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Ein wunderschönen guten Morgen zum zweiten Vortrag in der Reihe Wörthaus 3. Alle Vorträge sind diesmal Fortsetzungsvorträge. Sie folgen einfach dem Erzählfluss der Erzählung von Adam und Eva. Heute Morgen ist die erste Tat Gottes dran. Nachdem Gott Adam erschaffen hatte, ist die Frage, was passiert jetzt? Es geht um zwei Verse. Ihr werdet aber merken, die haben es in sich. Sie haben eine Leitfunktion, sie sind von grundlegender Bedeutung. Es sind die Verse 8 bis 9. 1. Mose 2, 8 bis 9, ihr könnt ja mitlesen. Wie immer werde ich diese Verse zweimal sagen.

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Und Jahwe Gott pflanzte einen Garten in Eden im Osten und ersetzte den Menschen dorthin, den er geformt hatte. Und Jahwe Gott ließ aus der Erde aufwachsen und dasho blurbte am Werakan und urstüt zweiten Muß. Ich will dazu die palabra wiederholen, die Hoffnung zuывайтесь." Jetzt Erzählohn. Und ich habe gestern ja eh die Zeit bis in die obersten Regionen ausgenutzt. Und das habe ich mir verkniffen, weil jetzt habe ich ein bisschen mehr Spaß, weil ich jetzt nicht mehr so viel zu tun habe. Aber ich habe auch die Zeit, die ich jetzt habe, um die Worte zu vermitteln, die ich jetzt habe. Und ich habe auch die Zeit, die ich jetzt habe, um die Worte zu vermitteln, die ich jetzt habe. Und ich habe auch die Zeit,

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die ich jetzt habe, um die Worte zu vermitteln, die ich jetzt habe. Und ich habe auch die Zeit, die ich jetzt habe, um die Worte zu vermitteln, die ich jetzt habe, um die Worte zu vermitteln, die ich jetzt habe. Und das hab ich mir verkniffen, weil jetzt habe ich ein bisschen mehr Spielraum. Es geht um das Wort Formen. Ja zah im Hebräischen. Also und Gott, Jahwe Gott setzte den Menschen dorthin, nämlich in den Garten, den er geformt hatte. Und dieses Wort Formen, auf das bin ich da nicht weiter eingegangen. Es gibt im Hebräischen zwei Worte für Töpfer-Tätigkeit. Eines davon ist Yad-Zar. Also, es ist ein Wort aus der Töpfersprache.

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Es wird in der Bibel auch die ganze Zeit in älteren Schichten, in jüngeren Schichten auch für die normale menschliche Töpferarbeit verwendet. Es gibt zum Beispiel das Gleichnis des Jeremia vom Töpfer. Und da steht auch Yad-Zar. Also, es wird auch für die menschliche Tätigkeit verwendet. Zunächst mal will ich das Wort erklären. Also, es gibt im Hebräischen zwei Verben für die Töpfer-Tätigkeit. Das eine Verb, das hier nicht steht, ist ein mehr handwerkliches Tun, wenn man so Standardware produziert, also irgendeine Töpferei produziert pro Tag so und so viel Krüge, Teller, Pfannen. Das ist mehr Routinearbeit. Also eine handwerklich gekonnte Routinearbeit für Standardware. Da gibt es ein hebräisches Verb. Und dann gibt es ein Verb, das etwas seltener benutzt wird, aber schon auch, das ist für eine künstlerische Modelliertätigkeit. Nicht für Routinearbeit, nicht für Standardware,

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sondern da braucht man eine kreative Idee. Und dann entsteht ein Kunstwerk, das man nicht einfach wiederholen kann. Und dieses Verb steht hier. Also, es ist eine künstlerische, kreative Tätigkeit, wozu man eine künstlerische Idee braucht. Also, damit will der Erzähler oder die Erzähler ausdrücken, wir sind ein Kunstwerk. Und das natürlich besonders betont aus Staub von der Erde. Mit Staub kann man nicht modellieren. Das ist das Gegenteil, das habe ich ja ausgeführt. Aber Gott hat irgendwelche Möglichkeiten, ein Kunstwerk daraus zu schaffen. Das ehrt also vor allem Gott. Gott kann auch aus Staub künstlerische Ideen verwirklichen. Und das ehrt den fremden Gott, der völlig anders arbeitet wie wir, den wir uns menschlich so nicht vorstellen dürfen.

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Und aber wir dürfen sagen, wir sind sein Kunstwerk. Wir sind keine Standardware. Also, so viel zu dem Wort Formen. Jetzt aber möchte ich diese beiden Verse mal gebührend zu würdigen versuchen. Ich bin der Meinung, dass die Kirche diese beiden Verse bis heute nicht ausreichend gewürdigt hat. Ich habe jetzt also mehr eine Vision für die Zukunft. Ich stelle mir vor, dass in der Zukunft des Glaubens diese Verse eine entscheidende Bedeutung haben werden. Sie eignen sich als Leitperspektive für die gesamte Religiosität. Diese beiden Verse. Ich kenne keine bessere Gesamtleitperspektive, kein besseres Motto, also keine bessere Leitlinie als diese beiden Verse. Die heutige wissenschaftliche Religionspädagogik

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ist gerade dabei, diese Verse zu entdecken. Es geschieht so jetzt gerade. Aber da ist noch viel Raum einzunehmen. Ich möchte zunächst mal ein paar Gründe nennen, warum ich diese beiden Verse so irrsinnig wichtig finde. Hauptgrund ist, es ist die erste Tat Gottes. Das gibt es nie wieder. Das ist wie beim Reißverschlussverfahren. Wenn du den Reißverschluss nicht richtig einfädelst, dann klappt auch nachher nichts mehr. Und die erste Tat Gottes ist insofern von grundlegender Bedeutung. Etwas Grundlegenderes als die erste Tat Gottes ist undenkbar. Alle anderen Taten Gottes, die dann noch folgen, die bauen alle auf diese Tat auf. Also wenn Gott es falsch eingefädelt hätte, oder wenn ich sage Gott, dann meine ich immer die erzählerische Darstellung des menschlichen Autors,

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der aufgrund seiner Gotteserfahrungen diese Erzählung entwickeln konnte. Also diese Erzählung ist schon das Ergebnis von Gotteserfahrungen. Diese Gotteserfahrungen dieser israelitischen Menschen spiegeln sich in dieser Erzählung. Sie drücken sich in dieser Erzählung aus. Also ihr müsst immer das so sehen, in dieser Erzählung fassen Menschen ihre Gottes- und Lebenserfahrung geläutert, im Gebet geprüft, mit anderen geprüft, zusammen. Also diese Erzählung ist ein Glaubensbekenntnis. Sie entstammt der Erfahrung. Und wir müssen praktisch bei jedem Satz zurückübersetzen, was haben wohl Menschen mit Gott erlebt, dass sie es in der Weise ausdrücken. Also nach Überzeugung der Erzählgemeinschaft und aufgrund ihrer jahrzehntelangen Gotteserfahrungen, die sie behaupten, gemacht zu haben,

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und mit deren Hilfe sie ihre Lebenserfahrung auch bewältigen, aus diesen Gotteserfahrungen heraus erzählen sie, das ist die erste Tat. Also das ist der erste Grund, warum ich diese Verse so wichtig nehme. Damit zusammenhängt ein zweiter Grund. Es gibt in der ganzen Bibel nur zwei Kapitel, nämlich 1. Mose 1 und 1. Mose 2, die ohne die Realität der Sünde erzählen. Alle anderen Kapitel der Bibel, 99,5 Prozent der Bibel, setzen sich immer schon mit der Realität der Sünde. Und das heißt jetzt für säkulare Menschen, dass irgendwas im Leben gestört ist, dass es im Leben auch Schädigungen gibt, destruktive Kräfte, Krieg, Feindschaft, Hass, Geldgier und was noch alles. Also die Welt ist auch ganz ordentlich gestört.

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Und mit dieser Störung, die nach biblischer Auffassung eine Folge der Sünde ist, setzt sich die ganze Bibel auseinander. Nur 1. Mose 1 und 1. Mose 2 behandeln pur Gottes guten Schöpferwillen, der noch gar nicht irgendwie durch Sünde überlagert ist. Und deswegen sind diese beiden Kapitel ja auch zu Recht am Anfang der Bibel und sind wie eine Eingangspforte in die ganze Bibel. Die ganze Bibel ist nach Überzeugung derer, die diese beiden Kapitel an den Anfang gestellt haben, die ganze Bibel ist von diesen beiden Kapiteln her zu verstehen. Also es ist die erste Tat Gottes in einem Kapitel, das sich direkt dem guten Schöpferwillen Gottes zuwendet. Das ist schon etwas sehr Besonderes innerhalb der biblischen Überlieferung.

