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Heute werde ich mich ein zweites Mal dem Propheten Amos zuwenden, aber ich habe mich spontan heute Morgen entschlossen mit einem Gedicht zu beginnen. Ich möchte zu dem Gedicht vorneweg ein paar Sätze sagen. Es ist mir so wertvoll und so wichtig, dieses Gedicht, dass ich einfach möchte, dass ihr es hört. Das Gedicht stammt von Nelly Sachs. Nelly Sachs ist in Deutschland geboren worden Ende des 19. Jahrhunderts, ich weiß nicht ganz genau. In Berlin ist sie aufgewachsen, sie hat früh ihren Vater verloren, sie war eine Jüdin. Sie konnte haarscharf vor den

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Vernichtungslagern fliehen, über Dänemark, über das Meer, da gab es ja die dänischen Boote. Ein dänisches Boot steht ja in Yad Vashem, dieser Holocaust-Erinnerungsstätte in Jerusalem, weil die Dänen mit ihren Booten viele Juden nach Schweden gefahren haben. Nelly Sachs lebte dann in Schweden und 1947 erschien ein erster Gedichtband von ihr, in den nächsten Jahren weitere Gedichtbände. Nelly Sachs war eigentlich immer arm, sie verbrachte viele Jahre in Sanatorien, sie war chronisch krank und dennoch ganz allmählich wurden die Menschen auf ihre Gedichte aufmerksam. Ungefähr 1970, ich weiß es nicht genau, erhielt sie den Nobelpreis für Literatur, den ersten nach Thomas Mann für Deutschland. Der dritte Nobelpreis ging ja dann an Günther Sachs.

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Gras, Günther Gras. An Günther Gras, jawohl. Gut, also Nelly Sachs hat diesen Nobelpreis noch erlebt, aber einige Jahre später ist sie dann gestorben. Ich möchte jetzt ein Gedicht von Nelly Sachs euch vortragen. Dieses Gedicht heißt, wenn die Propheten, wenn die Propheten einbrächen, durch türender Nacht mit ihren Worten wundenreißend in die Felder der Gewohnheit, ein weit Entlegenes hereinholend für den Tagelöhner, der längst nicht mehr wartet am Abend.

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Wenn die Propheten einbrächen durch türender Nacht und ein Ohr wie eine Heimat suchten, Ohr der Menschheit, du Nessel Verwachsenes, würdest du hören. Wenn die Stimme der Propheten auf dem flöten Gebein der ermordeten Kinder blasen würde, die vom Märtyrerschrei verbrannten Lüfte ausatmete, wenn sie eine Brücke aus verendeten Kreisen seufzern baute, Ohr der Menschheit, du mit dem kleinen Lauschen Beschäftigtes, würdest du hören. Wenn die Propheten mit

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den Sturmschwingen der Ewigkeit hineinführen, wenn sie aufbrächen deinen Gehörgang mit den Worten, wer von euch will Krieg führen gegen ein Geheimnis, wer will den Sterntod erfinden? Wenn die Propheten aufständen in der Nacht der Menschheit wie Liebende, die das Herz des Geliebten suchen, Nacht der Menschheit, würdest du ein Herz zu vergeben haben? Ich möchte dieses Gedicht kurz interpretieren, weil es ist ein ganz besonderer Einstieg in die Propheten. Und nach dieser Interpretation möchte ich es euch noch einmal vortragen.

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Nelly Sachs ist die Erfinderin des imaginativen Konjunktivs Wenn, wenn die Propheten einbrächen durch Türen der Nacht. Also dieses Wenn kommt ja immer wieder und damit will Nelly Sachs sagen, stell dir das mal vor. Stell dir mal vor, wie es wäre, wenn, also versucht euch doch mal, falls ihr es könnt, probiert es mal, versucht euch doch mal vorzustellen, wie es wäre, wenn die Propheten bei dir heute Nacht einbrächen. Für Nelly Sachs sind nämlich die Propheten Einbrecher, weil freiwillig holt sie ja keiner und die müssen nachts einbrechen. Tags ist für sie zu gefährlich,

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da verbarrikadieren die Menschen ihren Gehörgang. Das Ohr ist Nesselverwachsen. Können wir überhaupt hören? Können wir unseren Gehörgang öffnen? Wir, die wir mit dem Kleinen lauschen, doch ständig beschäftigt, wir sind doch ständig beschäftigt. Wir sind immer beschäftigt, keine Zeit, wir sind abgelenkt, wir haben andere Interessen, wir sind beschäftigt, wir sind beschäftigt. Also die Propheten müssen einbrechen, weil es öffnet ihnen keiner eine Tür. Also versuch dir mal vorzustellen, wenn die Propheten bei dir einbrächen heute Nacht durch Türen der Nacht und mit ihren Worten, das sind ihre Reißzähne. Die Löwen reißen Wunden und die Leoparden und die Krokodile, aber die Propheten auch. Die reißen auch Wunden, das sind wirklich Wunden, das sind keine Streichler. Wenn

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die Propheten einbrechen durch Türen der Nacht mit ihren Worten, wundenreißend, welche Wunden? In die Felder der Gewohnheit. Da reißen sie bei euch Wunden, damit müsst ihr rechnen. Was sind so eure Gewohnheiten? Hat mal jemand gesagt, den Menschen ändern heißt seine Gewohnheiten ändern. Wohl wahr, wohl wahr. Also macht euch darauf gefasst, zieht euch warm an, denn wenn die Propheten bei euch heute Nacht einbrechen, dann reißen sie mit ihren Worten Wunden in die Felder deiner Gewohnheit. Und dann geht es weiter, etwas weit Entlegenes hereinholend. Ja, da ist Gott gemeint. Ja, Gott,

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der ist ja schon weit entlegen, wo ist er denn? Er ist weit entlegen, wer hat ihn schon auf dem Schirm? Aber ich sage euch, die Propheten, damit müsst ihr rechnen, die holen etwas weit Entlegenes herein, die holen es herein. Und jetzt sind sie mitten in deiner Wohnung. Und ist auch interessant, für wen die Propheten Wunden reißen mit ihren Worten, nämlich für den Tagelöhner. So wie ja auch das Vaterunser ein Tagelöhnergebet ist. Denn es heißt im Vaterunser, das Brot für morgen gib uns heute. Es kann eigentlich nur ein Tagelöhner sagen, das gab es ja damals sehr viele. Und Jesus hat viele seiner Worte aus der Perspektive der Tagelöhner gesagt. Jesus sagte

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zum Beispiel mal, heute und morgen und übermorgen muss ich wandern. Das kann nur ein Tagelöhner sagen. Denn ein Tagelöhner kann höchstens an morgen und übermorgen denken. Der kann nicht sagen, in einem Vierteljahr fliege ich nach Mallorca. Also die Zeiteinteilung eines Tagelöhners ist erst mal heute. Jeder Tag hat seine eigene Plage. An morgen muss er schon denken, weil wenn er heute Arbeit hat, dann hat er morgen Brot und übermorgen und dann ist aber Schluss. Ja, der Tagelöhner steht für den Menschen, der ums Überleben kämpft. Für den kommen die Propheten. Aber dieser Tagelöhner, der wartet schon lange nicht mehr am Abend. Der wartet nicht mehr. Viele warten nicht mehr auf Gott. Sie warten nicht auf die Propheten. Sie warten nicht auf Gott, auf so

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was weit Entlegenes. Ja, auf was warten sie denn überhaupt? Ja, und dann, wenn die Propheten einbrechen und ein Ohr wie eine Heimat suchten. Die Propheten suchen das Ohr, so wie andere die Heimat suchen. Und dann blasen sie auf dem Flötengebein. Die Flöte ist das Musik und Instrument der einfachen Menschen. Selbst Tagelöhner, die spielen nicht Geige, aber es kann sein, dass sie Flöte spielen. Diese einfachen Hirtenflöten. Und auf diesem Flötengebein blasen sie. Die Flöte ist aber aus den Knochen der ermordeten Kinder gemacht. Und die Luft ist verbrannt durch den Märtyrerschrei. Und sie bauen eine Brücke aus verendeten Kreisenseufzungen.

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Ja, Ohr der Menschheit, du mit dem kleinen Lauschen beschäftigtest, würdest du hören, wenn die Propheten einbrechen, wenn sie mit den Sturm schwingender Ewigkeit hineinführen, gemeintisch in dein Ohr. Stell dir mal vor, dass die Propheten mit den Sturm schwingender Ewigkeit hineinfahren in dein Ohr. Und wenn sie deinen Gehörgang aufbrechen, versuch dir das mal vorzustellen, dein Gehörgang aufbrechen, das ist harte Arbeit. Und zwar brechen sie deinen Gehörgang auf mit den Worten, wer von euch will Krieg führen gegen ein Geheimnis? Ja, der Mensch führt gern Krieg, er führt immer Krieg. Zurzeit gibt es über 80 Kriegsherde auf der Erde. Der Mensch wird den Krieg nicht überwinden können. Frieden ist ja auch Kriegsvorbereitung oder Kriegsverhinderung

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und Rüstungsfrieden und Waffenfrieden und es fehlt das Geld für die Kindergärten. Also Krieg führen ist eine Hauptbeschäftigung des Menschen. Aber die Propheten werden die Menschen fragen, wollt ihr auch noch Krieg führen gegen ein Geheimnis? Das kriegt ihr auch noch fertig. Wollt ihr den Sternentod erfinden? Was wollt ihr denn noch alles erfinden? Wenn die Propheten aufstehen in der Nacht der Menschheit wie Liebende, denn obwohl die Propheten verdammt frech sind, wer das gleich in dem Text merken, dass er die Frauen der Oberschicht als Baschan-Kühe bezeichnet, ist er wirklich frech. Aber ihr müsst trotzdem wissen, dass die Propheten Liebende sind, die das Herz des Geliebten suchen. Aber hättest du ein Herz, das du den Propheten geben könntest? Also ich möchte dieses Gedicht

