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Die erste Schöpfungserzählung Genesis 1 von 1.1 bis 2.3 oder auch 2.4a, die erste der beiden Schöpfungserzählungen. Nicht sagen Schöpfungsbericht, es gibt einen Laborbericht, einen Polizeibericht, einen Pressebericht, aber bitte keinen Schöpfungsbericht. Da fließt dann gleich das Wasser auf fundamentalistische Mühlen und das wollen wir ja nicht. Es ist eine Erzählung mit hymnischen poetischen Elementen, voller Rhythmus, sehr auf ästhetische Wirkung bedacht. Es ist also kein naturwissenschaftlicher Text. Wir lernen da keine neutralen Informationen über die neugierige Frage, wie und wann ist die Welt entstanden.

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Zu diesen beiden neugierigen Fragen antwortet der Text überhaupt nicht. Denn es geht in diesem Text nicht um die Entstehung der Welt, sondern um den Aufbau der Welt. Es geht nicht darum, uns eine anschauliche Vorstellung zu ermöglichen, wie es bei der Schöpfung zugegangen sei. Darum geht es überhaupt nicht, sondern wie die Welt aufgrund der Schöpfung aufgebaut ist. Darum geht es. Es geht um die tiefsten Grundlagen. Es geht nicht um die Entstehung der Welt, sondern um die Wirklichkeit der Welt. Nicht gesellschaftspolitisch, kulturell, das bleibt völlig ausgeklammert, sondern die Wirklichkeit der Welt, soweit der Schöpfer Setzungen, Grundkonstanten in diese Welt eingebaut hat, die für alle Zeiten, auf allen Erdteilen,

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in allen Kulturen und für alle Menschen immer gelten werden, solange die Erde besteht. Dieser Aufbau der Welt, diese Architektur der Welt. Gott ist in Genesis 1 der Architekt und Baumeister der Welt. Das Wie der Schöpfung wird überhaupt nicht berührt und bleibt in einem vollkommenen Geheimnis. Das würden wir eh nicht begreifen. Gott als Schöpfer der Welt zu bekennen, heißt zugleich die große Begrenztheit unserer Erkenntnis zu bekennen. Wer Gott als den Schöpfer bekennt, bekennt damit, dass er intellektuell die Schöpfung nicht begreifen kann.

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Es geht in Genesis 1 um das Unbegreifliche, das allem Begreiflichen zugrunde liegt. Zunächst die Überschrift, Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Diese Überschrift, will sie ein bisschen charakterisieren, ist schlicht, klar, kurz, majestätisch, ohne Unsicherheit. Es wird nichts begründet, es wird nichts abgeleitet, es steht schlicht und feierlich majestätisch da. Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Im Anfang ist also qualitativ gemeint, archä, Anfang im Griechischen, nicht im Sinne der Archäologie, das ist modern. Archäologie entsteht erst um 1800, sondern im Sinne der Architektur, im Sinne der Fundamente.

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Ich beginne ein Gebäude mit dem Fundament und das Fundament bleibt immer die Grundlage des Gebäudes. Die ersten Schöpfungswerke sind die unteren Stockwerke, die die oberen Stockwerke tragen. Diese sechs Schöpfungswerk Tage und diese acht Schöpfungswerke sind nicht einfach sechs oder acht Perlen wie auf einer Perlenschnur, es sind Stockwerke, die aufeinander aufbauen. Architektur der Welt, nicht Entstehung der Welt. Also die Überschrift Im Anfang meint Gott schuf als Grundlage von allem Himmel und Erde. Also im Anfang habe ich ja gesagt, im Anfang fehlen alle Nährbestimmungen, es fehlt der bestimmte Artikel, es fehlt das Genetivobjekt, das das Wort Anfang eigentlich immer hat, Anfang der Weisheit, Anfang des Weges,

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Anfang der Regenzeit, Anfang der Macht, im Sinne der Grundlage der Macht. Also es fehlt der bestimmte Artikel, es fehlt das Genetivobjekt und die Formulierung im Anfang ist bedrohend an den Anfang gesetzt. Also es geht nicht um diesen oder jenen Anfang, sondern um den grundlegenden Anfang, um die Grundlage aller Grundlagen. Und jetzt kommt das zweite Wort bara, schuf, also im Hebräischen barashit, bara Elohim haschamayim vachar aretz. Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde. Jetzt dieses Wort schuf ist ein besonderes Wort, also im Hebräischen heißt dieses Verb bara. Ton auf der zweiten Silbe, kennt ihr ja, wenn ihr mich schon ein paar Mal gehört habt, nicht bara, nicht torah, sondern torah. Dieses Wort ist eine künstliche Schaffung innerhalb der israelitischen Religionsgeschichte.

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Es gibt zu dem Verb bara keine Parallele in einer anderen altorientalischen Sprache, das Wort wurde nur in Israel entwickelt. Es kommt 46 Mal im Alten Testament vor, in der modernen Bibelwissenschaft sind selbstverständlich alle 46 Stellen rauf und runter und rüber und Kontext millimetergenau untersucht. Das Besondere an diesem Verb bara, das erst ab einer bestimmten Zeit in der israelitischen Religionsgeschichte zur Verfügung stand, in der Erzählung von Adam und Eva gab es dieses Verb noch nicht, da heißt es noch Gott machte, so ähnlich wie ein Handwerker. Aber in der Art, wie das in Genesis 2 geschildert wird, merkt man, da ist die gleiche Qualität drin.

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Also bara wird immer nur auf Gott bezogen, alle 46 Stellen geht es immer um das Schaffen Gottes. Es ist also ein Verb, das man in Israel bewusst geschaffen hat, damit man Gottes Schaffen kategorial, grundsätzlich, prinzipiell von allem menschlichen Schaffen tief unterscheidet. Gott schafft nicht so wie der Mensch. Also in allen 46 Stellen ist immer nur Gott allein der Schaffende. Und das zweite, was bei bara auffällt, in den 46 Stellen wird niemals ein Material genannt. Gott braucht kein Material, er schafft ja ganz anders. Der Mensch braucht Material, der Schwabe sagt ja, für nichts kommt nichts. Also wir brauchen was, aber jedes Material hat ja auch seine eigenen Gesetzmäßigkeiten. Ich kann also mit Duschefarben nicht das Gleiche erzielen wie mit Ölfarben.

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Ich kann, wenn ich Holz bearbeite, nicht das Gleiche erzielen wie wenn ich mit Glas oder mit Stein arbeite. Also alle Materialien haben ihre eigene Gesetzlichkeit und damit schränken sie ja die Möglichkeiten des Handwerkers oder des Baumeisters ein. Aber Gott verwendet kein Material, niemals. Im zweiten Schöpfungstag, wenn wir darauf kommen, und Gott machte das Firmament, ja da hätte ich mal zwei Fragen. Erstens mal, wie? Wird nichts gesagt, würden wir eh nicht begreifen. Und aus was? Ja, nein, ist kein Material. Woher kommt die Materie? Ja, dazu sagt Genesis 1 gar nichts. Also viele neugierige Fragen gehen am Text völlig vorbei und Genesis 1 lässt viele Fragen offen, bewusst.

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Ist deswegen nicht fest verklammert mit einem bestimmten Weltbild oder einer bestimmten Ideologie oder Weltanschauung. Im Blick auf ein fixes Weltbild, eine stimmige Gesamttheorie, eine Ideologie ist Genesis 1 erstaunlich offen und lässt viele Fragen offen. Ihr werdet es merken. Aber das Entscheidende ist ganz klar. Also Gott schuf, mit diesem Wort Barra will mal ganz grundsätzlich geschwind werden. Also ich springe jetzt mal aus der Textinterpretation heraus in die systematische Theologie. Durch das Wort Barra wird im Grunde erkannt, dass man kreationistisch oder intelligent designmäßig Gottes schaffen nicht analysieren kann.

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In diesem Zusammenhang spielt der teleologische Gottesbeweis eine Rolle, der wie alle Gottesbeweise im Grunde immer schon den Glauben voraussetzt. Also der teleologische Gottesbeweis sagt ganz einfach gesagt aus der Analyse der Welt kann man erkennen, das hat ein Schöpfer gemacht. Nein, zur Analyse der Welt gehören auch Erdbeben, Vulkanausbrüche, Tsunamis, die ZZ-Fliege, Malaria und so weiter. Nein, nein, so einfach ist es nicht, dass man sagt, haja, ich gucke die Welt an und wie wenn ich ein Bild irgendwo sehe, dann sage ich doch auch, das hat jemand gemalt. Und wenn ich die Welt angucke, dann sage ich, das hat jemand gemacht. Die lieben Christlein legen sich so hübsch, naiv zurecht. Nein, so einfach ist es nicht. Wir können Gottes schaffen nicht wissenschaftlich nachvollziehen. Unsere Analyse-Möglichkeiten sind da mehr als begrenzt.

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Barra will hier schon zur Vorsicht mahnen, Gott schafft völlig anders, wie es in unserem Einzugsbereich nachvollziehbar ist. Gut, dann kommt das Subjekt dieses Satzes Elohim. Elohim ist einer der häufigsten Gottesbezeichnungen im Alten Testament, kommt über 2000 Mal vor. Ist sprachgeschichtlich abgeleitet von El, der immer schon jahrtausende lang der oberste Gott im Götterpantheon der orientalischen Religionen ist. Aus El wird später mal durch Sprachveränderung Al und dann Allah. Also die islamische Bezeichnung Allah, zweiter Silbe betont, für Gott liegt auf der Ebene El.

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Und auch in Israel hat man diese Gottesbezeichnung aufgegriffen. Übrigens auch christliche Araber sagen Allah, weil Allah ist kein speziell islamischer Name für Gott, sondern ist die allgemeine neutrale Bezeichnung für ein Gottwesen, für Gott. Und deswegen können die christlichen Araber genauso Allah sagen wie die muslimischen Araber, weil Allah ist ein neutraler Ausdruck zu übersetzen eigentlich mit Gott. Und das entspricht auch Elohim. Jetzt, was ist hier auffallend? In der orientalischen Religionslandschaft sind alle Religionen polytheistisch, also viele Götter, Götter und Göttinnen, und die haben dann wieder Söhne und Töchter und die Konformanten in Babylon, die müssen diese ganzen Götterstammtafeln auswendig lernen.

