Sieben Sendschreiben sollte Johannes in seiner Offenbarung an sieben Gemeinden verschicken. Manche Gemeinden wurden in diesen Schreiben gelobt, andere getadelt. Was haben sie, die ersten Christen, richtig gemacht, was falsch – so sehr, dass der Auferstandene selbst ihnen eine Nachricht zukommen ließ? Mal wieder ist es nicht so einfach. Nicht die Gemeinde wurde gelobt, in der alle Gläubigen konfliktfrei zusammen beteten. Und nicht die getadelt, in der es den Gläubigen schlecht ging.
Siegfried Zimmer erklärt in diesem Vortrag drei der sieben Sendschreiben und schaut dabei tiefer, weit hinter das, was man zuerst zu verstehen glaubt. Er holt diese uralten Schreiben durch die Jahrtausende in die Gegenwart. Er erklärt furchtbare Übersetzungsfehler, die den europäischen Judenhass befeuerten. Er macht all denen Mut, denen schwere Zeiten bevorstehen. Und erzählt dabei auch ganz persönlich von seinem eigenen Schicksal.

Dieser Vortrag gehört zu der 12-teiligen Apokalypse des Johannes-Vorlesung von Prof. Dr. Siegfried Zimmer.

Zum ersten Mal in der Geschichte von Worthaus spricht Siegfried Zimmer in diesem Vortrag über sein eigenes Leben. Aus gutem Grund: Sein Leben führte ursprünglich in eine ganz andere Richtung, fernab von Theologie und Worthaus. Er hatte eine glückliche Kindheit und keine Ahnung von Kirche. Er spielte Tennis, Turnierschach und Klavier, wollte in diese Richtung studieren. Dann lud ihn ein Klassenkamerad zu einem Gottesdienst ein. Von der Überraschung, dass er dort Christ wurde, hat sich Zimmer bis heute nicht so recht erholt. Die Bekehrung war auch eine Kehrtwende in seinem Leben. Er wurde Pfingstler, änderte wieder die Richtung, studierte Theologie und hat damit heute die besten Voraussetzungen, über ein schwieriges Thema der Bibel zu sprechen: die Geistesgaben. Pfingstler streben danach, Theologen analysieren sie. Zimmer erklärt, was es mit diesen Gaben auf sich hat, warum sie ganz viel mit anderen und wenig mit einem selbst zu tun haben und warum man bei dem Thema sowohl Charismatikern als auch Wissenschaftlern gut zuhören sollte.

Es ist ein Name, den nicht viele kennen. Aber ein Name, an dem sich die Geister derer scheiden, die schon einmal von ihm gehört haben: Rudolf Bultmann. Der »dunkle Lord der Theologie«, wie Thorsten Dietz ihn nennt. Die einen nehmen seinen Namen kaum in den Mund, für die anderen ist es eine Gewissenssache, sich zu ihm zu bekennen. Dietz war selber Atheist, als er sein Theologiestudium begann. Er hatte also keine Angst vor Rudolf Bultmann. Dann bekehrte er sich und stieß auf Bultmanns Lehren, die »Abrissbirne des Glaubens«. Nicht ohne Grund schickt Dietz seinem Vortrag über Bultmann eine seelsorgerliche Einleitung voraus. »Wir müssen alle stark sein«, sagt er, und legt los: Von den Schockwellen, die Deutschland zu Bultmanns Lebzeiten erschütterten, von zerschmettertem Glauben, theologischen Erneuerungen und einem Theologen, dem die FDP zu links gewesen wären, der nicht an die Wunder der Bibel glaubte, aber dennoch zurück wollte zum Wort der Bibel, um die existenziellen Fragen des Lebens zu beantworten.

