Die Erden und die Himmel Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde, und die Erde war wüst und öde, und Finsternis lag auf der Urflut, und der Geist Gottes bewegte sich über dem Wasser. Da sprach Gott, es werde Licht, und es wurde Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war, und Gott schied das Licht von der Finsternis. Und Gott nannte das Licht Tag, und die Finsternis nannte er Nacht. Und es wurde Abend, und es wurde Morgen ein Tag. Und Gott sprach, es werde eine Feste inmitten des Wassers, und sie scheide Wasser von Wasser. Und Gott machte die Feste und schied das Wasser unter der Feste, vom Wasser über der Feste, und so geschah es. Und Gott nannte die Feste Himmel, und es wurde Abend, und es wurde Morgen ein zweiter Tag.
Und Gott sprach, es sammle sich das Wasser unter dem Himmel an einen Ort, dass das Trockene sichtbar werde. Und so geschah es. Und Gott nannte das Trockene Erde, und die Ansammlung des Wassers nannte er Meer. Und Gott sah, dass es gut war. Und Gott sprach, die Erde lasse junges Grün sprossen, Kraut, das Samen trägt, und Fruchtbäume, die Früchte tragen, auf der Erde nach ihrer Art, in denen ihr Same ist. Und so geschah es. Und die Erde brachte junges Grün hervor, Kraut, das Samen trägt, nach seiner Art, und Bäume, die Früchte tragen, in denen ihr Same ist, je nach ihrer Art. Und Gott sah, dass es gut war. Und es wurde Abend, und es wurde Morgen ein dritter Tag. Und Gott sprach, es sollen Lichter werden an der Feste des Himmels, um den Tag von der Nacht zu scheiden, und sie sollen Zeichen sein für Festzeiten, für Tage und Jahre.
Und sie sollen Lichter sein an der Feste des Himmels, um auf die Erde zu leuchten. Und so geschah es. Und Gott machte die zwei großen Lichter, das größere Licht zur Herrschaft über den Tag und das kleinere Licht zur Herrschaft über die Nacht und auch die Sterne. Und Gott setzte sie an die Feste des Himmels, damit sie auf die Erde leuchten, über den Tag und die Nacht herrschen und das Licht von der Finsternis scheiden. Und Gott sah, dass es gut war. Und es wurde Abend, und es wurde Morgen ein vierter Tag. Und Gott sprach, es wimmelte das Wasser von lebendigen Wesen, und Vögel sollen fliegen über der Erde an der Feste des Himmels. Und Gott schuf die großen Seetiere und alle Lebewesen, die sich regen, von denen das Wasser wimmelt, nach ihren Arten und alle geflügelten Tiere nach ihren Arten. Und Gott sah, dass es gut war.
Und Gott segnete sie und sprach, seid fruchtbar und mehrt euch und füllt das Wasser im Meer und die Vögel sollen sich mehren auf der Erde. Und es wurde Abend, und es wurde Morgen ein fünfter Tag. Und Gott sprach, die Erde bringe Lebewesen hervor nach ihren Arten, Vieh, Kriechtiere und Wildtiere je nach ihren Arten. Und so geschah es. Und Gott machte die Wildtiere nach ihren Arten, das Vieh nach seinen Arten und alle Kriechtiere auf dem Erdboden nach ihren Arten. Und Gott sah, dass es gut war. Und Gott sprach, lasst uns Menschen machen, als unser Bild uns ähnlich. Und sie sollen herrschen über die Fische des Meers und über die Vögel des Himmels, über das Vieh und über die ganze Erde und über alle Kriechtiere, die sich auf der Erde regen. Und Gott schuf den Menschen, als sein Bild, als Bild Gottes schuf er ihn. Als Mann und als Frau schuf er sie. Und Gott segnete sie und sprach zu ihm, seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde und macht sie untertan.
Und herrscht über die Fische des Meers und über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf der Erde regen. Und Gott sprach, seht, ich gebe euch alles Kraut auf der ganzen Erde, das Samen trägt und alle Bäume, an denen samentragende Früchte sind. Das wird eure Nahrung sein. Und allen Wildtieren und allen Vögel des Himmels und allen Kriechtieren auf der Erde, allem, was Lebensatem in sich hat, gebe ich alles grüne Kraut zur Nahrung. Und so geschah es. Und Gott sah alles an, was er gemacht hatte und sie. Es war sehr gut und es wurde Abend und es wurde Morgen, der sechste Tag. Genesis 2. Und so wurden vollendet Himmel und Erde und ihr ganzes Heer. Und Gott vollendete am siebten Tag sein Werk, das er gemacht hatte.
Und er ruhte am siebten Tag von all seinem Werk, das er gemacht hatte. Und Gott segnete den siebten Tag und heiligte ihn, denn an ihm ruhte Gott von all seinem Werk, das er durch seinen Ton geschaffen hatte. Genesis 2. Also noch einmal eine Begegnung mit diesem berühmten Text, der auf das Abendland eine tiefe Wirkung hatte und der sich im Gedächtnis vieler Generationen tief eingeprägt hat. Ich will Genesis 1 schrittweise interpretieren, Vers für Vers und aber zu Beginn einige generelle Fragen besprechen, die die Leseaufmerksamkeit von vornherein steigern kann. Und wir können dann diesen Text mit angemessenen Rahmenbedingungen gleich besser verstehen.
Also zunächst einige generelle einführende Gesichtspunkte. Zunächst einmal die Textabgrenzung. Diese erste Schöpfungserzählung, also gattungsmäßig nenne ich sie mit einigen Alttestamentlern, sie ist eine Lehrerzählung. Die geht über eine Kapiteleinteilung hinweg. Man merkt gleich das Problem der Kapiteleinteilung. Also diese Erzählung geht 1. Mose 1.1 bis 1. Mose 2.3 und dann kommt noch so eine Unterschrift 4a. Man kann sagen 1.1 ist die Überschrift und 4a ist die Unterschrift. Also derjenige, der die Kapiteleinteilung in der Bibel gemacht hatte, der war hier nicht gut beraten, der hat da gleich mal daneben gegriffen. Das bringt mich dazu, das ist jetzt an der Stelle notwendig zu sagen, in den biblischen Handschriften,
wir haben einige tausend aus verschiedenen Jahrhunderten, sehr alte, sehr gute, kein Buch der Antike ist auch nur 5% so gut überliefert wie die Bibel. Möchte es nochmal sagen, kein Buch der gesamten Antike ist nur 5% so reichhaltig überliefert wie die Bibel. Wenn Sie das mit Cäsar, gallischer Krieg, da ist nicht mal ein Promille an Handschriften vorhanden wie bei der Bibel. Gut, aber in diesen Bibel Handschriften, die an den vielen Universitäten dann ausgewertet, verglichen, ausgewertet werden, gab es keine Kapiteleinteilung in den biblischen Handschriften selber. Es gibt auch keine Überschriften, es gibt auch keine Lehrzeilen, es gibt in den Bibel Handschriften überhaupt kein Layout.
Das muss man unbedingt wissen. Also eine biblische Schrift fängt bei der ersten Zeile an und alle Zeilen sind gleich lang bis zur letzten Zeile ununterbrochen durch. Die Kapiteleinteilung stammt erst aus dem späten Mittelalter. Luther hat sie schon gekannt. Also Luther sagt mal zum Beispiel, Matthäus am letzten, gemeint ist das letzte Kapitel. Aber die Verse kennt Luther nicht. Also die Reformatoren wissen nicht, was ein Bibelfers ist. Denn die Verseinteilung, die kommt erst im 16. Jahrhundert. Also so spät kommen Kapitel- und Verseinteilungen. Die müssen wir also jetzt bei Interpretationen biblischer Texte, müssen wir uns das alles wegdenken. Gut, eine zweite Frage an dieser Stelle, die auch sehr wichtig ist.
