt wird, ist, der Mann ist nicht mitbeteiligt bei der Erschaffung der Frau. Der hat da seine Pfoten nicht drin. Der kann seine männlichen Interessen gar nicht artikulieren. Der wird erst mal ausgeschaltet. Merkt's euch. Der wird erst mal ausgeschaltet. Das Wunderfrau ist genauso unmittelbar zu Gott wie das Wundermann.

51:03
Erst die fertige Frau, die wird dann zu Adam geführt. Wie die Frau geschaffen wurde. In der Erschaffung geht es ja ums Ganze orientalisch. Wenn der Orientale das Ganze auf den Punkt bringen will, dann erzählt er die Erschaffung. Also in der Erschaffung geht es um das Wesen der Frau. Und das kriegt der Mann nicht mit. Das merkt man ja heute noch. Also auch die Frau ist genauso wie der Mann unmittelbar alleine direkt von Gott geschaffen. Vorsichtshalber hat Gott den Mann gründlich ausgeschaltet. Jetzt kommt der zweite Satz. Dann nahm er eine Rippe und verschloss die Stelle mit Fleisch. Ja, jetzt. Dann nahm Jahwe Elohim eine Rippe und verschloss die Stelle mit Fleisch. Was ich da schon an grausamen Unsinn gehört und erlitten habe,

52:07
geht auf keine Kuhhaut. Und deswegen möchte ich die gesunde, realistische, plausible, wissenschaftliche Recherche euch mitteilen. Dann wisst ihr es für den Rest eures Lebens. Also die Erzählung ist ja eine Ethologie. Ich kann aber nicht in wenigen Minuten erklären, was eine Ethologie ist. Aber das ist eine Ethologie, diese Erzählung. Diese Erzählformen gibt es seit 200, 300 Jahren nicht mehr. Die ist euch unbekannt. Trotzdem, ich setze jetzt mal das voraus und sage es euch jetzt mit einfachen Worten. Die Menschen haben immer schon im Alltag, jedes Kind, alle Menschen haben gewusst, die Stabilität des Körpers, des menschlichen Körpers liegt am Knochengerüst. Das hat jeder gewusst. Das beginnt am Schädel, diese Schädelplatten. Dann auf der Rückseite die Wirbelsäule.

53:02
Dann die Beckenknochen, die Beckenschaufeln. Es gibt ja auch verwitterte Leichen, wo man das gesehen hat. Also Skelette hat jeder immer wieder mal gesehen. Es gab ja viele Kriegstote und so weiter. Also die Oberschenkel, Unterschenkel. Es gibt eben Oberschenkelknochen und Unterschenkelknochen. Und dann die Fußknöchle. Jetzt gehen wir mal auf die Vorderseite. Und dann gibt es Unterarme, Oberarme, Unterarme, Oberarme. Also die Stabilität kommt immer vom Knochengerüst. Von was denn sonst? Und jetzt gehen wir mal auf die Vorderseite. Oben ist ein Brustbein und sind Rippen. Aber bloß bis daher. Das ist komisch. Das ist den Menschen immer... Habt ihr mal in Biologie ein Skelett gesehen? Da ist ja ein richtiger Krater drin. Die untere Hälfte, Rippe, ist hier ein kollektiver Singular. So wie Kraut, Gebüsch. Im Hebräischen gibt es sehr viel kollektiver Singular. Auch Adam ist ein kollektiver Singular.

54:00
Der Mensch meint natürlich alle Menschen Menschheit. Und das ist auch ein kollektiver Singular. Es geht nicht um eine einzelne Rippe. Das wäre ja Unsinn. Es geht um die obere Rippenhälfte. Und das ist jetzt eine echte, elementare Frage der Menschen. Da brauchst du gar nicht so künstliche Spekulationen bringen. Das sind ganz einfache Grunderfahrungen der Menschheit. Wieso hören die Rippen eigentlich hier auf? Der Unterkörper ist ungeschützt. Der ist doch gradverletzbar. Die Leute haben sich gewundert. Wieso bloß die obere Hälfte? Vor allem beim Mann, der wird ja nicht schwanger, da muss sich's nicht dehnen. Wobei es gibt Käfer, weibliche Käfer, da dehnt sich's einfach. Das ginge schon. Aber beim Mann muss sich ja gar nichts dehnen. Und grad der Mann geht ja in den Krieg. Und dann kriegt er eine in den Bauch. Also, man fragt sich, wo ist eigentlich die untere Hälfte? Und die ist ja wirklich mit Fleisch verschlossen. Und er füllte es wieder auf mit Fleisch. Also, jeder Mensch, der ein Skelett sieht,

