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Es soll um das Matthäus-Evangelium gehen. Die Bergsteiger werden das Matthäus-Evangelium lieben. Es ist viel von Bergen die Rede. Vielleicht war Jesus auch so ein Bergsteiger, der mal gerne auf dem Berg gewesen ist. Also ganz am Anfang schon nicht. Die letzte Versuchung Jesus ist auf dem Berg. Im Gegensatz zu Lukas. Wir kennen die Bergpredigt. Die Verklärung Jesu ist auf dem Berg und natürlich, Höhepunkt, Missionsbefehl ist auch auf dem Berg. Also dieser Berg ist ein ganz wichtiges Motiv und es wird uns auch gleich noch öfters beschäftigen, wenn wir uns dann jetzt mit dem Matthäus-Evangelium beschäftigen. Was ist die Bedeutung des Matthäus-Evangeliums? Erster Punkt. Das Matthäus-Evangelium ist das erste Evangelium im Neuen Testament und zwar immer.

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In allen Handschiften und Kanonlisten ist immer das Matthäus-Evangelium das erste Evangelium. Das Matthäus-Evangelium ist gleichzeitig das Tor zum Neuen Testament. Gleichzeitig ist das Matthäus-Evangelium so was wie eine Art Brücke zwischen Alten und Neuen Testament. Vor allem diese Schiffzitate, das wird uns auch beschäftigen, deuten das hin. Und das Matthäus-Evangelium ist das jüdischste Evangelium innerhalb des Neuen Testamentes, vor allem innerhalb der Evangelien. Das ist insofern interessant, weil es immer wieder früher diese Diskussion gab, ob nicht das Matthäus-Evangelium im Grunde anti-jüdisch wäre. Man sprach vom Anti-Judaismus im Matthäus-Evangelium.

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Das kommt daher, weil an einigen Stellen von ihren Synagogen die Rede ist und es gibt diese harten Reden gegen die Pharisäer. Daher hat man den Eindruck gehabt, nicht, der distanziert sich dort von denen. In der Neuen Forschung wird das völlig anders gesehen. Dort wird also das Matthäus-Evangelium im Kontext des Judentums wahrgenommen. Es ist auch das alttestamentlichste Evangelium des Neuen Testamentes der Evangelien. Es beginnt mit einer Genealogie, Stammbaum. Völlig ungewöhnlich, aber nicht ungewöhnlich für das Alttestament, wo in einigen Passagen Stammbäume eine wichtige Rolle spielen. Zum Beispiel werden die Chronikbücher eröffnet mit einer großen, langen Liste von Geschlechtsregistern. Es geht über neun Kapitel. So wird die Chronika eröffnet.

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Und das Evangelium, das Matthäus-Evangelium, ist das bekannteste Evangelium. Im Gegensatz zum Markus-Evangelium wurde das Matthäus-Evangelium sehr schnell prominent, wurde weit verbreitet und wurde oft kommentiert. Schon Origenis hat dann das Matthäus-Evangelium kommentiert, das Markus-Evangelium hat überhaupt nicht interessiert. Da merkt man den großen Unterschied, weil man sich gesagt hat, im Grunde, wenn wir das Matthäus-Evangelium lesen, haben wir auch alles, was im Markus-Evangelium steht. Im Grunde ist ja alles tatsächlich sehr vieles von dem, was im Markus-Evangelium enthalten ist, hier aufgenommen. Es gibt im Markus-Evangelium Elemente, die es sonst in keinem anderen Evangelium gibt, also besondere Erzählungen, die uns durchaus vertraut sind. In

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der Geschichte über die Geburt Jesu denken Sie an die Flucht Jesu oder mit der Familie nach Ägypten. Das ist so eine Passage. Die Jungfraungeburt ist so eine Passage. Und natürlich auch dann dieser Missionsbefehl am Ende. Das sind also wirklich Besonderheiten des Matthäus-Evangeliums. Es gibt auch diese besonderen Reden und das zeichnet das Matthäus-Evangelium aus, dass es diese Redestücke gibt im Matthäus-Evangelium, wo also immer wieder Jesus in langen Passagen Dinge erläutert. Die römische Kirche hat besonders das Matthäus-Evangelium liebgewonnen, natürlich wegen dieser Aussage über Petrus. Die Löse- und Bindegewalt, Kapitel 16, das ist natürlich ein wichtiger Text zur Legitimation. Auf der anderen Seite aber auch die römische Kirche hat auch das Matthäus-Evangelium sehr gern gehabt wegen den vielen Reden und wegen der Verkündigung.

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Also da gibt es mehrere Aspekte, die uns zeigen, wie besonders dieses Evangelium gewesen ist. Wiederum möchte ich an mehreren Schritten einführen in das Matthäus-Evangelium. Einmal wiederum allgemeine Anleitungsfragen, also Entstehungsbedingungen. Dann werde ich wiederum einen Überblick geben über den Inhalt des Matthäus-Evangeliums, schließlich einiges zur Theologie, theologische Schwerpunkte und am Ende werde ich auch einiges sagen zur Bedeutung des Matthäus-Evangeliums, auch für uns heute. Zunächst einmal Matthäus-Evangelium im Kanon. Das ist richtig spannend, ich habe das schon angedeutet, dass in allen wichtigen Kanonlisten das Matthäus-Evangelium immer am Anfang steht. Das hat durchaus auch interessante Konsequenzen. Schon die Kirchenväter haben sich darüber Gedanken

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gemacht, warum das so ist. Ich greife einfach heraus, Origenes bringt den Beginn des Matthäus-Evangeliums damit zusammen, dass der Evangelist für Herr Breer schreibt, die Ideen aus Abraham und David erwarten. Also weil er der Zidia an den jüdischen Kontext schreibt, deshalb ist es auch an den Anfang gesetzt. Ambrosiaster hingegen erklärt den Anfang des Matthäus-Evangeliums damit, dass eben halt auf Abraham verwiesen wird, nicht ganz am Anfang. Also die Abrahamitische Verheißung dort im Vordergrund stände und deshalb am Anfang stehen würde. Sehr wahrscheinlich liegt auch der Grund für diese Spitzenstellung des Matthäus-Evangeliums darin, dass eben das Matthäus-Evangelium auf einen jünger Jesu zurückgeführt wird, also einen Apostel. Und das wird uns jetzt gleich noch beschäftigen, aber erst noch mal zu dieser Spitzenstellung, zur Funktion dieser Spitzenstellung jetzt beim

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Matthäus-Evangelium. Da sind 22 Beobachtungen dabei festzuhalten. Erstens, die Spitzenstellung des Matthäus-Evangeliums verweist das Evangelium im Grunde erstmal zurück auf das Alte Stament. Die Spitzenstellung eröffnet die Perspektive auf das Neue Stament im Rückblick auf das Alte Stament und auf der Basis des Alten Stamentes. Der zweite wichtige Gedanke ist, dass die Spitzenstellung als Leitmotiv dann wichtig wird für den Missionsauftrag. Das sind die letzten Verse des Matthäus-Evangeliums. Der Missionsauftrag, gleichsam vor diesem Hintergrund sozusagen dann auch die nachfolgenden Evangelien und das nachfolgende Neue Stament zu lesen. Also, sowohl der Anfang des Matthäus-Evangeliums als auch das Ende des Matthäus-Evangeliums bringt

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gleichsam so programmatische Grundideen. Am Anfang, Rückblick auf das Alte Stament und die Grundlage, das Ende des Evangeliums als Auftrag an die Gemeinde mit dem Missionsbefehl. Dabei ist auch interessant, dass wenn man sich das mal kanontheologisch anschaut, wir haben das Matthäus-Evangelium, das wird zurückgeführt auf einen Apostel, jünger Jesu und das Johannes-Evangelium wird zurückgeführt auf einen Apostel, jünger Jesu. Das Johannes-Evangelium wird in der Regel als das vierte Evangelium dann immer eingeordnet und dazwischen haben wir eben zwei Evangelien, die eher in Verbindung standen dann so nach der Überlieferung mit einem Apostel oder eben halt mit Paulus. Das heißt also, die Rahmenstellen der Evangelien, Matthäus am Anfang, Johannes am Ende, das sind die gleichsam Säulen, die die Evangelien rahmen und die beide mit dem jünger Jesu in Verbindung gebracht werden.