Es war einiges los in den deutschen Städten des 19. Jahrhunderts. Darwin rüttelte an den Grundfesten des Glaubens, Hieroglyphen wurden entziffert, Sintflutgeschichten außerhalb der Bibel gefunden, frühjüdische Texte tauchten auf, Bücherberge über die Religionsgeschichte wuchsen. Genies sprossen geradezu aus dem Boden, Goethe, Schiller, Schubert, Beethoven, Kant. Und mittendrin ein junger Theologe. David Friedrich Strauß pilgerte 1830 nach Berlin, hörte Hegel – und war begeistert. Alles schien ihm plötzlich durchschaubar. Er kehrte nach Tübingen zurück und schrieb ein Werk über das Leben Jesu. Darin lässt er zwei Pole, zwei verfeindete Lager der damaligen Theologie, aufeinanderprallen. Nur um dann zu sagen: Ihr habt doch alle recht. Was Strauß dann ausführt, ist so skandalös, dass auch ohne Internet und Social Media bald die ganze Gelehrtenwelt Europas Bescheid wusste. Mit dem Holzhammer ist er durch das Neue Testament gefegt und hat den einst gläubigen Nietzsche vom Glauben abgebracht. Strauß musste Deutschland verlassen, wurde nach Zürich berufen – und direkt, mit gerade einmal 30 Jahren, pensioniert. Zu gewagt wäre es gewesen, ihn lehren zu lassen.
Thorsten Dietz erzählt das Leben dieses »berühmtesten, strittigsten und spektakulärsten Theologietreibenden« seiner Zeit, berichtet auch von anderen wichtigen Persönlichkeiten und tragischen Geschichten. Er verspricht „ein bisschen Kopfschmerzen“ und nimmt die Zuhörenden mit auf eine Reise in das vorletzte Jahrhundert und zu der Frage: Wie sollen aufgeklärte, gebildete Menschen noch glauben können?

Sem und Japhet kennt man vielleicht, aber eigentlich nur in einer Reihe mit Ham, allesamt Söhne Noahs, damit irgendwie Vorfahren aller Menschen. War da sonst noch was?
Ja, sagt Religionswissenschaftler Michael Blume, und das wissen wahrscheinlich die wenigsten. Er erklärt, welche Bedeutung Japhet und Sem im Judentum zukommt, warum es Antisemitismus heißt und was ausgerechnet diese beiden damit zu tun haben, dass der junge Jesus Jahrtausende später in einer Synagoge mit Schriftgelehrten diskutieren kann. Denn Sem erfand etwas, was die Menschheit verändern sollte, was im Judentum Arme und Reiche einander gleicher stellte und was Menschen in Trance versetzen kann. Sein Bruder Japhet soll diese Erfindung noch weiter ausgefeilt haben, so dass die Trance ausblieb, aber Theologie und Bürokratie möglich wurden. Und Blume erklärt, was diese Erfindungen damit zu tun haben, dass Islam und Judentum keine Bilder brauchen, dass das Christentum dagegen ohne Bilder, Musik und Lichter im Gottesdienst nicht auskommt und dass gerade Juden so oft angefeindet und verfolgt werden. Dabei trifft der Antisemitismus auch ins Herz des Christentums und des Islams. Und bedroht schließlich uns alle.

Wer Kinder hat, kennt es: Da befreit man sie aus dem tristen Alltag, macht einen Ausflug in den Zoo, kauft Eis und Plüschtiere – und dann nörgeln sie doch wieder nur. Undankbares Volk. Und trotzdem liebt man die Bande ja. So oder ähnlich ging es Gott wahrscheinlich, als er sein geliebtes und erwähltes Volk aus der Sklaverei in Ägypten befreite, in der Wüste mit Wasser und Manna versorgte und sie dahin führte, wo sie sorgenfrei und gut leben sollten. Und was taten die Israeliten? Rannten davon, suchten sich andere Götter, beschwerten sich dann doch bei ihrem Gott und verlangten immer wieder, nach Ägypten zurückzukehren, da war es doch eigentlich ganz schön. Diese Geschichten zwischen dem Berg Sinai und der Grenze zum gelobten Land stehen im Buch Numeri. Es ist das unbekannteste Buch der fünf Bücher Mose. Völlig zu unrecht, beschreibt es doch wie kaum ein anderes, wie Gott mit seinem Volk umgeht. In keinem Buch spricht er so viel wie in Numeri. Es ist die Grundlage der Beziehung zwischen Gott und seinen Kindern. Der Theologe Christian Frevel bringt uns dieses Buch näher, das er selbst so faszinierend findet. Er blickt hinter die Zahlen und Listen im Numeri-Buch, die so viele Menschen abschrecken. Er zeigt, was das Buch mit der Suche nach Identität und Einheit trotz Vielfalt zu tun hat. Und er bringt diese uralte Schrift ins Heute. Denn dieses Buch kann auch allen von uns Orientierung bieten, die sich durch ihre ganz eigene Wüste schleppen. Dieser Vortrag gehört zur Reihe »Vorworte: Einführungsvorträge zu jedem biblischen Buch«

