Setzen Sie sich außerhalb der Großstadt unter einen sternenklaren Himmel. Lassen Sie die Gedanken in die Unendlichkeit strömen, bis Sie sich ganz klein fühlen. Auch wenn es pathetisch klingt und der moderne Mensch für so etwas keine Zeit hat – kaum einer, dem in so einem Moment nicht die großen Fragen des Lebens in den Sinn kommen: Wer bin ich? Was ist mein Platz in dieser Unendlichkeit? Und was ist da draußen sonst noch alles? Jahrtausendelang haben Priester diese Fragen beantwortet, später auch Philosophen, heute hören wir lieber Naturwissenschaftlern zu, Physikern und Biologen, die von Atomen und zahllosen Zufällen erzählen. Theologe Patrick Becker, selbsterklärter Fan der Naturwissenschaft und dankbar für ihre Errungenschaften, zeigt ihre Grenzen auf. Er erklärt, warum es nicht reicht, die Welt durch eine naturwissenschaftliche Brille zu betrachten. Und warum gerade jeder Mensch als Individuum mehr braucht, als Antworten aus der Physik und Biologie auf die großen Fragen des Lebens.

Wer tut es nicht? Zweifeln am Sinn des Lebens, an Gott, am Grund der eigenen Existenz? Wir sind eine Wissensgesellschaft, sind aufgewachsen mit Gedichtanalysen, Textinterpretationen und anderen Formen des Hinterfragens. Nichts ist mehr vorgegeben, der Beruf nicht, die Art der Partnerschaft nicht und auch nicht das, was nach diesem Leben kommen soll. Dass jeder zweifelt und zweifeln darf, ist neu in unserer Kulturgeschichte. In vergangenen Jahrhunderten waren es die großen Denker und Philosophen, die gezweifelt haben. Von ihnen erzählt Theologin Christiane Tietz, nimmt berühmte Gottesbeweise auseinander und erklärt, wie das Gefühl der Hoffnungslosigkeit, das Zweifel an Gott auslösen, überwunden werden kann.

In der Mitte ist die Erde, darüber der Himmel, darunter die Hölle – so sah Jahrhunderte lang das Weltbild in christlichen Ländern aus. Heute wissen wir: Die Erde ist eine Kugel irgendwo in der Unendlichkeit. Es ist das naturwissenschaftliche Weltbild, das frühere Weltbilder überholt hat. Hat es nicht, sagt Theologe Siegfried Zimmer. Und erklärt, warum das Weltbild unserer Vorfahren und naturwissenschaftliche Erklärungen sich nicht ausschließen. Worum es bei dem Weltbild, das in der Bibel berichtet wird, wirklich geht. Und wieso mal wieder alles nicht so ist, wie es scheint. Denn auch wenn wir den Naturwissenschaften viel zu verdanken haben, auch wenn naturwissenschaftliche Erkenntnisse uns das Leben erleichtern und Leben retten. Der Fortschritt zerstört auch – Tierarten, Ökosysteme und unsere Fähigkeit zu Fühlen.

Früher war es keine Frage (oder man durfte sie nicht stellen): Gott gab es. Punkt. Kein Zweifel. Und natürlich war nur der christliche Gott der einzig wahre. Was dann geschah, erzählt die Theologin Christiane Tietz. Je mehr der Mensch infrage stellte, ob es wirklich nur diesen einen – ob es überhaupt einen Gott gab, umso mehr entwickelten Theologen und Philosophen Erklärungen dafür, warum Menschen trotzdem an einen Gott glauben wollen. Heute ist das Leben ohne Gott selbstverständlich geworden, an Gott verschwenden viele Menschen gar keinen Gedanken mehr. Er ist eine Option unter unzähligen geworden. Und zwar nicht die bequemste. Heute scheint es leichter zu fallen, an die Kraft der Steine zu glauben als an die Macht Gottes. Tietz erklärt, wie Christen mit den Zweifeln ihrer Mitmenschen umgehen können, was es für sie bedeutet, von anderen Weltanschauungen umgeben zu sein, und warum überzeugte Christen sich davon nicht bedroht fühlen müssen.

Vor Jahrtausenden bekriegten sich Menschen mit Keulen, Schwertern und Äxten, vor Jahrhunderten und Jahrzehnten dann mit Gewehren, Kanonen, Autobomben. Jedes Mal ging es um die Frage: Welcher Gott ist der mächtigste, der einzig wahre, der richtige? Ob Babylonier und Israeliten, Katholiken und Protestanten, Atheisten, Christen und Muslime – verschiedenste Kulturen und Glaubensrichtungen versuchten, den wahren Gott zu verkünden und Nicht-Gläubige zu Feinden zu erklären oder – heutzutage – zumindest für ein bisschen irre zu halten. Dabei ist ein Gott, den Menschen definieren können, ein Gott, der als Erklärung für das Leben, den Ursprung des Menschen und den Sinn des Lebens herhalten kann, kein Gott. Sondern ein Hilfsmittel zur Welterklärung. Theologe Thorsten Dietz versucht, das Geheimnis um Gott zu lüften, ohne Gott zu definieren. Er beschreibt theologisches Basiswissen, das sich zu wissen lohnt. Und zeigt, dass gerade in der Bibel die stärkste Religionskritik geschrieben steht und was wir davon lernen können.