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Also alle Religionen der Antike, ich bleibe immer im Orient, sind polytheistisch. Nicht weil diese Völker ein bisschen blöd waren. Ich habe ja schon mal gesagt, ich habe noch nie im Religionsunterricht, wo ich hinten drin gesessen bin, eine einzige faire Stunde über die kananaische Religion gehört. Offensichtlich sind christliche Religionslehrer dazu eigentlich nicht imstande, mal die kananaische oder die babylonische asyrische Religion fetzig, freundlich, positiv zu schildern. Also warum sind alle Völker polytheistisch? Die waren ja nicht blöd. Aber alle Völker der Welt sind polytheistisch. Das Judentum ist die erste Kulturreligion, die über eine lange Entwicklungsphase, über Monolatrie, allein einen Gott verehren bis zum Monotheismus.

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Es gibt nur einen Gott. Warum sind alle Völker polytheistisch? Ganz kurz, weil ich glaube, ich habe es irgendwo schon mal erklärt, weil es im Leben viele Grundkräfte gibt, starke, grundlegende Kräfte, wo die Menschen alle gespürt haben, wenn es diese Kräfte nicht gäbe, dann könnte ich nicht leben. Diese Kräfte sind viel, viel stärker als ich und ich möchte mich bei diesen Kräften bedanken, dass es sie gibt. Und dann entwickeln sie Gebete und Gesänge und reden diese Grundkräfte an. Ist ja eigentlich schön. Das ist Ausdruck der Dankbarkeit. Kann aber auch Ausdruck von Angst sein, weil es gibt ja auch chaotische Grundkräfte, das sind dann so gefährliche Götter. Aber bleiben wir mal bei den Positiven. Das Licht, die Fruchtbarkeit, das Wachstum, die Gemeinschaft. Ohne Gemeinschaft im Dorf, es gibt in der Antike keine Singles, in der Steppe können keine Single leben.

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Wenn du da nicht deine Sippe hast, bist du verloren. Also weil es verschiedene Grundkräfte gibt, das Licht, die Fruchtbarkeit, den Regen, die Gemeinschaft und andere Grundkräfte, so hat man die verschiedenen Grundkräfte sich bedankt mit Liedern und Gebeten. Und weil es verschiedene Grundkräfte im Leben gibt und nicht nur eine einzige, entsteht in allen Religionen der Politiismus. Aber dass jetzt eine Religion entsteht, wo ein unsichtbarer Gott, der kein Geschlechtswesen ist, von dem man sich keine Bilder machen soll und kann, dass dieser eine unsichtbare Gott der gesamten Weltwirklichkeit gegenübergestellt wird und ganz prinzipiell von dem Sein der Welt unterschieden wird,

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das ist einmalig in der Menschheitsgeschichte. Also in diesem Kapitel 1 ist bereits klar ein Monotheismus vertreten. Nur Elohim macht die Welt, es gibt Religionen, da gibt es verschiedene Schöpfungsgötter, Bereichsgötter, auch für die Schöpfung im Ägyptischen, Chnum und nein hier nur Elohim und sonst gar niemand. Also das ist einmalig. Der Text dürfte im babylonischen Exil entstanden sein, also relativ spät. Genesis 1 steht nicht am Anfang der israelitischen Schöpfungsverständnis, sondern am Ende. Er ist ein Höhepunkt, ist relativ jung, aber weil er so bedeutend ist, war es sehr gut, dieses Kapitel dann bei der Endredaktion der Thora an den Anfang zu setzen. Also Elohim ist das einzige Subjekt, es ist niemand anders beteiligt und hier ist der Polytheismus, der im Grunde sehr vernünftig ist,

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der mit der sinnlichen Wahrnehmung, mit der Erfahrungswelt durchaus sehr gut übereinstimmt, deswegen haben ja alle Völker eben diesen Polytheismus, aber hier also ein klares Zeugnis für den Monotheismus. Ein zweiter wichtiger Punkt ist, in allen Erzählungen des alten Orients, es gibt also Erzählungen, wie der Mensch entstanden ist, der erste Mensch sozusagen, wobei der erste auch nicht zeitlich gemeint ist, mehr archätypisch, also es gibt Erzählungen über die Entstehung des Menschen, das nennt man Anthropogonien, Erzählungen, wie der Mensch entstanden ist. Das sind die ältesten Erzählungen im alten Orient, das sind tausende von Jahre älter wie Genesis 1, dann gibt es aber auch Erzählungen, die nennt man Kosmogonien,

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das sind Erzählungen, wie die Welt entstanden ist, also religionsgeschichtlich sind die aller ältesten altorientalischen Erzählungen nur Erzählungen, wie der Mensch entstanden ist. Später kommen Erzählungen dazu, wie die Welt entstanden ist und noch später kombiniert man auch beide, das ist jetzt hier auch der Fall, die Weltentstehung und die Menschenentstehung werden in einer Erzählung miteinander verbunden und integriert, das ist rein religionsgeschichtlich ein ziemlich weit entwickeltes Stadium. Jetzt ist aber in allen altorientalischen Kosmogonien und Anthropogonien es immer so, dass auch die Götter selber entstanden sind. Also bleiben wir mal bei den Kosmogonien, in den altorientalischen Erzählungen, wie die Welt entstanden ist, sie beginnen alle damit, wie sind die Götter entstanden.

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Und erst wenn alle Götter entstanden sind, dann kommt die Entstehung der Welt, das ist überall so. Der ägyptische Sonnengott, der schießt sozusagen den Vogel ab, der erzeugt sich nämlich selber. Aber auch er entsteht und man kann daran erkennen, dass die mythische Sicht der Dinge nicht zu einer wirklichen Transzendenz vorstoßen kann, dass Gott nicht mehr ein Teil dieser Welt ist, der Schöpfung ist, nicht mehr Zeit und Raum unterliegt, sondern kategorial von der Schöpfung verschieden ist, der ist in keiner Weise verwandt mit der Schöpfung. Diesen Gedanken können die Mythen der Völker nicht entwickeln. Die Götter bleiben selber in Zeit und Raum gebunden. Es gibt die Geburt der Götter, die Entstehung der Götter, die Entstehung der Welt und die Entstehung des Menschen.

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So ist es in allen Fällen, die wir kennen im Alten Orient. Dieser Text erzählt nicht, wie ist Elohim entstanden. Nein, das ist völlig klar. Die Frage ist völlig unangemessen. Oder wo wohnt Elohim? Nichts. Das ist für unser Begreifen sowieso. Darüber äußert sich der Text nicht, weil das ist außerhalb jeder sinnlichen Wahrnehmung und was außerhalb der sinnlichen Wahrnehmung ist, dazu äußert sich Genesis 1 nicht. Es deutet aber die sinnliche Wahrnehmung, den Aufbau der Welt, soweit er unserer sinnlichen Wahrnehmung erschließbar ist, wird gedeutet von Elohim, dem Schöpfer aller Dinge. Also hier gibt es keine Theogonie mehr. Die Götter sind auch irgendwie entstanden. Nein, Elohim ist nicht entstanden. Er altert nicht, er ist kein Geschlechtswesen, er hat keine Kinder, man kann ihn nicht bildlich einfangen.

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Er ist der, der er ist. Er ist ein Unikum. Also keine Theogonie. Dann habe ich ja auch gesagt, Genesis 1 ist gar kein Weltbild. Weltbildhaft müsste man sagen, es gibt den Himmel und die Erde und die Unterwelt. Das Totenreich oder die Unterwelt. Aber das Totenreich und die Unterwelt kommt hier überhaupt nicht vor und im ganzen Alten Testament gibt es kein Interesse daran, wo ist eigentlich die Unterwelt. Ist sie unten? Nein, das Stockwerkdenken ist. Nein, das wird einfach offen gelassen, denn das Alte Testament liefert uns kein Weltbild. Es greift weltbildhafte Elemente mal der hier und da auf, wo man es einpassen kann und grenzt sich ab, wo man es nicht einpassen kann.

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Und manchmal greifen sie solche Elemente auch poetisch auf, mehr so als lyrische, schöne Redensart. Gut, also es bleibt die Unterwelt, das Totenreich völlig außen vor. Auch Teufel und das Böse wird hier überhaupt nicht erwähnt. Um das einmal ganz deutlich zu sagen, der Satan, hebräisch Satan, Diabolus Teufel ist aus dem griechischen Diabolus, im hebräischen heißt der Teufel Satan, Satan. Der Begriff Satan oder wir sagen Satan kommt in der gesamten Thora, in den fünf Büchermose nicht ein einziges Mal vor. Satan kommt in der Urgeschichte nicht vor, in der Erzfedergeschichte nicht, in der Exodusgeschichte nicht, im Leviticus nicht, dritter Mose, vierter Mose, fünfter Mose, kein einziges Mal.

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Also auch hier das Böse, der Satan, also wenn einer so umfassend ein Weltbild, eine Gesamttheorie der gesamten Welt und Wirklichkeit, nein, das liefert Genesis 1 nicht. Genesis 1 will aufzeigen, dass die von Gott gesetzten Grundkonstanten gut sind, förderlich, dass wir staunen können, dankbar sein können, uns freuen können, fasziniert sein können. Der Text will nicht neutral über die Entstehung vor irgendwann berichten, sondern der Text möchte zum Staunen führen, zur Freude, zur Dankbarkeit und zur Faszination, dass die Grundlage aller Grundlagen gut ist. Förderlich, fürsorglich, der Baumeister der Welt deckt uns den Tisch, uns, den Tieren und Menschen, uns den Lebewesen, den Geschöpfen.