Es kann stolpern, schmerzen, reißen, brechen, es hält unheimlich viel aus und uns dabei am Leben. Unser Herz ist mehr als eine Pumpe. Es schlägt 100.000 Mal am Tag, durch Blutbahnen, die aneinandergereiht zweimal um die Welt reichen. Sein Schlag ist Rhythmus und Spiegelbild unseres Lebens. Sind wir glücklich, schlägt es leichter, sind wir ängstlich, schlägt es schneller. Und wenn wir uns verschließen, erbarmungslos sind uns und anderen gegenüber – dann verengen sich auch die Gefäße rund um unser Herz. Kein Wunder also, dass die Menschen vor uns in allen Epochen, in fast allen Kulturen, das Herz als das wichtigste Organ im Menschen betrachteten, Sitz von Identität und Seele. Der Theologe Siegfried Zimmer erzählt in seinem Vortrag, was unsere Vorfahren über diesen Mittelpunkt ihrer Existenz dachten. Er erläutert philosophische, theologische und medizinische Erkenntnisse. Und er erklärt, was dieser unruhige, vergängliche Teil unseres Körpers auch heute noch mit unserem Glauben und unserer Seele zu tun hat.

Stell dir vor, du lebst in einem Land, in dem du nicht frei sagen kannst, was du denkst. Im schlimmsten Fall kommst du für unerwünschte Aussagen ins Gefängnis, oder du verlierst nur deine Arbeitserlaubnis, wirst gemieden und ausgelacht. Nicht schön. Gotthold Ephraim Lessing lebte im falschen Land zur falschen Zeit, um geradeheraus zu schreiben, was er dachte. Also schrieb er verschlüsselt, schrieb Nathan der Weise und Emilia Galotti. Er war clever, versteckte, was er wirklich dachte, in Theaterstücken. „So raffiniert, dass er manchmal wahrscheinlich selber nicht wusste, was er dachte“, sagt Thorsten Dietz. In seinem Schlüsselvortrag über die Bibelkritik in der Aufklärung, erklärt er zentrale Weichenstellungen im 18. Jahrhundert, die uns bis heute betreffen. Anschaulich, aber anspruchsvoll beschreibt er das Leben Lessings, seine Lehren und den großen Streit unter Gelehrten, in dem Lessing die Hauptrolle spielte. Denn er war nicht nur Theaterautor. Er war auch Bibliothekar. Und eines Tages, irgendwann um das Jahr 1777 herum, fand Lessing Texte von Hermann Samuel Reimarus. Echtes Dynamit, das merkte Lessing schnell. Texte, die den gesamten christlichen Glauben infrage stellten. Echtes Plutonium in einer Zeit, in der ohnehin noch Glaubenskriege tobten. Lessing veröffentlichte die Texte. Und entfesselte damit einen Streit, der unser Verständnis von Glaube und Geschichte bis heute prägt.

Seit Jahrhunderten wird die Bibel ausgelegt, interpretiert und erklärt. Aber kritisiert? Das wird sie noch nicht lange. Und die Bibelkritik wird ihrerseits kritisiert.
Ihr stellt Menschenwort über Gotteswort! rufen die Kritiker der Bibelkritik.
Ihr seid antimoderne Fundamentalisten! kritisieren die Bibelkritiker.
Thorsten Dietz lässt beide Positionen aufeinanderprallen. In diesem siebten Vortrag der Worthaus-Serie »Geschichte der Bibelauslegung« legt er die Grundlage für das Verständnis der historisch-kritischen Methode. Er erklärt, wie im Humanismus erste kritische Arbeiten entstanden, wie die Reformation die historisch-kritische Methode vorantrieb und nun auch die Katholiken der Heiligen Schrift auf den Grund gehen wollten. Und er erzählt, wie ausgerechnet ein jüdischer Brillenglasschleifer quasi als Hobby die Grundlage für die historisch-kritische Methode legte und die Botschaft der Bibel auf drei Punkte zusammenfasste.