55:00
sagt, der Mensch hat einen Grater. Das ist die ethologische Grunderfahrung. Und jetzt passt auf. Von dieser Grunderfahrung, die natürlich jeder Mensch hatte. Ich bin bei was ganz Einfachem, Plausiblen. Ihr braucht keine verrückten Spekulationen. Könnt ihr jetzt Urlaub machen von euren ganzen verrückten Ideen? Es geht um eine orientalische Alltagserfahrung, die jeder kennt, die auch jeden beschäftigt hat. Wieso keine Rippen im Unterleib? Jetzt müsst ihr das Zweite wissen. Es gibt im Orient sehr oft Euphemismen. Euphemismen gibt es bei uns auch. Also, vielleicht fehlt mir einer so nebenbei. Eines habe ich mir vorher nicht so überlegt. Ein Euphemismus ist eine versteckte, andeutende Redeweise. Und zwar, Unterleib ist im Orientalischen ein Euphemismus für Erotik,

56:01
für Sexualität. Denn das hat auch jeder ethologisch erfahren. Mann und Frau ziehen sich an, aber besonders stark im Unterleib. Da zieht die mit Macht zueinander. Habt ihr das auch schon mal erlebt? Wie der Unterleib sich aneinanderreckt. Da ist irgendein Sog. Ja, das ist ja klar, weil sie sich aus dem Unterleib vom Mann erschaffen. Deswegen gehören die auch zusammen. Und deswegen wollen die da wieder zusammen. Das heißt, es ist eine wahnsinnig schöne, literarische, saftige, erotische Erzählung. Hier wird die Erotik, der Unterleib steht für Erotik, für Sexualität. Mann und Frau sind erotische Wesen. Und das ist gut so. Das hat der Schöpfer so gemacht. Hier kommt der Schöpfungsrang der Erotik. Übrigens, ohne von Kindern zu reden.

57:02
Von Kindern ist hier gar keine Rede. Im ganzen Genesis 2 gibt es keine Kinder. Sexualität hat auch Sinn ohne Kinder. Bloß die Kirche erträgt das nicht. Die konservativen, frommen Christen müssen immer ihren Klumpatsch in die Bibel neidrücken. Gott sei Dank hat die Bibel die hundertfache Qualität der frommen. Deswegen zieht nicht die Bibel auf eurem Niveau runter. Zieht euch zum Niveau der Bibel hoch. Da müsst ihr aber eine Weile ziehen. Hier erfolgt eine sexuell-erotische Deutung der Geschlechter. Geschlechter ziehen sich ganz tief im Unterleib an, denn sie sind erotische Wesen. Ich sage euch mal ein paar andere Euphemismen. Zum Beispiel Füße ist im arabischen, im semitischen und im hebräischen Euphemismus für Sexualität. Die Cherubim und die Seraphim in Jesaja 6, Jesaja 7, sie bedeckten ihre Füße.

58:00
Was meint ihr, warum sie gerade ihre Zehen bedeckt haben? Nein, sie verbargen ihre Geschlechtsteile. Ruth, die dann von Boas, diesem reichen Verwandten, die hat sich voll in den verknallt, der hilft ihr ja auch, legte sich zu den Füßen von Boas. Was schnuppert die wohl bei der Zehrung? Oder ein anderer Euphemismus, Garten für Schamhaare im hohen Lied, komm, ich will in deinen Garten. Und so weiter. Die Bibel ist ein sehr erotisches Buch. Ich behandle oft in der 9. Klasse Hauptschule hohe Lied. Da sind sie beeindruckt über diese saftige Erotik. Da kann man Hauptklässler für die Bibel gewinnen. Schön, wenn man so befreiend lachen kann.