Wie verhält sich diese erste Schöpfungserzählung zu der Erzählung von Adam und Eva, die dann direkt im Anschluss beginnt? Bei 1. Mose 2 Vers 4b heißt es dann zu der Zeit, als Jahwe Elohim Erte und Himmel gemacht hat. Dieser Satz ist jetzt die Überschrift einer neuen Erzählung über Adam und Eva, die bis in Genesis 3 reicht. Und danach kommt dann Kein und Abel. Wie verhält sich die erste Schöpfungserzählung zur zweiten? Da will ich einfach mal, weil das zur Allgemeinbildung in der Christenheit gehören muss in der Zukunft, will ich mal die wichtigsten Gesichtspunkte kurz nennen. Die Erzählung von Adam und Eva, also Genesis 2 bis 3, grob gesagt, setzt Genesis 1 nicht voraus.
Also wenn wir Genesis 1 nicht hätten, könnte Genesis 2 trotzdem genau gleich erzählt werden. Also die Erzählung von Adam und Eva setzt nirgendwo Genesis 1 voraus. Es spielt auch nirgendwo darauf an. Wenn jetzt jemand behauptet, also sehr traditionelle fundamentalistisch geprägte Christen behaupten das, das meine ich jetzt gar nicht böse, alle Christen, die konservativ traditionell geprägt sind und ein fundamentalistisches Bibelverständnis haben, sind meine lieben Brüder und Schwestern. Also ich bin nicht ihr Feind, ich bin auch nicht ihr Gegner, es sind meine Mitchristen. Allerdings halte ich mit allen meinen Kollegen das Programm, das sie inhaliert haben, nicht für überzeugend. Also in der traditionellen und sehr konservativen Sicht der Bibel gilt das alles hintereinander weg,
das ist keine fortlaufende Geschichte. Und dann sagen manche von Mose aufgeschrieben, nein, das ist keine fortlaufende Geschichte, denn Genesis 2 setzt nirgendwo Genesis 1 voraus und spielt auch nirgendwo, auch nur indirekt, auf Genesis 1 an. Das wäre also seltsam, wenn das eine fortlaufende Geschichte wäre. Aber jetzt kommen viele weitere Gesichtspunkte dazu. Dieser Gesichtspunkt allein, der könnte vielleicht Zufall sein, es wäre aber ein sehr auffallender Zufall. Aber jetzt kommt gleich ein nächster wichtiger Unterschied und zwar die Gottesbezeichnungen. Gottesbezeichnungen sind in der Religionsgeschichte von fundamentaler Bedeutung, sowohl in den politistischen Religionen als auch in Judentum, Christentum und Islam oder auch Hinduismus, Buddhismus. Also Gottesbezeichnungen sind schon was Wichtiges.
In der ersten Erzählung, die ich dann nachher anfange zu interpretieren, heißt Gott immer Elohim. Immer, vom ersten bis zum letzten Vers, durchgehend konsequent Elohim, keine andere Gottesbezeichnung. In der zweiten Erzählung heißt Gott von Anfang an bis zum Ende Jahre-Elohim. Da kommt also die Gottesbezeichnung und das ist ein Name, Jahwe ist der Name, den Gott Israel offenbart hat. Elohim ist kein Name, es ist nur eine Bezeichnung für Gott, Elohim. El war der oberste Gott, sowieso schon im vorderen Orient und es wurde aufgegriffen, Elohim, auch die Endungen Israel, Samuel, Joel und so weiter, es ist immer diese Gottesbezeichnung El, die schon vorgegeben war,
aber in Israel wurde sie adaptiert in den Jahwe-Glauben. Aber Jahwe ist der Name, den Gott selber offenbart hat. Gut, also das wäre jetzt schon ein extremer Zufall. Einerseits setzt Genesis 2, Genesis 1 gar nicht voraus und zweitens, in Genesis 1 wird eine Gottesbezeichnung konsequent durchgehalten und abrupt ab 2,5 wird eine andere Gottesbezeichnung abrupt konsequent bis zum Ende durchgehalten. Also wenn das vom gleichen Autor sein sollte, also da gibt es kein anderes Beispiel. Welchen Grund sollte ein Autor haben, das so zu machen? Aber jetzt gibt es weitere Gesichtspunkte. Stil und Vokabular in Genesis 1 sind ganz anders als in Genesis 2.
Ein paar Beispiele, es ist in sich eine lange Geschichte. Genesis 1 wimmelt es von Wiederholungen. Das werde ich nachher im Einzelnen besprechen. Es gibt fünf Hauptgliederungselemente, fünf, die durchgehend durchgehalten werden und dem ganzen Kapitel ihr Gepräge geben, werden immer wieder wiederholt. Es ist wie ein Rhythmus, kann man sagen. Genesis 1 ist sehr rhythmisch, Leben ist Rhythmus. Und außer diesen fünf immer wiederkehrenden Formelgut gibt es weitere Gliederungselemente, die sich auch mehrfach wiederholen. Aber in Genesis 2 abrupt Schluss damit. Es wiederholt sich gar nichts. Genesis 1 ist oft feierlich formuliert, oft hymnisch. Ich würde nicht sagen, Genesis 1 ist ein Hymnus. Es wird auch oft gesagt, nein, es ist kein Hymnus, aber es hat viele hymnische Elemente, weil ein Hymnus ist ein Gebet und Genesis 1 ist kein Gebet.
Aber Genesis 1 hat hymnisch-poetische lyrische Elemente, aber Genesis 1 hat auch nüchterne Prosa. Also es ist alles miteinander versammelt, aber es hat viel Rhythmik, viele Wiederholungen, viele feierliche poetische Formulierungen. Die fehlen aber völlig in Genesis 2. Jetzt betreten wir bereits ein Gebiet, wo ich einfach mal sagen will, jeder Mensch, der offen ist und fair Argumente prüfen kann, sagt, danke, Sie geht's immer, das reicht eigentlich. Wenn einer jetzt das vom Tisch wischen muss, ist das immer ideologisch bedingt und da helfen keine Argumente. Da könnte ich jetzt auch 100 Argumente bringen, die würde also jemand, der betonartig fundamentalistisch festgelegt ist, er würde auch 100 Argumente vom Tisch wissen. Also deswegen, das ist ein seelsorgerliches Problem, da gehe ich nicht tiefer drauf ein.
Aber es gibt weitere Unterschiede. Nehmen wir mal das Wasser. Das Wasser in Genesis 1 ist bedrohlich. Es ist zunächst Chaoswasser, die Urflut im zweiten Vers. Und Gott bändigt das Chaos, integriert das Wasser, es wird Meer und das Meer wird zum Lebensbereich der Fische. Und spätestens da hat dann das Meer auch eine sehr gute Funktion, es wird zur Heimat der Fische. Aber Meer ist zunächst mal Chaoswasser, das Gott bändigen muss. In Genesis 2 gibt es gar kein Meer, aber da ist der Regen sehr wichtig. Am Anfang ist Trockenzeit, es gab noch kein Kraut und noch kein Gesträuch. Das sind mit unseren Vokabeln, es gab noch keine Wildpflanzen und noch keine Nutzpflanzen. Aber diese abstrakten Begriffe gibt es im hebräischen, biblischen Sprache nicht.
Also es gab weder Kraut, gemeint ist Nutzpflanzen, noch Gesträuch, gemeint ist Wildpflanzen. Denn Gott hat noch nicht regnen lassen. Ja, aber vom Regen ist in Genesis 1 gar nicht die Rede. Also in Genesis 1 hat das Wasser eine ganz andere Funktion. Es ist gefährlich, in Flusskulturen Euphratik, es gab auch sehr gefährliche Überschwemmungen. Also da merkt man, Wasser ist gefährlich. Aber Genesis 2 ist in einer Regenkultur entstanden, in einer Regen- und Oasenkultur. Da ist der Regen das Allerwichtigste und der Regen ist das Schönste, was es gibt. Also ein ganz unterschiedlicher Ort für Wasser. In Genesis 1 werden erst die Tiere geschaffen, übrigens an zwei Tagen, der Mensch nur an einem. Tiere kriegen den Tag 5, nämlich Wasser und Lufttiere und am Tag 6 die Landtiere.