Es ist ein Buch voller Regeln und Zurechtweisungen, keine leichte Kost in unserer Welt, in der Freiheit über allem steht und die meisten Menschen auch ihren Glauben an Gott eher locker nehmen. Thomas Hieke erklärt, warum es sich lohnt, sich dieses Buch genauer anzuschauen. Warum es nicht abgetan werden kann als eine Unmenge an Regeln, die ja den Israeliten, den Juden gegeben wurden, die mit uns nichts zu tun haben. Denn es geht um mehr als Regeln und wann welcher Priester welches Opfertier darbringen darf. Es geht um Versöhnung, um Gewissensbisse und Schuld. Darum, wie wir Menschen miteinander umgehen. Warum etwa die Verarmung großer Bevölkerungsanteile Freiheit und Wohlstand aller gefährden oder wie Geschlechtergerechtigkeit vor 2500 Jahren aussah. Und es die Grundlage dafür, den Tod Jesu überhaupt erst zu verstehen. Wer Hieke zuhört, verliert die Gleichgültigkeit vor diesem Buch. Denn seine Deutung von Levitikus kann zu mehr Glück und Erfüllung führen.

Dieser Vortrag gehört zur Reihe »Vorworte: Einführungsvorträge zu jedem biblischen Buch«.

Es war doch alles schon erzählt: Der zeugte den, dann kamen ein paar Könige, einer baute einen Tempel und irgendwann wurden Tempel und Stadt zerstört und die Oberschicht der Israeliten nach Babylon verschleppt. Wozu also nochmal zwei Bücher, die seitenweise Namen auflisten und das ganze Grauen der Niederlage vor den Babyloniern erzählen? Und die ganze Geschichte dann auch noch an bedeutsamen Stellen verändern? Diese Fragen haben sich durch die Geschichte hinweg sicher unzählige Menschen gestellt und die Chronikbücher schnell überblättert. Wusste man ja alles schon. Der Theologe Thomas Hieke möchte die Chronikbücher von der unverdienten Geringschätzung befreien. Er erklärt, warum die Bücher wichtig sind, warum manches verändert, anderes neu erzählt wird. Und er führt in seinem Vortrag zum Herz der Chroniken, zur zentralen Aussage dieser zwei Bücher, die eben mehr sind, als ein Nachtrag zu den anderen Geschichtsbüchern. Und die auch heute noch zu uns sprechen sollen.

Dieser Vortrag gehört zur Reihe »Vorworte: Einführungsvorträge zu jedem biblischen Buch«.

Für manche Christen steht es fest: Homosexualität ist Sünde. Darf nicht sein. Wer so fühlt, sollte den Drang unterdrücken, kann eben keine Partnerschaft leben, schade, aber ist so. Wer so denkt, kann hier wegklicken. Denn in diesem zweiten Vortrag zur Homosexualität richtet sich Thorsten Dietz an jene Menschen, die sich zerrissen fühlen zwischen Toleranz und dem, was vermeintlich in der Bibel steht, zwischen moderner Weltanschauung und uralten Schriften. Die andere nicht für etwas ausgrenzen wollen, wofür sie nichts können, aber gleichzeitig christlichen Lehren treu sein wollen. Um dieses Spannungsfeld auflösen zu können, muss man verstehen, was in der Antike damit gemeint war, wenn „ein Mann bei einem Manne liegt“ oder wenn die Männer Sodoms zwei männliche Gäste vergewaltigen wollen. Und welche Vorstellung von Sexualität die Menschen der Antike teilten, wer mit wem Sex haben durfte. Und wer nicht.
Aber lassen sich die Vorstellungen der Antike auf die Gegenwart übertragen? Sollen wir Homosexuelle verurteilen, wo doch unsere Vorstellung von Partnerschaft, Liebe und Sexualität nur wenig mit dem zu tun hat, was unsere Vorfahren in der Antike dachten?
Dietz gibt eine klare Antwort. Und die führt aus dem Spannungsfeld und manchen sogar hin zu einem neuen Verständnis der Bibel.