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Jetzt kommen noch ein paar weitere mehr erzähltechnische Gründe dazu. Das Hineinsetzen des Menschen in den Garten ist der erzähltechnische Bezugspunkt für die ganze Erzählung. Nämlich ganz am Ende, in 1. Mose 3, 22 bis 24, das sind die letzten drei Verse, wird der Mensch aus diesem Garten entfernt, in den er hier reingesetzt wird. Das heißt, dieses Reinsetzen in den Garten ist der erzählerische Ausgangspunkt, Bezugspunkt, Ausgangsbasis für die gesamte Erzählung. In 1. Mose 3, 19, das ist also der fünftletzte Vers, heißt es, denn zur Erde wirst du wieder zurückkehren, von der du genommen bist, denn Staub bist du und zum Staub wirst du zurückkehren. Das ist eine Bezugnahme auf 1. Mose 2, 7, was ich gestern behandelt habe.

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Aber danach kommen Verse, die das Ende bilden und die beziehen sich auf das Hineinsetzen in den Garten. Also das Hineinsetzen in den Garten, nicht die Erschaffung des Menschen, die wird vorausgesetzt, ist der wirkliche Bezugspunkt dieser Erzählung. Das heißt, es geht immer um die erste Tat Gottes. Dann gibt es noch zwei weitere Beobachtungen. Das Wort Garten ist das häufigste hebräische Substantiv außer Jahwe, Elohim und Adam. Die beiden kommen natürlich noch mehr vor, das sind die beiden Hauptpersonen. Hawa, Eva, kommt als Name nur zweimal vor, sie ist aber bei Adam immer mitgedacht, erkläre ich später. Also abgesehen von Jahwe, Elohim und abgesehen von Adam ist das Wort Garten, Gann, das häufigste hebräische Substantiv dieser Erzählung. Und dann gibt es noch einen weiteren Punkt.

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Es folgen die Verse 10 bis 14, die könnt ihr mal schnell überfliegen. Diese Verse sind sehr eigenartig, sehr fremd für uns. Sie sind ein späterer Eintrag in diese Erzählung. Sie gehören nicht zum ursprünglichen Bestand, sind aber wichtig, es ist kein Werturteil, wenn ich so was sage. Ich enthalte mich da jedes Urteils. Nur es gibt wirklich satte, zahlreiche Gründe, zu sagen, das ist ein Eintrag. Und dieser ganze Eintrag, 10 bis 14, das sind fünf Verse, das ist bei so einer knappen Erzählung sehr viel, betont alles, alle Verse betonen das Hineinsetzen des Menschen in den Garten. Also dieses Hineinsetzen bekommt einen Exkurs von fünf Versen, der sich noch mal diesem Hineinsetzen widmet. Dass das ein Eintrag ist, merkt ihr an Vers 15, wenn ihr das mal schnell lest,

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da wird nämlich noch mal wiederholt, dass Gott den Menschen in den Garten setzt. Diese Wiederholung ist natürlich unnötig, aber nach diesem Exkurs von vier Versen hat es die Erzählgemeinschaft für richtig gehalten, hier noch mal direkt anzuknüpfen. Also das Hineinsetzen in den Garten wird dadurch doppelt erzählt in Vers 8 und in Vers 15. So was gibt es sonst auch nicht wieder. Also so weit mal die Gründe, warum diese zwei Verse grundlegend sind in einem grundlegenden Kapitel. Jetzt möchte ich kurz streifen, warum die Christenheit und die Kirche jahrhundertelang traditionellerweise diese Verse fürchterlich unterschätzt hat. Also die Verse harrend noch ihrer Entdeckung. Warum hatte die Kirche Tomaten auf den Augen? Das meine ich nicht abwertend, ich hätte es sicher auch gehabt. Also im Nachhinein ist man immer klüger, ich meine das nicht abwertend, aber man muss es feststellen.

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Das hat einen Hauptgrund, weil die Christenheit diese beiden Kapitel jahrhundertelang zeitlich verstanden hat als ein historisches Geschehen. Dann ist 1. Mose 3 zeitlich spät, also 3 zeitlich später wie 1. Mose 2. Da gibt es so Redensarten, die man jahrhundertelang ständig im Mund geführt hat, und die drücken das aus. Zum Beispiel, na ja, Genesis 2, also 1. Mose 2, ist ja vor dem Fall. Vor dem Fall. Gemeint ist der Sündenfall. Also kein Wasserfall, sondern der Sündenfall. 1. Mose 2 ist ja vor dem Fall, das betrifft uns ja gar nicht mehr. Wir leben ja nach dem Fall. Also Garten Eden, das ist so eine ferne Idealwelt, die hat ja geistlich gar keine Bedeutung mehr, denn wir leben ja nach dem Fall. So hat die Kirche diesen Text erledigt.

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Mit dieser Denkweise. Dann betrifft uns das gar nicht mehr. Ich war mal Mitglied in der Lehrplankommission des Landes Baden-Württemberg in den Jahren 1992 bis 1994, so ungefähr. Da war ich also Mitglied der Lehrplankommission der Grundschule für evangelische Religion. Das waren vielleicht so zehn bis 15 Personen. Da haben wir damals den alten Lehrplan noch mal studiert, der 40 Jahre lang seit Gründung der Bundesrepublik galt in Baden-Württemberg, für die Grundschule. Das war schon interessant, was mir da und den anderen aufgefallen ist. Aus der Erzählung von Adam und Eva gab es für die Grundschule nur einen einzigen Text in der Klasse drei. Und das war die Geschichte mit der Schlange. Der Sündenfall, der sogenannte Sündenfall. Der Ausdruck ist ganz schlecht. Sobald man sagt Sündenfall, gibst du ja damit zu erkennen, dass du die Geschichte zeitlich verstehst

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und damit Erster Mose II erledigst. Ist ja vor dem Fall. Und da sind wir alle... Ich hab da in der Lehrplankommission einen leidenschaftlichen Vortrag gehalten, dass das ungesund ist und ein schwerer Irrtum. Denn man kann Erster Mose III nicht verstehen, wenn man nicht vorher Erster Mose II behandelt hat. Aber der Kirche war einfach die Sünde das Entscheidende. Die Grundschüler sollten merken, dass sie Sünder sind. Dass sie vielleicht auch Gottes geliebte Geschöpfe sind, denen Gott eigentlich einen wunderschönen Garten zugedacht hat, das hielt die Lehrplankommission 40 Jahre lang für unwichtig. Das brauchen wir den Grundschülern gar nicht bekannt machen. Das war ja vor dem Fall, das betrifft die ja gar nicht mehr. Wichtig ist, dass sie merken, Sündenfall, sie sind Sünder. Das ist aber eine schwere Krankheit, von der man geheilt werden muss. Denn die Sünde kannst du überhaupt nur dann ernsthaft angucken,

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wenn du gegründet bist in Gottes gutem Schöpferwillen. Also, ich habe drauf gedrungen, dass der Garten Eden sofort rein muss in den Lehrplan der Grundschule, und er ist bis heute drin. Da bin ich sehr stolz drauf. Also, danke. Ich weiß, ihr meint es gut mit mir. Warum? Nicht, dass wir die Schuld und die Sünde unterschätzen und immer nur schokoladenartig, gell? So kommt dann die konservative Kritik. Nein, gar nicht. Die Sünde wird schon noch kommen. Am Freitag, gell? Die Sache mit der Schlange. Und dann werdet ihr merken, dass ich diesen Text, so gut ich kann, hundertprozentig ernst nehme. Aber eins muss man von vorne weg sagen, die Sünde ändert nichts an Gottes gutem Schöpferwillen. Da ändert sie gar nichts dran, überhaupt nichts. Der gilt trotzdem. Gott nimmt seinen guten Schöpferwillen nicht zurück.

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Und er weicht ihn auch nicht auf wegen der Sünde. Da tut man der Sünde zu viel Ehre. Also, ich habe drauf gedrungen, dass die Grundschüler die Wonne des Garten Edens erst mal nacherleben, nachspielen, nachpantomimisch und Tonen und Tänze aufführen, Reigentänze und was man alles machen kann, Atemübungen und so weiter. Nicht, damit ich ihnen nur so die Sonnenseite... Nein, sondern dass die Kinder in den guten Kräften so gegründet sind, dass sie die destruktiven Kräfte besser verkraften. Wir müssen ganz tief in Genesis 2 gegründet sein, damit wir Genesis 3 mit offenen Augen angucken können. Also, es geht nicht um die Kinder verwöhnen oder Schokoladenseite, sondern die Kinder stark machen, damit sie dem Destruktiven besser gewappnet sind. Darum geht es.