Und dann am Tag 6 auch noch der Mensch. Also der Mensch kriegt keinen Tag für sich allein. Die Tiere kriegen eineinhalb Tage. Aber auf jeden Fall, die Erschaffung der Tiere ist abgeschlossen, bis der Mensch kommt. In Genesis 2 wird erst Adam, der Mensch, als Mann, aber nicht als Mann betont, aber wird dann der Mann und Eva die Frau. Also in Genesis 2 wird erst der Mensch geschaffen, dann die Tiere. Dann ist es auch so, in Genesis 2 wird eigentlich indirekt vorausgesetzt, dass alle Pflanzen nach dem Menschen erschaffen sind. Denn es war ja noch kein Gesträuch und kein Gebüsch da, denn Gott hat noch nicht regnen lassen. Während die Pflanzen in Genesis 1 vor den Tieren und Menschen geschaffen werden, weil sie ja auch die Grundlage der Ernährung ist. In Genesis 2 betritt Gott seine Schöpfung. Er läuft im Garten Eden und Adam und Eva hören, dass Gott durch den Garten ging.
Man fragt sich, ob er da Gehäuse macht, hat Gott ein Körpergewicht? Also aber auf jeden Fall, in Genesis 2, man sagt wissenschaftlich, es sind noch anthropomorphe Elemente da. Gott läuft wie wir, er macht einen Spaziergang, obwohl er doch bestimmt nicht zwei Füße und zehn Zehen hat. Aber Adam hört, wie Gott durch den Garten ging. In Genesis 1 ist Gott ganz transcendent, er wandelt nicht in seiner Schöpfung. In Genesis 1 schafft Gott grundlegend durch sein Wort, das gibt es aber in Genesis 2 nicht. Und in Genesis 1 gibt es jetzt das berühmteste Verb für schaffen, bara, das steht gleich in der Überschrift. In einer bestimmten Zeit wurde dieses Wort künstlich geschaffen, in Israel, vermutlich von den führenden Priestern,
weil zu bara gibt es keine Parallele in einer orientalischen Sprache. Es ist ein Begriff, der allein in Israel entwickelt wurde und etwas sehr Prägnantes ausdrücken will. Aber dieses Verb bara gibt es in Genesis 2 noch nicht. Denn wenn die Erzähler von Genesis 2 dieses Verb gekannt hätten, hätten sie vieles noch präziser, besser ausdrücken können. Daran merkt man schon, Genesis 2 bis 3 ist älter wie Genesis 1. Also die Reihenfolge, wenn man es zeitlich nimmt, müsste man umstellen. Alle diese Unterschiede zusammengenommen, machen es unter unbelasteten Fachleuten an allen Universitäten der Welt. Völlig klar, das sind keine fortlaufenden Geschichten von einem und dem gleichen Autor.
Es sind zwei wunderschöne, inspirierte, tiefe Erzählungen. Beide sind für sich ein Meisterwerk, unauslotbar tief, aber wir müssen sie zunächst unabhängig voneinander würdigen. Mehr möchte ich zu diesem Thema nicht sagen, denn ich habe und viele andere meiner Kollegen auch die Erfahrung gemacht, bei einer gewissen Aufgeschlossenheit sind diese Gesichtspunkte weit ausreichend. Und wer sie als nicht ausreichend empfindet, möge auch im Frieden seines Weges ziehen. Gut, das war soweit zur Textabgrenzung und das Verhältnis der beiden Schöpfungserzählungen. Jetzt wende ich mich dem Aufbau von Genesis 1 zu. Genesis 1 hat einen sehr prägnanten Aufbau, den es nie wieder gibt.
Es gibt in der Bibel keinen Text, der so einen Aufbau hat. Es gibt im ganzen Judentum keinen Text, der so einen Aufbau hat. Es gibt in der ganzen Menschheitsgeschichte keinen Text, der so einen Aufbau hat. Also schon formal gesehen ist Genesis 1 einzigartig in der Menschheitsgeschichte. Es gibt nicht einmal von Ferne so etwas ähnliches in irgendeiner Kultur. Also man merkt schon formal, dass es hier um etwas Besonderes geht. Wie erzählt man von etwas Unbegreiflichem? Wie erzählt man von etwas Unbegreiflichem, das aber die Grundlage von allem Begreiflichen ist?
Wie erzählt man davon? Ich will das noch einmal sagen. Wie erzählt man von etwas Unbegreiflichem, das aber die Grundlage von allem Begreiflichen ist? Man erzählt davon nicht in üblicher Sprache, wie sonst. Also diese Erzähler, wir wissen ja nicht, wer das erzählt hat. Ich will auch nur nebenbei sagen, es gibt im Alten Orient überhaupt keine Autorentexte. Es gibt keine Autoren. Wenn wir, wir kennen Verlagswesen, wer hat das geschrieben? Autorenrechte, geistiges Eigentum, das setzt modernes Verlagswesen voraus, sind nicht Einzelpersonen. Im Griechischen geht es los, Aristoteles und so weiter, Hesiod und so weiter.
Also im Griechischen setzt da eine Entwicklung ein hin zu Autoren. Aber im Alten Orient ist kein Text ein Autorentext. Es sind anonyme Traditionstexte, es gibt ja auch kein Buchdruck. Ihr müsst wissen, jeder, der eine Handschrift abschreibt, kann sie ja auch ein bisschen verändern. Das wird man ja auch gar nicht merken. Also es haben an den altorientalischen Texten vermutlich immer viele gearbeitet, über längere Zeiten, bis sie einen klassischen Rang hatten und dann hat man sie hochgewürdigt. Also auf jeden Fall, diese Menschen, ich nenne sie nicht gern Autoren, weil da modernisiert man schon das Ganze. Es ist eine Projektion, es gibt kein Vorwort, wo einer sagt, ich sowieso sowieso habe das dann und dann geschrieben. Das gibt es im Alten Orient nicht. Also man kann diese Texte nicht einzeln personen, das ist schon Individualismus, den es so im Alten Orient nicht gibt.
Also auf jeden Fall, diejenigen, die diesen Text entwickelt haben, wahrscheinlich über viele Jahrzehnte, haben da viele daran gearbeitet, bis er im Gewissen der damaligen Verantwortungsträger ein Stadium erreichte, wo sie in Gebet und brüderlichem Gespräch, Frauen waren da leider noch nicht integriert, sie im Gewissen gewiss waren, so ist es gut. Und dann gilt der Text. Dass man diesen Text schon formal auch außergewöhnlich gestalten muss, denn er spricht von etwas Außergewöhnlichem. Die Schöpfung ist ein Geheimnis, das wir nicht verstehen können, die neugierige Frage, wann hat Gott die Welt wie geschaffen, spielt in dem Text gar keine Rolle. Ihr werdet merken, es geht gar nicht um die Entstehungszeit, darum geht es in diesem Text gar nicht.
Es geht in dem Text um den Aufbau der Welt, seine Architektur. Ja, also schon formal gesehen ist der Text einzigartig. Jetzt will ich da mal die wichtigsten Gesichtspunkte sagen. Der Text teilt sich ein in sieben Tage. Er hat zunächst eine Überschrift, Genesis 1,1, diese Überschrift heißt Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde, das ist die Überschrift. In gewisser Weise ist das die Summe von der ganzen Erzählung. Dann nach dieser Überschrift kommt ein geheimnisvoller Vers, der unbedingt stehen muss, er ist sachlich notwendig, nämlich der Vers 2, Und die Erde war Wüste und Leere, das sind nicht Adjektive im Hebräischen, sondern Substantive.
Und die Erde war Wüste und Leere, heißt im Hebräischen Tohu wa Bohu. Kennt ihr vielleicht als Redensart, was ist denn das da für ein Tohu wa Bohu, das steht also wörtlich da. Bohu heißt Wüste und Tohu ist schwerer zu fassen, Bohu gibt es öfters im Alten Testament, Bohu war Tohu, Tohu gibt es aber nur zweimal an dieser Stelle und dann noch an einer Stelle bei Jeremia, wo aber auch diese Formel steht, Tohu wa Bohu. Also Bohu, Tohu ist das erste, das habe ich gerade selber verwechselt, Tohu wa Bohu, Bohu ist sehr selten, gibt es nur zweimal, und zwar nur in dieser Formel, aber Bohu gibt es öfters, 20, 30 mal. Also es kommt an dieser zweite Verse, und die Erde war Wüste und Leere und Finsternis war über der Urflut und der Geist Gottes oder der Wind Gottes oder der Atem Gottes.
