Erster Korinther 13, das leuchtet euch ganz sicher ein, steht zwischen Erster Korinther 12 und 14. Da behandelt Paulus die Geistesgaben, die Kraftwirkungen des Heiligen Geistes, seine Energie, seine Kraft, die sich in bestimmten Gabenfähigkeiten, äußert Zungenreden, Visionen, Krankenheilung, Prophetie, aber auch Weisheit, Erkenntnis und so weiter. Also man kann sagen, das sind die charismatischen Gaben oder die Geistesgaben. Die waren in Korinth sehr wichtig. Die Korinther Gemeinde war eine charismatische Gemeinde. Und weil im 20. Jahrhundert und im 21. Jahrhundert diese Geistesgaben weltweit wiederentdeckt worden sind,
auf allen Erdteilen seit über 100 Jahren, werden diese Geistesgaben wieder breit praktiziert in der Pfingstbewegung, in den charismatischen Gruppen. Weltweit ist es ein dreistelliger Millionenzahl. 200-300 Millionen Christen sind heute charismatisch orientiert. Also deswegen ist es ein wahnsinnig wichtiges Thema, die charismatische Erneuerung der Christenheit, der ich ganz positiv gegenüberstehe. Ich finde die charismatische Erneuerung der Christenheit gut. Davon verspreche ich mir einiges. Wenn es nach mir ginge, würden in der Zukunft jeder zweite Theologieprofessor in Zungen reden. Und jeder Theologieprofessor hätte die Aufgabe, vier Wochen im Jahr in Ostfriesland oder Pommern zu evangelisieren im heidnischen Land.
Alle Theologieprofessoren müssten das, wenn es nach mir ginge, vier Wochen im Jahr praktizieren. Dann wäre ihre ganze Theologie viel praktischer und lebendiger. Jetzt einige Bemerkungen zu Korinth, zu dieser Stadt Korinth, in der sich das dann alles abspielt. Korinth war zur Zeit von Paulus die größte Stadt in Griechenland, wesentlich größer als Athen. Athen hatte in der klassischen Zeit bei Platon Aristoteles, war sie größer, aber das war lang vorbei. Athen war ein bisschen so im Absteigen. Und es gab noch ein drittes Handels- und Bankenzentrum Patras. Das war auch ein bisschen im Abstieg. Aber Korinth war im Aufstieg, hatte Zuwachsraten. Und Korinth hatte eine sehr gute strategische Lage, nämlich das Festland Griechenland war mit der Halbinsel Peloponnes nur durch einen schmalen Landsteg,
der vielleicht, weiß nicht, so 20 Kilometer breit war, also so eine Landenge. Nur über diese Landenge war Griechenland mit Peloponnes verbunden. Und genau da lag Korinth. Westlich von dieser Landenge war das westliche Mittelmeer. Da konnten Schiffe nach Italien, nach Rom fahren. Östlich von dieser Landenge war das östliche Mittelmeer. Da ging es in die heutige Türkei, aber auch weiter südlich Libanon, Israel, Ägypten. Also diese Landenge trennte das westliche Mittelmeer vom östlichen Mittelmeer. Und so war Korinth einerseits auf dem Land eine Verbindung vom Nordhandel zum Südhandel, aber auf dem Meer war Korinth gleichzeitig eine Verbindung vom westlichen Mittelmeer zum östlichen Mittelmeer.
Deswegen hatte Korinth zwei Häfen an der linken Seite der Landenge und an der rechten. Lechhaion war der linke Hafen und Kenchree war der rechte. Da ungefähr war die christliche Gemeinde. Die meisten in der christlichen Gemeinde kamen aus Kenchree, dem Hafenviertel von Korinth. Korinth war eine sehr reiche, luxuriöse Stadt. Ihr könnt euch prachtvolle Straßen vorstellen, Theater, Pferderennbahn, wunderschöne Boutiquen. Korinth war eine reiche, luxuriöse Stadt, hatte hohe Einwanderungsquoten, zog viele Leute an, vor allem aus dem Osten, auch viele Juden. Korinth war eine riesige jüdische Gemeinde. Korinth ist eine pulsierende Handelsstadt und Hafenstadt, kosmopolitanisch geprägt, weltoffen.
Viele Religionen tummelten sich in Korinth. Paulus schreibt in seinem ersten Korintherbrief an die christliche Gemeinde in Korinth. Die war noch sehr jung. Als Paulus diesen Korintherbrief schrieb, vielleicht so 55, 56 nach Christus, gab es diese Gemeinde erst fünf Jahre. Sie war so 50, 51 gegründet worden. Von Paulus, der war auf seiner zweiten Missionsreise anderthalb Jahre in Korinth und hat diese Gemeinde durch seine apostolische Predigt gegründet. Und jetzt fünf Jahre später schreibt er dieser Gemeinde. Diese junge Gemeinde, in der fand aber einiges statt, was sehr erstaunlich war für damalige antike Verhältnisse.
Nämlich in dieser Gemeinde lebten jetzt schon fünf Jahre lang, das kann eine verdammt lange Zeit sein, Menschen aus allen Gesellschaftsschichten zusammen. Es gab in Korinth Leute der Oberschicht und es gab Unterschichtsklaven, Hafenpublikum, ich werde es gleich noch näher sagen. Und sowas gibt es in der Antike überhaupt nicht. Die antiken Standesgrenzen sind wasserdicht. Die sind viel starrer als heute. Heute die Bayern-Fan oder die VfB-Fan oder Dortmund-Fan, das sind Leute aus der Oberschicht, Mittelschicht und Unterschicht. Alle sind Fan, Fangemeinde. Das gibt es in der Antike nicht. Oberschichtsleute bleiben nur unter sich. Die haben keinen Privatkontakt mit Unterschichtsleuten. Völlig anderer Lebensstil, ganz andere wirtschaftliche Interessen. Das wäre niemals gut gegangen. Ein Oberschichtsmensch, der kommt gar nicht auf den Gedanken, dass er Privatkontakt mit Leuten aus der Unterschicht aufnehmen soll.
Das ist undenkbar in der Antike. In der Antike gibt es zwar auch in Korinth viele Vereine, auch Sportvereine gibt es, auch Vereine mit religiösem Charakter, aber die waren immer genau Oberschicht, Unterschicht getrennt. Gleich und gleich gesellt sich gern, sagt man ja. Es gab Staatsreligion, römische Staatsreligion, Jupiter und Co., aber das war nur für die staatstragenden Schichten. Die Staatsreligion ist immer nur für die staatstragende Schicht und das ist die Oberschicht. Die Sklaven zum Beispiel hatten eigene religiöse Vereine nur für Sklaven. Es gab also Sklavenreligionen in der Antike und in Korinth. Aber in dieser Korinther Gemeinde, da hat etwas stattgefunden, was sehr verblüffend ist.
Es gab also in Korinth ganz hohe Finanzbeamte, zum Beispiel Erastos. Erastos muss einer der obersten Finanzbeamter der ganzen Stadt Korinth, fast so was wie ein Stadtkämmerer oder einer der wesentlichen Mitarbeiter. Dann gab es einen ganz vornehmen Mann, Gaius. In dessen Haus hat Paulus seinen Römerbrief geschrieben und dieser Gaius, wie überhaupt die meisten in der Oberschicht, haben so Prachtvillen, man nennt es Peristylhäuser. Das sind Häuser um einen großen Innenhof mit Wasserbecken und der Innenhof Säulen geschmückt. Das sind Peristylhäuser und da passen, wenn du so eine Hausgemeinde gründen willst, gibt es ja in der Antike keine Kirchtürme und keine Gemeindehäuser. Das gibt es alles gar nicht, sondern alle Gemeinden sind Hausgemeinden. Da brauchst du aber ein Haus aus der Oberschicht. In einem Haus aus der Unterschicht, da kriegst du gerade acht oder neun Leute und da wird es schon eng und dunkel.
Da kannst du also keine Hausgemeinde platzieren, aber in so einer Prachtvilla, da gehen schon 40 bis 60 Menschen und mehr bequem unter. Also es gab den Erastus, es gab den Gaius, es gab den Synagogenvorsteher Christpos und die Synagogenvorsteher waren immer in der Regel aus der Oberschicht, weil jüdische Gemeinden waren immer leicht umstritten und deswegen haben die großen Wert aufgelegt. Der Synagogenvorsteher ist eine edle Persönlichkeit aus der Oberschicht, damit auch die jüdische Gemeinde gut verankert ist. Es gab auch Eigentümer eines größeren Handwerksbetriebes Aquila und Prisquilla. Das war ein römisches Ehepaar. Übrigens Korinth war eine römische Kolonie in der damaligen Zeit, Sitz vom Proconsul und Hauptstadt der römischen Provinz Arraia.