59:01
Stellt euch mal vor, das hohe Lied, da geht es ja nicht um Eheleute. Freund und Freundin, komm, wir machen Liebe auf dem Feld. Das machen Eheleute eigentlich eher nicht. Ich will euch nur sagen, falls ihr wirklich biblisch werden wollt, überlegt es euch gut, ob ihr wirklich biblisch werden wollt. So weit zur Erschaffung aus der Rippe. Damit ist das ganz einfach völlig klar. Wie geht es weiter, Julia? Und er wurde sofort die Griffe, die er von Menschen genommen hat, zu einer Frau und führte sie zum Menschen. Jetzt führt Adam, meint ihr, Händchen halten oder wie stellt ihr euch das vor? Also auf jeden Fall, Elohim führt die Frau zum Menschen. Und jetzt kommt ein großer Augenblick. Das erste Wort von Adam. Das erste Wort von Jahwe, haben wir ja gesagt, eine Zusage. Eindeutig, klipp und klar, von allen Bäumen im Garten darfst du essen. Fühl dich frei, fühl dich spontan, sei unbeschwert, ist alles für dich.

60:03
Und jetzt kommt der erste Satz von Adam. Hört mal gut zu, original Ton Adam. Endlich, diesmal ist das Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. Gut, gut, ja und Fleisch von meinem Fleisch. Also ich muss ein bisschen anders betonen. Er sieht die Frau. Endlich! So müsste ich das sagen. Endlich! Nach den alten Tieren, gell. Der Mann ist begeistert. Das ist ein Positiverlebnis. Überbitten und verstehen. Überbitten und verstehen. Der typisch erleichtert, begeistert. Und jetzt passt auf, was man nur erkennen kann, wenn man sehr gute Brech kann. Dieser Satz ist poetisch. Und zwar ist der einzige Satz, der poetisch ist, aber dieser Satz.

61:02
Der hat genaue Hebungen und Senkungen. Es gibt ja Taktilen, Trofeus und so weiter. Im Hebräischen ist Lyrik nicht Reimen. Die Araber reimen nicht. Die Semiten reimen nicht. Reim ist was Europäisches. Sondern die arabische Lyrik, die semitische Lyrik ist nur rhythmisch. Regelmäßige Hebungen und Senkungen. Und dieser Satz ist poetisch. Er hat ganz regelmäßige, nur dieser Satz. Das heißt, in der Begegnung der Geschlechter erwacht die Sprache zur Poesie. Der erste Satz von Adam ist Kunst. Begeisterung. Endlich. Und dann, das ist Bein von meinem Fleisch. Wie heißt das nochmal genau? Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. Nicht ganz genau. Das ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. Also das ist ein genau rhythmisierter Satz. Also, jetzt ist auch interessant, dass Jahwe ganz still bleibt.

62:04
Ganz zurückhaltend. Er führt die Frau dem Mann zu und jetzt tut er ihn gar nicht bevormunden. Es soll wirklich seine Reaktion sein. Jahwe hätte ja auch sagen können, du Adam, guck mal, ich hab da was geschaffen. Das ist eine Frau, ist sie nicht süß? Hätte er doch sagen können. Nichts, nichts. Also bevormunden. Ich will jetzt auch ein Lob von dir hören. Er ist ganz still. Er bevormundet Adam nicht. Es soll ganz seine eigene Reaktion sein. Und die ist aber entsprechend. Gut. Jetzt kommt das nächste. Also ihr merkt, der Text ist so irre gut. Das endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. Diesen Satz kennt jeder im Orient, auch heute noch, jeder Araber. Das ist nämlich die allgemein jedem Menschen bekannte Verwandtschaftsformel. Die Blutsbande.

63:01
Es gibt ja auch Blutsrache. Also die Leute leben im Orient in der Sippe. Und die Sippenmitglieder, für die gilt, das ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. Das gilt für Männer und für Frauen. Deswegen kann das keine Abwertung von einer Frau sein, weil die Verwandtschaftsformel gilt genauso auch für Männer. Also wenn du sagen wir mal im Negev ein 12-Jähriger die Schafe hüten lässt, das machen meistens 11, 12-Jährige mit 13 Jahren verheiratet, und da kommt so eine Männerkarawane vorbei, die machen der 12-Jährigen aber nichts. Es gibt damals noch kein Handy, noch kein Notrufsignal, es gibt keine Polizeistation im Negev. Aber Sie wissen, das ist Fleisch von dem sein Fleisch und Bein von dem sein Bein. Wenn ich der 12-Jährigen was mache, kommt die Blutrache. Und die jagen mich bis ans Ende der Welt. Und dann lassen die ihre Pfoten von der. Das sagen dann die halb und ungebildeten Europäer, Blutrache sei primitiv. Das ist der einzige Schutz, den es gibt, wo es keine Polizeiinfrastruktur gibt und kein Telefon.