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Dass Anfang und Ende zentral sind für das Matthäus-Evangelium, zeigt sich auch daran, wie schon das Matthäus-Evangelium beginnt mit dem ersten Wort und wie dann das Matthäus-Evangelium endet wirklich mit dem letzten Wort und darauf möchte ich kurz hinweisen. Das erste Wort oder die erste Satz im Matthäus 1.1 lautet Buch des Ursprungs Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams. Dabei fällt auf diese Wendung Buch des Ursprungs, also Biblus Genesios, das kann man sehr unterschiedlich auslegen, also sehr unterschiedlich übersetzen, Buch von Entstehung, Buch von Geschichte oder Buch der Geschlechtsfolge. Sehr wahrscheinlich dient aber diese Überschrift als Überschrift für das gesamte Matthäus-Evangelium und Genesios, kommt im Grunde von Genesis und da schwingt eben die Genesis mit, das erste Buch des Alten Testamentes. Deshalb kann man auch übersetzen,

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Buch der Genesis Jesu Christi und so sind die ersten Worte im Grunde einer Anlehnung an das erste Schrittstück der Thora, die Genesis. Abgesehen davon, dass überhaupt Biblus Genesios, also diese Formulierung in der Form tatsächlich exakt so in Genesis 2.4 und 5.1 vorkommt. Also das ist ohnehin schon der Rückbezug auf das Alten Testament. Das ist also die erste Passage. So wird quasi dem Leser schon hineingenommen in eine Denkwelt, die aus dem Alten Testament schöpft. Matthäus 28, die letzten Passagen, 19 bis 20 heißt es, geht nun hin und macht alle Völker zu Jüngern, tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie alles halten, was ich euch geboten

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habe. Und seid gewiss, ich bin bei euch alle Tage bis an der Weltende. Ulrich Lutz hat diese letzte Passage, den Missionsbefehl, als einen großen Kopfbahnhof bezeichnet, in dem viele Linien dort zusammen führen, nicht? Zu den letzten Versen des Matthäus Evangeliums. Der Kontext ist ja, dass der auferstandene Jesus nun einen Auftrag gibt an seine Jünger, also diesen Missionsbefehl. Und dieser Missionsbefehl ist gleichzeitig die Grundlage der christlichen Theologie, auf der Grundlage, alles was ich euch befohlen habe, was ich euch geriert habe, das sollt ihr nun auch weiterhin verkündigen. Das ist gleichzeitig die Grundlage der christlichen Theologie geworden. Jesus sagt die

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bleibende Gegenwart zu, ich bin bei euch alle Tage bis an der Weltende. Und dieses Ende ist hier so interessant. Das Ende, Stichwort sinthalea, Ende oder Vollendung, ist ein Schlüsselwort. Das Wort kommt in exakt dieser Stellung, kommt auch vor im letzten Kapitel des Daniel-Buches, im letzten Satz des Daniel-Buches und zwar im Zusammenhang wiederum mit der Auferstehung. Da wird diesem Propheten Daniel gesagt, du aber gehe hin und du wirst auferstehen am Ende der Tage, sinthalea. Es ist also in beiden Fällen ein ähnlicher Kontext. Es geht um Auferstehung und die Zusage, dass am Ende nicht dementsprechend dann nochmal der Ausblick auf das Heil gegeben wird, auf die Auferstehung. Das ist nun natürlich kanonteologisch sehr interessant. In vielen Handschriften und Kanonlisten wird das

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Alt-Testament beendet mit dem Buch Daniel. Das Daniel-Buch, zum Beispiel im Kodex Vaticanus, aber auch in der Kanonliste von Athanasius und auch in der Synode von Aricea 380, in all diesen Listen ist das Daniel-Buch das letzte Buch der Bibel des Alt-Testamentes. Was also passiert hier, und ich spreche jetzt rein kanonteologisch, das erste Wort des Matthäus-Evangeliums greift zurück auf die Genesis. Das letzte Wort des Matthäus-Evangeliums greift zurück oder spielt an auf das Buch Daniel, auf die letzten Worte des Buch Daniels. Und Genesis und Daniel wiederum umspannen das komplette Alt-Testament, so zumindest nach einigen Kanonreihenfolgen. Mit anderen Worten,

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das Matthäus-Evangelium greift in seiner Gänze eben zurück auf das Gesamte des Alt-Testaments. Seine Erzählung ist gleichsam eine Weiterschreibung des Alt-Testaments. Das ist also erst einmal rein kanonteologisch, wie sich das Matthäus-Evangelium so einordnet. Zum Verfasser. Wie bei allen Evangelien, anderen Evangelien muss man sagen, alle Evangelien sind anonym überliefert und wie gesagt, die Zuschreibungen zu den Evangelien sind erst später. Und auch im Matthäus-Evangelium ist es dann so, dass aber relativ früh der Gedanke aufkommen ist, dass dieser Verfasser Matthäus wäre eben ein Apostel und jünger Jesu. Auch hier geht diese Information zurück auf Papias,

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sowie auch im Markus-Evangelium. Diese Information ja mit Papias in Verbindung gebracht wird, dass das Markus-Evangelium hier seine Information von Petus hätte. So ist das hier bei Matthäus so ähnlich. Also diese berühmte Papias-Notiz, die auch bei Eusebius erwähnt wird. Und dort heißt es also, Matthäus hat also in hebräischer Sprache die Worte des Herrn zusammengestellt, übersetzt, aber hat sie ein jeder so, wie er es konnte. Und dann kommt eben noch dieser Hinweis, dass dieser Matthäus eben ein jünger Jesu wäre. Papias stellt also zwei große Behauptungen auf und die beide sind relativ problematisch. Das eine ist, es gäbe also ein Matthäus, eine Version des Matthäus-Evangeliums auf hebräisch. Und zweitens, andere hätten dann das Matthäus-Evangelium,

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so wie sie konnten, übersetzt jeweils ins Griechische und dann unser Matthäus-Evangelium wäre eine Version dieser Übersetzungen. Andere haben das aufgegriffen, diese Information und viele berufen sich dann eben halt oder bauen auf diese Papias-Information auf, also ihre Neos, Eugenies und Eusebius, sie alle greifen diese Information auf und behaupten dann immer wieder, dass das Matthäus-Evangelium ursprünglich auf hebräisch geschrieben worden wäre. Ja, es ist also lange Zeit eine ausgemachte Sache gewesen. Das ist natürlich wiederum problematisch. Zunächst einmal muss man sagen, dass das Griechische des Matthäus-Evangeliums eigentlich ein ziemlich gutes Griechisch ist. Es ist nach Forschermeinung kein übersetzungsgriechisch. Was dabei auffällig ist, ist, dass wenn Matthäus aus dem Alten Testament zitiert,