Und da waren sehr viele Römer in Korinth, war ja eine römische Kolonie. Also auch Aquila und Prisquilla sind eigentlich Römer, haben aber in Korinth wirtschaftlich sich niedergelassen. Also es waren auch sehr wohlhabende Leute. Auf der anderen Seite war wohl die Mehrzahl der Gemeinde aus Kenchree aus dem Hafenviertel. Vielleicht war die ganze Gemeinde im Hafenviertel oder in der Nähe von diesem Hafenviertel. Und das Publikum im Hafenviertel, das ist überall das Gleiche. Das sind Werftarbeiter, Lagerarbeiter, Matrosen, Kneipenwirte und Dirnen. Das Publikum in einem Hafenviertel. Und das war ein großer Teil der christlichen Gemeinde. Und dann gab es sehr viele Sklaven. Also die Mehrzahl der Gemeinde war aus der Unterschicht.
Und jetzt muss man sich überlegen, wie kann das sein, dass Menschen der Oberschicht ganz anderer Lebensstil, eine gezierte Sprache, bestes Griechisch und dann Dialekt und derbe Zotensprüche in der Unterschicht. Wie können solche Leute fünf Jahre eng miteinander zusammenleben, wöchentlich, vielleicht täglich? Das heißt, diese Peristylhäuser-Besitzer haben ihre Häuser geöffnet für Leute aus der Unterschicht. Das gab es in ganz Korinth nicht. Sie haben den Sklaven den Zutritt gestattet, wöchentlich und täglich. Es war ein enges Zusammenleben. Wie kann das sein? Da müssen doch sofort soziale Spannungen auftreten. Sind ja auch. Aber diese soziale Spannungen haben die Leute nicht auseinander explodiert, sondern die blieben jetzt schon fünf Jahre. Das kann eine verdammt lange Zeit sein. Blieben die beieinander. Also warum? Wie kann das sein?
Sie blieben beieinander durch das, was sie in dieser Gemeinde erlebt haben, durch ihre Gotteserfahrungen. Sie haben den Heiligen Geist erlebt und die Anziehungskraft des Heiligen Geistes war stärker als die Abstoßungskraft der Schichtenunterschiede. Also ihre Gotteserfahrungen hielten diese Leute beieinander. Und da könnt ihr indirekt eine Ahnung kriegen, was das für Gotteserfahrungen gewesen sein müssen, weil die Streitpunkte waren enorm, ganz anderer Lebensstil, ganz andere ökonomische Interessen. Aber sie blieben beieinander. Da merkt man auch, dass der Heilige Geist sich gar nicht so an Standesgrenzen hält. Das ist dem gerade egal. Der hat irgendwie eine ganz eigene Dynamik. Der weht, wo er will. Und er passt sich diesen Standards der Korinther Luxusgesellschaft, passt er sich nicht an.
Er mischt diese Bevölkerung ganz schön neu auf und er bringt Leute zusammen, die auf durch einen anderen Grund niemals zusammengekommen wären. Also das ist schon ein Phänomen. Die christliche Ekklesia ist ein Phänomen. Ja, also jetzt gehen wir mal zu diesen Geistesgaben. Also die Korinther haben sehr viel mit dem Heiligen Geist erlebt. Sie wollten nicht mehr zurück in ihr altes Leben. Denen musste man nicht sagen, dass das Leben eines Christen viel spannender, erfüllter, reicher ist als das andere Leben. Ja, das war ihre tägliche Erfahrung. Also vor allem liebten sie das Zungenreden. Glossolalia. Da redet man in Sprachen, die man nicht gelernt hat. Also heute weiß man, dass der Mensch einen Sprachenvorrat für 40, 60 Sprachen hat.
Die könnte er eigentlich im Prinzip alle sprechen. Aber durch unsere Sozialisation sind wir eben fixiert auf ein, zwei, drei Sprachen. Ich muss ganz kurz. Ich saß mal im ICE von München nach Stuttgart. Da saßen mir drei Kinder gegenüber, also schon ein bisschen älter. Die ältesten vielleicht zwölf, dann zehn und neun. Und die machten ein Brettspiel, was ich noch nie gesehen habe, und sprachen bestes Hochdeutsch. Und durch irgendeinen Grund redeten die auf einmal Englisch. Ich kann nicht besonders gut Englisch, aber so viel habe ich gemerkt, die reden perfekt Englisch. Und dann im Brettspiel ein bisschen weiter reden sie auf einmal alle drei Französisch. Und zwar bestes Französisch. Dann habe ich es nicht mehr ausgehalten und habe gesagt, also ihr, ich will euch nicht stören, ich bin ein fremder Mann, aber ich sage euch, ich halte es nicht mehr aus. Wer seid ihr? Ihr redet bestes Englisch.
Die waren allein, ohne Eltern. Wenn der Schaffner kam, haben sie halt ihre Karten gezeigt. Dann habe ich gesagt, da, sie, könnt ihr mich mal aufklären, wer ihr seid? Dann haben sie schon ein bisschen lachen müssen. Ja, das fragen viele Leute. Unser Papa war Botschafter in London, deutscher Botschafter in London, und jetzt in Genf in der Schweiz. Und wir ziehen immer mit und gehen in ein Internat, weil Papa nicht viel Zeit hat. Und deswegen kennen wir die drei Sprachen gut. Gut, jetzt wollte ich nur sagen, ich war ja schon hingerissen, weil die drei Kinder drei Sprachen gut kennen. Aber in der Glossolalia, sage ich euch, hast du einen ganz anderen Sprachenreichtum. Weil die Sprache geht nicht durch den Flaschenhals der Ratio, durch die Glossolalia, durch diese Geisterfahrung, wird der Sprachenvorrat des Menschen umfassend angetippt. Und dann steigen Sprachen in dir hoch, die du selber nicht verstehst.
Sprachen der Engel nennt man damals die Sprachen, die kein Mensch versteht. Aber es kommt auch vor in den charismatischen, pfingstlichen Gruppen weltweit, ich kenne selber jemanden, dem das passiert ist, dass du in einer Sprache sprichst, die gibt es tatsächlich. Ich kenne also ziemlich gut einen Mann, der hat in Zungen geredet, und in dem Raum war eine Schwedin, und er hat beste Schwedisch geredet. Er weiß gar nicht, was Schwedisch ist. Und da waren sie schon alle verblüfft. Also das kommt selten vor, aber kommt vor. Und das nennt man dann die Sprachen der Menschen. Wenn nicht in Sprachen der Engel und der Menschen. Also diese Korinther liebten das Zungenreden. Die haben stundenlang in Zungen geredet. Oder heute sagt man auch Sprachengebet, ist eigentlich besser. Weil das hat denen gefallen. Das ist besser als das beste Seemannsgang.
Selbst die Matrosen haben gesagt, hoppla hoppla. Also kein Trähe ist schon ziemlich viele Sprachen, aber das ist irgendwie noch besser. Und da fühlten sie sich Gott sehr nahe. Sie spürten irgendwie die Realität Gottes und konnten intim mit Gott reden, ohne dass ihr eigener Verstand das kontrolliert. Da soll man nicht sagen, das ist doch sinnlos. Nein, nein, das hat einen tiefen Sinn. Das hat fast psychohygienischen Sinn. Und dann ist es so, im Sprachengebet, also im Zungenreden, wird der Unterschied zwischen Oberschicht und Unterschicht aufgehoben. Da kann dir die vornehme gezierte Sprache einer Oberschichtsdame nicht mehr auf den Wecker gehen. Und der Oberschichtsdame geht das blöde Gebappel der Lagerarbeiter nicht auf den Wecker. Weil das Sprachengebet ist schichtenübergreifend. Schon interessant, gell? Kannst du auch im Sprachengebet nicht lügen.
Auch interessant. Also auf jeden Fall, sie waren fasziniert vom Sprachengebet. Dann aber auch vom prophetisch Reden. Es gab in dieser Gemeinde Propheten, die konnten prophetisch reden. Und das gab ihnen einen tieferen Einblick in die Geheimnisse, in die Tiefen der Gottheit. Aber auch in die Tiefe der menschlichen Seele, in die Herzen der Menschen. Ein Prophet sieht tiefer wie so ein Otto-Normal-Verbraucher. Also das war für diese Propheten eine völlig neue Welt. Also prophetisch reden, tiefe Einblicke in die unsichtbare Dimension. Dann gab es aber auch noch eine andere Geistesgabe, zum Beispiel die Gabe des Glaubens. Der Glaube ist ja im Allgemeinen sehr angefochten, das ist auch normal so. Es gibt keinen Glauben ohne Anfechtung. Es ist eben ein Glaubenskampf und der Glaube ist auch immer ein Geschenk, das wir nicht einfach machen können.
Aber wenn jemand die Gabe des Glaubens hat, die eigene Geistesgabe, der hat so einen tiefen Glauben von Gott geschenkt bekommen, dass Gott für ihn so real ist, wie das Geschäftstreiben in Korinth. Und diese Gabe des Glaubens, die war auch sehr begehrt und hat auch viele neue Möglichkeiten. Die haben eine feste Zuversicht in Gott gehabt, selbst in verworrenen aussichtslosen Situationen. Sie haben Gott Wunder zugetraut und sie geschahen. Dann gab es auch die Gabe der Freigiebigkeit in Korinth, eine wichtige Gabe. Nämlich in der Gabe der Freigiebigkeit ist die Macht der Geldgier gebrochen. Die toten Götzen gehen kaputt und der lebendige Gott setzt sich durch. In der Freigiebigkeit fangen die Oberschichtsleute an, mit der Jagd nach dem Geld aufzuhören.