Jetzt kommt ein ganz geheimnisvolles Verb, sagen wir mal, wehte hin und her, so hat es Hartmut Gese übersetzt, und der Geist Gottes oder der Wind Gottes oder der Sturm Gottes wehte hin und her über dem Wasser. Das ist also so ein geheimnisvoller Vers vorneweg, und jetzt kommt der Korpus, die sechs Arbeitstage, von Vers 3, die Erschaffung des Lichts, bis Vers 31, das ist der letzte Vers, Erschaffung der Landtiere und des Menschen. Und dann kommt der siebte Tag, der völlig anders aufgebaut ist, der völlig aus dem Rahmen fällt, sehr feierlich formuliert, der siebte Tag, an dem Gott ruhte. Die Ruhe Gottes ist der Höhepunkt, mit ruhen ist nicht ausruhen gemeint, Gott hat nicht geschwitzt und muss sich jetzt ein bisschen regenerieren, sondern es ist mehr ein festliches, feierliches Ruhen gemeint.
Also der siebte Tag ist der Höhepunkt und der Abschluss. Wenn man das jetzt mal ein bisschen, wir dringen ab, jetzt mal immer tiefer in den Text ein, auch bedeutende Alttestamentler, Bernhard Johannowski, hat einmal vor zwei, drei Jahren gesagt, ich Professor für Altes Testament an der Universität Dübingen, ungefähr so alt wie ich, das auch im Ruhestand, und er hat mal gesagt, ja, ich beschäftige mich mit diesem Text seit 50 Jahren, aber wenn ich wieder neu zugehe, entdecke ich immer noch neue Dinge, die ich nicht kannte. Also wenn dieser Professor sagt, niemand wird mit diesem Kapitel fertig, dürfen Sie davon ausgehen, ich auch nicht, ich bin irgendwie auf der Wanderschaft. Also der erste Tag ist die Erschaffung des Lichts und indem Gott das Licht erschafft,
da kommen wir dann später noch genauer drauf, und Licht von der Finsternis scheidet, das ist die wichtigste Unterscheidung, die es überhaupt gibt, entsteht Tag und Nacht und damit die Zeit. Also dadurch, dass das Licht das erste Schöpfungswerk ist, Genesis 1 ist der einzige Text in der Welt, in der antiken Welt, der mit der Erschaffung des Lichts beginnt, der einzige Text. Und es ist noch auffälliger, weil bei dieser Erschaffung des Lichts keine Lichtkörper da sind. Die Erschaffung des Lichts ohne Lichtkörper, das ist einzigartig, aber dadurch, dass das erste Schöpfungswerk die Erschaffung des Lichts und damit über Tag und Nacht die Erschaffung der Zeit ist, wird jetzt ein Tage-Rhythmus möglich. Also dieser sieben Tage-Rhythmus kann nur dadurch entstehen, dass das erste Werk die Erschaffung des Lichts ist
und die Unterscheidung von Tag und Nacht oder von Abend und Morgen, also die Erschaffung der Zeit, des Lichts und der Zeit. Licht ist noch mehr wie Zeit, Licht ist nicht das Gleiche wie Zeit, aber Licht und Zeit hängen untrennbar zusammen. Jetzt am vierten Schöpfungstag ist die Erschaffung der Gestirne, der großen Leuchte am Tag und der kleinen Leuchte in der Nacht und die Sterne. Und am siebten Tag, der Schabbat, ist ja auch wieder ein Tag. Also der erste Tag, da beginnt die Einteilung, die Ermöglichung von Tagen und der Zeit. Der vierte Tag ist wieder dem Licht gewidmet über die Gestirne und die Zeit, weil diese Gestirne ermöglichen den Kalender, die Festzeiten und die Jahre sind ja von der Sonne her abgeleitet.
Also Licht und Zeit am ersten Tag, Licht und Zeit am vierten Tag, also in der Mitte und Licht und Zeit am Ziel Schabbat. Enorm. Also der wichtigste Aspekt in der Architektur der Welt ist die Zeit. Das merkt man schon Anfang, Mitte und Ende. Aber nicht nur Anfang, Mitte und Ende, sondern dadurch, dass aus der Zeit Tag und Nacht abgeleitet wird und Abend und Morgen, ist jetzt bei jedem Schöpfungswerk kommt jetzt, da wurde Abend und Morgen Tag zwei, da wurde Abend und Morgen Tag drei, da wurde Abend und Morgen und so weiter. Also bei jedem anderen Schöpfungswerk ist auch immer die Zeit die letzte Zeile. Also das Ding ist tief getragen von der Zeit als dem wichtigsten Phänomen. Ich habe von führenden Philosophen gehört, dass heute Konsens besteht im Weltkongress der Philosophie.
Wir wissen nicht, was die Zeit ist. Wir können das philosophisch nicht sagen und wahrscheinlich werden wir es nie können. Das ist der heutige Stand der internationalen wissenschaftlichen philosophischen Diskussion. Breiter Konsens. Wir wissen nicht, was die Zeit ist und ich sage jetzt mal, das kann ja vielleicht damit zusammenhängen, dass wir in der Zeit leben, nie aus der Zeit aussteigen können und dass wir nicht über der Zeit stehen. Das kann damit zusammenhängen. Jetzt der Tag zwei und drei sind ein Paar, zwei und drei, dann kommt vier wieder Zeit und dann fünf und sechs ist auch ein Paar. Also dadurch, dass eins, vier und sieben sehr bewusst über Licht und Zeit vernetzt sind, entstehen zwei Tagespaare.
Der Tag zwei und drei, da werden die Räume geschaffen, Zeit und Raum und in fünf und sechs werden diese Räume mit Lebewesen gefüllt. Also sind wir mal so weit, der Text ist so aufgebaut, Anfang, Mitte und Ende gehören der Zeit und dem Licht. Wie schön, dass ihr formuliert habt, Gott ist Licht, als Thema passt wahnsinnig gut. Das Licht ist auch ein Geheimnis, das nie ein Mensch verstehen wird. Kommen wir noch drauf. Ja und dadurch entstehen zwei Tagespaare, erstes Tagespaar Schaffung der Räume, zweites Tagespaar Erfüllung der Räume mit Lebewesen. Jetzt gibt es aber noch weitere Auffälligkeiten im Aufbau, nämlich die ersten drei Schöpfungswerke heißt es, dass Gott etwas schied.
Und bei den ersten drei Schöpfungswerken heißt es auch Gott nannte, also Gott nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Also bei den ersten drei Schöpfungswerken scheidet Gott etwas und benennt etwas. Das hört dann nach den ersten drei Schöpfungswerken auf. Dann ist interessant, das Wort Barah in der Überschrift, das geheimnisvolle israelische Wort, das keine andere Kultur so entwickelt hat, kommt am Tag sechs wieder vor, vorher nicht, bei der Erschaffung der Wasser- und Lufttiere heißt es nämlich bei den Wasserungeheuern, den Tamim, heißt es Gott schuf sie im Sinne von Barah. Da kommt dieses Verb zum ersten Mal vor. Beim Menschen dann kommt es zweimal vor und beim Schabbat kommt es noch einmal vor.
Also das Verb Barah steht nur in der Überschrift und dann im zweiten Teil Text fünf, sechs und sieben. Auch das Segnen kommt nur im zweiten Teil vor, Tag sechs, sieben, fünf, sechs und sieben segnet Gott. Und das Wort heiligen, das kommt nur beim Schabbat vor. Also es gibt sehr wichtige Erzählsignale, dass die zweite Hälfte, Tage fünf, sechs und sieben, was Besonderes sind, denn nur dort wird das Verb Barah verwendet, vorher nicht, und nur dort wird vom Segnen gesprochen, vorher nicht, und nur ganz am Ende fällt ein einziges Mal das Wort heilig. Gut, also so weit jetzt mal zum groben Aufbau. Ganz langsam dämmert es einen. Dieser Text ist hundertfach und tausendfach überlegt. Ihr dürft ganz sicher sein, dass jedes Wort, das hier steht, vielhundertfach erwogen wurde.