64:05
Und Blutrache ist überhaupt nicht primitiv, denn sie ist dazu da, dass es gar nicht dazu kommt. Sie ist als Schutz gedacht. Also, oder sagen wir mal, du gehst auf den Basar in Akko und da ist mein kleiner Bruder und der will da was verkaufen. Und da kommen da drei alte Männer und wollen den reinlegen, den Preis runterhandeln. Und mein 12-Jähriger, komm ich aber als 18-Jähriger und sag, hey du, das ist Fleisch von meinem Fleisch und Bein von meinem Bein. Und dann ziehen die Männer aber ab. Das ist der Schutz der Verwandtschaftsformel. Hier wird die Verwandtschaftsformel auf die Geschlechter angewandt. Übrigens zum ersten Mal in der Weltgeschichte. Und das heißt, die Geschlechter sind solidarisch. Die treten füreinander ein. Die schützen sich gegenseitig. Was ist denn da? Abwertung?

65:02
Jetzt machen wir weiter. Sie soll Ischa-Frau genannt werden, denn von Ischmann wurde sie gemacht. Im Anblick der Frau erkennt der Mann sich als Mann. Das ist nicht Arbeitshilfe. Und das ist auch nicht Fortpflanzungshilfe. Das ist Identitätshilfe. Das ist Rettung. Esser. Weiter. Darum wird der Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und an seiner Frau hängen und sie werden ein Fleisch sein. Hängen heißt so viel wie anleimen, kleben. Da ist Leidenschaft drin. Leim, Kleb, Leidenschaft. Der Mann wird an seiner Frau kleben. Und er wird Vater und Mutter verlassen. Übrigens eine größere Emanzipation gibt es doch gar nicht. Was meint ihr, wie viele Studentinnen und Studenten bei mir an der PH bereits innerlich ihren Vater und Mutter verlassen hat?

66:00
Da sagt der Schiller unterkant, vor dem Sündenfall war Adam infantil und kindlich. Erwachsener kannst du gar nicht sein, als wenn du Vater und Mutter verlässt. Übrigens, wenn man historisch nimmt, hat Adam gar keinen Vater und Mutter. Das wäre aber ein Blödsinn. Wenn Gott ausgerechnet dem einzigen Mann, der keine Vater und Mutter verlässt, was Vater und Mutter ist, dass er dem sagt, der Mann wird Vater und Mutter verlassen. Balla, Balla. Nein, hier geht es wirklich um tiefe, allgemeine, grundsätzliche Lebenswahrheiten. Wenn ich eine bestimmte Deutung aus Trauer ablehne, aus Trauer, weil ich weiß, wie viel Enge und Engstirnigkeit daraus kommt. Ich lehne das nicht zum Filetfanz ab, sondern aus tiefer Trauer. Ich lehne es deswegen ab, weil es tausendfach dem Text nicht entspricht.

67:00
Das sind doch echte Argumente. Es gibt eine Form der Lüge, die heißt, ich will es nicht wahrhaben. Ich will das einfach nicht wahrhaben. Das ist auch eine Lüge. Man komme mir nicht mit Argumenten, ich habe schon meine Meinung. So geht es nicht. So kommt ihr nicht weiter. Zumindest nicht in Wothaus. Also, der Mann wird Vater und Mutter verlassen. Den Satz gibt es nie wieder im ganzen Orient. Nie wieder. Nur an dieser Stelle. Dieser Satz ist eine Ohrfeige fürs Patriarchat. Er meint, die Leute waren mutig. Denn niemals hat in Israel ein Mann Vater und Mutter verlassen. Niemals. Macht keiner. Sondern wenn man heiratet, muss immer die Frau Vater und Mutter verlassen. Schon auch in Israel seit Jahrhunderten. Und das ist auch nach diesem Text so weiter gegangen. Gleichnis von den törichten Jungfrauen. Bei der Heirat wird in der Nacht in einem Fackelzug die 13-, 14-jährige Braut in die Sippe des Mannes integriert.

68:01
Der Mann hat keine Lust, so eine Sippe zu verlassen. Aber hier eine Ohrfeige. Dieser Satz ist Utopie. Er ist niemals verwirklicht worden in der Antike. Aber so steht er da. Das ist Gottes Wille. Und so wie es hier zugeht, ist es nicht Gottes Wille. Nämlich nach dem Sündenfall heißt es, und der Mann wird über dich herrschen. Und nach dem Sündenfall gibt der Mann Eva einen Namen, wie den Tieren. Aber vorher nicht. Weil Ischa ist ja kein Name. Er sagt ja auch zu sich Isch. In der ursprünglichen Schöpfungsordnung Gottes gibt es keine Dominanz des Mannes über die Frau. Patriarchat ist die Folge der Sünde. Und da heißt es in den kirchlichen Übersetzungen, und der Mann soll über dich herrschen. Ja, das täte den Männern so gefallen. Nein, es heißt im Hebräischen, er wird über dich herrschen. Nicht er soll. Er wird leider wegen der Sünde.