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von Nelly Sachs noch einmal vortragen. Wenn die Propheten einbrächen durch türender Nacht, mit ihren Worten wundenreißend in die Felder der Gewohnheit und ein weit Entlegenes hereinholend für den Tagelöhner, der längst nicht mehr wartet am Abend. Wenn die Propheten einbrächen durch türender Nacht und ein Ohr wie eine Heimat suchten, Ohr der Menschheit, du Nessel Verwachsenes,

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würdest du hören, wenn die Stimme der Propheten auf dem flöten Gebein der ermordeten Kinder blasen würde, die vom Märtyrerschrei verbrannten Lüfte ausatmete, wenn sie eine Brücke aus verendeten Kreisenseufzern baute, Ohr der Menschheit, du mit dem kleinen Lauschen beschäftigtes, würdest du hören, wenn die Propheten mit den Sturmschwingen der Ewigkeit hineinführen, wenn sie deinen Gehörgang aufbrächen mit den Worten, wer von euch will Krieg führen gegen ein Geheimnis, wer will den Sterntod erfinden, wenn die Propheten aufständen in der Nacht

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der Menschheit wie Liebende, die das Herz des Geliebten suchen, Nacht der Menschheit, würdest du ein Herz zu vergeben haben. Soweit dieses Gedicht einer Jüdin über die Propheten. Durch dieses Gedicht, das auf seine Weise einzigartig ist, kriegen wir vielleicht eine kleine Ahnung, das wir gar nicht so einfach hören können. Kennt ihr euren Nessel verwachsenen Gehörgang? Kannst du hören? Hast du das in der Hand, wie gut du hörst, wie selektiv

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du hörst, wo du weghörst, was hörst du eigentlich, wenn du hörst? Es ist ganz gut, wenn wir uns diese Fragen vorherstellen, bevor wir uns jetzt einem Propheten wieder zuwenden. Also ein zweiter Versuch mit Amos. Ich habe einen Amos Text ausgewählt, in der sich Amos mit der Hauptstadt Samaria beschäftigt. In der dritten Vision, er sah Gott auf einer Mauer aus Zinn stehen. Das riecht schon sehr stark nach Samaria. Und am Ende dieser Vision heißt es auch, ich will einen Aufstand machen gegen das Königshaus Jerobeam und der sitzt natürlich in Samaria. Also ich bespreche jetzt einen Text, der steht in Amos 3, Vers 9 bis

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Amos 4, Vers 3. Ich sage es nochmal, ich gehe aber den Texten exemplarisch entlang, nicht dass es nochmal so eine lange Runde gibt, gleich wie mich diesmal an die Zeit halten. Also meine Textgrundlage ist Amos 3, Vers 9 bis Amos 4, Vers 3. Ich möchte mal, bevor ich in den Text einsteige, einen ganz großen Überblick über das Amos Buch geben. Das Amos Buch hat eine Überschrift in Vers 1 und so eine Art Grundstimmung, die steht in Vers 2. Das ist ein ganz eigenartiger Vers. Also das sind so die beiden Einleitungsverse. Amos 1 ist die Überschrift, Amos 2 ist eine merkwürdige Stimmungsangabe und ab Amos 1, Vers 3 beginnen

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die vier Fremdvölkersprüche, die dann auch eine fünfte Strophe haben, das ist die Israel-Strophe. Es gibt also fünf Völkersprüche, vier Fremdvölkersprüche und die fünfte ist eine besondere, das ist die Israel-Strophe. So wie es auch fünf Visionen gibt und so wie ja Wothaus dieses Jahr sein fünfjähriges Bestehen feiert. Also das ist alles tief überlegt. Deswegen haben wir gesagt, zum fünfjährigen Bestehen passen am besten die fünf Völkersprüche und die fünf Visionen zum fünfjährigen Bestehen. Das hat mir heute Morgen meine Frau gesagt, denkt mal daran, das wäre ein guter Gag. Also Christina, ich habe daran gedacht. Ich habe nämlich heute Morgen gesagt, ob ich daran denken werde, das weiß ich nicht. Also das sind die fünf Völkersprüche, die gehen bis 2, Kapitel 2, Vers 16, dann kommen einige

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weitere Verse, wir nähern uns langsam 3, Vers 9. Also die Kapitel 3 bis 6 sind der große Mittelteil, 7 bis 9 am Ende ist durch die Visionen geprägt, 1 und 2 am Anfang ist durch die Völkersprüche geprägt. Zwischen den fünf Völkersprüchen und den fünf Visionen gibt es sehr viele Verbindungen. Die sind bewusst aufeinander hinkomponiert. Also das ist der Rahmen vom Amos-Buch, Völkersprüche, Visionen und in der Mitte der Mittelteil. Und der beginnt eigentlich mit 3, 9, mit dem Vers, mit dem ich jetzt beginnen werde. Aber der Vers vorher ist noch interessant, den will ich so zum Einstieg verwenden. Wir erfahren ja sehr wenig über den Mann Amos, äußerst wenig. Am meisten hören wir über Jeremiah,

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über den hören wir relativ viel, aber über die anderen Propheten sehr wenig, so wie über Amos. Aber einmal gibt es diesen erzählenden Text, den Tine nachher doch auch mal laut vorlesen wird. Das ist Amos 7, 10 bis 17, kann ich schon mal aufschlagen, kommt aber erst nach meiner Textinterpretation. Und da sagt er ja, ich bin kein Prophet, auch kein Schüler eines Propheten, ich gehöre gar nicht zu dieser Berufsgruppe. Da merkt man, durch Amos, mit Amos kommt ein völlig neuer Typ von Prophet, den es so bisher gar nicht gab. Das waren Hofpropheten, Kultpropheten, die haben ihr Geld von den Heiligtümern vom König bekommen, entsprechend sanft waren ihre Worte. Aber jetzt kommt ein Bauer, so ein Quereinsteiger, der wirtschaftlich unabhängig ist, der nie mehr nach dem Mund reden muss und der verkündigt Gottes Wort. Das ist also schon eine ganz neue Tonart, die es in der

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Religionsgeschichte der Menschheit bis zu Amos nicht gegeben hat. Und Amos sagt nicht nur zu Amasia, diesem aufsichtsführenden Priester, ich bin gar kein Prophet, ich bin ein Bauer, ich bin ein Schafzüchter und ein Sykomorenritzer, also ein Feigenplantagenbesitzer oder Leiter, der Feigen veredelt. Da merkt man schon, der war wirtschaftlich ganz gut abgesichert. Aber es gibt noch eine andere biografische Bemerkung, nur ein einziger Satz und mehr gibt es gar nicht. Der ist sehr indirekt, aber der steht im Vers vorher und den will ich bei der Gelegenheit mal zitieren. Ich zitiere ihn oft, aber jetzt passt es wirklich. Der Satz heißt, wenn der Löwe brüllt, wer fürchtet sich nicht? Wenn Jahwe ruft, wer

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wird nicht Prophet? Also in beiden Sätzen soll genau das Gleiche ausgedrückt werden, das ist ein Parallelismus Membrorum, zwei Sätze genau das Gleiche. Es gibt ja auch eben zwei Paare der Vision, dass man immer in zwei Dingen das Ganze ausdrückt. Ich sage euch mal einen anderen Parallelismus Membrorum, gnädig und barmherzig ist der Herr, geduldig und von großer Güte. Also in beiden Sätzen wird das Gleiche ausgesagt. Das nennt man ein Parallelismus Membrorum. Und so ist es jetzt auch. Beide Sätze sagen genau das Gleiche. Wenn der Löwe brüllt, wer fürchtet sich nicht? Wenn Jahwe ruft, wer wird nicht Prophet?

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Also gehen wir mal zum Löwen. Zur Zeit von Amos gab es noch viele Löwen in Palästina, die waren eine ernste Gefahr. Sie hielten sich vorzugsweise im Jordan-Graben auf, der ja Dschungelgebiet ist. Palästina hat drei klimatische Zonen, an der Mittelmeerküste Mittelmeerklima, dann steigt über die Schöffelar, über das Hügelland steigt es hoch auf bis 800 Meter hoch, Judäisch-Samarisches Bergland, da ist Landklima. Und dann stürzt es runter in den Jordan-Graben, die tiefste Stelle der Erde. Also da, wo Jesus getauft wurde, wo Johannes der Täufer taufte am Jordan, das ist die tiefste Stelle der Erde. Und nach der Bibel hat sich an der tiefsten Stelle der Erde zweimal der Himmel geöffnet. Einmal, um Elias mit dem feurigen Wagen zu empfangen, das war nämlich genau an der Stelle, wo Jesus

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getauft wurde. An der Stelle wurde Jesus getauft. Und bei der Taufe Jesu heißt es, es öffnete sich der Himmel und eine Stimme sprach, du bist mein lieber Sohn. Also schon, die Örtlichkeiten sind da schon sehr very special. Also auf jeden Fall, in diesem Jordan-Graben, da waren viele Löwen. Und wenn dann so die Hirten oder die Bauern auf dem Feld waren, dann kamen die aus dem Jordan-Graben eben raus, je nachdem, wie sie Hunger hatten oder wie sie gerade drauf waren. Also ich stelle mir mal vor, ein normaler Bauer bestellt da sein Feld und jetzt hört er einen Löwen brüllen. Da ist dem Bauer klar, dass das so ziemlich das letzte Geräusch war, das er in seinem Leben gehört hat. Und so, wie jetzt jemand gelacht hat,