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er an vielen Stellen auf die Elyx-X, also die Septuaginta, die griechische Übersetzung des Alten Testamentes zurückgreift. Also er hat im Grunde in irgendeiner Form eine griechische Version bei der Hand und darauf greift er zurück beim Schreiben eben des griechischen Textes. Das wäre etwas mysteriös, wenn eben ursprünglich da eine hebräische Grundlage wäre. Wie soll man sich das letztlich denken? Auch ist es ja in der kritischen Forschung eigentlich allgemeingut, dass das Matthäus-Evangelium auf Markus zurückgreift. Wenn Sie also mal öfters Vergleiche einstellen, man kommt relativ schnell darauf, dass tatsächlich das Matthäus-Evangelium hier immer wieder aufruht auf das Markus-Evangelium und daraus seine Quellen schöpft. Auch das eigentlich spricht

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dagegen, dass wir es ursprünglich hier mit einer hebräischen Version haben. Und richtig problematisch wird es dann, gerade auch im Zusammenhang mit der Autorschaft, wenn wir sehen, dass Matthäus 9,9, wo die Berufung des Matthäus erzählt wird, der bei den anderen Evangelien also Markus als Levi bezeichnet wird. Also diese Berufung, die ja dann nach dieser Theorie der Jünger Jesu selber wäre, dass diese Berufung eins zu eins zurückgeht auf Markus. Also die Berufungserzählung des Matthäus ist im Grunde abhängig von Markus. So, und das ist echt das Problem, wie man jetzt erklären soll, dass also ein vermeintlicher Augenzeuge, der so dann seine eigene Berufung erzählt, zurückgreift bei der Beschreibung der eigenen Berufung auf eine Quelle, die selber gar nicht

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Augenzeuge ist. Das ist eine etwas kuriose Situation, wo man, wenn man alles zusammennimmt, dann tatsächlich das Problem hat, dass es schwierig wird mit der Plausibilität eines vermeintlichen matthäischen oder hebräischen Ur-Matthäus. Dazu kommt, dass wir eigentlich keine handschriftlichen Zeugnisse haben von einem angeblichen Matthäus, das ursprünglich auf hebräisch geschrieben worden wäre. Was wir haben sind tatsächlich verschiedene andere Versionen, sozusagen, wir kennen also ein Hebräer-Evangelium, ein Nasuräer-Evangelium, das sind doch quasi so irgendwelche Versionen, wo vermutlich auch eins auf hebräisch geschrieben worden ist, aber das sind alles Evangelien, die gleichsam auf den schon bestehenden Matthäus-Evangelium zurückgreifen.

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Ich zitiere jetzt einfach mal an der Stelle den Jörg Frey, der an mehreren Stellen sich intensiv mit dieser Frage auch dieser anderen judenchristlichen Evangelien beschäftigt hat und dazu eben halt diese ganzen Texte auch nochmal herausgegeben hat. Er sagt hier, denkbar wäre, dass die Papiastrotiz bereits durch Nachrichten über eine arameische Bearbeitung des griechischen Matthäus-Evangeliums veranlasst worden wäre. Trifft diese Erklärung zu, dann braucht Papias kein arameisches Evangelium bekannt zu haben. Die Idee eines arameischen Matthäus-Evangeliums wäre dann eher die Folge als eine Voraussetzung des Papiastrotizes. Also es gab irgendwelche Versionen, die darauf zurückgreifen und Papias dreht im Grunde letztlich die Verhältnisse

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einfach um. Das wäre letztlich dann auch wohl die Erklärung für diese ständigen Hinweise auf dieses hebräische Matthäus-Evangelium. Das Selbstporträt des Matthäus liegt dementsprechend wahrscheinlich weniger in 9,9 als vielmehr zum Beispiel in 13,52, wo von einem Schriftgelehrten die Rede ist. Darum ist jeder Schriftgelehrte, der ein Jünger des Himmelreichs geworden ist, einem Hausherrn gleich, der Neues und Altes aus seiner Schatzkammer hervorholt. Ja, und tatsächlich müssen wir sagen, eigentlich ist das Matthäus-Evangelium eine Schrift von einem Schriftgelehrten. So wie der mit dem Text umgeht, mit dem Alt-Destament, was der alles voraussetzt und wie der diese Texte zusammendenkt, das ist im Grunde das Werk eines Schriftgelehrten. Und er holt Altes und Neues hervor und bringt es zusammen. Deshalb sind doch viele exegenten der Meinung, hier an dieser Stelle,

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da präsentiert sich im Grunde der Autor des Matthäus-Evangeliums. Das ist also eigentlich dann ein christusgläubiger Jude, Judenchrist, der also dieses Matthäus-Evangelium geschrieben hat und für den eben die Thora in besonderer Weise Relevanz gewonnen hat. Zu den Adressaten, das ist ein richtig großes, umfassendes Themenfeld in der Forschung, wie die Adressaten zu profilieren sind. Klar ist, dass für die Adressaten, auch so wie für den Autor, die Gebote durchaus von Relevanz sind. Also Sabbatgebot und auch die Speisegebote. Sabbatgebot, zum Beispiel dort Matthäus 24,20, wo gesagt wird, im Zusammenhang mit der Endzeitrede, nicht betet das eure Flucht, wenn dann all das alles passiert, nicht geschehe im Winter unterm Sabbat. Diese Passage unterm Sabbat, die fehlt

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zum Beispiel im Markus-Evangelium, die fügt aber Matthäus hinzu, weil ihm der Hinweis auf den Sabbat besonders wichtig ist. So ähnlich auch mit den Speisegeboten. Also wir können davon ausgehen, dass wir jetzt hier doch in einem anderen Milieu beheimatet sind, im Zusammenhang mit dem Matthäus- Evangelium als eben bei dem Markus-Evangelium. Deshalb spricht man auch in diesem Zusammenhang eher von den Judenchrist, auch wenn das ein sehr, sehr schwammiger Begriff ist. Aber um irgendwie das zu fassen, dass das Milieu, in dem nun mal die Adressaten sind, dass das wahrscheinlich eher jüdisch geprägt ist und dementsprechend judenchristlich ausgerichtet ist. Gleichwohl haben wir Heidenmission, den Gedanken der Heidenmission, also es öffnet sich hin zu den Heiden und dementsprechend sollte man auch mitbedenken, dass in diesen matthäischen Gemeinden sehr wahrscheinlich auch dann Heiden waren, die aber sich geöffnet haben auch für das Judentum. Die Konflikte, die dementsprechend

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beschrieben werden im Matthäus-Evangelium, das ist jetzt entscheidend, um den jeweiligen Kontext wahrzunehmen und was das konkret bedeutet. Die Konflikte, die beschrieben werden im Matthäus- Evangelium, sind dementsprechend Konflikte, also mit den Pharisäern und diesen scharfen Worte, sind eigentlich dann innerjüdische Konflikte. Man spricht hier von innerjüdischen Differenzierungsprozessen, die dort stattfinden und gerade nicht dann von anti-jüdischer Haltung einer schon bestehenden christlichen Kirche, die nun gegen das Judentum schießt. Sie sehen, wie wichtig es ist, einen Text zu verorten. Nehmen Sie einen Text, der so massiv zum Teil scheinbar anti-jüdisch ist oder Formulierungen findet, reißen Sie ihn aus dem Zusammenhang,