Am 20. Juli 1944 überlebt Adolf Hitler ein Attentat mit leichten Verletzungen. Am selben Abend sprach er wieder aus den Volksempfängern. Er dankte der schützenden Fürsorge Gottes und bezeichnete sein Überleben als Beweis dafür, dass die Vorsehung mit ihm noch viel vor habe. Millionen Christen dankten Gott für diese Rettung. Einige Christen waren an dem Attentat beteiligt und wurden kurz vor Kriegsende dafür hingerichtet. Unter ihnen auch Dietrich Bonhoeffer. Im Gefängnis machte er sich Gedanken über das, was da gerade in der Welt – auch in der christlichen Welt – geschieht, und hinterließ einige Aufzeichnungen. Wie nämlich vermittelt man den Glauben an Gott in einer Welt, in der Diktatoren Gott für ihre Rettung danken? Wie vermittelt man diesen Glauben an Menschen, die Religion immer mehr für unwichtig halten? Deren große Fragen an das Leben – Wo kommen wir her? Wo gehen wir hin? – zunehmend von der Wissenschaft beantwortet werden? Wenn Menschen mündig werden und nicht mehr der Kirche hörig sind, können sie dann noch an Gott glauben? Sie können, glaubte Bonhoeffer. Doch dafür müssen Gott, Glaube und Christentum völlig neu gedacht und die biblische Botschaft wieder ernst genommen werden.

Dieser Vortrag gehört zur Reihe »Klassiker der Theologie«.

Stellen Sie sich vor, Sie lebten in einem Land, in dem Ungerechtigkeit zum Alltag gehört. In dem Menschen willkürlich verhaftet und ermordet werden, in dem Recht gesprochen wird, das eigentlich Unrecht ist. Es könnte auch Sie treffen, aber Sie könnten in ein anderes Land fliehen. Was würden Sie tun? Dietrich Bonhoeffer stellte sich diese Frage kurz vor Kriegsbeginn, da war er gerade in den USA. In Deutschland wurden Menschen willkürlich verhaftet und ermordet, vor Gericht wurde Recht gesprochen, das Unrecht war, und Bonhoeffer hätte im Exil den Krieg und die Diktatur aussitzen können. Wie er sich entschied, ist bekannt. Damit könnten wir das Geschichtsbuch zuschlagen. Doch worüber sich Bonhoeffer im Gefängnis Gedanken machte, betrifft auch uns: Wie sollten sich Christen und andere ethisch und moralische denkende Menschen in solchen Zeiten verhalten? Sollten sie bedingungslos ihrem Gewissen folgen? Wie soll das gehen in einem Land, in dem Falsches plötzlich richtig ist, das Böse gut, ein schlechtes Gewissen plötzlich ein gutes Zeichen ist? Und wie verhalten wir uns eigentlich heute christlich und ethisch verantwortungsvoll? In einer Zeit, in der für jeden Menschen in Deutschland dutzende Sklaven arbeiten – wenn sie auch weit weg leben. Geht das überhaupt, verantwortungsvoll zu leben?

Dieser Vortrag gehört zur Reihe »Klassiker der Theologie«.

Als Jesus mit seinen Jüngern durch Galiläa zog, war er nur einer von vielen. Damals zogen unzählige religiöse Lehrer durch die Gegend, gefolgt von einer Schar Schüler, die ihren Lehren hören und irgendwann selbst Rabbinen werden wollten. Wissen viele gar nicht. Jesus war doch einmalig, der Sohn Gottes, kein Rabbi unter vielen – oder?
Einmalig war er, und wie sehr, beschreibt Siegfried Zimmer eindringlich und anschaulich. Jesus berief seine Jünger selber, statt sich von ihnen auswählen zu lassen. Ihr Ziel war es, ihm nachzufolgen, statt bald zum nächsten Rabbi zu wechseln. Jesus sprach vom Reich Gottes, statt von den Geboten. Und der größte Unterschied: Jesus berief auch Frauen! Zwar waren die Verfasser des Neuen Testaments Männer ihrer Zeit, die von Feminismus und Gleichberechtigung noch nie gehört hatten. Trotzdem zählten sie all die Frauen auf, die mit Jesus durch Galiläa zogen, berichteten, dass Jesus Frauen unterrichtete und zum Schluss, als alle Jünger ihn verlassen hatten, Frauen an seinem Grab wachten. Und auch sonst war Jesu Jüngerschar bunt gemischt, Frauen und Männer, Arbeiter und Gebildete, gar Erzfeinde folgten ihm nach. Und damit war er nicht mehr einer von vielen. Sondern einzigartig.