Jetzt gehen wir mal einen Schritt weiter, so weit der grobe Aufbau. Bei diesem groben Aufbau gibt es zwei Auffälligkeiten, die ich an der Stelle benennen will. Nämlich einmal fällt sehr auf, es gibt zwar sieben Schöpfungstage, oder sagen wir mal so sechs Werktage. Der siebte Tag ist nicht nur der siebte in einer Perlenschnur, es sind eben sechs Tage und dann kommt der siebte. Nein, der siebte fällt völlig aus dem Rahmen, er ist ganz anders aufgebaut, gemeint ist der Schabbat, aber das Wort fällt nicht. Weil es fällt in Genesis 1 kein Wort aus einer spezifischen Kultur, das wird vermieden. Wie die Kulturen, Schöpfungsrealität kulturell regeln, das ist ein anderes Ding. In Genesis 1, wie übrigens auch in Genesis 2, gibt es keine direkten Anspielungen auf eine bestimmte Kultur, religiöse Kultur, also auch das Wort Schabbat wird vermieden.
Ja, also dieser siebte Tag ist nicht einfach nur der letzte und sagen wir mal der wichtigste Tag, ja das ist er auch. Nein, dieser siebte Tag wird allen sechs anderen gegenübergestellt. Und das merkt man daran, dass da eine Zwischenzusammenfassung kommt, Genesis 2 Vers 1 ist nochmal so eine Art Zusammenfassung und jetzt kommt der siebte Tag. Also er ist nicht einfach nur der siebte Tag, sondern er wird allen anderen Tagen als etwas Besonderes gegenübergestellt. Also es gibt sechs Schöpfungstage, Werktage, der siebte ist ein Ruhetag, aber es gibt acht Schöpfungswerke. Das ist sehr auffällig, nämlich am dritten Tag Ende der ersten Wochenhälfte und am sechsten Tag Ende der zweiten Wochenhälfte werden zwei Schöpfungswerke erzählt.
Ein Schöpfungswerk beginnt immer, immer, ohne jede Ausnahme, präzise mit der Formulierung und Gott sprach. Also es gibt sechs Schöpfungswerke, aber achtmal heißt es und Gott sprach. Beim dritten Schöpfungstag ist das erste Werk, das Wasser sammle sich an einen Ort und das Trockene trete hervor, dadurch dass sich das Wasser am tiefer gelegenen sammelt. Und Gott sprach, die Erde ergrüne im Grünen, das ist eine figura etymologica, werde ich dann erklären, also da spricht Gott nochmal. Also am dritten Tag gibt es zwei Schöpfungswerke, einmal die Sammlung des Meeres und dadurch die Ermöglichung von Festland, bewohnbares Festland, gibt es bisher ja nicht. Und das wird sofort kombiniert mit dem Grünen, also wir würden sagen Pflanzen, aber solche abstrakte Begriffe gibt es nicht.
Im Hebräischen, es gibt in Genesis 1 keinen einzigen unanschaulichen abstrakten Begriff, es wird streng vermieden, weil die Hebräischen Priester und Weisheitslehrer die Gefahr sehr deutlich gesehen haben, dass wenn wir ins Abstrakte gehen, kann auch bei allem Gewinnen philosophisch, kann auch ein schwerer Verlust auftreten, ein Verlust an Anschauung, an sinnlicher Wahrnehmung und damit an Leben. Denn Leben im Alten Testament heißt immer Wahrnehmung, wahrnehmendes Leben, deswegen ist auch das Licht so wichtig. Ja gut, also es grüne die Erde im Grünen, also jetzt geht es um die, wir würden sagen, um die Vegetation. Und die Vegetation ist im hebräischen Lebensbegriff, im altorientalischen Lebensbegriff, ist nicht lebendig, es ist nicht Leben.
Der Lebensbegriff im Orient und in der Bibel ist anders als unser biologischer Lebensbegriff. Wir unterscheiden ja zurecht, das stimmt natürlich auch, zwischen anorganischem, das ist Tod, da beschäftigt sich die Physik und die Chemie, und dann dem Organischen, das ist lebendig, damit beschäftigt sich die Biologie. Und deswegen ist es hoch umstritten, ist die Biologie eine Naturwissenschaft oder nicht. Das ist unter den führenden Biologen international umstritten. Biologie ist auf jeden Fall nicht so eine Naturwissenschaft wie Physik und Chemie, also so auf jeden Fall nicht. Aber ist sie überhaupt eine Naturwissenschaft? Ist eine spannende Frage, ich weiß es natürlich auch nicht, ich bin ja kein Biologe. Also auf jeden Fall in der Biologie ist der Unterschied zwischen Tod und Leben, Pflanzen leben schon, können sterben, sind ja auch genetisch mit den Tieren und mit den Menschen hochverwandt.
Im Mikrobereich kann man ja gar nicht unterscheiden zwischen Pflanzen, Tieren und Menschen, weil wir alle im Mikrobereich die gleichen Grundbausteine haben. Ja, aber diesen Lebensbegriff gibt es in der Bibel nicht, sondern Leben, Lebewesen, nefesh hayah, Lebewesen sind nur Tiere und Menschen. Und was gehört zum Leben? Zum Leben gehören drei Dinge, einmal der Wille, der sich so auswirken kann, dass ich mich bewegen kann, wie ich will. Und das können Pflanzen nicht, die können zwar im Wind hin und her schwanken oder irgendwelche Samenkörner werden vom Wind bewegt, aber sie haben keine eigene Bewegungswillenskraft, sie müssen sich halt dann vom Wind wehen lassen und die Pflanzen können nicht ohne weiteres ihren Standort verlassen. Also Lebewesen ist im Alten Orient und der Bibel nur das, was sich bewegen kann, kraft eigener Willensentscheidung.
Zweitens nur das, was atmet. Wir sind Atemwesen. Wir, Tiere und Menschen, sind Atemwesen. Gott ist kein Atemwesen und das ist mit der tiefste Unterschied. Und das Dritte ist, dass warmes Blut sich im Körper bewegt. Das Leben ist im Blut. Also diese drei Kennzeichen, das ist der alton-orientalische Lebensbegriff. Ganz anders wie bei uns in der Biologie und beide haben ihr gutes Recht, das kann man nicht gegeneinander ausspielen. Man kann auch nicht jedes nach seiner Art im Fundamentalismus, tut man das einfach identifizieren mit dem modernen biologischen Artbegriff. Nein, das hat damit überhaupt nichts zu tun. Es heißt zwar nach seiner Art, aber es gibt ja keine Biologie und man merkt auch, dass das ganz andere Einteilungen sind.
Bei den Pflanzen geht es eigentlich nur um ein, zweijähriges Kraut und dann die länger lebenden Bäume. Größere Unterscheidungen sind Sie hier nicht groß interessiert. Bei den Fischen, ja es gibt die Seeungeheuer und sonst eben ein Gewimmel. Und bei den Vögeln wird überhaupt nicht unterschieden. Das sind eben die Flug- oder Flügelwesen. Das heißt nicht Vogel, da sieht man ja nichts, wenn man sagt Vogel, sondern Flügelwesen. Es ist alles in der sinnlichen Wahrnehmung formuliert. Die große Leuchte und die kleine Leuchte, die leuchten. Der dritte Tag ist also das Trockene und das Trockene ohne das Kleid im Grün ist nicht die Erde. Die nackte Erde ist nicht die Erde, die Gott erschaffen hat, sondern es soll ja alles dem Lebewesen als Wohnung, als Leben dienen. Und da sind die Pflanzen mal das erste und das wichtigste. Sie sind ja auch die grundlegende Nahrung für Mensch und Tier.
Und das zweite doppelte Werk am Tag 6 kommen erst die Landtiere und dann der Mensch. Beides am Tag 6, also auch zwei Schöpfungswerke. Es geht also im Tag 6 um die Lebensgemeinschaft der Festlandbewohner. Wie sozusagen eine groß angelegte WG, Wohngemeinschaft der Festlandbewohner, die gehören zusammen in Platz 6. Also es ist schon ein anderes Denken, wie wir gewohnt sind, dass die nackte Erde, das Trockene mit den Pflanzen gemeinsam an einem Tag sind und das Landtiere und Mensch gemeinsam an einem Tag ist. Das ist eine gewisse Kränkung des Menschen, das ihm kein Tag alleine gewidmet wird. Und dann ist auch noch sehr auffällig, ich bin nämlich jetzt noch bei dem Punkt, zwei große Auffälligkeiten gibt es. Sechs Schöpfungstage, aber acht Schöpfungswerke.