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so fährt die Angst in die Knochen. Denn wenn der Löwe auf dem Feld brüllt, dann hat er Witterung aufgenommen, er sieht den Bauer und dann lebt er nicht mehr lang. Also da entscheidest du dich nicht mit deinem freien Willen, dass du dich jetzt fürchtest. Nein, die Furcht haut, es knallt dir die Fuß rein. So schnell kannst du gar nicht denken. Du hast in der Sekunde Panik. Und so ist es, wenn Gott ruft. Da ist nichts mit der Freiheit des Willens und deiner tollen Entscheidung. Also der wollte ja, der hat nicht vor Prophet zu werden. Ich habe nicht vor gehabt, irgendwie christlich zu werden. Ich habe auch nicht vor gehabt, Gott zu begegnen. Ich habe ihn nicht gesucht, aber er hat mich gefunden. Also das ist schon interessant, wie dieser Prophet redet. Er sagt auch nicht, ich habe

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fünf Visionen gehabt. Ich bin ja ein Visionär. Ich bin ein man of God. Nein, sagt er nicht. Er sagt, mein Herr Jahwe ließ mich da mal was schauen. Und so auch ist seine Berufung. Der Löwe hat gebrüllt. Mehr muss man nicht sagen. Also eine der ganz großen Schwächen der konservativen Christenheit ist ihr Geplapper vom freien Willen. Da will ich noch ganz kurz bleiben, weil wir sind mitten im Thema. Nämlich es gibt eine philosophische Figur, in der griechischen Philosophie, der Mensch muss sich entscheiden. Stimmt ja auch, der Mensch muss, wir müssen, wir sind verdammt uns entscheiden zu müssen. Das ist unser Fluch, unsere Würde. Wir haben gar keine andere Möglichkeit. Wir müssen uns immer wieder im Leben entscheiden.

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Stimmt tatsächlich. Und jetzt will also ein Philosoph in der griechischen Philosophie mal an einem einfachen Beispiel zeigen, was eine Entscheidung ist. Da läuft ein Wanderer und jetzt kommt eine Weggabelung. Jetzt muss sich der Typ entscheiden, nämlich ob er links geht oder rechts. Das ist nach der griechischen Philosophie das beste Bild für eine Entscheidung. Taugt aber für die Bibel 0,0. Weil der Wanderer wandert, jetzt kommt eine Weggabelung und jetzt muss er sich kurz überlegen, aber er ist völlig souverän. Er ist ganz Herr seiner selbst. Er kann ganz souverän sich seine Argumente zurechtlegen. Was spricht dafür, dass ich den linken Weg wähle? Was spricht dafür, dass ich den rechten Weg wähle? Dann zählt er pro und contra zusammen und er entscheidet sich, er geht links. Ja, das ist eine Entscheidung.

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Aber so findet niemand zu Gott. Weil wenn Gott dich ruft, bist du nicht einfach Herr deiner selbst. Dann fährt es dir, dann merkst du, dass du ein Gemächte bist, dass du ein kleiner Waschlappen bist. Dann spürst du die Sturm schwingender Ewigkeit und dann bist du ein ganz kleiner Wurm. Entweder bist du voller Freude oder voller Schuldgefühle oder voller Erschütterung oder voller Faszination. Und Kraft dieser Faszination, Kraft dieser Erschütterung, Kraft dieser Freude kannst du dich dann auch entscheiden. Aber das ist nicht einfach dein freier Wille. Weil die Emotionen, über die Emotionen, ohne die es nicht geht, kannst du nicht durch deinen Willen verfügen. Die tiefsten Emotionen der Dankbarkeit,

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der Ehrfurcht, der Faszination, der Scheu und so weiter, die kannst du nicht machen. Also deswegen, wenn wir die Propheten besprechen, kann ich mich an dem Thema die Freiheit des Willens nicht vorbeidrücken. Ich habe schon einen freien Willen, wenn ich in die Mensa gehe, ob ich Gulasch esse oder Maultaschen. Ob ich Suh wahrnehme oder Persil, das kann ich entscheiden. Aber in das richtige Verhältnis zu Gott zu kommen, das kannst du nicht entscheiden. Niemand kann zu mir kommen, es ziehe ihn denn der Vater. Nicht ihr habt mich erwählt, sagt Jesus. Niemand von euch hat Jesus erwählt oder wird Jesus erwählen, sondern ich habe euch erwählt. Er tritt euch dann mal in den Weg und dann beschlagnahmt er dich. Also da

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muss man vorsichtig sein mit dem freien Willen. Das ist der Stolz der Gläubigen, dass sie so eine prächtige Entscheidung hingelegt haben. Und würde sich der andere, dieser Gottlose, auch so entscheiden wie ich, dann würde er auch in den Himmel kommen. Aber der entscheidet sich ja nicht so wie ich, dann kommt er halt in die Hölle. Wo ist denn das Problem? Das ist diese eiskalte Frömmigkeit. Die ist eiskalt. Gut, also wenn der Löwe brüllt. Jetzt beginnen wir mit dem großen Mittelteil, die Worte des Amos. Der Löwe hat gebrüllt und Amos spricht jetzt Worte. Ich lese euch mal, ich habe sie ganz groß geschrieben mit Edding, ich hoffe, dass ich euch vorlesen kann, sonst müsste Tine hier

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hochkommen, aber ich probiere es mal. Ich beginne jetzt mal mit dem ersten prophetischen Wort des Amos. Das steht in Amos 3, 9 bis 11. Das sind drei Verse und die sind sehr typisch für ein prophetisches Wort. Ich möchte euch mal an einem Beispiel ein typisches Prophetenwort darbieten, wie es Hunderte gibt in den Propheten. Die sind auch alle sehr ähnlich aufgebaut. Also zunächst mal muss man sagen, dieses Prophetenwort, das ich euch gleich vorlese, also Amos 3, 9 bis 11, ist völlig für sich selbstständig. Es grenzt sich sehr klar zum vorangehenden ab, da sagt ja der Löwebrüll, was über seine Biografie, das ist ein ganz anderer Zusammenhang. Und auch die Worte, die danach kommen, sind deutlich getrennt durch ganz bestimmte prophetische Erzählsignale. Wenn man die kennt, weiß man genau, also

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jetzt beginnt ein neues Prophetenwort. Die haben so Signale, wo sie den Leser da führen. Also das erste Prophetenwort 9 bis 11 ist in sich abgeschlossen und selbstständig. Und es hat den typischen Aufbau, ich sage ihn euch vorneweg, ihr werdet es ja dann hören, die ersten zwei Verse, also die Verse 9 bis 10 sind die Anklage, das sind die Anklageworte. Um was geht es bei der Anklage? In der Anklage begründet der Prophet die Schuld, wegen der das Gericht kommt. Und der dritte Vers, der Vers 11, ist dann das Gerichtswort. Und diese Reihenfolge gibt es ganz oft, erst kommt die Anklage, man kann auch sagen die Begründung. Also der Prophet äußert nicht einfach ein Gerichtswort, das Gerichtswort wird direkt von Gott her zitiert, denn so spricht Jahwe. Also das Gerichtswort wird ganz eng an Gott

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gekoppelt, es ist nicht sein Wort. Aber die Anklage, die stammt von Amos, da sagt er nicht Gott spricht, nein das sagt Amos, das ist seine Gesellschaftsanalyse. Aufgrund der Visionen hat es Amos so durcheinander gerüttelt, sein Gehörgang wurde aufgebrochen durch die Sturm schwingender Ewigkeit und alles Nesselverwachsene wurde von den Worten, die Wunden reißen, rausgerissen. Also so ein Erlebnis waren für ihn die Visionen, ungesucht und ungeplant, Überfall von Gott. Also und das setzt ihn aber jetzt in Stand mit ganz anderen Augen seine Gesellschaft anzugucken. Nach diesen Visionen war der richtig aufgerüttelt. Und jetzt entdeckt er, er hat ja in den Visionen gehört, Ende, das Ende von Israel, aber gemeint ist die Oberschicht. Da liegt mir jetzt unheimlich

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viel dran heute. Wenn auch jemand fragt, was ist da die aktuelle Bedeutung, ja die aktuelle Bedeutung ist, dass wir die gesellschaftlichen Unterschiede mit unserem christlichen Blick nicht vernebeln, sondern sehr genau analysieren. Und das führt zu einem ganz anderen Lebensstil, zu einer ganz anderen Spiritualität. Also die Anklage stammt von Amos, die Anklage ist in der Regel ausführlicher wie das Gerichtswort. Also es kommt immer zuerst das Anklagewort, die Begründung und dann folgt das Gerichtswort. Also Amos 3, 9 bis 10 ist die Anklage und 11 ist das Gerichtswort. Jetzt lese ich euch mal die Anklage vor. Vers 9. Ruft es aus über den Prachtbauten von Aschdod und über den Prachtbauten im Lande Ägypten. Versammelt

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euch auf dem Berg Samaria und seht die große Verwirrung in seiner Mitte und die große Unterdrückung. So beginnt die erste Hälfte der Anklage, ich lasse es mal dabei, ich will es mal nochmal vorlesen. Ruft es aus über den Prachtbauten in Aschdod und über den Prachtbauten im Lande Ägypten. Doppelpunkt. Versammelt euch auf dem Berg Samaria und seht die große Verwirrung in seiner Mitte und die große Unterdrückung. Also das ist sehr kühn, sehr satirisch, sehr

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provokant, was Amos hier macht. Das ist eine fiktionale Szene. Amos tritt nämlich hier auf wie einer, der eine Gesandschaft, also eine offizielle diplomatische Abgeordnetengruppe nach Aschdod schicken kann und nach Ägypten. Also eine Gesandschaft. Und er gibt dieser Gesandschaft einen Auftrag. Man nennt es in der Fachwissenschaft eine Heroldsinstruktion, denn es gab ja früher keine elektrischen Medien und so weiter. Es gab nur wirklich Botschafterboten und diese offiziellen Boten, die nicht nur im Privatbereich tätig waren, nannte man oft Herolde. Also Herolde waren Diplomaten, Gesandte, die ein König, eigentlich wer kann so einen Auftrag geben, eigentlich nur der König, oder leitende Minister, die können eine Gesandschaft zusammenstellen und denen sagen, ihr geht jetzt mal nach Aschdod