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Aber diese ungesunde Tradition hat das alles jahrhundertelang verhindert. Also, jetzt gehe ich noch mal zurück. Wir lassen jetzt diese unselige Tradition, die auch heute noch in vielen Millionen Christen ihr Werk tut, sondern wir lassen uns jetzt dadurch mal nicht mehr irritieren. Also, ihr Leute, wenn wir schon in Weimar sind, mache ich euch einen Vorschlag. Ich mache euch ernsthaft den Vorschlag, nehmt diese beiden Verse als Leitperspektive des ganzen Glaubens. Versucht es mal, könnt ihr mal probieren. Das hat nichts mit Idealismus zu tun, überhaupt nichts. Sondern wir gründen uns in dem gesunden Schöpferwillen Gottes. Also, ich habe da eine Vision für die Zukunft. Diese beiden Verse, wenn sie zur Leitperspektive der ganzen Religiosität werden, dann wird die Religiosität menschenfreundlich

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und sie wird zu einer tiefen Lebensfreude führen. Okay, nach dieser Vorrede habe ich gerade das Gefühl, ich sage euch noch mal die zwei Verse, weil um die geht es jetzt. Es geht um die Leitperspektive unseres gesamten religiösen Lebens, christlichen Lebens. Wir gründen uns in der ersten Tat Gottes. Worin denn sonst? Also, und Jahwe Gott pflanzte einen Garten in Eden im Osten und ersetzte den Menschen dorthin, den er geformt hatte. Und Jahwe Gott ließ aus der Erde aufwachsen vielerlei Bäume verlockend anzusehen und gut zu essen. Diese erste Tat Gottes ist auf jeden Fall verräterisch. Sie verrät etwas.

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Und zwar erstens mal verrät sie, was für ein Typ Gott ist. Immer nach der Erfahrung und Überzeugung der Erzähler. Also, die Erzähler sind überzeugt nach jahrzehntelanger Prüfung, wir müssen von Gott so erzählen, so stimmt es. Ich meine das immer so, ich sage das nicht jedes Mal. Also, wir können aus diesem Vers erst mal was über Gott lernen. Wer ist Gott, dass er mit dem Menschen gerade so anfängt und nicht anders? Das verrät ihn. Aber es verrät auch viel über den Menschen. Wer ist der Mensch, dass Gott mit ihm gerade so anfängt und nicht anders? Das verrät wahnsinnig viel über den Menschen. Also, ich werde jetzt diese beiden Verse unter zwei Fragestellungen befragen. Was verraten diese Verse über Gott?

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Warum fängt er gerade so an? Er hätte doch tausend andere Sachen machen können. Und was verraten diese Verse über den Menschen? Warum braucht der Mensch nach Meinung Gottes das als Erstes? Seine Nehfesch, seine Bedürfnisse. Was verlangen seine Bedürfnisse, seine Kehle, seine Nehfesch am allerstärksten? Also, erste Frage, was verraten diese Verse über Gott? Nach Auskunft dieser Verse, das heißt nach Auskunft der Lebenserfahrung und der Gotteserfahrung, die diese Verse ermöglicht haben. Nach Auskunft dieser Verse verliert Gott nicht sein Interesse, als er den Menschen erschaffen hatte. Da hätte er sagen können, jetzt habe ich den Kerl geschaffen, er soll selber gucken, wie er klarkommt. Satre sagt, wir sind in Stade, wir sind ins Dasein geworfen.

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Das ist eine Hauptauskunft von Satre, Jean-Paul Satre. Weil er die Lebenserfahrung hatte und die Deutung hatte, ich fühle mich wie ein Findelmensch. Irgendjemand hat mich ins Dasein geschmissen, kein Mensch hat mich gefragt. Ich habe weder Mitspracherecht noch ein Einspruchrecht gehabt. Irgendwie bin ich ins Dasein geschmissen worden und jetzt bin ich da. Das ist das Lebensgefühl von Jean-Paul Satre. Das Lebensgefühl derer, die diese Verse entwickelt haben, ist nicht so. Der Mensch ist kein Findelmensch, der ins Dasein geworfen wurde und dann soll er mal gucken, wie er klarkommt. Das ist nach dieser Überzeugung nicht so. Gott verliert sein Interesse nicht am Menschen, nachdem er ihn erschaffen hatte. Er bemüht sich weiter um ihn. Jetzt wird er erst richtig aktiv, Yahweh Elohim. Der unternimmt jetzt einige Aktivitäten. Alle Aktivitäten, die hier genannt sind, sind Aktivitäten Gottes.

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Er ist auf die Idee gekommen, nicht Adam. Adam, weiß man gar nicht. Also das war... Gott hat gemeint, so ist gut. Gott also pflanzte einen Garten, nicht Adam. Und er setzte den Menschen hinein. Und er ließ empor wachsen aus der Erde diese Bäume. Alles Aktivitäten Gottes. Adam hat doch gar nicht gewusst, was für ihn gut ist. Gott tut etwas für ihn. Er verschafft ihm einen Lebensraum, einen Lebensrahmen. Und sein Tun spricht Bände. Gott redet ja hier nichts. Er ist ein Pantomime. Das ist hier nonverbale Kommunikation. Aber sein Tun redet. Das Tun redet ja oft stärker als Worte. Und ich sage euch, dieses Tun redet. Ich will euch mal mit frischen Worten,

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dass ihr aus allen abgelutschten Schubladen rauskommt, gell? Ich möchte es mal so sagen, was wir hier erleben, ist ein bereitender Gott. Yahweh Elohim, der Gott der biblischen Botschaft, ist im Allerentscheidensten überhaupt ein bereitender Gott. Das gibt es übrigens in keiner Weltreligion. Dass Gott am stärksten entdeckt wird, weil er immer was vorbereitet. Der tut immer sich was ausdenken. Der bereitet immer was. Wenn ich mit Lehrern zusammen bin, vor allem am Sonntagabend, dann sage ich, oh, ich muss heim, ich muss mich vorbereiten. Ich muss mich schon wieder vorbereiten. Verdammt noch mal, ich muss mich vorbereiten. Ich sage den Lehrern, da seid ihr von Gott gar nicht so weit entfernt. Der tut auch immer was vorbereiten, gell? Ich sage euch, die Pädagogen sind nahe dran am Schöpfer. Der bereitet ausständig was vor. Und zwar mit Lust.

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Nämlich so, wie ich für andere etwas mir ausdenke. Wie ich etwas bereite. Das zeigt, wer ich bin. Wie nichts anderes. Das zeigt mein Herz. In diesem Tun, da brauchst du nicht viel reden. Da merkst du, was für ein Typ Gott ist. Wie ihr ein Kinderfest vorbereitet, wie ihr für Kinder den Heiligen Abend vorbereitet, mit wie viel Lust und Fantasie. Das zeigt, wer ihr seid. Ich hab von einem Mann gehört, dessen Frau schwerkrank ins Krankenhaus kam, sechs Monate im Krankenhaus war, und dann kam sie wieder heim. Der Mann hat inzwischen einen Kochkurs gemacht. Er konnte nie kochen. Und er hat seiner Frau ihr Lieblingsgericht selber vorbereitet. Da brauchst du nicht mehr viel sagen. So hat er ihren Empfang bereitet. Kann man? Muss man nicht. Nötig ist es nicht. Aber manche machen das. Also, ich wollte euch nur sagen, was wir hier erleben,

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ist das Heilsentscheidende in der Bibel. Etwas Tieferes, etwas Echteres. Etwas Authentischeres über Gott werdet ihr niemals finden. Er ist der bereitende Gott. Das ist das Göttliche an Gott. Er ist immer mit Vorbereitungen beschäftigt. Am liebsten denkt er sich was aus für andere. Das ist seine Hobby, seine Lieblingsbeschäftigung. Wer das glauben kann, der wird gesund. Das ist alles gut, wenn du das glauben kannst. Jetzt gucken wir mal in die Bibel rein. Weil die Kernbotschaft der Bibel lautet, Gott ist ein bereitender Gott. Das ist alles Produkt von echten Gotteserfahrungen. Es geht schon los mit den beiden grundlegenden Gotteserfahrungen, die zwei Exodus-Erfahrungen, die es in der Bibel gibt

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und die ihre Grundlage bilden, Abraham und Exodus. Abraham erlebte auch ein Exodus, eine Auszugserfahrung, weil irgendwann hörte er einen Ruf, zieh aus aus deiner Vaterstadt, aus deiner Verwandtschaft und aus deinem Haus in die Ferne, in ein Land, das ich dir zeigen werde. Wow. Und dann sagt die Stimme noch, ich werde dich zu einem großen Volk machen und in dir werden gesegnet werden alle Völker. Wow. Und dann zog Abraham aus. Die Kranken, die eine kranke Religiosität haben, von der man geheilt werden muss, die sagen, Abraham war gehorsam. Tiefkrank, die armen Kinder, die so eine Religiosität... Muss ich gehorsam sein? Gott hat zu Abraham gesprochen, oder war Abraham gehorsam? Damit ist ja alles kaputt. Nein, dieser Ruf war ein Versprechen, ein Anreiz.

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Und Abraham hat natürlich gespürt, wow, der Typ, der mich hier anredet, der hat schon alles vorbereitet. Der hat schon ein Land vorbereitet, der hat sich das alles schon überlegt. Ich bin dem wichtig. Der tritt sehr bewusst an mich heran. Der hat schon einen Plan entwickelt, bevor er an mich... Und dann geht Abraham. Er wird verlockt. Es war verlockend. Gott lockt die Menschen durch seine Versprechungen, weil Abraham hat gespürt, der Typ hat das alles schon vorbereitet. Dann hat er die Kraft, auszuwandern. Und alle Sicherheiten preiszugeben, die ein altorientalischer Mensch hat. Das ist seine Sippe, seine Verwandtschaft und sein Vaterland. Das kannst du nicht aus dem Kadavergehorsam heraus alles verzichten. Kann kein Mensch. Aber die Verlockungen, die geben in dir die Neugier. Du spürst ja auch, ich bin dem wichtig.