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dann haben Sie tatsächlich eine Schrift, die anti-jüdisch klingt. Kontextualisieren Sie ihn aber in diesem Zusammenhang des Judentums, wo es tatsächlich zu unterschiedlichen Strömungen, Positionen und Parteien gekommen ist, dann versteht man, glaube ich, sachgemässer dieses Matthäus-Evangelium. Also meistern kann man eigentlich von Anti-Judaismus im Matthäus-Evangelium nicht reden, schon gar nicht, weil es das Judentum in der Zeit gar nicht gegeben hat. Es gab verschiedenste Strömungen innerhalb des Judentums. Der Abfassungsort ist gegenüber den anderen Evangelien an der Stelle relativ gut einzugrenzen und da gibt es eine gewisse Übereinstimmung in der Forschung. Oft wird nämlich Syrien vermutet, dass das Matthäus-Evangelium in Syrien entstanden ist. Dafür gibt es wirklich gute Hinweise. Einmal in 423 wird im Tätigkeitsfeld Jesu Syrien besonders

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hervorgehoben. Noch spannender wird es dann in 223, wo Jesus im Kontext der Kindheitsgeschichte, in 223 wird Jesus bezeichnet als Nazorea. Diese Bezeichnung ist ein ganz typischer Begriff für die syrischen Christen, also für Christen im syrischen Raum. Nazorea, die Nazoreae. Und aus diesen Passagen kann man sehen, dass hier offensichtlich wohl doch dieser Raum, dieser syrische Raum im Blick gewesen sein könnte. Zum Zeitpunkt der Entstehung, da ist es so, dass man vermutet irgendwie auf jeden Fall nach 70, wegen dem, weil ja Matthäus ja wahrscheinlich auf Markus zurückgreift. Aber viel zu hoch dürfen wir auch nicht gehen. Ignatius von Antiochien,

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der um 117 gestorben ist, der kennt offensichtlich schon das Matthäus-Evangelium. Also müssen wir uns da irgendwie einpendeln zwischen 70 und 100. In der Regel Pi mal Daumen ist es dann 80. Ja, so, dann sind wir eigentlich auf der sicheren Seite. Das ist also der Entstehungszeitpunkt des Matthäus-Evangeliums. Zum Aufbau und Inhalt des Matthäus-Evangeliums. Man kann sagen, dass das Matthäus-Evangelium tatsächlich von seiner Grundstruktur aufbaut auf das Markus-Evangelium. Es hat den gleichen Aufbau, geografisch gesehen, nicht mit Galiläa, dann mit der Wanderung und dann später Jerusalem. Da merkt man auch die große Übereinstimmung. Auffällig ist dann die Vorgeschichte, der Prolog. Der wird vorgestellt und auch das Ende, eben der Missionsbefehl und die Auferstellungsberichte, auch das geht über Markus hinaus. Also an beiden

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Polen, Anfang und Ende, da fühlt sich also Matthäus genötigt, einiges noch hinzuzufügen. Nur so als kleine Information, tatsächlich ist es so, wenn man also Matthäus und Markus gegenüberstellt, dass 94 Prozent des Markusstoffes im Matthäus enthalten ist. Es gibt also ganz wenige Passagen, die irgendwo nur bei Markus vorkommen. Man kann dann wirklich sagen, dass komplett das Markus-Evangelium im Matthäus-Evangelium aufgesogen worden ist. Eine Auffälligkeit neben dieser geografischen Gliederung ist natürlich dann diese Reden. Wir haben fünf große Reden und jeder dieser Reden wird eingeleitet oder abgeschlossen, wird eher abgeschlossen mit der Formulierung und es geschah, als Jesus diese Worte vollendet hatte. Wenn Sie so durchblättern, sehen Sie, immer am Ende

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einer langen Redepassage kommen diese Wendungen vor. Bei der letzten großen Redepassage Matthäus 23 bis 27 kommt am Ende dieser Redepassage folgende Formulierung vor und es geschah, als Jesus alle diese Reden beendet hatte. Alle diese Reden. Also da deutet der Verfasser sogar darauf hin, nicht, also es gibt mehrere Reden, so und jetzt alle diese Reden. Auch hier wird dann das Interessante, dass diese Wendung exakt in dieser Form vorkommt im fünften Buch Mose, Kapitel 31, Vers 1. Auch am Ende von langen Redezyklen des Mose. Dort heißt es, und Mose beendete alle diese Reden. Am Ende des fünften Buch Mose. Auch hier wiederum sehen Sie, wie stark das Matthäus-Evangelium in seiner

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Wortwahl, in seiner Denke zurückgreift auf das Alte Testament. Also die fünf Reden im Grunde in Korrelation setzt zu den Reden Mose, nicht gerade am Ende im fünften Buch Mose. Damit bin ich auch schon bei der nächsten Auffälligkeit, gerade auch was diesen Aufbarmen belangt, nämlich die Schriftzitate. Kein anderes Evangelium verweist so oft auf die Schrift explizit wie eben das Matthäus-Evangelium. Da ragen vor allem die sogenannten Erfüllungszitate hervor, nicht? Wo also immer wieder erwähnt wird, wie ein Prophet gesagt hat, so erfüllt sich, nicht? Und dann wird eben halt eine Schrift zitiert. Das ist eine bestimmte Formulierung, die kommt zehnmal vor im Matthäus-Evangelium und gibt auch eine gewisse Struktur vor. Vor allem kommen diese Reflexionszitate oder Erfüllungszitate

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gehäuft am Anfang des Evangeliums vor, also in der Kindheitsgeschichte. Also die Anfangspassagen des Matthäus-Evangeliums, was er gleichsam als Plus zum Matthäus-Evangelium hat, die werden in besonderer Weise begründet mit Schriftzitate aus dem Alte Testament. Das also erst mal allgemein zu den Einleitungsfragen und auch zur Übersicht. Nun also zur Theologie. Was möchte eigentlich das Matthäus-Evangelium sagen? Welche theologischen Schwerpunkte sind dort enthalten? Und auch hier möchte ich gern mit den ersten Sätzen beginnen, weil sie so programmatisch sind. Und auch hier wiederum sind die aber auch irgendwie sehr seltsam, diese ersten Formulierungen. Ich lese die ersten sechs Verse. Buch des Ursprungs Jesu Christi, des Sohnes David, des Sohnes Abrahams. Abraham zeugte Isaac, Isaac zeugte Jakob, Jakob aber zeugte Judah und seine Brüder,

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Judah aber zeugte Peretz und Serach von der Thama. Peretz aber zeugte Hesron, Hesron aber zeugte Ram, Ram aber zeugte Abinadab, Abinadab aber zeugte Nachshon, Nachshon aber zeugte Salmon, Salmon aber zeugte Boaz von der Rahab, Boaz aber zeugte Obed von der Ruth, Obed aber zeugte Isai, Isai aber zeugte David, den König, David aber zeugte Salomo von der Frau der Uria. Schon merkwürdig, wenn ein Text, und es gibt noch so weiter, mit einem Stammbaum beginnt, so umfassend. Die erste Passage, die erste der Titel, ist schon sehr auffällig und erinnert ein bisschen an das Markusevangelium. Auch in der Genetik-Konstruktion, nicht also ständig werden die Genetive verwendet. Im Markusevangelium ist es ja Anfang des Evangeliums Jesu Christi,