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und ihr geht nach Ägypten und ihr sagt dort wem, ja, es wird alles genau festgelegt, ihr sagt dem und dem folgende Botschaft. Das ist also die Beauftragung einer Gesandschaft. Also Amos, der hat ja immer so gute Plätze, wo viele Leute ihn hören, der redet so am liebsten am Eingangstor des Königspalastes. Da ist ziemlich Publikumsverkehr und zwar wichtige Leute gehen da ein und aus. Da könnte er das sagen oder aber auch an der Eingangsbereich im Staatsheiligtum Bethel, also an solchen markanten Orten, die die Propheten bewusst ausgesucht haben, um die maximale Wirkung ihrer mündlichen Worte zu erreichen. Also da tritt er auf, also ganz schön frech, unter den Augen vom Jerobeam II, dem wird es ja bald gemeldet. Also geht mal nach Aschdod und geht nach Ägypten. Und jetzt ist es interessant,

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also ruft es aus, das meint eben so eine öffentliche Botschaft, ruft es aus über den Prachtbauten in Aschdod. Aschdod war damals eine der fünf Philisterstädte. Gaza ist sehr bekannt, eine Philisterstadt. Gaza ist eine der ältesten Städte der Welt, war damals eine Philisterstadt. Die Philister wohnten da so am Gaza-Streifen, in dem Gebiet wohnten die Philister, also an der Mittelmeerküste nördlich von Ägypten, danach kommt Ägypten, aber südlich sozusagen von Israel, in dieser Biegung, da waren die Philister. Und die hatten fünf Städte, Gaza, Aschdod, Aschkelon, wie andern fallen wir jetzt gerade nicht ein, Mamschid ist eine und dann

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noch eine vierte. Also Aschdod ist eine besonders schöne Philisterstadt, Hafenstadt, ist so ungefähr 35 Kilometer von Gaza entfernt, die Biegung nach Norden und dann nochmal so ungefähr 30 Kilometer und dann kommt Aschkelon. Heute gehört Aschdod und Aschkelon zu Israel, sind wichtige Militärhafen. Aschkelon ist heute der größte Militärhafen in Israel für militärische Schiffe. Also, und Aschdod ist ganz an der Grenze zum heutigen Gaza-Streifen. Also ruft es aus über den Prachtbauten, also damit, ihr Lieben, eindeutig Oberschicht, Schickeria, Elite. Also Amos stellt eine Gesellschaft, fiktional, die hat es ja nicht gegeben, aber

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er tut so, also ihr macht jetzt mal eine Gesellschaft in die Philisterstätte. Amos kommt ja aus dem Süden, aus Tekoa, da ist es nach Aschdod nicht mehr weit und wenn er wirklich ein Plantagenbesitzer war, das ist möglich, aber sonst war er eben vielleicht Geschäftsführer, leitender Angestellter, aber vielleicht war er auch der Besitzer, dann bist du als Plantagenbesitzer auch unterwegs, wahrscheinlich war Amos ein paar Mal in Aschdod, das sind vielleicht 50 Kilometer oder 40, so ungefähr. Also, und Aschdod war damals berühmt für wunderschöne Bauten, so Prachtpromenaden. Und dann ruft es auch aus über den Prachtbauten im Lande Ägypten, der ist ja gleich daneben. Und was soll die Gesellschaft diesen Eliten, also Philister sind ja auch nicht gerade die Freunde von Israel, also er schickt da eine Gesellschaft zu den Heiden, zu den Gottlosen, zu den Nichtjuden. Und was sollen die da? Ja, also die kriegen

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einen doppelten Auftrag. Versammelt euch auf dem Berg Samaria. Mit dem Berg Samaria ist immer die Stadt Samaria gemeint, die ja oben auf dem Berg thront. Also, die sollen sich versammeln, also so Elite Leute, führende Leute aus diesen. Und sie sollen jetzt da mal in Samaria mal was angucken. Sie sollen besichtigen, begutachten die große Verwirrung in dieser Stadt und die große Unterdrückung. Also ich sag's mal mit modernen Worten, Amos sagt, wir brauchen eine unabhängige Gutachterkommission, eine internationale Gutachterkommission, unbeteiligt, aber kompetent. Das sind ja auch Prachtbautenbesitzer, das ist ja auch Elite. Die Elite soll mal

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die Elite in Samaria begutachten. Elite, Elite. Die kennen sich ja aus. Also man muss schon die richtigen Fachleute holen. Also wir holen mal eine Elitekommission aus Astott und eine Elitekommission aus Ägypten und die sollen jetzt Augenzeuge werden, eine Gutachter, unabhängige Gutachterkommission, Augenzeuge, die sollen jetzt mal die große Verwirrung in Samaria sehen und die große Unterdrückung. Sehr kühn, sehr ironisch, sehr satirisch ist schon fast modernes Theater. Er schickt zu den Heiden, damit die Heiden ein Rechtsgutachten machen. Damit wird ja auch gesagt, die können das auch. Nicht nur die Mitglieder im auserwählten Volk. Die Elite in Astott kennt sich aus, die wird da schon ein kompetentes Gutachten. Selbst die werden erschrecken. Das ist ja hier indirekt gemeint. Wenn die in Samaria

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ankommen, werden die sagen, ja sapper, was ist denn das hier für ein Sau-Stahl. Denn gibt es ja nicht mal in Astott und nicht in Ägypten. Damit rechnet Amos. Die sollen mal kommen. Da sind die traumatisiert, wenn die das sehen, die Zustände. Und was sollen sie also sehen? Das bewertet Amos gleich. Er gibt das Urteil gleich mit. Das ist schon ein Frechersack. Also die sollen mal sehen die große Verwirrung und die große Unterdrückung. Jetzt muss ich euch das Wort Verwirrung erklären. Das ist natürlich jetzt ein Schlüsselwort. Dieses Wort hat einen ganz klaren Ursprung im Militärbereich. Und zwar ist es ein sehr spezielles Wort, das ganz sicher hier nicht zufällig steht, weil es ist so special ausgewählt. Nämlich, wenn es Krieg gibt zwischen Israel und den feindlichen Nachbarleuten, Philister,

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Monito und so weiter, dann fährt manchmal der Gottesschrecken in die Feinde. Weil es heißt in einigen Kriegserzählungen, dass Israel gewann, obwohl die Feinde zehnmal mehr Leute hatten, besser bewaffnet waren, überlegen waren, weil der Gottesschrecken in die Feinde fuhr. Und wenn man genau liest, was ist damit gemeint, ja aus irgendwelchen Gründen haben die Panik gekriegt. Irgendwas hat Panik ausgelöst, da haben die sich zum Teil gegenseitig totgeschlagen. Das ist also eine Verwirrung, die sind eine völlige Orientierungslosigkeit, schaden sich selber und erledigen sich selber und Israel ist der Sieger. Also die völlige Orientierungslosigkeit, Panik, ist gemeint, in der man sich selber zerstört. Fast so wie ein kleiner Bürgerkrieg auch auf dem Feld, bringt sich da selber um in Panik. Sie verlieren die Orientierung,

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wer ist Freund, wer ist Feind. Das ist gemeint mit diesem Wort Gottesschrecken und Schreckenverwirrung ist das gleiche Wort hier im Hebräischen. Also es ist eine große Verwirrung. Das Interessante an diesem Antisamaria Komplex, so nennt man den, es gibt zwei Antisamaria Komplexe, das ist einmal Amos 3, 9 bis 4, 3 und dann nochmal Amos 6, 1 bis 11. Da merkt man, da liegt schon ein schwerer Putzen in der Hauptstadt. Also die Anklage, diese Verse 9 bis 11, 9 bis 10 ist die Anklage, 11 ist das Gerichtsurteil und dann kommt der Vers 12, das ist ein eigener Vers, dann kommt Vers 13 bis 15, das ist wieder ein Profitenwort und dann kommt 4, 1 bis 3. Und wenn man diesen Zusammenhang, die Kapitelgrenze ist hier nicht gut, wenn man diesen Zusammenhang

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überblickt merkt man, es sind also vier prophetische Blöcke, 9 bis 11, 12, 13 bis 15, 4, 1 bis 3. Und bei diesen vier Blöcken ist der erste Block der Grundlegende. Die anderen drei sind exemplarische Beispiele, da geht man mal in bestimmte Details, aber dieses erste ist die Grundlage. Da geht es um die Grundlegende Fehlhaltung. In dem ersten Block werden keine konkreten Vergehen genannt, nichts aufgezählt, Detailfutzler, nein es geht um die Grundsätzliche. Was ist der Grundlegende Fehler, wo sitzt der Putzen und dann passieren halt tausend schlechte Sachen. Aber hier geht es jetzt mal um die Ursache, der Grundfehler. Der Grundfehler ist eine Verwirrung. Leute, die sehr viel Macht, sehr viel Geld und sehr viel Luxus

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haben können schwer verwirrt sein. Die wissen nicht mehr wo es lang geht. Die haben keine wirkliche Orientierung, sie schaden sich auch selber, sie zerstören ganz viel. Das ist eine Grundlegende Desorientierung. Das kann man sich fast nicht mit angucken. Die leben ein Leben ohne echte Orientierung. Also der Grundfehler ist, die sind im Gehirn ein bisschen verwirrt. Die interessieren sich für viele Dinge gar nicht, das ist denen scheiß egal. Ihre Interessen, von denen sie geprägt sind, führt sie in eine ganz bestimmte Richtung. Viele sehen die gar nicht, das nehmen die überhaupt nicht wahr. Sie sind verwirrt. Die haben keine klare Wahrnehmung. Sie sind durch ihre Interessen, ihren Lebenshorizont