Und dann gibt es noch die Auffälligkeit, dass wenn Gott wirkt, dass er a durch sein Wort wirkt und Gott sprach, es werde Licht. Das sind sozusagen die Werteworte. Es ist ein gebietendes Wort in jedem Fall. Also und Gott sprach, es werde Licht. Schöpfung durch das Wort. Aber dann heißt es in den anderen Tagen bei Licht nicht, aber ab dem Tag 2, und Gott machte die Feste. Also nehmen wir mal den zweiten Schöpfungstag, da heißt es erst, und Gott sprach, es werde eine Feste zwischen den Wassern, die Scheide zwischen den Wassern oberhalb der Feste und unterhalb der Feste. Und es geschah so. Und dann heißt es jetzt, und Gott machte die Feste, das Firmament. Also in fast allen Tagen, abgesehen vom ersten Tag, schafft Gott durch sein Wort, aber dann auch durch seine Tat. Das sind so die zwei Aspekte im Wirken Gottes. Das fällt auch auf.
Bei der ersten Auffälligkeit, wir haben sechs Schöpfungstage, aber acht Schöpfungswerke. Da will ich mal das bisschen noch betonen. Die Schöpfung besteht ja aus den Schöpfungswerken. Also es geht ja um die Werke. Was wäre die Schöpfung ohne Schöpfungswerke? Ja, gar nichts. Also man muss sachlich ganz klar sagen, es geht um die Werke. Und es sind ja acht. Die Werke werden nicht gezählt, sondern die Tage. Das ist sehr auffällig. Und die sind eben sechs. Und so ergibt sich eine Wochenstruktur mit dem siebten Tag. Diese Wochenstruktur hat in keiner Kultur der Menschheit einen Vorläufer. Begegnet hier zum ersten Mal in der Menschheit. Also ich will mal das so betonen, obwohl es doch um die Schöpfungswerke geht, ganz klar, das versteht sich von selbst,
werden die Schöpfungswerke nicht gezählt, sondern die Schöpfungstage. Und das zeigt, wie wichtig die Einteilung in die Tage ist. Sie wird wichtiger genommen. Also diese acht Schöpfungswerke, die muss man da eben in die sechs Tage unterbringen. Und zwar an sehr genau überlegter Stelle. Jetzt komme ich zum Formelgut. Also das war jetzt mal der Aufbau in seinen großen Zügen. Eins, vier, sieben. Dazwischen jeweils zwei Paare an Tagen für die Räume und für die Lebewesen. Zeit als die grundlegende Kategorie und sieben Schöpfungstage und aber acht Schöpfungswerke. Und Gott wirkt durch Wort und Tat. Jetzt gehen wir zu den Formel-Elementen. In Genesis 1 gibt es fünf Hauptgliederungsformeln.
Das ist wie so ein Refrain in der Musik. In Genesis 1, da steckt Rhythmus drin. Fünf Hauptgliederungselemente, die werde ich gleich sagen und dann kommen einige weitere Gliederungselemente hinzu. Also die fünf Hauptgliederungselemente, die aber meistens nicht stur durchgehalten werden. Es gibt immer ein paar Abweichungen und die sind immer überlegt. Also es wird eigentlich fast nichts stur durchgehalten. Zwei Elemente werden durchgehalten, die anderen aber nicht. Also erstes Gliederungselement bei den Schöpfungstagen ist und Gott sprach es werde. Oder eben was er eben spricht. Das heißt, es kommt immer die Formulierung und Gott sprach. Und dann kommt ein gebietendes Wort. Nur bei der Erschaffung des Menschen wird das Wort nicht als gebietendes Wort formuliert, sondern lasst uns Menschen schaffen. Das ist mehr so eine Absichtserklärung, eine Art Selbstberatung. Aber es ist kein gebietendes Wort wie alle anderen sieben Schöpfungswerke.
Die achte Schöpfung der Mensch merkt man schon von Anfang an. Der Mensch fällt aus diesem Rahmen heraus. Der Mensch ist kein selbstverständlicher Bestandteil des Kosmos. Der Mensch ist nicht selbstverständlich. Er fällt auf. Gut, aber ansonsten, also erstes Gliederungselement und Gott sprach. Das steht bei Menschen auch, aber dann kein gebietendes Wort, sondern eine Absichtserklärung. Dann das zweite Element ist die Tat und Gott machte oder und Gott schuf. Das wird dann nochmal wiederholt. Dann, jetzt haben wir zwei Gliederungselemente. Das dritte ist die Würdigungsformel. Nein, das dritte Element ist die Geschehensformel und es geschah so, weil ich ihn kenne. Und es geschah so. Das ist die Geschehensformel. Merkt man, es ist jetzt ausgeführt, weil es in die Tat umgesetzt. Es geschah so. Drittes Element. Viertes Element ist die Würdigungsformel und Gott sah, dass es gut war.
Das erste, was gut war, das erste, was das Wort gut erhält, ist das Licht. Ja, das ist die Würdigungsformel. Gott würdigt das, was er geschaffen hat. Und das fünfte Gliederungselement ist die Tagesabschlussformel. So nennt man sie. Es wurde Abend, es wurde morgen. Tag X. Dann weitere Gliederungselemente sind einmal das Scheiden. Das spielt bei den ersten drei Werken, die sind was Grundlegendes, eine besondere Rolle. Und bei den Gestirnen heißt es auch zu scheiden, Tag und Nacht. Aber da scheidet nicht Gott, sondern die Gestirne. Aber in den ersten drei Scheidungsaktivitäten ist Gott der Scheidende. Und das ist nur bei den ersten drei. Auch bei den ersten drei die Namensgebung. Dann nie wieder. Also man merkt, die ersten drei sind besonders fundamental.
Und dann weitere Gliederungselemente, das Verb parat nur in der zweiten Hälfte und das Verb segnen nur in der zweiten Hälfte. Gut, jetzt will ich, bevor ich jetzt mit der Einzelexegese anfange, noch ein paar zusammenfassende Worte sagen. Es geht in diesem Text um das Geheimnis der Schöpfung, das niemand von uns verstehen kann. Wie Gott die Welt geschaffen hat, wird hier selbstverständlich gar nicht erzählt. Nehmen wir mal an, und Gott machte das Firmament. Ja, wie hat er das gemacht, bitteschön? Und aus was? Also diese neugierige Frage, wann hat Gott die Welt gemacht, ist gar nicht Gegenstand dieses Textes. Es wird niemals etwas über das Wie gesagt. Das Wie ist völlig undurchdringliches Geheimnis.
Es werden auch keine Zeiten genannt, wann. Ja, also dann ist auch interessant, dass gar nie über Gott selber noch spekuliert wird. Nein, Gott kommt von Anfang an vor, einfacher wird vorausgesetzt, schlicht und gewiss, ohne lange Begründung. Im Anfang schuf Gott, Gott ist dann gleich das erste Subjekt. Aber was Gott sonst noch macht, Gott wird immer nur geschildert im Zusammenhang mit der Welt. Und diese Welt bleibt immer innerhalb der sinnlichen Wahrnehmung, das heißt, unserer Erfahrungsmöglichkeiten. Es ist die Erfahrungswelt oder manche sagen die Erscheinungswelt. Erscheinung meint, so wie wir die Welt wahrnehmen, darum geht es. Und Gott ist immer nur im Zusammenhang mit der Welt, über sonstige, jenseitige Geheimnisse interessiert diesen Text nicht.
Der Text hat auch nicht irgendwie Vollständigkeitswut. Das ist hier kein Korintenkacker und kein Erbsenzähler. Das Ding, darf ich euch sagen, hat Niveau. Also was kommt in Genesis 1 gar nicht vor? Ja, zum Beispiel die Flüsse, der Regen, die Quellen, Berge und Täler, der Wind. Die Winde sind doch sehr wichtig im Orient Schirouko und so weiter. Als ein kühler Wind kam, ging Gott durch den Garten. Also es gibt eine Reihe von Phänomenen, die kommen gar nicht vor. Also es geht hier nicht um Vollständigkeit. Dieser Kompositionswille ist sehr stark. Also dieser Text ist eine Komposition, wie Chopin, impromptu, Jean komponiert. Der Text zeigt einen ganz starken Kompositionswille. Und wer diesen Text ernst nehmen will, muss seine Komposition ernst nehmen.