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Das ganze Gebäude dieser Welt ist auf die Lebewesen hin konzipiert und vom Menschen her ist alles gesehen, also naturwissenschaftlich ist hier nicht mal ein halber Satz, ist auf einer völlig anderen Ebene. Gut, also im Anfang schuf Elohim Himmel und Erde. Himmel und Erde nennt man literaturwissenschaftlich ein Merismus. Ein Merismus ist dann gegeben, wenn man das Ganze durch zwei polare Ausdrücke, die sich ein bisschen gegenüberstehen, zum Ausdruck bringt. Also das Ganze man ausdrückt in zwei Polen, zum Beispiel Mann und Frau ist auch ein Merismus, Tag und Nacht und so weiter und hier Himmel und Erde.

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Es gibt im biblischen Hebräisch kein Wort für das Ganze, also wir Deutschen können sagen die Wirklichkeit, so ein Wort gibt es im Hebräischen nicht oder das All oder das Sein. Solche Begriffe gibt es im Hebräischen der Bibel nicht, im heutigen natürlich schon, weil die Bibel nicht die sinnliche Wahrnehmung verlässt. Warum verlässt sie die sinnliche Wahrnehmung nicht? Vermutlich, weil sie starke Sorgen hat, dass in der Abstraktion zu wenig Leben steckt, zu wenig Gott. Sie spüren die Gefahr, dass wenn man in die philosophische Abstraktion geht, dass da natürlich, wir würden jetzt als moderne Wissenschaftler sagen, viel gewonnen werden kann, ganz bestimmt, aber die biblischen Schreiber spüren, da kann auch ganz schön viel verloren werden und das lässt sie zögern.

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Also es gibt, die Griechen haben Kosmos, gibt es im Hebräischen nicht, der Hebräer sagt Himmel und Erde, bei beiden kann man was sehen, Sie können den Himmel sehen, Himmel meint man, wenn man es englisch formuliert, sky, nicht heaven. Es gibt dann im Laufe des alten Testament, dann fangen langsam Stellen an, dass der Himmel jetzt nicht kosmologisch gemeint ist, also sinnliche Wahrnehmung, diese Himmelswölbung, die ist hier gemeint mit Himmel, die wir alle, seit wir kleine Kinder sind und das Licht der Welt erblickt haben, sehen wir diese leuchtende, strahlende, glänzende Wölbung, diesen Balbarhin, der ist hier mit Himmel gemeint. Und der andere Pol unserer Lebenswelt, unserer sinnlichen Wahrnehmung ist die Erde.

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Also mit Himmel und Erde ist mit diesen beiden Begriffen alles erfasst, was wir bis heute sinnlich wahrnehmen. Wenn wir in die Welt hinausschauen, egal von woher und in welchem Jahrhundert oder Jahrtausend, wir sehen den Himmel und die Erde. Gut, also damit wird jetzt ausgedrückt, der Schöpfer hat alles geschaffen. Hier ausgedrückt im Rahmen der sinnlichen Wahrnehmung, nicht naturwissenschaftlich zu verstehen, nicht ideologisch zu verstehen, nicht als Weltbild oder als Weltanschauung, sondern als eine langjährige geläuterte Erfahrung, der jeder Mensch zustimmen kann. Himmel und Erde. Gut, das ist also dieser schlichte majestätische Satz, er ist die Überschrift und er ist auch in gewisser Weise inhaltlich die Summe vom ganzen Kapitel.

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Jetzt steigen wir in den Text ein, Vers 2, drei kurze Sätze ohne Adjektiv, das will ich auch noch sagen, in der Überschrift, kein Adjektiv. Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Jetzt kommt ein Vers mit drei Sätzen, sehr geheimnisvoll, ich übersetze ihn aus dem Hebräischen. Und die Erde war Wüste, kein Adjektiv, sondern ein Substantiv. Und die Erde war Wüste und Leere und Dunkelheit, Finsternis über der Urflut. Und der Geist Gottes oder der Wind Gottes oder der Sturm Gottes, alles drei kann hier gemeint sein. Wehte hin und her, dieses Verb ist sehr geheimnisvoll, wehte hin und her, flatterte hin und her über dem Wasser.

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Dieser Vers wird der Schöpfung vorangeschaltet, die dann mit der Erschaffung des Lichts beginnt. Also dieser Vers ist nicht der erste Schritt der Schöpfung, nein, nein, es ist das Gegenteil der Schöpfung. Es ist eine Gegenerfahrung, gegen die Erfahrung der Schöpfung. Und diese Gegenerfahrung muss erstmal genannt werden, damit der Vers drei dann und gottspracheswerte Licht überhaupt die entsprechende Wirkung haben kann. Wenn dieser Vers fehlen würde, hätten die späteren Schöpfungswerke niemals die Wirkung, die sie jetzt haben können. Also dieser Vers ist sachlich unverzichtbar, sehr bewusst gewählt, sehr kurz. Die Erde war Wüste und Leere und Finsternis über der Urflut und der Wind Gottes wehte hin und her über dem Wasser.

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Dieser Vers zwei beginnt mit dem Wort und, aber wir müssen ihn von der Überschrift ganz weit wegrücken. Er ist nicht die Fortsetzung der Überschrift, sondern die Überschrift steht für sich über das Ganze. Und jetzt fängt diese Erzählung an mit einer gefährlichen, abgründigen, feindseligen Erfahrung mit dem, was dem Leben feindlich ist, was das Gegenteil der Schöpfung ist. Die Schöpfung wird nicht aus diesem Chaos geschaffen, sondern gegen das Chaos. Gegen das Chaos kommt die Schöpfung. Schöpfung heißt also nicht nur, dass etwas Neues geschaffen wird, das heißt es auch. Schöpfung im Sinne dieser Erzählung heißt auch, dass das Abgründige, das Gefährliche gebändigt wird.

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Das ist auch Schöpfung, nicht nur Neues. Also ich will mal sagen, warum man diesen Vers ganz stark von der Überschrift unterscheiden muss. Denn in der Überschrift steht ja Barah. Barah ist das Schönste, das Wertvollste, das Klügste und das Göttlichste, was Gott so machen kann. Also Barah ist das höchste Kompliment, das es für Gott gibt. Also eine Erde, die wüste und leere ist, ihr Lieben, kann man nicht mit Barah in Verbindung bringen. Nein, auf keinen Fall. Barah ist ja auch die Erde in der Überschrift, der polare halbe Teil des Merismus, Himmel und Erde. Also die Erde in der Überschrift ist das Gegenstück zum Himmel. Nur in dieser Zuordnung kann man dann von dieser Erde reden. Aber vom Himmel ist ja dann erst im zweiten Schöpfungstag die Rede. Im zweiten.

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Und von der Erde, dem Trockenen, auf dem man leben kann, von dieser Erde, die in der Überschrift gemeint ist, die bewohnbare schöne Erde Barah, da ist erst im dritten Schöpfungstag die Rede. Also von Himmel erst im zweiten und von Erde erst im dritten. Also das müssen wir ganz weit voneinander wegrücken. Also diese Erde und die Erde war wüste und leere. Will ich jetzt mal fragen, wo kommt die her? Blöde Frage. Du kannst dein Leben lang fragen, nein, es gibt keine Antwort. Und wo kommt dann die Finsternis her? Blöde Frage. Die ist eben da. Also in diesem Schöpfungsverständnis wird nicht die Schöpfung aus dem Nichts geschaffen. Das gibt es hier gar nicht. Was ist denn Nichts? Kann man das nicht sinnlich wahrnehmen?

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Also nein, nein, die Gegenkraft ist das Chaos, das Chaotische, das Lebensfeindliche, das Finstere, die Wüste. Und wenn wir uns jetzt mal bedenken, welche Erfahrungen in unserer sinnlichen Wahrnehmung wir mit Wüste, Leere, Finsternis, Urflut machen, dann werden wir dankbar für die Schönheit der Schöpfung, für die Stabilität, für die Orientierung. Wer das Chaos nicht anschaut, kann die Schöpfung niemals würdigen. Also es ist ein Dreiklang, drei schlichte kurze Sätze, Sie können nichts kürzen, gar nichts. Und die Erde war Wüste und Leere, Finsternis über der Urflut und jetzt kommt was, jetzt kommt Bewegung.

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Und Gottes Geist oder Atem oder Wind wehte oder schwebte oder flatterte, egal, ich werde es nachher das Wort erklären, über dem Wasser. Also jetzt wenden wir uns, alle Naturwissenschaftler, Techniker, Ingenieure, Mathematiklehrer, Physiklehrer, möchte ich euch bitten, lernt bitte jetzt wirklich völlig um. Mach die Bibel bitte nicht kaputt. Dadurch, dass du ein Doktoringenieur bist, kannst du noch lange nicht altorientalische Metaphern verstehen. Bleib bescheiden, guter Mann. Was ich an Blödsinn gelesen habe von Doktoringenieuren, das zieht einem die Socken aus. Wirklich null Ahnung. Ich schreibe ja auch keine Bücher über Ingenieurprobleme. Man muss schon auch bescheiden bleiben. Also es geht hier um Ur-Erfahrungen, die wir alle kennen. Denn das Chaos, wenn man das jetzt mal so sagen will,

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ist der Inbegriff der lebensfeindlichen, abgründigen, gefährlichen Seiten der Wirklichkeit. Leben ist gefährdet. Ihr werdet spätestens diese Chaoserfahrung in den letzten 10, 20, 30 Minuten eures Lebens, werdet ihr das erleben. Im Vorfeld des Sterbens taucht man spätestens in diese Realität ein, dass alle Orientierung, alles Gelernte, entschwindet. Und was bleibt dann? Also, die Erde, es wird nicht gesagt, woher sie kommt. Sie ist da. Also es ist kein weltanschaulicher Text.