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in Verwirrung geraten. Diese Verwirrung wirkt sich so aus, dass sie den Rest des Volkes unterdrücken. Sie scheffeln Luxus, sie haben gewisse Machtbefugnisse. Samaria, müsst ihr wissen, ist vor allem ein administratives Zentrum, das ist ganz wichtig. Das geht nicht um privaten Reichtum, da kann man nicht einfach sagen, die reichen. Nein, nein, das sind staatlich autorisierte Ernte-Einzieher. Die kommen zum Teil mit Waffen. Also es geht auch darum, dass die eine staatliche Macht haben. Es geht hier nicht um privaten Reichtum, sondern sie unterdrücken Kraft ihrer leitenden Position. Die haben Zugriff auf viele Dinge. Sie kontrollieren ja auch die Heiligtümer und bei den Erntefesten muss die erste Ernte abgegeben werden und andere steuern, natural steuern. Und da wird schon mit hartem Druck gearbeitet. Also der

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Rest des Volkes wird unterdrückt. Sie leben auf Kosten anderer Menschen. Und das geht nicht. Es gibt einen Lebensstil, der bei dem Gott Israel nicht geht. Die bereiten sich selber ihr Ende. Es passt nicht jeder Lebensstil zum Glauben an den Gott Israels. Der Lebensstil der Schickeria passt dann nicht mehr. Also sie sollen kommen und ein internationales Gutachten anfertigen über die große Verwirrung. Wenn man so denkt, ich habe eine Dokumentation, Deutsche Bank, die sind da verwirrt. Das ist ein krimineller Verein. Die haben ja schon Milliarden bereitgelegt für die verlorenen Gerichtsurteile. Und es war eine ARD-Dokumentation,

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die dürfte einigermaßen seriös gewesen sein. Die manipulieren ja die internationalen Standards. Die sind verwirrt. Jetzt kommt der zweite Teil der Anklage. Also sie sollen sehen die große Verwirrung und die große Unterdrückung. Das ist das Grundübel. Deswegen kommt das Gericht. Und Amos getraut sich das zu sagen, weil der Löwe hat gebrüllt. Jetzt kommt ihr der zweite Teil. Und das Richtige zu tun, wissen sie nicht. Das Richtige zu tun, weil sie sind verwirrt. Also die ganze Anklage sagt, die Leute sind verwirrt. Die wissen nicht mehr, was anständig ist. Die haben kein Gefühl mehr für Anstand. Das Richtige zu tun, verstehen sie nicht. Sie kennen das auch gar nicht. Das Richtige kann man auch

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übersetzen, das Aufrichtige, das Gerade, das Anständige. Red mal mit einem leitenden Top-Manager und sag ihm, das ist aber nicht anständig, was sie machen. Der kichert. Ich habe mit einem Lehrstuhlinhaber für Wirtschaftsethik gibt es in ganz Mitteleuropa nur einen Lehrstuhl für Wirtschaftsethik. Der ist in St. Gallen. Und dieser Professor, ich habe mit ihm zusammengesessen gesprochen, der hat mir gesagt, war schon vor ein paar Jahren, wo das Fukushima noch nicht so lange her war, Atomungel in Japan, der hat gesagt, Herr Zimmer, in Amerika in der Managerausbildung gibt es keine Minute Ethik. Die lachen sie aus wie ein Depp. Ja, ich war drüben, habe mal versucht. Die kichern, die nehmen sie nicht ernst. Und auf Fukushima sage ich ihnen, die Managerausbildung in der USA bräuchte 20 Fukushima, bis die aufwachen.

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Ein Fukushima macht denen gar nichts. Die sind verwirrt. Und das Anständige kennen sie nicht. Sie lachen dicht glatt aus. Das Richtige zu tun kennen sie nicht. Und jetzt geht die Anklage so weiter. Und sie häufen an, sie horten, kann man auch sagen, sie häufen an Gewalttat und Ausplünderung in ihren Prachtbauten. Jetzt kommen wieder die Prachtbauten, das ist hier das leitende Stichwort, die Häuser zeigens. Und es sind nicht einfach Privatwillen, können es auch sein, es können also Prachtvillen sein, Wohnburgen für die leitenden Spitzenbeamten, Großgrundbesitzer, große internationale Großhandels, Generäle und so weiter. Aber es sind auch öffentliche Gebäude, staatliche Gebäude sind hier allgemein. Man darf das nicht privatisieren, was hier abläuft. Das sind Prachtbauten im öffentlichen Raum, wo Spitzenbeamte arbeiten,

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die teilweise auch da drin gleich wohnen. Das hat man festgestellt in Samaria, dass in den schönsten repräsentativen Gebäuden auch Wohnrecht ist für die Spitzenleute. Das fließt ineinander über. Also sie horten in ihren Prachtbauten Gewalttat und Ausplünderung. Und fangen wir mal an mit Gewalt. Sie horten natürlich Möbel, Elfenbeinbetten, Wein, also die Innenausstattung dieser Häuser, darf ich euch sagen, könnt ihr euch kaum vorstellen. Da werden wirklich Betten aus dem Zweistromland importiert. Weil das syrische Oberschichtsbetten, da kannst du drin liegen und wenn du frühstücken willst, drehst du dich um, ich muss mich mal kurz umdrehen, und dann klappst du diese Bettkante um, da ist ein Tisch, und da kannst du sitzen und da kommen die Sklaven und da kannst du im

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Bett frühstücken. Und das liebten die Leute. Also so asyrische Luxusbetten oder Elfenbein wird extra eingeführt aus Afrika. Elfenbeinschnitzereien. Also das häufen sie an. Aber Amers sagt, nein, nein, sie häufen Gewalttat und Ausplünderung an. Und das ist natürlich schon hart. Also es sind Anhäufer, Sammler. Ich glaube schon nicht, was die da anhäufen. Aber es ist doch erhungen durch Gewalttat. Es ist ein Wortpaar. Gewalttat und Ausplünderung. Man muss diese Worte auch sehr genau übersetzen. Da könnt ihr mit Martin Luther nichts machen. Martin Luther kannte die genaue Bedeutung all dieser Begriffe. Der ist da in 60 Prozent der Fälle daneben. Also es geht um eine sehr genaue hebräische Übersetzung. Also Gewalttat meint Bedrohung von Leib und Leben. Das kann bis zum Mord gehen. Hier ist auch Mord mitgemeint.

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Aber auch Morddrohung oder eben Bedrohung von Leib und Leben. So, dass man vor Angst schreit. Weil auf die Gewalttat schreit man in seiner Angst. Das ist eine Gewalttat. Wo der Mensch in seiner Not, in seinem Entsetzen schreit. Solche Taten, das tun die schon. Geht los beim Ernte-Einziehen. Ganz so freiwillig ging das bestimmt nicht ab. Und dann die Ausplünderung. Das meint auch nicht privaten Druck ausüben. Sondern gemeint ist hier die staatliche Administration, die Kraftamtes Zugriff hat. Und die Leute durchblicken das gar nicht. Die können sich nicht wehren. Und dann zeigt man auch ganz schön vielleicht für sich was ab. Oder überhaupt es wird einfach angehäuft auf Samaria. Also, das ist eigentlich der wichtigste Satz, das

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wichtigste Wort von Amos, weil er mal auf den Punkt bringt. Er tut hier nicht erbsenzählerisch, was machen die alles falsch und so. Er versucht mal das Wurzel bei der, Übel bei der Wurzel zu packen. Das Grund Übel ist, diese Menschen sind ethisch völlig verwirrt. Sie haben keine Maßstäbe mehr. Sie haben keine Orientierung. Sie zerstören mittelfristig, langfristig ihre eigene Kultur. Und sie kennen das Anständige nicht mehr. Das sagt ihnen nichts. Du kannst sie im Gewissen da gar nicht erreichen. Du bist für sie ein Depp. So blöd sind die nicht, dass sie anständig sind. Sondern sie denken knallhart an ihre Vorteile, an ihren Hedonismus. Und dass das Leben das Maximale für sie hergibt. Das ist das einzige, was zählt. Jetzt kommt

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das Gerichtsurteil, Vers 11. Fängt immer an mit Darum. Daran könnt ihr also ein Gerichtsurteil erkennen. Es geht immer los mit Darum. Darum, und jetzt kommt die Botenformel, so spricht Jahwe. Also das Gerichtsurteil traut sich Amos nicht selber zu. Da beruft er sich ganz auf Gott. Und dieses Gerichtsurteil hat drei Sätze. Also ich bin jedes Mal, wo ihr auch da hinschaut, ganz kurz, ganz knapp. Propheten schwafeln nicht. Ich habe mal eine wichtige Frage an euch. Könnt ihr euch kurz fassen? Was meint ihr? Die Propheten können es. Und ich sage euch, das ist schwer. Weil das sind wichtige Sätze. Jeder Satz ist ein Hammer. Aber es sind drei kurze Sätze. Deshalb, so spricht Jahwe, wird ein Bedränger kommen und eure

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Stadt belagern. Erster Satz. Dann wird er eure mächtigen Bollwerke zerstören. Die Stadtmauern. Kasemattenmauern, sieben Meter hoch, war schon drin. Grundmauern, ganz unten stehen noch. Also man hat noch einen Eindruck von diesen unüberwindlichen Stadtmauern. Hoch auf den Berg. Die Angreifer müssen ja von unten hoch. Und jetzt kommt der dritte Satz. Sie werden eure Prachtbauten, jetzt kommt zum dritten Mal, Prachtbauten ausplündern. Das ist wirklich ein Hammer. Die Räuber werden beraubt. Was der Mensch sät, das wird er ernten. Sie werden eure Prachtbauten, die ihr doch aufgefüllt habt, die werden sie jetzt auch ausplündern. Also, Wort Gottes. Ich sage euch diese drei Sätze nochmal. Ein Bedränger