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Und dann kannst du auswandern. Das ist der Unterschied zwischen einer gesunden und einer kranken Auslegung. Dann der Exodus. Gott überredet Mose im Untergrund subversiv zu einer schweren Schädigung der europolitischen Großmacht Ägypten. Er nimmt ihnen nützliche Zwangsarbeiter weg. Das waren keine harmlose Arme, die der Staat sowieso nicht gebrauchen kann, wo er froh ist, dass er das Lumpenproletariat los ist. Sondern die Hebräer waren sehr nützliche, billige Zwangsarbeiterkräfte. Und die klaut er denen weg, die Stimme aus dem Busch. Politisch eine schwere Ohrfeige. Und da sagt er, ich bringe euch in ein neues Land, ein schönes und weites Land, in dem Milch und Honig fließt. Das hat er sich alles schon überlegt. Und dann ziehen die Habiro, die Zwangsarbeiter, aus.

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Und Yahweh Elohim sagt ihnen noch, ich werde mit euch sein. Diese zwei Sätze, die Versprechungen sind, ich führe euch in ein anderes Land, ein schönes und weites Land, nicht kleinkariert und eng, weit, weit. In dem Milch und Honig fließt, in dem eure Nefesh, eure Bedürfnisse, aber wirklich satt befriedigt werden. In so ein Land, das habe ich für euch mir ausgedacht. Und prompt ziehen die Habiro aus. Nimm diese zwei Sätze aus dem Exodus weg und du kannst den gesamten Exodus den Hasen geben. Das sind ja 20 Kapitel, die hängen aber wie eine Tür in zwei Angeln, hängen sie in diesen zwei Sätzen. Ich führe euch in ein anderes Land, in dem Milch und Honig fließt. Und ich werde mit euch sein. In diesen zwei Sätzen hängt der Exodus.

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Das ist der bereitende Gott, der sich da was ausgedacht hat. Hat er sich mal wieder was ausgedacht? Der ist immer wieder gut für Überraschungen. Gut, und dann geht es weiter. Bleiben wir mal beim bereitenden Gott, weil das macht euch für den Rest eures Lebens gesund. Deswegen, wir haben wenig Zeit, ihr seid ja echt gut. Wir haben wenig Zeit, ihr seid extra nach Weimar gekommen. Also, es muss man euch schon Vollkornbrot geben, damit ihr gut ernährt nach Hause geht. Also, in der Bibel heißt es zum Beispiel in einem Psalm, du bereitest mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Das ist der bereitende Gott, der bereitet dir einen Tisch. Du brauchst dich nur hinsetzen. Eine der schönsten Versprechungen, Verheißungen der Bibel steht in Jesaja 25, 6 bis 8, und die heißt... Jave Zeba Ott wird allen Völkern ein großes Festmahl bereiten. Mit bestem Wein, der guckt schon, nur der beste, der ist grad gut genug.

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Und markigem Fett, Fett ist für Orientale was super Gutes, gell? Und er wird die Decke wegnehmen, die die Völker bedeckt hat, und er wird den Tod vernichten für immer. Ich sag euch diese Versprechung, denn wir sind Kinder der Verheißung. Gott wird allen Völkern auf dem Berg Zion ein Festmahl bereiten. Ich sag euch, nur mit dem besten Wein. Da freu ich mich heut schon drauf. Amen. Jetzt machen wir mal weiter mit dem bereitenden Gott, weil da muss ich euch jetzt verorten, damit ihr dann bei der Geschichte der Schlange, die ihr habt, verkraftet. Das müsste erst mal gut geortet sein, in Gottes gutem Schöpferwillen. Paulus sagt im Neuen Testament, was kein menschliches Auge je gesehen hat, was kein menschliches Ohr jemals vernommen hat

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und was in keines menschlichen Herz jemals als ein Gedanke war, das hat Gott denen bereitet, die ihn lieben. Oder im Hebräerbrief heißt es, jedes Haus wird von jemand bereitet, der aber alles bereitet, das ist Gott. Und bisschen später im Hebräerbrief heißt es, Gott schämt sich nicht, unser Gott zu sein, denn er hat uns eine Stadt bereitet. Ganze Stadt. Er ist immer wieder für Überraschungen gut, gell? Er denkt sich da immer irgendwas aus. Jesus sagt mal in einem Gleichnis vom großen Abendessen, kommt, es ist alles bereitet. Und in einem anderen Gleichnis sagt Jesus, er erbt das Reich, das euch vor Grundlegung der Welt bereitet worden ist.

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Und in seinen Abschiedsreden sagt Jesus einmal, in meines Vaters Haus sind viele Wohnungen. Wenn es anders wäre, hätte ich es euch gesagt. Und ich gehe jetzt in meines Vaters Haus, in die vielen Wohnungen, um euch eine Bleibe zu bereiten, damit wo ich bin, auch ihr seid. Wow, ist das ein Satz. Damit wo ich bin, auch ihr seid. Wo Gott ist, entsteht immer auch ein Platz für mich. Also, er wird eine Wohnung bereiten. Das ist der bereitende Gott. Das ist das Geheimnis, die verlockende Kraft unseres Schöpfers, der sich immer was ausdenkt für andere. Das ist das Göttliche an Gott. Hier erleben wir das erste klassische,

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fundamentale Beispiel für den bereitenden Gott. Was bereitet Gott uns? Einen Lebensraum. Dass es in der Welt der Menschen, der Völker, der Parteien, der Berufsverbände keinen Frieden gibt, merkt man darin, dass sie sich ihren Lebensraum gegenseitig streitig machen. Die Völker dehnen sich aus auf Kosten des Lebensraums anderer. Sie besetzen ihn, sie vertreiben die Leute in Ghettos, in Reservate. Ich habe gestern oder vorgestern gehört, zurzeit sind 54 Millionen Menschen zurzeit auf der Flucht. Bist du auf der Flucht? Bist du ein Flüchtling? Wenn nicht, kannst du direkt jetzt mal ein Dankgebet verrichten. Denn Millionen Menschen sind auf der Flucht. Da hast du aber Glück, dass du es nicht bist. Du hast es verdient. Also, die Menschen machen sich den Lebensraum streitig.

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Und auch die Verbände und Parteien machen sich die guten Plätze streitig. Aber dem allen gegenüber gibt es auch eine raumschaffende Kraft. In all den Kräften, die Räume kaputtmachen und Räume besetzen auf Kosten anderer, es gibt auch eine ganz positive Kraft, die Räume schafft. Reiner Maria Rilke, einer der bedeutendsten Lyriker des 20. Jahrhunderts, hat mal Folgendes gesagt. Liebende erzeugen sich unaufhörlich Raum und Weite und Freiheit. Ich sage den Satz noch mal, weil er dermaßen gut ist. Liebende erzeugen sich unaufhörlich gegenseitig Raum und Weite und Freiheit. Dieser Gott hier ist ein raumschaffender Gott.

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Er eröffnet uns Räume. Wo Gott ist, da entsteht ein Raum für mich. Und Gott wird uns immer Räume eröffnen, vor dem Tod und nach dem Tod. Er ist ein Raumöffner. Denn wo ich bin, sollt ihr sein. Jetzt, was ist es für ein Lebensraum, den Gott schafft? Es ist ein sehr spezifischer Lebensraum. Es ist ein Garten. Ich sage euch, der normale Leser, der normale Israelit, der kennt keinen Garten. Er weiß, dass es so was gibt, aber ihr wisst ja... Das muss ich in der Nachricht mal kurz einfügen. Eine kleine Kulturgeschichte des Gartens. Muss man schon eine Sekunde überlegen. Ja, ich krieg die später nicht mehr so gut hin. Ich muss euch jetzt an der Stelle, also ist eine passende Stelle, mal einen kleinen kulturgeschichtlichen Überblick über den Garten geben.

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Weil der Raum, den Gott dem Menschen eröffnet, ist ein sehr spezifischer Lebensraum. Und ihr müsst über diesen Lebensraum jetzt ein bisschen Hintergrundgefühle entwickeln, damit ihr diese Verse tiefer aufnehmen könnt. Also, kleiner Exkurs von acht Minuten, kleine Kulturgeschichte des Gartens. Die historische Forschung hat deutlich belegt, es ist unbestritten, Gärten entstehen in der Menschheitsgeschichte erst ab einer gewissen Zeit, nämlich im zweiten Jahrtausend. Entstehen Gärten. Vorher gibt es keine Gärten, überhaupt keine. Es gibt kein Bild von einem Garten aus früherer Zeit. Es gibt nirgendwo einen direkten oder indirekten Hinweis auf einen Garten. Es gibt keine Erzählungen von einem Garten, die älter sind wie das zweite Jahrtausend. Der Garten entsteht erst im zweiten Jahrtausend, und zwar im Orient.