Interessiert sie nicht mehr, kann sie nicht mehr packen. Die Herrschaft des Geldes ist gebrochen in der Freigiebigkeit. Sie waren sehr freigiebig und sie stellten ja auch ihre Häuser den Unterschichtsleuten, den Matrosen, Werftarbeiterinnen, dirnen zur Verfügung. Mit ihren Dreckspatzen kommen sie in so ein Peristilhaus. Es war für die eine Freude, mal Unterschichtsleute und Sklaven und Kneipenwirte in ihrem Haus begrüßen zu dürfen. Also das ist schon eine verblüffende Gabe. Dann gibt es auch die Gabe des Märtyriums. Die Korinther haben gehört, dass Paulus mehrfach Stock hiebe. Paulus hat ein, zwei Steinigungen überlebt. Wie er das hingekriegt hat, weiß ich auch nicht. Steinigungen überlebt man selten. Paulus hat zwei überlebt.
Er hätte auch draufgehen können dabei. Oder das Märtyrium des Jakobus, des Herrenbruder, da haben Sie davon gehört. Jesus selber war ein Schmerzensmann, starb einen Foltertod. Jesus ist gefoltert worden, der starb nicht friedlich im Bett. Und dann auch sonst die Verfolgungen, auch in der Ur, in der Jerusalem-Urgemeinde. Also das hat die tief bewegt. Werde ich, wenn es darauf ankommt, auch mein Leben hingeben können? Werde ich die Gabe des Märtyriums haben in den schwersten Zeiten oder werde ich feige umkippen? Also das war so in wenigen Worten mal. Das hat diese Korinther bewegt. Und jetzt an dieser Stelle, 1. Korinther 13 angekommen, wird Paulus auf einmal sehr leidenschaftig. Wie im ganzen Brief sonst nicht.
Er sagt nämlich fünf Sätze. Der erste fängt an an Wenn, der zweite Und Wenn, der dritte Und Wenn, der vierte Und Wenn und der fünfte Und Wenn. Das gibt es glaube ich so in der ganzen Bibel nicht mehr. Also einmal Wenn und dann viermal Und Wenn. Wann verwenden wir die Sätze Und Wenn? Dann wenn es wirklich zur Sache geht, wenn wir völlig aus uns rausgehen, leidenschaftlich werden. Und wenn ihr mich aus dem Haus schmeißt, ich heirate die Conny trotzdem. Sagt ein Sohn zu den Eltern. Und ein Student sagt und wenn ich nächste Woche in der Klausur in Mathe eine 6 schreibe, ich gehe jetzt Ski fahren oder sagen wir mal heute Baden. Ich gehe jetzt Baden. Und wenn ich nächste Woche eine 6 schreibe. Und Luther sagt mal und wenn in Worms so viele Teufel wären wie Ziegel auf den Dächern, ich gehe trotzdem hin.
Also das ist die Sprache Und Wenn. Ja also was sagt Paulus? Wenn ich in den Sprachen der Engel und der Menschen rede, habe aber die Liebe. Nein, Entschuldigung, ich will erstmal das Positiv sagen. Also Paulus sagt, wenn ich in Sprachen der Engel und der Menschen rede. Wow. Und wenn ich prophetisch reden kann, sodass ich alle Erkenntnisse habe und alle Geheimnisse weiß. Und wenn ich die Gabe des Glaubens habe, sodass ich Berge versetzen kann, kann nicht jeder. Und wenn ich die Gabe der Freigiebigkeit habe, sodass ich alle meine Habe den Armen gebe. Und wenn ich meinen Körper hingebe zum Verbrennen. Wow, also jetzt mal für Korinther Standards, fünf Jahre Erfahrung mit dem Heiligen Geist.
Was heißt es, wenn das so ist? Ja, das sagt jeder. Korinther, das ist die Fülle der Geistesgaben. Da bin ich eigentlich am Ziel. Also dahin wäre es schön, wenn ich da mal käme, dass ich in Sprachen der Engel und Menschen rede. Außerdem prophetisch alle Erkenntnisse, die Geheimnisse der Gottheit und des menschlichen Herzens. Und die Gabe des Glaubens, ich kann da mal zum Berg sagen, husch husch. Und die Gabe der Freigiebigkeit, die Macht des Geldes, Pfeif drauf, geben ist besser als nehmen. Und dann meinen Körper zur Verfügung stellen, dem Feuertod. Das ist für Korinthers absolut. Aber jetzt ist interessant, dass Paulus jedes Mal mit Aber weitermacht. Da fragt man sich, was kann es denn da für ein Aber geben?
Das ist das Ziel meiner Träume. Also jeder Charismatiker aller Länder vereinigt euch. Das ist doch ein Traumziel. Aber Paulus sagt jedes Mal Aber. Also es kommt fünf Mal Aber. Es sind vielleicht mit die wichtigsten Aber in der Bibel. Er sagt, wenn ich in der Sprache der Engel und Menschen reden kann, habe aber die Liebe nicht. Dann bin ich ein tönen des Erz und eine klingende Schelle. Und wenn ich prophetisch reden kann und alle Erkenntnisse habe und alle Geheimnisse weiß und wenn ich die Gabe des Glaubens habe, sodass ich Berge versetzen kann, habe aber die Liebe nicht, so bin ich nichts. Nothing. Braucht man gar nicht übersetzen. Nothing. Und wenn ich die Gabe der Freigiebigkeit habe und all meinen guten Armen gebe und meinen Körper hingebe zum Verbrennen, habe aber die Liebe nicht.
Das hält Paulus alles für möglich. Es kann Zungenredner der Menschen und Engelssprachen geben, die ohne Liebe in Zungen reden. Es gibt Propheten, die wahnsinnige Einblicke in die unsichtbare Welt haben, aber diese Einblicke ohne Liebe äußern. Paulus hält für möglich, dass man die Gabe des Glaubens haben kann und nicht die Liebe und die Freigiebigkeit und das Martyrium. Dann ist das alles nichts nützen. Das ist also schon radikal. Paulus konzentriert alles auf die Liebe. Ohne Liebe hat das Leben keinen Sinn. Zungenreden, Prophetie, Gabe des Glaubens, Freigiebigkeit und Martyrium können dem Leben keinen Sinn geben, wenn nicht die Liebe dabei ist.
Ist das alles sinnlos? Die Geistesgaben können dem Leben keinen Sinn geben ohne Liebe. Hier bindet Paulus alle Erlebnisse, alle Faszination, alle Gotteserfahrung an die Liebe. Das hat noch niemand gemacht. Er stellt nicht nur die Liebe positiv heraus, sondern er sagt auch negativ ohne die Liebe. Jetzt müssen wir aber aufpassen. Paulus kritisiert hier nicht die Geistesgaben, überhaupt nicht. Er kritisiert nicht die Charismen, sondern die Charismatiker. Großer Unterschied. Also nichts von dem, was Paulus jetzt sagt, ist gegen die charismatischen Gaben gerichtet. Paulus sagte ja, wenn ich in Sprachen der Menschen und Engel rede, habe der Liebe nicht, so bin ich nicht die Glossolalie.
Er sagt nicht, dann ist die Glossolalie ein Töne des Erz. Nein, er sagt ich. Das ist eine Kritik an dem Zungenredner, aber nicht am Zungenreden. Und wenn ich die prophetische Gabe hätte, alle Erkenntnisse, so bin ich nichts, nicht die Prophetie. Das ist eine Gabe Gottes, die ist sehr wichtig. Zungenreden, Prophetie, Glauben, Freigiebigkeit, das sind alle positive Dinge. Deren Wert ist unbezweifelbar. Nur ohne Liebe haben sie keinen Sinn. Selbst die besten Dinge, die wertvollsten Dinge, die Gaben Gottes, die natürlich äußerst wertvoll sind, was Gott gibt, das ist gut. Das hängt nicht von den Fehlern der Menschen ab. Aber wenn ein Zungenredner das betätigt ohne die Liebe, mehr so narzisstisch, manche Zungenredner zelebrieren sich auch selbst.
Manche Propheten, die zelebrieren sich selbst. Die haben aber die Gabe der Prophetie. Dann wird die Sache ziemlich falsch. Er kritisiert die Charismatiker, die die Geistesgaben missbrauchen. Alle Geistesgaben sind missbraucht, wenn sie nicht aus der Liebe heraus betätigt werden. Paulus richtet sich hier gegen den Missbrauch der Geistesgaben. Alles kann missbraucht werden. Die besten Dinge können missbraucht werden. Die Wissenschaft kann missbraucht werden. Die Religion kann missbraucht werden. Die Politik, die Ehe. Paulus sagt mal, manche verkündigen Christus aus guter Absicht, andere aus Neid. Also man kann auch in der Verkündigung ganz komische Motive haben. Viele lesen in der Bibel, um Zitate zu finden, um ihre eigene Meinung durchzusetzen.