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des Sohnes Gottes. Im Matthäus-Evangelium ist es das Buch des Ursprungs Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams. Während Markus ja Wert gelegt hat auf diese zwei Perspektiven, also einmal Christus, Messias, jüdischer Kontext, dann Sohn Gottes, nicht, im Parallel zu den Kaisern und damit eher römischer Kontext, das Milieu, so legt Matthäus nun das Hauptgewicht auf den jüdischen Kontext. Er hebt besonders die Verwurzelung Jesu in diesem jüdischen Kontext hervor. Er ist Sohn Davids und Sohn Abrahams. Mit Sohn Davids wird eine starke Israel-Fokussierung hervorgehoben. Er ist der Messias, der, der von den Juden erwartet wird.

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Mit Sohn Abrahams hingegen öffnet sich die Perspektive, denken wir also an die Verheißung von Abraham zurück über die Nationen, du sollst eben Vater vieler Nationen werden. Da öffnet sich im Grunde hier schon in dem Titel die Perspektive hin zu den Heiden. Schon mit den ersten zwei Titulaturen. Dann aber ist es auffällig, dann diese komplette Genealogie. Was hat es auf sich? Und man könnte eigentlich die komplette matheische Theologie aufhängen an diesem Stammbaum. Sie finden unglaublich viele Aspekte schon, die dann im späteren Kontext entfaltet werden. Einige möchte ich hervorheben, aber wegen der Zeit muss ich darauf aufpassen, dass ich mich nicht verliere, weil ich finde es so beeindruckend, diesen Stammbaum, wenn man sich die Dinge mal genauer

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anschaut. Ich hebe also einiges hervor. Es ist auffällig zunächst einmal, dass hier scheinbar so eher am Rande stehende Frauennamen erwähnt werden. Vier an der Zahl. Nicht die großen Bekannten wie Sarah oder Rebecca, sondern eben Thama und Rahab und Ruth und die Frau des Uria. Eine Perspektive und eine Deutung, die durchaus meistens plausibel ist immer noch, ist, wenn man sich die Frage stellt, was haben diese vier Frauen gemeinsam? Und wenn man dann auch noch die frühjüdischen Erklärungen hinzunehmt zu den Frauen des Altestamentes, dass man durchaus mit Recht vermuten kann, dass diese Frauen Heidinnen waren. Also eine Gemeinsamkeit,

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dass sie heidnischer Herkunft sind. Mit anderen Worten, schon im Stammbaum Jesu wird hineingeschrieben ein Kernphänomen und ein Kernanliegen des Matthäusevangeliums, nämlich die Öffnung zu den Heiden. Damit wird jetzt etwas Programmatisches zum Ausdruck gebracht, das wird dann später, Jesus auch mit Heiden in Berührung kommt. Denken wir an den Hauptmann, den Römischen nicht, an die Magier auch und dann später natürlich an den Missionsbefehl, der ja dann gerichtet ist an alle Heiden. Ein weiterer Aspekt, der mit den Frauen in Verbindung gebracht wird, ist, wenn man sich mal anschaut im Altestament, in welchen zeitlichen Kontexten diese vier Frauen vorkommen in diesen Epochen der Geschichte Israels, dann fällt Folgendes auf. Thama ist kontextualisiert im

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Zusammenhang mit der Väterzeit, die Juda, die Väter Abraham, Isaac, Jakob und dann in der Zeit der Väter. Rahab, die Hure Rahab ist kontextualisiert im Zusammenhang mit der Landnahme, eine neue Phase, Exodus-Landnahme, das ist die neue Phase der Israel-Geschichte. Ruth ist kontextualisiert im Zusammenhang mit der Richterzeit und schließlich die Frau des Uria ist kontextualisiert im Zusammenhang mit der Königszeit. Die vier Frauen repräsentieren gleichsam vier zentrale Epochen der Geschichte Israels und gleich nach dem Stammbaum taucht gleich der Name einer neuen Frau auf, Maria. Und wissen Sie, was der letzte Name einer Person ist, einer menschlichen Person,

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im Matthäusevangelium? Zweimal eine Maria. Das Matthäusevangelium wird gleichsam umrahmt von Frauenfiguren. Und es sind die Frauen, die gleichsam ein Signal geben für eine neue Epoche. So wie im Alt-Destament diese vier Frauen, sodann im Grunde könnte man fast sagen mit Maria und eben halt mit ihrem Sohn. In der Mitte dieser Genealogie kommt dann auch noch der Hinweis auf das babylonische Exil vor. Auch wieder mal ein ganz, ganz wichtiges, schwergewichtiges Element, also dieses babylonische Exil. Und es gab zur Zeit des Neuen Testamentes im jüdischen Kontext die Vorstellung, dass man immer noch eigentlich im Exil lebt. Das Exil ist nicht vorbei, weil man ja

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ohnehin unter einer fremden Herrschaft leidet. Und so gab es in dieser Zeit tatsächlich auch die Hoffnung, dass das Exil nun irgendwann enden wird. Und ich denke, dass das Matthäusevangelium gerade diese Hoffnung aufgreift mit dem Hinweis auf das babylonische Exil und dem Hinweis darauf, dass nun der Messias kommt, der dieses auch geistliche Exil zum Ende führt. Daher auch seine Sammlung später von zwölf Jüngern, die ein Hinweis sind auf die Sammlung des Volkes Israel nach dem Exil. Richtig spannend wird es dann, wenn wir uns ein wenig diese Geschichten anschauen, die mit diesen Frauen verbunden werden. Ich weiß nicht, wie weit Sie das so mal gelesen haben.

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Ich greife hier zwei Geschichten auf, um einfach darauf hinzuweisen, wie wichtig es ist, manchmal den Kontext zu berücksichtigen, wenn wir uns mit dem Matthäusevangelium beschäftigen. Denn ich glaube, dass diese Kontexte mitschwingen, wenn wir dann die Texte des Neuen Testamentes lesen. Thama und Judah. Thama hatte einen Mann, der ist gestorben und hatte kein Kind hinterlassen. Ein zweiter Mann, auch der ist gestorben, kein Kind hinterlassen. Und Judah wäre verantwortlich gewesen, Thama war seine Schwiegertochter, war verantwortlich gewesen, eigentlich für einen neuen Mann zu suchen. Er wollte es aber nicht. Thama daraufhin verkleidet sich als Prostituierte, Judah kehrt zu ihr ein und sie wird schwanger. Als sie schwanger wird, entdeckt Judah plötzlich

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seine fremde Seite, ist völlig erbost über Thama und sagt, sie muss getötet werden. Thama, die so klug war, einen Beweis zurückzuhalten, dass es eben jener Judah war, der mit ihr geschlafen hat, zeigt diesen Beweis. Und Judah muss am Ende eingestehen, jetzt kommt dieser entscheidende Satz, sie ist gerechter als ich. Hier werden die Wertigkeiten umgedreht. Die scheinbare Prostituierte, die Thama, wird als gerechterklärt gegenüber dem so scheinbaren Frommen, Judah. Noch