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wird kommen. Er sagt nicht wer. Er ist kein Hellseher. Er ist ganz vorsichtig. Das Wort Assyrer fällt im ganzen Buch Amos nicht. Das ist auch ein Zeichen, dass man vorsichtig sein muss bei Datierungen. Auch gehe hin nach Aschdort, gehe hin nach Ägypten. In einer späteren Handschrift steht es, gehe hin zu den Prachtbauten Assyriens. Das ist eine spätere Fälschung, weil Amos weiß noch gar nichts von Assyrien. Auch in den Fremdvölkersprüchen geht es los mit den Philistern, den Moabitern, den Edomitern und den, vierte weiß ich jetzt gar, Ammoniten und fünftens Israel. Assyrien kommt gar nicht vor bei den Fremdvölkern. Und das ist schon ein schwerer Hinweis, dass es vor der Assyrie, in der Zeit von Amos 760 ist Assyrien noch, noch nicht, ist noch keine Weltmacht, ist noch ganz im Kommen. Sie wird

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dann 740, 730, 720 wird Assyrien die führende Weltmacht und die erste Hauptstadt, die sie erobern, da gibt es Belege in den asyrischen Chroniken, Issa Maria, da gibt es asyrische Quellen. Und deswegen kann man das auch datieren, 722, 721. Aber im Amos Buch kommt das Wort Assyrien noch gar nicht vor. Und bei den Fremdvölkern spielt Assyrien keine Rolle. Und bei der Gesandtschaft gehen Aschdort und gehen nach Ägypten. Später baut einer ein Assyrien. Deswegen Vorsicht mit Spätdatierung. Und es gibt eben auch Vokabeln, die später gar nicht mehr geläufig sind. Also ich bleibe da bei meinen historischen Ergebnissen. Das sind echte Amos Worte aus der Zeit des Amos. Samaria gibt es ja später gar nicht mehr. Also es wird ein Bedränger

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kommen, der wird deine Stadt belagern, irgendwie militärisch, aber näher wird es nicht festgelegt. Wie viel Zeit habe ich noch? Halbe Stunde. Tine, kannst du mal zu mir kommen? Jetzt die nächsten Verse habe ich nicht geschafft mit Adding so groß rauszuschreiben. Ich hoffe, das ist jetzt Luther Übersetzung, ich korrigiere aber dann Luther, wo es nötig ist. Ich glaube aber die wichtigsten Dinge waren hier. Also die im Luthertext kommt ihr nicht drauf, weil die Begriffe Luther nicht kennt. Aber jetzt kommen die exemplarischen Beispiele. Der erste Block war die Grundlage und jetzt kommen Konkretionen. Lies mal nur den Vers 12. Amos

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3 Vers 12. Das ist ein eigenes prophetisches Unheilswort. So spricht der Herr. Entschuldige, da merkt man gleich, so spricht der Herr, da fängt man was Neues an. Das ist immer ein prophetisches Erzähl-Signal. Jetzt beginnt ein neues Wort. Wie ein Hirt aus dem Rachen des Löwen zwei Schenkel oder ein Ohrläppchen rettet, so werden die Israeliten gerettet. Gut, das reicht schon. Kannst du dich irgendwo hier ein bisschen platzieren? Also das hat Luther gut hingekriegt. Ich sage es mal nochmal. So wie ein Hirte aus dem Rachen des Löwen vielleicht ein Wadenbein, heißt es genau, Luther sagt Schenkel, also heißt ein Wadenbein. Also so wie ein Hirte aus dem Rachen des Löwen vielleicht ein Wadenbein retten kann oder ein Ohrläppchen, so werden die Söhne Israels, gemeint ist die Elite in Samaria, nicht das

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Volk, das Volk heißt Jakob, so werden die Söhne Israels gerettet. Und jetzt merkt man bei diesem eigenen Wort, das ist ein Wort für sich, wie diese ersten drei Verse in Samaria aufgeschnappt worden sind, wie die Leute darauf reagiert haben. Das kann man aus diesem Wort erkennen, indirekt. Man muss dieses Wort gegen den Strich bügeln. Nämlich, wenn jetzt Amos diese Anklage erhebt, also ihr verwirrten Leute, die ihr gar nicht mehr, die ihr kein Gefühl mehr für Anstand habt und Gewalttat und Ausplünderung, betreibt Kraft eurer staatlichen Zugriffsmöglichkeiten. Ihr werdet von einem feindlichen Macht erobert werden und er wird euch ausplündern. Also getötet haben sie ihn nicht, weil die Leute

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haben Angst vor so prophetischen Gestalten, die tötet man nicht. Da hat man Angst davor. Aber die werden folgendermaßen reagiert haben, das kann man mit ziemlicher Sicherheit sagen, weil die Theologie in Bethel ist bekannt, Gott ist in ihrer Mitte. Übrigens auch aus der Vision 3, ich bringe Zinn in ihre Mitte, ist genau das gleiche Wort, schaut mal in Aschdod und Ägypter, die Verwirrung in ihrer Mitte. Das Wort stammt aus dieser dritten Vision. Mitte meint hier das Zentrum, vom Zentrum, der innere zentrale Bereich der Stadt, die Mitte. Gut, und da war eigentlich die israelitische Staatsreligion, wir sind das außerwählte Volk und Gott ist in unserer Mitte und Gott rettet. Jahwe ist unser Retter. Also wir sind das außerwählte Volk, Gott hat mit uns einen Bund geschlossen, wir sind

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unbesiegbar und Gott ist in unserer Mitte und Gott ist unser Retter. So werden sie geantwortet haben. Civil Religion, das ist so die religiöse Färbung mancher Staaten, erleben wir ja in der Moderne auch noch, dass so Staaten auch ihre religiöse Ideologie haben. Also da werden so die Vertreter der Elite gesagt haben, nix da, nix da du Stinkstiefel, du machst uns nicht verrückt, wir sind das außerwählte Volk, Gott ist in unserer Mitte und in Bethel opfern wir regelmäßig und Gott ist unsere Rettung. Und darauf hin, das muss man imaginativ erschließen, weil das passt auch zur offiziellen Staatsreligion, die fühlen sich gerettet und Gott ist ihr Schutz. Gott ist unser Schutz und wir werden fein lustig bleiben, heißt

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das ja in Psalm 46, der wurde auf vielen Bethel gesungen. Bethel ist unüberwindbar und wenn die ganze Welt zusammenfällt, die Gottesstadt wird fein lustig bleiben. Und da sagt jetzt Amos, ja ihr werdet gerettet, so wie ein Hirte ein Schaf rettet, nämlich vielleicht noch ein Wadenbein und ein Ohrläppchen, so werdet ihr tatsächlich gerettet. Das ist ein satirischer Spruch. Also da merkt ihr, also die Propheten beherrschten das Stilmittel der Ironie. Weil bei den Hirten war es so, die galten ja oft als Diebe, weil wenn ein Hirte so draußen die Schafe hat, da weiß man ja nie, hat das wirklich ein Löwe gerissen oder hat er selber sich ein schönes Abendessen gemacht. Also deswegen haben Schafherdenbesitzer gesagt

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zu den Hirten, also wenn ein Schaf gerissen wird, dann müsst ihr irgendwie Belege bringen. Und deswegen kämpften Hirten drum, dass sie vielleicht noch ein Ohrläppchen oder ein Wadenbein, vielleicht sieht man ja bei dem Wadenbein wirklich noch Löwenzähne, dass die da reingebissen haben und dann wird der Besitzer sagen, gut, also sonst muss nämlich der Hirte dieses Schaf ersetzen. Wenn er den Verdacht nicht ausräumen kann, damaliges Hirtenrecht. Deswegen so ganz mutige Hirten, die reißen da noch in einem Löwenrachen was rum, weil sie wollen ihren Besitzer belegen, dass das wirklich ein wildes Tier war. So werden sie gerettet. Also ein beißendes Wort auf die vermutliche Reaktion der samaritanischen Schickeria. Jetzt lesen wir 13 bis 15 nach Luther. Ist aber unproblematisch.

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Hört es und zeugt wieder das Haus Jakob, spricht Gott der Herr, der Gott der Herrscharn. An dem Tage, wo ich an Israel seine Freveltaten heimsuche, da suche ich sie heim an den Altären von Bethel. Da werden die Hörner des Altars abgehauen und fallen zu Boden. Und ich zerschlage das Winterhaus mitsamt dem Sommerhaus. Aus ist es dann mit den Elfenbeinhäusern, die Ebenholzhäuser verschwinden, spricht der Herr. Gut, das ist der dritte Redeteil. Da kommt erstaunlicherweise das Wort Jakob vor, aber nicht einfach Jakob, sondern Haus Jakob. Schwer zu sagen, ob jetzt hier Jakob auch die Unterschicht ist, die das Ganze bezeugt, dass man sozusagen gegenüber der Unterschicht bezeugt. So wird es laufen. Oder ob der Begriff Haus Jakob jetzt doch sehr nahe an Israel dran ist.