Die lesen in der Bibel ego-manisch, gruppen-egoistisch, damit die eigene Kommunität oder Strömung oder Freikirche oder Bewegung ihre Position verteidigen. Aus diesem Motiv lesen sie in der Bibel. Aber Bibel lesen ist trotzdem gut. Wir können ja nicht das Bibel lesen verbieten, bloß weil einige komische Motive haben. Wir können ja nicht die Verkündigung abschaffen, bloß weil einige aus Neid verkündigen. Oder die Ämter im Neuen Testament, da heißt es oft, die Ämter sind nicht da, eure Herrschaftsgelüschte zu befriedigen. Kommt aber wohl laufend vor. Aber deswegen können wir ja nicht die Ämter abschaffen. Also in der heutigen Diskussion charismatische Christenheit und charismatisch uninteressierte Christenheit gibt es ja. Oder auch anticharismatische Christenheit gibt es alles. Also in dieser Großwetterlage muss man sehr betonen, Paulus sagt hier nichts gegen die Charismen, aber er kritisiert die Charismatiker.
Das ist ein großer Unterschied. Und die Charismatiker, die die charismatischen Gaben missbrauchen. Aber wie geht man mit dem Missbrauch um? Nicht so, dass man das Missbrauchte abwertet. Und da sagt man, brauchen wir gar kein Zungenreden, brauchen wir gar keine Prophetie, weil der Mensch kann es ja missbrauchen. Da müssen wir ganz vorsichtig sein. Das Vorsichtigste ist, wenn die Kirche gar kein Zungenreden, gar keine Prophetie, gar keine Gaben, dann kann nichts passieren. Du schaust aber auch ziemlich tot. Man muss sagen, wegen Angst vor Missbrauch, das missbrauchte Verbieten ist selber der schlimmste Missbrauch. Erster Höhepunkt. Ihr wart so ruhig. Seid ihr noch da?
Also ich will mal das so sagen. Paulus, der Apostel, lehrt uns hier, wie man mit der Gefahr eines Missbrauchs umgeht. Dadurch, dass man zum richtigen Gebrauch anleitet. Das ist der beste Schutz vor Missbrauch. Nicht das Missbrauchte abqualifizieren, dann macht man ja Gott zum Schuldigen. Nein, Gottes Gaben sind gut, unabhängig von den Fehlern der Menschen. Aber wenn die Gefahr des Missbrauches da ist und die ist da, die wird immer da sein, können wir jetzt keine Angst vor den Charismen haben, sondern kompetenter Anleitung zum richtigen Gebrauch. Paulus selber ist der größte Charismatiker. Der sagt, ich rede mehr in Zungen als ihr alle. Also Paulus reagiert hier nicht aus anticharismatischen Vorurteilen. Er ist selber der größte Charismatiker und er kennt seine charismatischen Pappenheimer.
Gut, jetzt wie kommt Paulus eigentlich dazu, alles dermaßen auf die Liebe zu konzentrieren? Im Griechentum, im Hellenismus sind die obersten Tugenden oder Werte nicht die Agape, die Liebe. Die kommt auf den ersten zehn Plätzen gar nicht vor. Also im Hellenismus ist der oberste Wert Tapferkeit, dann auch Freundschaft, Gerechtigkeit, Besonnenheit, Spaß halten, aber auch Erotik und andere. Das sind so die ersten sieben, acht Plätze. Die Agape, die Liebe kommt nicht auf den ersten zehn Plätzen vor in Korinth und im Hellenismus. Bei Paulus geht es ganz nach vorne. Wie kommt er dazu? Er redet übrigens in diesen Versen gar nicht von Gott. Er redet auch nicht von Jesus Christus.
Es kommt auch nicht das Wort Gottes Sohn vor, auch nicht Rechtfertigung, Heiligung, Versöhnung, dieser ganze christliche Kladderadatsch, diese Signalworte kommen alle nicht vor. Paulus redet nur von der Liebe, auch in den nächsten Versen. Man könnte sagen, da kommt ja gar nichts Christliches vor. Da kommt Gott nicht vor, Jesus Christus nicht vor, Auferstehung nicht vor, Kreuz nicht vor, Rechtfertigung nicht vor, Versöhnung nicht vor. Nein, es kommt alles nicht vor, nur die Liebe. Aber ich sage euch, das ist gerade das Christliche. Also wie kommt Paulus dazu? Paulus ist hier nicht ein Idealist. Er ist nicht euphorisch und redet so ein bisschen enthusiastisch von der Liebe. Nein, gar nicht. Paulus fasst hier seine Erfahrung zusammen mit dem Auferweckten, der ihm bei Damaskus begegnet ist. Paulus war ja ein leidenschaftlicher Christenverfolger und dann begegnet ihm unerwartet, ungeplant bei Damaskus der Auferstandene,
macht ihn aber nicht fertig, macht ihm keine lange Vorwürfe, sondern vertraut ihm größte Aufgaben an. Und das war die Erfahrung mit einer unglaublichen Liebe, die man selber sich so gar nicht ausdenken kann, überbitten und verstehen. Und diese Erfahrung vor Damaskus, die fasst Paulus hier in diese Worte. Also Paulus fasst seine Erfahrung zusammen. Gut, wenn es so ist, dass Paulus in diesen Versen seine Damaskus-Erfahrung auf den Punkt bringt, und das kann man so sagen, dann haben diese Verse aber eine generelle Bedeutung weit über die Korinther Charismatiker hinaus. Und deswegen will ich das jetzt auch noch mal anders formulieren, dass viel mehr Menschen betroffen sind als nur die damaligen Korinther.
Wenn ich lyrische, epische Fähigkeiten hätte, sodass ich Gedichte und Romane schreiben kann, wenn ich wissenschaftliche Gaben habe, sodass ich wissenschaftliche Standardwerke schreiben kann, berühmte Kommentare schreiben kann, bahnbrechende Bücher schreiben kann, habe aber die Liebe nicht. So bin ich nichts und es ist mir alles nichts nütze. Und wenn ich vom Kapitalismus und vom Profit so viel verstünde wie Ackermann und von der menschlichen Seele so viel wie Freud, Jung, Adler zusammen und vom Jenseits so viel wie Rudolf Steiner und vom Sex so viel wie Beate Use und hätte aber die Liebe nicht, dann wäre ich ein armes Schwein. Denn es ist alles an die Liebe gebunden. Wenn ich wüsste, wie in dieser Welt die Menschenrechte gesichert werden könnten,
wenn ich wüsste, wie Frieden in Syrien, wie man Russland und Amerika und Europa wirklich klug und weise zueinander bringen könnte, wenn ich wüsste, wie die Umwelt, die Schöpfung und hätte der Liebe nicht, dann würde das alles meinem Leben vor Gott keinen Sinn geben. Nehmen wir mal das an die Armen, ob ich mein Geld den Armen mit Liebe oder ohne Liebe gebe. Das kann den Armen egal sein, hauptsache sie kriegen Geld. Das ist denen auch völlig egal, aus welchen Motiven ich das gebe. Das den Armen völlig egal, aber Gott nicht. Das ist der Unterschied. Gut, also das sind die ersten drei Verse. Paulus konzentriert alles auf die Liebe, Charismatiker aller Länder und Erteile,
alle Euphoriker, alle Begeisterten, alle Enthusiasten des Glaubens. Denkt mal darüber tiefer nach, was hier ausgesagt wird. Und jetzt wechselt Paulus den Stil. Bis jetzt hat er im Ich-Stil geredet. Wenn ich und wenn ich und wenn ich. Aber jetzt verlässt er den Ich-Stil. Jetzt redet er nur noch von der Liebe. Jetzt wird die Liebe Subjekt. Das will ich jetzt zum Schluss mal entlang gehen, weil es ist einer der köstlichsten Texte des Neuen Testament. Steckt so viel Gesundheit drin, so viel guter Geschmack, so viel Stil. Da könnt ihr für den Rest eures Lebens mal ein bisschen lernen. Lernen ist ja schön. Also er sagt, jetzt geht es um die Liebe. Die Liebe erstmal eine Überschrift, zwei positive Aussagen.
Gleich mal zu Beginn positiv. Die Liebe ist langmütig und gütig. Das Allerwichtigste, das fällt Paulus bei den korinthischen Euphorikern, Begeisterten als erstes ein. Das ist sicher kein Zufall. Wenn er an die Korinther denkt und an die Liebe, dann muss er als erstes sagen, die Liebe ist langmütig und gütig. Und jetzt wird die Liebe kritisch. Jetzt kommen acht Verneinungen. Das gibt es in der ganzen Bibel nicht mehr. Acht Verneinungen hintereinander, verbalstil, handlungsorientiert. Paulus sagt, was die Liebe nicht macht. Im Unterschied zu dem, was die Korinther machen, sagt Paulus, was die Liebe nicht macht. Und im Unterschied zu dem, was die Korinther tendenziell nicht machen, sagt Paulus, zu was die Liebe in der Lage ist. Die Korinther nicht, aber die Liebe. Aber erst mal kritisch, weil die Liebe ist kritisch.