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Es wird auch nicht gesagt, dass Gott diese Erde geschaffen hat. Es wird auch nicht gesagt, dass Gott diese Finsternis geschaffen hat. Oder die Urflut. Nein, es wird nicht gesagt, dass Gott das Chaos geschaffen hat. Also mit Bara schon gar nicht. Es ist einfach da. Aber Gott ist schon der Herr des Chaos. Der schon. Also, die Erde war Wüste und Leere. Trochu war Bohu. Das Wort, die Wüste war Trochu, Wüste. Was ist damit gemeint mit diesem Wort Wüstetrochu? Wüste, wir bleiben jetzt ganz auf der Erfahrungsebene aller Menschen. Das, was ich jetzt sage, kann jeder Mensch auf der Welt in jedem Jahrhundert sofort mitvollziehen. Wüste meint die Weglosigkeit. In der Wüste gibt es keine Wege.

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Der Kerngedanke des Begriffes Wüste ist, du hast keine Wege mehr. Und ich will dir mal was sagen, wenn du keine Wege mehr hast, hast du auch keinen Ausweg mehr. Weil manchmal brauchst du dringend einen Ausweg. Den hast du aber in der Wüste auch nicht. Weil in der Wüste ist die Weglosigkeit. Und jetzt machen wir mal eine kleine Übung, also nicht jetzt wirklich. Überleg dir mal, welche Wege bist du heute Morgen gelaufen, dass du hier in diesem Saal bist. Du bist also von einem Ferienhaus oder Hotel auf eine Straße gelaufen. Und jetzt sage ich dir, was da unterbewusst passiert. Immer wenn du auf einem Weg läufst, auf einer Straße, dann weißt dein Unterbewusstsein, ja das haben Menschen mal angelegt, diese Straße. Also die wird schon ein Ziel haben. Auf jedem Weg, auf dem wir laufen, wird unsere Geborgenheit ein Stück weit bekräftigt.

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Weil wir wissen, diese Wege wurden mal angelegt von Leuten, die auch verantwortlich waren. Und dieser Weg wird mich dann zu dieser Weggabelung führen. Also alle Wege, die wir uns im Laufe unseres Lebens gegangen sind. Diesen Wegerfahrungen verdankt dir 70, 80 Prozent eurer Geborgenheit im Leben. Denn jeder gebannte, durchdachte, vernetzte Weg behüte dich vor dem Chaos. Also mache ich dir einen Vorschlag. Richte doch mal ein Dankgebet an den Schöpfer, dass du heute Morgen auf bestimmten Wegen in diesem Saal geführt worden bist. Wenn du mal keine Wege mehr hast, keine Orientierung. Und das Wort Tohu wa Bohu, das Wort ist schwerer zu erklären, es ist ganz selten, es kommt nur zweimal vor.

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Und zwar immer in dieser Wendung. Übrigens Tohu wa Bohu ist kein Merismus wie Himmel und Erde oder Mann und Frau oder Tag und Nacht, sondern ist ein Hendiathion. Und ein Hendiathion ist auch ein Begriffspaar, das zusammen erst die ganze Wirkung hat, aber es sind keine polaren Begriffe wie Himmel und Erde, Tag und Nacht, Mann und Frau, sondern es wird das Gleiche ausgedrückt. Ich sage euch mal ein paar Hendiathion, die ihr laufend benutzt. Klipp und klar, das ist ein Hendiathion. Oder ab und zu. Oder ich bin Feuer und Flamme. Das sind nicht polare Begriffe, sondern sie verstärken sich. Und das ist jetzt ein Hendiathion, beide meinen das Gleiche und es soll wirklich eine satte Wirkung haben,

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nämlich Tohu wa Bohu heißt die Leere, das Gestaltlose, kann aber auch heißen der Schlund, das schwarze dunkle Loch. Also irgendwie in dieser Art das Leere, das Gestaltlose. Ich habe mal vor vielen Jahren in Ludwigsburg gibt es eine Einrichtung, ich will jetzt einfach keine näheren Einzelheiten mehr sagen, da wohnten früher hat man gesagt, Obdachlose Männer. Da gibt es dann so Männerhäuser, Männer, die völlig dann irgendwie aus allen Schöpfungsordnungen rausgefallen sind, die Erfahrung des Chaos machen, der Wüste und der Leere, den Ausweg nicht mehr finden und habe dort Bibelarbeiten gehalten mit Obdachlosen, heute sagt man eher wohnungssuchende Männer. Und ich werde einen Mann nie vergessen, ich schätze, der war so Ende 40 und er hat mir gesagt, und das erfindet ja kein Mensch,

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er war noch vor einem Vierteljahr Ingenieur in einer Weltfirma. Und dann hat er gesagt, also alles war geordnet, keine Chaos-Elemente. Und dann hat seine Frau ihn völlig überraschend verlassen, ohne große Vorankündigung, er konnte nicht bügeln, er konnte die Waschmaschine nicht bedienen, also er hat im Haushalt einfach auch gar nichts gemacht, vielleicht war das ja auch einer der Gründe, weiß ich nicht. Also auf jeden Fall hat der Mann mir gesagt, Herr Zimmer, ich war in einem Vierteljahr auf der Straße, sprach über ihn zusammen, er konnte sich niemand richtig anvertrauen. So dünn ist die Wand zwischen Schöpfung und Chaos, wart mal ab, spätestens dann in der letzten halben Stunde,

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was wird das irgendwie merken, du hast die Dinge nicht im Griff, das ist hier gemeint. Und dann Finsternis über der Urflut, Finsternis, überlegen wir mal, was ist Finster? Einer hat mal gesagt, aller Anfang, aller Ursprung ist dunkel, wo kommt die Liebe her? Wo kommt die Sprache her? Wo kommt die Welt her? Wo kommst du her? Aller Anfang ist dunkel. Ja und die Finsternis eröffnet keine Räume, ich meine jetzt nicht so ein bisschen Abendstimmung, sondern wirklich dichte Finsternis ohne jedes Licht, da kannst du gar keine Entfernung sehen.

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Die Finsternis verschließt sich, sie ist wie eine Wand, keinerlei Orientierung. Und gehen wir mal in die Metaphern, ein finsterer Geselle, seine Mine verfinsterte sich, sein Blick war finster. Also die Finsternis und jetzt noch über der Urflut, der Urmaterie altorientalisch, das Wasser, die Urflut, man kann auch übersetzen der Urschlamm, denn mit dem Wort de Homme ist immer mitgedacht, dass bei dem Urwasser unten es immer auch schlammig wird, Urschlamm. Die Wikinger hatten eine fürchterliche Todesart, sie haben Menschen bei lebendigem Leib in ein tiefes Schlammloch einfach reingesetzt. Der wurde nach unten gezogen, ich will das gar nicht mehr ausdenken, wie ein Mensch da stirbt.

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Also die Urflut, der Urschlamm. Ich habe mir das mal so vorgestellt in einem Traum, ich bin mitten im Pazifik, ihr wisst ja ungefähr wie viel, tausend Kilometer nach in allen Richtungen, in einem kleinen Schlauchboot, mitten auf dem Pazifik, mitten in der Nacht und unter mir der Pazifik. Was meint ihr, was ihr da für ein Lebensgefühl habt? Also um solche Erfahrungen geht es. Es ist die Urerfahrung, dass zum Leben auch das Chaotische gehört, das Abgründige, der Absturz, die dünne Wand, das von heute auf morgen. Und dass diese Orientierungslosigkeit, das Gefühl der Leere, der Finsternis, das Wässerige, der Schlamm in den Klagesalmen, wird diese Erfahrung, das Wasser steht mir bis zum Hals, meine Füße finden keinen festen Halt mehr.

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Also das ist Genesis 1,2, das ist nicht naturwissenschaftlich der Anfang der Schöpfung, sondern das ist die Gegenerfahrung zur Schönheit, zur Herrlichkeit der Schöpfung. Das Gegenteil von Schöpfung ist hier nicht das Nichts, sondern es geht um den Unterschied zwischen grauenhaft und herrlich. Und ich sage euch dessen Unterschied. Ich habe im Dezember und Januar das Grauenhafte erlebt, in der Erblindung von 12 Prozent auf zwei. Das ist grauenhaft, darf ich euch sagen, mehrere Panikattacken. Und dann gemerkt, ja lieber Sigi, dein Doktortitel und dein ganzer Anerzung, es hilft dir alles. Es sind Mächte, da bist du ein Blatt im Wind. Ja und die Schöpfung aber ist herrlich.

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Und Lob meinem Schöpfer, dass er mir aus diesem Schlammloch ausgeholfen hat. Also 1, 2 muss stehen. Es ist die Erfahrung, auch in aller Ordnung erleben wir oft Unordnung. Und in allem Recht, das Unrecht und in allem Sinnvollen kann uns das Sinnlose, das Kurile, das Absurde packen und würgen. Und das wird hier jetzt mal gesammelt, an den Anfang gestellt. Und jetzt kommt Gottes Huach, also man kann übersetzen Gottes Geist, aber Huach heißt eigentlich eher Atem und Wind. Und jetzt Gottes, sagen wir mal, Atem und Wind, das kommt jetzt gar nicht darauf an, es kommt mehr auf das Verb an und das überhaupt jetzt Gott ins Spiel kommt. Die Hoffnung, das zu beenden, ist ganz allein Gott.

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Jetzt in den dritten Satz dieses Dreiklangs kommt Bewegung rein. Die ersten beiden Sätze sind Nominalsätze, sie sind nicht erzählend, sondern beschreibend. Sie beschreiben einen Zustand, Nominalsätze. Die Erde war wüst und leer und finsternis über der Urflut. Aber jetzt kommt Bewegung. Was ist mit diesem Wort schwebende oder flatterte, niemand kann das richtig übersetzen, denn wir haben in der deutschen Sprache keinen Verb dafür, über dem Wasser. Jetzt heißt auch die Urflut schon Wasser. Also allein wenn Gott kommt, wird es schon ein bisschen anders. Ich stand mal am Neckar und habe mehrere Enten gesehen, so vier, fünf Enten, die sind auf dem Neckar gelandet. Und kurz bevor sie, also Steilflug und dann ein bisschen abgeflacht und dann langsam, so wie auch die Flieger, die Flugzeuge und dann landen sie auf dem Neckar.

