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Warum Hiob sich von seinen Freunden nicht trösten lässt – Hiob Vorlesung Teil 5 | 10.11.1

Worthaus Pop-Up – Tübingen: 2. Dezember 2020 von Prof. Dr. Siegfried Zimmer

Hiob gerät unschuldig in größte Not – und schreit Gott seine Verzweiflung entgegen. Knapp 30 Kapitel lang. Seine Klage wechselt sich ab mit den Reden seiner Freunde. Sie suchen die Schuld für sein Leid bei ihm. Und Hiob antwortet immer schärfer. Die Freunde reden mit ihm. Hiob redet mit Gott. Die Freunde geben ihm die Schuld. Und das steigert Hiobs Einsamkeit und Verzweiflung ins Unerträgliche.
Heute würde es kaum ein guter Freund wagen, einem Menschen in Not selbst die Schuld zu geben. Hatte Hiob schlechte Freunde? Siegfried Zimmer erklärt in diesem fünften Vortrag der Hiob-Reihe die Mentalität der Antike. Leiden – so war man damals überzeugt – ist eine Strafe Gottes. Entweder für die Taten der Leidenden selbst oder für die Taten ihrer Vorfahren. Hiob dagegen ist unerhört überzeugt von seiner Unschuld. Was er ausspricht, dürfte in der Antike für Aufruhr und Empörung gesorgt haben. Umso erstaunlicher, betont Zimmer, dass es diese Geschichte in die Bibel geschafft hat. Und noch erstaunlicher ist wohl, wie Gott in dieser Geschichte auf Hiobs Anklage reagiert. Es ist eine bedeutsame Botschaft, die auch wir modernen Menschen uns ganz genau anhören sollten.

Dieser Vortrag gehört zu der 10-teilige Hiob-Vorlesung von Prof. Dr. Siegfried Zimmer, die durch die Lesung des gesamten Hiobbuchs als Hiobnovelle (11.5.1) und Hiobdichtung (11.5.2) ergänzt wird.

10. Dezember 2021

Das Jona Buch | 11.19.1

Die Geschichte gehört in jede Kinderbibel: der widerspenstige, irgendwie etwas trottelige Prophet, der Gott nicht gehorchen will; der Sturm und der Wal, die nie so richtig bedrohlich wirken; und das Happy End, als Jona dann doch tut, was Gott von ihm will, und die bösen Menschen von Ninive schließlich gute Menschen werden.
Und die Moral von der Geschicht’? Das war’s noch nicht.
Die österreichische Theologin Irmtraud Fischer entreißt die Geschichte der Niedlichkeit der Kinderbibeln und macht deutlich, worum es im Buch Jona eigentlich geht: um ein Trauma. Gott schickt Jona nach Ninive, ins Herz des Assyrerreiches. Ausgerechnet die Feinde Israels soll Jona vor Gottes Zorn warnen – und damit retten. Die Assyrer haben das Nordreich der Israeliten zerstört und das Südreich fast dem Erdboden gleich gemacht. Sie haben die Bevölkerung verschleppt und verschreckt. Sie haben wahrscheinlich auch Jona leiden lassen. Kein Wunder, dass er vor Gottes Auftrag flieht.
Jona verhält sich wie ein traumatisierter Mensch im Angesicht seines Peinigers, diagnostiziert Irmtraud Fischer. Sie beschreibt, wie diese Zwangskonfrontation mit dem Erlebten dem traumatisierten Jona hilft, mit dem Schrecken klarzukommen. Sie zieht damit auch die Parallele zum Heute, zu unseren Ängsten und Traumatisierungen. Und sie erklärt, was es mit dem Epilog der Jona-Geschichte auf sich hat, der aus den Kindergeschichten meist herausfällt.

Dieser Vortrag gehört zur Reihe »Vorworte: Einführungsvorträge zu jedem biblischen Buch«.