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Im Orient. Warum Orient? Wir müssen mal die Region ernst nehmen. Am stärksten entsteht die Gartenkultur in Mesopotamien. Führend sind Asyren, Babylonier, in Ägypten auch, aber nicht so ausdrucksstark wie in Mesopotamien. Also im Orient. Wir müssen mal diese Region ernst nehmen. Der Orient ist eine chronisch wasserarme Region. Also, ihr Deutsche kennt es nicht, meine Frau ist eine Halbschwede. Die Schweden haben nun wirklich genug Wasser. Jeder Schwede hat einen eigenen See. Also, in Finnland auf jeden Fall. Ich glaube, in Finnland gibt es mehr Seen wie Einwohner. Also, in diesen Ländern, die können das ja gar nicht begreifen. Der Orient ist chronisch wasserarm. 70 Prozent des Orients sind Steppe und Wüste. Da hört sich Garten ganz anders an wie in Deutschland. In so einer Region. Je schlechter, je ungünstiger die natürlichen Umstände sind,

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desto größer das Wundergarten. Also, im Orient entstehen Gärten in Mesopotamien und in Ägypten. Die hängenden Gärten sind ja ein berühmtes Beispiel. Also, die Babylonier vor allem haben eine enorme Gartenkultur entwickelt. Die Perser haben es dann von ihnen übernommen. Und das Wort für Garten im Persischen heißt Paraditsein. Und daraus entwickelt sich das Wort Paradies. Der Garten Eden heißt nicht Paradies. Das Wort gibt es da gar nicht im Hebräischen. Gan heißt Garten. Aber später, weil die Perser so die große Kultur wurden, wurden dann die Lehnenwörter Paradies aus dem Persischen entwickelt. Also, warum erst im zweiten Jahrtausend? Weil die Anlage eines Gartens erfordert eine gewisse Kulturstufe. Zumindest eine gewisse Bewässerungstechnik. Weil Gärten entstehen nicht von alleine.

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Von selbst. Gärten sind nicht nur Natur, sondern sie sind eine Synthese aus Natur und Kultur. Und deswegen können Gärten erst ab einer gewissen Kulturstufe entstehen. Gärten sind ja auch nicht unbedingt nötig. Du brauchst nicht unbedingt einen Garten für den Lebenskampf. Es sind viele Dinge für das Überleben notwendig, aber einen Garten nicht. Eindeutig. Ist ein bisschen Luxus. Jetzt brauchst du, um einen Garten anzulegen, einen hohen Aufwand. Jetzt muss ich euch erklären, dass die Gärten im Oriente nicht Schrebergärtle sind. Das ist ein Gärtle vor deiner Haustür, das kannst du vergessen. Es sind keine kleinen... Es gibt auch früher schon Gemüse- und Kräuterbeete. Ja, ja, das gibt's schon. Aber es sind doch keine Gärten! Gärten sind große Parkanlagen im Orient. Nicht Schrebergärtle. Also, denkt nicht an Kleingärtnerverein. Gibt's nicht im Orient. Sondern Gärten sind große Parkanlagen, die nur Könige haben.

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Nur sie haben das Wasserrecht. Und die Könige und Fürsten, also selbst andere Reiche, das war unterschiedlich. Es gab Gebiete, wo andere ganz Reiche auch sich Gärten anlegen durften. Da haben aber die Könige und Fürsten darüber gewacht, dass die viel kleiner sind wie die Königsgärten. Das war schon ein Privileg der Könige. Es gab aber auch Gegenden, wo es verboten war, dass irgendjemand außer dem König und den leitenden Fürsten einen Garten anlegen darf. Weil die haben gar nicht das Wasserrecht. Also, die orientalischen Gärten sind große Parkanlagen, Königsgärten, Palastgärten. Und da brauchst du einen Aufwand. Und wer kann das zahlen, diesen Aufwand? Natürlich nur die Herrscher. Und dann hast du ja nachher gar keinen wirtschaftlichen Nutzen. Denn die orientalischen Palastgärten haben keinen landwirtschaftlichen Ertrag. Darum geht's ja gar nicht. Sondern es sind Orte der Muse, wo sich dein Herz erfreuen kann. Orte des Genießens. Im Garten lagert man sich.

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Und es soll eine Freude sein für die Sinne. Da ist kein landwirtschaftlicher Nutzen. Wer kann so einen großen Aufwand sich leisten, der nichts bringt? Nur zur Muse. Ja, nur die Allerobersten. Also, so müsst ihr euch das vorstellen. Also haben im zweiten Jahrtausend nur die Allerobersten, also hängende Gärten, sind von Sanherib, dem Großkönig, und seinem Nachfolger, Azurbanipal. Die zwei haben zusammen die Kohle gehabt, die hängenden Gärten eines der sieben Weltwunder. In Nimmiwe waren die. Und ich sag euch, da sind richtige Wasserspiele. Da steigen Fontänen hoch. Und diese Gärten zeigt man gern den Gästen. Das ist nämlich auch eine Prestigesache. Das ist meine Aura als König. Ich kann Wasser herholen, wo's Wasser von alleine nicht ist. Ich kann sogar die Wasserrichtung umkehren. Jetzt steigt das Wasser nach oben. Boah, und ganz so kleine Wasserfälle sogar, gell? Reichlich Wasser in einem wasserarmen Gebiet zeigt die Macht der Herrschenden, ihre Aura.

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Es geht auch um Macht und Prestige. Da sind die Gäste beeindruckt. Und da unterschreiben sie aber schnell den Vertrag. Wenn sie mal den Garten gesehen haben, dann kuschen sie, gell? Das sind orientalische Gärten, andere gibt es nicht. In Jerusalem gab's keinen Garten. Jerusalem war ziemlich stinkig, eng, klein. Als David Jerusalem obert hat, hatte Jerusalem schätzungsweise 800 bis 1.000 Einwohner. Eng, stinkig, nicht mal eine gescheite Kanalisation. David hatte keinen Garten. Salomo auch nicht. Gibt's in Jerusalem nicht. Erst nach heutigem archäologischen Forschungsstand König Manasse im 7. Jahrhundert heißt auch zum ersten Mal in der Bibel, Zweiter König 21, er wurde begraben im Palastgarten. Aha, der hat einen angelegt. Und zwar, man weiß ungefähr den Ort, im südlichen Teil am Hang ins Kietrontal runter, da war der Palastgarten.

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Auch ein Prestigeobjekt, aber kleiner Fuzzi. Gegen die Metropolen in Ninive, die haben 80.000 Einwohner. Ninive, Memphis, Theben, Babylon, das sind Metropolen. Das ist Jerusalem, ein Kuhnest. Aber immerhin, ab dem 7. Jahrhundert haben sie auch ein kleines Palastgärtle gehabt. War auch ein Prestigeobjekt, aber die orientalischen Gärten, sag ich euch gern. Und das blieb so bis ins 18. und 19. Jahrhundert. In der Renaissance- und Barockzeit waren Gärten, Schlossgärten, Palastgärten, Ludwigsburgerschloss, blühendes Barock, kannst mal reingehen. Da wird eine richtige Gartenarchitektur entwickelt. Erst im Mittelalter gibt's auch Klostergärtle, und dann gibt's auch Schulgärten von Comenius und Pestalozzi, und dann gibt's auch Kindergärten 19. Jahrhundert. Also, der Garten wird langsam demokratisiert. Er wird ganz allmählich, aber erst im 19. Jahrhundert zum Allgemeingut.

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Das, was ihr für einen Gartenkontakt habt, den gibt's erst seit 100 Jahren. Nämlich erst am Ende des 19. Jahrhunderts, als die Industrialisierung, Ruhrgebiet, so weit fortgeschritten war, entsteht ein Bedürfnis nach ein bissle Grün. Und jetzt entstehen die Gartenvereine. Die hat Bismarck dann sogar gefördert. Gartenvereine entstehen 1890, 1895, und jetzt gibt's den Kleingartenverein, die Schrebergärte. Ab 1895. Kleine Kulturgeschichte des Gartens. Jetzt gehen wir wieder zurück. Gott schafft dem Menschen einen Lebensraum, einen sehr spezifischen Lebensraum, einen Garten. Ja, Garten. Ein normaler Israelit könnte sagen, du, ich kenn einen, der kennt einen, der hat schon mal einen Garten gesehen. So selten ist ein Garten. Die kennen ja nur steinige, schlechte Ecker und Böden mit dem Scheiß, Ungeziefer und so weiter,

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die einem alles abverlangen. Ein Garten, gell? Also, wenn ich als sparsamer Schwabe höre, dass Gott dem Menschen als Erstes einen Garten geschafft hat, da bin ich richtig provoziert. Da sagt ein Schwab, hat es sein müssen. War das niedig? War das niedig? Tut es dem Kerle gut, solche Flausen dem in den Kopf zu setzen? Ach, so reagiert ein anständiger Schwab. Ja, also irgendwie, Gott ist nicht sparsam. Es heißt in einem Psalm, er schenkt mir voll ein. Also, hier schenkt er auch gerade mal voll ein. Das Besondere, vergleichen wir mal das Gartenmotiv mit den altorientalischen Schöpfungserzählungen. Immer religionsgeschichtliche Vergleiche aus der Heimat der Bibel. Ja, in allen orientalischen Schöpfungserzählungen, die wir kennen, ich glaube nicht, dass noch neue gefunden werden,