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Kurz vor der Landung haben alle Enten folgende Bewegung gemacht. Kennt ihr die? Das ist Abbremsen. Und dieses Wort steht hier. Und der Geist Gottes, der ist kurz vor der Landung. Es gibt dieses Verb zum Beispiel in 5. Mose 32 Vers 11, lest es mal nach, wie die Übersetzungen das übersetzen. Und da ist von einem Adler die Rede, es gibt gar keine Adler im Orient, es sind Geier. Luther war das zu peinlich. Und da hat er eben Adler gesagt, es gibt gar keine Adler in Palästina. Überall, wir werden auffahren wie Geier. Es tut mir leid für euch. Nix mit Adler. Also auf jeden Fall, Luther sagt, ein Adler kommt angeflogen, nämlich zum Nest seiner Jungen.

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Also wirklich rasanter Sturzflug. Und jetzt über dem Nest, weil jetzt will er seine Jungen ernähren, flattert er. Das heißt, der Adler hat auch eine Technik, wie er in der Luft bleiben kann, ganz in der Nähe seiner Kinder, um ihre Schnäbel da zu füllen. Das ist auch diese Bewegung. Also die ganze Hoffnung ruht hier eben auf Gott. Er kommt jetzt ins Spiel und der ist kurz vor der Landung. Gut, jetzt kommt der erste Tag der Schöpfung. Christine Thiene wird in der Züricher Übersetzung euch den ersten Tag lesen. Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde und die Erde war Wüst und Öde und Finsternis lag auf der Urflut und der Geist Gottes bewegte sich über dem Wasser.

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Und Gott sprach, es werde Licht und es wurde Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war und Gott schied das Licht von der Finsternis. Und Gott nannte das Licht Tag und die Finsternis nannte er Nacht. Und es wurde Abend und es wurde Morgen, ein Tag. Gut, also das war, ist jetzt der erste Schöpfungstag. Sprachlich irrsinnig schön, muss ich wirklich sagen. Ich könnte fast schon allein aufgrund von diesen Versen gläubig werden, weil die Verse haben so Qualität. Ganz schlicht ein einziges Adjektiv, das erste Adjektiv gut. Das erste Adjektiv überhaupt. Aber sonst ganz schlichte Sätze, Hauptsätze, aktiv, nicht passiv. Also es ist in monumentaler Schlichtheit, die eine Souveränität ausdrückt.

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Ich kann es manchmal spüren, wie souverän diejenigen waren, die einen solchen Text entwickeln. Ich glaube sechs oder sieben oder acht einfache Sätze hintereinander. Jeder Satz ist ein abgeschlossener Vorgang, für sich in sich sinnvoll. Gut, jetzt fangen wir mal an. Jetzt beginnt die Schöpfung. Sie beginnt immer mit und Gott sprach. Es ist also eine Schöpfung durch das Wort, wobei die Tat auch dann meistens noch kommt. Also und Gott sprach. Schöpfung durch das Wort ist noch ungenau, weil das ist ja verbal. Es ist ein Sprechakt. Es ist eine Schöpfung durch einen Sprechakt. Die ersten drei Schöpfungswerke sind besondere Werke. Ich versuche sie irgendwie annähernd zu erreichen, weil die ersten drei Schöpfungswerke sind alle auf Bändigung des Chaos.

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Also es gibt im Chaos die Finsternis und die Urflut und die muss man jetzt erst mal bändigen. Und das sind die ersten drei Schöpfungswerke. Und deswegen ist das Wort und Gott sprach, dieser Sprechakt, in erster Linie das machtvolle Wort. Es ist ja auch eine Art Befehl. Es werde Licht. Es ist die einzige Stelle, Kapitel in der Bibel, in der Gott einen Befehl oder sagen wir mal ein Gebot oder ein gebietendes Wort sagt. Und es ist gar niemand da. Also ein Befehl ist ja per Definitionen zu jemand gesprochen, dem der Befehl gilt und der diesen Befehl ausführt. Gott sprach zu Abraham, ziehe aus und so weiter. Aber hier äußert Gott einen Befehl oder eine Aufforderung. Aber wem? Und wer führt sie aus?

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Nein, ihr Lieben, es ist kein naturwissenschaftlicher Text. Es ist kein logischer Text. Macht bitte diesen Text nicht kaputt und zieht ihn doch bitte, ich flehe euch an, nicht auf euer Niveau runter, sondern zieht euch zu dem Niveau hoch. Also es ist erst mal das machtvolle Wort. Im zweiten Schöpfungstag, im dritten Schöpfungstag, dritte Schöpfungswerk, sagt Gott, das Wasser sammle sich im Meer. Stellt doch mal die Massen an Wasser vor, Pazifik, Indische Ozean, Atlantik. Ja, was für eine Kraft in diesen unbeschreiblichen Wassermassen. Ich darf euch sagen, Gottes gebietendes Wort, da kuscheln diese Wassermassen. Gottes gebietendes Wort hat mehr Macht als die Wasser des Pazifik, des Indischen Ozean und des Atlantik.

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Was denkt ihr, wie diese Wassermassen, New York, Berlin, Moskau, die werden weggespült in einer Stunde, wenn mal der Pazifik da drüber rollt. Also ich wollte euch sagen, Gottes Sprechakt. Alle Werke beginnen mit dieser schlichten, lapidaren Formulierung und Gott sagte. Die für dieses Verb sagen, gibt es gar kein Substantiv. Es ist immer nur verbal. Es ist ein Sprechakt. Deswegen ist der Ausdruck Schöpfung durch das Wort schon ein bisschen arg, Mitteleuropäisch. Nein, Schöpfung durch den Sprechakt. Und was wird mit diesem Satz geleistet? Diese immer wiederkehrende Formulierung, die wird total durchgehalten für alle acht Schöpfungswerke.

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Die will das Verhältnis zwischen dem Schöpfer und der Welt, der Wirklichkeit, Himmel und Erde klarstellen. Wie verhält sich der Schöpfer zu seiner Schöpfung? Das soll in diesem Satz schon mal ganz schön geklärt werden. Erstens einmal, der Schöpfer hat keine Mühe mit seiner Schöpfung. Er schwitzt nicht. Er muss sich nicht anstrengen. Er muss auch nicht Gewalt anwenden und es gibt auch gar keinen Kampf. Er sagt einfach, es werde Licht. Das ist eine Souveränität. Natürlich aus der Erfahrung geboren, je höher ein Mensch beruflich steht, dann kann er allein durch sein Wort, wenn mal auf dem Kasernenhof, sage mal, ein Major, vielleicht sogar ein Generalleutnant sagt, rührt euch oder stillgestanden, ja dann stehen 1200 Männer still. Und wenn dann der Major sagt, rührt euch, dann rühren sie sich.

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Und wenn Kaiser Augustus ein Gebot ausgehen lässt, dann setzen sich hunderttausende von Menschen in Bewegung. Aber Augustus schwitzt gar nicht. Also die Könige, die Großkönige, die regieren allein durch ihr Wort und dann die Ministerialien, die müssen dann die Umsetzung, das Operationale machen. Also von dieser, der Hauptmann von Kaeperno, der weiß, Hauptmann, der hat Kasernenhof-Erfahrung, der sagt zu Jesus, sprich nur ein Wort und mein Knecht wird gesund. Da sagt Jesus, hoppla hoppla, der hat was begriffen. Also es geht um das machtvolle Wort, das gebietende Wort und das souveräne Wort. Man kann in dem Zusammenhang schon mal sagen, es fängt ja dann an mit Tag 1, sobald es Tag 1 heißt, fragt sich jeder Leser, wie viele Tage werden es wohl werden?

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Also sobald man die Tage anfängt zu zählen, kommt ein Moment der Spannung auf. Ja, wisst ihr, Gott braucht zu seiner Schöpfung nicht 827 Tage, er braucht auch nicht 112 Tage, er braucht auch nicht 53 Tage, er braucht 6 Tage. Das ist souverän. Dann wird mit dieser Formulierung auch gesagt, dass seinsmäßig der Schöpfer mit der Schöpfung nicht verwandt ist, nicht zusammenhängt, wir sind nicht blutsverwandt mit den Göttern. Gott ist nicht in seiner Schöpfung oder in uns Materialiter, substanziell anwesend, sondern das Gesprochene ist ja kein Ausfluss, keine Geburt. Nein, es ist ein Gegenüber, es ist ein Gegenüber. Also durch diese Formulierung wird jede Verwandtschaft, wir sind selber halbgöttlich,

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wir sind mit Gott von Natur aus verwandt, nix da, nix da, wir sind Ergebnis seiner Worte, aber wir sind mit ihm in einem kommunikativen Zusammenhang. Indem Gott zum Wort greift, macht er die Schöpfung zu einem Gegenüber, macht sie ansprechbar, soweit mal, ich spüre, ich muss mich unheimlich jetzt zusammennehmen, und dann es werde Licht. Das erste Werk ist das Licht, es gibt keinen Text in der Menschheitsgeschichte, keinen Text, der mit der Erschaffung des Lichts beginnt, obwohl alle Völker natürlich wissen, Licht ist das grundlegende Phänomen des Lebens, seit wir das Licht des Lebens erblickt haben. Und es ist in der gesamten Symboldidaktik in allen Religionen klar, das grundlegende Symbol aller Symbole ist das Licht.

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In asiatischen Religionen und in allen anderen auch. Aber dass man mit der Erschaffung des Lichts beginnt, gibt es trotzdem nirgendwo. Und vor allem die Erschaffung des Lichts ohne Lichtkörper. Alle Menschen wissen doch, dass das Licht von den Sternen kommt, das weiß doch jedes Kind, Sonne, Mond und Sterne, aber die kommen hier viel später. Also ein paar Gedanken zum Licht. Leben ist im Alten Orient wahrnehmendes Leben. Leben ist Wahrnehmung. Wenn du nichts mehr wahrnimmst, dann bist du tot. Und aus der Wahrnehmung entsteht das Bewusstsein. Unser Bewusstsein entwickelt sich aus unseren Wahrnehmungen. Wenn wir nichts wahrnehmen, können wir kein Bewusstsein entwickeln.