Und diese Komposition liegt auf dem Gebiet des Rhythmus, der wiederholten Effekte. Und natürlich, solche rhythmische Sprache, die legt großen Wert auf die ästhetische Wirkung. Und es kommen weiter noch viele poetische Formeln im Text. Ich werde das aus dem Hebräischen euch alles sagen. Also Genesis 1 ist nicht nur poetisch. Es kommen auch Prosa-Stücke vor, aber er hat viele poetische Teile. Und der Grundrhythmus, der durch das ganze Kapitel geht, der ist in sich eher ein Gedicht, könnte man sagen. Also es ist eine sehr auffallende Komposition. Gut, es geht hier nicht um Informationen über die Weltentstehung. Man kann über die Schöpfung nicht so bescheid wissen, wie man über andere Dinge bescheid weiß. Es geht um ein unbegreifliches Geheimnis.
Und dieses Geheimnis wird in diesem Text gewahrt. Jetzt wenden wir uns mal der Überschrift zu. Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Ich werde wahrscheinlich nur so weit kommen, dass ich jetzt mal mit dem Anfang das bisschen bespreche. Es gibt von mir einen Vortrag in Wothaus. Haben Adam und Eva wirklich gelebt? Es ist ein Vortrag, der natürlich auch manchen Ärger hervorruft. Muss man aber, geht nicht anders. Und da komme ich auf dieses Problem anfangen oder diesen Aspekt zu sprechen. Deswegen mache ich es hier wesentlich knapper. Aber bei diesem Text muss man das auch behandeln. Und sind ja vielleicht auch manche da, die noch nicht so lange mit Wothaus zu tun haben. Also die Überschrift heißt, im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Diese Formulierung im Anfang hat drei grammatische Auffälligkeiten.
Einmal, es wird kein Artikel benutzt. Es heißt b'Reshit und wenn hier der bestimmte Artikel stünde, was meistens beim Wort Reshit steht, müsste es heißen b'Reshit. Dann wäre ein Zeichen, da ist ein bestimmter Artikel. Meistens steht da einer, weil es gibt ja den Anfang der Weisheit. Es gibt den Anfang der Macht, der Elamiter. Die Bogenschützen sind der Anfang ihrer Macht, heißt es bei Jesaja. Also bei Anfang stellt sich ja sofort die Frage, Anfang von was oder Anfang von wem? Also es ist ja eine adverbiale Bestimmung der Zeit, die man ja irgendwie jetzt konkretisieren müsste. Anfang der Reise, Anfang des Buches oder irgendwie. Aber das fehlt hier. Also Anfang von was? Es fehlt das Genitivobjekt, das ja eigentlich hier stehen müsste.
Und auch die Vorrangstellung, dass man mit dem beginnt, ist hebräisch ungewöhnlich. Die normale hebräische Satzfolge, Wortfolge müsste heißen, Gott schuf im Anfang Himmel und Erde. Das wäre ein normaler hebräischer Satz. Aber im Anfang schuf Gott ist also eine betonte Vorrangstellung. Es fehlt der Artikel. Es ist also nicht irgendein konkreter bestimmter Anfang gemeint. Es fehlt jede nähere Bestimmung. Also es geht nicht um den Anfang von dies und das, sondern es geht um den Anfang. Ich will das Wort absolut vermeiden, weil das philosophisch europäisch viele Nachteile hat, autoritären Charakter hat. Sonst könnte man sagen, es geht um den absoluten Anfang. Aber das Wort absolut vermeide ich. Dieses Wort hat jede Unschuld verloren und ich will es gar nicht mehr benutzen. Gut, aber es geht um den Anfang.
Jetzt, was ist mit Anfang gemeint? Mit Anfang ist nicht die Entstehung der Welt gemeint, wie wir das automatisch denken. Also ich darf mal radikal sagen, dieser Text hat überhaupt nichts mit der Entstehungszeit der Welt zu tun. Also sag mal in Konkurrenz zum Urknall oder irgendwie sowas. Es steckt hier gar keine historische Frage dahinter. Und das will ich jetzt mal so in sieben, acht Minuten mal auf den Punkt bringen. Die Bedeutung des Wortes Anfang hat sich in den letzten 200 Jahren tiefgreifend verändert. Die meisten Menschen so in der normalen Bevölkerung wissen das nicht, denn dieses Wissen wird nicht konsequent weitergetragen. Wir leben in einer modernen westlichen Zivilisation und da entsteht das historische Denken.
So ungefähr im Jahr 1770 entsteht an der Universität das Fach Geschichte. Das gibt es vorher nicht. Und ungefähr 1790 entsteht das Fach Archäologie. Das gibt es vorher nicht. In der Antike gräbt niemand. In der Antike sucht niemand nach Fossilien. Und es gibt in der Antike kein historisches Denken. Nicht weil die dünner sind, nein, die sind vielleicht lüger als wir. Das Niveau von Platon und Aristoteles, ich weiß nicht, ob das überhaupt einer seitdem wieder erreicht hat. Also bloß hier nicht mit doofen Vorurten, nein, die Weisheit der alten Völker, die dürfen wir nicht schmälern. Aber die alten Völker können nichts dafür, dass sie eine Erfahrung nicht gemacht haben, die die modernen Menschen gemacht haben, nämlich dass sich die Welt immer rascher wandelt. Entwicklung der Fotografie, des Autos, der Blühbirne, der Flugzeuge.
Also es ändert sich, der historische Wandel beschleunigt sich immer mehr. Und durch dieses Aufkommen, der Beschleunigung des Wandels, in dem Zusammenhang entsteht das historische Denken. Könnt ihr im Vortrag, was ist das Moderne, an der Moderne habe ich da 70 Minuten das weiter ausgeführt. Und in diesem Zusammenhang empfinden wir das heute als selbstverständlich. Der Anfang ist zeitlich gemeint, als die Welt damals entstanden ist. Also wir haben heute ein zeitliches Verständnis von dem Wort Anfang. Dieses zeitliche Verständnis gibt es in der Antike schon ein bisschen auch, aber es dominiert ein anderes Verständnis. Das zeitliche Verständnis, sagen wir mal, der Anfang der Regenzeit, ja, das weißen antiker Mensch, also jetzt fängt die Regenzeit an. Also wenn er da sagt Anfang, das meint er wirklich zeitlich, oder ein Anfang der Reise, ich mache mich auf den Weg.
Oder ich lese ein Buch und jetzt fange ich an. Also in dem normalen Alltag, im kaufmännischen, in den alltäglichen Regelungen, am Basar, da gibt es diesen alltagstechnischen zeitlichen Gebrauch von Anfang. Aber in allen tieferen philosophisch-religiösen Texten ist Anfang qualitativ gemeint, nicht zeitlich. Der Anfang ist die Grundlage, die Grundlage. Es gibt ja, also nehmen wir mal das hebräische Wort von Anfang heißt Rechit, da steckt auch das Wort Roche drin, das Haupt. Jahresanfang ist ja Roche, Hashanah, weil der Jahresanfang ist im gewissen Sinn das Haupt des Jahres. Da geht es los. Und Rechit, Anfang, meint das, was hauptsächlich gilt, was grundsätzlich gilt, ist ein qualitativer Begriff.
Und der gleiche Begriff ist Enarche im Anfang. Da haben wir zeitlich gesehen das Wort Archäologie entwickelt, aber schon im historischen Sinn. Aber von dem Wort Enarche kommt auch das Wort Architektur. Und jetzt ist es auch ein Beginn, nehmen wir mal an, wir fangen an ein Haus zu bauen. Ja, da fängt man ja auch an. Aber das ist ein Anfang, der ist nicht weit weg, 8000 Jahre oder eine Million Jahre, sondern der Anfang bleibt immer da. Er ist nämlich die Grundlage, das Fundament des Hauses. Also der Anfang des Hauses in der Architektur ist das Fundament. Das ist der Anfang. Und dieser Begriff von Anfang ist in allen religiösen philosophischen Texten gemeint. Ganz selten auf dieser Ebene geht es auch ein bisschen um die Zeit, diese historische Rückfrage, wann ist die Welt wie entstanden?