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es gibt eine Reihe, sind alle ins Deutsche übersetzt. In allen Schöpfungserzählungen gibt es einen Garten. Völlig klar, weil Garten ist das Schönste. In den Schöpfungserzählungen ab dem zweiten Jahrtausend, vorher gibt es ja keinen Garten. Und da sind aber immer die Götter drin. Immer, ja, völlig klar, die Götter wollen das Beste für sich. Das wissen ja die Menschen auch von den Oberen. Damals sind ja noch keine Rechtsstaaten mit Volkssouveränität und freien Wahlen. Also, wir dürfen das nicht direkt auf heute übertragen. Aber die wissen ja, die Oberen, die Mächtigen, die wollen doch immer das Beste für sich. Die werden ja auch schön blöd, wenn sie es nicht machen täten. Und das machen die Götter genauso. Die haben ja auch richtig die Skepsis der Menschen über ihre Götter. Also, viel Gutes trauen sie denen nicht zu. Also, die gehen natürlich davon aus, die Götter wollen das Beste für sich, die wohnen im Garten. Und jetzt erzähle ich euch mal vom Atram-Hasis-Mythos, babylonischer Mythos, sehr bekannter. Da war es so, also, die Götter waren in ihren Götterhainen, in ihrem Garten, gell?

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Aber es fällt doch ein bisschen Gartenarbeit an, und da haben die Götter nun gar keine Lust dazu gehabt. Und da haben sie immer die jüngeren Götter verpflichtet, dass sie scheiß Gartenarbeit machen. Aber wenn die jüngeren Götter in die Pubertät gekommen sind, dann maulen die zurück, ich hab auch keine Lust, du machst ja auch nichts, ich mach auch nichts. Also, jetzt gab es in der Welt der Götter ständig Streit wegen der scheiß Gartenarbeit. Und jetzt beschließt der Götterrat im Atram-Hasis-Mythos, wir schaffen Menschen. Warum? Warum? Damit die unsere Gartenarbeit machen. Das ist altorientalische Schöpfungserfahrung. Dahinter steckt ja viel Erfahrung. Das erfinden ja die Leute nicht. Hinter den Mythen stecken ja Jahrhunderte Erfahrung. Und jetzt hier, ich darf euch öffentlich verkündigen, es ist der einzige Text des alten Orients, der allereinsamste einzige Text. Hier schafft Gott, damit er einen Garten für den Menschen anlegt.

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Ich darf euch sagen, auf die Idee ist noch niemand gekommen. Das ist qualitativ ein Quantensprung. Weil der Exodus-Gott, der am brennenden Dornbusch sich gemeldet hat, ist ja der Gott der Zwangsarbeiter. Der lässt nicht andere für sich schaffen, er schafft lieber selber für andere. Und der Garten ist hier kein Ziergarten für die Mächtigen. Nein, Gott will, dass unser Leben ein Garten ist für jeden Menschen. Das darf nicht Privileg der Herrschenden sein. Was für eine Schöpfungserzählung. Gott denkt sich, für den Menschen ist das Beste grad gut genug. Die Frage, wo wohnt eigentlich Gott? Dieser scheinbar naive Text, der gar nicht naiv ist, sagt, die Frage stelle ich hier gar nicht, die ist uns sowieso nicht zugänglich. Über diese Frage wird hier gar nichts nachgedacht, weil das übersteigt sowieso jeden Horizont. Wo wohnt Gott?

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Na, da merken Sie die Qualität. Nein, der Garten ist für den Menschen da. Also, ich sag euch, sowas hat's im Alten Orient noch nicht gegeben. Das können wir über Gott lernen aus diesen zwei Versen. Der bereitende Gott, der räumeschaffende, eröffnende Gott. Wo ich bin, entsteht ein Ort für dich. Und es ist ein besonderer Lebensraum, ein Garten. Den Gott erarbeitet und den Menschen einfach schenkt. Soweit über Gott. Jetzt die zweite Frage, was können wir über den Menschen lernen aus diesen zwei Versen? Ja, das Erste, was der Mensch braucht, ist eine Heimat. Der Mensch ist ein lokales Wesen. Ein lokales, örtliches, begrenztes Wesen. Der Mensch braucht als Allererstes einen Ort. Einen Ort, wo er hingehört.

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Einen Ort, an dem er sich verwurzeln kann. Wo er zu Hause ist. Kein war unstetig. Dieses Wagabundieren, das Umhergetriebensein. Das ist die Schlimmste, das ist schlimm. Denn der Mensch möchte wohnen. Die Entwicklung des Menschen hat lokale Voraussetzungen. Wohnen gehört zu den großen Integrationskräften des Lebens. Hast du eine Wohnung? Darf ich dich mal fragen, hast du eine Wohnung? Kannst froh sein. Da kannst du jetzt eigentlich schon wieder Dankgebet verrichten. Es gibt viele Menschen, die haben keine Wohnung. Das Erste, was der Mensch braucht, ist einen Ort, einen Lebensraum. Auch der Himmel, über den Pseudonaturwissenschaftler sagen, das stimmt ja gar nicht, das sind Milliarden Lichtjahre Leere.

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Und die blöden alten Völker mit diesem Käseglocke-Modell. Er hat eine Scheibe und dann ist so eine Käseglocke drüber. Diese Naturwissenschaftler wissen nicht, wie blöd sie sind. Denn sie leben selber jede Sekunde von dieser Käseglocke. Denn wenn unsere Augen die Milliarden Lichtjahre Leere sehen könnten, wären wir sofort tot. Wir wären sofort tot. Denn wir können das Gestaltlose, die Weite, die Leere, können wir nicht ertragen, denn wir sind lokale Wesen. Aber der Schöpfer hat unsere Augen so eingerichtet, dass wir wohnen können wie unter einem Zeltdach. Und davon leben alle, auch die atheistischen Naturwissenschaftler. Die leben jede Minute davon. Denn auch sie sind lokale Wesen. Jetzt, also dieser Ort, diese Heimat ist ein Garten. Garten gehört zu den Urwörtern der Menschheit.

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Die Urwurzel im Indogermanischen ist AR. Und im Kältischen dann ARS. Es gibt in Bayern eine Stadt am Inn, die heißt ARS. Südlich von Passau. Ich weiß noch, wie man mal dort war. Die ist von drei Seiten vom Inn umflossen. Von drei Seiten. Und da ist eine uralte keltische Heiligtum drauf. Weil das ist ein Garten. Der Garten ist umhegt von allen Seiten. ARS. Garten. Viele Menschen, die in der Stadt leben, die haben viele Namen. Hildegard, Friedgard, Irmgard, Liebgard, Stuttgart. Gert kommt alles von Garten. Die Gerte. Oder auch Jard, Hof, Jard. Da ist auch AR drin. Alles Garten. Weil der Garten hängt mit den tiefsten Bedürfnissen von uns zusammen. In den Träumen und in den Märchen

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spielen Gärten eine ganz wichtige Rolle. Es ist erforscht. Und zwar spielen sie in den Träumen genau die gleiche Rolle wie in den Märchen. Es kann kein Zufall sein. Ich habe selber zwei Jahre Psychoanalyse bei einem Traumforscher erlebt. Alle Gartenträume und alle Gartenmotive in den Märchen sind immer positiv. Immer. Es gibt keine Ausnahme. Unsere Psyche ist so eingerichtet. Friedrich von Weizsäcker hat ein Buch geschrieben. Im Garten des Menschlichen. Im Unterschied zum Wald. Der Wald ist unheimlich dick. Der Urwald ist unheimlich. Der Wald ist eine bedrohliche Größe im Traum und in den Märchen. Der Garten nicht. Der Garten ist Ausdruck der Freude am Leben. Also Hildegard, Friedgard, Irmgard. Ich habe mal an der PH immer wieder Studierende gefragt

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oder bei Lehrerfortbildungen. Ich sage euch jetzt mal ein Wort. Und ihr sagt bitte sofort in sekundenschnelle, schreibt ihr auf, was euch dazu einfällt. Gut, Sie haben Ihre Blätter gezückt in Bleistifte. Jetzt habe ich gesagt Garten. Und jetzt habe ich es seit zehn Jahren gemacht. Die können euch viele Antworten vorlesen. Die meisten sind sehr positiv, aber nicht alle. Also ich sage euch mal, ältere Menschen sagen oft, als Erstes fällt ihnen ein Arbeit. Weil so ein großer Garten ist eine schwere Belastung. Wir haben einen großen Garten, den schaffen wir gar nicht mehr. Das ist also eine echte Belastung. Und das macht mir ein schlechtes Gewissen. Wir sind beruflich so eingespannt, jetzt haben wir einen großen Garten. Wir lieben diesen Garten wirklich, aber es ist auch eine Last. Je älter man wird, desto schwerer wird diese Last. Also Arbeit, das kann man schon verstehen. Dann habe ich mal gehört, eine Studentin sagt unangenehme Kindheitserinnerungen. Da sage ich, also erzähl mal, was ist denn da dahinter?