Es gibt unzählige Christen, die sich für ihren Glauben schämen. Andere sind wütend auf diese antichristliche Stimmung im Land, die den Glauben an Gott belächelt oder gar verspottet. Und sie alle wissen oft nichts zu antworten, wenn wieder jemand sagt: »Was in der Bibel steht, ist mehrere tausend Jahre alt – das kann uns heute doch völlig egal sein. Lass mich bloß mit dem alten Zeug in Ruhe.«
Wie wir auch heute noch von dem lernen können, was in der Bibel steht, erklärt Thorsten Dietz anhand eines Bibeltextes, der auf den ersten Blick kaum auf die Gegenwart übertragen werden kann. Als Paulus nämlich an die Gemeinde in Korinth schrieb, forderte er, dass die sich nicht dem geltenden Recht unterwerfen. Dietz nimmt den Text auseinander, macht deutlich, was Paulus eigentlich sagen wollte, und gibt all jenen Christen damit ein Werkzeug an die Hand, die sich gegen den Vorwurf wehren wollen, die biblischen Texte seien doch längst überholt.

Es gibt Regeln, die ändern sich nie: Zum Himmel gehören Sonne, Wolken und der Wechsel von Dunkel und Licht. Zu einer Gesellschaft gehören König, Oberschicht, Unterschicht – und Sklaven. Davon jedenfalls müssen unsere Vorfahren überzeugt gewesen sein, denn bis in die Neuzeit hinein bestand die gesellschaftliche Weltordnung aus Freien und Sklaven. Und dann ist da einer, der diese Ordnung spätestens seit dem 6. Jahrhundert vor Christus infrage stellt: Gott. Seinem Volk, den Israeliten, gab er schon vor Jahrtausenden ein Regelwerk, das in der Geschichte einmalig ist und den Rechtlosen Rechte verleiht. Diese Gebote aus dem Alten Testament sollten Sklaven vor Misshandlung und Demütigung bewahren, versklavte Ehepaare vor Trennung schützen und Sklaven sogar nach wenigen Jahren Zwangsarbeit die Freiheit schenken. Es ist eine Lehre aus der Sklaverei in Ägypten: Israel soll ein Zufluchtsort für alle Vertriebenen und Versklavten sein. Ein Ort gegen die Herren dieser Welt.

Wenn das Gesetz Gottes für immer gültig ist, darf man dann seine Tochter in die Sklaverei verkaufen? Im Garten einen Stier opfern? Den Nachbarn steinigen, wenn der am Samstag zur Arbeit geht? Solche Überlegungen klingen natürlich so absurd, dass auch Christen darüber lachen. Oder sich ärgern. Oder beides. Thorsten Dietz klärt auf, wie diese alten Gebote zu verstehen sind, wie Christen die Gebote der Bibel befolgen können und wie Regeln, deren Befolgung einen heute ins Gefängnis bringen würde, noch immer aktuell sein können. Denn für den, der sie richtig versteht, sind die biblischen Texte trotz mancher düsteren Geschichte heute noch ein Licht in der Dunkelheit, ein Halt, wenn alles ins Schwanken gerät, und ein Wegweiser durchs Leben.

Ausländer, Asylsuchende, Einwanderer – der Fremde im eigenen Land hatte es in kaum einer Epoche und Kultur besonders leicht. Und im Moment wird es für Fremde eher noch schwerer, selbst in unserer aufgeklärten Gesellschaft. Eine Ausnahme in der Geschichte sind die Israeliten. Sie waren (und sind) selbst immer wieder Fremde gewesen, ob als Zwangsarbeiter in Ägypten, als Verschleppte in Babylon oder als Flüchtlinge in der Diaspora in den zwei Jahrtausenden seit der Zerstörung des zweiten Tempels durch die Römer. Der Name »Hebräer« stammt sogar von der altägyptischen Bezeichnung für »heimatlose und nutzlose Fremde«. Und dann spricht Gott im brennenden Dornbusch zu Mose und gibt damit den Startschuss zum Aufstand gegen die Ägypter, zur Flucht ins Gelobte Land und für die Gründung einer Alternativgesellschaft ohne Regierung, in der das Recht des Fremden in den Geboten festgelegt wird. Und so passiert etwas Außergewöhnliches: Als einziges Volk im Alten Orient haben die Israeliten ein eigenes Recht alle Ausländer geschaffen, das Migranten, Flüchtlinge und Schutzsuchende in ein neues Licht rückt.