Diese historische Rückfrage gibt es so in der Antike nicht. Sondern wenn jemand eine Anfangserzählung vom Anfang spricht, dann meint er, ich spreche von den Grundlagen des Lebens. Also christlich oder biblisch gesagt von Gottes Setzungen. Was sind die Rahmenbedingungen, der Lebensrahmen, den Gott uns gegeben hat? Das ist der Anfang. Also im Anfang geht es um die Grundkonstanten unserer Erfahrungswelt, unserer Gegenwart. Wir verlassen die Gegenwart gar nicht, sondern es geht um die tiefen Dimensionen der Gegenwart. Was gilt? Worauf kannst du dich verlassen? Was hält die Welt im Innersten zusammen? Das ist die Frage nach dem Anfang. So gesehen sagt man in der heutigen alttestamentlichen Wissenschaft, es gibt im alten Testament vier Anfangserzählkreise.
Einmal die Urgeschichte, dann die Vätergeschichte, die hat auch so grundlegenden Charakter. Dann die Exodusgeschichte, die hat politisch gesehen, betont grundlegenden Charakter. Das waren so die drei Anfangserzählungen von Gerhard von Rath und Martinot. Die haben gesagt, das sind die drei Anfangserzählungen. Aber inzwischen hat man zu Recht erkannt, es gibt noch eine vierte Anfangserzählung, die auch grundlegenden Charakter hat. Das ist die Entstehung des Königtums. Also das ist für Israel wahnsinnig wichtig. Wie entsteht das Königtum? Wie scheitert es? Und der Messias ist der wahre König. Also da geht es auch um Grundlegendes. Im alten Testament gibt es vier Anfangserzählungen. Urgeschichte, Vätergeschichte, Exodusgeschichte und Entstehung des Königtums oder eben Königsgeschichte. Gut, also darum geht es. Dass Anfang nicht zeitlich gemeint ist, kann man an vielen Dingen zeigen.
Ich greife ein paar heraus. Im Buch der Sprüche heißt es, die Gottesfurcht ist der Anfang der Weisheit. Da ist Anfang nicht zeitlich gemeint, da wäre das ja nur für Anfänger. In der ersten Phase, nein, das wäre ja eine Unterschätzung, weil die Gottesfurcht ist das Beste, was es gibt. Es gibt nichts, das kann man nicht steigern, gell. Die Gottesfurcht ist die Grundlage der Weisheit, nicht der Anfang der Weisheit. Also Luther übersetzt es halt so, weil er um diese Dinge nicht wusste. Die Gottesfurcht ist die Grundlage der Weisheit. Oder man stellt einen Satz aus dem Jesaja an über die Elamiter, ein Großreich hinter Assu und Babylon, noch ein bisschen östlicher, Afghanistan, Pakistan, in dem Gebiet, aber in Meeresnähe, waren die Elamiter, Großreich. Und da heißt es, die Bogenschützen sind der Anfang ihrer Macht. Nein, gemeint ist natürlich die Grundlage ihrer Macht.
Wir sagen heute noch im Gottesdienst, wie es war im Anfang, jetzt und immer da. Das ist ja ein ganz anderer Anfangsbegriff, wenn man mal bitte darauf achtet, weil der historische Anfang, der war einmal und dann nie wieder. Was hat sich da alles geändert in ein paar Sekunden, Urknall und vor Jahrmillionen oder, von mir ist auch fundamentalistisch, vor 8000 Jahren, was interessiert mich 8000 Jahre, aber später nie wieder. Also der zeitliche Anfang ist einmalig und er rückt umso weiter weg, je länger wir leben. Aber der Anfang im Sinne der Architektur, der bleibt immer da und er ist die Grundlage des Hauses. Genesis 1 ist ein Welthaus, das die Lebewesen bewohnen und die unteren drei Stockwerke, die ersten drei Schöpfungswerke, das sind die Fundamente.
Also in dem Sinn ist der Anfang für alle Zeiten konstant. Im Anfang geht es um die Setzungen Gottes, die interkulturell, interreligiös für alle Zeiten überall gelten, die wir nicht selber machen können und auch nicht brauchen. Sie sind uns vorgegeben und wir können sie gar nicht ändern, wir können uns von ihnen tragen lassen. Sie gelten. Das ist der qualitative Anfang. Zum Schluss, also im Hebräischen heißt im Anfang Rechit, im Griechischen heißt Anfang En Archæ und jetzt im Lateinischen kann man das ganz klar lösen. Nämlich im Lateinischen gibt es für den zeitlichen Anfang und den sachlichen Qualitätsanfang als Grundlage zwei verschiedene Ausdrücke. Für den zeitlichen Anfang sagt der Lateiner Initium, daher kommt Initiative oder Initialzündung oder so.
Das ist in initio, im Anfang zeitlich. Wenn der Anfang aber sachlich gemeint ist als Grundlage, dann sagt der Lateiner in principio. Das sind die Grundprinzipien und in principio kann man nicht datieren. Und jetzt passt mal auf, in der lateinischen Bibel, die hat ja nichts mit moderner Theologie zu tun, also da kann man schlecht kommen. Die lateinische Bibel um 400 von Hieronymus in Bethlehem angefertigt, also ungefähr um 400 von Hieronymus, der sehr gut Hebräisch konnte. Also in der Vulgata, wie übersetzt die Vulgata ins Lateinische, im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Übersetzt die Vulgata, bitte kauft sie euch im Buchladen übermorgen, könnt ihr es gleich nachlesen. Oder wenn jemand die Vulgata da hat, bitte reicht sie um. Der erste Satz heißt in principio creavit deus calum et terram.
In principio, die hätten doch auch übersetzen können in initio. Ja genau hätten sie, aber sie haben genau gewusst, nein es geht nicht um etwas datierbares. Der Anfang im Johannesevangelium heißt es, im Anfang war das Wort, wie übersetzt es die Vulgata, in principio erat verbum. Es ist kein zeitlicher Anfang. Jetzt aber im Markusevangelium, les mal nach, heißt es Anfang des Evangeliums Jesu Christi. Das ist der erste Satz im Markusevangelium. Und dann geht es gleich los mit Johannes dem Täufer. Das heißt, dieses Wort Anfang, das ist tatsächlich zeitlich gemeint. Und wie übersetzt die Vulgata? In initium Evangelii Jesu Christi. Da sagt sie initium, weil das zeitlich gemeint ist.
Also für uns jetzt, ich habe jetzt noch zwei Vorträge, ihr kennt mich ja. Also ich wollte nur sagen, es ist für Kinder und Jugendliche, für unsere gesellschaftliche, geistige Verantwortung, die wir als Zeitgenossen in Mitteleuropa haben, unerlässlich, dass wir nicht mit dem modernen Anfangsbegriff, den wir in die Bibel hinein projizieren, diesen Text grundlegend missverstehen. Wer den Unterschied zwischen dem qualitativen Anfang, der in der Antike weit überwiegt in religiösen philosophischen Texten, und unserem modernen Anfangsdenken, wer diesen Unterschied nicht kennt und nicht berücksichtigt, kann die biblischen Anfangserzählungen fast zwangsläufig nur sehr missverstehen.
Die erste Schöpfungserzählung (1. Mose 1,1-2,4a) – Teil 1 | 8.3.2
Erst waren Chaos und Leere, dann sprach Gott einige Worte, und keine Woche später war alles da, was wir heute kennen: Sonne, Pflanzen, Tiere. So erzählt es die Bibel in der ersten Schöpfungsgeschichte. Theologe Siegfried Zimmer erklärt, wie sich die erste von der zweiten Schöpfungsgeschichte unterscheidet und warum diese Unterschiede so wichtig sind. Das ist schnell erklärt, aufmerksam hinzuhören lohnt sich danach umso mehr. Dann zerlegt Zimmer die erste Schöpfungsgeschichte in ihre Einzelteile – so unterhaltsam und lehrreich, wie man es von ihm gewohnt ist: Jedes einzelne Wort, die Architektur jedes Satzes, der gesamte Rhythmus der Geschichte trägt seine eigene Bedeutung, die ganze Erzählung ist poetisch, durchdacht und über Generationen mit Geheimnissen angefüllt worden, die selbst Experten nach Jahrzehnten des Studiums manche Offenbarung noch verwehrt.