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spannender wird es in dieser Erzählung mit der Frau Urias und David. Uria, ein Soldat im Dienste Davids, die kämpfen da irgendwo. David lässt es sich gut gehen, verguckt sich in die Frau des Uria, sie haben einen Techtel-Mächel, sie wird schwanger. Was macht der David in seiner Verzweiflung? Der holt den Uria zurück, es ist ein Hittiter, also ein Heidel und sagt, du hast ein bisschen Freizeit, nicht, erhol dich vom harten Kampf, du hast so viel ohnehin schon getan. Uria ist aber so loyal zu seinen eigenen Kollegen, dass er nicht zu seiner Frau zurückkehrt. Damit hat David ein Problem, wie er jetzt nun die Schwangerschaft verheimlichen kann. Das Ende ist, dass er einfach dann Uria

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umbringen lässt. Uria, der eigentlich der Loyale ist, auf der einen Seite, und David, der Vorbild schlechthin, der hier ganz schlecht wegkommt. In all diesen Geschichten geht es um eine Kontrastierung zwischen den scheinbar so marginalisierten und auf der anderen Seite die scheinbaren Frommen. Und das zieht sich durch das gesamte Matthäus-Evangelium. Diese Grundidee, dieses Kontraste und der Vorbildfunktion eben gerade denjenigen, die scheinbar so am Rande sind. Also die Prostituierte, der fremde Soldat, die eigentlich die Vorbilder sind gegenüber denen, die ihre Funktion eben nicht erfüllen. Es sind Konfliktgeschichten, die das Matthäus-Evangelium

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immer wieder zum Ausdruck bringt. Das sind also einige Aspekte aus dem Stammbaum. Es gibt noch eine ganze Anzahl anderer Vorstellungen, vor allem auch im Zusammenhang mit der Periodisierung des Stammbaumes auf die Zahl 14. Das ist ganz spannend, nicht? Also 14 Glieder von Abraham bis David, David dann bis zum Bani Nushexir und dann nochmal 14 von Bani Nushexir bis eben halt auf Jesus. Das ist eine theologische Aussage und keine biografische an der Stelle. Hier wird Theologie zum Ausdruck gebracht anhand eben einer Geschichte des Alten Testamentes und anhand dieser Stammbäume. Nun zu einigen theologischen Schlüsseltexten. Und da möchte ich die Kindheitsgeschichte aufgreifen, die Kindheitsgeschichte an dem in diesem Kontext, die einige wirklich sehr

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zentrale christologischen Leitgedanken schon thematisiert werden. Dazu gehört einmal Davids Sohn. Dieser gesamte Stammbaum dient dazu, eigentlich Jesus als Sohn Davids hervorzuheben. Er soll aus dieser Linie, der davidischen Linie kommen und dementsprechend der neue König sein. Am Ende aber unterläuft diese Geschichte dieser Intention, denn eigentlich stammt Jesus gar nicht von der davidischen Linie ab. Es ist ja eine Geburt durch die Kraft des Heiligen Geistes. Wir haben also auf der einen Seite den Gedanken der Davids Sohnschaft, die hier thematisiert wird, auf der

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anderen Seite durch vor allem diese Erzählung von der Jungfraungeburt den Gedanken der Gottessohnschaft. Die Gottessohnschaft, die dann an einigen Stellen auch in der Kindheitsgeschichte dann immer wieder auch erwähnt wird, im Zusammenhang zum Beispiel mit der Flucht der Familie. Da wird ein Text zitiert aus Hosea 11,1. Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen. Also das spricht der Herr, so wird das am Anfang dann so formuliert. Also hier wird auch wiederum diese Beziehung zwischen Gott und seinem Sohn zum Ausdruck gebracht. Also schon in der Kindheitsgeschichte haben wir den Gedanken, Davids Sohnschaft auf der einen Seite, aber auch Gottes Sohnschaft auf der anderen Seite. Spannend ist nun, diese zwei Hoheitstitel zu sehen, wie werden sie im weiteren Verlauf inhaltlich weiter aufgefüllt. Die Davids Sohnschaft wird in Verbindung gebracht mit Heilungen, mit einem

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Entgegenkommen zu Israel. Heilungen im Zusammenhang, im Kontext Israels. Die Gottessohnschaft auf der anderen Seite ist nach Matthäus schwerpunktmäßig verlagert, einmal auf die Nähe zu Gott, das ist Matthäus 11, die einzigartige Nähe zu Gott, die durch die Gottessohnschaft zum Ausdruck gebracht wird und dann vor allem die Passion. Die Passion wird unter diesem Leitgedanken des Gottessohnes gestellt. Es kommt also immer wieder im Zusammenhang mit dem Sohn Gottes Gedanken vor und schließlich auch mit diesem Missionsauftrag ganz am Ende. Und taufe sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Auch dort kommt diese Gottessohnschaft zum Ausdruck, wiederum im Zusammenhang eben mit der Öffnung zu den Heiden. Damit haben wir mit diesen zwei christologischen

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Hoheitstiteln auch zwei wesentliche Kerngedanken des Matthäusevangeliums erfasst, nämlich die Frage, wie das zusammengehört, das eine Mal, dass Jesus zu Israel kommt, das wird hauptsächlich in Matthäus 10 formuliert, dass Jesus scheinbar ausschließlich zu Israel gesendet ist und auf der anderen Seite, wie es kommt, dass dann Jesus aber auch sich öffnet zu den Heiden und vor allem dann der Missionsbefehl, wo es um die Heiden geht. Diese zwei Grundideen werden nach Matthias Konrad zusammengeführt mit eben diesen zwei christologischen Hoheitstiteln. Ich zitiere ihn einfach mal in Zusammenhang mit seinem Entwurf einer sogenannten zweigliedrigen Entfaltung der Messianität Jesus als Gottes- und Davidssohn. Korreliert die Konzentration der irdischen Wirksamkeit Jesu auf

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Israel mit der Hervorhebung seiner davidischen Messianität, so steht die Ausweitung des Heils auf die Völker im Zusammenhang von Heilstod, Auferstehung und Erhöhung des Gottessohnes. Mit anderen Worten, mit der Davidssohnschaft ist der Israel-Bezug ebenso gewährleistet wie mit der Gottessohnschaft die Universalität des Heils in Christus. Davidssohn steht für den Israel-Bezug, Gottessohn für den Heidenbezug. Beides wird schon in der Kindheitsgeschichte grundgelegt und in der weiteren Erzählung dann entfaltet. Damit sind diese zwei christologischen Hoheitstitel im Grunde programmatisch für das gesamte Matthäus-Evangelium. Ein weiterer ganz wichtiger Aspekt ist Immanuel,

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der auch in der Kindheitsgeschichte vorkommt. Also er soll ja Immanuel genannt werden, Gott mit uns. Garde Ulrich Lutz hat diesen Gedanken ganz stark gemacht, den Gedanken des Immanuels. Von der ersten Geschichte in Matthäus 1, 23, wo er als Immanuel dann erscheint zur letzten Erzählung mit dem Missionsbefehl, Matthäus 28, wo Jesus als der Auferstandene sagt, ich will bei euch sein. Bis ans Ende der Welt. Das ist der große Bogen des gesamten Matthäus-Evangeliums. Der Immanuel, der mit in der Erzählung mit den Jüngern ist, ist der gleiche Immanuel, der nun auch bleibend bei seiner Gemeinde ist. Deshalb ist es interessant, dass das Matthäus-Evangelium keine Himmelfahrtserzählung