69:01
Patriarchat ist Sünde nach dieser Erzählung. Gut, also die Frau ist so wichtig. Die Geschlechter, die Anziehungskraft von Ehe ist hier überhaupt keine Rede. Null. Die Kirche hat das gleich mit ihrem Eheinstitut verbunden. So sind die kirchlichen Interessen. Und die regieren über die Bibel. Die Bibel wird ganz klar kirchlich instrumentalisiert. Volkskirchlich, Staatskirchlich, freikirchlich. Wird alles die Bibel manipuliert. Um Ehe geht es hier gar nicht. In Genesis 2 gibt es überhaupt keine kulturelle Institution. Weil jede kulturelle Institution unterliegt dem historischen Wandel. Und deswegen steht hier gar nichts von einer gesellschaftlichen Institution. Auch nicht von der Institution Ehe. Die Anziehungskraft der Geschlechter ist eine Schöpfungskraft. Wie dann die einzelnen Kulturen das kulturell, institutionell regeln,

70:01
steht auf einem ganz anderen Blatt. Dieser Text hat 0,0 mit Ehe zu tun. Da muss man schon schwer Bibel fremd hier manipulieren. Jetzt versucht doch mal die Bibel ernst zu nehmen. Auch gegen euch. Aber interessant ist schon für alle Zeiten, die Frau ist wichtiger als die Eltern. Die Eltern sind wichtig. Du sollst Vater und Mutter ehren. Aber das steht ja nicht in der Erzählung. Aber natürlich, das gilt natürlich. Aber die Frau ist noch wichtiger. Es gibt Männer und es gibt Frauen, die im Konfliktfall stellen sie sich auf die Seite der Eltern gegen die eigene Frau. Ich habe meine Mutter ein einziges Mal des Hauses verwiesen. Als sie meine Frau unflätig, schlecht, leicht beschimpft hat. Da habe ich meine eigene Mutter des Hauses verwiesen.

71:00
Weil ich wusste, jetzt muss ich Vater und Mutter verlassen und an meiner Frau hängen. Wir müssen alle früher oder später, wenn wir erwachsen werden sollen, Vater und Mutter verlassen. Das ist nicht ungehorsam, das ist nicht Respektlosigkeit. Das ist die Schöpfungsordnung. Noch ein Satz? Nein, ein Satz fehlt. Das ist sehr wichtig. So wird der Mann Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhängen. Und die beiden werden ein Fleisch sein. Ein Fleisch sein ist hier ganz umfassend gemeint. Basar, Fleisch, unser ganzes Leben, irdisches Leben ist fleischlich. Wir sind Fleisch, wir sind nicht Geist. Im Himmel werden wir Geist sein, aber jetzt sind wir Fleisch. Fleisch ist hier nicht fleischlich sexuell,

72:01
wobei das Sexuelle natürlich hier mit gemeint ist. Aber es heißt, eine umfassende Lebensgemeinschaft sein. Dieses Einsein hat die altmodische, traditionelle, konservative Eheideologie gesagt. Da werden wir eine Eheperson. Also Beauvais hat sich auf diese Formulierung, wir werden hier ein Fleisch sein. Und das ist jetzt negät. So kann ein Fleisch sein nicht gemeint sein, dass die Überschrift Vers 18 negät als ein Gegenüber. Nein, ein Fleisch sein meint hier eine Lebensgemeinschaft sein. Nicht zu einer Person werden. Sie werden einen Lebenszusammenhang bilden mit Einschluss der Sexualität. Das heißt aber nicht, sie werden Kinder haben. Sie werden heiraten. Steht nicht da. Und dann will ich ganz kurz diesen wunderschönen Abschluss ver- Sie schaffen jetzt leider nicht, vielleicht versuche ich ihn irgendwo nachzuholen.