Man kann die Liebe nicht gegen kritisches Denken ausspielen. Die Liebe selber ist enorm kritisch. Aber sie lebt nicht von der Kritik. Die Liebe lebt nicht von Antiaffekten. Denn Paulus beginnt positiv und er endet positiv. Aber jetzt kommt erst mal die geballte kritische Kraft der Liebe. Die Liebe eifert nicht. Die Liebe prahlt nicht. Die Liebe bläht sich nicht auf. Die Liebe ist nicht taktlos. Die Liebe sucht nicht das Irre. Die Liebe rechnet das Böse nicht an. Die Liebe ist nicht verbittert. Die Liebe freut sich nicht an der Ungerechtigkeit. Acht Verneinungen, das muss einen Grund haben. Das sagt Paulus nicht einfach so. Den Grund müssen wir herausfinden.
Von diesen acht Verneinungen. Ich sage es noch mal, weil es so wichtig ist. Die Liebe eifert nicht. Allerwichtigste. Dann die Liebe prahlt nicht. Die Liebe bläht sich nicht auf. Das erste ist eine Einzelaussage, eifert nicht. Und jetzt kommen vier Paare, die zusammenhängen. Also das Allerwichtigste vorneweg, die Liebe eifert nicht. Der religiöse Eifer ist das Allerschlimmste. Das muss man erst mal klarstellen. Dann erstes Paar, die Liebe prahlt nicht und die Liebe bläht sich nicht auf. Das ist praktisch das Gleiche. Das heißt, Paulus merkt, hier muss ich einen doppelten Tropfen Medizin drauf. Da muss eine wahnsinnige Schwäche in der charismatischen Frömmigkeit sein, dass Paulus hier gleich mal einen doppelten Tropfen. Dann geht es weiter. Die Liebe ist nicht taktlos und die Liebe sucht nicht das Ihre. Das hängt ganz eng zusammen.
Denn wenn wir taktvoll sind, denken wir vom anderen her. Die Liebe ist nicht taktlos. Sie sucht nicht das Ihre, sondern sie denkt vom anderen her. Dann die Liebe lässt sich nicht erbittern. Die Liebe rechnet das Böse nicht zu. Das ist auch ein Paar. Und jetzt das Abschlusspaar, die letzte Verneinung und dann endet es positiv. Die Liebe freut sich nicht an der Ungerechtigkeit, sondern sie freut sich an der Wahrheit. Und jetzt kommt der positive Schluss. Die Liebe deckt alles zu. Die Liebe glaubt alles. Die Liebe hofft alles. Die Liebe überdauert alles. Also diesen Worten will ich jetzt mal entlang gehen. Denn ich glaube, dass Paulus hier eine Röntgenaufnahme der Schwächen der charismatischen Frömmigkeit aufzeigt.
Der größte Charismatiker, kein Gegner, sondern ein Freund. Paulus will ja die Korinther Gemeinde fördern. Er freut sich an ihr. Die volkskirchliche Stille und Steifheit war sicher nicht das, was Paulus erreichen wollte. Bestimmt nicht. Wenn Paulus heute in einem volkskirchlichen Gottesdienst wäre am Sonntagmorgen, dann würde sich aber gewaltig wundern. Paulus ist selber sehr charismatisch. Diese Kritik müssen wir schon ernst nehmen. Denn sie stammt von jemandem, der diese Dinge bejaht und praktiziert. Aber trotzdem sieht er hier Schwächen. Ich meine jetzt auch nicht nur pfingstliche Gruppen oder charismatische Gruppen. Das wäre zu billig. Sondern alle, die ein bisschen euphorisch sind in ihren Glauben, ein bisschen enthusiastisch, weil sie immer nur unter ihresgleichen sind. Da wird man immer selbstsicherer. Und dann sagt man am Schluss, Atheismus ist eine Geisteskrankheit.
Soweit kommt es, wenn man sich nur unter Christen aufhält. Die bleiben dann gar nicht mehr auf dem Teppich und reden der größte Scheiß. Also nein, es geht hier wirklich um eine kritische Analyse von Schwächen. Zu mir kam mal eine Frau, habe auch diesen Vortrag gehalten, an einer Tagung. Herr Zimmer, also ich bin ja in einer pfingstlichen Gruppe. Das betrifft uns gar nicht mehr. Wir haben das abgelegt. Ja, ja, das stimmt. Aber wissen Sie, Vorsicht, Vorsicht. So kann man sich um die Verse auch rumschleichen, dass man sagt, ja, ja, stimmt schon, aber uns betrifft es nicht mehr. Das haben wir früher mal, als wir so in unreifem Stadium waren. Aber jetzt berührt uns das gar nicht mehr. Da stehen wir drüber. Da wäre ich aber sehr vorsichtig, weil das ist schon eine tiefe apostolische Analyse, von der wir uns nicht einfach so. Aber Paulus meint andere. Weiß ich nicht, ob der andere meint. Gut, also stellt euch mal vor, ihr habt ein Rezept von einem Arzt und ihr geht zu einem Apotheker.
Der Apotheker, wenn der euer Rezept sieht, dann weiß er, was ihr für eine Krankheit habt. Man kann nämlich von dem Rezept zurückschließen auf die Probleme, die dieses Rezept überwinden will. So lese ich jetzt mal diese Verse. Ich lese das als ein Rezept des Paulus und da kann man zurückschließen auf eigentümliche Schwächen bei den 180 prozentigen Christen. Ich habe vor kurzem ein Mail bekommen, lieber Herr Zimmer, ich bin bekennender Christ. Wieso schreibt er nicht, ich bin Christ? Er muss gleich schreiben, ich bin bekennender Christ. Also diese 180 prozentigen. Vorsicht. Also jetzt gehen wir mal ran. Überschrift. Die Liebe erstens ist langmütig und gütig. Das ist mal grundlegend die Richtung.
Das muss mal am Anfang ganz klar sein. Das erste, was Paulus einfällt, wenn er so über seine Lieben korindert, er liebt sie ja. Er will ihnen nicht schaden. Er will sie fördern, dass sie zu einer gesunden Persönlichkeitsentwicklung kommen. Du kannst zwar Zungenredner sein, Prophet sein und sonst was. Aber ob du in eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung kommst, das steht noch mal auf dem anderen Blatt. Ich kenne Leute, die haben die erstaunlichsten Wunder erlebt. Kenn ich wirklich, sind aber als Menschen ziemlich verkorkst, schräg und unreif. Da fragt man sich, sind die Wunder dazu da, Defizite in der Persönlichkeitsentwicklung zuzudecken? Ist das der Sinn der Geistesgaben? Glaube ich eigentlich nicht. Also deswegen sagt Paulus als erstes langmütig.
Macrotymia. Die Liebe hat einen langen Atem. Die Liebe ist zäh. Die kann Marathon. Und warum sagt Paulus als erster, meint ihr, dass das ein Zufall ist? Nein, da müssen wir jetzt ganz konzentriert sagen, warum das als erstes. Kein Zufall. Weil die Frömmigkeit der 180 prozentigen, der homogen abgeschlossenen, der Euphoriker, der Enthusiasten, der Charismatiker, ich sage das mal so, dass ihr merkt, es geht nicht einfach nur um eine bestimmte Gruppe in der heutigen Christenheit. Nein, das sind ganz tiefe Grundschwächen der Frömmigkeit, weil die christliche Frömmigkeit oft etwas Kurzatmiges hat. Sie verliert oft schnell das Interesse. Man redet da mit so Außenstehenden, Andersdenkenden, aber die öffnen sich gar nicht so schnell. Dann hakt man die auch schnell wieder ab. Also die Liebe, die Langmut kommt oft zu kurz.
Viele christliche Gruppen, die haben so Höhepunkts Interessen, sie haben so Höhepunkts Christendom. Sie lieben die Gottesdienste, die Tagungen, die Konferenzen. Wollen wir mal Freakstock ausklammern. Also sie eilen von Gottesdienst zu Gottesdienst, von Tagung zu Tagung, von Konferenz zu Konferenz. Mich würde aber interessieren, was machen die eigentlich im stinknormalen Alltag? Es würde mich viel mehr interessieren. Und auf den Büchertischen, manche Gruppen, so Höhepunkts-Literatur, so Höhepunkte. Auf den Konferenzen, da kommt es meistens nur zu Kurzkontakten. Da braucht man keine große Langmut. Ich frage mich auch, so Christen, die so höhepunktsorientiert sind, suchen die nächste Gebetserhöhung, das nächste Zeugnis, das nächste was man, es hat so ein bisschen das Fluidum des Sensationellen, bloß nichts Normales.