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hat. Das haben wir im Lukas-Evangelium. Wie Jesus dann entweicht, das ist im Matthäus-Evangelium nicht der Fall. Man hat geradezu den Eindruck, dass nach Matthäus Jesus bleibend bei seinen Jüngern ist als Immanuel. Damit wird ein ganz zentraler Gedanke zum Ausdruck gebracht, dass nämlich die Jesusgeschichte gleichzeitig auch die Geschichte der Gemeinde ist. Sie wird transparent für die eigene Geschichte. Ulrich Lutz nennt das diese inklusionäre Jesusgeschichte, diese Transparenz zwischen Jesusgeschichte und der Gegenwart der Gemeindesituation. Und hier möchte ich auch gerne ein Zitat anführen von Ulrich Lutz in diesem Zusammenhang. Wenn der irdische zugleich der Erhöhte ist, wenn die Gegenwart Gottes bei seiner Gemeinde die Gegenwart Jesu ist und wenn das

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Evangelium, das die Gemeinde zu verkündigen hat, das Evangelium Jesu ist, dann ist klar, dass bereits die Geschichte des irdischen Jesus grundlegender Ausdruck der bleibenden Gegenwart Gottes bei seiner Gemeinde ist. So wie es sich in der Geschichte Jesu ereignet, bleibt Gott dauerhaft mit seiner Gemeinde. Lesen oder hören die Glieder der matthäuschen Gemeinde Jesus' Überlieferungen, so hören Sie darin zugleich, wie Gott heute mit ihnen ist. Hören Sie, was Jesus gesagt hat, so hören Sie zugleich, was er Ihnen heute sagt. Das ist diese inklusive Jesusgeschichte. Schließlich möchte ich einen letzten Aspekt aus dieser Kindheitsgeschichte hervorheben als christologische Perspektive, die auch das Matthäus-Evangelium prägt und das ist die sogenannte Mose-Typologie. Jesus als zweiter Mose. Vielleicht, wenn Sie schon mal die Kindheitsgeschichte

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gelesen haben, wären Sie irgendwie an gewissen Stellen darauf aufmerksam gemacht oder haben doch gewisse Bezüge gesehen zu Mose. Ganz stark merkt man diese Bezüge vor allem im Zusammenhang mit dem Kindermord in Bethlehem. Also Herodes lässt die Kinder umbringen. Das erinnert sehr stark an den Kindermord zur Zeit des Exodus und wo dann Mose dann doch beschützt worden ist. Und das zieht sich dann durch, diese Parallelen. Ich habe nicht die Zeit, das Ihnen im Einzelnen zu zeigen. Es gibt also, im Grunde kann man sagen, von Matthäus 1 bis dann zu Bergpredigt gibt es im laufenden, krologisch sogar richtigen Reihenfolge die Parallelen zur Exodusgeschichte von Kapitel 1 bis 19 bis zum Sinai. Also nach dieser Sache mit Ägypten und dann kommt die Jesus-Hymne wieder

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zurück, geht es dann weiter mit der Taufe Jesu, das dürfte eine Erinnerung sein, an den Durchzug durch das Rote Meer. Dann kommt diese Versuchungsgeschichte, die ist faszinierend. Allein darüber könnte man nochmal richtig ins Gespräch kommen. Die Versuchungsgeschichte, wo Jesus dreimal versucht wird und jedes Mal antwortet er mit der Schrift aus dem fünften Buch Mose und jedes Mal ist der Kontext dieser Schriftzitate ein Kontext, das zurückgeht auf Exodus und zwar Exodus 16, 17 und dann folgende 18 und 19. Diese ganze Vorgeschichte mündet aus in Parallele zur Exodus-Herzählung zur Bergpredigt, in Parallele zum Sinai-Ereignis. Die Bergpredigt, so gesehen, ist im Grunde dann ein neues Sinai-Ereignis. Damit bekommt die Bergpredigt richtig hohe Autorität, indem nun Jesus,

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gleichsam als zweiter Mose, neu eine Thora verkündigt. Aber darin merken wir auch, dass es hier um auch mehr geht als nur um Mose als Lehrer. Vielmehr verkündigt Jesus hier in göttlicher Vollmacht, in Parallele zum Reden Gottes nun seine Thora. Wir haben also einen Bezug zu Mose als Lehrer und das erinnert auch immer wieder an diese Reden, die er hält. Gleichzeitig aber haben wir hier ein Mehr als Mose mit der Perspektive, dass hier in göttlicher Vollmacht geredet wird. Und diese zwei Perspektiven, einmal die Parallele zum Mose als zweiter Mose und doch Mehr als Mose und eine neue Thora zu vermitteln, das hilft, um diese wirklich komplexen Fragen der Bergpredigt etwas

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zu fassen, nämlich das Problem auf der einen Seite, wo Jesus sagt, ganz am Anfang der Bergpredigt, Matthäus 5,17, meint nicht, ist er gekommen, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen, nicht um aufzulösen bin ich gekommen, sondern zu erfüllen. Also er will die Thora bestätigen, das Gesetz. Da ist er wie ein zweiter Mose. Aber dann kommen die ganzen Antithesen. Das ist das große Problem in der Matthäus-Forschung. Wie kriegen wir die beiden zusammen gedacht? Auf der einen Seite zu bestätigen und dann aber die Antithesen, ich greife nur eins hervor, nicht Matthäus 5,27, ihr habt gehört, dass gesagt ist, du sollst nicht Ehe brechen. Das ist Thora. Ich aber sage euch, dass jeder, der eine Frau ansieht, sie zu begehren, schon Ehebruch mit ihr begangen hat in seinem Herzen. Das geht jetzt über die Thora hinaus. Hier wird radikalisiert und an anderen Stellen auch

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durchaus relativiert. Hier merkt man also, hier ist mehr als Mose. Hier spricht jemand in göttlicher Autorität. Und es wird zusammengefasst, dieser Gedanke, dass hier etwas Neues formuliert wird, was auch eine neue Gewichtung der Thora bekommt, durch eben einmal das Liebesgebot und die Goldene Regel. Das sind die zwei zentralsten mit die zwei zentralsten Stellen des Matthäus-Evangeliums, weil sie im Grunde dann diese Paradoxie dieser Probleme der Bergpredigtenbunde auch durchaus auflösen. Das Liebesgebot, die Goldene Regel, die Goldene Regel lautet alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch. Denn darin besteht das Gesetz und die Propheten. Das ist die neue Thora Jesu. Und das andere ist dieses Doppelgebot der Nächstenliebe

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und der Gottesliebe. An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten. Jesus als Lehrer, aber als in göttlicher Vollmacht, der seine Thora verkündigt und die Thora-Auslegung festhält am Maßstab der Goldenen Regel und der Nächstenliebe des Doppelgebotes, Nächstenliebe und Gottesliebe. Und das ist ein hoher Anspruch. Tu das, was du willst, das andere dir tun. Denken sie mal drüber nach, wenn sie morgens zur Arbeit gehen. Was man ihnen gerne tun würde, zum Beispiel einfach mal so einen Kaffee holen. Tun sie das mal dem anderen. Denken sie drüber nach, wenn sie nach