73:01
Und sie waren nackt und brauchten sich trotzdem nicht zu schämen. Jubilate, halleluja. Nackt sein heißt ganz offen sein. Nicht körperlich nackt, sondern auch seelisch nackt. Es gibt sehr viele Nudisten, sehr viele Stripper, die sind aber seelisch ganz verborgen. Aber seelisch offen sein. Wir schämen uns doch oft. Jetzt kommt am Schluss die Scham, das Schamgefühl. Man hat heute tiefenpsychologisch erkannt, das Schamgefühl sitzt tiefer als das Schuldgefühl. Und deswegen kommt der Satz vor dem Sündenfall. Zwischen zwei und drei Jahren schämen wir uns. Wenn ein Fremder kommt, sagt man weg. Man schämt sich, dass man da ist. Es ist ein ganz tiefes Gefühl, das Schamgefühl. Das Schamgefühl erwacht zwischen zwei und drei Jahren. Das Schuldgefühl erwacht zwischen drei und vier Jahren.

74:00
Das Schamgefühl ist tiefer. Wir schämen uns doch alle schlechter Gedanken. Stell dir mal auf schlechte Taten. Und es ist uns dann peinlich, wenn es rauskommt, dass wir uns nicht mehr schämen. Was sagst du? Gut, muss ja nicht jeder wissen. Wir schämen uns immer wieder schlechter Taten, schlechter Gedanken. Und dann verhüllen wir uns. Warum schämen wir uns eigentlich? Weil es uns peinlich ist, wenn es rauskommt. Wir haben die Angst, vor dem durchschaut werden. Wir haben die Angst, dass es rauskommt. Ich bin froh, dass ihr nicht alles über mich wisst. Es gibt schon Dinge, da schäme ich mich. Und da möchte ich nicht, dass das in der Öffentlichkeit bekannt wird. Die Geheimdienste arbeiten alle mit diesen Erpressungen. Du kannst jeden Menschen dieser Welt familiär, geschäftlich, politisch fertig machen,

75:00
indem du bestimmte schämenswerte Dinge, die wir alle haben, an die Öffentlichkeit zert. Aber es würde technisch gelingen, dass die Gedanken öffentlich gemacht werden könnten. Da wären wir alle tot. Und deswegen sagt Kant, der hat auch sehr, sehr viel Gutes, Richtiges gesagt, der Mensch hat ein Recht auf Geheimnis. Privatgeheimnis, Telefongeheimnis, Briefgeheimnis. Wir haben ein Recht auf Geheimnisse. Die Geheimdienste, die bauen Kameras noch auf der Toilette ein. Und im Schlafzimmer. Also, sie nutzen das Schamgefühl aus. Für liderliche Zwecke. Also, wir schämen uns alle. Und ich sage euch, wenn wir uns schämen, fühlen wir uns nicht wohl. Da sind wir nicht glücklich und wir sind nicht zu Hause. Zu Hause sind wir dort, wo wir uns gar nicht mehr schämen müssen. Wenn die Angst vor dem durchschaut werden, mal ganz weg wäre.

76:00
Stellt euch mal vor, Gott kennt uns ja sowieso. Auch auf der Toilette, im Schlafzimmer, in allem. Er kennt auch die Folterkammern. Gott kennt ja sowieso alles von mir. Und er liebt mich. Vor Gott brauche ich mich nicht schämen. Und das ist die tiefste Heimat, die es gibt. Sie waren nackt, ganz unverhüllt. Und sie haben sich nicht zu schämen. Und das ist der Stil der Schöpfung.

Alles anzeigen
Ausblenden

Die Beziehung von Mann und Frau (Genesis 2, 18, 21–25) | 3.3.1

4. Vortrag zu Genesis 2 von Worthaus 3 – Weimar: 31. Mai 2013 von Prof. Dr. Siegfried Zimmer

Siegfried Zimmer kann auch romantisch. Und wie. Wie der Schöpfer Adam und Eva zueinander führt, das interpretiert er als eine Geschichte der Liebe, der Gegenseitigkeit und des Miteinanders. Zimmer räumt auf mit angeblichen Rangfolgen und mit den Abwertungen des Weiblichen. Nein, die Frau ist im Schöpfungsbericht keine Gehilfin, keine Dienerin, keine bessere Angestellte. Sie ist eine Retterin, sie begeistert den Mann, reißt ihn heraus aus dem Leid der Isolation. In der Einsamkeit Adams zeigt sich die Sozialität des Menschen: Adam braucht Eva, Eva braucht Adam, Mensch braucht Mensch.