Was lesen die so für Bücher eben, wo dauernd so aufwühlende, tiefe Erlebnisse, die werden richtig süchtig zum Teil. Ich frage mal ganz anders, so Fachbücher, Kommentare, wo man wirklich wochenlang Seite für Seite durchackern muss. Die werden von Charismatikern selten gelesen und noch viel seltener geschrieben. Da braucht man nämlich Langmut. Da kannst du mit so kurzatmigen nichts erreichen, mit so Schlüsselerlebnissen. Die sind nicht unwichtig. Schlüsselerlebnisse sind wichtig, sie können dein ganzes Leben in eine neue Richtung bringen, wohl wahr. Aber was ist zwischen den Schlüsselerlebnissen? Wie entwickelst du dich? Wo wirst du sein in drei Jahren? Nimm bei dir die Vorurteile Jahr für Jahr, langsam aber sicher ab.
Lernst du Jahr für Jahr besser zuhören, mit andersdenkenden Kompetenter umgehen? Das kannst du nur im Laufe von Jahren lernen. Gott wirkt an dieser Welt nicht immer nur über Schlüsselereignisse, über Rettendes, sondern Gott segnet auch. Das Segnen ist langfristig, Millimeter für Millimeter. Eine Pflanze wächst heran, ein Getreidefeld wird reif. Da kannst du gar nichts so schnell beobachten. Das ist ein kontinuierlicher Vorgang. Sind kontinuierliche Vorgänge geistlich weniger wichtig wie erschütternde, aufwühlende Höhepunkterlebnisse? Ist der Schöpfer weniger christlich als der Erlöser? Es gibt Gruppen, die mit Gott so umgehen, völlig fixiert auf Gottes Erlösendes, Rettendes wirken.
Das ist auch zentral, das stimmt. Aber wenn man so einseitig auf Gottes Rettendes handelt, fixiert ist, dass man die langfristigen Dinge unterschätzt, sein Schöpfungshandeln. Es gibt auch in der Bibel so Ausdrücke wachsen, gedeihen, reif werden, klug werden, weise werden. Das wirst du nicht von heute auf morgen. Also, ihr Lieben, die Liebe ist langmütig. Die setzt erst mal auf lange Strecken. Die Liebe ist zäh. Sie verliert ihr Interesse an den Atheisten und an den weltlichen Leuten gar nicht so schnell. Die Liebe gibt überhaupt niemand auf. Also das erste, ich will es mal dabei belassen, die Liebe ist langmütig. Und alles Kurzatmige mit dem Fluidum von Höhepunkt zu Höhepunkt ist irgendwie mittelfristig nicht ganz gesund,
sondern wächst von Monat zu Monat und arbeitet an eurer Persönlichkeit Jahr für Jahr und Millimeter für Millimeter. Charismatiker aller Länder. Dann das zweite, die Liebe ist gütig. Das griechische Wort für Güte hat zwei Akzente. Erstens mal die Güte ist nicht hart. Sie ist das Gegenteil von Herzlichkeit. Und die Güte übt keinen Druck aus. Die Güte bedrückt nicht und sie unterdrückt nicht. Auch nicht psychisch Schwache, die von mir abhängig sind. Die Güte verzichtet auf den Versuch, Druck auszuüben. Das hat die Güte nicht nötig. Warum fällt Paulus bei diesen Propheten, Zungenredner, Glaubensvisionäre und so weiter,
diesen charismatisch Begabten, ist ja schön, grundsätzlich gut. Wenn die noch in eine gute Persönlichkeitsentwicklung kommen und aus ihrer Euphorie rauskommen, dann könnte aus denen noch was werden. Warum ist die Güte so wichtig? Weil ein vollmächtiger Charismatiker die Vollmacht ist. Der will vollmächtig sein. Er will heilig sein. Draußen ist die unheilige Welt, aber er will Vollmacht. Vollmacht ist oft auch ein bisschen rücksichtslos. Je vollmächtiger, desto rücksichtsloser. Ein vollmächtiger Charismatiker, ich weiß von was ich rede, der will eines nicht, Menschenfurcht. Er will die Menschenfurcht, ich stehe auf der Seite Gottes, Gott hat mir seinen Geist gegeben, also habe ich recht. Wer anders denkt, wie ich, der denkt falsch, weil ich stehe auf der Seite Gottes.
Und dann will er vollmächtig sein und keine Menschenfurcht. Da kann man dann dazu kommen, dass man sagt, Güte ist so was Schwächliches, Güte ist Menschenfurcht. Aber ich will Vollmacht. Und da wird man nicht vollmächtig, sondern hat hatte Urteile. Was habe ich für hatte Urteile von vollmächtigen Charismatikern über die Universitätstheologie gehört? Balla, Balla. Haben auch gar keine Ahnung. Aber hatte Urteile. Sie meinen, sind Sie vollmächtig. Sie sind aber nur doof. Also der Vollmächtige scheut die Menschenfurcht. Aber es ist genau andersrum. Härte ist ein Zeichen der Schwäche und Güte ist ein Zeichen der Kraft. So rum geht es. Wer hat, ist der hat es nötig. Die Liebe hat es nicht nötig.
Ein guter Prophet, ein guter Lehrer, ein guter Vater oder Mutter können schon mal zum richtigen Zeitpunkt streng werden. Ich sage nichts gegen Strenge. Strenge kann manchmal goldrichtig sein, kann aber ganz daneben sein. Das kommt ganz drauf an. Die gute Strenge ist immer verständnisvoll. Und das merken die Kinder und die Menschen. Papa ist zwar streng, aber er weiß genau, wie mir jetzt zumute ist, dass mit dem Schlauch. Also eine gute Strenge weiß, wie dem anderen zumute ist, ist voller Verständnis und will aber durch die Strenge demjenigen helfen, dass er mündig wird und frei wird. Das Harte an der hartherzigen Strenge ist ihre Verständnislosigkeit. Das macht diese Härte so kalt und zerstörerisch. Also soweit mal. Wenn das in euer Herz plumpst, ich meine so richtig tief, Martin Luther würde sagen, wenn das in eures Herzens Grund fällt, die Liebe ist langmütig und gütig.
Und jetzt kommen die neuen Konkretionen. Jetzt geht's los. Handlungsorientiert. Ein Wert nach dem anderen. Also Paulus versucht hier relativ konkret zu werden, aber er verteilt trotzdem keine Rezepte. Das ist interessant. Er sucht einen Konkretionsgehalt. Er äußert positiv und negativ Handlungsformen der Liebe, aber er zählt keine konkreten Beispiele. Rezepte verteilt er nicht. Ich sage euch, das hat Qualität. Also erstens die Liebe eifert nicht. Das ist wieder das erste. Jetzt kommen die Verneinungen. Die Eifernden in der Religion, ob das eifernde Hinduisten sind, eifernde Buddhisten, eifernde Muslime, eifernde Juden oder eifernde Christen.
Ich sage euch, die sind sehr ähnlich. Es läuft ziemlich gleich ab. Der Eifernde will etwas Gutes. Er sagt immer, ich meint es doch gut. Ich habe es gut gemeint. Der Zweck ist gut. Ich will ja fürs Reich Gottes arbeiten. Ja, ja, du hast gute Absichten. Aber ich sage dir, gute Absichten reichen nicht. Das kapiert der Eifernde nicht. Der Eifernde will etwas Gutes. Stimmt. Aber er wählt die falschen Methoden. Er unterschätzt das Wie. Er fällt mit der Tür ins Haus. Er will gleich alles auf einmal erreichen. Er will nicht, dass in einem Gespräch Missverständnisse entstehen oder Widerstand. Er muss gleich korrigieren. Er kann das nicht stehen lassen und sagen, vielleicht übermorgen gibt es sich. Nein, er muss alles gleich erreichen. Der Eifer. Er ist blind. Auch blind für die eigenen Schwächen. Er ist auch blind, sich selber zu relativieren.
Dass er ja auch nur alles aus seiner Kultur, aus seiner Perspektive, das Erkenntnisstückwerk ist. Vor allem schwach auf der Brust bei Selbstkritik. Das kriegt der Eifernde nicht hin. Also die Liebe eifert nicht. Der Eifer hat eine Tendenz zum Fanatismus. Das Wichtigste ist, die Liebe ist gelassen. Die Liebe wirst du nicht eifern sehen. Das hat sie nicht nötig. Liebe braucht keinen Eifer. Die Liebe ist gelassen. Jetzt kommt das erste Paar. Die Liebe prahlt nicht. Ich habe vor kurzem in der freikirchlichen Gemeinde angerufen, weil ich habe auf dem Kirchentag einen Vortrag mit anderen zusammen auf dem Podium gehalten. Worship auch in der Landeskirche. Und da wollte ich mal so ein paar Worship-Gruppen, die da sehr aktiv sind seit Jahren,
habe ein paar Nummern bekommen, rufe ich also in der Freikirche an. Relativ kleine Freikirche, vielleicht 100, 120 Leute. Das heißt, die Worship-Gruppe sind vielleicht 5, 6 Leute. Ruf ich also an, ein junger Mann, so um die 30. Ja, ich bin der Musikdirektor unserer Gemeinde. Ich bin der Musikdirektor unserer Gemeinde. Kleine Kirche, wächst, ach schön, ich bin ein bekennender Christ. Also die Liebe prahlt nicht. Die Liebe hat es nicht nötig, die Vorzüge. Vielleicht kennt ihr das, jemand kommt und erzählt mal so kurz, ja, ich war da, da und da und ich habe da ein Gutachten, da, da hat er verspricht, verströmt da gleich mal sein Aura, nach vier Minuten, ist klar, Mensch, das ist aber ein Platzhirsch. Also gleich mal sich in Szene setzen. Also die Liebe prahlt nicht.