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Ja, meine Eltern, so bei Göppingen, die haben so Schrebergärtle gehabt. Als ich Grundschulkind war, musste ich immer in diesen Scheiß-Schrebergarten. Ich hätte viel lieber mit meinen Klassenkameraden Fußball gespielt. Aber ich musste raus in diesen Schrebergarten. Eine Studentin schrieb mal auf Lärm. Na ja, habe ich auch gesagt, wieso? Da sagt sie, ja, wir sind mitten in Ludwigsburg, ich kenne den Garten. Das ist ein großer Garten, der ist umgeben von drei großen Verkehrsstraßen. Nirgendwo ist es so laut wie im Garten. Also ich will damit nur sagen, wenn ich nach euren Assoziationen fragen würde, da kommen da auch schräge und seltene und komische Sachen raus, die schon stimmen, aber diese Assoziationen müsst ihr jetzt ausschalten, wenn es um diesen Garten geht. Ihr dürft jetzt nicht zum Opfer eurer eigenen Assoziationen werden. Denn dieser Garten, da musst du nicht drin schaffen. Die Arbeit, du sollst sie bebauen und bewahren, da ist die Erde gemeint, du sollst die Adamah bearbeiten.

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Den Garten kannst du nicht bebauen und bewahren, den schafft nur Gott, er pflanzt ihn. Nur er kann diesen Garten pflanzen, nicht du. Und deswegen ist das nicht ein Garten als ein geografischer Ort. Dieser Garten findest du nicht auf dem Atlas. Sondern der ist ein Produkt von Gott. Und dieser Garten, das ist nicht der Ort der Bewährung, das ist die Adamah. In die Adamah musst du rausgehen, und das ist auch eine echte Herausforderung. Und wenn du dich da bewährst, da bist du zufrieden. Der Mensch will sich bewähren. Aber der Garten ist die Grundlage deiner Bewährung, dass du dich überhaupt bewähren kannst. Der Garten ist die Quelle dessen, aus dem du lebst. Was ist mit diesem Garten letztlich gemeint in der Erfahrung, dass du nicht mehr in die Welt gehst? Ich denke Folgendes. Alle schönen Grundlagen des Schöpferhandelns, von denen her wir leben,

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und für die wir nichts tun müssen, sie sind uns geschenkt, er setzt uns hinein. Das ist zunächst mal für mich die gesamte Schöpfung. Dann aber auch die Schönheit des Kosmos, die Sonne, die Gestirne. Dann aber auch die Erde mit all ihren Landschaften. Die Sinne, die Farben, die Töne, die Gefühle. Habt ihr es schon mal bewundert, dass es Farben gibt? Dass es Töne gibt? Dass es Gedanken gibt? Stellt euch mal vor, dass es da keine Gedanken gibt. Die Liebe, die Erlebnisse, die Neugier, das Staunen, das Entdecken können, das ist für mich der Garten. Das ist die Grundlage unseres Lebens. Die können wir nicht selber schaffen. Aber davon kommen die Lebenskräfte. Jetzt will ich noch folgenden wichtigen Gedanken skizzieren.

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Die erste Tat Gottes, das grundlegende Symbol der biblischen Religion, ist der Garten. In sehr vielen alten religiösen Texten, Mythen, Schöpfungserzählungen ist das erste Symbol die Höhle, die Grotte. Es gibt ja auch die Geburtsgrotte Christi. Zarathustra ist in einer Höhle geboren, in einer Grotte. Und die Höhle, die Grotte kommt in Tausenden von grundlegenden religiösen Mythen und Erzählungen vor. Es geht darum, ist dein Glaube gegründet in einer Höhle oder in einem Garten? Ich sage euch, das hat Folgen, tausend praktische Folgen. Denn die Höhle ist für ängstliche Menschen. Da bist du abgeschirmt, da kannst du dich abgrenzen. Von allen Seiten kannst du dich abgrenzen und von der ganzen Zeit Tür zuschlagen.

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Draußen ist die böse Welt, die dich überfordert, aber drinnen ist das warme Nest, da ist die Höhle. Also ist Religion für dich vor allem Schutz, eine Nische? Mein Heimat ist mein Schloss, das ist die Höhle. Da bist du abgeschirmt vor dem Leben, das dich überfordert. Also Gott ist der, der tut dich schön schützen, abschirmen, geborgen machen. Ja, der Garten ist schon auch umzäunt oder umfriedet. Jeder Garten ist begrenzt, aber er ist oben offen. Da regnet es rein, da wirst du wettergegerbt. In der Höhle wirst du blass. In der Höhle bist du tatsächlich abgeschirmt, Amen. Da hast du deine Prinzipien, da hast du dein Gebäude. Da bist du richtig abgeschirmt. Aber Erlebnisreize hast du nicht viel. In der Höhle gibt es keine Abenteuer, nur ein paar kleine. Aber im Garten, stell dir mal den Garten vor.

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Setz mal einen Dreijährigen in den Garten, der ist aber gleich weg. Der Garten ist schon auch ein Schutz, eine Umfriedung. Aber mit starken Erlebnisreizen. Der Garten ist ein Abenteuer. Ist Gott für dich eine Nische oder ist Gott für dich ein Abenteuer? Daran hängt, sage ich dir. Das sieht man dir in deinem Lebensstil sehr schnell an. Das riecht man 100 Kilometer gegen den Wind. Ob die Leute aus der Höhle kommen oder aus dem Garten. Ja, das ist die gesunde Religiosität, die ich euch empfehle. Siedelt um aus der Höhle in den Garten. Da blüht ihr. Da entwickelt ihr euch. Da habt ihr Anreize. Was ist ein Kind? Ein aktiver erkunderter Umwelt, sagt Piaget. Kinder sind aktive erkunderter Umwelt. Ja, das kannst du im Garten machen. Jetzt ist noch interessant, der Garten wird genauer beschrieben. Er ist ein Baumgarten. Nicht jeder Garten ist ein Baumgarten.

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Aber der Baumgarten ist der beliebteste aller Gärten. Weil Bäume sind was Besonderes. Sie zeigen an, dass hier Wasser ist. Bäume geben Schatten. Ich werde nie vergessen, dass ich mal mit der Studentengruppe im Negef in der Mittagshitze, ich war selber kurz vorm Herzinfarkt, wollte ein paar alte byzantinische Kirchen zeigen. War ein schwerer Fehler. Und vor dieser Kirche war ein Baum. Ich sage euch, die Studenten sind alle hingerasen. So schnell hab ich die noch nicht gesehen. Weil da war Schatten. Schatten. Im Orient kann Schatten sehr wichtig sein. Also... Es ist ein Baumgarten. Die Bäume zeigen Wasser an, sie spenden Schatten, sie haben Früchte, die angenehmste Form der Ernährung, wahrscheinlich auch die älteste. Und Bäume sind Orientierungsmarken. Du kannst einen Treffpunkt ausmachen. Unter den Linden, wo wir uns finden. Also, es ist ein Baumgarten.

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Und jetzt will ich zum Schluss das Schönste bringen, das mich seitdem ich es entdeckt habe, nie wieder verlassen hat. Und vieles meiner Lebensfreude, meiner kindlichen Hüpfer, die ich manchmal so mache, wenn die Lebensfreude groß wird. Karl Friedrich von Weizsäcker hat mal in seinen Lebenserinnerungen geschrieben, er erinnert sich an ein kleines Erlebnis mit fünf Jahren. Und da ist er eine Allee spazieren gegangen, mit regelmäßigen Bäumen, es war irgendwie im Frühjahr oder Herbst, und die Sonne brach durch diese Bäume und spiegelte sich. Es war ein Spiel von Licht und Schatten. Und dann erzählt Karl Friedrich von Weizsäcker, er hat hüpfen müssen. Er ist diese Allee hinuntergehupft. Vor lauter Lebensfreude. Dann kann man sagen, es ist gehupft wie gesprungen. Und Karl Friedrich Weizsäcker schreibt mit 85 Jahren,

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er glaubt, dass er noch immer von diesem Erlebnis seine Kraft bekommt. Das ist Lebensfreude. Also, wir brauchen eine Religion, die uns in eine tiefe Lebensfreude führt. Nicht abschirmend von Leid und Elend, aber wir brauchen Freude, um das Leid mit dem Leid fertigzuwerden. Bestehen zu bleiben. Wir müssen tief gegründet sein in Genesis 2. Also, was ist es für ein Baumgarten? Jetzt kommt die größte Entdeckung für mich aller Zeiten. Das ist meine größte biblische Entdeckung. Ich hab gelernt im Theologiestudium, die hebräische Sprache ist sehr asketisch, sehr zurückhaltend. Sie verwendet fast keine Adjektive. Weil Adjektive ist plump, ist kitsch. Zweit- und Drittrangige erzählen in Adjektiven.