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Und Licht ist die Grundlage aller Wahrnehmung, also auch die Grundlage unseres Bewusstseins. Und so gesehen lehren alle großen Meister der Antike, Licht ist Leben. Und hier ist sehr auffällig, dass der Tatbericht ab dem zweiten Tag, das sagt Gott, es werde eine Feste und dann heißt es, und Gott machte die Feste. Also in den anderen Schöpfungstagen kommt immer erst das gebietende Wort, aber dann auch die Tat. Aber hier kommt nur das Wort. Licht ist allein durch das Wort geschaffen. Es wird gar nicht gemacht, der Tatbericht fehlt. Warum heißt es dann nicht, wie später überall, und Gott machte das Licht? Ja, weil man das Licht gar nicht machen muss, weil es ist schon da, denn Gott ist das Licht.

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Licht ist sein Kleid, sein Angesicht leuchtet. Und die Herrlichkeit des Herrn umleuchtete die Hirten auf dem Feld, die Doxer, die Herrlichkeit, sein Strahlen, sein Glanz. Also Licht muss nicht geschaffen werden, denn es ist schon da, Gott ist Licht. Ich will mal ganz kühn sagen, immer wenn wir Licht sehen, sind wir von Gott umfangen. Deswegen kann der Apostelgeschichte sagen, Paulus in der Apostelgeschichte, in ihm Leben weben und sind wir. Denn alles Licht, das heute auch über die Gestirne Sonne, aber sind ja nur Weiterträger, nur Medien des wirklichen Lichts. Die Gestirne sind Lichtträger, sie sind Leuchten, aber nicht die Quellen des Lichts.

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Die Quelle des Lichts ist Gott. Wir sind eigentlich von der Ewigkeit immer umfangen, denn alles Licht kommt letztlich von Gott. Dann ist auch sehr schön, wie es dann heißt, und Gott sah das Licht, dass es gut war. Das ist die Würdigungsformel, und Gott sah, dass es gut war. Also Gott schaut das Geschaffene an, er würdigt es, es ist nicht achtlos, es ist eine tiefe Begegnung zwischen Schöpfer und seinem Geschöpf. Und Gott sah das Licht, dass es gut war. Später heißt es immer nur, und Gott sah, dass es gut war. Und Gott sah, dass es gut war, und am Ende, und Gott sah, dass es sehr gut war. Aber nur beim Licht wird das Wort Licht nochmal wiederholt, und Gott sah das Licht, dass es gut war. Also das Licht ist etwas ganz Besonderes, das große Geschenk.

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Wir leben und weben, umgeben von Licht. Was wäre unser Leben? Was wäre deine Identität, deine Souveränität, deine Kompetenzen, deine Fähigkeiten? Ist ja gut, ist ja gut. Was wäre das alles, ohne dass der Schöpfer das Licht geschaffen hätte? Und dann schied der Schöpfer Licht von Finsternis. Das ist die wichtigste Unterscheidung und Scheidung, die es überhaupt in aller Wirklichkeit gibt. Der Schöpfer scheidet jetzt Licht und Finsternis, und damit begrenzt er die Finsternis. Also die ersten drei Schöpfungswerke sind ganz intensiv Bändigung des Chaos. Die Finsternis wird gebändigt, aber sie ist da. Sie ist in der Schöpfung da, in der Gestalt der Nacht, aber gebändigt, begrenzt. Aber die Kinder spüren noch, dass die Dunkelheit eine Gefahr ist.

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Wie viel geschieht im Schutz der Dunkelheit? In der Dunkelheit tappeln wir. Wir suchen unbeholfen im Dunkeln die Badezimmertür. Wo ist sie denn? Also aber diese Scheidung, und er sah, aber nur das Licht ist gut. Von der Finsternis wird nicht gesagt, dass sie gut ist. Also Gott schied das Licht von der Finsternis. Und so integriert er die Finsternis in die Schöpfung. Sie ist aber nicht überwunden. Dermal 1, dem himmlischen Jerusalem, wird es keine Finsternis mehr geben, keine Nacht, denn Gott ist unsere Sonne. Also indem hier die Finsternis als Nacht in die Schöpfung integriert wird, wird eine Hoffnung geboren. Wir werden in eine Zeit hineinkommen, in der es keine Nacht mehr geben wird,

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sondern Gott wird unsere Sonne sein. Jetzt überlegen wir mal, mit dieser Unterscheidung von Licht und Finsternis wird die Zeit geboren, im Wechsel von Tag und Nacht. Das hat ja nichts mit Naturwissenschaft zu tun, gell. Ich hoffe, ihr spürt es so, dass ihr von diesem Unsinn, dass dieser Unsinn eines natürlichen Todes sterben darf. Ich wünsche es euch, dass die Christenheit nicht länger durch diesen Unsinn belastet wird und die Schönheit der Schöpfung hier von Technikern und Ingenieuren kaputt geritten wird. Nein, wie erleben wir Zeit in der sinnlichen Wahrnehmung? Zeit ist immer gelebte Zeit, gegliederte Zeit. Es gibt im Hebräischen keinen abstrakten Zeitbegriff.

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Es geht immer um erlebte Zeit, erfahrene Zeit und das sind Rhythmen. Die wichtigste Erfahrung aller Menschen in allen Jahrtausenden, in allen Kulturen, wo sie Zeit wirklich erleben, ist der Wechsel von Tag und Nacht. Versucht euch mal vorzustellen, was dieser Wechsel für euch bedeutet. In einem Jahr erlebt ihr diesen Wechsel 365 Mal, das heißt in drei Jahren 1000 Mal. In zehn Jahren, in 30 Jahren 10.000 Mal. In 60 Jahren 20.000 Mal. Ich habe ihn schon über 20.000 Mal erlebt. Und wenn ich mal eine Nacht nicht schlafen konnte, ich glaube ein einziges Mal habe ich zwei Nächte in irgendeiner Stresssituation nicht richtig geschlafen, da gehe ich schon fast kaputt. Also könnt ihr das mal würdigen, dass diese Weisheitslehrer Israels und diese Priester,

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die diesen Text entwickelt haben, ein glasklares Gespür hatten, die wichtigste Zeiterfahrung für alle Zeiten ist der Wechsel von Tag und Nacht. Er hat für dein Leben eine so fundamentale Bedeutung. Und Gott nannte das Licht Tag, da ist also Tag gar nicht als 24-Stunden-Tag gemeint, sondern als Gegenkalt der Nacht, wollte ich nur auch mal kurz anmerken. Weil unser deutsches Wort Tag ist sehr doppeldeutig, wir unterscheiden zwischen Tag und Nacht. Und wenn wir aber sagen, ich habe 30 Tage Urlaub, da meinen wir ja Tag und Nacht, 24 Stunden. Aber hier heißt es direkt, er nannte das Licht Tag, ist also nur die Hälfte von 24 Stunden ungefähr und die Finsternis Nacht. Mit der Nennung, der Vorgang Gott nannte, kommt nur bei den ersten drei Schöpfungswerken vor, dann nie wieder. Und dass Gott schied auch nur in den ersten drei Schöpfungswerken, dann nie wieder,

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weil die ersten drei Schöpfungswerke sind die unteren drei Stockwerke in der Architektur dieser Welt. Es geht ja in dieser Geschichte um den qualitativen Aufbau unserer Erfahrungswelt, unserer Gegenwart. Es geht nicht um die Entstehung der Welt, sondern um die Wirklichkeit der Welt. Bringt ja auch tausendmal mehr. Gut, also wir erleben Zeit fundamental im Wechsel von Tag und Nacht. Und jetzt als Nacht hat die Finsternis jetzt schon sehr viel verloren, denn mit der Namensgebung wird ganz klar gestellt, Namensgebung ist ein Herrschaftsakt. Wer einem anderen den Namen geben kann, wer einer Sache den Namen geben kann, mit der Namensgebung wird die Bestimmung sozusagen deutlich zweckentsprechend.

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Das wollte ich noch nachtragen, wenn es heißt und Gott sah, dass das Licht gut war. Was heißt eigentlich gut? Es ist ja das erste Adjektiv. Gut heißt im Hebräischen immer auch schön. Das biblische Hebräisch hat kein Wort für schön, gibt es nicht. Gut ist immer auch schön. Also es hat eine ästhetische Seite, die Kernbedeutung von dem Wort tof gut meint das Förderliche, das was dich fördert, was das Leben fördert, die Kultur fördert, den Frieden fördert, das Vertrauen fördert, das die Schöpfung zum Blühen bringt. Gut ist das Förderliche, das den Dingen ihren Wert gibt. Gut meint aber auch zweckentsprechend, sinnvoll, zielorientiert, das ist gut.

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Gott bewertete das als gut. Dann heißt es in der Tagesabschlussformel, es wurde Abend, es wurde Morgen, Tag 1. Echat heißt eigentlich 1, heißt aber auch der Erste. Bei der Zahl 1 gibt es den Unterschied im Hebräischen nicht, zwischen Ordnungszahl und Kardinalzahl. Also Echat heißt eigentlich 1, ist eine Kardinalzahl, aber zugleich auch Ordnungszahl. Bei der Zahl 2 gibt es den Unterschied und dann heißt es der zweite, dritte, vierte Tag. Ja, diese Tagesabschlussformel, wieder sinnliche Wahrnehmung, es wird Abend, es wird Morgen, ist ja auch so schön, leise kommt die Nacht, es wird ja nicht schlagartig Abend. Narrativ erzählen, die sinnliche Wahrnehmung, Abend und Morgen in den Mondkalendern, also in den Kulturen, die einen Mondkalender haben, beginnt der Tag am Abend.