Dann auch, als der Prediger in der Gemeinde war, wuchs die Gemeinde um 40.000. Er hat schon vor 200.000 Menschen gesprochen, dieser Flirt mit der Statistik, diese Lüsterheit nach Erfolgsmeldung. Bei Paulus heißt es mal in der Apostelgeschichte, es wurde Kunt. Und das heißt, es ließ sich gar nicht mehr geheim halten. Das Wirken von Paulus wurde Kunt. Da hat aber Paulus nichts groß machen müssen. Also dieses Prahlen, diese Lüsterheit, Niederlagen weglassen, die eigene Gemeinschaft nur von der Sonnyboy-Seite, die ganzen Schwierigkeiten, prahlen. Und jetzt kommt ein doppelter Tropfen. Die Liebe bläht sich nicht auf. Das Substantiv, das hier dahintersteht, hinter diesem Verb, aufblähen, ist das Wort für Blasebalg. Und mit dem Blasekalb kannst du per Luft, denkt man mal an Luftballon, das hat es auch schon in der Antike gegeben, kannst du den ziemlich aufblähen.
Und es gibt tatsächlich nach Meinung des Apostel Paulus wird das ja nicht zufällig als zweiten Tropfen prahlt nicht, bläht sich nicht auf. Also es gibt wohl nicht wenige Christen, die haben ein spezielles Problem. Das sind die religiösen Blähungen. Die haben religiöse Blähungen. Jetzt haben sie mal zwei, drei Visionen gehabt, wobei Amos sagt Gott ließ mich das schauen. Amos sagt nicht, ich habe drei Visionen gehabt, sondern er sagt Gott ließ mich schauen. Der hat keine Blähungen. Jawe mein Herr ließ mich folgendes schauen, sagt Amos bei seinen fünf Visionen in Amos sieben bis neun. Das hat Qualität. Also das sind die religiösen Gaggen, die Men of God, die schon bald keine Kritik mehr, diese Führungspersönlichkeiten, die Gesalbten des Herrn.
Denen muss man ziemlich auf den Finger gucken, den Gesalbten des Herrn, weil die haben öfters religiöse Blähungen. Also sie meinen dann, dass sie die wissenschaftliche Theologie, die Psychologie und die Pädagogik, das brauchen die nicht mehr, denn sie haben religiöse Blähungen. Also Leute, sucht lieber die Bescheidenheit. Dann die Liebe ist nicht taktlos. Die Liebe achtet auf den Takt, auf den guten Geschmack, auf den guten Stil. Man kann nie so charismatisch werden, dass der gute Stil unwichtig wird, dass die Vollmächtigen sich immer mehr rausnehmen. Nein, der Taktvolle weiß, wie dem anderen zumute ist. Es genügt nicht zu sagen, Entschuldigung, ich habe sie nicht verletzen wollen. Aber sie haben ihn verletzt. Ob wollen oder nicht.
Also sagt nie wieder, ich habe es nicht so gemeint. Ja, das wäre ja noch schöner, wenn es ihr auch noch so meint. Also dass ihr es gut gemeint habt, das setzen wir sowieso voraus. Aber es geht nicht darum, wie ihr es gemeint habt. Sondern wie es beim anderen ankommt. Auch eine unabsichtliche Verletzung ist eine Verletzung und tut sehr weh. Also der Taktvolle redet sich nicht raus. Ich habe es ja gut gemeint. Ich habe das nicht wollen. Ja, aber es habe er gemacht. Und das ist ja auch so. Also der Taktvolle denkt vom anderen her. Er ahnt, das darf ich jetzt nicht sagen, dass der andere bleibend verletzt. Also die Liebe ist taktvoll. Sie ist nicht taktlos. Die Liebe sucht nicht das Ihre, auch nicht im Himmel.
Die Liebe sucht nicht das Ihre, nicht mal bei Gott. Sondern die Liebe denkt an den anderen. Die Liebe eifert ja auch deswegen nicht, weil sie nicht gegen die Welt kämpft und gegen die Feinde Gottes, sondern um die Welt und um die Feinde Gottes. Also die Liebe sucht nicht das Ihre, auch nicht ihren Hauskreis, der eigenen Gemeinschaft, die eigene Kommunikation. Die Liebe freut sich auch an dem, was Gott in anderen Kirchen tut. Da freut sich die Liebe genauso. Nicht nur am eigenen Club. Also die Liebe sucht nicht das Ihre. Dann, ich gehe zügig zum Ende, die Liebe lässt sich nicht verbittern. Wenn man viel mit Gott erlebt hat, schöne Gebetsgemeinschaften,
Gebetserhöhungen, ein Singen im Geist usw. Diese schönen tiefen Erlebnisse, die ich durchaus hundertprozentig gut finde, kann dann eine Gefahr entstehen, dass über die böse Welt, über die Atheismus und über die Sünde wird man richtig bitter. Nein, die Liebe lässt sich nicht verbittern. Weil wenn du bitter wirst, dann wirst du auch ein Einzelkämpfer. Die Liebe lässt sich nicht verbittern. Das singt ja ein sehr guter Liedermacher. Du lass dich nicht verbittern in dieser bitternen Zeit. Die Liebe lässt sich nicht verbittern. Die Liebe rechnet das Böse nicht zu. Das muss man gerade Propheten sagen, weil die Propheten sehen tiefer. Die Propheten sehen das Böse klarer und dann tritt eine echte Gefahr auf, nämlich dass man das Böse zu Protokoll nimmt. Man fertigt Dossiers an über andere Leute.
Man sieht ihre Schwächen und da kann man mal bei Gelegenheit darauf zu sprechen kommen. Also diese christlichen Schnüffler, die hinter den Schwächen der Menschen hinterher schnüffeln. Der Prophet muss sehr aufpassen, dass Prophetie nicht zur Schnüffelei wird, sondern ein Prophet, der in der Liebe ist, sieht das Böse und löscht das Konto gleich wieder gerne aus. Er ist nicht nachtragend. Er sieht das Böse, aber er rechnet es nicht an. Nichts führt so sehr zum Frieden, zum Heimatgefühl, zur Gemeinschaft, wie das Nicht-Anrechnen des Bösen. Die Liebe schafft es. Sie sieht das Böse, aber sie rechnet es dem anderen.
Die Liebe freut sich nicht an der Ungerechtigkeit. Jetzt kommt eine ganz unheimliche Seite, diese Schadenfreude. Auch die christliche, auch die pfingstliche, die charismatische, da gibt es alles. Ich habe in vielen solchen Kreisen gelebt. Ich mache mir nichts mehr vor. Ich habe ja da 40 Jahre viel erlebt. Dass diese Studenten jetzt auch mal Raumprobleme haben, dass sie auf dem Camp, die sind ja immer so kritisch und so privilegiert, das tut denen auch mal gut. Und dass es den Gottlosen, den Unbekehrten, und da sind sie halt in der Hölle, gehören sie ja auch hin, täten die sich so bekehren wie ich, dann wären sie ja auch im Himmel, wuschen doch nicht mehr. Jetzt sind sie in der Hölle. Man freut sich. So ein bisschen klammheimlich, die Unbekehrten, da tut Gott schon mal ein bisschen den Daumen drauf.
Und da freut man sich. Diese christliche Schadenfreude an der gottlosen Welt, das ist eine unheimliche Seite. Es gibt aber auch noch einen anderen Grund, warum wir gerne die Schlechtigkeit, die Schlechtigkeit, der anderen Leute, weil im Vergleich dazu stehst du umso besser da. Die Boulevardpresse, so ein bisschen Bildzeitung Effekt, der Bürger liest gern von Raub und Mord und Vergewaltigung, weil da sagt er sich, ja, ich bin doch anständig. Wenn ich das sehe, was die anderen machen, im Vergleich dazu, andere abwerten, damit man sich selber aufwertet. Diese Vorgänge gibt es auch bei bekennenden Christen. Die freuen sich dann, dass in der wissenschaftlichen Theologie, dass da und das passiert und dass die Schwulen dann, dass die auch Probleme haben. Also da irgendwie gibt es diese Schadenfreude. Also die Liebe freut sich niemals daran, wenn anderen Menschen eine Ungerechtigkeit geschieht.