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Sehr schwer zu sagen. Bei den anderen sechs Jakobstellen ist die Sache aber klar. Aber hier heißt es Haus Jakob. Also ich will diese Frage offen lassen, sie ist sehr schwer zu entscheiden. Aber das Gerichtswort an sich ist wieder völlig klar. Es ist der Altar wieder, denkt an die Vision 5. Man spürt in all diesen Worten die Nachwirkung der Visionen. Der Altar, der hat an allen vier Ecken Hörner gehabt. Übrigens, die waren Asylhörner, wer also unter Mordverdacht geflohen ist und an so ein Horn gefasst hat, bekam Asyl, Tempelasyl. Diese Hörner werden zerstört, der Altar schützt also niemand mehr. Und dann geht es wieder auf die Häuser, weil die Oberschicht, diese Prachtbauten waren mehrstöckige Häuser, gibt es in der Unterschicht gar nicht. Aus Stein natürlich, die Unterschichtshäuser

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waren alle aus Lehm, haben auch keinen Boden, sondern nur gestampfter Lehm. Aber die haben schöne Steinfliesen, mehrstöckig und beheizt im Winter, beheizt, weil es kann sehr kalt werden, 800 Meter hoch. Aber in der Winterzeit haben sie auch einen zweiten Wohnsitz, Winterhäuser im Jordan-Tal, weil da ist subtropisches Klima. Also doppelter Wohnsitz. Man merkt, wie stark bei Amos die Häuser im Blickfeld sind. Häuser als Ausdruck von sehr viel. Wer in der Unterschicht hat zwei Wohnsitze. Also in all diesen Beispielen will ich immer wieder darauf hinweisen, auch wenn es das Volk Israel heißt, kann nicht das Volk gemeint sein, denn Prachtbauten hat man nicht im Volk. Anhäufen von Gewalttat und Plünderung können ja nicht die Geplünderten

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sein, sondern die Plünderer. Man muss zwischen Plünderern und Geplünderten unterscheiden. Und jetzt hier wieder das Heiligtum, da sind eher die aufsichtsführenden Priester jetzt angesprochen, und Sommerresidenz und Winterresidenz. Also jedes Beispiel, das kommt, zeigt, dass das Gericht nicht einfach über alle Menschen kommt, sondern sehr gezielt auf die, die einen Lebensstil haben, der mit dem Gott Israels nicht zu machen ist. Also die Beispiele sind glasklar oberschichtsbezogen. Die Machthabenden, die Verantwortlichen, die werden bei ihrer Verantwortung gepackt. Jetzt kommt noch ein besonders pikantes Wort, nämlich speziell an Frauen. Amos 4, 1 bis 3. Hört dieses Wort, ihr Basankühe auf den Berge Samariens, die

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ihr die Geringen bedrückt und die Armen zermalmt und zu euren Männern sagt, schaff her, dass wir zechen. Gott, der Herr, hat bei seiner Heiligkeit geschworen, siehe, es werden Tage über euch kommen, da holt man euch heraus mit Haken und eure Brut mit Angeln. Ein brutales Wort, ohne Respekt vor diesen vornehmen Damen. Baschan, Luther sagt oft es, wo es sch heißen muss. Er sagt Sabbat, aber es heißt Shabbat. Er sagt Samuel, aber es heißt Shmuel. Er sagt Siloar, aber es heißt Shiloar. Und es heißt nicht Basan, sondern Baschan. Also das war so ein grundsätzlicher kleiner blinder Fleck, das wusste Luther nicht. Also der Baschan ist eine wunderschöne saftige landwirtschaftliche Gegend. Die Baschan-Kühe, das waren einfach

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sprichwörtlich gut genährte volle Eutern. Und er redet die Frauen als Baschan-Kühe an. Also ihr Baschan-Kühe ist ja wirklich grob und frech. Also der Amos hat sich schon was rausgenommen, aber der Löwe hat gebrüllt. Also ihr Baschan-Kühe, die ihr die Armen unterdrückt und den Geringen missachtet. Also da kann doch das Gericht nicht über die Armen kommen oder über die Geringen und die dann zechen mit bestem Wein. Also mit dieser Strophe wird schon ausgedrückt, Frauen der Oberschicht sind nicht ausgenommen aus dem Gericht. Frauen haben ihre eigene Verantwortung und ihren eigenen Anteil am Gericht der Schickeria. Also das war die Antisamaria, der Antisamaria Komplex. Ein kleines Beispiel für die prophetischen

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Worte des Amos. Gerichtsworte aber immer begründet mit den Verfehlungen, die er jetzt mit seinem geschärften Blick der Manis aufgewacht. Jetzt will ich zum Schluss noch ein paar Worte ganz grundsätzlicher Art sagen. Also ich habe mir überlegt, ob ich noch ein paar andere Amos-Texte bisschen zu Gehör bringe. Ich will es aber euch sagen und denen, die im Internet zuschauen, wichtig, wenn ihr die Visionen noch weiter klären wollt, lest die Einschübe zwischen Vision 3 und 4 und zwischen 4 und 5. Das ist Amos 7, 10 bis 17 und vor allem Amos 8, 4 bis 6. Und ihr werdet in diesen Einschüben finden, dass diese Kritik an

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der Oberschicht, die ja in Vision 3 und 4 gezielt ausgedrückt wird, während die Unterschicht, bereut es Gott und er sagt, es wird nicht geschehen. Das ist schon eine sehr markante Unterscheidung. Dass diese Visionen 3 und 4 in diesen Texten bestätigt werden und bestärkt werden, das sind sehr wichtige Texte. Und wichtig ist auch die Israel-Strophe, die am Ende nach den vier Fremdvölkersprüchen kommt als fünfter Spruch, die Israel-Strophe, das ist so ungefähr Amos 2, 2 bis 16. Und da wird man auch nochmal genau sehen können, was Amos an Israel kritisiert. Amos gehört zu den Figuren, die das Wort Gerechtigkeit entwickelt

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haben. Vor Amos gibt es noch keine tief ausgebaute Gerechtigkeitsvorstellung. Amos arbeitet aber ganz stark mit den Begriffen Recht und Gerechtigkeit. Mishpat ist das Recht und tzotdakar ist die Gerechtigkeit. Und mit diesem, das ist eigentlich im Zentrum seiner Botschaft, es kommt auf Recht und Gerechtigkeit an. Und wenn die Verantwortlichen auf Unrecht setzen, dann ziehen sie sich ihr Ende selber zu. Das Ende ist kein Schicksal, ist keine Willkür, sondern die Menschen, die verantwortlichen Menschen haben sich ihr Ende selber bereitet durch ihr Tun. Was der Mensch sät, das wird er ernten. Dieser Tat-Folge-Zusammenhang gilt in der ganzen Bibel und er ist Grundlage der prophetischen Gerichtsverkündigung. Es trifft

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keine Unschuldigen und das Gericht wird nicht nach dem Gießkannenprinzip ausgeteilt. Gericht heißt bei den alttestamentlichen Propheten immer noch irdisches Gericht auf Erden im Rahmen der Geschichte. Es gibt noch kein jenseitiges Gericht nach dem Tod. Diese Vorstellung gibt es bei den Propheten nicht. Es gibt auch noch nicht die Trennung in Himmel und Hölle, das ein Teil, es geht bei Daniel, aber es ist ein ganz ganz später, der ja nicht bei den Propheten untergekommen ist. Aber bei den Nebbiim, bei den Prophetenbüchern gibt es nirgendwo ein jenseitiges Gericht. Sondern das Gericht ist immer im Rahmen der Geschichte. Es wird durch irdische militärische Faktoren durchgeführt und nach dem Gericht geht es auch wieder weiter. Aber das Gericht muss man erstmal durchleben, da kommt man nicht

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drum rum. Zum Beispiel Jeremias, der über 100 Jahre später wirkt, 130, 140 Jahre später wirkt, bei dem merkt man, wenn er zu Judah spricht, Jeremias arbeitet im Südreich, kurz vor dem Untergang Jerusalems, also eine ähnliche Situation wie Amos, kurz vor dem Untergang Samarias. Und wenn man Jeremias genau untersucht, wird man merken, wenn Jeremias zu Judea spricht, zu Judah spricht, spricht er sehr ähnlich wie Amos. Wenn er aber zu den Nordisraeliten spricht, zu Jeremia 31, 34, das Ephraim Kapitel, da spricht er auf einmal zu Leuten, die das Gericht ja schon erlebt haben, die es hinter sich haben und zu denen redet er sehr positiv. Also ist ein großer Unterschied. Nach dem Gericht, auch nach dem Untergang von Jerusalem

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kommen die großen Trostpropheten Deuterö Jesaja, Trittö Jesaja, die die Menschen wieder aufbauen. Aber das Gericht muss erstmal durchlebt werden. Also das Gericht bei den Propheten ist immer noch irdisch, geschichtlich. Das jenseitige Weltgericht nach dem Tod beginnt erst, diese Vorstellung kommt erst auf im zweiten Jahrhundert vor Christus mit dem Beginn der Apokalyptik. Im Buch Daniel gibt es die ersten Ansätze, aber das ist die Zeit so 160, 150 vor Christus, also viel später. In der Zeit der Propheten gibt es nicht den Unterschied von Himmel und Hölle. Der taucht auch erst, dass im jenseitigen Bereich die Menschheit in zwei Orte geteilt wird. Diese Vorstellung gibt es bei den Propheten gar nicht, sondern alle Toten kommen in die

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Sheol, das ist dieses Schattenreich, wo man sich zu den Vätern legt. Alle kommen in die Sheol und dieses Schattenreich, da ist man nicht mausetot, aber es ist auch kein richtiges Leben. Also die Israeliten, die alten Israeliten in der Zeit, die hatten schon eine Jenseitserwartung, aber keine Jenseitshoffnung. Man hofft nicht auf die Sheol, weil in der Sheol ist das Land nicht mehr so gut wie hier, gibt es keine Feste mehr und es ist ein vermindertes, reduziertes Schattenreich. Also und das Gericht ist nicht in der Sheol, sondern es findet in Samaria statt oder in Jerusalem. Also diese Unterscheidung müsst ihr klar treffen, wenn wir vom Gericht reden im Alten Testament und im Neuen, das ist also ein großer Unterschied. Ich möchte aber ein paar abschließende Worte sagen zur Gerechtigkeit, weil Amos und Hosea, Micha