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Hause kommen oder selbst wenn sie in die Kirche gehen. In ihrem ganz konkreten Alltag, was das bedeutet, das zu tun, was man sich so wünscht, das andere es einem tun würden. Das finde ich so unglaublich spannend an dieser Bergbrichtung, an dieser Aussage. Zur Übersicht also. Wir haben Kernaussagen, das sind diese vier Kerngedanken zur Christologie. Das eine mal der David-Sohn, der sich darin zeigt, dass er als Heilander handelt an Israel. Wir haben den Gottessohn, der sich darin zeigt, dass er leidend in den Tod geht für das Volk, für alle Völker. Wir haben

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den Lehrer in göttlicher Bevollmächtigung, der seine Reden dann gibt, das sind diese fünf Reden. Und schließlich Immanuel als die bleibende heilvolle Gegenwart Gottes. Das sind die vier zentralen Gedanken, die schon in der Kindheitsgeschichte angedeutet sind und dann später entfaltet werden im Matthäusevangelium. Die Bedeutung des Matthäusevangeliums entsprechend für uns heute. Warum habe ich drei Aspekte hervorgehoben? Man könnte eine ganze Menge hervorheben, ich greife einfach mal drei auf. Das erste ist die starke Anbindung an das Alt-Testament. Man kann das Matthäusevangelium nicht verstehen, wenn sie es herausreißen aus dem Kontext des Alt-Testamentes. Das formuliere ich im Blick auf Diskussionen, die manchmal so

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aufgetaucht sind, ich denke da in Berlin, wo es darum ging, ob wir als christliche Kirche noch das Alt-Testament brauchen. Es mag eine berechtigte Diskussion sein und wir sollten uns auch diese Frage stellen, angesichts dessen, dass unser christliches Selbstverständnis nun mal auf das Neue Testament basiert. Nach Matthäusevangelium ist es schlichtweg ausgeschlossen, das Christliche zu denken, ohne zugleich auch an die Schrift des Israels zu denken. Das ist der erste Punkt. Zweiter Punkt ist die Anbindung an dieses Judentum, die Verankerung des Matthäusevangeliums im Judentum. Das ist ein Aspekt, der dazu hilft, sich zunächst einmal daran zu vergegenwärtigen, dass Matthäusevangelium gerade kein Anti-Judaismus das vortredet. Dass es

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tief verankert ist im jüdischen Denken und dass es uns, die wir das Matthäusevangelium verwenden, es hilft, in einen jüdisch-christlichen Dialog einzutauchen. Es ist gleichsam ein Angebot, dass auch in einem christlichen Kontext wir im Grunde Schriften haben, die durch und durch jüdisch sind. Wenn man Matthäus fragen würde, denke ich, wie verstehst du dich, dann würde er sicherlich sagen, als Jude. Und das öffnet die Möglichkeiten eines jüdischen christlichen Dialogs. Es ist eine Einladung übrigens auch, umgekehrt, dass auch jüdische Exegeten und Forscher sich mit christlichen Schriften beschäftigen können und sollten, weil wir es hier im Grunde mit einem Text haben, das man gut als frühjüdischen Text verstehen kann. Und das beiträgt, ein Aspekt des

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Judentums, des antiken Judentums zu verstehen. In diesem breiten Spektrum der unterschiedlichen Strömungen des Judentums der damaligen Zeit. Und schließlich der letzte Gedanke ist, Immanuel als Programm. Dieser Gedanke läuft darauf hinaus, dass das Matthäusevangelium den Anspruch erhebt, dass das Evangelium erfahrbar ist, dass die Jesu-Erzählung zugleich auch etwas ist, was mit meinem Leben zu tun hat, dass die Gemeindesituation sich spiegelt in dieser Jesu-Erzählung, dass eine mit dem anderen in Verbindung steht. Matthäus erzählt eine Jesus-Geschichte,

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in der es um erfahrene Geschichte, nicht um gelernte Sätze geht. Kirche muss erfahrbare Gemeinschaft sein. Eine Gemeinschaft der Täter, nicht der Hörer. Das ist eine der zentralen Aufgaben aus der Bergpredigt. Das Zentrum der Bergpredigt übrigens ist das Vaterunser oder das Unser-Vater, je nachdem. Das ist die Mitte der Bergpredigt. Und das ist ein Hinweis, wie man ganz konkret seinen christlichen Glauben konkret erfahrbar machen kann im Gebet. Ich glaube, es ist kein Zufall, dass gerade dort das Zentrum für das Matthäus angelegt ist im Gebet. Im

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Gebet, den Immanuel zu erleben. Und schließlich ein weiterer, letzter Gedanke, nämlich die Mission. Auch das im Rahmen dieses Immanuel-Programms. Es gibt einen klaren Auftrag an die Kirche, nämlich das zu verkündigen, wovon sie überzeugt ist. Manchmal wird ja so Mission etwas stiefmütterlich vielleicht behandelt. Nicht. Es ist nicht so übergriffig, wenn wir da anfangen, zu missionieren. Wie auch immer man das im Einzelnen definiert, man sollte sich bewusst werden, dass Matthäus Evangelium hört mit diesem Gedanken auf, dass Immanuel dort gegenwärtig ist, erfahrbar wird, wo es um Mission geht, wo bezeugt wird der Glaube. Kirche und Gemeinde haben einen

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Auftrag, eben die Verkündigung des Evangeliums. Es würde mich persönlich freuen, wenn auch dieser Vortrag ebenfalls dazu beiträgt, das Evangelium zu verbreiten und ganz im Sinn des Matthäus Evangeliums eben diesen Immanuel zu erleben.

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Das Matthäus Evangelium | 9.9.2

Worthaus Adventsvorträge 2019 – Tübingen: 30. November von Dr. Franz Tóth

Eigentlich fängt das erste Evangelium ziemlich öde an. Mit einer 15 Verse langen Aufzählung der Generationen von Abraham bis Jesus. Lauter Namen verstorbener Männer, manche kennt man, manche nicht. Langweilig? Überhaupt nicht, weiß der Zürcher Theologe Franz Tóth. Männer? Nein, ein paar Frauennamen stehen auch in Jesu Stammbaum, allesamt Heidinnen inmitten jüdischer Stammväter. Jesu Stammbaum? Auch nicht, denn Josef, der direkte Nachkomme Davids, ist doch gar nicht Jesu leiblicher Vater. Man merkt schnell: Kontext ist King. Denn nur wer das Matthäus-Evangelium in Zeit und Raum richtig verorten kann, begreift auch, was allein diese Namensaufzählung – und natürlich alle Kapitel danach – wirklich erzählen. Und dass das Evangelium nämlich gar nicht so antijüdisch ist, wie lange geurteilt wurde. Oder dass mit Jesu Leben, Tod und Auferstehung nicht nur eine neue Zeitrechnung für die Christen begann, sondern auch eine neue Epoche für die Bedeutung der Frau. Franz Tóth erklärt, wer Matthäus war, warum gerade sein Evangelium das Alte Testament braucht und wie auch wir heute noch die Botschaft dieses Evangeliums erfahren können.

Dieser Vortrag gehört zur Reihe »Vorworte: Einführungsvorträge zu jedem biblischen Buch«.