Daran braucht sich die Liebe nicht freuen. Das tut sie nicht. Aber die Liebe freut sich an der Wahrheit. Das ist jetzt, jetzt wird es positiv. Die letzte Konkretion. Sie freut sich nicht an der Ungerechtigkeit, weil das Gegenteil von Ungerechtigkeit ist natürlich Gerechtigkeit. Aber das ist in der Bibel praktisch gleiche wie Wahrheit. Wahrheit gibt es nur in der Gerechtigkeit. In der Ungerechtigkeit gibt es auch keine umfassende Wahrheit. Die Ungerechtigkeit ist die verbogene und verlogene Wirklichkeit. Und wisst ihr, die Wahrheit ist aber nicht immer angenehm. Die Liebe freut sich auch an der wissenschaftlichen Wahrheit. Auch dann, wenn sie dir gar nicht so reinpasst. Es kann ja sein, dass wir, ich rede mal lieber von mir, dass ich Ausblendungen habe, dass ich Dinge verdränge, dass ich Komplexe habe.
Und jetzt werde ich mit der Wahrheit konfrontiert. Jetzt wird mir klar, ich habe ganz schöne Ausblendungen, ganz schöne Vorurteile und ganz schöne Komplexe. Aber ich sage euch, die Liebe freut sich an der Wahrheit. Denn die Liebe weiß die bitterste Wahrheit. Und die Wahrheit kann bitter sein, ist immer noch tausendmal besser als die schönste Lüge. Die Wahrheit mag bitter sein, aber sie wird zum Leben führen. Die Liebe freut sich an der Wahrheit. Auch an der wissenschaftlichen Wahrheit, an der tiefen psychologischen Wahrheit freut sie sich auch daran. Und jetzt kommt der Schluss. Paulus endet in einem Furioso. Die Liebe deckt alles zu. Die Liebe glaubt alles. Die Liebe hofft alles. Die Liebe überdauert alles. Dieses Wort alles, das ist uns denkbar fremd.
Paulus ist jetzt kein bisschen angekränkelt durch Skepsis. Jetzt lässt er die Skepsis. Paulus kann ganz schön. Er hat eine kritische, analysierende, das ist ja eine Röntgenaufnahme der Schwachstellen, der christlichen Frömmigkeit. Aber jetzt lässt er alles wahr und sagt alles. Die Liebe hat für Paulus etwas Totales, etwas Kompromissloses, etwas Restloses. Es kann sein, dass wenig Liebe in uns ist. Und bei uns ist die Liebe immer kombiniert mit einer Fülle anderer Motive. Wir sind nie von der Liebe allein regiert. Niemand wird am Ende seines Lebens sagen können, ich habe genügend geliebt. Es wird niemand sagen können. Es mag wenig Liebe in uns sein, aber die Liebe selber ist immer etwas Totales, Restloses, Kompromissloses, Vollkommenes.
Oder es ist nicht die Liebe. Also die Liebe deckt alles zu. Wir kennen viel stärker den Reiz des Aufdeckens. Jede Striptease Show, jede Klatschgeschichte. Aber wenn wir so auch untereinander klatschen, das hat schon was. Die Frau Müller davon gegenüber hat schon gehört. Also dieser Reiz des Aufdeckens. Aber kennt ihr auch den Reiz des Zudeckens? Die Liebe ist diskret. Die Liebe weiß, darüber rede ich nicht. Wenn ich darüber reden würde, wäre dieser Mensch kaputt. Und dann redet die Liebe nicht. Denn die Liebe will niemand bleibend verletzen.
Wer schon mal ein schlafendes Kind zugedeckt hat, kennt den Reiz des Zudeckens. Die Menschen sind sehr beeinflusst vom Reiz des Aufdeckens. Es hat auch wirklich einen Reiz. Aber die Liebe hat es nicht nötig. Die Liebe lebt von einem anderen Reiz. Die Liebe lebt von dem Reiz des Zudeckens. Manche Dinge darüber spreche ich gar nie. Die Liebe sieht es, aber die Liebe heißt es mal, deckt der Sünden Menge. Sie deckt es zu. Die Liebe glaubt alles. Sie tritt dem anderen mit einem ehrlichen Glauben gegenüber. Die Liebe glaubt, dass auch die katholische Kirche noch super gut sich entwickeln kann. Die Liebe glaubt, dass die historisch-kritische moderne Bibelwissenschaft sich auch noch zum Segen entwickeln kann.
Die Liebe glaubt alles. Sie tritt im guten Glauben heran. Nicht, weil sie von falschen Voraussetzungen ausgeht. Dann wird man enttäuscht. Die Liebe ist nicht enttäuscht. Sie ist nicht verbittert, nicht enttäuscht. Weil sie geht nicht von falschen Voraussetzungen aus. Sie geht von Gottes Sieg aus. Sie sieht die Sache von Gott her und dann tritt sie in echtem tiefem Glauben an die Menschen heran. Die Liebe hofft alles. Selbst in einer verfahrenen Situation. Sie tritt dem anderen mit ehrlicher, tiefer, aufrichtiger Hoffnung gegenüber. Und wisst ihr, gerade dadurch werden Dinge möglich, die ohne diese Hoffnung gar nicht möglich werden. Diese Hoffnung bereitet den Boden für die besten unerwarteten Veränderungen. Die Liebe hofft alles und diese Hoffnung lässt nicht zu Schanden werden.
Und zum Schluss, die Liebe überdauert alles. Die Liebe überdauert alles. Wir würden sagen, die Liebe überdauert auch keine fünf Minuten. Weil diese Liebe... Nein, nein. Die Liebe überlebt jede Gemeinheit, jeden Hass, jede Ellenbogengesellschaft. Die Liebe überlebt jeden Kapitalismus, jede Profitgier. Die Liebe lebt länger als jeder Schmerz, jede Krankheit und jeder Tod. Die Liebe bricht nicht zusammen. Die Liebe wird nicht müde. Die Liebe nutzt sich nicht ab. Die Liebe wird nicht irre, weder an Gott noch an den Menschen. Am Ende wird sie sich über alles erheben.
Das hohe Lied der Liebe (1. Korinther 13) | 5.7.1
Der neutestamentliche Text aus 1. Korinther 13, gerne überschrieben mit »Das hohe Lied der Liebe« und nicht zu verwechseln mit dem alttestamentlichen Buch »Das Hohelied Salomos«, ist heute einer der bekanntesten Texte der Bibel. Das liegt in erster Linie an seiner poetischen Sprache und an der Thematisierung der Liebe, was ihn zu einem sehr populären Text bei kirchlichen Trauungen macht und ihm eine weite Verbreitung auf allerlei »christlichen«, gerne kitschigen Druckerzeugnissen beschert. Darüber hinaus wird dieser Text aber auch regelmäßig von christlichen Strömungen benutzt, die der charismatisch geprägten Christenheit skeptisch gegenüberstehen, um die Bedeutung der Geistesgaben (Charismen) abzuwerten.
Also beste Voraussetzungen für einen Worthaus-Vortrag und Siegfried Zimmer taucht mit Verve in die charismatische Großwetterlage ein. Er schildert den historischen Kontext den dieser Text adressiert. Er stellt durch genaue Textbeobachtung fest, dass diese Verse die vielleicht wichtigsten »Aber« der Bibel enthalten. Und er arbeitet heraus, dass Paulus als »bekennender« Charismatiker und Autor des Textes wahrscheinlich als Erster eine geniale Erkenntnis formuliert hat: Selbst die besten Dinge im Leben sind ohne Liebe zum Gegenüber sinnlos. Denn ohne Liebe ist alles sinnlos.
Auffällig ist wie leidenschaftlich Paulus schreibt und wie leidenschaftlich Siegfried Zimmer über das Geschriebene redet. Letzteres lässt sich sicher auf die besondere Atmosphäre des Freakstock-Festivals zurückführen, die Zimmers lebhaftes Temperament schon bei früheren Vorträgen herausgekitzelt hat. Aber diese Erklärung greift zu kurz. Bei genauem Hinsehen wir deutlich, dass der Text von 1. Korinther 13 auch der Text von Siegfried Zimmer ist. Er hat ihn verinnerlicht. Dieser Text ist ein wesentlicher Schlüssel, um Zimmers Vortragsarbeit, seine Anliegen zu verstehen. Denn genauso wie es Paulus bei seiner Kritik nicht um eine Verurteilung der Christen in Korinth geht, geht es Siegfried Zimmer bei aller von ihm geäußerter Kritik nie darum Menschen zu verurteilen. Genau wie Paulus treibt ihn der Wunsch »die Dinge« zu justieren, in Balance zu bringen. Die geäußerte Kritik soll nicht vernichten, sondern Anregung zur Korrektur, zur Selbstreflexion, eine Einladung zur Bescheidenheit und Demut sein. Damit die Liebe einziehen kann.
Hinweis zum Video: Der Vortrag wurde unter schwierigen technischen Bedingungen aufgezeichnet, so dass nach rund einer Stunde nur der Ton, aber leider kein Bild mehr zu Verfügung steht.