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und Jesaja haben eine sehr verwandte Botschaft, nämlich sie kämpfen um Recht und Gerechtigkeit. Da schlägt ihr Herz, das ist ihre Leidenschaft. Und deswegen, was versteht Amos und Hosea, Micha und Jesaja, Jeremiah, was verstehen sie unter Gerechtigkeit? Ist es das, was ihr unter Gerechtigkeit versteht? Da muss man jetzt sehr aufpassen. Ich habe in letzter Zeit immer wieder auch konservative Bücher gelesen, ich sag mal so, muss man ja auch wissen, was die so denken. Ich bin ja kein bisschen konservativ, aber so ein konservativer Theologe schreibt da ein Buch über das Kreuz Jesu, ich will keine Einzelheiten sagen, und er redet glaub vier oder acht hundert Mal von Gerechtigkeit. Er erklärt es nie. Also auch dann beim Sühnopfertod Jesu muss einer Gerechtigkeitsordnung, muss da erfüllt werden,

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ist diesem Mann ganz wichtig, ich kapier gar nicht genau, von was der eigentlich redet, und mir ist nur aufgefallen, dass er den Begriff von Gerechtigkeit nie erklärt, nie. Und den Begriff von Gerechtigkeit, den dieser englische Theologe verwendet, stammt nicht aus der Bibel. Es ist nicht die Gerechtigkeit von Amos, Hosea, Micha, gar nicht, gar nicht. Und wenn man diese falsche Gerechtigkeit dann auf den Tod Jesu anwendet, dann wird es zapfenduster. Ohne dass man es merkt. Man denkt dann immer noch, man ist ja biblisch. Nein, man ist zehn Kilometer von der Bibel entfernt. Also jetzt will ich mal den Gerechtigkeitsbegriff kurz umreißen, der in Europa typisch ist. Vermutlich steckt er relativ stark in allen euren Köpfen. Er kommt aus dem römischen Recht, aber auch schon die nikomachische Ethik von Aristoteles. Suum cu juque jedem das seine. Jedem das, was er verdient. Der

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eine wird gelobt und der andere wird getadelt. Suum cu juque jedem das, was ihm zusteht. Das ist Gerechtigkeit. Gerechtigkeit in Europa wird personifiziert mit der Gestalt justitia – i justitia heißt ja Gerechtigkeit im Lateinischen. Bei sehr vielen Gerichten werdet ihr schon gesehen haben, steht eine Dame vor dem Gericht, aus Stein gehauen. Sie hat eine Binde vor den Augen und eine Waage in der Hand. Das ist die europäische Vorstellung von Gerechtigkeit, die Amos nicht hat. Die europäische Vorstellung von Gerechtigkeit, die viele konservative Theologen einfach haben und sie in die Bibel hineinfantasieren, die geht so, die Gerechtigkeit ist unparteiisch, ohne Ansehen der Person. Also das ist die Binde vor den Augen, ohne Ansehen der Person.

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Vor dem Gesetz sind alle gleich. Das Gesetz gilt für alle. Deswegen die Binde, ohne Ansehen der Person. Und die Waage heißt neutral, unparteiisch, sachlich abwägend. Das sind Gewichtsteine. Man findet das Strafmaß, die gerechte Strafe, die wird hier genau gewogen. Also die Waage heißt, wir sind ganz sachorientiert, ganz neutral, ganz unparteiisch, sachlich. Es wird gemessen. Das ist die Gerechtigkeitsvorstellung. Die ist nicht schlecht, hinter die sollen wir auf keinen Fall zurückfallen, denn diese Art von Gerechtigkeit ist tausendmal besser wie Wildkür oder Fetterless-Wirtschaft. Also ist ein Riesenfortschritt diese Gerechtigkeit. Aber wenn Gerechtigkeit ohne Ansehen der Person ist, da steckt schon ein dickes Korn Wahrheit

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dran, ist es aber doch so, dass es langfristig den Starken hilft. Die Schwachen muss man ihre Person halt angucken. Wenn man nur ohne Ansehen der Person das hilft, den Erfolgreichen, den Begabten und den Starken, die kommen damit besser klar. Zöta k. Gerechtigkeit bei Amos, die jetzt immer stärker in der Bibel sich ausbreitet und im Erbarmensrecht der Thora sich auswirkt. Das Erbarmensrecht in der Thora verdanken wir Amos, Hosea, Micha und Jesaja. Die haben es heraufgeführt und die Priester im babylonischen Exil haben es in Mischpat, in Recht umgesetzt. Zöta k. ist die Haltung und Mischpat ist der Zustand, der sich aus dieser Haltung ergibt. Zöta k. in der Bibel ist nicht mit einer Binde und nicht mit einer Waage, sondern Zöta k. ist im Ansehen der Person. Amos sieht die

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Kleinbauern, die Tagelöhner, die Palast-Sängerinnen. Er gibt ihnen eine Sprache, ein Wort und er sieht die große Verwirrung und sie wissen nicht das Anständige zu tun. Also das ist nicht ohne Ansehen der Person, das ist im Ansehen der Person. Also die schwächeren Menschen, die gedemütigten Menschen, die verbitterten Menschen, die keine Ermutigung mehr, schon lange nicht mehr gehabt haben, die brauchen mehr Aufmerksamkeit wie andere. Schlechte Schüler brauchen viermal so viel Lob wie die guten Schüler. Das ist eine große Tragik, dass Lehrer alle dazu neigen, die guten Schüler zu loben. Ja, schon auch wichtig, aber die schwachen Schüler, die nicht so gut riechen, die schlecht erzogen sind, wo

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man merkt, die können sich nicht gut konzentrieren, die brauchen Komplimente, die müssen aber stimmen, also nicht, wo sie selber nicht glauben, aber mal beobachten, was kann ich, und dann die Leute loben. Das ist Zöta K. Justitia ist eine austeilende Gerechtigkeit, die teilt so aus und teilt so aus. Also die schlechten Menschen kriegen eben Gefängnisstrafe, die kriegen ihre gerechte Strafe und wir wissen aus vielen Statistiken, die Rückfallquote in unseren bundesrepublikanischen Gefängnissen liegt bei 60 Prozent. Viele kriegen erst eine richtige Ausbildung im Gefängnis, weil sie da auch Profi-Kriminelle erleben. Der Erfolg unserer Gefängnisse, ich war 15 Jahre lang regelmäßig in Gefängnissen, hab mit Gefängnisdirektoren, Gefängnisärzten, Gefängnispsychologen, Vollzugsbeamten und Gefängnispfarrern gesprochen,

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manche Studenten haben mal eine Nacht in der Gefängniszelle übernachtet, sieht man die Sache auch gleich ganz anders an. Also der Verbesserungseffekt unserer Gefängnisse, das Land Baden-Württemberg gibt pro Jahr 300 Millionen Euro für Gefängnisse aus. Meint ihr, dass es sehr effektiv eingesetzt ist? Also auf jeden Fall die Leute, die aus dem Gefängnis rauskommen, sind die integrierter wie vorher. Das ist die ambivalente Wirkung der Justizia. Aber ZDAKA erkennst du daran, dass die Ausgeboteten, die Abgewerteten, die am Leben der Gemeinschaft nicht teilnehmen können, religiös, wirtschaftlich, politisch, dass man diese Menschen hereinholt. Das ist ZDAKA. Und das geschieht nur im Ansehen der

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Person. Auch Jesus hat ganz in der ZDAKA gelebt. Die Seligpreisungen sind ganz ZDAKA. Und auch den Tod Jesu und seine heilsentscheidende Bedeutung, die der Tod Jesu auf jeden Fall hat, kann man nur erkennen von der ZDAKA her, aber nicht von der Justizia her. Machets gut.

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Die Gerichtsworte des Amos über die Hauptstadt Samaria | 5.5.1

Worthaus 5 – Heidelberg: 25. Mai 2015 von Prof. Dr. Siegfried Zimmer

Die »lange Geschichte«, die mit dem Vortrag »Die Visionen des Amos – ein Meilenstein in der Geschichte der Prophetie« begonnen hat, setzt Siegfried Zimmer mit diesem Vortrag mit viel Engagement fort. Natürlich geht es in den Gerichtsworten aus dem Amosbuch weiter um das etwas abstrakt klingende »Gericht«. Aber Zimmer schafft es nicht nur diese alten Worte für das Hier und Jetzt verständlich zu machen. Er eröffnet auch ungewohnte Perspektiven auf die Amos-Verse, indem er sie in aktuelle Bezüge setzt und aus dem klassisch religiösen Kontext herauslöst.
So nähert er sich den Gerichtsworten über ein Gedicht von Nelly Sachs, in dem Propheten als »Einbrecher« verstanden werden. Sie brechen die verstopften Gehörgänge der Menschen auf mit »Sturmschwingen der Ewigkeit«.
Ausgehend von diesem lyrischen Zugang verdeutlicht Zimmer die enorme – und leider oft ausgeblendete – politische Dimension der Gerichtsworte des Amos. Sie klagen die gesellschaftlichen Eliten an, die kleine superreiche Oberschicht, die auf dem Rücken der armen Bevölkerungsmehrheit ihr Luxus-Leben frönt und jedes Gefühl für Anstand verloren hat. Sie konfrontieren die »High Society« mit einem Gott, der sie für ihren Lebensstil Verantwortung ziehen wird und sich eindeutig auf der Seite der Unterdrückten und Armen positioniert. Und es spricht nicht nur vieles, sondern alles dafür, dass sich an dieser Positionierung Gottes bis heute nichts geändert hat und auch nie ändern wird: Seine uneingeschränkte Solidarität gilt den Ausgegrenzten, den Chancenlosen, den Ohnmächtigen, den Entrechteten, den Ausgenutzten.