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Das Judentum hat einen Mondkalender, einen Lunisolarkalender, grundlegend ist es ein Mondkalender, aber die Sonne wird auch berücksichtigt, während der islamische Kalender ist ein reiner Mondkalender. Aber auch im Judentum hat der Mond eine tiefere Bedeutung, kalendarisch wie die Sonne und deswegen beginnt der Schabbat am Abend. Aber auch kosmologisch gesehen wäre es nicht gut, wenn es wird Tag und dann endet der Tag in die Nacht. Das könnte man ein bisschen chaotisch missverstehen. Nein, aus dem Abend wird der Morgen. Mit dem Abend ist natürlich auch die Nacht gemeint und mit dem Morgen auch der folgende Tag. Aber wunderschön schlicht, narrativ geschehen, es geschieht. Jeder Morgen ist ein Schöpfungsmorgen. An jedem Morgen erleben wir den Sieg des Lichtes über die Finsternis.

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Also so weit der erste Schöpfungstag. Nur weil der erste Schöpfungswerk das Licht ist, kann es ja überhaupt zur Tageseinteilung kommen und dadurch auch zur Tageszählung und damit ein Moment der Spannung. Wie viele Tage werden es wohl werden? Ja, nur sechs. Also er schwitzt nicht. Wenn es heißt, dass der Schöpfer am siebten Tag ruht, ist nicht gemeint, dass er ausruht. Es ist ein feierliches, ein festliches Ruhen. Nicht ausruhen. Der Schöpfer ist nicht erschöpft. Jetzt gehen wir zum zweiten Schöpfungstag. Tine? Und Gott sprach, es werde eine Feste inmitten des Wassers und sie scheide Wasser von Wasser.

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Und Gott machte die Feste und schied das Wasser unter der Feste vom Wasser über der Feste. Und so geschah es. Und Gott nannte die Feste Himmel. Und es wurde Abend und es wurde Morgen. Ein zweiter Tag. Wunderbar. Also zweiter Schöpfungstag ist uns am fremdesten. Da müssen wir jetzt sehr aufpassen, nicht weltanschaulich verstehen. Es ist kein Weltbild. Und nicht naturwissenschaftlich verstehen. Es geht nicht darum, dass wir eine anschauliche Vorstellung bekommen sollen, wie die Welt entstanden ist. Das wissen wir nicht. Das ist ein Geheimnis. Und dieser Text will nicht anschaulich machen, wie die Welt entstanden ist, sondern er will die wichtigsten Grundkonstanten der Schöpfung uns bewusst machen. In einer sehr überlegten Reihenfolge. Die Grundlage von allem ist das Licht und damit die Zeit. Jetzt geht es um die Entstehung des Raumes.

74:06
Also die zweite Grundkonstante unserer menschlichen Lebenswelt, Erfahrungswelt ist der Raum. Ich sage nochmal der Wortbericht. Und Gott sprach. Es werde eine Feste inmitten des Wassers und sie scheint. Gott sprach. Es werde, so wie er vorhin gesagt hat, es werde Licht, sagt er jetzt, es werde eine Feste. Ich werde das Wort gleich erklären. Mitten im Wasser. Also der erste Satz. Jetzt hat Gottes gebietendes Wort zum ersten Mal zwei Sätze. Also bei der monumental, schlichten, kurzen, einfachen Sätzen von Licht sagt Gott nur einen Satz. Es werde Licht. Und dann heißt es, es wird Licht. Jetzt aber sagt Gott, es werde eine Feste inmitten der Wasser. Und jetzt setzt er noch einen Satz dazu, der praktisch eine Erklärung von seinem gebietenden Wort ist.

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Das ist ein sehr großer Unterschied zum ersten. Es werde Licht. Er sagt jetzt, es werde eine Feste inmitten der Wasser. Und jetzt muss er weiter reden, weil man muss klar kriegen, um was es hier geht. Also er braucht jetzt mehr Worte. Jetzt sag mal den ganzen Wortbericht nennt man das also. Das ganze gebietende Wort heißt, es werde eine Feste inmitten des Wassers und sie scheide Wasser von Wasser. Jawohl. Und jetzt kommt die Tat. Machen wir weiter. Und Gott machte die Feste und schied das Wasser unter der Feste, vom Wasser über der Feste. Jawohl, super. Super. Also jetzt gehen wir erst mal zum gebietenden Wort. Das hat hier eine neue Gestalt. Wenn in diesem Schöpfungsbericht der Satz länger wird, darf ich euch sagen, hat das eine kolossale Bedeutung, weil der Text geht sehr keusch und sparsam mit den Worten um. Also es werde eine Feste inmitten der Wasser.

76:10
Und jetzt kommt ein Parallelismus Membrorum. Im Hebräischen gibt es das literarische Stilmittel, dass man mit zwei Sätzen, die genau gleich aufgebaut sind, die gleichen Hebungen und Senkungen haben. Drei Hebungen, zwei Senkungen, drei Hebungen, zwei Senkungen. Das ist also poetisch formuliert. Parallelismus Membrorum ist zum Beispiel gnädig und barmherzig ist der Herr, geduldig und von großer Güte. Also beide Sätze sagen genau das Gleiche aus. Man nennt es einen, es gibt auch einen gegenteiligen Parallelismus, wo der zweite Satz genau das Gegenteil sagt. Aber hier ist ein Parallelismus, wo beide Sätze das Gleiche sagen. Und der zweite Satz geht so, und Gott sprach, es werde eine Feste inmitten der Wasser.

77:01
Und jetzt erklärt er selber, was diese Feste soll und bildet eine Scheidewand. Das Wort Scheiden im ersten Tag, Licht erschiet, Finsternis und Licht, dieses Verb Scheiden ist hier als Substantiv benutzt und werde ein Scheidendes zwischen den Wassern oberhalb und unterhalb. Also jetzt entsteht Raum. Jetzt muss ich als erstes mal sagen, was ist mit dieser Feste gemeint. Luther sagt Firmament, in der lateinischen Bibel heißt es Firmamentum. Es ist eben diese Himmelswölbung dieser Baldachin oder Himmelszelt oder was wir im Einzelnen da sagen. Alle Völker der Antike haben sich das als eine Art Gewölbe vorgeschärft. Aber ganz vorsichtig, nicht gleich, also in der Bibel ist es gar nicht weltanschaulich gemeint. Nur wir sehen doch da wirklich was da oben.

78:02
Also flüchtet jetzt bloß nicht in eine Ideologie, in ein Programm, in eine Theorie oder in eine Weltanschauung. Wir bleiben rein auf der Beobachtung, bleiben ansonsten ganz offen für dies und das. Also ganz klar ist, die Menschen damals hatten ja einen ganz anderen Augenkontakt zum Himmel. Hirten und Bauernvolk, die sind ja 90 Prozent draußen und manchmal schlafen sie, die Dächer waren ja flach und man kann auf dem Dach schlafen, dann hast du auch da unten den Himmel über dir. Wenn ich irgendwo hingehe, ja immer Häuserzeilen, da oben ist mal ein kleiner, wenn ich auch zum Bahnhof gehe, ja in der Leonberger Straße könnte ich nach oben gucken, da sehe ich so einen Streifen Himmel, da bin ich in der S-Bahn, da sehe ich wieder gar nichts, da steige ich an der PH aus, da habe ich 100 Meter, da könnte ich eigentlich hochgucken zum Himmel, macht ja kein Mensch, da bin ich in der PH, künstliches Licht, am Abend gehe ich wieder zur S-Bahn, könnte ich eigentlich hochgucken zum Himmel, macht ja keiner, da bin ich in der S-Bahn,

79:05
da bin ich in der Leonberger Straße, da könnte ich nach oben gucken, hätte aber nur so einen schmalen Streifen, da bin ich wieder daheim. Oder in Manhattan, was hast du denn da für einen Himmelkontakt? Aber die Menschen damals hatten jeden Tag tausendfach einen vollen Himmelkontakt, ganz anderes Verhältnis meiner Augen zum Himmel, also das ist enorm wichtig. Gut, also und jetzt, dieser Himmel heißt im Hebräischen also sky, wobei das nicht genau das gleiche ist, man meint wirklich diesen Eindruck, da ist doch irgendwie, wenn man es lächerlich machen will, sagt man Käseglocke, aber wenn man es liebt, dann sagt man ein wunderschöner Baldachin, ein wunderschönes Zelt, unter dem ich wohnen darf, dieses Wort heißt im Hebräischen Rackia, Rackia oder Rackia.

80:09
Und Racka, das Verb Racka, heißt im Hebräischen Breit hämmern, Breit hämmern. Im Lateinischen heißt der Himmel Kählum und Kalare, da kommt Kählum her, heißt im Lateinischen Breit hämmern. Und was ist damit gemeint? Also es gibt in der Handwerkskunst der Antike Familien, die haben eine unheimliche Hämmerkunst, ich habe zu Hause eine Vase aus Alabaster, Alabaster ist ein Stein, es gibt grünen Alabaster, weißen Alabaster und braunen Alabaster und es gibt ägyptische Familien, die können den Alabaster so breit hämmern, breit hämmern meint dünn hämmern, dass das hauchdünn wird. Es gibt Spitzenkünstler, die können Schmuckstücke herstellen, hauchdünn oder Schalen, irgendwie in königlichen oder oberschichtlichen, hauchdünne Vasen.

81:12
Also ich habe eine Steinvase aus Alabaster zu Hause, da ist der Alabaster so dünn gehämmert, dass ich eine Kerze reinstellen kann und sie leuchtet durch den Stein. In Jerusalem gibt es die Kirche der Nationen, die hat einige Kirchenfenster aus Alabaster und die sind so dünn gehämmert, dass etwas Licht durch Stein die Kirche erhält. Es ist sehr dunkel, muss halt sonst Kerzen und Lichter machen, also das ist hier gemeint, die Kunst, ich kann etwas hauchdünn machen, sie ist aber trotzdem stabil. Und jetzt diese Vorstellung ist so gemeint, meint nur nicht, dass die naiv ist. Rechnet eher damit, dass in der Erfahrungswelt, in der sinnlichen Wahrnehmung die altorientalischen Menschen euch weit überlegen sind.