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Wenn ich einen Erzählkurs mache, sage ich immer, den Studierenden streicht erst mal alle Adjektive raus, alles weg. Ihr könnt nachher vielleicht mal zehn Prozent wieder reinsetzen. Aber 90 Prozent eurer Adjektive einfach streichen, und schon allein dadurch wird die Erzählung am Zweiklassen besser. Im Vaterunser gibt es kein einziges Adjektiv. Die Übersetzung unser tägliches Brot von Luther stimmt nicht. Es heißt unser Brot für morgen. In den ganzen 150 Psalmen gibt es im Hebräischen ganz wenig Adjektive. Die bürgerlichen Übersetzungen der Deutschen wühlen sofort wieder in Adjektiven. Und damit machen sie die Psalmen kaputt. In allen Gleichnissen Jesu gibt es nur fünf oder sechs Adjektive. Wie der Vater dem Sohn entgegenläuft, er rennt, er fällt ihm um die Arme, er küsst ihn. Und zwar, wo ist denn da ein Adjektiv? Nix. Wie würden wir jetzt mit Adjektiven?

68:05
Also, die hebräische Sprache hat Qualität, und das zeigt sich unter anderem darin, dass sie sehr zurückhaltend ist mit Adjektiven. Sie wühlt nicht in den Gefühlen. Sie ist herrb. Und in der ganzen Erzählung von Adam und Eva gibt es ganz wenig Adjektive, ich glaub fünf oder sechs. Und jetzt passt mal auf, drei davon stehen hier. Das nenne ich die anthropologische Trinität. Die anthropologische Trinität. Also, was wird von diesen Bäumen gesagt? Das ist jetzt Gesundheit pur. Vielerlei Bäume, das ist das Erste. Ich sag euch, unsere Nähe versprachen Abwechslung. Wir brauchen das bunte Leben. Das ist das exakte Gegenteil von Langeweile, Uniformität und Eintönigkeit. Vielerlei Bäume, das ist ein ganz großer Ausdruck.

69:03
Weil der Schwab sagt, drei oder vier Sorte reichen doch. Es landet doch. Meine Eltern haben gesagt, als das zweite deutsche Fernsehen eingeführt wurde, wieso brauchen wir ein zweites Programm? Wir haben doch eins. Aber dem fantasievollen Gott entspricht der breit interessierte Mensch. Du musst ja bestimmte Haltungen haben. Die Haltung der Offenheit, der Entdeckerlust, der Neugierde. Die Neugierde ist das größte Gotteslob, das es gibt. Kein Kompliment ist so tief für Gott wie die Neugierde der Kinder. Darin wird Gott gefeiert. Der bunte Vielerlei, die Schöpfung, da kannst du fasziniert sein. Also das Vielerlei, plural. Die Kirche, die Fromme haben immer Angst vorm Pluralismus. Ist immer gleich eine Gefahr. Seht ihr auch den Reichtum? Diese angstbesetzten Zonen sind alles Höhlenbewohner.

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Also vielerlei Bäume. Dazu brauchen wir, das ist die Aufgabe der Religionspädagogik, Fördern, Beobachtungsgabe, Wahrnehmen. Wahrnehmen, die Religionspädagogik ist eine Wahrnehmungswissenschaft. Aufmerksam werden, sensibel werden. Erst mal hingucken, bevor du mit deinen Urteilen kommst. Lerne doch erst mal beobachten. Also das ist das Erste. Vielerlei Bäume. Die solltest du wahrnehmen. Sonst merkst du ja gar nicht, wie viele es gibt. Solltest du in dem Garten viel rumspazieren. Und mal sehen, wie viele Bäume. Das weißt du ja vorher gar nicht. Das ist das Erste. Pure Gesundheit führt zur Lebensfreude. Zweitens, jetzt wird es immer besser, Verlockend anzusehen. Das ist mein Lieblingswort im Hebräischen. Verlockend. Weil Gott ist ein verlockender Gott. Er lockt uns.

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Mich hat Gott auch verführt. Er hat mich verlockt. Das ist das hebräische Wort für Faszination. Das hebräische Wort, das hier steht, heißt voller Reize. Begehrenswert. Der Schwab würde jetzt sagen, ich bin hin und futsch. Das passt zu diesem Wort. Also vielerlei und alle sind verlockend. Wow, da sind wir beschäftigt bis zum Rest unseres Lebens. Ich sage euch, wir sind beruflich. Ich sage euch, wir sind berufen zu einem Leben des Staunens, des Bewunderns und der Faszination. Und da werden wir nicht fertig, bis wir in den Sarg plumpsen. Und dann gut zu essen. Das ist für Orientalische bildersprachig schon alles eine Bildersprache. Essen heißt intensiv aneignen. Zerlegen, speicheln. Es geht in Fleisch und Blut über. Ich eigne es mir richtig an.

72:01
Das ist ein Ausdruck für Intensität. Dieses vielerlei und diese verlockende, das muss intensiv erleben. Unser Leben muss nicht unbedingt lang sein, aber intensiv soll es schon sein. Also das Dritte ist die Intensität. Das ist die anthropologische Trinität. Vielerlei, verlockend und das alles intensiv aneignen. Was Gesünderes habe ich persönlich sonst nirgends gefunden. Was ist für einen orientalischen Menschen der Garten im Begriff des Heimatlichen, im Begriff des Üppigen, des Mehr-als-notwendigen? Gibst du deinen Kindern oder deinen Partnern oder deinen Freunden nur das Nötige oder bist du ein überfließender Mensch? Erleben die Kinder und Jugendlichen bei uns an Erwachsenen, dass wir mehr für sie tun als nötig? War das nötig?

73:01
Nein, der Garten ist der Inbegriff des Mehr-als-notwendigen. Gott ist auch nicht notwendig. Gott ist viel mehr als notwendig. Gott ist ein Wunder. Gott ist eine Überraschung. Was heißt da notwendig? Der Garten ist auch nicht notwendig. Dann ist der Garten der Inbegriff der Lust und der Wonne. Gärten sind Liebesgärten, Lustgärten. Mein Kollege hat früher immer gesagt, der ist jetzt in der Pensionierung, wo ein Wille ist, da ist auch ein Gebüsch. Also, im Garten kannst du dich verbergen, da kannst du dich verstecken. Der Garten ist der Ort der geheimen Liebe. Gärten sind Liebesgärten, Lustgärten. Der Schwabe wird schon wieder provoziert, bevor die Arbeit kommt. Ja, die kommt schon auch noch. Aber erst kommt Lust und Wonne und dann kommt die Arbeit. Ich meine, seid ihr wirklich gläubig? Seid ihr wirklich bibeltreu? Da geht es um ganz andere Dinge. Wenn du bibeltreu sein willst, dann lerne mal, dass erst die Lust und die Wonne kommen.

74:04
Und wenn die kommen, dann kannst du auch arbeiten. Aber die Arbeit kommt an zweiter Stelle. Der Garten ist der Ort der Lust und der Wonne. Und dann, der Garten ist der Ort des Sich-Entfaltens. Da kann sich alles entfalten. Da wächst alles, da blüht alles. Ist deine Gemeinde, ist deine Religion ein Ort, wo du dich entfalten kannst? Wird die Entfaltung deiner Persönlichkeit gefördert? Der Garten ist der Ort des Sich-Entfaltens. Und der Garten ist der Ort des Freiwilligen. Nicht Druck, nicht schlechtes Gewissen, nicht Pflicht. Leute, das Leben ist mehr als Pflicht. Das Leben soll ein Garten sein, der Garten lockt. Der Garten lockt. In den Garten gehst du immer freiwillig. Das zieht dich hin. Und da bleibst du, solang du kannst, da lagerst du dich. Im Garten hättest du nicht rum. Der Garten ist der Inbegriff des Freiwilligen.

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Er ist am weitesten entfernt von Druck und Drohungen. Also, ihr Leute, das ist die Leitperspektive nach dieser Erzählung. Unser Leben, dein Leben soll ein Garten sein. Gott ist der Meinung, so ist richtig. Der Garten ist gerade gut genug für dich. Der Garten ist nicht nur ein Lebensort, er ist auch ein Lebensstil. Dein Lebensstil soll ein Garten sein. Dazu müssen wir uns gegenseitig anregen, ermutigen, helfen. Das abwechslungsreiche, blühende, entdeckerische, neugierige Leben.

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Der Lebensraum des Menschen – der Garten Eden (Genesis 2, 8–9) | 3.2.1

2. Vortrag zu Genesis 2 von Worthaus 3 – Weimar: 30. Mai 2013 von Prof. Dr. Siegfried Zimmer

Für viele Deutsche mag es eine provozierende Botschaft sein: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen – nö, nicht bei Gott. Das Leben seiner Geschöpfe soll pure Lust sein. Das Beste ist für das Kunstwerk Mensch gerade gut genug. Nicht als naive Phantasiewelt interpretiert Siegfried Zimmer den Garten Eden, sondern zieht aus ihr eine zeitlos gültige Charakterisierung Gottes. Wie bei einer Zwiebel schält sich Zimmer Schicht für Schicht zum Kern einer heilenden Botschaft vor: Der Schöpfer meint es gut mit den Menschen, wo Gott ist, da hat auch der Mensch Platz, wo sein Garten blüht, da blüht der Mensch auf.