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Das hohe Lied der Liebe – der körperfreundlichste Text der Bibel | 13.9.2

Worthaus Sommercamp 2023 – Volkenroda: 5. August 2023 von Prof. Dr. Siegfried Zimmer

Natürlich geht es in der Bibel um die Liebe. Rauf und runter: die Liebe Gottes zu den Menschen, zu seinem Volk, zu ganz bestimmten Menschen, die Liebe der Menschen untereinander, Nächstenliebe, Feindesliebe. Aber körperliche Liebe? Leidenschaft, Lust, Begehren? Das gehört sich doch nicht!
Oder?
Diese Vorstellung war in der Geschichte des Christentums zeitweises so absurd, dass Luther den Titel des sinnlichsten Texts in der Bibel so übersetzte, dass er an einen anderen Text erinnerte, in dem es tatsächlich nicht um die sinnliche, körperliche Liebe geht. So absurd, dass sich Theologen jahrzehntelang darüber stritten, ob der Text nicht doch anders gemeint sein könnte.
Siegfried Zimmer hat da keine Scheu, sondern sagt es ganz deutlich: Beim hohen Lied der Liebe im Alten Testament geht es um die körperliche Liebe, um Leidenschaft und Erotik. Nirgendwo sonst im Buch der Bücher wird dieses Thema so einzigartig, so intensiv besprochen, voller Metaphern, Andeutungen und Eindeutigkeiten. Zimmer erklärt, wer das »Lied der Lieder« verfasst haben könnte, was einige Bilder im Text bedeuten und wie Gelehrte immer wieder vergeblich versuchten, ausgerechnet diesen Text zu beherrschen.

28. Juli 2022

Gotthold Ephraim Lessing – Bibelkritik in der Aufklärung | 11.13.1

Stell dir vor, du lebst in einem Land, in dem du nicht frei sagen kannst, was du denkst. Im schlimmsten Fall kommst du für unerwünschte Aussagen ins Gefängnis, oder du verlierst nur deine Arbeitserlaubnis, wirst gemieden und ausgelacht. Nicht schön. Gotthold Ephraim Lessing lebte im falschen Land zur falschen Zeit, um geradeheraus zu schreiben, was er dachte. Also schrieb er verschlüsselt, schrieb Nathan der Weise und Emilia Galotti. Er war clever, versteckte, was er wirklich dachte, in Theaterstücken. „So raffiniert, dass er manchmal wahrscheinlich selber nicht wusste, was er dachte“, sagt Thorsten Dietz. In seinem Schlüsselvortrag über die Bibelkritik in der Aufklärung, erklärt er zentrale Weichenstellungen im 18. Jahrhundert, die uns bis heute betreffen. Anschaulich, aber anspruchsvoll beschreibt er das Leben Lessings, seine Lehren und den großen Streit unter Gelehrten, in dem Lessing die Hauptrolle spielte. Denn er war nicht nur Theaterautor. Er war auch Bibliothekar. Und eines Tages, irgendwann um das Jahr 1777 herum, fand Lessing Texte von Hermann Samuel Reimarus. Echtes Dynamit, das merkte Lessing schnell. Texte, die den gesamten christlichen Glauben infrage stellten. Echtes Plutonium in einer Zeit, in der ohnehin noch Glaubenskriege tobten. Lessing veröffentlichte die Texte. Und entfesselte damit einen Streit, der unser Verständnis von Glaube und Geschichte bis heute prägt.