82:09
Da seid ihr Analphabeten. Also es ist so gemeint, wir Hirten und Bauern, wir müssen mal in die Zeit, wir schauen doch ständig nach oben. Das ist die Raumerfahrung, wir schauen nach oben. Und damit haben wir, so entsteht die Raumerfahrung. Und dann sagen sich diese Weisheitslehrer und Priester, die diesen Text jahrzehntelang millimetergenau entwickelt haben, in vielen Gebeten und Ringen im Gewissen, dass sie sagen, dass diese Rakia, diese Feste, die eigentlich für unser Raumerleben das Wichtigste ist. Denn alle Menschen, die auf der Erde sind, haben diese Kuppel über sich.

83:01
Ob ihr Atheisten seid oder Agnostiker oder Religiös, ist völlig unwichtig, ihr seid alle Kinder dieser Kuppel. Und euer behagliches Lebensgefühl von Kindheit an hängt mit dieser Kuppel zusammen. Ob ihr es glaubt oder nicht, ist unwichtig. Und diese Kuppel, diese Rakia, sagen sie, die nehmen wir als sinnbildliches Zeichen, dass unsere gesamte Wahrnehmung begrenzt ist. Wir merken ja an diesem Firmament, wir können über das Firmament kommen wir nie raus. Es ist also eine Scheidewand zur Transzendenz. Nicht naturwissenschaftlich gemeint und nicht ideologisch gemeint, weltbildhaft, sondern nur, unsere Sinne kommen nie über das hinaus, was wir hier sehen. Das ist sozusagen auch die Grenze unserer Wahrnehmung. Stimmt ja bis heute.

84:04
Und deswegen nennen sie das auch als Inbegriff, da hier endet unsere sinnliche Wahrnehmung. Und was oberhalb ist, es heißt hier die Wasser oberhalb und die Wasser unterhalb. Und jetzt werdet ihr aber merken, über die Wasser oberhalb wird nichts mehr gesagt. Und bei der Überschrift, im Anfang schuf Gott Himmel und Erde, ist mit Himmel nur das Wasser unterhalb gemeint. Der Raum unterhalb, der ja dann frei wird, weil das Wasser sich im Meer sammelt. Was oberhalb ist, ist Spekulation, ist Klimbim. Außerhalb unserer sinnlichen Wahrnehmung sagen wir nichts mehr. In dem ganzen Text wird kein Piep über oberhalb. Manche sagen dann später im Alten, dass man jetzt eine Art Himmelsozian ist, aber andere sagen, nee, das ist Blödsinn, Regen kommt ja aus den Wolken, also das ist uninteressant.

85:02
Wichtig ist nur, wir an diesem wunderschönen Baldach hin, können wir eigentlich doch jeden Tag erkennen, dass unsere sinnliche Wahrnehmung begrenzt ist, auf eine schöne Weise, ohne Angst. Wir sehen unsere Grenze ohne Angst. Wunderschön. Also hier fehlt die Würdigungsformel und Gott sah, dass es gut war, weil im zweiten Tag entsteht zwar eine allererste Raumerfahrung, durch eine Scheidelinie, eine Scheidewand entsteht jetzt Wasser diesseits oder unterhalb und Wasser auf der anderen Seite. Also durch diese Scheidelinie entsteht ein erster Schritt in Richtung Raum. Nämlich diesseits und jenseits der Scheidelinie. Aber diesseits, also bei uns ist alles noch voller Wasser, das ist noch nicht gut, denn wir können im Wasser nicht wohnen.

86:04
Und deswegen fehlt in diesem zweiten Schöpfungstag der Ausdruck und Gott sah, dass es gut war. Das ist noch nicht gut. Jetzt kommt das dritte Schöpfungswerk, das will ich noch heute auf jeden Fall ansprechen. Und Gott sprach, es sammle sich das Wasser unter dem Himmel an einen Ort, dass das Trockene sichtbar werde. Und so geschah es. Und Gott nannte das trockene Erde und die Ansammlung des Wassers nannte er Meer. Und Gott sah, dass es gut war. Ja, das ist der dritte Tag. Der hat zwei Schöpfungswerke, weil am dritten Tag sagt dann Gott nochmal und Gott sprach, dass die Erde grüne im Grünen. Das machen wir dann morgen weiter. Aber jetzt also am dritten Tag, das erste Schöpfungswerk, das Wasser sammle sich an einem Ort und dadurch erscheine das Trockene. Das ist wieder eine Scheidung. Die dritte Scheidung, erstens Lichtfinsternis,

87:07
da wird etwas ganz Neues geschaffen, nicht geschaffen, aber es wird sichtbar. Licht ist unerschaffen, weil es immer schon da ist. Zweites Mal wird geschieden zwischen Wasser und Wasser. Und jetzt drittes Mal wird so geschieden, dass sich das Wasser an einem Ort sammle, gemeint sind die großen Meere und dadurch das Festland erscheine. Was ist, wir haben im ersten Schöpfungstag die Zeit, aber immer erfahrene Zeit, erlebte Zeit in Tag und Nacht und Abend und Morgen. Wir haben die erste Raumerfahrung aller orientalischen Menschen, sie schauen nach oben zum Baldachin und freuen sich, sie haben, das ist die Raumerfahrung, aber sie spüren auch, der Baldachin symbolisiert, wir sind begrenzte lokale Wesen.

88:01
Und jetzt wird dieser Schritt weitergetrieben, also die Bändigung der Finsternis geschieht in einem Akt, Tag 1. Die Bändigung der Urflut geschieht in zwei Akten, Tag 2 und Tag 3, erstes Werk. In Tag 2 wird der Raum geboren, Zeit und Raum, und jetzt was wird in Tag 3, was ist hier das Thema, das Wasser sammle sich an einem Ort. Ich will mal euch ein Beispiel erzählen, ich war mal in Karlsruhe-Dullach, da habe ich Freunde und Verwandte und dann bin ich mal mit irgendwelchen Leuten das Pfinsttal hochgefahren, die Pfinz ist ein kleiner Fluss, der irgendwie so bei Karlsruhe fließt und im Schwarzwald da oben irgendwie beginnt. Und dann sind wir das Pfinsttal hochgefahren auf den Schwarzwald, ist nicht weit weg von Karlsruhe-Dullach, vielleicht 20 Kilometer, dann waren wir oben auf dem Schwarzwald und da war ein erster kleiner Ort, ich weiß nicht mehr wie der heißt.

89:04
Und dann hat, es hat leicht geregnet, nicht schlimm, und dann hat mir der Mann, mit dem ich da unterwegs war, mir was Tolles zeigen wollen und die war auch schwer beeindruckt. Er hat gesagt, Siggi, stell dich mal auf diese Dorfstraße hier, es war eine asphaltierte Landstraße, stell dich mal in die Mitte von dieser Dorfstraße. Jetzt siehst du da Regentropfen, die fallen auf die Straße und links von der Mitte gehen die Regentropfen in die Kanalisation links und rechts von der Mitte irgendwie gehen sie in die Kanalisation rechts. Und dann sagt er, guck mal, diese Regentropfen in der Mitte, die sind oft nur 3 Zentimeter auseinander, aber diese Regentropfen gehen in den Atlantik und die in Schwarze Meer. Denn diese Dorfstraße ist die Wasserscheide zwischen Rhein und Donau. Da war ich schwer beeindruckt.

90:01
Jetzt will ich mal da weitermachen, was zieht denn die Wassertropfen nach links und nach rechts? Die Erdgravitation, die Schwerkraft. Und diese geniale Entdeckung, einziger Text der Menschheitsgeschichte. In diesem Text wird glasklar erkannt, unsere Lebenswelt, unsere Erfahrungswelt, unsere sinnliche Wahrnehmung hat drei grundlegende Stockwerke, die Zeit, der Raum und die Gravitation. Denn die Kraft, die das Wasser nach unten zieht, ist die Schwerkraft, die Erdanziehung. Und das ist meisterhaft, das gilt bis heute. Diese ersten drei Schöpfungswerke bestimmen unser Leben jede Minute, jede Minute, jeder Mensch, in jeder Religion, in jeder Kultur. Du lebst jede Minute in der Zeit und im Licht.

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Du lebst jede Minute in Raumerfahrungen und du lebst jede Minute in der Schwerkraft. Das gibt dein Körpergewicht, dass du jetzt hier ruhig sitzen könnt und nicht hier rumschwebt. Also diese drei Grundkonstanten prägen unser Leben jede Minute. Und dieser Text sagt, diese Prägekraft haben diese Grundkategorien Zeit, Raum und Gravitation nicht von sich selbst, sondern der Schöpfer hat das so eingerichtet. Diese Grundkonstanten sind uns vorgegeben. Wir können sie gar nicht ändern, wir müssen sie auch nicht ändern, wir können es ja nur verschlimmern, aber wir können sie gar nicht ändern. Selbst der blödeste Kriminelle und Diktator kann nichts daran ändern, dass es in der Schöpfung Zeit, Raum und Gravitation gibt. Das sind die drei unteren Stockwerke und die Weisheit in diesem Text ist unermesslich tief.

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Die erste Schöpfungserzählung (1. Mose 1,1-2,4a) – Teil 2 | 8.4.2

Worthaus 8 – Weimar: 21. Mai 2018 von Prof. Dr. Siegfried Zimmer

Es ist eine poetische, tiefgründige Erzählung, kein Faktenbericht: Die Schöpfungsgeschichte soll staunen lassen, faszinieren, Dankbarkeit wecken. Nebenbei erzählt sie unheimlich viel über den Glauben und die Weltsicht unserer Vorfahren. In diesem zweiten Teil seiner Vorträge über die Schöpfungsgeschichte nimmt Theologe Siegfried Zimmer diese grundlegende Erzählung des Alten Testaments Wort für Wort auseinander. Er erklärt Wendungen wie »Wüste und Leere« oder »Er sah, dass es gut war«. Er versetzt die Zuhörer in eine Zeit vor knapp 3000 Jahren, als kein anderes Volk an nur einen Gott glaubte und die Israeliten für das Tun ihres Schöpfers eigens ein neues Wort entwickelten. Zimmer erklärt, was die Worte dieser uralten Überlieferung für die Menschen damals bedeutet haben mögen – und wie sie noch in unserem Leben nachwirken.